Die Wandlung der Reiterei 19 lungen über die Verwendung der Waffe hatten sich als großer Irrtum er¬ wiesen. Weder die Ausrüstung, noch die Gefechtsführung hatten dem Ernst der Stunde standzuhalten vermocht. Die glitzernde Uniform verschwand im Grau des galizischen Herbstes allmählich aus dem Bilde der Armee und machte der schlichteren Feldfarbe Plate. Der Feuerkampf mit dem abgeschnallten Karabiner trat an die Stelle der Attacke mit dem blanken Pallasch. Von den Husaren bei Limanowa-Lapanów wurde erzählt, daß sie sich im Nahkampf aus Mangel an Bajonetten der spornbewehrten Ab¬ sätze ihrer ausgezogenen Stiefel bedient hätten. Auch der Ruf nach dem von der Infanterie so außerordentlich geschätzten Spaten verstummte nicht mehr, bis er erfüllt wurde. Pferde gab es wohl noch genug im Reiche, um die vielen zugrundegegangenen Tiere zu ersetzen, aber die Dressur fehlte und konnte nicht in ein paar Wochen nachgeholt werden. So entstand, aus nicht mehr berittenen „Füßlern" zusammengezogen, um die Jahres¬ wende bei einzelnen Kavalleriedivisionen die erste „Schützenabteilung", deren Auftreten für den weiteren Werdegang der Waffe symbolisch werden sollte. Gewiß gab es auch für größere Reiterverbände noch Verwendungen, die dem Traume der Friedenszeit entsprachen. Im allgemeinen überwog aber doch schon die Rolle einer berittenen Infanterie, eine Rolle, in die sich die Kavallerie mit ihrem ausgewählten Offizierskorps und ihrer vor¬ trefflichen Mannschaft meist überraschend schnell hineinfand. Sollte im vorliegenden das Wichtigste über die Organisation der drei Hauptwaffen gesagt sein, wie sie sich um die Jahreswende 1914/15 dar¬ stellte, so wird der folgende Abschnitt über „Heer- und Kampfführung" Gelegenheit bieten, auch der Entwicklung der anderen Waffen und Dienst¬ zweige innerhalb der möglichen Grenzen zu gedenken. Heer - und Kampfführung Die Kriegführung Österreich-Ungarns war im Jahre 1914 in Nord und Süd durch zwei markante Führerpersönlichkeiten verkörpert: Con¬ rad und Potiorek. Dem ideenreichen, nie um Aushilfen verlegenen Geiste Conrads war der Bewegungskrieg im weiten galizisch-russischen Raum besonders gelegen. Immer wieder fand der Offensivgeist dieses Führers Mittel und Wege, dem übermächtigen, in gewaltigen Massen heranzie¬ henden Feinde das Gesetz des Handelns zu diktieren. Immer wieder wußte er sich gleich den deutschen Generalen des Ostheeres der Gefahr zu ent¬ ziehen, dem russischen Willen zu unterliegen. Begreiflicherweise verfolgte er mit wachsender Beklemmung, wie der Krieg allmählich in die Fesseln 2*