Militärische Sicherungsmaßnahmen gegen Rumänien
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nichts unversucht zu lassen, um das Nachbarkönigreich, dessen Verhand¬
lungen mit Petersburg kein Geheimnis geblieben waren, auf die Seite der
Mittelmächte zu bringen. Conrad war sogar geneigt, einem sofortigen
Sonderfrieden mit Rußland zuzustimmen, um die Möglichkeit eines Vor¬
gehens Rumäniens gegen die Donaumonarchie auszuschalten. Da aber
ein Ausspringen Rußlands doch fraglich war, bezeichnete er es als uner¬
läßlich, „Rumänien vorerst mindestens zur wohlwollenden Neutralität zu
bringen", wobei er an nationale Zugeständnisse für die ungarländischen Ru¬
mänen und an finanzielle Zuwendungen Deutschlands an Rumänien dachte.
Auch in militärischer Hinsicht bemühte sich das AOK., gegen einen
rumänischen Einbruch vorzusorgen, weil Siebenbürgen nach dem im Ok¬
tober 1914 erfolgten Abzüge Pflanzer-Baltins (Bd. I, S. 397, 483) ohne
Feldtruppen geblieben war. Da aber jetzt, nach dem Eingreifen Italiens,
jede entbehrliche Truppe an die Südwestfront geworfen werden mußte,
griff man auf die sechsundneunzig an der rumänischen Grenze stehenden,
durch Landstürmer verstärkten Gendarmerieposten und einige landein¬
wärts befindliche Gendarmeriereserven, zusammen 9600 Mann, aus denen
der anfangs Juni nach Siebenbürgen berufene GM. Goldbach, ehemals
Generalstabschef des Hermannstädter Korps, die „Siebenbürger Gendar¬
merietruppendivision" bildete. Diese Division, aus der im Herbst 1915
nach Ausscheiden der meisten Berufsgendarmen die 70. HID. gebildet
wurde, versah den Grenzschutz und schuf feldmäßige Befestigungen in
den dreizehn Grenzpässen, während das Militärkmdo. Hermannstadt
längs der Kleinen Kokel und der Maros eine Siebenbürgen quer durch¬
ziehende Stellung bauen ließ, unter deren Schutz im Bedarfsfall ein Auf¬
marsch gegen Rumänien erfolgen konnte. In ähnlicher Weise traf auch
das Militärkmdo. Temesvár Vorsorgen, die die Herstellung der Verbin¬
dung der Maros-Kokelstellung mit den im Banat schon aus dem Feld¬
zuge gegen Serbien bestehenden Verteidigungslinien und die Sperrung
des Donautales bei Orsova betrafen1).
Schließlich nahm das AOK. noch die Verstärkung der Besatzung
Siebenbürgens durch zwei im Hinterlande neu aufgestellte Brigaden in
Aussicht, von denen die 202. HIBrig. tatsächlich für kurze Zeit nach
Maros-Vásárhely und Szász-Régen, die k. k. 205. LstlBrig. aber gerade¬
wegs an die serbische Grenze gelangten.
Auf dem Ballhausplatz beurteilte man die rumänische Frage aller¬
dings viel ruhiger als in Teschen und war der Meinung, daß nach den
Siegen in Galizien von Bukarest keine Überraschung zu besorgen sei.
1) Kiszling, Der Feldzug gegen Rumänien 1916 (Mil. wiss. Mitt., Wien 1929), 3 f.