Das Salzfatz
Herausgegeben von den Heimatfreunden des
Ruvertiwinkels e. V.
— 1932
I I. Jahrg. Vereinsblatt der Heimatfreunde des Rupertiwinkels e. B., Laufen. 1932.
1. Folge. Druck: Buchdruckerei Ried, Laufen. — Schristleitung: Dr. Wagner, Laufen.
Ortsnamen des Amtsgerichtes Lausen').
Don Professor Ludwig Stein berger, München.
Liner Anregung des 1' Herrn Oberregierungsrates Dr. Einhauser, Vorstand
des BA. Laufen entsprungen, sucht gegenwärtige Arbeit, soweit ohne Augenschein
und ohne Kenntnis der mundartlichen Aussprache möglich, also vom grünen Tisch
aus, von den Ortsnamen (ON) des bayerischen „Rupertiwinkels" zunächst jene des
Amtsgerichtssprengels von Laufen zu deuten. Wann sie mit einer Erklärung der
MN des Amtsgerichtes Tittmoning und des Landbezirks des Amtsgerichtes Traun-
stein 2. Teil sowie der außerdem zum bayerischen Rupertiwinkel gerechneten Stücke
der BAe. Berchtesgaden und Altötting ihren Fortgang nehmen kann, das muß
bei der vielfachen Inanspruchnahme des Bearbeiters einstweilen im Schoße der
Götter ruhen bleiben. Da im Texte möglichste Sparsamkeit mit Quellen- und
Literaturangaben notwendig erschien, so soll das Wichtigste in dieser Hinsicht hier
gesagt werden. Die urkundlichen Belege sind in der Hauptsache dem im H. Bd.
stehenden monumentalen Salzburger Urkundenbuch (SU) W. Hauthalers und F.
Martins (Register in den Bden. t u. 3) und^mit Hilfe von I. Widemanns Re-
gister den 8IV6 V6VUM Loiouvum entnommen. Aus dem
Schrifttum habe ich außer Schmeller-Frommann, Bayer. Wörterbuch (Sm) und E.
Foerstemann, Altdeutsches Namenbuch p, u. 2^, t9N— vorallem R. Voll-
mann, Flurnamenssammlung l9^6 (Vo) ausgiebig verwertet; daneben E. Wall-
ner, Altbayer. Siedelungsgeschichte, l9^^(Wa), dieOstbaierischen Grenzmarken (MG),
die Zeitschrift für Ortsnamenforschung (ZMNF) u. a. m. Die Anordnung des
Stoffes folgt dem Ortschaftenverzeichnis für den Freistaat Bayern, l928, Sp.
l56. ON, die in sprachlichem und sachlichem Betracht einer Erläuterung nicht
bedürfen sind weggelassen. Unbezeugte Formen tragen Verweise innerhalb meiner
Arbeit nennen an erster Stelle die einschlägige Gemeinde (G), an zweiter die ein-
') Vor Aufhebung des Amtsgerichtes Tittmoning.
2
schlägige Ortschaft, z. B. Ainring Hagenau. Herrn ^ Gberregierungsrat Dr. Lin-
Hauser gebührt für freundliche Bereitstellung von Behelfen der wärmste Dank.
*
Ainring, Ainheringa 790 (788), ^ bei den Leuten eines ^Aginher. Ueber die
MN auf ing(en) s. Lech-Isarland 1928, 9ff.
Adelstetten ^ Wohnstätte eines Adalo. Ueber den Wemfall der Mehrzahl beim
Grundwort s. ZGNF 1928, 196.
An der Straß: wie alt ist der Verkehrsweg, auf den dieser MN Bezug nimmt?
Au Wasserlandschaft.
Bicheln (vgl. Adelstetten), puhila c. 923: Bühel ^ Hügel.
Bruch, ?Bruccha 1025—10A, ^ Erdrutsch, Steinabbruch oder Sumpf, je nach
Gasbeschaffenheit.
Bichlbruck ^ Brücke bei einem Bühel.
Ed Gede, d. h. einsame, zunächst unangebaute, menschenleere Waldblöße.
Eschlberg ^ Berg mit oder bei kleiner Esche (ahd. ^askila) oder Berg eines
*Askilo, der hinwiderum durch diesen Namen als kleiner Asko d. h. Eschen-
mann oder als Anwohner einer kleinen Esche gekennzeichnet sein kann.
Feldkirchen ^ Airche im Feld d. h. im offenen Tand; begrifflicher Gegensatz wäre
Holzkirchen, was nicht ---- Uirche aus holz, da Kirchen aus holz in der Früh-
zeit die Regel bildeten und daher nicht eigens als solche gekennzeichnet zu werden
brauchten, sondern ^ Kirche am oder im holz d. h. Wald, oder Waldkirchen u. ä.
Fürberg --- Vorberg.
Gepping nicht zu vermengen mit Gepping G. Gaden, das 1137—1138, 11^1,
Ende 12. Jahrh. u. 1216 als Eopingin Goepinge Eopingen begegnet und mit-
hin „bei den Leuten eines Kop(p)o" bedeutet; darf „Gunpingen" 1226 unter
Annahme einer Verschreibung, wie sie in der gleichen Urk. (SU 3 n. 806) Ge-
rohingen j. Gehring G. Straß zu Gerolv(ingen) entstellt hat, auf eines der zwei
Gepping bezogen werden?
Hagenau ---- Au (s. o.) mit Hagen d. h. Dornbusch, Gesträuch, dann Hecke, Zaun
überhaupt, endlich eingefriedigter Raum, Gehege.
Hammerau ^ Au (s. o.) mit Hammerwerk.
Hausmoning, husmaeningen 123H (vgl. Ainring) ^ bei den Leuten eines Haus-
manns d. h. zum Herrenhaus gehörigen Dienstmanns, grundherrschaftlichen
Hintersassen, oft zu besonderen Diensten verpflichteten Gutsmeiers.
Heidenpoint ^ Point d. h. umhegtes Grundstück eines haido oder Heide d. h.
Heidekraut.
Hofer ^ Inhaber eines Hofes.
Hort ---- Schatz, also wohl stelle, wo ein Schatz gefunden wurde.
Kohlstatt ---- Stätte, wo Holzkohlen gebrannt werden.
Moos Moor, Sumpf. Die Pflanzengattung Moos heißt in baierischer Mund-
art meist Mies.
Mühlstatt Wohnstätte mit oder bei einer Mühle.
Mürack mir unerklärbar.
perach (perchah 925, perehach 930, perhcach 93 p und Pirach (vgl. MG 17,
1928, 2^H) Birkach d. h. Birkenbestand.
Rabling (Rappolding), Reinpoldingen 1226 (vgl. Ainring)^---- bei den Leuten eines
Reinpold.
Rauchenbicheln ^ bei den rauhen d. h. unebenen, strüppigen, mit niederem Ge-
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büsch bewachsenen Büheln d. h. Hügeln oder (vgl. Adelstetten) bei dein rauhen
Bühel.
Reit --- Rodung.
Schiffmoning ^ bei den Leuten des Schiffmanns d. h. Schiffers.
Schnnding ^ bei den Leuten des Schmiedes.
Ulrichshögel ^ Högel d. h. Hügel mit Airche des hl. Ulrich.
Wiesbach —- Bach, der die Wiese eines Besitzers bespült, welcher infolgedessen dem
Bach den Namen Wiesbach schöpfte, oder Bach, der das Grundstück eines
Wiso bespült.
Freilassing, Frilaz ((25—((^7 u. (2(9—(23^. — Freilaß d. h. freie (nicht
abgabepflichtige oder nichtgebannte) Weide. Erst nachträglich mit dem Anhängsel
—ing versehen'(vgl. GG (7, (86).
Brodhausen — vielleicht Haus (vgl. Ainring Adelstetten) eines Brodbauern d. h.
des Bauern, der den in Amtsgeschäften reisenden Fronboten (Gerichtsdiener) zu
speisen oder zu beherbergen hatte.
Eham, Egheim ((22—((^7, ^ Heim eines Ego.
Hagen s. Ainring Hagenau.
Hofham Heim, das aus einen: Hofe besteht.
Hub: Hube ^ kleiner („halber") Hof.
Älebing ^ bei den Leuten, die auf klebrigem Boden (ahd. cleb) oder bei einem
jähen Absturz (ahd. chleb) Hausen, je nach Ortsbeschaffenheit.
Lohen (vgl. Ainring Adelstetten), Lohan 923, Lohon 93 s: das (der) Loh ^ lichtes
Gehölz, Buschwald oder die Loh — Sumpfstelle?
Obereichet: Eichet Eichenbestand.
Oedhof - - Hof in einer Oede (s. Ainring Ed).
Saalbrück - Brücke über den Fluß Saale, ?90 (783) u. c. 790, 9O8 u. (025 Sala
(vgl. ZGNF 6, (930, 2(6), dessen vorrömischer Name wohl nur infolge mund-
artlicher Aussprache sula durch falsche Rückumsetzung auf eine papierene Form
Saalach gebracht wurde.
Sailen: Zusammenhang mit dem Seil bei der Jagd (Sm 2, 25^)?
Salzburghofen, euntis xubliou 8ul2puvo 788 (Uk. Heuwieser, Traditionen des
Hochstifts Aassau n. (3 s), Salzburchhove 883 (nicht 835 !), Salzpurchof 908,
ehemaliger Aönigshof bei Salzburg (N. Fastlinger in Forschungen zur Gesch.
Bayerns (2, (90^, 268).
Schaiding - bei den Leuten die an irgend einer Scheid d. h. Grenze wohnen.
Stetten7(vgl. Ainring Adelstetten) -- Wohnstätte.
Untereichet s/,Vbereichet.
Wassermauth -- Ort, wo ein Wasserzoll eingehoben wurde, oder einfach Zollstätte
an einen: Wasser.
Heining, huningen c. 790, - bei den Leuten eines Huno, in siedelungsgeschicht-
b« lichen: Zusammenhange (vgl. OG (6, (927, 286. 32cff. u. (7, 2-^5; auch ZONF
H, (928, (95) mit dem Hunsperch c. 790, Hunisperc c. ((2(—c. ((30, Hunis-
perch c. ( (30 j. Haunsberg n. Salzburg (W. Linthoudt ZONF 3, (927, (28).
Abtsee bei Abtsdorf: das von einem Abt geleitete Aloster, welchem das Dorf
und der See (j. Abtsdorfer See) gehörten und den Namen verdankten, war viel-
leicht das B en ediktin er kloster Herrenchiemsee, Vorgänger des dortigen Augu-
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stinerchorherrenstiftes (vgl. F. Martin, Regesten der Erzbischöfe n. des Domka-
pitels v. Salzburg t n. s257).
Arzenpoint Point (s. Ainring Heidenpoint) eines ^Arzo d. h. Erzmann.
Daring ^ - bei den Leuten eines *Daro.
Fisching, Viskingin Viskigin (vgl. DG s6, W8 u. Lechisarland 9f) Ende §2.
Jahrh., bei den zu den Fischen gehörigen Leuten, also bei den Fischern (gegen
DG §7,
Gastag, Gasteige 1(260: ahd. gasteigi nhd. G(e)steig, ein mit Eigenschaftswort jäh
steil verbundener Sammelname zu „die Steige ansteigender Fahrweg", vgl.
G. Weitzenböck u. A. Aniely ZDNF 5, (92Y, 20Y ff u. 6, 233 f.
Haiden (vgl. Ainring Ädelstetten): Heide Gedland, ursprünglich mit „Heide"
(Heidekraut) und anderem Gestrüpp bewachsen.
Lepperding mir ohne urkundliche Form undeutbar.
Aletzling ^ bei den Leuten eines Uletzl (so heißt eine Einöde der G. Teisendorf
und des Bez.Amtes Pfarrkirchen) d. h. des kleinen Alotzes („Uebername").
Moosham — heim bei einem Moos (s. Ainring Moos).
Dberhaslach: Haslach Haselgebüsch.
Steinbach ^ Bach mit steinigem Grunde.
Thamberg aus Tannberg: „bei den mit Tann gebildeten Namen ist nicht immer
sicher, ob die Tanne (ahd. tanna auch Eiche, Waldbaum überhaupt) oder der
Tann (ahd. tan Wald) gemeint ist" Bo 28.
Thannhausen s. Thamberg.
Wiedmannsfelden ^ Feld des Widemmanns d. h. des Bauern, welcher den zur
Airche gehörigen Widembau (Widem die einer Pfarrkirche „gewidmeten"
nutzbaren Gründe) als Pächter oder unter sonstigen Lehenverhältnissen innehat.
Airchamschöring, Ansheringen c. 790 ^ bei den Leuten eines Ansher, später
durch Vorspann Airch- von Rothanschöring unterschieden, wobei Roth- wohl
auf rotbraunes sumpfiges Gelände (vgl. DG. 116 S. 279 Bezug nimmt; Roth-
anschöring, Rott G. Lampoding und Redl bilden die Spitzen eines Dreiecks.
Bannmühle ^ Mühle, in der zu mahlen durch den Grundherrn geboten ist.
Bernreut — Rodung, wo sich Bären oder Saubären d. h. Zuchteber aufhalten
oder Rodung eines Mannes namens pero oder Rodung, wo Beeren wachsen.
Dürnberg ^ Wemfall zu „der dürre d. h. wafserlose oder wasserarme Berg".
Ellham - heim eines Ello.
Eschelbach s. unter Ainring.
Frohnholzen — dem Herrn gehöriger (ahd. frono - - dem Herrn gehörig vgl.
Frondienst) Wald.
Greiner — nach einem Besitzer benannt, der zu greinen d. h. zu zanken oder zu
weinen pflegte oder der den Taufnamen peregrinus trug.
Güßhübel s. Vo 62 und demnächst R. Vollmann und E. Wallner Zonf.
Guggenberg s. h. Dachs in Znn-Zsengau 7, 1(929, l(3f.
Hausen -- bei den Häusern oder (vgl. Ainring Adelstetten) bei einem Haus.
herrnöd Gede (s. Ainring Adelstetten), die irgend einem Herrn (vgl. auch DG
1(6, 323 f) gehörte.
hipflham: älteste Form Duphelhaimen (ou als uo zu lesen) bezw. huophelheim
spätestens — heim eines *Gppiolus (vgl. W. Schulze, zur Gesch. lat.
Eigennamen, 1(90^, 565^ und DG 1(7, 22p, nachmals durch Wandel zu
huphilheim c. A67—A93 und Ende ^2. Jahrh, auf einen hupfil d. h. einen
Mann mit hüpfendem Gang umgedeutet?
Kothaich Eichenbestand auf kotigem Gelände.
Lackenbach Bach, der Lacken bildet.
Längersöd: Grundwort s. Ainring Ed; Bestimmungswort mir undeutbar.
Leiharting -- bei den Leuten eines Leichhart d. h. wohl eines Mannes, der gut
tanzen (got. Laiks Tanz) konnte.
Milzham, im Topogr. Atlas Bl. Traunstein f893 Mergiltsham: heim eines Miliz
oder einer Mergilt?
Neunteufeln: was sind das für neun Teufel?
penesöd - Oede, wo ein Beno wohnte. Vgl. Surheim Pendel Hagen.
Pirach s. unter Ainring.
Polin, falsche Schreibung für Bellen " bei den Weißpappeln.
Redl, Rotila vor 923, doch wohl mit Farbenbezeichnung „rot" (s. Kirchanschöring)
zusammenhängend; s. im übrigen auch Lampoding Rott.
Reichersdorf, Rihkeresdorf 95H, ^ Dorf eines Grundherrn Richger.
Reschberg ^ rescher d. h. steiler Berg, vgl. Veröff. Museum Ferdinandeum Inns-
bruck 8, 56 l u. K. Finsterwalder ZONF 5, 230.
Reut ^ Rodung.
Ribing, Rebinge §2H2—f26^, bei den Leuten, die mit Weinreben zu tun haben
(vgl. Heining Fisching), also bei den Winzern?
Röhrmoos (vgl. Wa n. 25 p ^ mit Schilfrohr bestandener Sumpf.
Rothanschöring s. Kirchanschöring.
Scharam wohl statt ^'Scharham ^ heim bei einer Schar d. h. einein (Wald-) Anteil.
Schwaig; Schwaige ^ Viehgehege, Viehhof (D. Stolz, Schwaighöfe in Tirol f930).
Voglaich — Eichenbestand, wo viele Vögel nisten.
Wazing, Wazingen A39, ^ bei den Leuten eines Wazo.
Zebhausen wohl durch Vornanwachsen des Vorwort ze (— zu) an MN Ebhausen
d. h. Haus eines Ebo und ebenso
Aeifen vermutlich durch Vornanwachsen des gleichen Vorwortes an Flurnamen
Seifen (Seife -- Druckquelle, Sumpfstelle) entstanden.
Lampoding, Lantpotingen c 790, bei den Leuten eines Lantpoto.
Horn - vorspringende Bergform, Landzunge oder (ahd. horo) Dreck, Sumpfbo-
den, je nach Ortsbeschaffenheit.
Kirchstein — steiniger Boden mit Kirche.
Kronwitt: ahd. chranawitu, baier. Kranewit d. h. Kranichholz, volkstümlicher
Name für den Wachholder.
Lohen s. unter Freilassing.
Roth, doch wohl mit Farbenbezeichnung „rot" (s. Kirchanschöring) zusammenhän-
gend. Redl G. Kirchanschöring Verkleinerung hiezu?
Sauberg ^ Berg, wo Wildsäue vorkommen.
Wölkersdorf läßt sich bis zum Entscheid durch urkundliche Formen ebenso gut
auf Wolfkeresdorf wie auf Wolfcrimesdorf wie auf Waltkersdorf zurückleiten:
Personennamen Wolfker, Wolfcrim, Waltker.
Laufen, Laufom, Louffi 790 (788) bezw. uni 790 an Stromschnellen (mhd. loufe)
der Salzach oder (vgl. Ainring Adelstetten) an einer solchen gelegen (E. Schwarz)
ZONF l928, <6).
<9
Abrain hier wohl ebenso wie anderwärts (vgl. OG t6, 32^) ^ Achrain d. h.
Uferhang am fließenden Wasser.
Arbisbichl — Bühel d. h. Hügel, wo Erbsen angepflanzt sind.
Burgfeld ^ Feld bei einer Burg, worunter auch ein vorgeschichtlicher Erd- oder
Zteinwall verstanden werden kann.
Obervillern ohne urkundliche Form mir undeutbar.
Obslaufen — ob d. h. oberhalb des Laufen s. Laufen.
Leobendorf, Liubindorf Liubendorf Liubilndorf c. 790, Liuplindorf 93 Dorf
einer grundherrlichen Familie, in der (zwischen Vater und Lohn?) der Personen-
name *Liubo und seine Verkleinerungsform ^Liubilo ebenso wechseln wie bei
Liubenowe der Au des Liubo, j. Lebenau G. Fridolfing am Bache Liu-
bilnaha c. 790, Liupilinaha 927?, der am Grundstück eines Liubilo vorbeifließen-
den Ache (vgl. Ainring Wiesbach), heutigem Lchinderbach; fiedelungsgeschicht-
licher Zusammenhang zwischen Leobendorf und Lebenau (vgl. Z. Lturm ZVNF
2, ?927, ^25 ff) wahrscheinlich.
Au — Wasserlandschaft.
Baumgartenöd ^ Oede (s. Ainring Ed) mit Baumgarten.
Biburg — Umwallung, Ringburg, Ringwall; ein ON, der stets auf alte Befe-
stigungen hinweist, wie denn in der Tat bei unserem Biburg der Rest einer-
viereckigen Umwallung gefunden wurde (Franz Weber in der Altbayer. Monats-
schrift 9, t909/l0, S. U7).
Bubenberg ^ Berg eines Bubo.
Dorfen (vgl. Ainring Adelstetten) — Wohnplatz, der sich im Gegensatz zu umge-
benden Einzelhöfen zu einem Dorf auszuwachsen vermochte.
Ehemosen, Mosen iuxta Liubendorf (d. i. Leobendorf) c. N^9, ^ Vrt, wo ehe
d. h. früher ein Moos lLumpf) war.
Emmering ohne sicher hieher beziehbare urkundliche Form mir undeutbar.
Erlach — Erlenbestand.
Friedelreut ^ Rodung eines Fridilo, in siedelungsgeschichtl. Zusammenhang (vgl.
Leobendorf) mit Fridolfing, Fridolfingen ^23^ —^2H2 bei den Leuten eines
Fridolf.
Froschham heim, wo Frösche quaken.
Geisbach ^ Bach, an dem Ziegen weiden oder an den sie zur Tränke gehen.
Haarmoos: Grundwort s. unter Ainring; Bestimmungswort doch wohl ahd. horo
(s. Lampoding Horn), wenn nicht haar d. h. Flachs oder hart d. h. Weidewald,
Wald.
Hagmühl - Mühle bei einem Haag d. h. Gehege.
Haiden s. unter Heining.
harpfetsham, gleichnamig mit einem Airchdorf der G. und dem pfarrsitz der Pfarrei
palling; 5U bezieht mit einziger Ausnahme des dem Leobendorfer harpfets-
ham mit Fragezeichen zugewiesenen herpholsheim ^2^2—59 sämtliche auf har-
pholtasheiman u. ä. lautenden Belege auf das pallinger harpfetsham. heim
eines ^harpholt d. h. Walters der Harfe (Lpielmannsname!).
Hasenhaus ^ Haus eines Mannes namens has.
Höfen ^ bei den Höfen.
hötzling, hezlinge t2. Jahrh. — bei den Leuten eines hazilo.
hungerberg ^ Berg mit schlechtem Boden.
7
Kafling etwa zu dem PN Kouffolus LU 1, 29. ^ u. 2 kl 9?
Aulbing, Lholpingun c. 1049, ^ bei den Leuten eines Kolbo.
Letten weist auf tonhaltigen und schlammigen Boden.
Med im Moos s. unter Binring.
Mesing und Dsing ^ bei den Leuten eines ^Dso, das eine mit, das andere ohne
Umlaut.
Pfaffing ^ bei den Leuten eines Pfaffen d. h. Geistlichen (ohne verächtlichen Ne-
bensinn); der VN zeigt den Besitz einer Pfarrkirche oder den Besitz einer Airche
oder kirchlichen Körperschaft (Domkapitel, Kloster) an (vgl. Wa 55 u. MG 16
L. 284), anderwärts auch den Standort eines pfarrhofs an.
Röderberg mir ohne urkundliche Form undeutbar.
Schnapping, Lnaepingen 1147—1167, ^ bei den Leuten am äußersten Rand (die
Schnappen Maul, Schnauze, äußerster Rand).
Schrankbaum Sperrbalken.
Leeleiten ' Leite d. h. Bbhang am (Bbtsdorfer) Lee.
Stockham heiur, wo beiin Roden die Baumstöcke (Ltümpfe) stehen blieben.
Stögen Siedelung bei einem Lteg.
Ltraß an einer Röiiwrstraße, und zwar wahrscheinlich derjenigen von Salzburg
über Mühldorf, Landshut nach Regensburg.
Ltreitwies streitige Wiese, wenn nicht Streit umgedeutet aus ahd. strout
Gebüsch.
Petting, petingum W46, bei den Leuten eines pet(t)o.
Bbfalter ^ Bpfelbauuu
Bichbauer Bauer bei einer Eiche oder bei einem Eich d. h. Eichenbestand.
Bltofing, Blbolvigin 1126, welche urkundliche Form nach LU auch auf Bllerfing
G. pietling bezogen werden könnte. Bltofing BB Bibling s. h. Meixner,
VN um Rosenheim, 1920, 7.
Bring ^ bei den Leuten eines Bro.
Brandhosen ^ Hof auf oder bei einer Brandrodung.
Eglsee — natürlicher Teich, worin Blutegel gezüchtet werden.
Filzweber ^ Weber bei einem Filz d. h. einem kleinen Moor mit filzartig ver-
wachsener Moosdecke.
Gallenbach ^ Bach, der aus einer Waffergalle d. h. Druckwafferquelle entsteht
oder sie aufnimmt.
Gilling ^ bei den Leuten, die an einer Gülle d. h. Pfütze Hausen.
Gröben ^ umgelauteter Wemfall der Einzahl von mhd. grabe ^ Graben (Wa
n. 123"). Das in Tirol häufige Hauptwort Gröben ^ Schlamm- oder Wetter-
bach scheidet aus.
hainz, Personenname Heinz Kurzform zu Heinrich.
hennhari vgl. Forst henhart in Vberösterreich mit urkundlicher Form hohinhart
1132—11^7, ^ hochgelegener Weidewald, Wald.
hintergeffelberg ^ Berg eines Gozilo (vgl. ZMNF 6, 156)?
Kirchberg Berg mit Kirche. Ging nach Bnton Mayer, Beschreibung des Erz-
bistums München-Freising h 18?4, L. 736 aus dem 927 erwähnten vieus Uuu-
rüoiunus d. h. Dorf eines romanischen Grundherrn Mauricius, jetzt noch im
MN Moritz fortlebend, hervor.
Kirchhof ^ Hof bei einer Kirche.
Anall: was soll da knallen? Eher verkehrte Schriftumsetzüng eines mundartliches!
gnoi « Genoll, Sammelname zu Noll — kleine Bodenerhebung.
Araxenest: Est — Nest. Araxe — Gestell zum Tragen auf dem Rücken. Zur Er-
klärung vgl. I. Mondschein im Jahresbericht des hist. Vereins Straubing 7,
lZ05, S. 66 Araxenhöfen.
Aühnhausen, Lhindahusa c 976, — Haus eines Mannes Namens Aind.
Lehen ^ Gut oder Grundstück, welches der Grundherr (Lehensherr) dem Lehens-
mann gegen bestimmte Gegenleistungen auf Lebenszeit oder erblich überläßt;
Viertelsbauernhos.
Lemperholzen ^ Lämmerholz d. h. Wald, wo Lämmer weiden.
Mandlberg ^ Berg mit Manteln d. h. Föhren.
Mörnberg Berg eines *Moro aus lat. Maurus vgl. GG ^7, 22 H
Mühlberg Berg bei einer Mühle.
Musbach ^ Moosbach, d. h. Moorbach; Mus Nebenform zu Moos.
Putzham, pozigesheima 92^, Grundwort Heim; Bestimmungswort?
Schweighausen ^ Haus mit Viehhof (s. unter Airchanschöring).
Seebäck (Achbäck) ^ einer, der an einem Seebach (Achbach vgl. GG l6, 32^.)
wohnt: über den zu Bach gehörigen Einwohnerschaftsnamen —deck s. Sin H
202 und ^738.
Sondershausen ' Haus eines Sundar d. h. eines Mannes, der südwärts wohnt.
Spöck: Speck, ein aus Reisigbündeln oder prügeln gebauter Weg oder Damm,
meist in sumpfigem Gelände.
Stockach Gelände mit Baumstöcken (vgl. Leobendorf Stockham).
Stötten Stetten (s. unter Freilassing).
Streulach, Streichinloch ^33, ^ Buschwald (s. Freilassing Lohen), wo brünstige
Tiere streichen?
Teichting, Titingen — § ^67, bei den Leuten eines Romanen (vgl. Airch-
anschöring Hipflham) Titus? Vgl. unten Walchen.
Unverzug mir nicht deutbar.
Vordergesselberg s. Hintergesselberg.
Walchen —bei den oder (vgl. Ainring Adelstetten) dem Walchen d. h. Welschen,
Romanen. Vgl. Teichting.
Wiedenreut zum Widmi (s. Heining Wiedmannsfelden) gehörige Rodung; aus
Widem zusammengezogen: Wimm.
Winden bei den Wenden d. h. Slaven: Zwangssiedelung kriegsgefangener Slo-
venen.
Zentern bei einem (vgl. Ainring Adelstetten) oder bei mehreren, die zu zehnten
d. h. Zehnt zu geben hatten.
Zenzl ^ Aurz- und Aoseform zu Vinzenz oder Areszenz.
Ringham, Rinchheim 93H, ^ Heim bei einein Ringwall oder auch einer Viereck-
schanze, oder geringes d. h. kleines Heim.
Ammerberg ^ Berg, wo die Weizenart amar, auch Amelkorn genannt, wächst.
Filzhäusl s. Petting Filzweber.
Aoppelstadt ^ Stätte, wo inan Bäume „koppt" (Sm H l27p.
Filzester vgl. Petting Filzweber und Araxenest.
Paradies, ein Modename aus der Minnesängerzeit (VD 60 f).
Reuten (vgl. Ainring Adelstetten) ^ Rodung.
9
Scheuer! aus Koseform Skirilo zu ahd. Personennamen Skiro.
Schlödern bei den Verfertigern von Schwertscheiden (Schlöd) oder bei einem
^ Verfertiger von solchen für eine Grundherrschaft (vgl. OG s7, §85 f).
Schönram: Grundwort Raum geräumtes d. h. gerodetes Gelände.
Wasserbrenner Schnapsbrenner am Wasser (d. h. an der Sur)?
Wurzenberg Berg mit Kräutern.
Saaldorf, Saldors c. 7Z0, ^ Dorf mit einem sal (nhd. Saal); frühere Bedeu-
tung von sal nicht geklärt (K. Bohnenberger in Sievers-Festschrift Germanica,
1925, §7^ ff).
Abtsdorf s. Heining Abtsee.
Berchtolding, perhtolttin § ^7, pertoldinge(n) § §5 §—A67, — bei den Leuten
eines Bertold.
Breilenloh ^ breiter Buschwald.
Brünnthal, Pruninaertal §§83—§§g6, ^ ein zu Steinbrünning (s. u.) gehöriges
Tal.
Haarmoos s. unter Leobendorf.
Haasmühl ^ Wühle eines Klannes Baiuens Haas.
holzhausen nicht Haus aus holz, sondern Haus bei. einem holz d. h. Wald
vgl. Ainring Feldkirchen.
Ssselau ---- Au (s. unter Ainring) eines '^Szilo (vgl. Petting Hintergesselberg) bezw.
(vgl. h. Dachs in Snn-Ssengau 7, §Y2Y, H2 f) Kzilo.
Kemating, Kemenate c. §§5§, von dein Lehnwort Kemenate aus mittellat. eumi-
natu ^ heizbarer Wohnraum, deutsch „Stube^; zur —ing-Form vgl. Freilassing.
Kling von Klinge ^ Schlucht.
Langwied gehört zu den zahlreichen aus mhd. Hauptwort wat Furt (urverwandt
mit lat. vuckum; Zeitwort „watend!) und dem Eigenschaftswort lang zusam-
mengesetzten GN, welche eine lange d. h. schrägverlaufende Furt bezeichnen
^ (Schiern §2, §Y3§, 5^).
Leustetten, Loubisteti (?) spätestens §§<§7, Linstet §2§y, Wohnstätte am Laub-
wald; angeglichen an Liubindors ^ Leobendorf.
Woosen s. Ainring Woos und Adelstetten.
Wooswastl ^ Sebastian beim Woos.
Oberholzen: holz — Wald.
Oberstützing: Stützing (auch BA Käühldorf) bei den: Anwohnern eines Stlltzes
d. h. Steilabfalls.
Oed s. Ainring Ed.
Schign, Scuginga Z27, ^ bei den Leuten eines -'Skugo.
Seebichl Bühel d. h. Hügel am (Abtsdorfer) See.
Sillersdorf, Sitilinasdorf §0Y0—§ §0^, ^ Dorf eines Grundherrn Sitili.
Spitz ^ spitz zulaufendes Landstück.
Steinbrünning streitet sich mit Kothbrünning G. Weildorf und mit Brünning
G. palling um die Foriven pruningin usw. SK s, 3^8 u. 3, R. 278 ^ bei
den Anwohnern eines Brunnens; die Vorspanne Stein- und Koth- bezeichnen
die Beschaffenheit des Bodens.
Stockach s. unter Petting.
Unterstützing s. Vberstützing.
Wiederlohen ^ gegenüber (ahd. widar) einem Buschwald.
Straß, Straza (iurta perahach d. i. perach G. Ainring) 930 u. 93t, an der
Rönrerstraße Augsburg—Salzburg.
Abfalter s. unter Petting.
Altmutter ^ Wohnstätte einer Urgroßmutter? Mder Wutter Liegeplatz (I.
Schatz in Festschr. F. Aluge l9^6, l30 u. O. Wayr in veröff. Ntuseum Ferd.
Innsbruck 6, t9?8, 2^«^; kaum zutreffend G. Büchner in Ulitt. des D. u. Me.
Alpenver. !926, 279)?
Luchreit ^ Rodung in einem Buch d. h. Buchenwald.
Doppeln ^ vielleicht entstellt aus Dobeln: Tobel eine Talschlucht, die zu einem
Bach hinunterleitet, ferner ein Wiesfleck, der nach unten, wo wegen der Steilheit
des Hanges nicht mehr gepflügt werden kann, sich an ein Ackerland anschließt
(G. Waurer, MB des Hochstifts Passau, l9W, 32).
Gehring (nicht Gerling!), Gerhohingen WW u. W3^, Gerohingen s226 ts. Ain
ring Gepping), ^ bei den Leuten eines Gerhoh.
Gessenhart, Thessinhart nach WA, ^ Weideland eines Aaz(z)o vgl. Petting Hin-
tergesselberg.
hasholzen Hasenwald.
hinterau: Au Wasserlandschast.
Höglau --- Au bei einem Hügel vgl. Ainring Ulrichshögel.
Niederstraß, inksviov Ltvürm ^226, Ansiedelilng tiefer gelegen als Straß.
Mberholzen wie unter Saaldorf.
Mttmaring, Mt(h)maringen c. 790, bei den Leuten eines Gtmar.
Rain - erhöhter Grenzstreifen, auch Berg- und Userhang, endlich Abhang über-
haupt.
