Andere Lösungsmöglichkeiten 221 Gebirges bereits hinter sich und wäre dann imstande gewesen, der Süd¬ armee rasch aus den Bergen herauszuhelfen. Nach der Vereinigung dieser beiden Kraftgruppen konnte die ohnehin von der Heeresleitung befohlene Aufschwenkung bewirkt und unter Sicherung der offenen Flanke durch gestaffelt nachfolgende Reserven der von seiner obersten Führung stief¬ mütterlich bedachte russische Ostflügel umfaßt und geschlagen werden. Damit wäre der Grundgedanke der Kriegshandlung verwirklicht worden. Diesem Plane stellte sich allerdings die geringe Leistungsfähigkeit der Bahnlinie über Máramaros-Sziget—Körösmezö—Delatyn entgegen, die jetzt schon kaum ausreichte, allen Bedürfnissen der nördlich vom Ge¬ birge kämpfenden Armeegruppe gerecht zu werden1) ; bei ihrer ausschlie߬ lichen Benützung war eine ausgiebige Verstärkung Pflanzer-Baltins nicht mit der erwünschten Schnelligkeit zu erreichen. Ein ins Gewicht fallen¬ der Kräftezuschub hätte sich aber durch Mitbenützung anderer, wenn auch nur bis in das südliche Anland der Karpathen führender Linien und hierauf durch Fußmärsche wesentlich beschleunigen lassen. Nicht unbedenklich blieb freilich die Gefährdung der offenen Ostflanke und immerhin auch die Abhängigkeit einer starken Armee nördlich des Ge¬ birges von einer einzigen Bahn mit ungünstiger Linienführung, doch hatte man zum Beispiel die Basierung der Hauptkraft der 2. Armee auf die einzige Straße Takcsány—Cisna ruhig mit in Kauf genommen. Größere Sicherheit als der eben erörterte Umfassungsangriff durch Ostgalizien hätte wohl noch eine Offensive entlang der galizischen Beckenreihe geboten. Doch beim 4. Armeekmdo. hatte man sich niemals für eine Frontalschlacht in Westgalizien zu erwärmen vermocht. Erst viel später reifte der Plan eines operativen Durchbruches aus dem Stellungs¬ gebiete der 4. Armee. Wie dem immer auch sei: ob nun der Hauptstoß über Stanislauoder 1) Diese Karpathenbahn war schon nach ihrer Anlage leistungsschwach (vgl. Bei¬ lage 3 von Bd. I), aber ihre Benützung war auch durch ihren Linienzug nicht unbe¬ denklich. Eine Unterbrechung, ja bloße Bedrohung des nur 60 km von der Front am Wyszkówsattel entfernten Bahnknies bei Huszt—Királyháza hätte die Versorgung der Armeegruppe Pflanzer-Baltin gefährdet. Eine baldige Besserung der Betriebslage konnte nicht erhofft werden. Erst nach der Winteroffensive Pflanzer-Baltins (1914) kam die Bahn, von Rahó an in arg zerstörtem Zustande, in eigene Hand. Kunst- und Stations¬ bauten sowie die Drahtleitungen an der 1000 m ansteigenden Strecke konnten durch harte Arbeit der Eisenbahnkompagnien nur provisorisch hergestellt werden, so daß der Betrieb der letzten 86 km bis Delatyn unter erschwerten Bedingungen geführt werden mußte. Die Fortsetzung über Nadwórna nach Stanislau war wegen eines gesprengten Viaduktes unmöglich, die Strecke nach Kolomea nur von halber Leistungsfähigkeit.