Die Einnahme von Brest-Litowsk 721 nachdem die 2. utnd die 4. Armee bereits bis in die Front östlich von Bielsk—Januszy—Demianczyczy zurückgewichen waren. Die in noch viel bedrohterer Lage befindliche 3. Armee wurde „zum sicheren Festhalten der Lesna und der nach Pru±any führenden Straße angewiesen, ihren rechten Flügel zu verstärken und den linken Flügel rasch zurückzu¬ nehmen". Das bedeutete die Preisgabe der Festung Brest-Litowsk. Abgehorchte Funksprüche hatten den Verbündeten diese Absicht ohnehin bereits enthüllt. Man wußte, daß die 4. und die 3. Russen¬ armee Befehl erhalten hatten, noch während der Nacht auf den 26. mit der Hauptkraft in die Linie Gajnowka—Stoczok—Soloducha—Wola- 2abinka zurückzugehen. Auf dem gleichen Wege wurde bis zum 26. auch der Entschluß Alexejews, seine Armeen in zwei bis drei Tagmärschen auf die Linie Grodno—Szereszowo—Kobrin zurückzunehmen, bekannt. Bezeichnenderweise enthielt der Befehl an die russischen Truppen die Aufforderung an die Führer, auf strenge Manneszucht zu sehen und dem Sinken der Moral durch die Erinnerung an das Jahr 1812 zu begegnen. Für die Streiter der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold galt es jetzt, allseits raschestens vorzustoßen und insbesondere bei Brest- Litowsk ehestens den Fortsgürtel zu bezwingen, um dem Feinde noch möglichst viel Abbruch zu tun. Letztgenannte Aufgabe fiel vornehmlich dem k. u. k. VI. Korps zu. Der Feind hatte in den Werken bei Kobylany und Koroszczyn und zwischen diesen Orten starke Stellungen bezogen. Am Abend standen die öst.-ung. Truppen knapp vor den im heftigen Feuer der schweren Artillerie liegenden Werken, in denen ebenso wie da¬ hinter in der Stadt große Brände wüteten. In weitem Umkreise erschüt¬ terten Sprengdetonationen die Luft. Aber trotz dieser untrüglichen An¬ zeichen bevorstehender Räumung der Festung leistete der Feind noch immer hartnäckigen Widerstand. Nicht ohne empfindliche Verluste bahn¬ ten sich die Regimenter des VI. Korps zwischen explodierenden Minen den Weg durch die feindlichen Drahthindernisse1). Bei sinkender Nacht drang die Honvéd in das Werk von Kobylany ein, nordöstlich davon stürmte die 12. ID. ein anderes Festungswerk. Der Gürtel war durch¬ brochen; die siegreichen Regimenter drängten noch in der Nacht ost¬ wärts vor, fanden aber die Werke des inneren Festungsgürtels bereits gesprengt und verlassen. Am 26. um 3hfrüh kamen vorgeschobene Ba¬ taillone an das Südende der Kernbefestigungen sowie an die brennende Straßenbrücke. Rasch war ein Steg fertiggestellt, um das jenseitige Ufer zu gewinnen. i) Arz, 90. II 46