Surr, Sura 790 (788), am Uebergang eines Verkehrsweges (vgl. DG W, 266.
322) über die Uleine Sur, einen linken Nebenbach der Sur. Sura e. 790; der
vorröm. Flußname Sur iuuß außerdem einst an dem Bache gehaftet haben, der
bei Surbrunn BA Traunstein entspringt und Uirchensur (Sura e. 790) BA
Wasserburg bespült; er stellt eine Vokalvariante der Flußnamen Seravus bezw.
Sara, Siris usw. (Tiroler Heimat NF 3, l930, 2^6) dar.
Thundorf, Tunnindorf 930, ^ Dorf eines Grundherrn Tunno.
Weng, Wenge A93—A93, aus dem ahd. Sainmelnamen wangi (Wa 3) zu den:
Gattungswort Wang natürlich grünendes, ebenes Gelände, auch mit ver-
streutem Baumbestand.
Winkeln, ?Winchilarum e. 903 und W23—WA, bei den Bewohnern (vgl.
MG A 220) eines Winkels.
Surheim, Suraheim 99l — l023, hei^n an der Sur s. Straß Sur.
Aich Tichenbestand.
Au Wasserlandschaft.
Döderholzen: Grundwort holz Wald, Bestimmungswort unklar.
Gausburg, Gouchisperch (so statt Gouchispach zu lesen) A27, Gauhsperch
Auckucksberg. Burg für Berg.
Gerspoint, Gerspiunt c. l AO, Point (s. Ainring Heidenpoint) eines Gero oder
(vgl. Straß Gehring! in irgend einer Beziehung zu einem Ger. 2>m ersten Falle
bestünde siedelungsgeschichtlicher Zusammenhang (vgl. I. Sturm ZGNF 2, lA?,
A3 ff) mit - ^
Groß- und Aleingerstetten,. Gerstetin Ende A. Jahrh.. Wohnstätte eines Dero,
falls es sich nicht auch hier um eine Wohnstätte bei einem Ger handeln sollte.
haberland, haberlanth t ck ^67, Neubruch, auf dem Haber angebaut würbe.
Hausen s. unter Kirchanschöring.
Himmelreich frei- und hochliegendes Flurstück oder (vgl. Ringham Paradies)
Modename der Minnesängerzeit.
Loh s. Freilassing Lohen.
Muckham, Muceaheimin c. A22, heim, wo es viel Mücken gibt.
Pendelhagen Gehege (vgl. Ainring Hagenau) eines Benilo; siedelungsgeschicht-
licher Zusammenhang (vgl. Leobendors) mit penesöd G. Kirchanschöring, vgl.
^''Beinling » pendling, Berg bei Kusstein.
Pirach s. unter Ainring.
putzenau Wasserlandschaft eines puzzo.
Racking, Rackingun nach W26. bei den Leuten eines Rakko.
Reit s. unter Ainring.
Schmidbauer Bauer, der zugleich Schmied ist.
Schrankbaumer s. unter Leobendorf.
Spitz s. unter Saaldors.
Wimpasing bei den Bewohnern eines Windpotz d. h. eines Windstoßes, eines
dem Winde besonders ausgesetzten Ortes (I. Schnetz. I. Schatz u. G. A. Reischl
ZONF 3, t927, W8ff. l928, U- M f 257. 6, tyZO, 65 f).
Triebenbach, Trubinbach spätestens am trüben Bach.
Absalter s. unter Petting.
Birnau Wasserlandschaft mit Birnbäumen?
Darmühle Mühle, um die es Dachsen d. h. Nadelhölzer oder Dachse gibt,
heiningermühle eine zu Heining (s. o.) gehörige Mühle.
Mayerhofen aus einem Meierhof erwachsen.
Niedervillern vgl. Laufen Obervillern.
Sturz Absturz.
Weildors, Wildorf 790 (788), Dorf bei römischer villa (h. Dachs MG tch l92^,
W2; vgl. ZGNF 6, l99f).
Aniersberg, Amezberc Ameizperge A67—l!85, Ameisenberg.
Arnolding, Arnoltingen c. 790, bei den Leuten eines Arnold.
Eichham, heicham c. A2^, Eicheiman c. A30, heim bei einein Eich d. h.
Eichenbestand.
Englhain, Engilhaliningen t !22— l bei den Leuten eines Engihalm; unter
dem Einflüsse von Eichham auf die heutige Form Englham gebracht.
Haag: Hag gleichbedeutend mit Hagen (s. Ainring Hagenau).
Hörafing, herolvinga e. 790, ' bei den Leuten eines herolf.
Hubmühle Mühle bei einer Hube (s. unter Freilassing):
Kothbrünning s. Saaldors Steinbrünning.
Kumpfmühle oberschlächtige Mühle, an deren Mühlrad Kumpfe d. h. Behälter
zum Auffangen des von oben einfallenden Wassers angebracht sind. vgl. Wa n. 7W.
Moosleiten Leite (Abhang) bei einem Moos (Sumpf).
Neulend, Niulent A99—s25h enthält den ahd. Sammelnamen 'ckandi zil den:
Gattungsworte Land (vgl. Straß Weng); also neugerodetes Gelände.
Oberhub: Hube s. unter Freilassing.
Oberndorf oberes Dorf im vergleich zu dem tiefer gelegenen Offenwang.
Oberreut oberes Reut im vergleich zu dem tiefer gelegenen Reut Rodung.
Ged s. Ainring Ed.
Gffenwang, Mffinwanch c. 790, - Wang (s. Straß Weng) eines Gffo.
Patting, pat(t)inga c. 790, bei den Leuten eines pat(t)o (SU (,9! vgl. S.
Sturm ZGNF 2, 95 ff).
Reut s. Gberreut.
Schlacht Uferbefestigung aus holz, Weidendamm oder Schlagrodung im Gegen-
satz zur Brandrodung, je nach Drtsbeschaffenheit.
Seeleiten Teile an einem See (wie unter Leobendors), im Gegensatz zu Moos-
leiten. Der See aber hier verschwunden,
Stockach s. unter Saaldorf.
Stötten d Stetten s. unter Freilassing.
Unterholzen: Gegensatz zu Gberholzen G. Saaldorf.
Jur Geschichte der HL. Gräber.
Bon Gtto heichele, Taufen.
Eine Aarwoche ohne heiliges Grab — können wir uns in Altbayern nicht
gut denken. Witten in die schwere Seelenstille, die der Tod Ehristi in uns ge-
geweckt, leuchtet ja die farbenfrohe, lichtumglänzte Herrlichkeit seines Grabes in
unseren Airchen. Wir wissen ja, diesem Grab wird der Sieg entsteigen, Merk-
würdig, so lieb und unentbehrlich uns das Aarwochengrab ist, so wenig wissen
wir eigentlich von seinem Werden in Liturgie und Volksbrauch. Aehnlich wie
bei der Weihnachtskrippe.
Die Geschichte des hl. Grabes ist noch nicht geschrieben und auch die fol-
genden Zeilen wollen nur als Vorarbeit betrachtet sein.
Gottesdienstliche Liturgie hat nicht nur den Zweck Gnadenvermittlung zu
sein, sondern auch Versinnbildung des Heilgeschehens, der Erlösungstat Ehristi.
Besonders in der Aarfreitagsliturgie bemühte man sich seit Jahrhunderten, Gol-
gatha dem Volk möglichst nahe zu bringen. Und so legte man an Stelle des
Gekreuzigten, den man nicht gut darstellen konnte, eben sein Zeichen, das Areuz
in eine Art Grab. Schon zur Zeit des hl. Paulinus um H50 war das Sitte.
Wie wir uns dieses Grab vorzustellen haben, ist natürlich eine durchaus offene
Frage, vielleicht in der Arypta, der Unterkirche, oder zu Füßen des in der Vierung
stehenden Areuzaltars, der im Gegensatz zum Hochaltar im Presbyterium als
Tiesaltar angesprochen werden kann. Die Zeremonie des Areuzbegrabens wurde
im (H. Jahrhundert in Deutschland allgemein. „.........der Bischof zieht nach
der Messe des Aarsreitags und nach der Vesper die Aasel aus, ergreift zusammen
mit einem Priester das auf dem Altar liegende Areuz, geht zum Grab, beräuchert
es und legt dann ehrfürchtig das Areuz hinein auf ein linnenes Aiffen". Mancher-
orts wurde das Areuz ähnlich wie der Leichnam Jesu mit einem Leintuch bedeckt
Vielleicht bezieht sich folgende Notiz aus dem ehemaligen Frauenkloster bei St.
Peter-Salzburg darauf: (^6H item ain tuch über unseres Herrn grab in das.
srauenkloster mit 6 malereyen, dafür denarios 5 pfd. 60 pfg. Um die Verbin-
dung mit dem hl. Grab in Palästina herzustellen, war z. B. in das Schweißtuch
vom Salzburger Dom eine Reliquie vom Grabstein in Jerusalem eingenäht.
(Missale aus dem Jahr (5(5).
Ein sehr frühes Zeugnis der Grablegung bietet uns die Lebensbeschreibung
der Rekluse (Nonne) Wilbirgis, die im österreichischen Stift 5t. Florian (289
§3 !
gestorben ist. Da erfahren wir, daß das hl. Grab in der Wünsterkirche aufgestellt
war, reich mit Tüchern und Gemälden (wohl Stickereien) geschmückt, die anscheinend
das ganze Grab wie mit einer Wand umschlossen. Im Grab selbst war der
Gekreuzigte niedergelegt.
Tine Erinnerung an dieses Areuzbegraben erhält sich in der heutigen Zeremonie
der Areuzverehrung am Aarfreitag. Das eben enthüllte Areuz wird auf ein
schwarzes Tuch am Boden gelegt, ineist im Wittelgang der Airche, an dem Platz,
wo jedenfalls in alter Zeit sich das einfache Grab befand. Nach der Verehrung
durch die unbeschuhten Priester und Winistranten kommt den ganzen Tag das
gläubige Volk zum „herrgottbusseln".
Zu diesem Areuzbestatten tritt nun ein Zweites, die Aufbewahrung der
sakramentalen Gestalten im sog. Grab. Am Aarfreitag hielt die alte Airche
tiefes Schweigen und strenges Fasten. Sogar das Weßopfer unterblieb, nur die
Aommunion wurde ausgeteilt. Während heut bekanntlich in der sog. „Verstörten
Wesse", die eigentlich nur ein erweiterter Aommunionritus ist, nur der Gffiziator ,
das Sakrament empfängt, erhielten es früher auch die Laien. Die übrigbleibenden
Hostien wurden nun im Grab aufbewahrt. Schon in der Lebensbeschreibung des
hl. Ulrich ('s 973) lesen wir: Nachdem das Volk mit dem Leib Thristi genährt
und die übrigbleibenden Reste nach Gewohnheit begrabe,: waren, findet innerhalb
der Airche ein Umgang statt, während der Psalter gesungen wird. Der Platz der
Aufbewahrung war außerhalb der Hauptkirche.
In Salzburg war dieser Platz die Sakristei des Domes (Wissale s5^5).
hier fand also keine förmliche Grablegung statt. Allerdings 30 Iahre später-
schön hören wir, daß der Bistumverweser Prinz Ernst von Bayern verlangt,
das Sakrament soll im Grab ausgesetzt werden. Eine feierliche Aussetzung, wie
heute, war aber keineswegs üblich. Die Hostien waren in verschlossenen Behältern,
Aelch oder pyxis, meist auch mit einem Tuch bedeckt. Das Schwergewicht scheint
immer noch auf der Grablegung des Areuzes geruht zu haben.
Eine besondere Stellung nehmen die schreinartigen hl. Gräber ein, die
meist in der gotischen Zeit sich finden. Sie waren türm- oder burgartige Gebäude
—- vielleicht hängt der spätere Namen des hl. Grabes „Tastrum doloris" Trauer-
burg damit zusammen — etwa 2 in hoch, 3 m lang und s ^ breit, aus holz,
meist reich verziert und vergoldet. Sie wurden in den Aartagen eigens in die
Airche gebracht, daher auch Tragschrein genannt. Einer der besterhaltenen steht
im Salzburger Stadtmuseum. Er stammt aus dem dortigen Bürgerspital
etwa aus dem Iahr an den ^ Ecken des simsgekrönten Unterbaues sitzen
die H Wächter mit Stangenwaffen in der Hand, im Wittelteil in Halbrelief die
4 Warien und darüber nun ein reich geschmückter Bau, Wodell einer gotischen
Airche könnte inan sagen, mit durchbrochenen: Gitterwerk, Türmchen und Areuz-
blumen. Vermutlich wurden im Innern dieser Schreine, die meist mit Türen
versehen sind, Plastiken des toten Lhristus ins Grab gelegt und später jedenfalls
auch das heilige Sakrament.
Derartige Schreine finden sich noch in Themnitz aus der Warienkirche
Zwittau aus den: Iahr s507 sowie in: Erfurter Wuseun: aus den: dortigen
Don:. Sogar weit unten in Ungarn in Garan: szent kenedek treffen wir noch ein
solches Grab mit fahrbaren: Gestell. Auch das hochberühmte Sebaldusgrab
in Nürnberg von Peter Vischer wird in: Innern einen Silbersarg bergen, den
f59l ein Goldschinied habbeltsheimer gefertigt hat, „darin unsers Herrn leichnam
ligen soll".
In: Wünchner Spital stellt sH2H der dortige Arankenkaplan ein hl. Grab
auf dem Elisabethaltar der Hauskapelle aus, der Pfleger beschwert sich beim Frei-
singer Bischof und von dort kommt der Bescheid, es sei nur an den Pfarrkirchen
das Aufstellen eines Grabes erlaubt. Es muß dieses Spitalgrab in kleinen Aus-
maßen gehalten gewesen sein, vielleicht in der Art oben genannter Schreine, sonst
hätte es auf dem Altar kauin Platz gehabt. Das Aarfreitagsgrab scheint auch
schon ziemlich allgemein gewesen zu sein.
Für den Freisinger Dom hat t^92 der Schreinermeister Bernhard ein hl.
Grab gefertigt um die hohe Summe von 60 Gulden, „dabei sind 2 gesniten
(geschnitzte) Juden oder hueter". Das Grab hat auch ein Futteral, wird also
wohl auch ein Schrein gewesen sein. Aehnlich stelle ich mir auch das Grab in
der Laufener Stiftskirche vor; denn H522 werden 2 Schlösser gebessert, das Grab
wird neugemacht und gefaßt um 20 Gulden. Ob das eine völlige Erneuerung
bedeutet, ist fraglich, es wär sonst wohl der Name des Fertigers angegeben. Das
Grab wird jedes Jahr vom Dachboden heruntergelassen und wieder aufgezogen
der „pruckmaister" erhält dafür f2 Pf. toOs sind zu diesen: Zweck Seile gekauft
worden, fö06 auch beiden „zu dem gehas (Gehäus) darauf das Grab steht".
Die Entwicklung der Grabform geht nun den Schritt von: Wittelalter in
die neue Zeit. Der Wenschengeist will das Weite, auch in der Aunstforn: die
breite Ruhe Wan hat nicht mehr so viel Sinn für Einzelheiten, die Gesamt-
wirkung muß entscheiden. Das hl. Grab in der bisherigen Art war zu unschein-
bar, es sollle n:ehr in die Augen fallen, großartiger werden. So kan: man zun:
theaterartigen Grab mit Architektur, Landschaft und entsprechenden Aulissen.
Wan kan: zur heutigen Form.
In den Wittelpunkt dieser hochragenden Bauten rückte die feierlich eingesetzte
Wonftranz. Nicht mehr das bescheidene Beisetzen in: Grab, jetzt das festliche
Ausstellen zur Anbetung. Jedenfalls mag dabei auch eine Reaktion gegen die
reformatorischen Auffassungen von der Eucharistie gewollt gewesen sein. Diese
Aussetzung war sicherlich nicht ganz der Aarfreitagsliturgie entsprechend. Wir
finden sie nur in Deutschland, Oesterreich und Polen. Nach streng römischen: Ritus
bedeutet das hl. Grab die einfache Einsetzung des Sakramentes in der Pyris an:
Gründonnerstag. Diese Länder haben sich wohl ein Privileg verschafft oder es
durch Gewohnheit selbst gebildet. sagt nämlich ein Freisinger Rituale,
daß der Aelch mit einem Belum bedeckt öffentlich ausgesetzt werden soll, tatsäch-
lich hat inan aber bald die Wonftranz benützt. Etwa 50 Jahre später wird ihre
Verwendring dazu allgemein erlaubt, für Freising f675, für Salzburg f6S6. Als
Erinnerungsrest, daß das Sakrament in diesen Tagen eigentlich nicht sichtbar sein
soll, gilt wohl unser weißer Schleier, der bis zur Auferstehungsfeier um die Won
stranz gezogen bleibt.
Besonders die Jesuiten pflegten diese Art von Aufmachung in kluger Er-
kenntnis der Erziehungswahrheit, daß durch Sinneseindrücke auch das Tiefere im
Wenschen bewegt wird. Eines der frühesten dieser Prachtgräber ist das bei den
Jesuiten in Wünchen St. Wichael aus den: Jahr sö7/. In: dortigen Gym-
nasium war ein großer Saal mit schwarzen Tüchern ausgeschlagen. An den Wän-
den schwersilberne Leuchter mit dicken brennenden Wachskerzen. In der Witte des
Baues der ruhende Heiland im Grab, oben das Allerheiligste von Engeln und
Wolken unckchwebt. Rechts und links Bilder aus der Leidensgeschichte des Herrn,
das Ganze ein offenes Lehrbuch der Erlöserliebe. hohe Geistliche teilten sich in
die predigten, dazwischen hinein Trauermusik. Alle Mitglieder der Kongregationen
erschienen in schwarzen Kleidern. Sogar der Landesherr Wilhelm V. und seine
Gattin Renata waren zu Fuß gekommen, der ganze Fuhrwerksverkehr der Residenz-
stadt lag in den zwei Tagen still. So ehrte Altmünchen die Grabesruhe des Herrn.
Der fromme Herzog unterstützte die Jesuiten kräftigst in ihren Mühen um
das hl. Grab, er unterhielt aber selbst noch in seinen Schloßkirchen-eigene hl.
Gräber, in der alten Veste, in der neuen und in der heutigen Marburg.
Die ganzen altbavrischen und österreichischen Lande eroberten sich nun diese
glanzvollen Gräber. Freilich waren es nur leichte Theaterbauten aus Leinwand
und holz, nur für 2 Tage aufgestellt, aber die Ueberfülle barocker Kraft in Form
und Farbe sprach aus ihnen. Mächtige Architekturen entstanden über dem eigent
lichen Grab, bildeten den prunkrahmen, das Allerheiligste in einer Wolke von
Licht und Gold, an der Seite die frommen Frauen, die Wächter oder sinnbildliche
Figuren, in einfachen Kirchen nur auf holz gemalt und ausgeschnitten, in reicheren ,
Gotteshäusern als wertvolle Plastiken berühmter Meister.
Sn München z. B. fertigte Soh. Anton Gumpp ^625 den Entwurf für
das prachtvolle, riesenhohe Grab in der Theatinerkirche, Andr. Faisten berger
schuf s688 den Grabchristus dazu und ^69l die doppeltlebensgroße Gruppe „Mpfer
des Abraham". Sn den österreichischen großenStiften ließen die Stiftsherrn l5—20 in
hohe Scheinarchitekturen bauen mit Säulen, Galerien, Vorhängen in kulissenartiger
Aufstellung. Sn Zwettl zeigt das Bild eine stark bewegte Kreuzwegszene, Thristus
mitten unter einer großen Volksmenge. Sn der kurzen Zeit von 25 Tagen hat
A4'^ F.A. Dan ne diesen majestätischen Bau gemalt. 500 fl Lohn und 44 fl
Materialkosten. Sn St. Florian schuf das Grab A45 der Maler Francesco
Ulessenta und Bartholomäus Altomonte. hier brannten z. B. 450 Ampeln.
Einen feenhaften Eindruck müssen diese stolzen Grabbauten gemacht haben, das
Volk sah hier das größte Weltgeschehen in höchster künstlerischer Gestaltung vor Augen.
- Auch in den schlichten Landkirchen hielt das Barockgrab seinen Einzug.
Mitterwieser grenzt zeitlich folgendermaßen: ab: Den Domen, Stifts- und Hof-
kirchen, die schon im ausgehenden Mittelalter das Grab kennen, folgten die Kloster-
und Wallfahrtskirchen nach, die kleineren Stadt- und Landkirchen führten es vor
oder nach dem 50jährigen Krieg ein, also etwa s620—50. Das abtragbare Grab
in unserer heutigen Art ist ein Kind der Spätrenaissanze.
Sch biete aus den reichen urkundlichen Stellen nur ein paar Einzelheiten:
0A2 St. Peter Salzburg ein neues Grab um 4l Pfund Pfennige.
0594 Neukirchen bei Miesbach: „weil Thristi pildnus am Tharfreitag in das
grab zu legen gar unbequemlich gewest, ist das neue schöne (Bild) erkauft worden".
HZ02 hat die Filialkirche Griesstätt „ain ausgeschickten hülzen grab".
HA2 läßt die rührige Aebtissin der Fraueninsel Magd, haidenbucher das Grab
ausbessern und neu vergolden, auch den Auferstehungsengel neu fertigen.
HA 9 malt Sohann Wörndl für die Klosterkirche St. Veit bei Neumarkt a. Rott
uni 5! fl 50 Kr. ein neues Grab von Unterschiedlichen Bildern und Land-
schaften. s695 ersteht schon wieder hier ein neues Grab, größer u. schöner
als das vorige.
l655 faßt Sebastian Wendlinger eine Passionsfigur und Wolken für das Grab
in Wonneberg bei Waging.
16
Lines der prächtigsten Dorfkirchengräber finden wir in Niederaschau bei
Prien, Stundenweit kommen da die Leute zur feierlichen Auferstehung, wo es so
dramatisch in der Airche hergeht. Das A97—99 geschaffene Werk ist es wirklich
wert, näher behandelt zu werden. Das sonst so lichtdurchflutete Presbyterium ist
von den aufsteigenden Wänden und Säulengalerien des Grabes ganz ausgefüllt.
Drei große Stockwerke können wir am Ban unterscheiden: Zu unterst in dunklem
Ton gehalten der Bereich der Borhölle, der „Urlaub Christi", der Aufenthalt
seiner Seel^ während der Grabesruhe des Leibes, als Gelgemälde vom Flintsbacher
S. Regenauer A99 um W fl gemalt, noch in Rokoko gehalten. Rechts und links
Vorhangtüren, die zum verdeckten Hochaltar führen. Als Flügelmänner dieser
untersten Abteilung die überlebensgroßen Prophetenfiguren des Ssaias und Jere-
mias. Sm 2. Stockwerk, das schon weiter nach hinten reicht, das eigentliche Grab
des Herrn. Auf einem Leintuch ruht sein Leib, vor ihm 5 kraftvoll rote Äugeln,
die an die 5 Wunden erinnern sollen, ^uer über die Grabnische zwei gekreuzte
Aetten, von einem Sigel zusammengehalten. Beiderseitlich eine Säulengalerie mit
sinnbildlichen Figuren, hoch oben nun wohl so Meter über dem Boden des
Schiffes das Allerheiligste, von Engeln und alttestamentlichen Gestalten gehütet.
Um die lichtspendende Araft des Sakramentes zu betonen, ist hinter der Monstranz
ein Strahlenkranz mit 325 Glaskristallsteinen gespannt, die hell funkeln und
spielen. Ueber die ganze Architektur verstreut Äugeln vom schweigsamsten
Dunkelblau bis zum jubelndsten Goldgelb, dazu noch 500 Glühlampen. Wie mag
dieser Farbenzauber erst gewirkt haben, als diese Gellichter noch lebendig waren,
gespeist vom Schmalz, das die Bäuerinnen geopfert hatten, als ein Lufthauch die
flackernden Lichtlein wie geschwätzige Geisterlein zusammenneigte und wieder aus-
einander trieb! Aus praktischen Gründen hat das Elektrische die Gellampen ver-
drängt, aber es hätte deswegen bald eine kleine Dorfrevolution in Aschau gege-
ben. Das andere Schaustück sind die zwei Wächter, echte, lebendige Chiemgauer
Burschen. Sn römische Soldatentracht gekleidet, mit helin und Lanze bewehrt,
neigen sie alle paar Minuten ihre Waffen zusammen oder rollen ihre kriegerischen
Augen, damit ja kein Zweifel an ihrer Lebendigkeit entsteht. Bei der Auferstehung
— die Airche ist gepackt voll — kommt das große Ereignis: Beim dritten „Chri-
stus ist erstanden", das der Pfarrer singt, ein Anall, Aetten rasseln, Feuer blitzt
; aus dem Grab, die Wächter stürzen wie betäubt zu Boden und — haben wir
uns vom Staunen des Augenblicks erholt — sehen wir die Grabnische leer, ein
Engel sitzt vor dem verlassenen Totenlinnen und hoch oben, wo die Monstranz
stand, glänzt der Auferstandene mit der Gsterfahne. Das ist altbayerische Fröh-
lichkeit am hl. Grab.
Snteresse darf sicherlich auch das Grab in der Lause 11 er Stiftskirche bean-
spruchen. Von dem aus der gotischen Zeit wurde schon oben gesprochen. ^62t
werden größere Arbeiten am Grab verrichtet. Maler und Schreiner erhalten je
8 fl. Es dürfte aber zweifelhaft sein, ob es sich da noch um das gotische Grab
handelt. Auf jeden Fall wurde ^638 ein neues Grab angeschafft aus den Werk-
stätten des Salzburger Hoftischlers Hans Eberlin und des Malers Christof Mil-
ler. Wolf Schinagl lieferte um 8 fl 55 kr. Leinwand dazu. Das Untergestell
kostete W fl, die Fracht von Salzburg her 5 fl. Nachdem gleichzeitig von den
beiden Meistern auch der Tabernakel gefertigt wurde und die Rechnung nicht aus-
scheidet, lassen sich die Aosten für das Grab allein nicht angeben. Zusammen
^ betrugen sie bei Tischler und Maler 575 fl. ^675 sind schon Farben zu den bun-
17
ten kugeln erwähnt (im passauer Dom ebenfalls §683). z Jahre später taucht
nun in Taufen schon wieder ein neues Grab auf. Es scheint überhaupt ein starker
Wettbewerb stattgefunden zu haben, jede Kirche wollte halt ein möglichst schönes
Grab besitzen. Neubauten von Gräbern erfolgen auch an anderen Orten in ziem-
lich kurzen Zeitabständen. Die Nusgaben in Laufen ^675 sind! An Frz. Lang,
bürgerlicher Tischler 33 fl, an Maler Johann Khrözer 2t fl, für Leinwand W fl.
an Veit Schnall Weber auf der Haiden für Läden 2 fl ch3 kr., zusammen etwa
tOO Gulden.
t?30 bezahlt die Filialkirche Oberndorf t fl Hilfsgeld zum Laufener Grab.
Um t800 betragen diese Zuschüsse: vom Erbausfergamt und vom bayr. Salz-
fertigeramt je t fl/ von den verschiedenen Zünften 30 — ^0 kr. Als aber die
Aufklärungsbefehle die Anzahl der beim hl. Grab erlaubten Kerzen stark ein-
schränkte, erklärten t8f2 die Handwerksinnungen, sie würden nichts mehr beisteuern.
Ja — die Aufklärungszeit! Diese kaltherzige Feindin jeder harmlosen
Volksfreude, jeder Gemütswerte im gottesdienstlichen Leben! Ihr war natürlich
das hl. Grab mit seiner Kulissenherrlichkeit, seinen bunten Äugeln, all seinem
fromm-fröhlichen Schmuck ein Dorn im Aug. Ernüchterung! Nur das Aller-
notwendigste! Der letzte Salzburger Fürstbischof Eolleredo- erließ am 30. 3. ^783
ein strenges Verbot der „Grabtheater". „..........was einein oder andern, von
Vorurteil oder Aberglauben eingenommenen, in der Dunkel geborenen und in der
Dummheit aufgezogenem Gäumaler, Zechpropst, Kirchendiener oder sonst wem
auf die Sinne fiel, das muß auf holz oder Leinwand geklext und zur Verherr-
lichung des Grabes Thrist in der Kirche aufgestellt werden . . . Rührende Ma-
schinenwerke, drehende oder mit Fischen gefüllte Kugeln, kleine Springbrunnen und
ander derlei Tandelwerk". Beigelegt war diesem Mandat auch gleich der Entwurf
eines „Normalgrabes", Einheitsformat, nach dem alle Gräber gebaut werden:
sollten. Der Salzburger Dom erhielt natürlich sofort ein derartiges Grab, das
am Marlinsaltar ausgestellt war und der Fürstbischof nahm die diesjährige Auf-
erstehung selbst vor, in der nüchternsten Form und zwar am Karsamstag Vor-
mittag sofort nach dem Gottesdienst. Der gesunde Sinn des Volkes lehnte natürlich
diese Art ab und es gab ähnlich wie bei Krippe und Palmesel auch um das
hl. Grab manch schweren Kampf mit Wort und Feder. l7y2 Z. B. beschlag-
nahmte man beim armen Einsiedel in St. pankraz am haunsberg ein „neu
errichtetes Grabtheater" und brachte es als Siegesbeute in den Laufener Dekans-
hof. Wie froh wären wir, wenn wir dieses hübsche Rokokograb noch hätten!
Müssen wir nicht, je ärmer wir an äußeren Gütern werden, das Vermächt-
nis unserer Ahnen pflegen, uns auch auf die Schätze der Heimat besinnen, die
sich aus alten Tagen noch zu uns gerettet haben? Das ist kein lebensfremdes
Zurückschrauben jetziger Werte, das ist frohes Weiterbauen, das ist heimatliebe auf
weite Sicht.
§
Schrifttum: Mitterwieser in Festgabe für Kurat Frank Linzer Theol. prakt. Quartalschrist
50. Jahrg., Salzburger Landeskunde Bd. 1930, Sammelbl. des Hist. Vereins Freising Bd. 11,
Pfarrarchive in Laufen, Aschau usw.
Besonderen Dank schuldet der Schreiber dem Stistsarchioar von St. Peter Salzburg. H. H.
Josef Straßer 0.8. L. sowie H. Reg.Rat. Dr. Martin für wertvolle Mitteilungen und Winke.
Für Mitteilung weiterer Forschungsergebnisse ist sehr verbunden D. B.
Vom Gericht in alter Zeit.
(Laufener Gegend).
Von Hauptlehrer Alfons Gundel. Freilassing.
1h Gang einer Rechtshandlung.
Einen Einblick in die Rechtspflege des Wittelalters geben uns „alte Gerichts-
bräuche in der Laufener Gegend", wie sie einst ausgeübt wurden, wovon uns die
Alt-Salzburger Weistümer und auch die mündlichen Ueberlieferungen, ferner
Ariminalakte aus der Zeit berichten. Wer die im folgenden beschriebenen Rechts-
altertümer unserer Heimat recht verstehen nnd beurteilen will, der muß im voraus
auch die Verhältnisse der damaligen Zeit ins Auge fassen. Es sei darum kurz
auf solche Verhältnisse hingewiesen, die besonders dem Verbrechertum Vorschub lei-
steten: Volksglaube, Aberglaube, Unwissenheit, Unkenntnis der natürlichen Gesetze,
schlechte Verkehrsverhältnisse, mangelhaft ausgebildetes Polizeiwesen, ausgedehnte
Waldungen als Fluchtstätten „übler Leute". Namentlich die letzteren Umstände
machten die Ergreifung eines Uebeltäters oftmals unmöglich, so daß viele dieser
„schädlichen Leute" ungestraft ihr Unheil ausüben konnten. Wehe aber, wenn
dann ein Bösewicht endlich in die Hände der Richter kam. Es erwartete ihn ein
furchtbares Los. Nicht umsonst stand über dem Eingang der Folterkammer der
unheimliche Spruch:
Wer frevle Taten begang,
den grause Spiele empfahn.
Rühmlich ist an der alten Rechtspflege die Bestimmung, daß dem Volke das
Recht beim Volksding bekannt gegeben werden mußte.
Sm folgenden sind die Gerichtsbräuch während einer Gerichtshandlung von
der Gefangennahme bis zur Verurteilung beschrieben.
Die schädlichen Leut.
Sn den Weistümern werden die Verbrecher als „schädliche oder verruchte
Leut" bezeichnet. Wit welcher Roheit und Unbarmherzigkeit diese schädlichen Leute
in früherer Zeit zuwerke gingen, zeigt folgender Fall: „Am Neujahrsabend
haben bei unserer Behausung und Guet hermannsberg am högel ein armer
Wann und Weib um die Nachtherberg gebeten, so wir ihm vergönnt und nit
abgeschlagen, hernach aber nach Ave Waria Läuten ist das Weib hinausge-
gangen, unwissend, was sie tun wolle, sind mit derselben über einer kleinen Zeit
5 vermummte Wannspersonen in dem Gesicht angestrichen in die Stuben hinein,
und gleich mit großen Prügeln auf meinen Ehewirt Wolfen Weiderspeuntner
auf ihn zugeschlagen und dermaßen zugericht, daß bemelter mein Ehewirt den
andern Tag verstorben, nebst dem haben sie meine 2 Größern Töchter, welche
dem Vater helfen wollten, der einen 2, der andern 3 Löcher in den Aopf geschlagen.
Baderkosten ^2 Gulden. Wargareth Weiderspeunterin."
Ein verruechter Verbrecher. ^678 Wörder, Schänder, Dpferstockräuber.
