Pläne der Russen und der öst.-ung. Heeresleitung 225 Kraft auf das gegnerische Karpathenheer zu werfen. Auf die hierüber nach Zarskoje Selo erstattete Meldung bemerkte der Zar: „Gerade dies würde auch ich machen." Die von Iwanow im Hauptangriffsraum verfügte Gruppierung läßt Rückschlüsse auf die Absichten der Russen zu. Durch die Gewinnung des Bahnknotenpunktes Homonna sollte der Karpathenverteidigung des Gegners ein tödlicher Stoß versetzt werden. Zu einem solchen Kampf¬ ziel lud auch die weit vorspringende Stellung der Gruppe Tersztyánszky besonders ein. Ihr gegenüber, wie überhaupt vor den inneren Flügeln der Armeen Böhm-Ermolli und Boroevic, ballten Brussilow und Dimitriew die stärksten Kräfte zusammen. Weniger eindrucksvoll gibt sich aus dem Aufmarsch der Russen ihr Wille kund, über Bartfeld gegen Eperjes vor¬ zudringen. Die Absicht hiezu ist dennoch nicht zu bezweifeln. Der Fall von Przemysl sollte an diesen Plänen nichts Wesentliches ändern. Wohl bestanden zwischen der Stawka und Iwanow mancherlei Meinungsverschiedenheiten. Zuletzt drang aber doch der zähe Wille Iwanows durch. Seinen Wünschen gemäß sollte die Heeresmitte die Linie Zboro—Varannó—Csap—Szatmár-Németi gewinnen, wobei die 3. Armee ihren linken Flügel bis in die Gegend von Sztropkó auszudehnen hatte. Die gegen Pflanzer-Baltin angesetzten Streitkräfte Letschitzkis wurden nicht, wie der Generalissimus vorschlug, direkt gegen den Raum Delatyn— Nadwórna—Kolomea, sondern zu einer mehr ostwärts ausholenden Um¬ fassung angesetzt. Die durch den Fall von Przemysl freigewordenen Heereskörper wurden zum Teil bei Mezölaborcz, zum Teil gegenüber der deutschen Südarmee in die Schlacht geworfen, wobei sie sich freilich erst Ende März—Anfang April fühlbar machen konnten1). Als über das Schicksal von Przemysl kein Zweifel mehr bestehen konnte, hatte die öst.-ung. Heeresleitung darüber schlüssig werden müssen, ob der bisherige Leitgedanke des Ringens gegen Rußland beizubehalten sei. Schon in seiner Depesche an Falkenhayn vom 14. März (S. 208) hatte Conrad angekündigt, daß er die Offensive über die Karpathen und in Ostgalizien unbedingt weiterführen wolle. Bot sich jetzt nach dem Falle der Festung endlich die Gelegenheit, ohne anderweitige Rücksichten an *■) Danilo w, 458 f ; Broussilov, 121 ; Boncz-Brujewitsch, I, 79 ff und II, 9 ff. — Auf die Wiedergabe der nach den obigen Darstellungen schwer klar¬ zustellenden Meinungsverschiedenheiten der hohen russischen Befehlsstellen kann füg¬ lich verzichtet werden. Bemerkenswert für die völlige Ahnungslosigkeit Iwanows ist eine Weisung, die er um diese Zeit dem Gen. Dimitriew zukommen ließ : „Man muß sich vor Augen halten, daß die Westfront der 3. Armee heute noch weiter an Bedeutung verloren hat, weil hier der Feind kein reales wichtiges Operationsziel hat." II 15