Die russischen Führerentschlüsse 575 Flügelkorps der 9. Armee hinter den Bug südlich der Ratamündung und hinter die GnilaLipa zurückführen müssen (S. 569). Die erlangbare russi¬ sche Kriegsliteratur läßt nicht erkennen, ob schon hier oder erst hinter der Zlota Lipa nachhaltiger Widerstand geplant war. Jedenfalls empfand Iwanow eine starke Bedrohung seines rechten Flügels und veranlaßte deshalb die 8. Armee, das XXI. Korps als Reserve des Südwestfront- kmdos. nach Dubno zu verschieben. Außerdem sah sich der zwischen Dniester und Pruth befindliche linke Flügel Letschitzkis wegen bei Czer- nowitz festgestellter Verstärkungen des Gegners zur Einstellung seiner Angriffe genötigt. In dem nunmehr durch die 3. Armee und die Gruppe Olochow ver¬ größerten Befehlsbereiche der Nordwestfront hatten die zwischen der Ostsee und der Pilica stehenden Armeen ihre Stellungen zunächst noch zu behaupten. Gen. Alexejew ließ aber schon am Narew Stellungen bauen, um, wenn nötig, die 12. und die 1. Armee in diese kürzere und kräfte¬ sparende Front zurückführen zu können. Denn er sah voraus, daß seiner Südflanke, der 3. Armee und der Gruppe Olochow, neue Gefahren drohen dürften, zu deren Abwendung er Reserven benötigen werde. Deshalb be¬ fahl er bereits jetzt den beiden vorgenannten Armeen, das Garde- und das II. sib. Korps aus der Front zu ziehen und zu seiner Verfügung nach Ostrów (südlich von Lomza) zu verschieben. Die vor Warschau stehende 2. Armee sollte den Rückzug in die Blonie-Grójecstellung vorbereiten, um nach dessen Durchführung gleichfalls zwei Korps abgeben zu können. Als Besatzung von Nowogeorgiewsk wurde das XXVII. Korps bestimmt. Die 4. Armee, deren linker Flügel in die Linie Il£a—Zawichost zurück¬ geschwenkt war, hatte das XXXI. Korps als Reserve in den Raum Opole— Kazimierz zu nehmen (S. 566). In diesen Tagen, am 26. Juni, verfaßte Gen. Alexejew aber auch eine Studie, die sich mit den Gefahren einer Fortsetzung deutscher Angriffe in Kurland befaßte. Zur Abwehr hielt Alexejew eine Armee von sechs bis sieben Korps nötig, wobei die Gruppe Olochow den Grundstock dieser neuen Heeresmacht zu bilden gehabt hätte1). Schließlich wies Alexejew, der die Hauptlast der Führung an sich gerissen hatte, noch die Militäreisenbahnbehörden zur Bereithaltung aus¬ reichender Züge für die Verschiebung der Heeresreserven an. So lasteten düstere Sorgen auf dem Hauptquartier Alexejews zu Sied- lec. Die bangen Fragen waren: wo wird der nächste Ansturm der Ver¬ bündeten erfolgen ? Werden Zeit und Kräfte ausreichen, um ihn zu parieren ? i) Zajontschkowskij, Der Bewegungskrieg 1914 und 1915, 317 ff., 404 ff.