Der Schrecken unserer Landleute ist ^678 der Zigeunerhias l, auch Schwarz-
reiter genannt. Sein bürgerlicher Name ist Watthias Grebner, 30 Jahre alt,
gebürtig in Steiermark. Nach seinen eigenen Angaben, die er allerdings unter
Folterqualen gemacht, und nach seinen begangenen Verbrechen ist in diesem Fall
anzunehmen, daß der hiasl wirklich einen Pakt mit dein Dämon geschlossen. Dm
Urteilsspruch heißt es: „Anderntens hat gedachter Zigeunerhiasl Bauch ausge-
ib)
schnitten nnd sich der Rnäblein rechte händl zum Stehlen und Rauben bedient.
Nicht weniger drittens die jungen Rinder bei denen Fenstern herausgenommen,
entzogen, lebendig gesotten und zur Hexerei gebraucht". Der Aberglaube hat also
das Leine zu diesen ungeheuerlichen Roheiten beigetragen. Der Dieb gebraucht
nämlich einen sogenannten „Glücksfinger" (Fingertalisman), den er einem ge-
raubten Rinde abgeschnitten und bei Einbrüchen anzündet. Durch dieses Schlaf-
licht will er alle Leute im Hause in einen Zauberschlaf versetzen. Zu seinen
anderen Schandtaten gehören u. a.: harte Traktierung der Leute, besonders der
Frauen bei nächtlichem Neberfall, Gpferstockraub in Bergheim u. dgl. (Urteil
siehe später).
Gefangennahme des R e b e l t ä t e r.
Mb sich begäb, daß einer von einer Rlanns- oder Frauensperson eine Untat
sähe, so soll derselbe solche Person, davon er das sieht, beschr.eien oder gefänk-
lich annehmen. (Wersner Taiding).
„Mit lautem Ruf wurde dem fliehenden Uebeltäter nachgesetzt und mit
Geschrei wurde über ihn vor Gericht geklagt" (Grimm). Der Bauer, auf dessen
Grund oder in dessen Haus das Berbrechen geschah, auch der erste Augenzeuge,
der den Verbrecher ertappt, nahmen die Verfolgung des Diebes oder Mörders
aus. Aus Leibeskräften schrieen sie: hilfio! Diebio! mordio! (Die alte Sprache
war weit reicher an Endungen als die heutige). Der Gerichtsknecht brachte dann
den Gefangenen an den bestimmten Mrt. Nach dein Saaldorfer Taiding nach
Ged auf das StiegI.
Zm Salzburghofener Taiding fragt der Richter den Rechtsprecher in der W.
Frag, was rechtlich zu tim ist, weiln sich ein Verbrecher in der hosmark Salz-
burghofen in die Urbarsgüter (Güter, von denen der Herr Erzbischof Grundherr-
ist) oder Urbarshäuser flüchtet.
Der Rechtsprecher antwortet, daß der Verbrecher, der wegen Mords, Brand,
Diebstahl, Notzwang und dergl. Sachen das Leben verwercht und den Tod ver-
schütt hat, in ein Urbarshaus flüchtet (vertröstet), von den Bauern oder vom
Landpfleger der Grafschaft herausgenommen, wie er mit Gürtel umfangen ist,
er hab gleich 30 oder ^0 fl. mehr oder weniger bei sich, „wenn er sich in die
Flucht des Wassers oder pruggen vertrösten und begeben wurde" so haben sie ihm
nachzusetzen, bis er ans Gestade kommt, und ihn zu Handen nehmen.
Eine Verhaftung im Salzburghofener Freiviertl t72H.
Assesores Wünkler Thomas, Gerichts proz. u. Ruepp Hinterstößer.
Aktum, den 7. Dez.
Gründliche Erfahrung.
Allwo und wie die allda unlängst mit dem Schwert Hingerichteten Joseph
Renzl sive Sonnenberg, und Ander Löffler zu verhaft gekommen?
Ander Feyensperger, Amtmannssohn zu Stauffenegg, 20jährigen Alters,
deponiert bei seinem Wissen und Gewisseil, den 7. Dezember, vor einem Zahr
wär er mit dem, selbiger Zeit (zur selben Zeit) allda gewester Gerichtsdienerknecht
Joseph Rürchmayer, so dermalen zu Nußdors, Laufener Gerichts dienl, nach Salz-
burghofen auf die Fürstenweg ins pfenden (pfänden) gangeil, nachdem sie null
voll der Salbrucken herauf Freilassing zue : und daselbst zunächst des Dorfes /:
welches unter das Salzburghofner Viertl gehört :/ durch den Gattern hinein ins
Feld auf den Fürstenweg gangen, hätten sie den allda jüngstlich justifizierten Ander
20
Löffler, dann Josephen Renzl, sive Sonnenberg /: die ihm aber damals weder denk
Tauf- noch Schreibnamen nach bekannt gewesen /./ benebst einer Weibsperson, so
des Renzls Weib zu sein Vorgeben und 2 Ainder übers Feld nach dem Zaun
hergehen sehen, Weilen dann der Aleinere idest (der ist) Löffler ein blaues Tamisol
angetragen, und aus einem Räubern, so kurz zuvor auf der Gmain beim Reiter-
bauern die nächtliche Plünderung : und harte Tractierung der Leute ausgeübt,
zwei mit blauen Röcken bekleidet zu sein descrediert worden, so haben sie solchen
gleich für verdächtig angesehen und er, dann der Anecht zusammen gsagt, des
seinds gwiß schon die rechten etc. . . . wie er dann sogleich auf die bei ihm ge
habten Flinggen (Flinten) das Zündpulver geschüttet. Nachdem sie nun endlich
auf dein Fürstenweg zusammenkommen, habe er diese Aerle gefragt: woher und
wer sie seien? Darauf ihnen der ältere idest (er ist) Renzl geantwortet, es wäre
derselbe ein Glastrager und Schernfanger, der kleinere aber erst zwei Tage zuvor,
zum Tragen, von ihm aufgenommen worden, kommen aus Bayern von einer
Stadt, die schon genannt worden, aber ihm anwieder abgefallen (aus dem Ge-
dächtnis) sei, anhero, und wollen über Brodhausen. Wo sonst sie stets hin und
her? Nach 5t. Ilgen gehen, daselbst Glas einzukaufen, mit dem Beisatz, der
Wirt zu bedeuten Brodhausen kenne ihn gut, dem endlich er auch Glauben bei-
gemessen, jedoch den Löffler wegen seines blauen Tamisols in Verdacht behalten,
derowegen er ihn auch visitiert hat. Da nun dessen Ranzen ganz voll mit Tüchern,
Beilachen nnd Aamingezeug erfunden worden, wäre er in dessen (dieser) Wut-
mästung bestärkt, und von ihm der Verdächtige befragt worden, woher er solche
Sachen habe. Darüber derselbe vorgeben, er hätte es in einem gewissen benannten
Drt in Bayern gekauft, sie selbig (dieselben), weil sie dem nicht geglaubt, in
Empfang genommen und mit sich nach Salzburghofen geführt, daselbst sodann
bei Georg prunmayer, Gastgeber in der Stuben visitiert, den größeren samt dessen
angegebenen Weib, und denen Rindern aber gehen lassen haben. Gleichwie sie
aber in der Visitation bei dem Löffler Pulver und eine Bleikugel, dann bei ^
Gulden Geld in unterschiedlich kleinen Münzen gefunden, also habe er folgends
dafür gehalten, daß er ein verruchter Mensch, und der bei ihm gewesen auch
seiiles Gebieter sein müsse, weshalb er den Löffler dem Anecht in Verwahrung
gegeben, und dem entgangenen Renzl nachgesetzt, den er auch zu Liefering nächst
bei der Airch ersten Bichl (Bühel oder Hügel) angetroffen, sodann gleich mit sich
genommen, das Weib und die Ainder aber, weilen auf sie kein Verdacht gefunden,
gehen lassen habe. Der Renzl habe zwar wiederholt, der Wirt zu Brodhausen
erkenne ihn gut, solle ihn dahinführen, so er ihm auch zugesagt, zu tun aber nit
gedenkt habe. Wie sie miteinander nach Freilassing gekommen, sei auch der Anecht
mit dem Löffler schon daselbst gewesen, worauf sie beide Malefikanten anhero
nach Stauffeneck in Verhaft geführt, (beendet)
hochfürstl. Salzburgisches Pfleggericht
Stauffenegg, plain und Glann.
Bewahrung gefangener Missetäter.
Nach den Salzburger Weistümern muß die Täfern einen gefangenen Russe-
täter bis zu 3 Tagen, wenn es not ist, gefangen halten un.d verköstigen. Die
mündliche Ueberlieferung (Herr Joseph Schindler von Salzburghofen sSiehe unter
Gerichtspranger) weiß voll seinem Vater, daß das Mirtlwirtshaus ein Gefängnis
war und dort die Verbrecher „vorübergehend" eingesperrt wurden, bis sie weiter-
transportiert werden konnten. Sein Vater sagte auch, daß steinerne Bänke entlang
2!
Keller im
Mirtlwirtshaus
Salzburghofen.
Nach Ueberlieferung
ehemals ein Gefängnis.
der Wände des Gefängnisses im Aeller des Wirtshauses waren. Der, Gerichts-
diener soll nach Angabe des alten Weberbauers Stand! von Freilassing im
Schneiderseppenhaus Salzburghofen gewesen sein. Auch in diesem uralten stock-
hölzernen Häusl ist ein mit mächtigem Steingewölbe versehener Aeller.
Wer diese Räume, namentlich das am tiefsten gelegene fensterlose, stockfinstere
Loch betritt, den befällt unwillkürlich ein leiser Schauer.
Aetzungskosten.
Die Aetzungskosten während der Gefangenschaft mußten in früherer Zeit
vom Gefangenen, wenn er ein Vermögen oder Gut hatte, bezahlt werden. Es
kam der Amtmann ins Haus und pfändete. Bei größeren Beträgen wurde das
Haus verkauft und vom Erlös die Aetzung bestritten.
2m Jahre §693 waren Hans pernerstetter und sein Bruder in Verhaft in
puncto furty (Diebstahl). Das Haus (Häusl in Aicha) wurde verkauft. Vom
Erlös wurden die Aetzungskosten bezahlt. Aicha.
l?37 Gerichtskosten
über den in puncto fericidy (Wilddieberei) gravierten in Staussenegg inverhaft
gesessenen Philipp Mayer unvermöglicher Zimmermann zu Hofhamb.
Erstlich 23. März ^737 sein herberg visitieren müssen
Verhasst genommen
27. ist er constituiert worden
5. April
2. Mai
Am hl. Osterfest ^ Bier zugestellt
Zur Verrichtung seiner österlichen Beicht Herrn Pfarrer zugestellt
Auf den 27. May hab ich Mayer zu Gericht verschaffen müssen
Ditto nachmittag constituiert ......
Iuni „ ..................................
Tohn constituiert .12 Ar.
den tch 2mal vorgestellt . . - .30 „
Nuf solchen Tag Gg. Mayer vorschaffen müssen ,
den 23 mehr vorgestellt . . . . s 3 ,,
Netzung von 23. März bis 2 Z. Juni Tag . u 6 30 „
RU.fwartgeld . s A 32 „
Nrrestgeld . - „
Für hergegebenes Stroh . - 7 „ s3 6 2s Ar. (s6b s5Ar.) Alnder Feyersperger,
6 -- Schilling, ^r. Kreuzer. Gerichtsdiener.
Das peinliche Gericht.
In plain wurde auch das Malefizgericht abgehalten, wie das Salzburg-
hofener Taiding sagt, nachdem der Missetäter zuvor dein Richter zur Untersuchung
ausgeliefert war. Nach der sO. Nntwort des Rechtsprechers stand a^H^Uord,
Brand, Diebstahl, Notzwang und dergleichen Sachen die Todesstrafe.
Um den Missetäter zum Geständnis zu bringen, diente die Folter. Im
Schloß zu Stauffeneck sind noch Folterwerkzeuge vorhanden im sogenannten Hunger-
turm: das Streckseil, das Verließ zum Hungern.
Die in Norddeutschland seit dem §4- Jahrhundert aus den romanischen
Ländern eingeführte Folter diente bei Handhafter Tat wie bei bösem Leumund
vielfach als Ersatz der Uebersiebenung, (sieben
' Zeugen auf Eid) so schreibt Schröder, Deutsche
^ Rechtsgeschichte. In unserer Gegend dürfte
^ schon in der Zeit der Römerherrschaft bis 476
nach römischein Rechte, das die Folter kannte,
gerichtet worden sein.
Blockgesängnis in Stauffeneck.
Nebenstehend: Hungerturm in Stauffeneck.
25
V e r zeich n i s
was zu dein Vmtmannsdienst
bei dem hochfürstlichen Pflege-
schloß Stauffeneck bedürftig und
abgängig ist; also folgt:
Erstens zu dem Leibgirtl 5 kleine
und ein großes Schloß machen zu-
sammen .... 6 58 Ar.
Zuin Springer auch ein kleines
Schloß!............b) 1.6 „
dami zu der Geigen ein kleines
Schlößl.............6 ^ „
Mehr drei große Schlösser zu
den Gefanknussen oder für die
Aette.............1 L 12 „
Wiederumb 2 Stöcken in gemelte
Gefangnusse dafür . ü 56 „
Letzters i Daumbstock -6 50 „
Die Folter: Dav Aufziehen. Summa obgeschriebener Aosten
5 ö 50 Ar.
Vereinsnachrichten.
2. Heimatabend. Sn einem sehr gut besuchten Heimatabend der Heimat-
freunde am Mittwoch, 20. Januar 1Z52 abends 8 Uhr in der Brauerei
Stein las Herr Lehrer Strobl von Peterskirchen, vom 2. Vorsitzenden des Vereins,
Herrn Bankdirektor Winkler, herzlichst begrüßt, ernste und heitere Heimatgeschichten
aus eigenen Werken. Dazwischen liefen zwei hübsche Heimatfilme — Sm Ham-
burger Hafen und Wulfach im Schwarzwald —. Mit launigen Worten, teil-
weise Erinnerungen an Ludwig Thoma, der seinerzeit in Traunstein als Uechts-
praktikant mehrere Sahre geweilt hat, zum Besten gebend dankte Herr Bankdirektor
Winkler dem Vortragenden für die köstlichen, unterhaltenden Stunden. All Beginn
des Vbends hatte der 2. Vorsitzende in ehrenden Worten des verstorbenen 1. Vor-
sitzenden und Gründers des Vereins, Herrn Gberregierungsrats Dr. Einhauser ge-
dacht, gelobend, daß der Verein im Geist und Sinn des Gründers weiterarbeiten
wird. Zum Zeichen der Trauer halten sich die versammelten Heinratfreunde von
ihren Sitzen erhoben.
5. Heimatabend. Nicht zu weltgeschichtlich großen Gestalten und nicht
zu ragenden Bergriesen führte uns der letzte Heimatabend — 17. 2. 52 —, sondern
die Aleinwelt der heimatlichen Flur war es, in die wir schauten. Ein großes Ge-
heimnis der Schöpfung, ebenso kraftvoll und formenreich wie das Leben der Völker
und Menschen, wie die Gestalten der Berge. Ein feiner Aenner der heimischen
Pflanzenwelt, Herr Professor Willi aus Salzburg, plauderte über die Salzach-
auen. Eine große Uebersichtskarte auf dem Lichtschirm zeigte die gewaltige Länge
der hinstrecken zu beiden Seiten unseres Flusses, die typische Voralpenau, die bei
Golling beginnt und sich bis zur Salzachmündung weiterzieht. Sn diese wildnis-
artige, oft noch unberührte Vegetation führten uns die Lichtbilder des Vortragenden.
Sn das große Gebäude des hludickichtes mit seinen ^ Stockwerken: den Bäumen,
24
unter denen Erlen, Pappeln, Weiden vorherrschen, den Sträuchern, Sauerkirschen und
Schneebällen, der Feldschicht mit den oft manwshohen Gräsern und Schilfen und
schließlich der Bodenschicht mit ihrem Blumenreichtum, hier in der Au finden
wir die ersten Grüße des Frühlings, Schneeglöckchen und Seidelbast und Safran,
hier in den Gewässern der Auen träumt die Seerose und leuchtet das Smaragd-
grün der Unterwasserpflanzen. Aber auch die Majestät der Berge schickt mit den:
Geröll und im Flußsand die Bergblumenschönheit hinunter ins Tal: auf den Bänken
der Salzach und am Uferrand blühen die schönsten Alpenblumen wie Frauenschuh
und Enzian. Freilich scheint es fast, als ob sie ein bißchen sehnsüchtig zu ihrer
hohen Heimat hinaufträumten. Leider waren die Bilder nicht so formvollendet
wie die prächtigen Worte des Vortragenden, besonders litten die Farbenphotos an
Lichtmangel, aber alle Gäste des Heimatabends gewannen wieder die Ueberzeugung,
daß gerade in der Au der Naturfreund noch viel Neues entdecken und viel Schönes
sehen kann.
4s. öeimcltcrbend. Heimatkunde und heimatliebe ist wie ein großes Mo-
saikbild, das aus vielen tausend Steinchen sich zusammensetzt. Jeder Teil ist
unserer Aufmerksamkeit wert. Der letzte Heimatabend — 3. 32 — führte uns
in eine Aleinwelt, die im Tittmoninger Burgmuseum wohl verwahrt ur) gepflegt
wird, er zeigte uns die alten Schützenscheiben. Herr Dr. med. Poschacher, der treue
Hüter und Aenner der Tittmoninger Museumsschätze, konnte die schönsten und
besten Scheiben nach eigenen Aufnahmen im Bild uns bieten. Nach einer knappen
Uebersicht über die Entwicklung des Schützenwesens, das ja aus einer Art Bruder-
schaft so etwas ähnliches wie unsere frühere Einwohnerwehr geworden war, zeigte
der Vortragende zur Einstimmung ein paar prächtige Bilder aus der Nachbarstadt
Tittmoning und ließ dann seine Schützenscheiben aufmarschieren. Rückläufig die
Reihe aufrollend begann er mit den neuzeitlichen, die aber oft künstlerisch recht
unterernährt gegenüber den alten Stücken erscheinen. Aus der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts waren ortsgeschichtlich recht interessant: die Eröffnung der
Bahn Laufen-Tittmoning anno das große Volksfest, die Weihe der neuen
Salzachbrücke. Aus der Biedermaier Zeit führten die Bilder in das Rokoko,
in die galante Zeit, wo ja die Mehrzahl der Scheiben Hochzeitsscheiben sind,
oft mit vielen allegorischen Beziehungen, die noch nicht gedeutet werden konnten,
oft mit persönlichen Erlebnissen und Schildbürgerstückchen, die eben nur von Zeit-
genossen verstanden wurden. Die ältesten Scheiben stammten aus der Barockzeit
7— das höchste Alter trug eine aus dem Jahr ^668 — manche in großen Aus-
maßen bis ^ ^2 Meter hoch, die freilich erst in ihrer Farbenwirkung zur Geltung
kommen. Herr Dr. Poschacher hatte sich viel Mühe gegeben, aus den Tittmoninger
Airchenbüchern die Persönlichkeiten herauszufinden, auf die sich die Scheiben be-
ziehen. Ein paar Angaben wiesen auch auf Laufen hin. Wie ein Stück Stadt--
und Familiengeschichte zogen die alten Scheibenbilder an uns vorüber. Herr-
Direktor Winkler dankte den: Redner von herzen, aber auch der kleinen, treuen
Schar der Heimatfreunde. Er wies auf die Verbundenheit der beiden Städte Titt-
moning und Laufen hin und beglückwünschte vor allem die Nachbarstadt zu
ihrem prächtigen Museum, um das jede große Stadt Tittmoning neidig sein könnte.
Da sind wir Laufener uns eigentlich recht armselig vorgekommen. Vielleicht gelingt
es doch noch einmal Zugrundegehendes zu retten. Sicherlich wäre es auch ein in-
teressanter Vortragsstoff, die beiden Salzachstädte in ihrem geschichtlichem Werden
zu vergleichen, z. B. Stadtanlage, gewerbliches Leben, kirchliche Zustände, politische
Schicksale. Anderes, Fremdes sehen heißt ja Eigenes besser verstehen.
2. Folge. Druck: Buchdruckerei Ried, Lausen. — Schristleitung: Dr. Wagner, Laufen.
Vom Gericht in alter Zeit.
(Laufener Gegend).
Von Hauptlehrer Alfons Gundel, Freilassing.
E i n l a d u n g z u m D i n g.
Die Einladung besorgte der „Bote", der als Abzeichen einen weißen Stab
bei sich trug. Der Stab zeigte an, daß der Bote im Auftrag des Gerichtsherrn
kam. Wehe, wer ihn aufhielt oder sonst wie belästigte. Er trug den Stab von
Haus zu Haus, der Freien von hos zu hos. Später nur mehr in den pfarrhof,
damit der Afarr-
herr das Ding am
Äirchhof der Ge-
meinde verkünde.
Sm Salzburgho-
fenerTaidings5?5
heißt es in der Ant-
wort des Recht-
sprechers: „Es ist
ein jeder Rechttag
durch die nachge-
setzte Obrigkeit od.
durch den ihren
Dorfplatz u. Dorf-
linde in Salzburg-
hofen (Rekonstruk-
tionszeichuung),
vermutlich Taidings-
platz.
25
11. Jahrg. VereinsblatL der Heimatfreunde des Rupertiwinkels e. V., Laufen. 1932.
26
Amtmann zu Alain vor Tagen des bestimmten Rechtstages vor offenem
Kirchhof, da die meiste Menig (Menge) Volk ist beieinander gewesen, berufen
und geboten worden, und hat ihm alsdann solches mit drei oder zwei ange-
sessenen Gerichtsmannen (daß ers bei rechter Zeit hab) zu Zeugen genommen,
also soll es noch gehalten werden.—" Auf dem Kirchhof zu Salzburghofen
stand eine Linde. ^662 ist sie urkundlich erwähnt bei Aufzählung der Afarr-
gründe. Bei der Linde war auch der Dorfbrunnen. ^7^8 hat sie ein Bturm-
wind umgerissen. Als ihre Nachfolgerin dürfte wohl die alte Mesner linde,
die nach Schätzung des Herrn Oberforstverwalters Reubel 200 Jahre alt sein wird,
gehalten werden. Zn der gleichen Weise fragt der Richter von Lebenau: Mb nicht
der Gerichtsdiener schuldig sei, in die Schranken zu treten und mit drei Gerichts-
mannen zu bezeugen, daß er das Landrecht zu rechter Weil und Zeit hieher be-
rufen hat? Antwort: Wird zu recht erkannt.
G e r i ch t s z e i t.
Der Richter von Alain fragt den Rechtsprecher in Salzburghofen: „Zst es an
Weil und an Zeit an Jahr und Tag und an der Stund, daß ich als Richter
niedersitz, nimm den Stab in die Hand" usw. Ebenso fragt der Richter zu Saal-
dorf, zu Raschenberg, zu Mberelching, kurzum jeder Richter, der das Gericht hegt.
Vor Sonnenaufgang wurde kein Gericht eröffnet, mit Sonnenuntergang jedes
geschlossen.
Tag und Sonne waren geheiligt, und heiligten alle Geschäfte, darum heißt
das Gericht tagadinc (wird später zum Wort Taiding).
Gegenüber der Notwendigkeit des Tages und Lichtes zu allen menschlichen
Verrichtungen steht das nächtliche Treiben der sonnenscheuen Geister, Elfen und
Zwerge (Grimm).
Zn die Nacht hinein durfte bei uns nicht mehr Gericht gehalten werden.
Wir ersehen das aus dem Salzburghofener Taiding und zwar aus der neunten
Antwort des Rechtsprechers: „So einer zur Schrannen käm, dem aus heutigen
Tag ein Rechtstag wär bestimmt worden, so sollt ihr solchem bestimmten Rechts-
tag seinen Fortgang lassen, Klag und Antwort hören bei solcher Landschrannen
in Salzburghofen und darauf Recht und Urteil gehen lassen, wie recht ist. So
aber die Handlung soviel und hochwichtig wären, daß es den ersten Rechtstag zu
Salzburghofen nicht möcht ausgeführt werden, so soll ihm Kläger und Antworter
der andere Rechtstag gen Veldkirchen, den dritten gen Ainhering gehen, und dar-
nach so solche klagbare Handlung zu Veldkirchen recht ausgeführt worden, und
Euch nun einer bittet, ihr sollt ihm in einer Sache ein Urteil gehen lassen, so
seid ihr ihm solches zu tun schuldig. Entgegen soll er Euch 3 kr. zum Stab legen".
Das Taiding fand jährlich zweimal statt, erstmals im Frühjahr „umb st.
Geörgen" (2H. April), dann im herbst um St. Michaelis (29. September). So
lesen wir im Raschenberger (Oberteisendorf) Taiding.
Daß sich die Germanen bei ihren Zeitbestimmungen an Sonne und Mond
hielten, ist zu ersehen aus dem Umstand, daß ihre Gerichtsfristen nach Nächten
angesetzt wurden. Das Heidentum berücksichtigte den Mondwechsel bei Bestimmung
der Gerichtszeit; neuer und voller Mond wurde für günstig, wachsender und
schwindender Mond für ungünstig zur Versammlung angesehen. Noch heute spielt
der Mond im Volksaberglauben eine besondere Rolle. Zm Neumond soll man
27
sein Geld zählen, weil es dann zunimmt wie der Mond Vergleiche Salzfaß t95h
Volksaberglauben).
Wie die großen Volksversammlungen sich früher auf heidnische Opferfeste
gründeten, so später auf heilige Zeiten. St. Georg um die Zeit des Osterfestes,
St. Michael im Herbst. „Die Jahre berechneten sie nach Wintern, die Tage nach
Nächten" lSchröder, deutsche Rechtsgeschichte). Die Urgermanen teilten das Zahr
nicht in so viele Jahreszeiten wie wir. herbst war ihnen unbekannt. Der Wochen-
tag, an dem Gericht gehalten wurde, war meist der dritte Tag, der Dienstag,
nach den Salzburger Weißtümern. Das Aongauer Taiding setzt den ersten Rechts-
tag auf den „liegst kombenden erchtag". Der Dienstag ist zu beziehen auf den
Gott Ziu, den Gott des Arieges und des Streites. Das Gerichtsverfahren ist nach
allgemeiner Ansicht ein Streit" und noch mehr nach deutscher ein Üampf und
Gottesurteil" (Grimm).
Der Gerichtsort.
Aus dein Salzburghofener Taiding geht nach Ansicht des Herrn Joseph
Graf Alaz, der dieses Taiding veröffentlicht, hervor, daß Salzburghofen vor Er-
bauung der Festen Alain und Stauffeneck der Gerichtssitz der Gesamtgrafen-
schaft, Oberlebenau eingeschlossen, gewesen sein wird (Punkt ^6 und des
Taidings von Oberlebenau und Antwort im Alainer Taiding). Nach Er-
bauung der Festen Alain und Stauffeneck bestehen die Gerichte Oberplain, Stauffeneck
und Unterplain. Beide Gerichte Ober- und Unterplain nannten sich Grafschaft
Alain und hatten ^573, dem Jahre der Niederschrift des Taidings, denselben
Afleger, da der Richter nach der ersten Frage und Antwort das ehehaft Täding
im Namen des Pflegers zu Alain abhält. Wie die Gerichtsorte bezeichnet wurden,
ergibt sich aus folgender Angabe von Joseph Graz: Die Gerichtsleute von Ober-
plain gingen wohl auch damals und später, wie im Jahre „zu der schrannen
gen Alain vor dem Haus unter der lynnden".
Der Gerichtsplatz.
Auf einem großen freien Platz bei einer alten Linde oder Eiche wurde Ge-
richt gehalten. Diese Bäume waren bei den Heiden den Göttern geweiht. Es
ist sehr schwer, genau den Platz herauszufinden, wo das Gericht stattfand. Tat-
sache ist es, bezw. urkundlich nachgewiesen ist, daß in den Gerichtsorten (Taidings-
orten) große Bäume, meist Linden sich befanden.
Unter dein breiten Laubdach der Linde ließen sich Richter und Urteiler nieder.
Weil der Richter nach Osten schauen mußte, schützte ihn der mächtige, dicke Stamm
der alten Linde wie eine Mauer vor den West- und Nordwinden und die grünen
dichten Blätter spendeten bei Sonnenhitze angenehmen Schatten und gewährten
auch bei Regen einigermaßen Schutz. Bei Unwetter wurde die Sitzung unterbrochen.
Ein Malefizgericht fand statt auf dem Altache rberg bei Laufen under
der lünden. Es heißt im Taiding zu Gberelching im Unterlebenauer Gericht:
„Und der schändlichen Leut, darüber man das Malefizrecht besitzt, soll die Schrannen
auf dem Altacherperg bei Laufen under der lünden sein und man daselbst verrechten,
und wann er zum Tod verurteilt wird, soll man ihn geen Fischperg an das urfuer
und dem Gericht Tittmaning bringen; daselbst führt man ihn zu dreien mahlen
mitten auf die Naufart und beruft das Gericht Tittmaning, kommt es, so ant-
wort (übergibt) man ihn, ob nit, so schlägt man ain starke Stecken und bündt
ihn an; wird er nachmals ledig, steht es dem Gericht Lebenau ohne Entgelt.
28
Das Ma lefiz ge richt
auf der Schranne zu Kausen unter den Linden entschied über Verbrechen, die den
Tod verschuldet, wie Mord, Brand, Diebstahl, Notzwang (Notzucht). (Siehe Salz-
bnrghosener Taiding). Lin solches fand statt in Hausen zwischen Surheim und
Saaldorf, damals Pfarrei Salzburghofen. Hausen ist ein Dorf mit 7 Häusern,
liegt auf einer Anhöhe, von der man eine überraschend schöne Nussicht in die
Salzburger Berge hat. Hausen gehörte damals zum Gericht Gberlebenau. Der
Richter hatte im Malefizgericht das Schwert in der Hand. Sm Lebenauer Taiding
heißt es: „16, -s- Wo einer auf dem Urbar gefangen und darinnen befunden
würd, daß er den Tod verschuld hat, so würd man ihn der Herrschaft gegen Gedt
auf die Stiegt antworten; daselbst soll ihn die Herrschaft von Lebenau annehmen
und soll ihn gegen Hausen unter die Linden (lünden) zu der Schranne führen
und daselbst berecht (gerichtet) werden; und wann man ein verrecht (richtet), soll
man sieben aus plainer Gericht zu rechten (richten) herabschicken, und wo er zum
Tod geurteilt werde, soll man ihn geen Suhrhamb auf den Steg antworten (über-
bringen), daselbst soll der Pfleger von plain kommen und soll ihn an die ge-
wondlich Richtstatt, da solch Leit Hinkeren (hingehören) führen lassen".
Das Hegen des Gerichtes, die Gerichtsschranne.
Sm Unterlebenauer Gericht (Taiding) zu Mberelching fragt der Richter, und
der Urteiler erkennt zu recht, daß der Richter „den Amtmann in die
Schrannen erfordern darf und ihm zusprechen (fragen) ob er die Lhehaft .
verkündet und geboten. Sn einem Ureis umstehet die Menge den Richter; daher
heißt die Versammlung auch der Ring. Der alte Dorfplatz in Salzburghofen,
auf dem sicher das plainer Taiding stattfand, bildet in seinem Umfang einen Ureis,
begrenzt durch Häuser auf allen Seiten. Ls war aber für Richter, Urteiler, Ulä-
ger und Angeklagten noch eine besondere Hegung und Sicherung gegen den An-
drang der Menge notwendig.
Das Hegen des Gerichtes geschah in der altertümlichen Weise, daß Haselstäbe
oder pfäle im Ureis gesteckt und Schnüre darum gezogen wurden. „Diese einfache
Schutzwehr würde das Ungestüm des heutigen Volks bald zerbrechen, damals gab
ihr der allgemeine Glaube an die Heil ickeit des Bandes festeren Halt als
Schranken von Balken oder Lisen." (Grimm). Daß ein bloßer Seidenfaden bannte
und hegte, ersehen wir aus der Antwort des Rechtsprechers aus die 13. Frag im
Salzburghofener Taiding, daß der in Hausen zum Tode vrrurteilte Missetäter auf
die Richtstätte nach Freilassing geführt werden soll, „doch denselben an einem
Seidenfaden mit Lisenbanden und hanifen Stricken".
Uralt waren die drei Hegungsfragen: ob es die rechte Dingzeit und der rechte
Grt sei, ob das Gericht dem Rechte geinäß besetzt oder gehegt sei, und ob man
dem Ding Frieden gebieten möge. Man hat die drei hegungsfragen schon in dem
Gesetz der Lex Salica gefunden (Uarl der Große). Lauteten sie bejahend, so wurde
mit derselben Formel wie in der Landgemeinde der Dingfriede verkündigt, und
zwar im Namen des Dinggottes (Ziu, Thingso) vslut cteo jmx>6nunt6 (dem herr-
schenden Gott) indem gleichzeitig das Wahrzeichen (Banner) des Gottes aufgerich-
tet wurde. Vielleicht stammen eben daher die gemeingermanischen Bezeichnungen
für die Verkündigung des Dingfriedens „bannen" und „Bann".
Der Richter.
Unser ältest bekannter Richter ist Graf Sighart im Salzburggau. Y08 ist er
29
genannt in der Schenkungsurkunde, nach welcher König Ludwig das Kind den
Salzburghof Salzburghofen dem Erzbischof Pilgrim I. von Salzburg übergibt.
Später waren die Grafen von plain und nach ihnen die Pfleger von Staufeneck
die Richter.
Sn ältester Zeit scheinen die Priester bedeutenden Einfluß auf das Gericht
gehabt zu haben. Sie standen dem Gpfer vor und die große feierliche Gerichts-
handlung war mit Dpfern verbunden. Tacitus schreibt den Priestern besonders
im Heere eine höhere Strafgewalt zu als dem dux (Anführer). Der heidnische
Priester hieß godi und er stand dem Gottesdienst und dem Gerichte vor.
