508 Einleitungskämpfe an der Südwestfront Versuche, Italien in zwölfter Stunde zur Umkehr zu bewegen, berufen hatte1). Und die Südslawen schon gar wandten sich wie ein Mann gegen den neuen Feind, der die Slowenen aus dem Isonzolande, die Kroaten und Dalmatiner von der Küste verdrängen und ihre dahinter wohnenden Brüder von der Adria absperren wollte. Die Entrüstung der Stammes¬ genossen in der Heimat fiel mit der tiefen Erschütterung zusammen, die das Londoner Abkommen vom 26. April bei der südslawischen Emi¬ gration in London und Paris hervorgerufen hatte; einer der Emigranten¬ führer konnte wenige Wochen nach dem Beginn des italienischen Krieges klagen: „Unsere Regimenter kämpfen am Isonzo wie die Löwen." Das Beispiel der südslawischen Brüder wirkte ganz von selbst auf die Nord- slaweri, sogar auf die Tschechen zurück. Ein von der Auflösung des Stammtruppenkörpers unberührt gebliebenes Marschbataillon des IR. 28 (S. 252) sollte sich, allerdings stark mit Deutschen durchsetzt und unter der Führung deutschsprachiger Offiziere, in der zweiten Isonzoschlacht so hervortun, daß seine Leistungen den ersten Anstoß zur Wiedererrichtung des Prager Hausregiments gaben. So kam in jenen Pfingsttagen am Isonzo und auf den Bergen Tirols und Kärntens noch ein letztes Mal Grill- parzers Ruf an die Radetzkyarmee zu seinem Recht: „In deinem Lager ist Österreich." Die Entschlossenheit, mit der Österreich-Ungarn an die Abwehr des neuen Feindes herantrat, war nicht wenig durch die günstige Wendung genährt worden, die sich in den letzten drei Wochen im Nordosten, gegen Rußland, eingestellt hatte. Dennoch konnte kein Zweifel obwalten, daß die Gesamtlage des Reiches durch das feindselige Auftreten Italiens emp¬ findlich verschärft worden war. Dies galt in politischer und wirtschaft¬ licher, nicht weniger aber auch in militärischer Hinsicht. Die öst.-ung. Heeresleitung nahm die Stärke der italienischen Feldarmee mit 44 In¬ fanterie- und 4 Kavalleriedivisionen an, überschätzte sie daher nicht unerheblich (S. 286). Wie immer aber es um die wirkliche Streiterzahl der Italiener bestellt sein mochte, das Habsburgerreich konnte ihr an Verteidigern nur einen Bruchteil entgegensenden. In den Stunden der Kriegserklärung standen an der Grenze selbst 128 Bataillone von zu¬ meist milizartiger Verfassung; 94 Bataillone waren als erste Verstärkungs¬ staffel im Anrollen. Bedachte man noch, daß man einem Feinde gegen¬ überstand, der schon seit Monaten in aller Emsigkeit gerüstet hatte, dem also ein ungesäumtes Austreten zuzumuten war, so ergab sich daraus für die Donaumonarchie und ihre seit neun Monaten im Kampfe stehende *) T i s z a, Briefe, I, 193.