8 Die Lage um die Jahreswende 1914/15 Von entscheidender Bedeutung für die Kriegslage der Mittelmächte wäre es gewesen, die Beherrschung des Meeres durch England zu über¬ winden. Die Deutschen hatten zu Kriegsbeginn entgegen dem Rate des Großadmirals Tirpitz und anschauungsverwandter Persönlichkeiten den Versuch unterlassen, ihre Flotte auf hoher See gegen die britische ein¬ zusetzen. Auf solche Weise rechtfertigte sich die Auffassung der eng¬ lischen Admiralität, daß die bloße Anwesenheit ihrer Geschwader in dem ihrem Schutze anvertrauten Gebiete („Fleet in being") ausreichen werde, dem Inselreiche seine unangreifbare Seegeltung zu sichern. Dabei gebrach es der deutschen Flotte an Unternehmungsgeist wahr¬ lich nicht, wie die Seeschlachten von Coronel (1. November 1914) und bei den Falklandsinseln (8. Dezember), die Kämpfe an der Doggerbank (24. Jänner 1915) und die Irrfahrten zahlreicher auf das Weltmeer ver¬ streuter Kreuzer bewiesen. Die Seegeltung Englands und damit dessen schärfste Waffe, die Hungerblockade, blieben aber durch die Taten der deutschen Kriegsmarine unberührt. Die Abschnürung Deutschlands von der hohen See besiegelte auch das Schicksal der deutschen Kolonien, von denen bis in den Sommer 1915 alle, mit Ausnahme von Deutsch-Ostafrika, verloren gingen. An der Verteidigung von Tsingtau, das bereits am 7. No¬ vember 1914 gefallen war, hatte auf Befehl Franz Josephs auch die Be¬ satzung des öst.-ung. Kreuzers „Elisabeth" mitgewirkt; sie geriet in japa¬ nische Gefangenschaft. Die weitgehende Verdrängung der Mittelmächte vom offenen Meere verfehlte selbstverständlich bei den Neutralen dies¬ seits und jenseits der Atlantis ihren Eindruck nicht. Zumal Staaten mit ausgedehnten Küsten, wie Italien und Griechenland, konnten nicht um¬ hin, die nun erwiesene Tatsache der britischen Vorherrschaft zur See entscheidend in die Rechnung ihrer Politik einzustellen. Österreich-Ungarns Wehrmacht um die Jahreswende Kämpfer und Kriegsgerät Der Wehrmacht Österreich-Ungarns waren beim gemeinsamen Ab¬ wehrkampf der Mittelmächte im Jahre 1914 außerordentlich schwierige Aufgaben zugefallen. Im Nordosten hatte sie zu Kriegsbeginn die Haupt¬ masse des russischen Heeres gegen sich, der sie sich viermal entgegen¬ warf, zuerst allein, dann im engeren Anschlüsse an die Verbündeten. Mit zu Schlacken ausgebrannten Abteilungen konnte sie schließlich südlich von Krakau dem Feinde den Weg nach Prag und Wien verriegeln. An