Der Richter mußte während der ganzen Handlung sitzen, das rechte Bein
über das linke geschlagen. Wie streng diese Vorschrift war, ist zu ersehen aus
dem Saaldorfer Taiding. Der Richter fragt den Rechtsprecher, „ob man in der
Zeit, als man das Recht besitzt, mit dem hl. hochwürdigsten Sacrament vorüber-
ging, unser gnädigster Herr und Landesfürst zu Salzburg etc. oder eine andere
ansehnliche Herrschaft in solcher Zeit vorüberreiset, wie auch sonsten eine andere
ehehafte Not, die Gott mit Gnaden verhüten wolle (Unwetter, Sturm usw9, in
bemelter Zeit vorfiele, wie man sich verhalten soll, ob man dürfe aufstehen
und hernach wieder das Recht besitzen?" Diese Frage kommt auch in anderen
Taidingen vor und die Antwort lautet bejahend.
Der Richter sitzt bei der Linde; wahrscheinlich der Sonne den Rücken zukehrend,
damit ihm die Sonne nicht ins Gesicht scheint. (Grimm)
Eigenschaften des Richters.
Wenn einer richten will und soll über Menschen Bluet, so soll er nüchtern
sein. Nüchternheit ist eine selbstverständliche Forderung an den Richter und seine
Urteiler. Vor dem Smbiß (Mahlzeit), bei dem gewöhnlich der Wein nicht fehlte,
soll er richten. Ein Frühstück vor Gericht ist ^253 gestattet. (Grimm).
Der Richterstab.
Beim Landgericht hielt der Richter den Stab, beim Malefizgericht das Schwert.
Schon weil König, Anführer und Hirte den Stab tragen, muß er das Wahrzeichen
richterlicher Gewalt sein; auch führen ihn andere höhere und niedere Beamte, der
Marschall und Kämmerer, selbst des Richters eigner Diener, der Büttel, jeder Bote,
hat einen Stab. Dem Bischof als dem geistlichen Hirten und Richter wird ein
Krummstab beigelegt; vermutlich führten schon die heidnischen Priester Släbe.
Der richterliche Stab erscheint weiß, d. h. mit abgeschälter Rinde. Zuweilen scheint
er oben eine Krümme zum Aufhängen gehabt zu haben. Des Stabs konnte ein
Richter nicht entraten. Er gebot damit Stille durch Klopfen und hegte das Ge-
richt, solange er ihn hielt.
Der R i ch t e r st u h l.
Wie der König auf dem Thron sitzt der Richter auf einem Stuhl, daher der
alte Ausdruck „das Gericht besitzen" — neuhochdeutsch: Richterstuhl —. (Grimm).
Gft war der Stuhl von Stein gehauen. Sobald der Richter aufstand, war das
Gericht entweder unterbrochen oder beendet. Sm Salzburghofener Taiding ant-
wortet der Rechtsprecher auf die 6. Frage, daß der Richter, wenn er in einer Sache
bezw. Handlung sich nicht auskennen sollte, aus der Schrannen treten, den Stab
an seinen Drt legen und mit den Urteilern abseits beraten dürfe. Wahrscheinlich
war der Richterstuhl bei uns die Bank unter der Linde.
50
Die Gerichtsleut.
Unter Gerichtsleut sind sämtliche Bauern des Gerichtsbezirkes zu verstehet
die alle aus öffentlichem Airchhofplatz geladen sind, vom Anterplainergericht Salz-
burghofen, Feldkirchen, Ainring, Surheim. Wer unentschuldigt wegblieb, wurde
gestraft.
Bewaffnung der Gerichtsleut.
Zu Anfang der Gerichtssitzung gebietet der Richter Frieden. Dm Saaldorfer
Taiding: Friedpot, daß keiner zuckt (daß keiner das Schwert, später das Messer
zückt) sich mit ungebürlichen Worten erzeigt, einen Rauf- oder Haderhandel ansang
und sich nit sträflich verhall bei Leib- und Guetstraf.
Der Aläger und der Beklagte.
Wo kein Aläger, da kein Richter. Dieses Sprichwort galt auch in alten
Zeiten. Der Aläger schreit, fordert, beschuldigt (klagen, schreien heißt elumuvo, !
daher der Aläger Tlamans). Der Beklagte wehrt sich, verteidigt sich, daher das ^
Wort Taiding von taidingen, verteidingen. Aläger und Beklagte konnten Zeugen
zuziehen. Das Wort Zeuge leitet Grimm von ziehen ab, bedeutet also der Zu-
gezogene oder der Ghrgezogene. Früher wurden nämlich die Zeugen beim Ghre s
gezogen. Zu den Zeugen gehören auch die Gideshelfer. Brachte der Beklagte 7
Männer aus, die durch Lid seine Unschuld (auch wenn sie bei der Tat nicht zu-
gegen waren) beteuerten, war er gereinigt.
Der Lid.
Der Lid sei rein und nicht mein (falsch). Der Meineid wurde schwer be-
straft. Dn den Salzburgischen Taidingen ist als Strafe Ausreißen der Zunge an-
gedroht. „wenn einer, der einen Lid schwört und erwidert würde als recht ist
(und rechtlich erwiesen ist), daß er zu unrecht geschworen hat, der ist dem Gericht
52 Pfund verfallen oder die ganze Zung und 50 Pfennig und seinen Widerteil
(Gegenpartei) sein Schaden abzutun (zu ersetzen).
Wenn auch Geldstrafen aus. Meineid gesetzt waren, so geschah das in der
sicheren Erwartung, daß der Frevler von Gott selbst, den er als Zeugen angerufen,
gestraft wird (Arankheit, Unglück, Tod, usw.)
Die Heiden schwuren sowohl bei einem Gott, als bei mehreren zugleich. Die
christlichen Lide wurden bei Gott, bei dem Areuze, bei den Heiligen abgelegt.
Schwören mit Mund und Hand.
Die Formel mußte laut nachgesprochen werden unter Anrufung der Götter
und Heiligen, mit der rechten Hand wurde der heilige Gegenstand berührt, bei den
Heiden das Schwert, bei den Thristen das'Areuz. Schwörende Frauen legten die
Hand auf ihre Brust. Dm Salzburghofener Taiding lautet die 8. Frage des Rich-
ters: „Dch frag Luch des Rechten, wenn eine Frau zur Schrannen käm, und wollt
bestätigt ihr Heimbruch (elterliches Lrbe) und Morgengab lHeiratsgut), wie und !
in welcher Gestalt soll gegen sie darinnen laut des Landrechts gehandelt werden?" ^
Antwort des Rechtsprechers: „So eine Frau zur Schrannen in aufgelösten !
Haar und jhre Brüst bedeckt mit jhren Händen käm, wollt ihr Heimbruch und
Morgengab und klaget auf ihre Lhre, Treu und Dungfrauschaft, so sollt ihr das
erste, andere und dritte Recht besitzen und das Recht ergehen lassen, damit sie kommt
zu ihrem Heimbruch und Morgengab, wie Landsrecht ist."
Die Urteiler (Schöffen).
Din Saaldorfer Taiding lautet die Antwort auf die Fragen des Richters
5!
oftmals: „Das beding erkennts zu Recht", d. h. die versammelte Gemeinde, die
Dingmänner (ehemals die freien Männer des Gaues) sind einverstanden. Tacitus
schrieb, daß die versammelte Menge (der freien Germanen) ihren Beifall durch
lauten Ruf, Handschlag und Bewegung der Waffen bezeugte.
„Sn den festgesetzten (ungebotenen) Versammlungen wählte die Menge sich
ihren König, Herrn und Vogt oder bestätigte die erblichen, wies ihnen alle Ge-
rechtsame und beschloß über wichtige Angelegenheiten, namentlich Krieg, Frieden
und neue Gesetze. Aber zu den gebotenen Gerichten, worin streitige oder feierliche
Privathändel vorgenommen wurden, fand sich die Gemeinde ein, hörte den aus
ihrer Mitte gewählten Urteilern zu und gab ihren Beifall zu erkennen." (Grimm).
Die Urteiler waren meistens Bauern, geistig fähige Männer mit klarer Urteilskraft
und gutem Gedächtnis; denn die Antworten der Rechtsprecher, die allerdings aus-
wendig gelernt werden mußten, erforderten solche Eigenschaften. Es gab daher
auch Mängel an Rechtsprechern und Rednern, wie aus der ^2. Frage des Richters
im Salzburghofener Taiding zu ersehen.
Verteilung der Plätze bei Gericht.
Unten, vor Richter und Urteiler, stand der Kläger, links der Beklagte oder
Schuldige; jener mithin gegen Süden, dieser gegen Norden. Man kann den süd-
lichen Platz als den zur Rechten des Richters für den ehrenvollen nehmen, der dem
Kläger gebührt. Mitternacht und Norden hatte aber insgemein den Begriff des
Schauerlichen, Traurigen und Bösen (Grimm).
Die Schöffenbank.
Sitzend soll man das Urteil finden. Der Richter saß aus dem Stuhl, die
Urteiler auf Bänken, daher heißt es bankes bilden. Sm Salzburger Hexenprozeß
wurde auf das letzte Geständnis des Angeklagten hin das Todesurteil „in banco
juris" gefunden.
Verlesung des Urteils. Der Gerichtspranger.
Vor der Hinrichtung wurde vor aller Oeffentlichkeit die „Urgicht", das sog.
Sündenregister vorgelesen. (Unter gichtig versteht man den geständigen Mund. Ur-
gicht hängt wohl mit Geständnis zusammen.) Es geschah das meist auf dem Ge-
richtspranger. Der Scherge oder Fronbote genannt mußte des Richters Bann ver-
künden. Der Gerichtspranger für das Salzburghofener Gericht befand sich nach
Ueberlieferung auf dem freien Felde zwischen Eham und Salzburghofen, an der
alten Straße. Herr Reichsbahnoberschaffner Schintler Joseph in Salzburghofen
gibt als Grt der Urteilsverkündung die Stelle an, wo heute das Bänklein zwischen
den zwei jungen Linden am Ehamer Weg (früher Straße) sich befindet. Er weiß
das von seinem Vater Andreas Schintler. Die Familie Schintler ist eine boden-
ständige, alteingesessene Familie (Salzburger Ursiste), wodurch die Angaben umso
glaubwürdiger sein dürften. Herr Schindler erzählt: „Die Frauentafel bei dem
Bankerl hab ich als Bub für ein Marterl angesehen und im Vorbeigehen meinen
Vater gefragt, was da einmal passiert ist. Mein Vater hat mir gesagt: Da stand
früher ein großer, alter Baum (ich weiß nicht mehr hat mein Vater eine Eiche
oder Silberlinde gesagt), hier war früher der Gerichtspranger. Da hams ös z'samm-
bracht und 's Urteil verlesn."
Das Urteil ist gesprochen,
Der Stab, der ist gebrochen.
Das Brechen des Stabes war das Zeichen, daß der Richter mit dem Ver-
32
urteilten nichts mehr zu tun habe. Beim Verlesen des Urteils vor dem Volke
auf dein hiezu bestimmten öffentlichen Platze wurde vor den Augen der Volks-
menge der Stab gebrochen und unter die Volksmenge geworfen. (Salzburg l7. Jahrh.)
Das Urteil i m Prozeß gegen den Z i g e ü n e r h i a s l f 675.
Die Hinrichtung des Zigeunerhiasl fand in Salzburg statt und war allen
Bewohnern der Umgebung eine Befreiung. Sin Urteil heißt es: „Und obschon
dieser Malefikant in Erwägung seiner grausamen Laster, die er begangen, auch
wohl verdient hätte, daß er zur Richtstatt geschleifet würde, so kann ich ihm doch
die Nachlassung solcher Pein und Marter, da es so beliebt meinesteils, wohl
gönnen. Ein Uebriges aber anders nicht schließen, als daß man denselben dreimal
und zwar gleich anfangs bei der Schrannen nach Brechung des Stabes, folgends
außer des Tors und drittens bei der Richtstatt mit glühenden Zangen zwicken,
und darauf mit Anhängung eines Sackes Pulver lebendig verbrennen lasse."
D e r D o r f p r a n g e r.
Nach Angabe des Herrn Schintler stand im Dorfe Salzburghofen der Dorf-
pranger bei der Linde, „hier habns d' Leut austrommelt." Ueberlieferung vom
Urgroßvater, der ein Bürger nach altem Muster. Auf dem Pranger wurden die
Verbrecher den Blicken des ^Volkes ausgestellt. Es hätte sich wohl jeder diesen
Blicken neugieriger und schadenfroher Gaffer durch Flucht entzogen, wenn es möglich
gewesen wäre. Der Verbrecher war an einen stehenden Pfahl angebunden und
man nannte diesen Schampfahl auch die preche. Sm fy. Artikel des Glanecker
Taidings (Nachbarsgericht von Salzburghofen; der Urbarrichter Maister Eberhart
Uebeli von Salzburghofen war gleichzeitig Landrichter zu Glan) heißt es:
„Doppelter Ehebruchs erste Strafe. Solche (Ehebrecher) sollen nach ausgestandener
monatlicher Uirchenbuß drei Sonntag entweder in die prechl gestöllt oder mit
entblößten Armen auch in einer Hand ein gebrennendes Licht andern aber ein
Ruten für die Airchen gestellt." Schärfer war die Strafe für wiederholten Ehe-
bruch: „So soll die zum zweitenmal ergriffene Person öffentlich auf den Pran-
ger gestellt, mit Ruten oder Abschneidung der Mhren zu züchtigen und des
Landes auf ewig zu verweisen sein." Die dritte Straf: Zum drittenmal wegen
Ehebruchs abgestrafte Person soll vor das Malefizgericht gestellt werden.
Ehebruch. f738 Stauffenecker Gericht.
A. P. Torwart zu h. 55 Tage Arrest, 3 mal in die prechl stellen.
U. E. 90 Tage Arrest Dreimal Earbätschen, erkrankt Medizin liefert pader
zu Piding, 25 Tarpatschenstreiche und des Landes auf ewig verwiesen.
Der plainer Galgen auf der Heiden gen Freilassen.
Das Wort Galgen ist ein deutsches Wort und heißt gotisch galga und alt-
hochdeutsch galgo, bedeutete soviel wie aufziehen, aufschnellen. „Die alte Poesie
ist reich an bildlichen Ausdrücken für diese allgenrein verbreitete Todesart: in der
Luft reiten, den Ast bauen, den dürren Baum reiten." Tac. Germ. »pro-
ckir0r68 or uvbor^ 8U8p6nckunt.« („Verräter und Ueberläufer hän-
gen sie an Bäumen auf.") Sicher aber wurde nicht der erste beste Baum im Wald
dazu erlesen, sondern es waren bestimmte laublose Bäume an bestimmter Stelle,
oder wenn diese ausstarben, eingerammte Stämme und pfähle.
Der Galgen stand an der offenen Heeresstraße, oder auch im Moor, am
Auwald, wie der plainer (Freilassinger) Galgen. Die Strafe des Galgens war
schimpflicher und härter als die Enthauptung. Ein Nachtdieb wurde gehängt,
33
Plainer Galgcn auf der Freilassener Heiden.
(Rekonstruktionszeichnung).
Aumoos.
ein Tagdieb bloß enthauptet. Der
Galge^l ist der nordwärts gekehrte
Baum. Wahrscheinlich hing der
Verbrecher mit dem Gesicht gegen
Norden gekehrt, l Siehe klusdruck
Galgenvogel!)
Formel zum Urteilsspruch
(norddeutsch): „Ich vermaledeie
hier sein Fleisch und sein Blut,
aus daß es nimmer zur Erde be-
stattet werde, der Wind ihn ver-
wehe, die Krähen und Raben
und Tiere in der Luft ihn ver-
führen und verzehren. Und ich
weise und teile zu den Krähen
und Raben und den anderen Tie-
ren in der Luft sein Fleisch, sein Blut und Gebein, die Seele aber unserm lieben
Herrgott, wenn sie derselbe zu sich nehmen will." Wigand p. H3H.
Der Galgen muß scheinbar zur rechten Zeit zur Verwendung gekommen
sein, wenn man bedenkt, daß ein Dieb, der 2 Pfennig gestohlen, aufgehängt und
ein Ehebrecher, der zum drittenmal überführt, dem Malefizgericht ausgeliefert wurde.
M a l 2 f i z k o st e n der Freiv i e r t l e r, s 72H.
t72^ wurden die beiden, in puncto furti (Diebstahl) und ropine (Raubund
Plünderung) in Verhaft gebrachten Maleficanten Josephen Renzl und klnder Löff-
ler im hochfürstlichen Hochgericht Stauffeneck mit dem Schwerte hingerichtet. Löffler
wurde „in dem Salzburghofener Freiviertel zu Verhaft gebracht" Renzl zw Liefe-
rung. Von altersher mußten die Freiviertler die Malefizkosten der in ihrem Viertl
verhafteten und daselbst Hingerichteten Malefikanten bezahlen, wofür die Freilassin-
ger von verschiedenen Robaten befreit waren. Seit der Galgen (plainergalgen)
zu Freilassing nicht mehr stand, wollten die Freilassinger auch nicht mehr Male-
fizkosten zahlen als andere Untertanen, nachdem ihre Robaten auch nicht geringer
waren als die anderer Untertanen. Löfflers Unkosten beliefen sich aus 89 fl. 3 p/2
pfg. Die Salzburghofener wollten nur 52 fl. 2! kr. für den Bannmeister und
Freimann hergeben. Sie begründen das in ihrer Beschwerde damit, weil „ersagte
Untertanen mit Robaten denen anderen Pflegsgerichts Untertanen allbereit gleich,
oder fast stärker beladen" und ihre Urbargüter überbürdet. Die Malefizkosten
würden sie arm machen, wenn auf einen Viert-Hof lO fl. und darüber kommen
sollten. Ein Käufer würde „nach einem solchen Lehen umso minder Lust tragen,
weil derlei Unkosten bei denen daselbst durchgehenden Haupt- und Landstraßen,
auch in der Nähe vorhandenen beiden Ueberfuhren, allwo das üble Gesindel
sich meistenteils zu ziehen pflegt, sich nicht allein öfters anbegeben sondern
fast immerwährend zu befürchten stunden".
2. Einteilung des Landes in Gerichtsbenrke.
Im folgenden ist von den Gerichtsbezirken in alter Zeit die Rede.
G e r i ch t s b e z i r k e.
Bis zum W. Jahrhundert ist das Land in Gaue. eingeteilt 'und die Lage
eines Drtes ist durch die Gaubezeichnung gegeben, z. B. Salzburghofen in, Salz.
burggau.
Zeitalter der Ga »Verfassung.
Salzachgau (Salzburggau) und Chiemgau, ca. 78H—900.
Die alten ausgedehnten Gaue zerfielen in Grafschaften, die noch keinen Namen
hatten, sondern einfach nur mit dem Namen des Grafen bezichnet wurden.
Seit dem sO. Jahrhundert ist die Grafschaft angegeben, in welcher ein Grt
liegt z. B. Salzburgjofen „in comitatu Sigihardi" 908, dann 930 „in comitatu
Engilberthi" und 9^0 „in comitatu Reginberti".
55
Zeitalter der Gaugrafschaften.
Grafschaften des Salzachgaues, ca. YOO—f200 n. Chr.
Grafschaften j)lain, Lebenau, Burghausen. (Buch probstei Berchtesgaden.)
-______<
Die hohe Gerichtsbarkeit in Händen der Grafen.
Die Grafen übten die hohe Gerichtsbarkeit — das Blutgericht — aus. Darin
bestand hauptsächlich ihre Macht. „Die Grafen saßen dem echten Ding vor, das
an verschiedenen Orten der Grafschaft (vielleicht den späteren Schrannen) regel-
mäßig gehalten und von den freien Männern besucht werden mußte". (Widmann).
Auch wenn der Vogt die Untersuchung über das begangene Verbrechen pflog,
sprach doch das Grafengericht das Urteil und ließ es durch den Grafen vollstrecken.
Salzburghofen' dürste wohl vor Erbauung der Festen Alain und Stauffeneck
der Gerichtssitz der Gesamtgrasschaft, Oberlebenau eingeschlossen, gewesen sein
(Graf Alaz). Vergleich die Antwort des Rechtsprechers auf die ^2. Frage des Richters!
B e s i tz v e r t e i l u n g der Gerichte um das Jahr l 200.
Von altersher ist also Salzburghofen der Gerichtsort und Hauptschrannenort
des Alainer Gerichts, wie Saaldorf später der Gerichtsort der Lebenauer Graf-
schaft. Wir wissen das aus den Alt-Salzburger Weistümern. Zweimal des Jahres,
im Frühling und im herbst, kam der Graf von Alain als Richter nach Salzburg-
hofen und hielt dort Gericht. ^575 hält Lucas Romung, Richter von Alain das
Salzburghofener Taiding. heute stehen noch die Ruinen der Burg Alain, auch
Salzbüchsl genannt. (Siehe Salzburghofener Taiding!) Dn Freilassing und zwar
im Freilassinger Aumoos — in den Urkunden Freilassinger Heiden benannt —
stand der Alainer Galgen. (Siehe Saaldorfer Taiding). ,
Aläin (nach Aufzeichnungen von Frank).
Ursprünglich bildete das Gebiet des Gerichtes Alain und das Stadtgebiet
von Reichenhall und Umgebung nur ein Gericht. Dann fiel die Stadt Reichenhall
aus dem Rahmen der Grafschaft heraus, umsomehr als die Salzquellen ganz
eigentümliche Rechts- und Besitzverhältniste erzeugten.
Grenzen nach Msten aus der Biegung von Glaneck (Taidinge ^ P- N2.
Südgrenze findet sich in den vielen Grenzstreitigkeiten zwischen Salzburg und Berch-
tesgaden vieles Material. wichtigstes vom Jahre (Richter V S. 72t).
Lag das Territorium des Gerichtes Alain-Gberlebenau in der ersten halste
des tO. Jahrhunderts in comitatu Engelberti, so finden wir es nach dem Abtreten
dieses Grafen Engelbert im Besitze eines Reginbert's, der mit der Familie des
Engelbert nicht im Zusammenhange steht. — Mit dessen Auftreten verschwindet
das Geschlecht der Aribonen ganz aus den: Gerichte Alain-Gberlebenau und es
taucht daselbst ein neues Geschlecht auf. —
Es ist zweifelhaft, wann dieses Gericht Alain in den Besitz des Erzstiftes
übergegangen ist. Das Schloß Alain war ein Allodialsitz (freies Erbgut) der
Alainer, auch auf die weiblichen Seitenverwandten. Db die Gerichte Alain und
Raschenberg zur Zeit um Reichslehen —bayerische oder salzburgische Lehen
gewesen sind, wissen wir nicht, aber es ist sicher, daß die Erzbischöfe nach dem
Aussterben der Alainer deren Grafschaften so einzogen, als ob sie Salzburger-
Lehen gewesen wären.
2m Mai ^250 belehnte der Erzbischof Ahilipp die beiden überlebenden
Alainer Gtto und Eonrad, mit denen tO Jahre später das Geschlecht ausstarb,
mit sämtlichen salzburgischen Lehen, womit sie ihr verstorbener Dheim Lin-
told aus Gnaden belehnt hatte, worauf aber diese Grafen alle diese Lehen und
ihr übriges Eigentum in Bayern dem Erzbischof sofort verpfändeten. Zugleich
verpflichteten sie sich, daß stets einer von ihnen im Schlosse Alain anwesend sein
solle (Zuvav. H05).
Burgruine
Plain
(Salzbüchsl)
! ? ' -
^ 38
So mögen die Gerichte plain und Raschenberg zuerst in den Besitz des ErZ-
stiftes übergegangen sein, und als dann beide Brüder am 29. 6. ^260 als Ver-
bündete des Königs Ottokar im Kampfe gegen die Ungarn blieben ohne Nach-
kommen zu hinterlassen, dürfte der Erzbischof den pfandweisen Besitz in einen
wirklichen verwandelt haben, wenn er auch noch mit der 5chwester Agnes der
beiden planier und der Witwe und Tochter des einen Verhandlungen zu führen
hatte, ehe das Erzstift in den völlig ungetrennten Besitz der plainer Güter gelangte.
Wie aus dem Saaldorfer Taiding hervorgeht, wurden auch die im Lebenauer
Gericht zum Tode Verurteilten am Freilassinger Galgen gerichtet.
Die Lage Salzburghofens ist für einen Gerichtsort der damaligen Zeit ge-
eignet: Bnhöhe mit ausgedehnter freier Ebene.
Das Heidentum verlangte zur Gerichtshaltung heilige Orte, an welchen Opfer
gebracht und Gottesurteile vorgenommen werden konnten. (Grimm, Deutsche Rechts-
altertümer II.) In Salzburghofen soll nach mündlicher Ueberlieferung an der
Stelle, an der heute das Mirtelwirtshaus steht, ein „Heidenturm" gestanden sein.
Sn Sillersdorf bei Saaldorf befindet sich ein Schalenopferstein.
Es bildeten sich die Gerichte: plain und zwar Ober- und Unterplain, Ge-
richtsort Salzburghofen; Raschenberg, Gerichtsort Teisendorf; Lebenau und zwar
Oberlebenau mit dem Gerichtsort Saaldorf und Unterlebenau mit dem Gerichts-
ort Oberelching.
Richard Schröder schreibt in seiner deutschen Rechtsgeschichte: „Es ist unver-
kennbar, daß diese Landtaidinge der oberen Landgerichte nichts anderes als die
alten Grafengerichte der Markgrafschaft (bayerische Ostmark) waren".
Eine Pfarrei und — vier Bischöfe.
Von Dr. Heinrich Held, erzbischöfl. Archivar, München.
Ja, so ist es! Und diese Pfarrei liegt im Rupertiwinkel, im Bezirksamt
Laufen und heißt palling.
palling gehört zu den großen Urpfarreien, aus deren Gebiet schon die Auf-
zeichnungen des Salzburger Erzbischofs Arno (788—799) Orte und Kirchen nennen,
die teilweise noch in die Römerzeit zurückreichen dürften. Da gab es freilich
manches zu erzählen. Auch könnte man berichten von dem Sohne pallings,
Wezilo, der um f0^9 Dompropst in Salzburg war, und von Hans dem „Stettner
abm Stettner" (Stettner im holz), der anno t^9l in Teisendorf Pfarrvikar gewesen.
Nun zu den vier Bischöfen pallings. Zwei von ihnen waren zuvor Pfarrer
in palling und zwei find Kinder der Pfarrei.
h) Albrecht von Törring-Stein (^6^3).
Der erste ist ein Mann von Adel der Geburt und der Gesinnung. Sein
Bild liegt vor mir. Das lange, gewellte Haupthaar, der mächtige Vollbart zeigen
uns den parken, sodann die tiefen Furchen in der Stirne den Leid und Last des
Lebens Tragenden, endlich das freundliche Auge den seelenguten Mann. Es ist
Albrecht von Törring-Stein, der im Jahre t6h3 Pfarrer in palling und schon
am 22. Oktober des gleichen Jahres Bischof von Regensburg wurde. Es schien
ihm palling gut zu gefallen, denn nach einem Schreiben vom 3. Januar tOH
gedachte er die Pfarrei noch drei Jahre zu behalten; als aber der Kooperator von
Tittmoning, Georg Gerster, zum pallinger pfarrherrn ernannt wurde, resignierte
39
er auf seine der Heimat so nahe gelegene erste und letzte Pfarrei an Lichtmeß t6(^.
In Regensburg sollte er mit seiner Diözese die Bitterkeiten des Dreißigjährigen
Kriegs kosten. Dm Jahre ^633, als Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar die
ätadt eroberte, wurde er gefangen genommen und konnte erst nach zwei Jahren
wieder in sein Bistum zurückkehren. Trotz der Mühsalen der Kriegszeiten tat er,
was in seinen Kräften stand zur Erhaltung und Förderung des religiösen Lebens,
zur Stärkung der Orden und zur Verschönerung des Regensburger Doms. So
ließ er zwei große Bilder für seine Kathedrale malen Das eine stellt dar wie
Petrus von Thristus die Schlüssel des Himmelreichs empfängt, das andere wie
Jesus während des Meeressturms schläft.
Viel Sorge bereitete ihm, da er im fernen Regensburg weilte, ein heimat-
licher, durch viele Jahre währender Streit zwischen seinem Bruder Ladislaus, dem
Schloßherrn von Stein, und dem Stift der Vugustinerchorherrn zu Baumburg um
der Törringer Kapelle zu Baumburg willen. Im Jahre l62( versöhnten sich
die Parteien und ward in die Schloßkapelle Stein ein Törringer Jahrtag gestiftet.
Bischof Tllbert aber errichtete seine Stiftung eines Törringer Jahrtags — nicht
nach Baumburg od^r Stein, sondern — nach St. Georgen, damit er für alle Zu-
kunft jedem Streit aus dem Wege gehe. Die seit §62H bestehende Stiftung ward
dadurch über die Säkularisation hinaus gerettet. Bin November jeden Jahres
wird sie von den Pfarrern von St. Georgen, Traunwalchen, Trostberg und palling
vollzogen.
Bischof Vlbert, der als das W. unter den ^ Kindern des Freiherrn Dldam
von Törring-Stein und seiner Gemahlin Barbara Lucia von Greifensee im Juli
l57H geboren war, im Jahre t6W in Vltölting seine Primiz gefeiert hatte und
seit ^6^3 in Regensburg als Bischof geweilt, starb am ^2. Npril l6^9- Uner-
schütterliche Energie und tiefe Frömmigkeit waren die Seele seiner Lebensarbeit.
Wie Maximilian, der Kurfürst von Bayern, und wie Veit Vdam von Geebeck,
der Bischof von Freising ((6^8 —(65p, hatte er den dreißigjährigen Krieg überlebt.
2.) Johann Kaspar Künner ((656-^(663).
In den Jahren (656—(663 erscheint als Pfarrer von Palling Johann
Kaspar Küner. Er ist ein geborener Würzburger. Wie kam er in den Ruperti-
winkel?
Dlm Ende des (6. Jahrhunderts waren die Zustände des bayerischen Klerus
wenig erfreulich. Die Reformversuche blieben ungenügend und nun war der
dreißigjährige Krieg, der Ruin aller Ordnung, gekommen. In dieser entsetzlichen
Zeit suchte ein Priester namens Bartholomäus Holzhäuser die Seelsorge des Volkes
und den Priesterstand zu heben. Dazu errichtete er ein Institut der Weltpriester,
die ein gemeinsames Leben führten. Solche Priester, man nannte sie „Bartholo- !
mäer", auch „petriner", ja sogar „Kommunisten", einigte er selber zum erstenmal
in Tittmoning im Jahre (6^0. Von dieser Zentrale aus verbreitete sich die
segensreiche Einrichtung in der ganzen Umgebung und auch palling hatte mehrere '
solche Priester. Küner, der einer der ersten Schüler (Seminaristen) Holzhausers ge- !
wesen, kam nun als Pfarrer nach Tittmoning und palling. Schon längst hatte
Bischof Vlbert Sigismund von Freising ((652—(685), ein Herzog von Bayern, ^
den vornehmen, tüchtigen Priester beachtet und erreicht, daß derselbe am (5. Dez.
(66H als Weihbischof für die Diözese Freising mit dem Titel von Lenturia be-
stätigt wurde. Küner (Künner) trat in Freising in das Thorherrenstift St. Veit
ein, wurde Dekan dieses Stiftes und wirkte als Reformator seines Klosters und
als Direktor des geistlichen Rates in Freising besonders segensreich. Er starb am
> 28. Juli 1685.
3.) Georg Lorenz von Mett l.'h
2m pfarrhofe harpfetsham war im Jahre 1806 ein merkwürdiger Roß-
bube, der später ein berühmter Bischof wurde. Ls war das Georg Lorenz Mettl
aus Gengham. Schon die Heimatgeschichte dieses Genghhamers ist beachtens-
wert. 2m 2ahre 1373 gab Gswald der Törringer zum Stain eine Messenstiftung
in der schon oben genannten Törringer Kapelle an das Kloster Bauinburg und
unter den hiezu gegebenen Gütern gehörten „ain hub und ain Hof zu Genkcheim".
Zwischen 1443 und 1445 wurde der Hof geteilt und entstanden so der „Mttl-
maier" und der „Leandlmair" und dazu kam der „Huber". Schon 1462 mußte
das Kloster Baumburg wegen „onligentn notn" die Anwesen gegen Wiederkaufs-
recht an den Schaffner aus dem Nunberg (Nonnberg bei Salzburg) Georg Engel-
heimer und seine Hausfrau hingeben. Bald mußte aber auch Engelheimer die
Höfe den Baumburger Herren zum Rückkauf anbieten und der Pfarrer von Trucht-
laching, Pater Balthasar Stöckel, ermöglichte seinem immer noch armen Stifte
die Wiedererwerbung. Der „Mettl" und der „Leandlmaier" stehen heute noch so
hart nebeneinander, daß ein Mann kaum zwischen den angrenzenden Baulichkeiten
durchschliefen kann. — Also vom „Mettlmaier" stammt Georg Lorenz Mettl.
