von Friedrich Bethge Der junge Soldat, dessen Gedanken, wie es der Jugend nun einmal eigen ist, einzig um das Ziel kreisen: um die Schlacht und die Bewährung in der Schlacht, muß bald erkennen, daß es da ein schlimmes Drittes gibt, das zwischen ihm und dem Ziele nüchtern lauert: der Weg und die Bewältigung des Weges: der Marsch. Er muß erkennen, daß es vor der Bewährung in der Schlacht eine höchst nüchterne Prüfung seiner Widerstandskräfte gibt: die Bewährung auf dem Wege zum Ziele, auf dem Marsche. And bei dieser Erkenntnis erleichtert ihm eines das Ertragen des Schweren: er sieht, wie die starken, die nicht umzukriegenden, robusten Kameraden in den Straßengraben taumeln und liegen bleiben und oft nicht durch Drohungen, nicht durch Gutzureden zum Weiter¬ marschieren zu bewegen find. Er sieht, wie die schmächtigen Kameraden, denen Tornister und Gehänge den armen Brustkorb schier abschnüren, wie die torkeln, stürzen, sich wieder erheben und — — durchhalten! Er sieht und erkennt und hat mit dieser Einsicht und Erkenntnis bereits gewonnen: nicht die stärksten Beine marschieren am besten, sondern das starke Gehirn, das stärkere Herz. Nun liegt er da — der Weg: endlos, grau, im Dämmer zuerst noch erkennbar, dann verschwimmend, versinkend und nur mit den armen Füßen noch ertastbar, den armen Füßen, die geschwollen seit Tagen in wie angewachsenen zentnerschweren Stiefeln kleben. Schritt um Schritt, Schritt vor Schritt — torkelnd gegen den Nebenmann. Ohne Trommel¬ klang — über Wurzeln stolpernd gegen den Vordermann, der auffluchend mit¬ stolpert. Alles tritt mit — und der Weg ziellos lang. Das Gespräch, in der ersten Stunde noch munter, verstummt immer mehr. Kein Flüstern, kein Lachen — Schritt vor Schritt. Fern brummen die Bässe, leuchten die Blitze der Front; ferne Salven krachen im Takte mit. Nichts, woran das Auge sich klammern, woraus es Hoffnung saugen darf — grau alles — grau in Geschwaden nah und weit Kameraden — alles Finsternis; nur von aufblitzenden Geschützen überhellt: 16