730 Der Feldzug von Brest-Litowsk immer schwer auf den Schultern der Feldherren der Verbündeten. Ihre Heere hatten vom Mai bis August, in knapp vier Monaten, von Gorlice über Przemysl und Lemberg bis Brest-Litowsk ein 520 km tiefes Schlacht¬ feld in unaufhörlichen Kämpfen durchmessen und schließlich mit 13 Ar¬ meen, die insgesamt 120 Infanterie- und 20 Kavalleriedivisionen wählten, 11 russische Armeen mit etwa 125 Infanterie- und 35 Kavalleriedivi¬ sionen vor sich hergetrieben. Gegenüber der Bewegung solch gewaltiger Massen verblaßte selbst die Erinnerung an Napoleons russischen Feldzug, in dem die französische Armee zwar einen doppelt so weiten Weg! zu¬ rücklegte, aber schon bei ihrem Ausschreiten nur 500.000 Mann stark war. Der gigantische Siegeszug der Verbündeten mochte denn auch bis auf weiteres die Gefahr eines Moskowitereinbruches in Mitteleuropa zuverlässig gebannt haben. Zugleich war den Russen weites Land ent¬ rissen worden, dessen wirtschaftliche Schätze den unter dem Hungerkrieg schon schwer leidenden Mittelmächten wohl zustatten kommen sollten. Aber kriegsentscheidende Bedeutung kam diesen mit nicht geringen Opfern erkauften Erfolgen noch keineswegs zu, und politisch wurden sie dadurch, daß sie unter den Mittelmächten und zwischen diesen und Rußland die polnische Frage zwingend aufrollten, beinahe zu Parther¬ pfeilen, die auf die Schützen zurückschnellten. Von den goldenen Brücken zu Rußland hinüber, von denen Conrad gegenüber Burián gesprochen hatte (S. 668), war man weiter entfernt denn je. Unerbittlich nahm der Krieg im Osten seinen Fortgang.