Am 26. Januar 17g4 war unser Georg Lorenz dem Dettlbauern Georg
und seiner Ehefrau Salome geboren. Als Georg Lorenz im psarrhofe zu har-
pfetsham — 10 Minuten vom Heimatanwesen — seine Dienste tat, entdeckte der
Pfarrer seine reichen Anlagen — Schärfe des Verstandes, Kraft des Gedächtnisses
und Schwung seiner Phantasie — und die Reinheit seines Herzens wie die Lauter-
keit seiner Gesinnung. Pfarrer Margreiter gab dem geweckten Knaben den ersten
Unterricht und 1807 trat das Studentlein in die Salzburger Studienanstalt ein,
Der Fortgang war so glänzend, daß Georg die Mberklasse überspringen und an
das Lyzeum — heute würde man sagen die Hochschule — übertreten durfte. Die
philosophischen Studien vollendete er in Salzburg, die theologischen in Landshut.
hier wurden Roider, der Direktor des Georgianums, und Sailer, der einzigartige
Führer der studierenden Zugend und später Bischof von Regensburg auf den präch-
tigen Jüngling aufmerksam. 2m Jahre 1816 wurde Mettl in das Georgianum
aufgenommen, am 15. Sept. 1817 zum Priester geweiht. Am 10. Januar 1820
wurde er Kooperator bei Roider in Zolling und nach dessen Tod am 10. April
desselben Jahres pfarrverweser.
Da kam ein merkwürdiger Brief. Aber nicht an Mettl, sondern an den
berühmten Arzt Dr. Ringseis in München und diesen Brief hatte am 28. Juli
1820 der damalige Kronprinz von Bayern von Brückenau aus geschrieben. 2n
ihm hieß es: „Schreiben Sie Sailern als von mir beauftraget", (daß für die kron-
prinzlichen Kinder ein Hofmeister ausfindig zu machen sei und) „daß um Erzieher
bei mir zu werden religiöse und volksrechtliche Gesinnung Bedingung 8in6 Huu
non ist, daß ich ultraische dazu nicht brauchen kann, dieses schreiben Sie wörtlich
Sailern, wie daß es zu dieser Stelle eines liebreichen, heitere mit Festigkeit ver-
einigenden Gemüthes bedarf. Teutsch muß die Gesinnung sein. Solche Männer
streben Sie gleichfalls mir aufzufinden, Sie die selbst teutsch, religiös, volks-
rechtlich gesinnt sind, aber weder Sie noch Sailer sollen diesen Auftrag laut
h Vergleiche „Der Spielmann", „Salzfaß" 6 (Jahrgang 1927) 69 ff.
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werden lassen." Professor Sailer in Landshut, der die gesamte akademische Jugend
und besonders die adelige kannte, wie kein zweiter, wählte den Bauerssohn Georg
Oettl. Neun Jahre versah Oettl sein stilles, verborgenes, bedeutungsvolles Nun.
Vom Jahre 1829 an stieg er von Stufe zu Stufe. Gr wurde Domkapitular,
1832 Domdechant in München. Am 3. Oktober 1846 wurde er zun: Bischof von
Eichstätt ernannt, am 7. Februar 1847 in München zum Bischof geweiht. Schon
nach zehn fahren stellte sich ein gefährliches Augenleiden ein, Bischof Oettl er-
blindete und, nachdem er sieben Jahre das schwere Areuz der Heimsuchung Gottes
demütig getragen, legte er am 6. Februar 1866 den Hirtenstab des hl. Willibald
für immer nieder.
Den Leser des „Salzfasses" würde es interessieren von all dem vernehmen
zu können, was die zielbewußte, segensreiche Regierung Oettls dem Bistum Eich-
stätt gebracht, noch viel mehr aber, was Oettl vorher als Domherr und Dom-
dechant für die Erzdiözese München und Freising, unsere Heimat, gewirkt.
Das Münchener Amtsleben Oettls (1829—1846) umschließt eine Periode
sichtlichen Ansteigens der innerkirchlichen Verhältnisse des Erzbistums. Wir alle
wissen, wie die Bemühungen des Königs Ludwig I. manches Unklare in den Be-
ziehungen zwischen Staat und Kirche geläutert haben und wie manches Unrecht
dev Säkularisation durch Wiedereinführung und Neuerrichtung von Orden und
Klöstern gutgemacht ward. Hier hat der Münchener Domdekan miterlebt, mitge-
arbeitet, ja, mehr noch, mitgeführt und mitgeleitet. Das lag in seinem Amte und ^
läßt sich sein Anteil wohl ermessen; das lag viel mehr noch in seinem persönlichen
Einfluß auf die höchsten Personen und Stellen und kann nicht errechnet werden.
Die Gründung und Organisierung der Klöster und Orden, die strenge gewissen-
hafte Durchführung der Ordensregeln- Missionen und Iugendbündnisse lagen ihm
am Herzen. Die Wiedererrichtung voll Frauenchiemsee und Altomünster, die Ein-
führung der Benediktiner in Metten, der Frauen vom guten Hirten, die Berufung
der Schulschwestern und der Barmherzigen Schwestern sind Werke des Königs, ^
mit denen der Name Oettl verknüpft ist.
4.) Dr. Johannes Schauer.
Und nun von der Vergangenheit zur Gegenwart. Der gegenwärtige Herr
Weihbischof der Erzdiözese ist ein Sohn der Pfarrei palling. Geboren am 5. Juni
1872 in der Exposilur Lindach wurde er Priester am 28. Oktober 18y^. Sn Rom,
wo er geweiht worden, erwarb er sich auch den Doktortitel in Philosophie und
Theologie. Nach kurzer Verwendung in der Seelsorge in München-Neuhausen
als Kaplan und bei St. Peter als Stadtpfarrprediger wurde er Inspektor des erz-
bischöflichen Knabenseminars in Freising und am 2H. März 1906 zum Direktor
des dortigen Klerikalseminars, Professor der Theologie und Prosynodalexaminator
ernannt. Am 1. Juli 1920 wurde er als Domherr aufgeschworen, am 13. Juli
1928 zum Weihbischof des Erzbistums (Titularbischof von Sabadia) ernannt und
am 9. September im Hohen Dom von Freising zum Bischof konsekriert. Die
Weihe des Bischofs Schauer gerade in Freising war eine sinnige und dankbare >
Rücksichtnahme des Gberhirten auf das Wirken Schauers an den Seminarien, !
auf die von ihm glücklich durchgeführte Domrestaurierung und die Erneuerung >
des Rubensbildes am Hochaltar des Doms. Das Leben und Wirken Schauers
liegt noch im raschen Flusse der Zeit. Aber auf der Höhe von Traunstein hat
sich bereits ein Markstein, ein Kennzeichen seiner Hauptwirksamkeit erhoben, das
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Studienseminar. Diese Gründung des Oberhirten der Erzdiözese ist der Obsorge
des Weihbischofs aus Lindach anvertraut. Wöge der Segen Gottes alle Mühe
und Zorge des feurigen Bischofs um die Ertüchtigung des Nachwuchses im Klerus
begleiten und mit reichem Erfolg lohnen.
Bauberatung im Bezirk Lausen.
Von Bezirksbaumeister, Architekt Adlmüler, Laufen.
Der Bezirk Laufen, entlang der Salzach gelegen, genannt der Rupertiwinkel,
ist erst seit über WO Jahren zu Bayern gehörig. Ehedem dem Land Salzburg
angegliedert, ist seine Kultur heute noch deutlich sichtbar österreichisch. Das Land
ist den Alpen vorgelagert, hat daher die besonderen Reize und Schönheiten einer
Gegend, die im Hintergrund von Bergen gerahmt ist. Der südliche Teil ist hügelig,
der nördliche Teil flacher. Inmitten des Gaues liegt langgestreckt der Waginger-
see, bei Laufen der moorwasserführende Abtsee, bei Tittmoning der Leitgeringersee.
An die Ränder der Seen grenzen Hochmoore, die der Landschaft besondere Schön-
heiten geben. Das Land ist fruchtbar, im Süden wird Weidewirtschaft, im Nor-
den mehr Ackerbau getrieben. Das bürgerliche Erwerbsleben der Märkte und
Städte — Waging — Teisendorf — Laufen — Tittmoning — war ehedem be-
sonders rege, wichtige Landstraßen von Salzburg nach München, ein verkehrsrei-
cher Fluß, die Salzach, vermittelten den Handel aus dem Osten und Süden, das
Gewerbeleben blühte und belebte das Land. Die Dörfer, Märkte, die Städte
Laufen und Tittmoning zeigen heute noch in ihrer gut erhaltenen alten Stadtform
Wohlhabenheit, Erwerbssinn, Ordnung und Lebensfreude. Mächtige Amisgebäude
und große Zunfthäuser, große Bürgerhäuser, gebeil Kunde von einer Kultur, welche
die Kulturstätte Salzburg und der Süden, Tirol und Italien ausstrahlen ließ. Der
Rupertiwinkel selbst zeigt eine eigenartige Besiedelung durch Einzelhöfe, Weiler,
Einöden auf. Das Bauernhaus ist ebenerdig meist in Stein errichtet, in oberen
Stockwerken aus Blockholz, viele sind auch ganz massiv erbaut.
Die Holzbauweise erreicht im nördlichen Bezirk in handwerklicher und künst-
lerischer Ausführung eine geradezu klassische Höhe. Die buntbemalten Kettenwerke
sind so einzig schön in ihrem Gedankenreichtum, ihrer Farbe, ihren ganz ausge-
zeichneten Maßverhältnissen, daß man sie als richtige bauliche Kunstwerke einreihen
darf. Ihre Blütezeit fand diese Kunst in der Zeit um ^820 bis ^860. An
Burgen und Schlössern sowie Klöstern sind nur einige vorhanden, bedeutend kann
genannt werde,: die Burg in Tittmoning, die fürsterzbischöflichen Sommersitze in
Waging und Laufen. Die Kirchen und Kapellen, einschließlich der Feld- und
Wegkapellen, haben bescheidene, schlichte Formen, die meisten Kirchen haben Zwie-
beltürme, das Weiß ihrer Mauern, das Schwarzbraun der Dächer geben der stillen,
hügeligen Landschaft ihre besondere Dominante. Die Kapellen und Wegmale
zeigen tiefen Frömmigkeitsglauben und werden heute noch liebevoll gepflegt und
behütet. Wie seine Kirchen, wie die Höfe, ist der Bauer des Rupertiwinkels. Von
sich selbst wenig Aufhebens machend, schafft er Tag für Tag sein Werk, Sonn-
tags findet inan ihn in der Kirche, laute große Feste kennt er nicht und das Un-
angenehme des Fremdenverkehrs hat ihn noch nicht erfaßt. Er ist immer noch
sich selbst geblieben, er schielt nicht darnach, besonders betrachtet zu werden, er
muß so sein wie er eben ist.
Und so ist auch seine Landschaft, in der er seit Gedenken lebt und wohnt,
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gläubig, in sich gekehrt, einfach-zügig wie die ihn umgebende Landschaft, im
herzen gut und voller Zuversicht und Hoffnung. Das Liebliche der Gegend findet
seinen Spiegel im fröhlichen Geschau der Kinder. Die Berge am Rand des Gaues
nimmt der Bauer als immer schon dagewesen, die Namen der Spitzen sind ihm
wenig wichtig, nur weiß er, daß er sie wohl arg missen würde, wenn er sie nicht
mehr sehen könnte.
Der Gau selbst ist noch unberührt von der neuen Zivilisation unserer Zeit.
Zwei Eisenbahnlinien und zwei pendelbahnen beleben den Bezirk und haben den
Handel an sich genommen; die Märkte und Städte an den einstigen großen Ber-
kehrsstraßen sind still geworden. Unberührt bleiben daher auch die Schönheiten
seiner Bauten von allzu lebhafter Betätigung moderner Zivilisation.
Trotzdem ist baulich auch im Rupertiwinkel vieles nicht im Sinne der Alten
gleich geblieben, sondern leider schlechter geworden. Die Auffassung über Kunst
und Handwerk der letzten fünf Jahrzehnte hat auch hier bedenklich große Breschen
in die geschlossene Mauer der alten Kultur gebrochen. Die Baukultur des Bauern-
hauses sank zurück von seiner einstigen stolzen Sachlichkeit und kraftvollen Stärke
in schablonenhafte, nachgeahmte, mißverstandeile Verwendung von Schulbüchern
und Katalogformen. Das einstige alt erstandene Bauernhaus wollte nur Bauern-
haus sein, nun wurden die Formen der großen Städte beigezogen — man wurde
modern, man wählte statt der ruhigen, Haus und Zugang schützenden Dachform
eine unruhige, zerstückelte. Die Fenster von seinerzeit haben gerade das richtige
Maß für genügende Erhellung der Räume, ließen die Räume warm halten, später
wurden sie anders, groß und lang. Weil die Stadt es ebenso hat, machte inan
Fenster und Türen, hilf- und sinnlos stand das Bauernhaus mit seinen von frem
den Zwecken übernommenen Formen da, fremd der Landschaft, fremd dem Be-
wohner selbst geworden. 2m Innern sieht es nicht viel besser aus: das einst be-
malte schöne Bauernmöbel wird verkauft oder in den Schuppen gestellt, der four-
nierte Schrank, das städtische Büffet zieht ein. Bei alldem muß der Bauer in
seiner Arbeit immer noch gleich im Frühjahr die Saat bestellen, im Sommei
ernten. Auf seinem Arbeitsgebiet hat sich mit Ausnahme einzelner Verbesserungen
und Vereinfachungen nicht soviel geändert, so daß man von einer grundlegenden
Aenderung seiner Lebensweise sprechen könnte, härter denn je kämpft der Baue:
um Erhalt des Besitzes, seiner Wirtschaft; desto notwendiger ist für ihn die Pflege
und Beibehaltung der ihm vererbten geistigen und religiösen Werte. Der Bauer
muß weiter Freude haben, daß er Bauer ist, und stolz auf seinen Stand sein
Der Handwerker muß sich wieder zurückfinden zur Liebe, zum Dienst, zur Arbeit
zur Gründlichkeit des Schaffens. Die Kataloge, die Propaganda der Industrie
der Fabriken allein können ihm diesen Geist nicht beibringen, im Gegellteil sü
haben ihn, speziell den Handwerker, mehr oder weniger verdorben. Der Hand
werter leidet selbst am stärksten unter der Neberschwemmung des Marktes mi
Massenartikeln, die in den meisten Fällen in der Provinz angewendet werden
sinnlos den Beziehungen von Land und Leuten gegenüberstehend. Der einst künst
lerisch begabte Handwerker verlor sein ganzes Können, weil er voll außen he:
seine innere Ruhe verlieren mußte, den Geist der Arbeit gab er nicht mehr weite:
an Gesellen und Lehrlinge, weil er ihn selbst nicht mehr besaß. Seine einst gut«
Ware galt nichts mehr auf dem Lande, aus der Fabrik kam das heil. Da;
Wort Heimat wurde ein leerer Begriff, ja inan wagte das Wort gar nicht meh:
auszusprechen, einerseits weil nicht mehr zeitgemäß, anderseits vielleicht weil zl
viel abgenützt. Ernste Geister fanden um die Jahrhundertwende die Richtung wieder
und zeigten dem Handwerker wieder die stelle, wo er den Faden verlor und wo
er wieder anknüpfen könnte. Die bodenständige, dem Erwerbs- und sonstigen Leben
angepaßte Form hat nicht so tiefe Erschütterungen erfahren, als daß nicht wieder
angepaßt an neue Zeit, an die neuen Verhältnisse Anschluß gesucht werden könnte.
Die wertvollen Heinratschutzvereine taten sich auf, versuchten mit Erfolg die
Kräfte zu sammeln. Die Fachschulen wurden umgestellt auf heimatliche Bauweise
und Konstruktionen, die kalte, akademische, meist mißverstandene internationale
Formensprache wurde abgelegt.
Trotz allem genügt die Arbeit dieser Zentralstellen nicht, wenn in der Provinz
draußen nicht weiter geworben und vor allem die Kleinarbeit nicht besorgt wird.
Der große Gedanke und die große Idee allein genügt nicht, bis ins Kleinste muß
der Geist wieder eindringen, muß die Handwerkstechnik, auch die neue, zu ihrem
Rechte kommen und dieses kann nur geschehen durch ständige, zielklare, stets in
der Bewegung und lebendig bleibende Aufklärungsarbeit und Mithilfe geeigneter
Kräfte. Um ein Glied der großen Kette — das Bauwesen auf dem Lande — besonders
herauszugreifen, wäre notwendig, wenn in diesem Falle der Bausachverständige
eines Bezirksamtes über die Gedanken informiert wäre, wenn er selbst schöpferische
Begabung hätte und so Führer und Helfer sein könnte. Das Land ist besonders
schlecht daran; die geschulten guten Kräfte saugt die immer größer werdende Stadt
> an. Die in den Städten vorhandenen guten Schulen geben viel zu wenig ab für
das platte Land. Der Bausachverständige eines Bezirksamtes wird schon seit
altersher meist aus Tiefbaukreisen gewählt und mit dieser Berufung ist für die
Bezirke von vornherein die Förderung des Bauwesens im Hinblick auf künstlerisch
sachlich einwandfreie Gestaltung ausgeschlossen. Nachhilfe mit Musterbüchern, ganz
gleich welcher Art, selbst der guten hat wenig Wert, wo die Aufklärung und
Schulung im Kleinen abgeht. Die Bevölkerung stellte sich direkt quer für diese
Forderungen. Im Zeitalter der Presse, der Technik und anderer Schlagwörter
will man wenig wissen von anderen Gütern, die ein Volk besitzt und pflegen muß.
Das heutige „Musterland" Amerika wirft weite Schatten, gierig wird nach
diesen Ideen gegriffen, mechanisch wird das an sich Gute der Sachlichkeit da und
dort verwendet, wo es wirklich noch gar nicht am Platze ist. Die Provinz wird
in einigen Jahren auch diese neue Mode erleben. Vorerst tollen sich unsere deut-
schen Städte darin aus, über kurz oder lang wird es das Stichwort auf dem Lande
sein. Amerika, das Land ohne Heimat, schickt jährlich Tausend und Abertausende
seiner Bürger zu Besuch uach Europa, um die alte ehrwürdige Kultur zu bestaunen,
diese freuen sich an der Schönheit unserer deutschgewachsenen Städte, freuen sich
^ an unseren lieblichen Märkten und Dörfern, der Eigenart des Lebens und Treibens
unserer Heimat — und wir sehen dagegen in amerikanischen Geistern unser Ziel
und unsere Sehnsucht
Zusammenfassend, das Gute und Brauchbare soll übernommen werden, so-
weit die gleichen Bedürfnisse vorhanden sind; solange dieselben fehlen, ist auch
das für sich Gute an ungeeigneter Stelle falsch.
Für die Bewegung der Hebung der Baukultur im Bezirk Laufen, soweit
profanbauten in Betracht kommen, versucht man nun Wege zu weisen.
Die Anregungen stellen nur ein kleines Glied der großen Kette dar, den
Anfang des Fadens, der abgerissen war und der wieder angeknüpft werden soll
m einstige Zeiten.
4Z
2m Bezirk Laufen Hai sich vor ca. W Jahren der Verein der Heimatfreunde
des Rupertiwinkels aufgetan, der zum Zwecke sich gemacht hat, neben Förderung
der Freude für die Heimat vor allem praktische Arbeit zu leisten.
Der Verein erhob unter anderem zum Programm, das Bau- und Handwerks-
wesen mit Bezug auf sachliche und künstlerische Gestaltung unter besondere Pflege
zu nehmen. (Ls wurde deshalb die Aufstellung eines Bilderarchivs beschlossen,
welches fortlaufend ergänzt werden soll und als Grundlage für Heimatvorträge
in der Schule, für Vorträge au die handwerkliche Bevölkerung, für Vorträge an
die bäuerliche Bevölkerung, dienen muß.
2m Besonderen ist das Bilderarchiv zu unterteilen in:
h. Herstellen von photographischen Aufnahmen sämtlicher guler alter Bauern-
häuser des Bezirks.
2. Herstellen von photographischen Aufnahmen von alten Feldkapellen.
3. herstellen von photographischen Aufnahmen alter Airchen und seiner Details.
H. herstellen von photographischen Aufnahmen alter Bürgerhäuser.
5. herstellen von photographischen Aufnahmen von Landschaftsbildern.
6. Herstellen von photographischen Aufnahmen von Städtebildern.
7. Herstellen von photographischen Aufnahmen von Hausgeräten — Grabmälern.
8. Herstellen von zeichnerischen Aufnahmen von oben angeführten Werken.
9. Herstellen von farbigen Aufnahmen von Landschaften, Städten und Märkten.
sO. Herstellen von Glaslichtbildern aus obengenannten Aufnahmen zum Zwecke
der Bauberatung an Handwerksleute.
A. Herstellen von Glaslichtbildern für Zwecke der Heimatkunde in den Schulen.
Diese Aufnahmen werden von Zeit zu Zeit der Bevölkerung wieder vorge-
führt werden in größeren Wanderausstellungen in den größeren Orten des Bezirks.
Als wichtigste Angelegenheit und Ziel der baulichen Belange gilt im Bezirk
Laufen die Bauberatung. Die Bauberatung setzt sich zusammen aus folgend an-
geführten Unterteilungen:
Herstellen von Tekturplänen als Beilagen schlecht verfaßter Baupläne.
2. Herstellung von Detailplänen l : lO und s : l für Haustüren, Fenster, Balköne,
Wind- nnd pfettenbretter, Schalungen, Gitter, Umzäunungen, Grabmäler,
Firmenschilder usw.
3. Die Beratung der Gestaltung der Fassaden, insbesondere Bemalung der Häuser
und die einheitliche Farbgebung größerer Gruppen in Städten und Märkten.
Landwirtschaftliche Bauberatung.
Bis jetzt wurden durchgeführt alle Punkte bis auf die landwirtschaftliche
Bauberatung, die ein besonders angelegtes Arbeitsgebiet werden soll.
Der Verein besitzt heute ca. 2000 photographische Aufnahmen, 200 Ver-
größerungen, ca. 20 zeichnerische Großaufnahmen von Peter Mitterer, 20 Ver-
größerungen, 300 kleine Aufnahmen, 50 farbige Aufnahmen (Aquarell und Tem-
pera von heimischen Aünstlern), ca. H00 Glaslichtbilder, 300 Bauberatungspläne,
200 Aufnahmen von alten pfettenbrettern, Balkönen, Luft- und Scheunenlöchern
(von Bauführer Toni Auer), ferner das Werk „Alte bayerische Zimmermanns-
kunst" von Dr. Pfister, auf Anregung des Vereins der Heimatfreunde des Ruperti-
winkels herausgegeben.
Die ganze Bewegung und Arbeit fußt darauf, daß nicht Altertümelei ge-
trieben werden soll. (Ls soll nicht versucht werden, die alten Formen nachzuahmen
um jeden preis; das heutige Leben, die Technik, hie Maschine haben bei altert
Auswirkungen vorhin angeführter Arbeit das erste und letzte Wort zu sprechen.
Die Bauberatungspläne werden daher jährlich besonders wieder auf ihre Brauch-
barkeit durchgeprüft, jährlich werden weiter 2—300 Pläne und Zeichnungen herge-
stellt, alles brauchbare Moderne bevorzugt, berücksichtigt. Die Bauberatung muß
lebendig bleiben und hat nur dadurch Aussicht auf Inanspruchnahme durch die
Bevölkerung. Die photographischen Aufnahmen, zeichnerischen und farbigen Auf-
nahmen, sowie die Neubeschaffung von Glaslichtbildern zu Aufklärungszwecken
(Beispiel — Gegenbeispiel) werden jährlich durch ca. 2—300 Stück ergänzt.
Die Bevölkerung stellte sich anfänglich gegen die Bauberatung nicht besonders
freundlich. Durch stete bis ins Aleinste immer wieder nachhelfende Aufklärungs-
arbeit gewann die handwerkliche Bevölkerung allmählich Interesse, Freude und
sogar Liebe zu der Jache. Ehedem mußte die Bauberatung fast aufgedrängt
werden, heute kommen die Leute selbst, speziell die jüngeren Elemente und ersuchen
um Unterlagen. Biele kommen heute ganz frei von Zwang und bitten um Auf-
schluß über Dinge, die gar nicht der Genehmigung durch die Baupolizeibehö^de
unterliegen. Nicht nur die handwerkliche Bevölkerung sondern auch die dem
Handwerksberus abseits stehende, der Bauer interessiert sich' heute für Rat und
Hilfe. Das Farbigtünchen der Häuser im Bezirk Lausen wird einheitlich vom
Bezirksbaumeister geregelt. Die vom Bezirksamt angeregte Freskomalerei, die in
der Gegend üblich ist, wurde lebhaft aufgegriffen, bis heute sind von Münchner
Aünstlern ca. 20 Fresken da und dort angebracht. Man kann heute sagen: die
Mühe war nicht umsonst, die anfängliche Zurückhaltung, der begreifliche Wider-
stand ist dahin, das Eis ist geschmolzen, wenn das nächste Jahrzehnt weiter in
oben angeführtem Sinne gearbeitet wird, ist das Ziel insofern erreicht, als ein
Gutteil der Handwerker selbständig marschiert.
Selbstverständlich werden die Aämpfe noch da und dort Niederlagen erhalten,
selbstverständlich gelingt noch vieles nicht wie es gewünscht, wie es sein sollte, die
Aufklärungsarbeit muß sich eben auf weite Sicht einstellen. Notwendig ist selbst-
verständlich auch die Fühlungnahme mit den zuständigen Stellen in München,
Heimatschutzverein, Oberste Baubehörde, Landesamt für Denkmalspflege usw., um
. von dort ständig Erfahrungen, Richtung und Wegweisung zu erhalten.
Ganz besonders wichtig wäre die landwirtschaftliche Bauberatung. Der
! Bauer soll sich heute die von der Wissenschaft, von der Praxis erprobten modernen
! Grundsätze zu eigen machen, die modernen bautechnischen Erfolge, wie Eisenbeton,
Statik usw. berücksichtigen, die notwendigen neuen Formen, die aus dieser neuen
^ Technik entstehen, übernehmen. Die landwirtschaftliche Bauberatung ist ein weites
^ Gebiet und erfordert viel Zeit und Mühe. Die landwirtschaftliche Bauberatung
wird deshalb in Bälde in besonders ausgiebiger Weise von hier aus in die Wege
^ geleitet und betrieben werden.
Merkwürdige Geschichten aus dem Schulbezirk
Mehring und Umgebung.
Mitgeteilt von Herrn Hauptlehrer Box Horn, Mehring.
l. Die Teufelslake bei Gabenstatt.
Auf dem Fußwege von hintermoosham nach Gabenstatt kommt man an
4k
8er sog. Teufelslake vorüber. Mit ihrem Namen hat es eine besondere Bewandt-
nis. Burschen haben einmal während der Ghristmette auf der Lake Gisstock ge-
schossen. Da erschien, wie einer der Burschen ans das „has" (Zielstöcklein) ge-
schossen hatte, ein rotes Männlein mit hörnern — es war der leibhaftige Teufel!
Und so oft man auf das „has" schoß, erschien ein weiterer Teufel. Da wurde
den Burschen angst und sie liefen eiligst davon.
Die große Lake ist nun zugewachsen; nur das Loch aus dem die Teufel
herauskamen ist noch offen.
2. Die Teufel iiu Huberhol; bei Hergelsberg.
Der hintergabenstatter fuhr einmal durch das finstere huberholz bei Heigels-
berg mit dem Fuhrwerk. Da erschienen plötzlich Teufel in langer Gestalt mit
roten Gabeln und setzten sich auf den Wagen. Der Bauer fuhr eiligst, schlug
mit der Geißel nach ihnen. Sie jedoch wichen aus, indem sie bald den Wagen
hinab-, bald den Wagen heraufsprangen. Erst als er aus dem Walde war, ver-
schwanden die Teufel.
3. Der Bichlnrann.
Bor ca. 50 Jahren — ältere Leute erzählen sehr häufig davon — hat sich
beim Bichlbauer in Rückstetten der Bichlmann Herumgetrieben. Gr erschien meist
bei eintretender Finsternis am Hause des Bichelbauern und zeigte sich bald ganz
klein am Stubenfenster, bald war er riesenlang und guckte bei der „Gangtüre"
über der Haustüre hinein. Gr trug ein schneeweißes Gewand. Ginmal nahm
sich der Bichlbauer Mut und führte ihn fort, weit fort in das düstere Weitmoos.
Seitdem ließ sich der Bichlmann nicht mehr sehen.
Das Lichtlein einer armen Seele.
Der Riedsenbauer von holzhausen ging einmal bei Nacht von Teisendorf
heim. Sn der Mitte des Weges an den Totenbrettern tauchte ein Lichtlein auf,
bewegte sich auf ihn zu und setzte sich auf seinen „Schnauzer" (Schnurrbart). Gr
wollte es wegwischen, das Lichtlein aber wich nicht, bis er bei der Haustüre da-
heim anlangte. Gs war wohl eine arme Seele, die erlöst werden wollte.
5. Das Lichtlein von Vordermoosham.
An der Waginger Straße unweit Vordermoosham stehen viele Totenbretter.
Spät nachts zog einmal ein leichtsinniger Bursche betrunken die Straße dahin.
Die Taglöhnerstochter Therese Rehrl von Vordermoosham kam hinterdrein. Wie
nun der Betrunkene an den Totenbrettern vorbeischimpfte, erschien auf einem der-
selben ein Lichtlein und gleich darauf fiel der Mann tot um. Voll Schrecken kehrte
das Mädchen um und ging einen anderen Weg heim. Das Totenbrett, auf dem
das Lichtlein gesessen ist, trägt nun ein gelbes Areuz.
(Fortsetzung folgt).
Vereinsnachrichten.
I. 5. Heimatabend. Die Folgen eines verlorenen Arieges haben Gst-
bayern zur Grenzmark gemacht, heute steht der Tscheche und hinter ihm Frank-
reichs Macht an den weiß-blauen Grenzpfählen des bayerischen Waldes. Damit
ist auch ganz Bayern in Gefahr für seine völkische Eigenart. Bayern ist berufen
mitzuhelfen an der großen Grenzwacht des ganzen deutschen Vaterlandes. So hat
die Führung der Laufener Heimatfreunde recht getan, daß sie uns dieses umkämpfte
deutsche Gebiet in einem „Ostmark-Abend" näher brachte. Ein guter Renner
des Bayerwaldes, Herr Stadtschulrat Leidl-Passau, war zu Gast geladen. 2n
prächtigen Bildern, aus denen immer das Typische, aber auch das Stimmungs-
volle sprach, Bildern, die mit künstlerischem Feingefühl in der Natur geschaut und
in der Technik wiedergegeben waren, führte uns der Redner in das Land, wo noch
die Natur schier ungebunden und ungezwungen vor dem kleinen Menschen steht,
wo noch eine tausendjährige Linde ragt mit (6 Meter Umfang, von den Leuten
in Erinnerung an den Baumkult der Ahnen mit Votivbildern behängen. 2n
das Land, wo riesige Holzvorräte darauf warten dem Menschen zu dienen, ein
holzschuh, eine Schaufel, eine Schaufenstermatte zu werden. Dn das Land, wo
im Schoß einer der ältesten Erdschichten, Graphit und Granit, ruhen, die weithin
dann als lebenswichtige Erzeugnisse wandern 2n das Land, wo die Glasbläserei
besonders entwickelt ist, wie vielleicht nirgends mehr in Europa, wo altitalienische
Familiennamen noch auf die Zusammenhänge mit einer anderen Glasverarbeitungs-
stätte, Venedig, hindeuten. Dn das Land, wo die Hausweberei noch daheim ist,
wo man beim Begräbnis eines Webermeisters ein 36 Meter langes Leinenstück
unter dem Sarg durchzieht und es so von den Schulkindern im Leichenzug tragen
läßt. In das Land der Waldfrüchte, der Schwarzbeeren, deren Ernte jährlich etwa
50 Güterzüge füllten. All diese Bilder auf der Leinwand begleitete Herr Schul-
rat mit knappen, aber sehr wohlgepflegten Worten, sodaß sich Bild und Rede zu
einem geistig einheitlichen Ton zusammenfügte. Der zweite Teil des Abends
brachte drei Filme, das landschaftliche Bild des Bayerwaldes, die dort heimischen
Tänze und schließlich die Dreiflüssestadt Passau, das große Tor vom westlichen
Deutschland zum (Ostreich. Die Beziehungen Laufens zu Passau waren in früheren
Zeiten sicherlich viel enger, die Salzachschiffer kamen ja oft in dieses bayerische
Rlein-Venedig, wenn sie das kostbare Salz flußabwärts brachten, wo es dann den
Weg nahm der Donau entlang oder über die wenigen Bergpässe im Wald hinein
nach Böhmen, heut ist es im Grenzwald still geworden, die Lähmungserschei-
nungen im wirtschaftlichen Leben zwingen jedes Jahr Hunderte von Wäldlern
die Heimat zu verlassen und irgendwo in einer Stadt Brot zu suchen. Und der
Tscheche rückt ganz automatisch nach, wirtschaftlich, kulturell, verkehrstechnisch.
Wie wird dieser unblutige Waffengang, dieses stille Ringen zweier Völker einmal
enden? Deutschland und auch Bayern muß sicherlich mehr tun, als es bisher
geleistet hat, um die bedrohte Ostmark zu retten. D. h.
II. Heiinatwanderungen. während der Sommermonate planen die
Heimatfreunde, einige Heimatwanderungen durchzuführen. Herr Gberbergrat
Sporn in Oberndorf hat sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt, die Heimat-
freunde in der Festung Hohensalzburg zu führen. Das Laufen nahegelegene
Pantaleon in Gberösterreich birgt im Privatmuseum des Ortspfarrers eine
heimatkundliche Sammlung. Auch dorthin wollen die Heimatfreunde
wallen und dabei dem benachbarten alten Wilds Hut mit seinem Schloß und
seiner herrlichen Aussicht auf das Salzachtal und unsere heimatberge einen kurzen
Besuch abstatten. Eine ungezwungene gesellschaftliche Zusammenkunft in einer
Gaststätte in Salzburg und Wildshut soll die heimatkundlichen Wanderungen
jeweils beschließen.
49
11. Jahrg, VereinsblatL der Heimatfreunde des Rupertiwinkels e. B., Laufen. 1932.
3. Folge. Druck: Buchdruckerei Ried, Lausen. — Schriftleitung: Dr. Wagner, Lausen.
Unser Salzachstädtchen Laufen.
2m Kreise der Kunstkenner und Heimatfreunde haben die 2nn- und Aalzach-
städte längst einen Ruf als köstliche, alte Kleinodien erhalten und ein starker
Fremdenverkehr durchpulst die Mehrzahl dieser uralten Siedlungen. Das Aschen-
brödel unter ihnen ist bisher aber das früher sürsterzbischöfliche Städtchen Laufen
geblieben, obwohl es sich in der südlich anmutenden Bauart, in der Anlage der
unter Schwibbögen ziehenden Gassen und breiter Stadtplätze in keiner Weise von
den Schwesterstädten unterscheidet. Freilich fehlen ihm die gewölbten Laubengänge,
die z. B. Rosenheim, Wasserburg, Mühldorf und Neuötting so reizvoll auszeichnen.
Dafür hat es aber einen ganz besonderen Vorzug in der herrlichen Lage, dicht vor
den Toren der alten Mutterstadt Salzburg und in dem Kranz der prachtvollen
Berge, die es nach Süden in einem ungeheuren Bogen umschließen. Auf einer
felsigen Halbinsel aufgebaut wird es wie eine Wasserburg von dem bergfrischen
Strom umschlungen.
Am Haupteingang zum Städtchen steht ein breitspuriger Wehrturm, durch
dessen Rundbogen sich der hauptverkehr abwickelt. Nebenan das ehemalige fürst-
erzbischöfliche Jagdschloß, im Jahre s702 in seiner jetzigen Gestalt geschaffen.
Laufen wurde aber schon in früheren Jahrhunderten von Fürstlichkeiten und Kaisern
zu Tagungen besucht, so A66 von Kaiser Friedrich dem Rotbart. Fast 7 Jahr-
zehnte ist das Schloß bis in die letzte Zeit als Gefangenenanstalt benützt worden,
die nunmehr aufgelassen wurde.
Die schmale, aber gut gepflasterte Straße mit sauberen Gehwegen führt zum
oberen Stadtplatz. Km ihn scharen sich die alten bunten Häuser mit hochgezogenen
Mauerblenden, dem charakteristischen Wahrzeichen aller Salzachstädte. Ein ganz
entzückender Anblick bietet sich, wenn man v.om Eingang zur Salzachbrücke, be-
sonders beim Lichte der Bogenlampen oder bei Mondenschein den Alatz in seiner
ganzen Weite überschaut. Richtige Trutzburgen wurzelt Haus an Haus; eine
50
schlanke, überlebensgroße Madonna grüßt aus einer Ecknische; in der Tiefe verliert
sich der Blick in den Kulissen schwarzer Gäßchen; der Stadtbrunnen an der Marien-
säule quillt in dünnen Silberstrahlen und leise rauscht von der Brücke her die
Salzach ihr Lied von einer großen unendlichen Bergeinsamkeit.
Weiter hinab führt die Straße vorbei an zahlreichen Gasthöfen und Kauf-
läden mit altertümlichen Gewölben, Häusern mit hoher Toreinfahrt, Nagelfluh-
portalen und köstlichen Erkern. Das Rathaus mit dem bayerischen und dem
Stadtwappen krönt ein spitzes Türmchen.
Links gehts bergab zum untern Stadttor, von wo früher die breite Holzbrücke
zu der gegenüber liegenden, ehemaligen Vorstadt Mberndorf führte. Sie fiel dem
ungeheuren Hochwasser zum Mpfer und wurde nicht mehr aufgebaut. Buch die
malerische Häuserzeile des alten Mberndorf wurde infolge stetiger Überschwemmun-
gen niedergelegt und dafür die neue Siedlung auf hoch wasserfreiem Gebiet nächst
der jetzigen Eisenbrücke errichtet.
Schräg gegenüber dem Rathaus steht auf dem unteren Stadtplatz der Ruperti-
brunnen, eine fein abgestimmte moderne Arbeit. Alte Patrizierhäuser bilden die
strenge Umrahmung des Platzes.
Alles aber überragt an Größe und herber Schönheit die Stiftskirche zu unserer
Lieben Frau, die am Ende der Halbinsel gelegen, mit ihrem wuchtigen Dach das
ganze Städtchen unter ihren Schutzmantel zu nehmen scheint. Erbaut zwischen
§350 und 1350 wurde die Kirche schon damals „ein umfänglich reich Werk von
wunderbarer Schönheit" bezeichnet. Der bekannte Kunsthistoriker Prof. Karlinger,
der vor kurzem unserer bayerischen Heimat wieder zurückgewonnen wurde, nachdem ihn
der Norden entführt hatte, schreibt: „Nirgend sonstwo in ganz Bayern steht eine frühgo-
tische Kirche von solcher Klarheit und Geschmeidigkeit des Innenraums und sicherlich
kannte auch die zeitgenössische Welt weithin kein ähnlich großes und stolzes Werk.
Für die ostbayerische Kunstgeschichte ist die Laufener Kirche der wichtigste Mark-
stein des damals neuen, gotischen Stils".
Um die Kirche zieht sich als ehemalige Begräbnisstätte bevorzugter Geschlech-
ter der Kreuzgang mit einer Fülle künstlerischer Grabsteine vom 1H. Jahrhundert
an, mit vielen Tafelgemälden und sinnigen Inschriften. Angrenzt die St. Michaels-
kapelle mit der romanischen Unterkirche, die als Totengruft benützt wurde. Der
frühere Friedhof an der Westseite der Kirche ist heute mit seinem leise plätschern-
den Springbrunnen eine köstliche Idylle im alten Städtchen. Den Eingang zum
Dekanshof schmücken zwei romanische Portallöwen, Ueberreste der früheren Kirche.
Entlang der Salzach an der Westseite des Städtchens sind in der neuesten
Zeit diesseits und jenseits gewaltige Auadermauern ausgeführt worden zum Schutze
gegen Hochwasser, sodaß die Stadt von dieser Seite aus hinter einer tiefen Bastei
verschanzt scheint.
Vorbei am Bezirksamt, das um 1600 das Haus reicher Schöffherren war,
zieht die Straße entlang einem Stück zyklopischer Stadtmauer zum Kapuzinerkloster
vor dem oberen Stadttor. In der einfachen Kirche entzücken die modernen Decken-
gemälde aus dem Leben des hl. Franziskus, ganz prächtige Arbeiten eines leider
im Vorjahr verstorbenen Teisendorfer Künstlers. Eine Madonna aus dem 15.
Iahrhundert, ein Werk tiefer Innigkeit, schmückt die Seitenkapelle dieser Kirche.
Rechts neben Klosterkirche und Friedhof führt die Straße zum eine Viertel-
stunde entfernten Bahnhof. Stattliche Häusersiedlungen aus der neuesten Zeit um-
säumen die Straße, darunter die Landwirtschaftsschule in vorbildlicher architekto-
nischer Schönheit.
And wir nun bisher im schatten der alten Bauten gewandert, so bietet
sich vom hochgelegenen Bahnhof aus eine lichtvolle Ueberschau über die zu Füßen
gelegenen Orte Laufen-Oberndorf, die von hier aus wie eine einzige bedeutende
Stadt erscheinen. Der lange Höhenrücken des haunsbergs umhegt schützend die
Siedlungen im Tale.
Der Straße weiterhin folgend kommen wir zu dem größtenteils erst nach
dem Arieg erbauten Stadtviertel, das sich auf der sonnigen höhe neben dem mo-
dernen Arankenhaus entwickelt. Zahlreiche Villen sind herausgewachsen entlang
der Sappelwiese, dem herrlichsten Spaziergang vor dem Städtchen. Von dieser höhe
schweift der Blick über breite Buen zu dem Silberband der Salzach, das sich im
Süden bis zum Busgang von Salzburg verfolgen läßt. Die Wallfahrtskirche
Maria plain grüßt mit ihren Doppeltürmen, trutzig schaut die Festung Hohen-
salzburg herüber, der Marmorbau des Salzburger Domes leuchtet in weite Ferne
und die Fenster des Schlosses Weitwörth am haunsberg glühen im Abendrot.
Wer einmal diesen gut gepflegten Weg gewandelt, wird immer wieder zurückkehren;
denn das Buge kann sich nicht sattsehen an dem herrlichen Blick auf die blauen
Berge vom Geisberg über den Schmittenstein, die riesigen Mauern der Tauern
bis zu den Massiven des Göll und des greifbar nahen Untersberg.
Bm Fuße der Sapplhöhe neben Salzach und Surbach zieht sich in langen
Häuserreihen die uralte Vorstadt Obslaufen hin mit'engen Gassen und alters-
braunen Holzhäusern, in denen sich früher neben den Fischern und Schöffleuten
die plachenmacher niedergelassen hatten. Denn in früheren Jahrhunderten war
Taufen eine geschäftige Verkehrszentrale. Die Salzach belebten täglich Hunderte
langgestreckter Zillen, auf denen in kantigen Salzstöcken der Segen des Halleiner
Bergbaues bis nach Taufen verfrachtet, aufgestapelt und umgeladen wurde, hier
wurden dann die großen Schiffzüge zusammengestellt, die das für Bltbayern be-
stimmte Salz nach Burghausen verfrachteten, hauptsächlich aber weiterhin bis nach
Passau. Die Begleiter dieser Schiffzüge, die Schöffleute, bildeten einen eigenen Ge-
werbestand mit zahlreichen Privilegien. Die Schopper, die Zimmermannsgilde,
bauten jährlich rund 500 kleine und große Transportschiffe. Denn nicht nur das
5alz sondern auch das Eisen aus der Steiermark und andere Handelsartikel wurden
auf der Salzach ausgeführt. Mit der Einführung der Eisenbahn aber ist der
Wohlstand und Handel Taufens, das bis zum Jahr ^6 ein Gemeinwesen mit
Oberndorf bildete, zusammengebrochen und der Ort in stille Vergessenheit versunken.
Und doch ist es, als ob über dem Salzachtal ein unvergängliches Leuchten
stehen müßte. Denn von diesem Tal aus macht das innige Weihnachtslied
„Stille Nacht, heilige Nacht" seinen Siegeszug durch die ganze deutsch sprechende
Welt. Der Pfarrvikar Josef Mohr an der St. Nikolauskirche in Oberndorf war
der Dichter, der Lehrer und Ehorregent F. Gruber von dem eine Stunde ent-
fernten österreichischen Dörfchen Arnsdorf der Uomponist dieses volkstümlichsten
Airchenliedes. In der Lhristnacht tAS wurde es vom Aomponisten selbst unter
Gitarrebegleitung erstmals in der Oberndorfer Airche gesungen. Diese Airche ist
heute abgetragen, dem Aomponisten und Dichter wurde aber in der Uapelle der
neuen Pfarrkirche ein würdiges Denkmal aus Bronze gesetzt. Die Oberndorfer
Pfarrkirche besitzt auch zwei wunderschöne Bltarbilder des bayer. Hofmalers Wink.
Ruhesuchenden und Erholungsbedürftigen vermag das Laufener Städtchen
einen willkommenen Aufenthalt zu bieten. Berzte und Bpotheke sind am Orte,
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gute Gasthöfe und Wirtschaftsbetriebe sorgen für gemütliche Unterkunft, Kondi-
toreien mit Kaffee, Weinhäuser und kühle Sommerkeller locken zur (Linkehr, über
private Unterkunft gibt der Verschönerungsverein gerne Aufschluß. Spaziergänge
entlang der Salzach in die Salzachauen und umliegenden Wälder können ohne
Mühe gemacht werden. Wegen der Landesgrenze empfiehlt es sich besonders, daß
sich die Besucher mit einem Reisepaß versehen, hiedurch stehen ihnen alle Wege
herüben und drüben offen.
Beliebte Ausflüge auf bayerischer Seite sind über Maierhöfen, Niederheining
nach Triebenbach (3 Irin) mit einem alten Schloß, dann beim Felsenkeller zur höhe
des buchenbewaldeten Moränenhügels, an dessen Abhängen die echten Alpenveil-
chen blühen. Von da entweder zurück nach Laufen oder weiier nach Süden zu
dem hochgelegenen Steinbrünning mit uraltem Kirchlein. Außerhalb des Dorfes
ein herrlicher Blick auf das fast zu Füßen liegende Salzburg und die Dachstein-
gruppe. (Line weitere Bergschau ist auch auf einem Spaziergang über Oberhei-
ning, wo sich besonders der Untersberg, Watzmann, Zwiesel und Staufen in einer-
mächtigen Gruppe zeigen. Von Oberheining in §5 Minuten am weitbekannten
Abtsdorfersee mit Schiffahrt und Badegelegenheit im weichen Moorwaffer. (Lin j
Sommerabend auf der Terafse dieses Gasthofes bringt durch die wundervolle Berg-
aussicht unvergeßliche Eindrücke. Destlich grüßt vom hohen Hügel Abtsdorf,
westlich das schmucke Leobendors mit schöner Kirche.
Der Abtsdorfersee ist auch auf der breiten, guten Bezirksstraße über die
Haiden, Froschham in einem bequemen Stündchen erreichbar.
Auf der Tittmoninger Straße ist ein beliebtes Ziel das in stiller Einsamkeit
gelegene Gasthaus in Lebenau. Auch hier begleiten uns die blauen Berge mit
Ausschau bis zum Wendelstein.
Laufen selbst liegt an der Strecke der Tauernbahn zwischen Mühldorf und
Freilassing. Es bieten sich daher auch angenehme Bahnverbindungen zu Tages-
ausflügen nach Salzburg, Bad Reichenhall und Berchtesgaden. Außerdem ver-
bindet eine private Kraftwagenlinie die Städte Laufen, Tittmoning und Burg-
hausen. Eine weitere Linie führt von Laufen nach dem malerischen Markte Waging,
am gleichnamigen See gelegen.
Auch auf österreichischer Seite führt die Bahn in einem Stündlein nach
Salzburg. Ferner verbinden private Autobuslinien die Orte Oberndorf und Salz-
burg. An Sonn- und Feiertagen ist sowohl auf der bayerischen wie auf der öster-
reichischen Linie dnrch Einlegen von Theaterzügen gesorgt, daß die Konzert- und
Theaterveranstaltungen in Salzburg besucht werden können.
Der beliebteste Spaziergang jenseits der Brücke ist ein Ausflug zur höhe des
haunsbergs zum „Kaiserbaum". Wer ganz langsam marschiert, hat in 2 Stünd-
lein über die Schloßkirche St. pankraz das Ziel erreicht. Der unermüdliche weite
Blick über die vielen Seen und Berggipfel, die Stadt Salzburg und die Niederun-
gen des Flachlandes läßt alle kleinen Mühen rasch vergessen.
Eine Morgenpromenade zu der hochgelegenen Wallfahrtskirche Maria Bühel
wird durch die herrliche Bergschau und den Blick in die Tiefe des Salzachtales
reichlich lohnen.
Mehr denn je jagt unsere nervengepeitschten Großstädter die Sehnsucht nach
Stille hinaus in die heimeligen Mauern kleiner Städte. Laufen, abseits vom
Großgetriebe des Fremdenverkehrs, bietet reichliche Erholung. Möge jeder, der zu
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üns kommt, erfrischt und fröhlich wieder heimwärts ziehen in sonnig dankbarem
Gemüt wie Möricke fingt:
Lang hielt ich staunend, lustbeklommen
Wie ich hinaus vors Tor gekommen,
Ich weiß es wahrlich selber nicht.
An hier, wie liegt die Welt so licht!
Der Himmel wogt in purpurnem Gewühle,
Rückwärts die Stadt in goldnem Rauch;
Wie rauscht der Erlenbach, wie rauscht im Grund die Mühle!
«Altbayerifche Familiennamen in «Befehlsform.
Von Staatsoberarchivrat Dr. Mitterwieser, München.
So bekannt die sog. Befehlsnamen in allen Kulturländern sind und so viel-
fach sich auch schon unser deutsches Schrifttum mit ihnen befaßt hat, immer geben
sie uns noch Rätsel auf. Deshalb besitzt jede Vermehrung der zur Urteilsbildung
nötigen ^uellenunterlagen einen gewissen Wert und darum sei auch eine kleine
Stoffsammlung der Deffentlichkeit unterbreitet, die ich gelegentlich aus dem alt-
bayerischen Schrifttum, vor allem aber aus ungedruckten Archivalier?) gezogen habe.
Mit voller Absicht wird dabei versucht, eine Gliederung lediglich nach den
Berufen der Namensträger eintreten zu lassen.
Mit der Zunft der Kriegsleute, Landsknechte und Strauchritter sei be-
gonnen. Von 1432 findet sich ^) die Fehdeansage eines Herrn v. Sulz. Da kommen
nach den Edelknechten folgende vielsagende Namen: Kontz Schlachinhuffen, Stefan
Menenschaden, Simon Wildsfeur, Stefan Fruauff, Konrad Wendenschimff, Peter
Sumsnit. In meinen Aufsätzen „Aus Deggendorfs Geschichte"^) habe ich eine
Fehdeansage an diese Stadt von etwa 1480 behandelt. Vielsagend sind einige
Namen der Spießgesellen des Fehdeansagers: Peter Gangerl, Fritz Streichenwalt,
Jorg prichenzaun, Gswalt Habenkrieg, Heinrich Schenkein, Steffel hebensack, Veit
Stichennider. Zur Zeit des Bauernkrieges 1525 hat Fürstbischof Philipp von
Freising zur Bewachung seines Schlosses neun Knechte oder Stuhlknappen gedun-
gen, darunter Georg Fleugenfeind, Hans Hasenschütz, „Freifechter", Sigmund Putz-
Han, Hanns pogner. Landsknechtsherkunft verraten auch Namen wie Ziegenaus,
Rennenkampf, Schlagintweit, Habenkrieg (l4?4 Bürger in Passau), Springintscheid
(1578 in Trostberg), plaichshirn (l6. Ihrh. Wafferburger Bürger), Martin Zuck-
swert (1484 Bürger in Trostberg). Im Jahre 1513 verkauft ein Bürger zu Alten-
markt Hans Schlachinhauffen dem Wagenknecht des Klosters Baumburg Hans
Schleyhenwein sein Haus. Hans Zückhengwaltig, Papierergeselle aus Kempten,
kommt mir 1608 unter. Auch Schmeller (I 1739) hat manche Namen für Lands-
knechte, wie Vegenbeutel, Füllnsack, Steigaf, Sleisnspies. Vielleicht gehören auch
die Steinbeiß und Eisenbeiß aus Rosenheim bzw. Bayreuth hieher. Als 1511
Erzbischof Leonhard von Salzburg einige aufrührerische Bürger seiner Hauptstadt
gefangen setzen wollte, machte sich einer Namens Schmeckwitz aus dem Staube,
9 Rechnungen des Staatsarchivs Landshut, auch Urkd. und Rechnungen des dortigen Stadt-
archivs und der zu Trostberg, Mühldorf usw.
9 Zeitschr. d. histor. Ver. f. Schwaben 3, 333. In einem Rothenburger Fehdebriefe um
1410 kommt sogar ein Albrecht „Verbrennderwürstnicht" vor.
9 Deggendorf 1922.
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was den Erzbischof zur Bemerkung veranlaßte: Schmeckwitz hat den Braten ge-
schmecket, ehe er ihn gekostet.
Das Handwerk der Schmiede aller Abarten liefert ebenfalls viele Namens-
träger, die noch in ihrem Berufe stecken. Ein Kupferschmied in Landshut heißt
§530 Gabriel Slahinkeßl; daselbst ein Schmied §H83 Pauls Klingnnagl; Hans
Gleißeisen ist dort §529 hofschmied des Herzogs Ludwig X. Sn Altenmarkt an
der Alz heißt noch §6 §5 der Schmied Hans Schwingnhamer. Sn Mühldorf be-
schäftigt der Stadtrat §538 und §5^7 einen Schmied Hans Schreckseisen. Sn Strau-
bing nennt sich §588 ein Schmied Paul Knörseisen und §55H bzw. §560 der
dortige Stadtschmied wieder Leonhard Schwinnhamer (auch Schwingenhamer). Sm
nahen Dberöbling heißt noch §660 und §70§ der Schmied Martin bzw. Lorenz
Zwingseisen. Als §530 am Schlosse zu Wasserburg gearbeitet wird, nennt sich
der Kupferschmiedmeister auch Wolfgang Zwingseisen. Sn Landshut nennt sich
§H9^ ein Schmied Urban Zuckseysen und §568 kommen in einer Starnberger Bau-
rechnung vor: Meister Sigmund Zuckseisen, Schlosser von München und Meister-
Georg Khrenseisen, Schmied zu Starnberg. Der alte Zügkseysen aber ist §H86
beim Schloßbau in Grünwald wieder als Schmied beschäftigt. Noch §60§ ist Wolf
Reiseisen Schmied in Trostberg, dem §5^6 und §590 ein Hans Reißeisen, Schmied
vorausgeht. Ernst praunseysen wird §507 Schmied zu Burghausen. Der dort
§596 als Bürger vorkommende Hans Bschlachengaul übte wohl denselben Beruf
aus, ebenso die Vorfahren des §570 in Grafenau als Gerichtsamtmann zu fin-
denden Wolf Truckhseisen. Sn der Rechnung endlich der Herrschaft Neuburg am
Snn von §576 lese ich „Niclas Zanngenfeindt, Hofschmidt". Schürfseisen, Kratzs-
eisen, Klingseisen, dann Zwicknagel, Recknagl sind auch so echte Schmiedenamen
in Befehlsform.
Sn einem Gegenbrief des Predigerklosters zu Landshut von §H83 erscheinen
als Viermeister der Bruderschaft der Müller: Matheus Scheybenstain, Georg
Schwingenftain, Georg hebenstain und Hans Schaltorffer. Jakob hebenstain ist
dort wieder §H96 Müller und §52H erscheint in einer Sngolstädter Mautrechnung
„Michel Setzensack, Müller zu Wanngen".
Als Wagner finde ich in Landshut §5§9 und §528 einen Sigmund Spaigs-
rad, §53H aber einen Georg Spannsrad. Die Zierngiebel und Zerrengiebel können
Zimmerleute gewesen sein. Als Küfer oder Bottiger finde ich §533 zu Lands-
Hut den Asm Schlachenraif und Wolfgang Scheibenpoden. Scheibenzuber gibt es
dort heute noch. Um §555 heißt zu Straubing ein Meister des Küferhandwerks
auch Hans Schlahenraif. Der §533 zu Trostberg als Färber erwähnte Jörg peugn-
raif gehörte in seinen Vorfahren wohl dem gleichen Berufe an.
Der §H76 in Passau als Beisitzer des Stadtgerichts amtierende Hans Schnay-
tenbart war wohl ein Bader. Als Kramer aber ist §H95 in Landshut ein Hans
Gibennsgnueg zu finden. Daß die Münchener patrizierfamilie der Ligsalz zu den
Salzsendern gehörte, ist auch allgemein bekannt.
Wenn zu Trostberg §5^8 ein Wolfg. Setznstolln Bürger ist, denkt man an
einen Bäcker norddeutscher Herkunft. Auch der Deggendorfer Stadtschreiber Mag.
Mathias Prenßweggl (§596) könnte aus einer Landsberger Bäckerfamilie stammen
(Landsberg ist seine Vaterstadt). Schon §H38 erhält 6 Gld. Auatembersold „Schürn-
prant, koch" des Herzogs zu München. Bei Paul Truckhenspan (§5^9 in Trost-
berg) denkt man an den gleichen Beruf; bei Ruprecht Wenntnstier dortselbst §H66 an
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einen Metzger, der §507 in Burghausen einfacher Wolfg. Oxenfues, in Murnau
aber §H0O Heinrich Wampenwänsch (-wasch?) heißt. Mitte des §8. Ihrh. heißt
in Wasserburg ein Bierbräu Joseph Mestenstier.
Das Wirtsgewerbe und trinkfeste Gäste liebten auch aufmunternde Namen,
wie Reichnwein, Lupfdenbecher. In Bruckberg bei Moosburg heißt um §530 der
Wirt Hans Trinckgelt. Der Ungelter Ulrich Früetrinck zu hilpoltstein (§5§§)
stammt wohl auch aus einer Wirtsfamilie, ebenso (§5§3) der Altarist zu Neumarkt
i/O. Aonrad Lobenwein, wenn die Namen nicht in fröhlichen Zecherkreisen ent-
standen sind, wie Frühwein und Frohwein. Schabnsöckl heißt der Gastgeber zu
München, bei dem §62H der Hofmaler Ulrich Loth mit der Tochter des Erzgießers
Hans Arumper nach dem „christlichen Kirchgang" das hochzeitsmahl halten will.
Raitenhaslach bekommt §57§ einen Richter Jonas Bleibimhaus. Nndre Rupfen-
gast zu Schnaitsee (§H5H) gehörte wohl auch dem Wirtsberufe an. Bon §H85
bis §5H6 finde ich zu Landshut einen Wolfgang Zierngast, gen. der Wildgraben.
Sollten auch die Namen Schlichtegroll und preisendanz in der Laufener Gegend
hieher gehören?
Gin schon §32H in Straubing genannter Bernold Auzzenfenige ist wohl ein
Aüßdenpfennig, der schwer Geld ausgibt, vielleicht auch ein Münzer. Der §53H
in Rosenheim als Bürger genannte Wolfgang Spitznschuech könnte ein Schuh-
macher gewesen sein. Die dort im §5. Jahrhundert zu Ehren gekommene Familie
Scheuhenstul oder Scheuchenstuel kann aus dem gleichen Berufe hervorgegangen
sein. Dieser Name kommt übrigens schon Mitte des §H. Ihrh. in den ältesten
Steuerbüchern der Stadt München neben einem Lueginsland vor. Letzterer kann
auch wieder dem Söldnerberufe angehört haben wie der §365 in Landshut genannte
Ulrich hanginswazzer.
Da es mancherorts auch Bruderschaften der Bauern, die es den Hand-
werksbräuchen gerne gleichtaten, gegeben hat, sind Namengebungen von diesem
Nährberufe wie haßnpflug, Zwicknpflug, Baldauf, (pallauf), habenstier (Mitten-
wald), hebensack und habensack, Scheigenpflug oder Scheuhenpflug und Jörg
Stichinderdt (§H77 Bürger in Trostberg) recht gut möglich. Ende des §8. Ihrh.
gibt es bei Laufen die Bauernfamilien Lobensamer, Liebenknecht und Preisenschuh.
In Burghausen heißt §622 der Ratsschreiber Johann Scheuchenrast.
Die vorausgegangenen Belege bestätigen die Auffassung von E. Otto und
R. Vollmann, 'daß diese Befehlsformen ihrer überwiegenden Zahl nach von der
im Spätmittelalter vielfach üblichen Gesellentaufe herstammen. R. Wissel-K.
Hahn (Bd. II S. HO spricht vom Namenkaus bei den Gesellen. Die Landsknechte
und Raisläufer können leicht eine ähnliche Einrichtung gehabt haben, wenn nicht
hier das Bestreben, unter die Vergangenheit einen dicken Strich zu ziehen, zur
Annahme oder Verleihung eines neuen Namens geführt hat.
Der Streit, ob man nicht besser Satznamen statt Befehls- oder Imperativ-
namen sagt, braucht hier nicht entschieden zu werden. G. Aüffner, der sich be-
sonders für die Entstehung aus der Ichform ins Zeug legt (Ich-fleug-den-Feind,
Ich-schwing-den-hammer), schlägt die Bezeichnung Aehrnamen vor. Ich möchte
nur soviel erwähnen, daß die fremdsprachigen Satznamen die Sache der Ent-
scheidung vielleicht näher bringen. Das Englische (Shakespeare) und Französische
(Taillerand) lassen zwar auch die Ich- wie die Befehlsform zu. Das Italienische
aber spricht entschieden für die Befehlsform. Pestalozzi, pestalozza, Bevilaqua,
56
Frangipani sind Befehls- und keine Ichformen; denn letztere müßten pestolozzi,
Bevolaqua und Frangiopani heißen. Das Italienische hat übrigens in deutlicher
Befehlsform auch Gewerbenamen, die hierher gehören: Falegname, also ein Machs-
holz ist der Tischler, portabagagli der Gepäckträger und der Raminkehrer heißt
wenigstens in Oberitalien Spazzacamino.
Kurze Ortsgeschichten aus dem Vrupertiwinkel.
Von Ludwig Gernhard, München.
1§3. Taching.
Die alten Urkundenschreiber unterschieden nicht zwischen Ober- und Unter-
taching, sondern sprachen kurzweg von der Siedlung Taching und dem Tachensee.
Wir können darum diese Unterscheidung in unserm Gange durch die alten Zeiten
von Taching nicht festhalten, sondern nur von Taching allein berichten.
Wie die übrigen Orte des Rupertiwinkels ist auch Taching eine der ältesten
Siedlungen in Oberbayern. Im Uebergabebuch von Sankt Peter in Salzburg
lesen wir zwischen 987 und §025, daß der edle geistliche Herr Pilgrim durch den
freien Mann petto seine Mühle in Tachinga, den Müller und seine Familie und
die Fischer mit ihren Frauen und Rindern nach Sankt Peter übergeben ließ.
Der Tachinse erscheint in der Grenzbeschreibüng des Traunwaldes, die Raiser
Heinrich der Dritte am 9- April §0^8 ausfertigen ließ.
Im §2. Jahrhundert beginnen die reichen Nachrichten über die Herren von
Taching. Sie kommen in den Rlosterurkunden von Baumburg, Raitenhaslach,
Reichersberg, Sankt Zeno, Rott am Inn, Chiemsee und Altenhohenau so häufig
vor, daß wir sie hier nicht alle aufzuzählen vermögen. In den Urkunden von
Sankt Peter begegnet uns zwischen §§22 und §§H7 Poppo von Taihiggen und
zwischen §§25 und §§H7 Nortman von Tackingen. Im Uebergabebuch des Rlosters
Michaelbeuern stoßen wir um §§32 und am 2. Februar §§35 auf Pilgrim von
Taeching oder Tachingen und um §§H7 auf Richer von Tachingen. Das Schenkungs-
buch des Stiftes Berchtesgaden nennt um §§50 Otto und Poppo von Tächingen.
Heinrich von Taechingen erscheint zwischen §§83 und §§96 in den Uebergabe-
büchern von Sankt Peter als Zeuge und in den Urkunden des Alosters Sankt
Nikola bei Passau hören wir um §§90 von Friedrich von Tahing. Unter Erz-
bischof Eberhard dem Zweiten von Salzburg taucht §2^0 Ehunrad von Taechingen
aus. In den Gerichtsurkunden von Tettelham tritt Rvono oder Lhvono Techingen
§25§ ebenfalls unter den Zeugen auf. Thunrat von Teching siegelte am 8. Mai
§289 einen Aaufbrief, der noch heute unter den Gerichtsurkunden von Traunstein
zu finden ist. Die Totenbücher von Sankt Rupert und Baumburg gedenken unterm
29. Oktober und 3§. März des Thuono von Täching, der getötet wurde.
In der; Gerichtsurkunden von Reichenhall lesen wir §279 von Ekkard von
Taechinge. Am §3. Mai §290 war Eckart von Täching als Zeuge anwesend,
als die Gebrüder Seibot, Gtt und Heinrich von Reichenhall an dem Ort ans
Domkapitel von Salzburg Gülten verkauften.
Eine Gerichtsurkunde von Tittmoning berichtet uns, daß Engelbrecht von
Taeching, seine Ehefrau pericht und seine Rinder h., Th., hartneit, Popp, Ott,
Fried., Eit., Leukart, Elspet Raterei, Thristein, Ludmey und Agnes zugunsten des
Stiftes Raitenhaslach auf ihre Ansprüche auf die Oede zu Wezentzhart (Wiesen-
zart) verzichtet und dafür eine Entschädigung erhalten haben. Ott von Törring,
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der die Gede verpfändet hatte, wird in diesem Briefe der Vater des Engelbrecht
von Taeching genannt.
Die Untertanen des Friedrich von Törring und seines Sohnes Seitz, die im
Gerichte Tittmoning saßen, beanspruchten Zollsreiheit im Gerichtsbezirke und das
Recht, mit einem Segen (Fischnetz) auf den: Taehensee fischen zu dürfen. Es kam
hierüber zwischen den Grundherrn von Törring und Erzbischof Grtolf zu einem
Streite, zu dessen Entscheidung die Törringer am 22. Mai 13^6 ihre Schwager-
Gebrüder Lhunrad und Hartneid von Ehuchel als Schiedsrichter beriefen.
Hartneid der Tachinger wirkte 1357 als Pfleger zu Traunstein; Hans der
Tächinger siegelte 1361 als Pfleger von Trostberg einen Brief und 1363 und 1367
hören wir abermals Jans dem Tächingär. Zn Reichenhall saßen 1367 die Ge-
brüder Grtolf und Thoman die Tächinger als Bürger; das Tächinger-Haus zu
Reichenhall wird in einer Urkunde von 1367 erwähnt. Aaspar Tachinger hatte
an Herzog Friedrich von Bayern Geldforderungen zu stellen. Herzog Heinrich
zahlte ihm durch Gswald Törringer zum Stain vierhundert Gulden aus. Für
den rückständigen Betrag von 7362 Gulden erhielten Uaspar der Tachinger und
andere Gläubiger die Stadt und pflege Traunstein, den Zoll zu Siegsdorf und
den halben Zoll von Altenmarkt und Trostberg zum Pfande. Der Brief hierüber
wurde am 26. April 1^00 ausgestellt.
Ueber das Fischrecht auf dem Tachinger See erhob sich 1^09 abermals ein
Streit. Um die Rechte klären zu können, luden die Schiedsrichter die Bewohner
von Taching und anderer Orte am See als Zeugen vor. Am 1H., 15. und 20.
Juni 1^09 wurden hundert Untertanen aus den Gerichten halmberg, Tettelham
und Tittmoning vernommen.
Zn den Alosterurkunden von Frauenchiemsee finden wir einen Brief vom
1. September 1^70, der besagt, daß hainrich Dorffpeckh von Tachhing seine Vogt-
gült von jährlich einem Pfund Pfennig und zwei Hühnern aus dem Alostergut
pach im Gerichte Rosenheim und in der Pfarrei Prien an Aebtissin Magdalena
von Thyembsee verkauft hat.
Nach einer Grabinschrift, die sich im südlichen Vorzeichen der Airche von
Taching befindet, lebten hier im §6. Jahrhundert Wolfgang und Barbara Her-
gissinger. Zhrem Andenken sind Grabsteine gewidmet, die auf rotem Marmor
die Leidensgeschichte des Herrn in Hochbildern darstellen.
Aus dem 16. und 17. Jahrhundert vermochte ich merkwürdigerweise bisher
keine Nachricht über Taching zu entdecken.
Das Dorf Obertaching bestand im Zähre 1832 aus dreizehn Häusern, einer
Tochterkirche und einem Schulhause; Untertaching setzte sich aus neun Häusern,
einem Wirtshaus und zwei Mühlen am Tachinger Mühlbach zusammen. Die
Mühlen führten sieben Mahlgänge, einen Gelgang und einen Säggang. 18H0
gab es im Dorfe Gbertaching im Landgerichte Laufen dreizehn Häuser und siebzig
Einwohner: im Weiler Untertaching zählte man neun Häuser, 37 Einwohner
und eine Tochterkirche von Waging. 188H umfaßten Gber- und Untertaching
und Berghaus eine Tochterkirche, eine Schule, 1^ Seelen und 22 Häuser. 1900
lesen wir von 25 Einwohnern und fünf Wohngebäuden im Dorfe Taching, von
51 Einwohnern und acht Wohngebäuden im Dorfe Untertaching und von 76
Einwohnern und siebzehn Wohngebäuden im Dorfe Gbertaching. Die ganze
Gemeinde Taching zählte 1925 735 Einwohner.
Die Airche von Taching ist sicherlich sehr alt. Zn den Urkunden von Salz-
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bürg kommt Taching als Pfarrkirche von Waging vor und (300 erscheint Teng-
ling als Nebenkirche von Taching. Heinrich Sepp von Ewig brachte dem Gottes-
hause von Taching im Jahre (H37 um sechzig Pfennig einen Arautgarten zu.
Die alte Sankt-Peterskirche wurde (880 gründlich erneuert.
Quellen und Schrifttum: Eerichtsurkunden von Tettelham im B. Hauptstaatsarchiv
München Nr. 10a, b. — Gerichtsurkunden von Tittmoning Nr. 11, 64 A, 1, 23a. — Gerichtsurkunden
von Traunstein, Nr. 9, 241, 353, — Eerichtsurkunden von Trostberg, Nr. 335. — Eerichtsurkunden
von Mörmosen, Nr. 4. — Klosterurkunden von Frauenchiemsee, Nr. 127, 719. — Eerichtsurkunden
von Reichenhall, Nr. 201, 407, 444, 848, 108, 55, 83. 84. 23, 45, 9, 12, 16, 61, 48, 53, 57, 93. —
Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte I 298, 322, 333. — Abt Willi-
bald Hauthaler, Salzburger Urkundenbuch 1910, I 270, 341, 389, 601, 788, 790, 444, 617, 714,
798, 373; II Nr. 956, 995, 84. — UsAssta boio» V 62, 278, 315; IV 524; VI 107, 11;
VIII 8, 74; IX 83; X 290; XI 175. — Nonumsut» boio», Registerband 1—14, S. 601; 39.
S. 90. — Urkunden des Landes ob der Enns I 594. — Uouumsut» Oerinsuiao Historie»,
NsoroIoZi» II 280, 181, 241, 176, 88, 133. — Mitteilungen des Instituts sür österreichische
Geschichtsforschung, 1. Ergänzungsband 1885, S. 627, 641, 719, 644. — Franz Martin, Die Re-
gesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salzburg 1928, S. 179, Nr. 1398. — Dr. Andreas
von Meiller, Regesten zur Geschichte der Salzburger Erzbischöfe 1886, S. 273, 283, 157, 189, 158,
186, 189, 112, 120, 184. — Mayer-Westermayer, Erzbisthum München-Freising III 368, 370,
372, 375, 400. — äuvavi», 1784, S. 360, 362; Anhang, S. 233. - Oberbayerisches Archiv 20,
S. 131; 30, S. 266; 50, S. 343, 394; 59, S. 418 (Register). — Repertorium des topographischen
Atlasblattes Traunstein 1832, S. 61. — Kunstdenkmäler von Oberbayern III 2795. — Ortsver-
zeichnisse von Bayern sür 1840 und 1900.
ls4s. Tengling.
Sn Tengling bei Tittmoning entdeckte man vor Jahrzehnten Wälle und
Gräben, die an ein Römerlager erinnerten. Römerspuren finden sich im Ruperti-
winkel allenthalben; schwierig ist es aber, die Gntftehungszeit der Orte dieser Ge-
gend genau festzulegen.
Tengling zählt zu den alten Sng-Siedlungen des Rupertiwinkels. Nach den
Urkunden des Grzstiftes Salzburg können wir unserem Dorfe ein Alter von mehr
als elfhundert Jahren zusprechen. Um 788 führt Bischof Arn von Salzburg in
seinem Airchenverzeichnis ein Gotteshaus zu Tengihilinga auf, wozu auch Grund-
stücke gehörten.
Sm (2. Jahrhundert stand an der Stelle, wo sich heute in Burg die Wall-
fahrtskirche erhebt, das Schloß der Herren von Tengling. Die Grafen von Teng-
ling hatten einen guten Ruf im Lande und wurden die Stammväter der Grafen
von Beilstein. Um (070 lesen wir im Schenkungsbuche des Alofters Obermünster
von Regensburg von Friedrich dem Aeltern und Jüngern Grafen von Tengling.
Sm Uebergabebuch von Ranshofen kommt um (070 Sigihart von Tenclingin
vor, der (072 als kaiserlicher Aanzler und Patriarch von Aquileja erscheint. Gr
scheint Besitzungen in Tengling ans Aloster Michaelbeuern geschenkt zu haben.
Seine Mutter Bilhilt und sein Bruder Graf Friedrich von Tengling stifteten mit
ihm dieses Aloster. Buch Graf Friedrich vermachte der jungen Abtei Güter in
Bulharting und an anderen Orten. Heinrich Graf von Tengling und Beilstein
hatte unrechtmäßig den Bischofsstuhl von Freising errungen und regierte von
(098—((37. Graf Friedrich zog mit Aönig Heinrich dem Fünften im Jahre ((08
nach Ungarn, wo den deutschen Waffen wenig Glück beschicken war. Der junge
Wolfrat von Tengling kommt um ((30 unter den Helden der Rabenfchlacht im
Heldengedicht über Aönig Rother vor.
59
Das Uebergabebuch des Stiftes Baumburg nennt uns um A20 Gunze von
Tengilingin und um s207 Altmann von Tengelign und seinen Sohn Sibot.
Nach dem Nussterben der Grafen von Tengling fiel ihr Besitz an ihre
Vettern, die Grafen von plain und Michaelbeuern. Die Burg Tengling wurde
in eine Liebfrauenkirche umgewandelt und Ritter Heinrich von Törring im Jahre
s209 mit der Vogtei über dieses Gotteshaus belehnt. Dm Jahre s2Hs überließ
der Abt von Michaelbeuern die Airche, die Hofmark und den Besitz zu Tengling
ans Erzstift Salzburg. Die Erzbischöfe belehnten damit die Ritter von Törring.
Wegen der Anmaßungen und Ausschreitungen der Vögte konnte der Abt von
diesen Besitzungen keinen Nutzen mehr erzielen, weshalb er sie am 22. August s2Hl
dem Erzbischöfe übergab, der ihm dafür die Pfarrei Lamprechtshofen einräumte.
Aus einem Lehnsbriefe vom 22. Februar s2H5 erfahren wir, daß Erzbischof
Eberhard der Zweite von Salzburg Ulrich von Aalham und dessen Gattin Thuni-
gund mit den Lehnsstücken belehnte, die Ulrichs seliger Gheim bisher innegehabt
hatte. Unter diesen Stücken befanden sich zwei Höfe in Tenglingen.
Dm sH. Jahrhundert brach zwischen den Herren von Törring und Erzbischof
Friedrich von Salzburg ein Streit über Gerichtsbefugnisse aus. Dm Urteilsspruche,
den die Schiedsrichter am 8. Juni s328 fällten, gestand der Erzbischof unter
anderm dem edeln Herrn Friedrich von Törring das Recht zu, daß die Törringer
über die Leute auf zwei Höfen, einer Hube und drei Mühlen zu Tengling richten
durften; nur die Dinge, die zum Tode führten, waren davon ausgenommen.
Dn den Gerichtsurkunden von Traunstein begegnet uns im Jahre sHsH
Stephan von Tenglinn, der Bürger von Salzburg genannt wird, und im Toten-
buch von Raitenhaslach lesen wir unterm sH. März von Thunradus Tenglinger,
der im s5. Jahrhundert lebte.
Nach dem Aussterben der ältesten Linie der Herren von Törring teilten sich
die Gebrüder von Törring zu Seefeld und Tinzelbach in die Feste und Hofmark
perlenstem und in die Stammgüter zu Törring und Tengling. Um diese Zeit
wirkte Ulrich Aolb als Richter zu Tengling im Landgerichte Tittmoning, der sH7s
erscheint. Dm s6. Jahrhundert versah Joachim Schwarz das Richteramt; er kommt
im Beamtenverzeichnis um das Jahr s557 vor. Damals bewog Georg von
Törring seine beiden Brüder, aus den ältesten Stammgütern zu Törring und Teng-
ling zugunsten des Mannesstammes einen unveräußerlichen Erbbesitz (Fideikommiß)
zu errichten. Dies kam am 2 s. Juli s5?9 zustande.
Als Richter von Tengling taucht s6sO Jakob Dietmayer auf. Zu seiner
Zeit finden wir Johann Veit Freiherrn von Törring als Grundherrn von Teng-
ling und als Pfleger von Mörmosen. Der Richter von Tengling hatte s620, in
den ersten Jahren des Dreißigjährigen Arieges, von der Hofmark Tengling eine
Loldatensteuer zu erheben.
Dn den Gerichtsurkunden von Traunstein stoßen wir s622 auf Ladislaus
Freiherrn von Törring zu Tengling auf Stein. Das Richteramt über die Hofmark
Tengling lag s628 in der Hand von Joachim Schwarzenbeck und von s675 bis
s682 versah es Thomas Eggmüller.
Unter Richter Eggmüller lebte in Tengling Matthias Damberger, der schwach-
sinnig war und der allgemein der Hiasl genannt wurde. Hiasl ging Ende Januar
s680 übers Harpfetshamer Filz und kam dabei ums Leben. Nach sechs Wochen
fand man nur noch den Aopf, Fußknochen und Teile einer Hand von ihm. Vögel
und Füchse hatten ihn fast vollständig aufgezehrt. Am 6. April f680 bestattete
man seine Ueberreste im Friedhofe der Pfarrei palling.
Die Gerichtsurkunden von Trostberg erwähnen s682 Johann Albrecht von
Törring und Tengling auf Iettenbach, der s692 aus dem Leben schied. Als
Richter von Tengling wird s692 Franz Ferdinand Zundel aufgeführt. f75s ver-
sah dieses Amt Wolf Adam Wagner. Unter Richter Wagner überwies der Wirt
und Gastgeb Jakob Reitter von Tengling am 3s. Juli s75H seiner Ehefrau
Franziska Erlpöckh zwei Zehntanteile aus dem Garer-Gut zu Thalham und dem
Hueber-Gut zu Höhenstetten und den dritten Teil des Zehnts aus dem Aräller-
Gut zu Törring.
Das Pfarrdorf Tengling setzte sich im Jahre f832 aus HO Häusern, einer
Pfarrkirche, einem pfarrhof, einem Schulhaus, einer Branntweinbrennerei und zwei
Mühlen am Tenglinger Bach mit zwei Mahlgängen, einem Gelgang und zwei
Säggängen zusammen. s8HO lesen wir von 50 Häusern und 300 Einwohnern
im Airchdorf und in der hofmark Tengling im Landgerichte Tittmoning. Der
Grt wird als Siedlung am Tachensee, der hier Eigensee heißt, geschildert; damals
hatten die Herren von Törring hier noch ein Herrschaftsgericht. s88H gab es im
Dorfe 277 Seelen und H6 Häuser, s900 zählte man 232 Einwohner und s925
betrug die Zahl der Bewohner in der ganzen Gemeinde von Tengling 568 Seelen.
Die Airche von Tengling taucht bereits im Jahre 788 auf. Papst Innozenz
der Dritte (N98—s2s6) nahm das Stift Michaelbeuern, das unmittelbar dem
heiligen Stuhle unterstand, in seinen Schutz und bestätigte dem Aloster die Airchen
zu Gbersulz und Tengilinge. Der Bestätigungs- und Schutzbrief wurde im Jahre
s2sH ausgefertigt. Dm Briefe des Papstes Gregor des Neunten vom 2. April
s232 für Abt Aonrad werden ebenfalls die Airchen, Besitzungen und Rechte des
Alosters Michaelbeuern bestätigt und geschützt. Wir hören darin von Besitzungen
in Tenglingen und von Sankt Maria in Tenglingen. hier wird also offenbar
die Wallfahrtskirche in Burg genannt. Die Vogtei über die Airche von Tengling
übertrug der Abt s2Hs an die Herren von Törring.
Um s300 kommt Tengling als Tochterkirche von Taching und Waging vor.
Später wurde jedoch Tengling wieder selbständiger pfarrfitz.
Die Jahreszahl s5Hs, die auf einem Wappenschilde an der Innenseite der
Emporbrüstung angebracht ist, scheint auf einen Airchenneubau um diese Zeit
zurückzugehen. Damals stiftete Gaiseder in unsere Pfarrkirche eine Iahresmesse.
Im Jahre s785 errichtete man hier ein eigenes Vikariat. Matthias Gott-
fried Vöstl, hilfsgeistlicher zu Waging, trat diese Stelle am 30. August s785 an
und wirkte hier bis zu seinem Ableben im Jahre s79H- Der Vikar wohnte seit
dem Jahre s867 im Aommunrichterhause, das nach der Aufhebung des Hofmark-
gerichtes freigeworden war.
Das Gotteshaus zu Ehren des hl. Laurentius gilt als beachtenswerter, spät-
gotischer Bau. Vermutlich wurde er um s5H0 umgebaut; im Jahre s875 wurde
die Airche gründlich erneuert.
*
Quellen und Schrifttum: Gerichtsurkunden von Tittmoning im B. Hauptstaatsarchio Mün-
chen, Nr. 302, 205. — Gerichtsuri. von Traunstein, Nr. 81, 852. — Gerichtsurk. von Trostberg,
Nr. 531—533. — Gerichtsurk. von Mörmosen Nr. 67. — Hochstiftsliteralien von Mühldorf, Nr.
481. — Abt Willibald Hauthaler, Salzburger Urkundenbuch 1910, I S. 11, 772, 774; II Nr. 178,
662, 881, 975, 1066(1. — Dr. Andreas von Meiller, Regesten zur Geschichte der Salzburger Erz-
bischöfe 1866, S. 279, 295. -- UsAsstu boiva VI 259. — Nonumsutu boiou 3, S. 13, 95.—
61
Urkunden des Landes ob der Enns t, S. 216, Nr. 32. — Nonmnenta Oerwamue Historien,
^leeroloAia II 266. — Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte I 170,
Anm. 1. — Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichte, 1. Ergänzungsband 1886, S. 622,
643, 661, 726. — äuvuvia, 1784, S. 144, 444, Anhang S. 6. — Oberbayerisches Archiv 1, S.
347; 2, S. 121, 140; 3, S. 158ff; 4, S. 301, 313; 6, S. 65; 8, S. 353ff; 9, S. 30, 39; 10,
S. 280; 11. S. 182; 19, S. 177; 26, S. 132; 50, S. 343, 357, 430. — Heinrich Held, Geschichte
der Pfarrei Palling 1909, S. 239, 265. — Repertorium des topographischen Atlasblattes Traun-
stein 1832, S. 62. — Mayer-Westermayer, Erzbisthum München-Freising III 399 ff. — Sigmund
Riezler, Geschichte Baierns, 2. Auflage, 1927, S. 669-572, 191. 177, 503, 1. Band, 2. Hälfte. —
Kunstdenkmäler von Oberbayern III 2798. — Altbayerische Monatsschrift 4, S. 122. — Orts-
verzeichnisse von Bayern für 1840, 1905, 1926.
1s5. Gessenberg.
In der Nähe der Einöde Gessenberg bei Waging fand man in früheren
Zeiten alte Schanzen, die als Römerarbeiten gedeutet wurden. Zn der christlichen
Zeit kommt unsre Siedlung nicht so früh vor wie die meisten Orte des Ruperti-
Winkels; denn wir lesen in den Alosterurkunden von Baumburg erst im Jahre
NH? von Lhounrad von Gozenperc. Nuch in den Stiftsurkunden von Herren-
chiemsee erscheint um N60 mit Aertold von Alain auch (Lhounrad von Gozzen-
berch als Zeuge. Zn den Uebergabebüchern von 5t. Peter in Salzburg heißt es,
daß Graf (Lhovnrad von Alain zwischen N85 und N96 seine Untertanin Euphe-
mia als Seelgerät für sich und seine Vorfahren ans Stift übergeben habe. Dies
geschah vor den Zeugen Ehonrad von Govzzenberch, Aonrad scazzel von högel
am högelberg, Aonrad von Walchen (Traunwalchen?) und Engilschalk von Nurach
in Oberösterreich. Ehonrad von Gozzenberch wird dabei ein Dienstmann des
Grafen von Alain genannt. Um ^200 wird Lhounrad von Gozzenberch mit
Aropst Otto von Baumburg im Uebergabebuch von Ehiemsee als Zeuge erwähnt.
Zm ^3. Zahrhundert lesen wir in den Urkunden des Alosters Baumburg
von Ulrich von Gozzenberch, der f28^ erscheint. Zm Verzeichnis der adeligen
Herren, die mit Baumburg in Beziehung standen, kommen ^2Y5 Friedrich und
Heinrich von Gottensperch vor. Zn den Alosterurkunden von Raitenhaslach be-
gegnet uns im Zahre der Gossenperger, in den Urkunden von Herrenchiem-
see stoßen wir §320 auf Ehounrat von Gottesperg und aus einem Briefe vom
25. Zuli ^3H2 erfahren wir, daß hartneid der Tachinger zum Aertenstein mit
Ulrich dem Gözzenperger und dessen Hausfrau Elzpet einen Vergleich abgeschlossen
hat, wonach die Gözzenperger den Niedern Hof zu Grafengarzz (Grafengars) gegen
ein Stiftgeld von jährlich zwölf Schilling Pfennig so lange behalten durften, bis
das Gut um zwanzig Afund Pfennig ausgelöst würde.
Ortlieb der Gottersperger, der ^3H7 in den Alosterurkunden von Ehiemsee
erwähnt wird, scheint an den Weiler Göttersberg bei Niederaschau zu erinnern,
da die Gessenberger im Zahrhundert gewöhnlich Gossenberger geheißen werden.
So vernehmen wir von Dtt Gossenperger und ^381 von Georg Gossenberg
und seiner Hausfrau Margaret, die etliche Zehnten im Gerichte Trostberg erstanden.
Die Bewohner von Gässenperg bezeugten am und ^5- Zuni mit
den übrigen Umwohnern des Tachensees, daß sie seit alters mit Segen oder Netzen
aus dem Tachinger See zu fischen berechtigt waren.
Paul Gößenperger verkaufte am 27. Dezember ^H^9 fein halbes Haus und
seinen halben Garten im Nunenberd (Nonnenwörth), die neben dem Hause des
Osinger lagen und von der Nebtissin Elspet von Frauenchiemsee zu Lehn rührten,
an Aristan den Schälchel.
Zn einem Aaufbriefe vom Zahre ^H28 tauchen die Gebrüder Oswald und
62
Balthasar die Gessenberger aus. Sie waren in Altenham bei Trostberg seßhaft
und verkauften 1^28 das Meischlgütl zu Pittenhart an Hans und Barbara Iörl
von Allertsham in der Pfarrei Obing.
Unter den Grabdenkmälern von Baumburg finden wir einen Gedenkstein,
der dem Andenken an Friderich Goessenperger von Altenhaim gewidmet ist. Gr
schied 1^30 aus dem Leben. Die Auszüge aus Baumburgischen Urkunden, die
uns adelige Geschlechter nennen, führen 1^33 den seligen Friedrich Gössenperger,
seine Mutter Afra und seinen Sohn Aaspar auf. Die gleichen Auszüge melden
1HH8 den Namen Jakob Goffperger und 1^59 den Namen des Alex Gossenberger.
Hans Gösenberger tritt 1H71 als Richter von Traunstein auf, während Alex
Gössenberger 1HH8 als Mautner zu Wasserburg, fHH8—1^30 als Mautner zu
Altenmarkt, 1^55 als Richter zu Traunstein und von 1^38—1^63 als Aloster-
richter zu Baumburg wirkte.
Aus Urkundenauszügen über adelige Geschlechter erfahren wir 1HH3 von
Johann Gossenberger, der in den Urkunden des Ülosters Fürstenzell erscheint, und
1H33 von Georg Gössenberger, der in den Urkunden des Ülosters Bornbach auf-
taucht. Jakob Gössenperger zu Truchtlaching kommt 1^59 vor und Aaspar Gössen-
perger erscheint 1^63 als Thorherr zu Baumburg und Pfarrer zu Truchtlaching.
Dorothea, die Hausfrau des Hans zu Goßenperg im Tettelhaymer Gericht,
schließt am 10. Oktober 1H67 mit ihrer Schwester „von der Zymer und Freier-
stift wegen auf dem Reichelguet" zu prunning im Tittmoninger Gericht und in
der Pfarrei palling einen Vergleich ab. Das Reichel-Gut gehörte zu den Lehns-
stücken des Alosters Herrenchiemsee.
In den Gerichtsurkunden von Reichenhall begegnet uns 1^67 Dekan Wilhelm
Gößenperger von St. Zeno.
In den Alosterurkunden von St. Nikola bei Passau lesen wir von den Ge-
brüdern Lienhart und Wolfgang Gössenberger. Sie hatten ihren Uren, Tn und
Vater seit Menschengedenken einen Alosterhof zu Tntzenweis inne, den ihnen Propst
Lienhart von St. Nikola streitig machte. Der Propst brachte einen Brief vor,
wonach Hans Gössenperger 1H31 freistiftweise mit dem Gute belehnt worden war.
Die Gössenberger konnten keine Briefe vorweisen, da zu den Zeiten ihres Tn
Tntzenweis niedergebrannt war, wobei alle Briese vernichtet wurden. Sie mußten
sich daher nach dem Urteile des Pflegers von Landshut namens Heinrich von
herttenberg und der herzoglichen Räte vom Jahre 1H76 an den Vertrag halten,
den Propst Aarl 1^22 mit dem Gössenperger abgeschlossen hatte, und den Hof ans
Aloster abtreten.
Hans Gessenberg war 1^87 als Landrichter in Aichach tätig. 1H93 wird
in den Gerichtsurkunden von Reichenhall Alex Gössenperger zu Altnhaym genannt.
Das Totenbuch von Klosterneuburg gedenkt unterm 10. September des edeln Laien
Alexius Gessenperger. Gabriel Gössenperger tritt 1^9^ als Thorherr von Baum-
burg auf und 153H heißt er Administrator des Stiftes Baumburg.
Um 1U6 scheint das Schloß Gessenberg bereits in den Besitz der Herren
Auer von Winkl übergegangen zu sein; denn in den Gerichtsurkunden von Traunstein
finden wir einen Kaufbrief vom 30. Mai 1496, wonach Jörg Auer zu Winkl
ein Gut zu Brandstätt bei Vachendorf erwarb. Die Urkunde führt auch Jakob
Awer zu Gosfenperg auf.
Oswald der Gössenberger wirkte von 1^98—1502 als Richter von Kling
und von 1302—^503 Richter von Burghausen. Tine Urkunde des Alosters
s
63
Frauenchiemsee vom 30. Juni 1507 führt den edeln und festen Gabriel Götzen-
perger, Pfarrer von Truchtlaching, und Gswald Gotzenperger, Pfleger von Aling auf.
Barbara Gesfenberger kommt 1510 als dritte Gemahlin des Herrn Georg
von Frauenberg vor. In einer Gerichtsurkunde von Tittmoning lesen wir, daß
Aaspar Goldwart, Richter zu Tittmoning, und seine Gattin Barbara Gossenper-
gerin an die Aebtissin von Nonnberg in Salzburg ein Haus in Tittmoning ver-
äußert haben.
Bon 1520 an stoßen wir auf Balthasar Gössenberger, der von 1520—1528
das Amt eines Landrichters von Trostberg versah. Unter ihm erhängte sich Hei-
meran pluem von Dorf bei Eggstädt, der nach altem Brauche am Pfingstsonntag
in ein Faß eingeschlossen und in den Inn geworfen wurde.
Von 1531—15^0 treffen wir Balthasar Gössenberger als Landgerichtsver-
walter von Schwaben bei München; von 1533—1551 versah er zugleich die Pflege
von Dachau. Die Gerichtsurkunden von Trostberg nennen ihn 1536 Herrn zu
Altenham und Richter zu Dachau.
Euphemia Gössenberger verkaufte 15^1 verschiedene Zehntreichnisse an den
Dompropsteirichter Iakob Straßer von Salzburg. 1552 stoßen wir auf Gertraud
von Gessenberg, die mit einem Herrn Widerspacher vermählt war, und auf Anna
Widerspacher, die Gattin des Hans Gesfenberger.
In den Gerichtsurkunden von Reichenhall taucht 155H Michael Gessenperger
als Bürger von Reichenhall auf. Der Richter Alex Gößenperger zu pawmburg
siegelte am 6. Dezember 1558 einen Brief. Beatrix Gössenperger war die Gattin
des Richters und Pflegeverwalters Iobst Gundrichinger von Trostberg, der 1575
das Zeitliche segnete. Der Grabstein für Iobst und Beatrix Gundrichinger ist
noch heute in der Ursulakirche von Trostberg zu sehen.
Das Schloß Gessenberg war seit etwa 1HY6 im Besitze der Herren Auer von
Winkl. Anna Auer, die Tochter der seligen Iakob und Margaret Auer zu
Gessenperg, verzichtete am 29. Iuni 1555 auf alle ihre Ansprüche auf Schloß
Gessenberg und erhielt dafür von ihrem Bruder Georg dem Auer eine Abfindung.
Die Verzichtleistung geschah vor Pfarrer Johann Gschwentler von Gtting.
Georg Auer zu Gessenberg, Pfleger zu Tettelham, siegelte am 3. Iuni 1560
einen Brief, der besagt, daß die Bürgerseheleute Hans und Amalie Hirschvogel
von Waging an Erzbischof Michael von Salzburg ein Haus in der Schlossergasse
von Waging verkauft haben.
Magdalena Auer von Gessenberg vermählte sich mit Adam Stockhamer
und besaß 1599 Schloß Ameran9 und die Hofmark Sondermoning. Margareta
Auer von Winkl zu Gessenberg war mit Gregor Stengel zu Neuhaus und Rain-
dorf vermählt, der von 1601—162H das Amt eines Mautners von Braunau
versah.
Im 17. Iahrhundert erstand der Neubau des Schlosses Gessenberg. Das
neue Gebäude wurde mit drei Geschossen und vier kleinen Erkertürmchen ausge-
stattet und erhielt sich in dieser Form bis in unsre Tage.
In den Alosterurkunden von Indersdorf wird 1682 Iohanna Margaret
Auer von Winkl auf Gessenberg erwähnt, die mit Herrn Rudolf von Neuhaus
verheiratet war. Ludwig Franz Auer von Winkl zu Gessenberg und Gastag, fürst-
erzbischöflicher Rat und Pfleger von Lofer, verkaufte am 3H Ianuar 1683 die
Haller-Behausung zu Waging an Fürsterzbischof Maximilian Gandolf von Salz-
burg.
6H
Die Einöde Gessenberg bei Waging umfaßte ^832 drei Häuser, ein Schloß
und eine Aapelle. 2m Ortsverzeichnis von t8^0 lesen wir vom Weiler Gessen-
berg im Landgerichte Laufen und in der Pfarrei Waging, daß er sich aus drei
Häusern, ^6 Einwohnern, einem freiherrlich-Nuerischen Schlosse und einer großen
Meierei zusammensetzte. Das Schloß lag noch ^866 im Besitze der Herren Quer
von Winkl zu Gessenberg. 188H gab es hier ein Schloß mit Aapelle, ^2 Seelen
und ein Haus. >1900 bestand die Einöde Gessenberg in der Gemeinde Gaden und
im Bezirksamte Laufen aus einem Schlosse, 2 Wohngebäuden und 22 Einwohnern.
Hans Jakob Quer von Winkl auf Gessenberg erbaute 166H die Schloßka-
pelle. Sie wurde am 6. Oktober §66^ zu Ehren der Himmelfahrt Mariens ein-
geweiht. Die Aapelle ist deswegen sehenswert, weil sie eine getreue Nachbildung
der Gnadenkapelle von Nltötting darstellt.
§-
Quellen und Schrifttum: Gerichtsurkunden von Tettelham und Halmberg im B. Haupt-
staatsarchiv München, Nr. 10a, 56, 57. — Gerichtsurkunden von Tittmoning, Nr. 200, 101, 109,
112. — Gerichtsurkunden von Traunstein, Nr. 147, 232. — Gerichtsurkunden von Trostberg, Nr.
425, 426, 456, 26-28, 95—97, 432—434, 428, 429-431, 336. — Gerichtsurkunden von Mör-
mosen, Nr. 5. — Klosterurkunden von Frauenchiemsee, Nr. 1033, 297, 440, 1171, 979. — Gerichts-
urkunden von Neichenhall, Nr. 443, 696, 813. — Gerichtsurkunden von Wasserburg, Nr. 496. —
Archivalische Zeitschrift, Neue Folge 16, S. 266, Nr. 100. — Nouuinenla. Oerwanlao Historien,
Neerolo^ia V, 56. — Nomini 6u1a doicn 2, S. 335, 361; 3, S. 84; 2, S. 208, 258, 269,
262f, 496, 435; 4, S. 211, 386, 390; 5, S. 97. - Abt Willibald Hauthaler. Salzburger Urkunden-
buch 1910, I 724; II 140. — Freyberg, Gesammelte Schriften, III 234, 334. — Mayer-Wester-
mayer, Erzbisthum München-Freising III 368, 371 ff, 375. — Oberbayerisches Archiv 1, S. 337,
239, S. 379; 5, S. 410; 6, S. 29; 11, S. 185, 155; 14, S. 32; 19, S. 37, 39, 236, 294; 25,
S. 474; 26, S. 32, 36, 137, 251, 60, 147, 46, 125, 20, 140, 38, 44; 38, S. 228, 239, 193,
205; 40, S. 177; 63, S. 933, 1148, 1187. — Repertorium des topographischen Atlasblattes Traun-
stein, 1832, S. 20. — Kunstdenkmäler von Oberbayern III 2689. — Ortsverzeichnisse von Bayern
für 1840 und 1905.
Das Laufener Schulwesen in alter Jett.
Von Minifterialamtmann Theodor Nißle, München.
t587 schreibt der deutsche Schuelmaister Bernhard Wagner in einer Eingabe
an den Magistrat Laufen a. d. Salzach: „Bite unterthenig und gehorsamblichen
mich ohne Verdruß anzuhören. So ist es laider nur allzuwahr, daß obwohlen
ich zwar alles mögliche thue, die Ainder zur Ehr und forcht Gottes anzuhalten,
will doch solches unser iezig laider Gott ungezogene Jugend durchaus nicht leiden,
wie ich denn, im Grund meines Herzens klagend, wenig Zucht und Mores unter
meinen Schuelkinderlein spüre und finde, an welchem Unheil niemand anderst dann
die Eltern selbst schuld sein--weil die Ainder auf den Gassen umlaufen
müssen, bis sie alle Untugend lernen und Vater und Mueter sie nicht mehr ziehen
können, auch darüber gar zu pfiffln werden, und alsdann soll ain Schuelmaister
in acht Tagen aus einem Rabn ein zeisel ziehen; — ermelde Jugend hat sich so-
gar heimblicher weis verlauten lassen, daß, wofern ich noch ainem Aind einen
Schilling (Ohrfeige) geben werde, sie samentlich ains nach dem andern davon laufen
und mich allein in der Schnei wollten sitzen lassen, und sie in die andere deutsche
Schuel einstehen wurden, wo sie ihr Muthlein abkühlen können. Zudem wird mein
überschwenglicher Kleiß, ohne Ruemb zu mellen, gar schlecht erkennt, indem die-
jenigen Eltern mir das Auatembergeld schuldig bleiben, und wenn ich solches mit
freundlicher Meinung begehr, so bekom ich böse Wort, ist ihnen das Schulgeld
Zu viel und zahlen doch alle quatember nur tö Areuzer, so wär auch von jeher
der Brauch, daß ain iegliches Aind im Winter ein Scheit Holz in die Schuel
bringt, welches sie auch nit mehr thuen wollen, habe dahero das Weintrinken auf
ein ganzes Jahr verrödt!"
Damals bestanden in dem durch rege Salzschiffahrt berühmten Städtchen
Laufen zwei deutsche und eine lateinische Schule. Als Lehrer wurden gewöhnlich
die Stiftschoralisten und Organisten zugelassen, die natürlich keine weitere päda- !!
gogische Bildung hatten. Aber auch andere Elemente versuchten sich in dieser
Volkserziehung. So meldet sich ^626 Barthelme Hächauer zum Schuldienst, nach-
dem er sich „in die Iare lang fir ainen Ladendiener gehorsamblich gebrauchen
lassen" und später sich „häußlich und bürgerlich nidergericht und einen Laden mit
schlechter fragnerey enthalb der pruggen gehabt". Er war früher in Salzburg
„bey einem theitschen Schuelmaister für ainen Iungmeister (Gehilfe) und dann nach
seinem ableiben bey seiner hinterlassenen Wittib ungever ^4 jar lang die Lchuel
auch verricht".
Eine andere flehentliche Bitte um Erlaubnis zum Schulhalten auf einem
Bauerndörfchen richtet §628 Hameß Hofferspach „armer Schulhalter mit ainem
armb sambt weib und vier khleine Ahind" an den Pfleger zu Laufen. Der arme !
Teufel hatte erst die Schule in Saaldorf, „nun aber die Schulhaltung den Sommer-
gar wenig thuet, daß man die kind zur seit arweit braucht — so mag ich leyter
got erbarmbß mit einer handt keiner Arbeit vorstehen" und so wandert er nach
einem andern Dörflein, Hausen, dort sein Glück zu versuchen, „bit also die hoch-?
wohllgeborn und Edl hochgelehrten Herren wollen mich armen schulhalter mit
einem Armb sambt dem müeseligen weibß bilt auch khlein Ahind umb christlich,
barmherzigkeit befolhen sein lassen und mir vergunnen schul! zu halten, die weil!
der windt vor d'hendt ist und nit weiß, wohin mit den kleinen Ahindern". Seine ^
Bitte wird ihm auch gewährt.
Im Jahre !675 finden wir eine eingehende Instruktion für die Schuellmai-
ster des Dekanats Laufen. Jedes Aind sollte mit einem Evangelibiechl und
Eatechismo versehen sein. „Die Schuellmaister sollen die Iugent in Buchstabiren,
lessen, schreiben und raithen (rechnen) wohl unterweissen. Für ein ABE-Büchl,
so den angehenden Schüllern fürgeschriben, würd s Areuzer bezahlt, umb ain Sil- l
benbichl 2 Areuzer, umb ain Namenbichl, darinnen das Vatter Unser, Ave Maria
und der Glauben geschrieben, 6 Areuzer." Wer nur lesen und schreiben lernte,^
mußte hiefür wöchentlich 2 Areuzer bezahlen, wer das Rechnen erlernen wollte,
zahlte hiefür eigens 2 Areuzer. Im übrigen gingen die Rinder zur Schule wie
es ihnen beliebte. Sie blieben weg, wenn sich die Eltern zu Ader ließen, wenn
sie wallfahrten gingen, wenn sie eben ausschlafen wollten, wenn sie gaffen gehen
mußten, d. h. unter Absingung uralter Weihnachts-, Dreikönigs- und Neujahrs-
lieder bettelnd von Haus zu Haus zogen.
In der Umgebung der Stadt doktorten auf den Dörfern die merkwürdigsten
Pädagogen an der Schule. In Arnstorf, wo später der Lehrer Gruber sein be-
rühmtes Weihnachtslied „Stille Nacht" komponierte, hielt die verwittibte Mesnerin
mit ihrem Anecht Schule, an anderen Orten der Mesner, alte Weiber, Einsiedler,
im Benediktiner-kloster Michelbeuern der Organist und Aammerdiener des Abtes.
Erst Ende des !8. Iahrhunderts wurde unter der Regierung des letzten Fürst-
erzbischofs Loloredo die Schule nach moderneren Grundsätzen organisiert. Aller-
dings unter heftigstem Widerspruch der alten Weiber, die sofort mit der Behaup-
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tung da waren, in der Schule werde nunmehr die falsche lutherische Lehre vek-
breitet. Die damalige Besoldung war ärmlich genug. Die Besoldung des Lehrers
Lechner betrug i?96 einschließlich der Wohnung ^0 fl.
Als das Städtchen an Bayern kam, wurden auch hier die sog. Trivial-
schulen eingeführt. ^836 mußte Lehrer Sturm wider seinen Willen die Aus-
bildung der Lehrerpräparanden für den Salzachkreis übernehmen. Sie mußten
zugleich dem Unterricht der 3. Volksschulklasse beiwohnen. Unter ihnen saß auch
Ludwig Solereder, später einer der bedeutendsten Schulmänner, dessen Fibeln und
Lesebücher ein halbes Jahrhundert den Lehrplan beherrschten, und nach dessen
Methode uns allen die Geheimnisse der Buchstaben und Zahlen erschlossen wurden.
Merkwürdige Geschichten aus dem Schulbezirk
Mehring und Umgebung.
Mitgeteilt von Herrn Hauptlehrer Box Horn, Mehring. (Forts.)
6. Das Lichtleiir von Schödling.
Am Schellenberg in der Nähe von Schödling wurden noch vor nicht allzu-
langer Zeit Rohlen gebrannt. Bei dieser Arbeit verbrannte einmal der alte
Röhler. Seit der Zeit erscheint vielen Leuten, die bei Nacht an der Unglücksstelle
vorbeigehen, ein Lichtlein und begleitet sie.
7. Dev Tod meldet sich.
Tine Dienstmagd in Buschach — die jetzige Söllnerin von Ramstetten, wurde
von einer ihr bekannten Bäuerin angegangen, im nächsten Jahr bei ihr in den
Dienst zu treten. Einige Zeit darauf hörten die Hausinwohner von Buschach,
wie sie gerade beim Abendmahl saßen, jemanden mit Holzschuhen über das haus-
pflaster gegen den Roßstall hin laufen. Der Bauer und sein Bruder eilten so-
gleich zur Haustüre hinaus, sahen aber niemand. Einige Tage darauf erfuhren
die Buschacher Leute, daß die dingende Bäuerin in derselben Stunde gestorben sei.
8. Geistevsxuk in Ged bei Rückstetten.
Auf dem Bauernhöfe des Zettl in Ged (Gde. Rückstetten) spukte es vor
ungefähr 50 Jahren an allen Ecken und Enden, so oft die Familie am Abend
den Rosenkranz in der Stube betete: Eine fremde Stimme hörte man ganz deutlich
mitbeten. Man vernahm ein dumpfes Rollen, als würden Steine in den im Hofe
befindlichen Brunnen geworfen. Es klapperte in der Rüche, als würden Teller
abgespült werden. Es rasselte im Hofe, als würde dort jemand mit der Missing-
(— Zauche)truhe umhersahren. Sn der Flötz (Hausgang) schien jemand mit dem
Besen zu kehren, in der Tenne schienen die Rühe herumzulaufen. Einmal lagen
die Zettlleute im Bette, da wischte jemand den Boden um das Bett herum. Voll
Schrecken liefen sie zum benachbarten Gederbauern um Hilfe. So geisterte es fort
vom Gebetläuten abends bis zum Taganläuten, genau ein ganzes Jahr, nur ließ
es gegen Ende des Jahres nach.
Wie da die Bauerstochter einmal Rnödel anmachte, klang eine Stimme:
„Ottilie, jetzt zahl'ns Messen!" Sn derselben Stunde hatte wirklich der Zettl-
bauer im Rapuzinerkloster Messen für die armen Seelen bezahlt.
9. Avmenseelenxfeifen.
Auf der Straße von Oberteisendorf nach Achtal an der Ache liegt ein
dichtes Buchenholz!. Zeit langem soll dort nach dem Gebetläuten am Abend ein
merkwürdiges pfeifen vernehmbar sein: das Armenseelenpfeifen. Gin Bauer von
holzhausen ging auch, ohne daran zu denken, zur selben Stunde diese Straße !
heimwärts, plötzlich hörte er hinter sich ein furchtbares pfeifen, weshalb er rasche
Schritte machte und für die arme Seele betete. Als er am hölzl vorbei war,
verstummte das pfeifen. (Schluß folgt.)
Das Fürftenhölzl bei Pietling.
Bon weiland L. 6 oermann, Traunstein.
Westlich von dem Kirchdorf pietling liegt der Weiler Fürst mit dem nörd-
lich anstoßenden ungefähr 50 Tgw. umfassenden Fürftenhölzl. hier wurde t8H2 !
bei Herstellung eines Drainagegrabens an der Gichleiten ein Skelettfund mit reichem
Goldschmuck gemacht. Auf diesen Fund hin unternahm der damalige Landgerichts-
aktuar Wisend in Tittmoning eine weitere Nachgrabung. Vgl. Gberb. Archiv, Bd. 6.
Diese Grabungen förderten neben 2 Gläsern einen Goldschmuck im Gewicht von
53^2 Dukaten (Wert--- 500 RW.) zutage. Diese Schmuckgegenstände, aus reinem
Gold gefertigt, stammen aus einer Zeit (Kelten?), in der man die Lötung und
Legierung des Goldes noch nicht kannte, und gehen über 2H Karat hinauf. Auf
jeden Fall zeigen diese Goldfunde bei den drei Leichenresten die hohe Stellung der
Bestatteten, was auch der Name der nahegelegenen Ortschaft „Fürst" anzudeuten
scheint.
Was wir in diesen Zeilen darlegen wollen, bezieht sich weniger auf diesen
Gräberfund, als vielmehr auf die an dieser Wald- und Flurparzelle haftenden
Sagen und Erlebnisse der Umwohner.
Dieses Fürftenhölzl ist neben der sagenreichen Biberschwell*) bei Burg Teng-
ling wohl der zweitgrößte Sagenort des Bezirksamts Laufen. Gr war das ganze
vergangene Jahrhundert hindurch als verrufener Tummelplatz niedrigstehender,
neckender Geister bekannt. Sn diesem Wäldchen sind heute noch die Spuren mehrerer
ausgeworfener Gruben zu sehen, wo, wohl angeregt durch die reichen Goldfunde,
Schatzgräber ihr Glück versuchten, ermuntert von einer zuweilen aus dem Wald
rufenden Stimme „Grabts, grabts doch den Schatz heraus, grabts doch!" All diese !
Grabungen verliefen aber ergebnislos. Sie konnten wegen der neckenden Grd-und
Waldgeister auch nicht zu Gnde geführt werden. Der Boden wurde schwankend,
man fühlte sich schwimmend und vom Wasser umgeben, die Laterne verlöschte;
die Gräber wurden gezwungen unter Hinterlassung von Pickel und Schaufel die
Flucht zu ergreifen.
Durch den „Toten Kien" herab ging oft ein Rauschen und Lärmen, als ob ein
großes wildes Ungeheuer sich durch das Dickicht Bahn breche. Stürme brausten
bei sternheller Nacht, sodaß die stärksten Bäume krachend zu Boden stürzten. Am
anderen Tag zeigte es sich, daß auch nicht ein einziger Baum gefallen war. Alles ^
war nur Blendwerk.**)
Gin pudelartiges Tier „Schwarzer Wutzl" versperrte so manchem nächtlichen
*) Vergl. „Salzfaß", 1925 (Jhrg. 4), S. 61, 65, 74, 84; 1926 (Jhrg. 6), S. 6, 12.
**) Einen ähnlichen Spuck erlebte am Vorabend von Maria Himmelfahrt 1860 Anton Helm-
berger von Harpsetsham, Gde. Palling, als er nachts 12 Uhr am Pestsriedhofhölzl der Pfarrei Palling
vorüberging. Trotz ruhiger Nacht tobte ein Sturm so gewaltig durch das Wäldchen, daß Dutzende
von stürzenden Bäumen ihm den Weg versperrten und er im Laus darüberspringen mutzte. Andern-
tags, als er mit ein paar Zeugen die Sache untersuchte, fand er keinen einzigen gestürzten Baum.
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Wanderer den Weg, mochte er sich wenden wohin er wollte. Schließlich blieb
nichts anderes übrig als darüber zu springen oder, wie es meistens geschah, dar-
überzufallen. Zwei jägerartig angezogene, auf kälberähnlichen Tieren sitzende Reiter,
mit lanzenförmigen Waffen versehen umkreisten gegeneinander reitend den Wald.
Sn der Au, wo sie sich trafen, führten sie eine kreisförmige Schwenkung in Form
eines Achters aus um die Umkreisung des Waldes fortzusetzen. Die nicht beschreib-
baren Tiere bliesen feurigen Atem aus — so beschrieben es mir ein paar Bauern
von Abtenham —.
Zn der oberen Getz am Stilbach wurde des öfteren ein weißes Pferd, ein
Schimmel gesehen; feurige Äugeln und drachenartige farbige Gestalten sah man
zuweilen aus dem Wald aufsteigen.
Tine voll verbürgte, großes Aufsehen hervorrufende Erscheinung zeigte sich
1850 in der Lhristnacht den Umwohnern des Wäldchens, als diese von der Mette
nach Haus gingen. Feurige Flammenwirbel stiegen drehend aus dem Wald in
die höhe um wieder zurückzusinken oder zu verlöschen. Zm Wald selbst raste der
Sturm, Lärm und wüstes Geschrei drang aus dem Dunkel des Waldes heraus.
Ts dauerte fast eine Stunde lang.
Der zu Weihnachten 1911 gestorbene Tnhuberbauer erzählte mir wie, ihm
sein Göd, sein Pate und Vorbesitzer des Gutes öfters folgendes schilderte: „Als
ich einst von einem Scheibenschießen zu Tittmoning ziemlich spät des Nachts nach
Hause ging, hörte ich schon beim Eingang in das Fürstenhölzl dicht hinter mir
ein klägliches Winseln. Obgleich die Nacht sternhell war, konnte ich nichts Leben-
des hinter mir wahrnehmen. Als ich unten über den Steg des Stilbaches ging,
tat es plötzlich einen lauten patscher ins Wasser und die laute Stimme eines un-
sichtbaren Geschöpfes schrie: »hol mich junger Teufel, hol mich alter Teufel!«
Der weitere Weg durch den Wald verlief in voller Ruhe. Nur einmal noch wurde
ich vom Anstand in der Nähe des Waldes vertrieben, als mich auf einmal mehr
als ein Dutzend Hasen umringten, die trotz eines scharfen Schusses nicht die Flucht
ergriffen, was übrigens auch anderen Zägern begegnet ist. Die Maierhofer Bauern
erzählten und beklagten sich öfters darüber, daß sie bei Hellem Tag die unruhig
werdenden Pferde vom Pflug spannen oder das zum heimfahren bereitliegende
Heu liegen lassen mußten, so laut und schrecklich tönte das Lärmen aus dem
nahen Wald."
Seit langem ist es im Fürstenhölzl ziemlich ruhig geworden. Nur selten hört
man von Spukerscheinungen erzählen.
Christliche Kunst in der St. Rupertuskirche
Freilassing.)
Von Zulius Sch einer, Freilassing.
Der Innenausbau der St. Rupertuskirche, die übrigens merkwürdigerweise
die einzige dieses Namens im ganzen „Rupertiwinkel" ist, ist in der letzten Zeit
wieder um ein gutes Stück weiter gekommen. Nach der 1950 erfolgten Vollendung
der patrona Bavariae über dem Thorbogen und der seitlichen Altarbilder an
dessen Fuß sollte der Zwischenraum zwar schon im darauffolgenden Zahr ausge-
füllt werden. Aus naheliegenden geldlichen Gründen konnte dieser Plan jedoch
) Vergl. auch „Salzfaß", 1930 (Jhrg. 9), (S 96.
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nicht ausgeführt werden. In der Zwischenzeit blieb der Thorbogen mit dem so
störend empfundenen Gerüst bekleidet, um erst nach 2 Zähren endlich davon ent-
ledigt zu werden und den Blick auf das in diesen Herbsttagen fertiggestellte ganze
Werk frei zu geben.
Wer in dieser Zeit einmal Gelegenheit hatte, über die Leitern und Leiterchen
hinauf in die höhe von 20 bis 2H m zu steigen — das war aber nur im Besitz
der „schlanken Linie" möglich — um auf den schwankenden Brettern klusschau
zu halten, wird im Bewußtsein, daß ein kleiner Fehltritt oder eine Störung des
Gleichgewichtes schwere Folgen haben kann, diesen Aufstieg nur mit aller Vorsicht
gewagt haben. Zudem erfordert der senkrechte Blick in die Tiefe unbedingt
Schwindelfreiheit. Es ist ganz klar, daß es für viele unmöglich wäre, in „solchen
höhen" auch noch zu arbeiten. Prof. Gberz hat auch bei seiner physischen Sicher-
heit für die höheren Regionen diesen Aufstieg wochenlang täglich zweimal hin
und zurück ohne Schaden gemacht. (Ginmal zwar entfiel ihm das Gefäß mit
schwarzer Trockenfarbe, ein Zwischenfall, der „glücklicherweise" außer an ihm selbst
an den Gemälden keinen Schaden anrichtete). Um so größer ist die Freude über
das Gelingen des ganzen Werkes für den Künstler und Beschauer. Ist doch endlich
mit dem Thorbogen der hauptteil des Innenausbaues beendet.
Der Gesamteindruck ist überraschend eigenartig und eindrucksvoll; in erster
Linie die Lichtwirkung. Die ganze Kirche ist ja nach Lage und Bau eine „Licht-
kirche" und darum nicht wie andere auf mysthischen Gindruck abgestimmt. Darauf
mußte die gesamte malerische und farbentechnische Ausgestaltung (keine zu dunklen
Farben!) von vorneherein Rücksicht nehmen und eingestellt werden; ganz besonders
wieder beim Thorbogen, der ja das Licht zwischen dem hohen Langschiff und dem
Presbyterium in zwei Teile teilt, von denen der letztere im Altarraum aus sakralen
Gründen zu besonderer Wirksamkeit kommen mußte. War diese mit dem Thor-
bogen als Täsur, d. i. Ginschnitt, architektonisch bereits eingeleitet, so ist sie nun
vollends gelungen durch die Fresken, die mit dem vorherrschenden Rot und Blau
das rückwärtige hellgrün geradezu lichtvoll herausheben und umgekehrt diese selbst
davon wieder abheben. Meisterhaft ist die Gesamtfarbenwirkung und der skalen-
artige Uebergang von dem Rot der Seitenaltarbilder in das Blau der patrona
Bavariae, von der, im ganzen gesehen, weichen Teppichwirkung eines Bildteppichs.
Kein Nebeneinanderstellen von Farben, sondern durch Ausklingen und Fibrieren
ein Wachsen und Leben der Farben, das ist die Kunst, die Prof. Gberz als einem
Meister der Farben auf Flächen hier prachtvoll gelungen ist. Dazu noch die zu
einem einzigen Gesamtbild zusammengeschlossenen Ginzelbilder selbst sowohl wie
der liturgische Gedanke der Verehrung und Huldigung durch die Stände machen
den Thorbogen so recht zu einem Triumphbogen. Dies um so mehr, als der Blick
in der Gesamtwirkung von der Hauptsache, dem eucharistischen Thristus, über dem
Heiligtum des Altares, nicht nur nicht abgezogen, sondern erst in lebendige und
lebensvolle Beziehung gebracht wird.
Was stellen nun die Figuren des Thorbogens vor? Bei der Darstellung der
Fresken zwischen den Seitenaltarbildern und der patrona Bavariae handelt es sich
nicht um bestimmte Personen. Sie sind vielmehr allgemeiner Natur, auf der rechten
5eite sozusagen Vertreter einer männlichen und auf der linken Seite einer weib-
lichen Abteilung mit beiderseitigem Aufbau in H Stufen übereinander. Auf der
untersten Stufe sind Bauern, Bürger und Eisenbahner, darüber Bischöfe und Geist-
liche, die auch auf die linke Seite verteilt sind, dann folgen Vertreter fürstlicher
70
Geschlechter und zuletzt Drdensgeistliche. Wie schon erwähnt, wollen die Figuren
nicht als „Porträt" und ebensowenig als Träger einer bestimmten Anekdote gelten,
wie manche gerne meinen, oder es lieber sähen, die diese „neue Richtung" nicht
verstehen — wollen. Nicht die mehr oder weniger getreue Wiedergabe des Gegen-
ständlichen, sondern darüber hinaus spricht aus dieser Darstellung die Gestaltung
und Verkörperung einer Idee, die Formung des Wesentlichen, die Hinlenkung vom
Natürlichen zum übernatürlichen. Diese Auffassung hat es nicht mehr nur mit
Anekdoten (Geschichten) zu tun, sondern mit Sinnbildern, Zusammenfassung in
Typen, welche die mit den besonderen Merkmalen versehenen Arbeiter, geistlichen
und weltlichen Würdenträger allgemein als Träger und Vorbilder eines Begriffes,
hier der Ehrfurcht und Verehrung der Mutter Gottes vorstellen.
Ein Beispiel aus der Reihe: Aniet da ein altes Weiblein; der Aörper ist
zusammengeschwunden und — geschunden von der Last der Jahre und der Arbeit.
Die schweren Hände, übergroß in der ganzen Erscheinung, sie sind die Zeugen der
Arbeit und ihr Symbol, aber in ihrer Stellung und Bewegung auch Gegenstand
und Ausdrucksmittel einer seelischen Bewegung; zusammen mit der Neigung des
Aörpers nach rückwärts, der Wendung des Aopfes und Blickes direkt nach oben
in dem Ausdruck der demutsvoll frommen Huldigung und Anrufung ist sie ein
Symbol für eine an Jahren, Arbeit und Frömmigkeit reichen Arbeiterin und Ver-
ehrerin der Mutter Gottes. Ein Bild, das kaum einfacher und wirkungsvoller
dargestellt werden kann und aus dem der Beschauer zwar nicht so viel an „Erden-
schönheit" aber desto mehr an innerer Araft und Schönheit der Seele erschauen
und schöpfen kann.
Wer sich so im Gebet während der heiligen Handlung oder in einer stillen
Stunde der Betrachtung die Figuren im einzelnen wie im ganzen besieht, staunt
über die Araft, die hier bei aller Einfachheit des Aeußeren und der Linien zum
Ausdruck kommt. Sei es die knieende Stellung, Neigung des Aopfes, Falten oder
Bewegung der Hände in verschiedenen Gesten, immer ist es das durch alle vier
Stufen sich wiederholende wie in Musik mannigfach variierte Thema: Huldigung
und Verehrung. Der gegenständliche Rhytmus in Haltung, Blick und Gebärden
steigert sich in dem Aufbau und der Durchführung durch alle vier Stufen, die noch
dazu infolge der Darstellung der Personen im Profil miteinander in Verbindung
gebracht sind, geradezu zu einem geistigen Rhytmus des Emporstrebens zum Ziel
und Abschluß des Triumphbogens, der patrona Bavariae, unser aller Schirm-
herrin und Fürsprecherin. Damit kann für den sinnenden Betrachter die letzte
Deutung dieses Werkes in seiner Gesamtheit nicht allzu schwer sein: Der Thor-
bogen ist als Triumphbogen der Eingang aus einem Vorhof in das Heiligtum,
' zu dem die Verehrung der Patronin hier und die Einladung des eucharistischen
Thristus dort den Weg weisen. —
Welch eine Araft und ^Fülle religiösen Denkens und Fühlens den Schöpfer
! und Meister, Prof. Eberz, zu diesem Werk beseelt und begnadet I Was ihm
dazu als Aünstler selbst zur Freude und seiner Aunst zu Ehre und Ruhm gereicht,
ist die einzigartige Lösung und Ausführung, von der man neben den großen
Werken des Aünstlers in Frankfurt, Stuttgart, München und Rosenheim auch hier
mit vollem Recht sagen muß: Seine Aunst ist Gottesdienst I
Freilassing ist stolz, in der Reihe der Grte mit solchen Schätzen an christ-
licher Aunst aus der Hand eines Aünstlers von dem Namen und Ruf eines Prof.
Eberz zu sein.
!»
/ ^ El!
Volkskundliches von der Rette.
Wenige Blumen haben es zu so allgemeiner Beliebtheit gebracht, wie die
farbenprächtige Gattung der Nelken: leichte Zucht, großer Blütenreichtum, unend-
liche Farbenfülle und würziger Wohlgeruch haben die Nelken zum Volksliebling
gemacht. Der Name der Nelke stammt von der Verkleinerungsform des Wortes
„Nagel" ab, mit dessen breitem Kopf die aufgeblühte Nelke tatsächlich eine Aehn-
lichkeit hat und die Blumenblätter reichen bis tief in den Kelch hinab und find
an diesen gewissermaßen angenagelt. Gemeinsam hat die Nelke den Namen mit
UV0M3Ü6U8, der Gewürznelke aus der Familie der Wyrthengewächse,
deren ätherisches Gel in der Heilkunde bei Wagen-, Zahn- und Nervenschmerzen
oft angewandt wurde. Jedenfalls wirkt das Nelkenöl reinigend, weshalb man bei
Leuchen früher immer Gewürznelken im Wunde haben sollte, um so vielleicht
eingeatmete Arankheitserzeuger unschädlich zu machen. Diese Tatsache scheint auch
bei der Erzählung im Spiele gewesen zu sein, die von der Auffindung der Nelke
durch Ludwig den heiligen aus seinem tunesischen Areuzzuge im Jahre s270 er-
zählt: In seinem Heere brach einst das große Sterben aus und Aaiser Ludwig
soll diesem durch einen aus den Blüten der Nelke bereiteten Trank Einhalt getan
haben. Ihr Siegeszug durch das ganze Abendland muß ungeheuer rasch gewesen
sein; denn schon Aaiser Karl V. (gestorben I558) besaß eine große Nelkensamm-
lung und beschäftigte sich in seinen letzen Tagen in der Stille des Alosters St. lauste
mit Nelkenveredelung. Vielleicht hatte der Aaiser sie durch den Handelsverkehr
mit den Niederlanden kennen gelernt, der ja damals in reichster Blüte stand. Die
Niederländer, die vvn jeher große Blumenfreunde waren, beschäftigten sich eifrig
mit der Nelkenzucht. Wie stolz man auf schöne Blumen war, sehen wir aus den
bekannten Wännerbildnissen Jan van Eycks im Berliner Aaiser-Friedrich-Wuseum,
wo der Dargestellte eine prachtvolle dunkelrote Nelke in der Hand hält (und des-
halb auch als „Wann mit der Nelke" in der Kunstgeschichte genannt wird). In
Frankreich erhob sie der große Feldherr Tondß zu seiner Lieblingsblume; auch er
beschäftigte sich in seiner Gefangenschaft in Vrncennes mit der Züchtung neuer
Nelkensorten. Er soll auch ein Buch über Nelkenzucht geschrieben haben. Die
ihm treu ergebenen Soldaten trugen rote Nelken, denen der Name „Tondenelke"
verblieb. Durch das Interesse, das der große Feldherr der Blume geschenkt hatte,
war die Nelke im Hause der Bourbonen sozusagen erblich geworden. Der Herzog
von Burgund, Enkel König Ludwig XV., war gleichfalls eifriger Nelkenzüchter.
In den Zeiten der großen Revolution spielte die Nelke eine bedeutungsvolle Rolle.
Die zum Tode durch das Fallbeil Verurteilten trugen auf ihrem letzten Gange
rote Nelken. Auch die zu den Fahnen Einberufenen nahmen eine rote Nelke als
Zeichen der Liebe des in der Heimat verbleibenden Wädchens mit. Die Soldaten
Napoleons I. schmückten sich mit roten Nelken, die ihnen als Sinnbild großer
Taten galten und sie gleichsam mit den Helden von Rocroi unüberwindlich machen
sollten. Durch französische Einflüsse ist wohl die Nelke zu der Blume geworden,
die die Anhänger des „Weltfeiertages" (h Mai) mit Vorliebe im Knopfloch
tragen. Besondere Verehrung widmen die Belgier der Nelke. Tritt sie schon im
Webmuster der Spitzen und Tapeten als Wüster vielfach hervor, so begleitet sie
auch das tägliche Leben des Arbeiters. Bei der Hochzeit überreicht die Mutter
dem aus dem Elternhaus scheidenden Sohne einen Nelkenstrauß als Sinnbild
häuslicher Friedfertigkeit. Im Volkslied kehrt vielfach die Wendung wieder: Die
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Ainder möchten der Mutter auf ihr Grab Nelkenstöcke pflanzen. Die allgemeine
Beliebtheit geht auch daraus hervor, daß sie überall, selbst an den Fenstern der
ärmsten Arbeiterviertel, in vielen Töpfen gezogen wird. Bei der Umgestaltung
Madrids im Jahre und der Anlage der „Ovun-Viu" fiel auch die 0all6
cks eluvuI-Nelkenstraße, in der früher ein kleines Aloster war, das durch seine
schönen Nelken berühmt war und die ihm auch Glück brachten. Die Gemahlin
Ahilipp HI., Margarete von Oesterreich, ging einst dort vorüber und freute sich
seiner bunten Blumenpracht. Zum Dank für einen ihr überbrachten Nelkenstrauß
stiftete sie dem Aloster reiche Gewänder zum Gottesdienst und der ganze Hof kam
dorthin öfter zur Andacht. Sn Deutschland blieben die Nelken seit ansang des
Jahrhunderts in allen Abarten die Hauptzierden des Bauerngartens und haben
diesen Ehrenplatz bis heute siegreich behauptet.
Bereinsnachrichten.
Line heimatkundliche Wanderung zur Festung Hohensalzburg.
Bei herrlicher Witterung fand am Sonntag, 26. Juni die angekündigte heimat-
kundliche Wanderung zur Festung Hohensalzburg statt. Die Führung hatte Herr
Oberbergrat a. D. Sporn von Oberndorf freundlichst übernommen. Ein kleiner
Areis von Heimatfreunden hatte sich bei der Burglinde auf Hohensalzburg ver-
sammelt um mit Herrn Dberbergrat Sporn die Wanderung durch die Festung
anzutreten. Nach kurzer Schilderung der frühgeschichtlichen Entwicklung der Festung
Hohensalzburg anhand einer Reihe von Lichtbildern und der Beschreibung des
schrittweisen Ausbaues im Gleichklang zu den jeweils technischen Fortschritten im
Belagerungswesen wurde die Uebergangszeit behandelt. Die Schilderung be-
stand in einer kurzen Beschreibung der damaligen Belagerungseinrichtungen (dem
Antwerke) mit seinem „hohen Gewerfe" aus fahrbaren Ballisten, die hinter
den Wallmauern aufgestellt wurden, seinem „Niederen Gewerfe" aus „Kata-
pulten" und „Onagera", einem „Steinwurfzeug", die in Wurferkern aufgestellt
waren, sowie in der Darstellung der allmählichen Herausentwicklung der Befestigungen
aus den bloß mauerumwallten, grabenlosen, turmartigen bezw. turmarmierten,
burgenartigen Festungen zu den für die Aufstellung von Geschützen geeigneten
pastionierten, später tenaillierten, d. h. in Verteidigungsabschnitte geteilten Grund-
riß-Festungen samt den damit in ihrer technischen Durchbildung gleichlaufend
fortschreitenden Verteidigung^ und Angriffswaffen. Diesen Darlegungen folgte
eine Besichtigung desAeutschachdenkmals, der Georgskirche, des „äußeren
Burghofes" und des „inneren Schloßhofes", von wo die Wanderung durch
den unter den Fürstenzimmern sich hinziehenden „Feuergang" zum alten Ge-
richtsturm (auch Reckturm genannt) fortgesetzt wurde. Von hier aus übernahm
der für Führungen auf der Festung bestellte Wart die weiteren Erklärungen. Nach
der Besichtigung der Folterkammern wurde die Aussichtswarte bestiegen, von
da der ringsum laufende Wehrgang, (der Letze), dann das Hornwerk „Der
Salzburger Stier" besucht. Nach Besichtigung der Fürstenzimmer wurde noch
dem Rainermuseum ein Besuch abgestattet. Abschließend zeigte Herr Ober-
bergrat Sporn eine große Anzahl von Bildern über die Entwicklung der Angriffs-
waffen und der Schutzwaffen aus der ältesten und älteren Zeit sowie kleine Alan-
skizzen über Burgen und Festungen aus den verschiedensten Jahrhunderten unter
Erklärung von Einzelheiten. — Ein recht gelungener l. Heimatausflug, den ein
geselliges Zusammensein im Augustiner-Bräustüberl in Mülin beschloß.
73
N.Jahrg. Bereinsblatt der Heimatfreunde des Nupertiwinkels e. V., Laufen. 1932.
4. Folge. Druck: Buchdruckerei Ried, Laufen. — Schriftleitung: Dr. Wagner, Laufen.
Ealzburgijche Söldnergarmsonen um die Wende des
14. Jahrhunderts in Lausen und Attmoning.
Von Regierungsrat 1. Klasse Dr. Emil Abt, München.
Die zweite Hälfte des fH. Jahrhunderts brachte für das Land Salzburg eine
ganze Reihe von Ariegshändeln mit Bayern; unter diesen hatten in erster Linie
zu leiden die beiderseitigen Grenzgebiete und davon im Salzburgischen, abgesehen
von der ringsum durch bayerisches Gebiet abgeschlossenen Stadt Mühldorf nebst
Umgriff, der heutige Rupertiwinkel, der ja als westlichster und nördlichster Teil
des salzburgischen Flachgaus (vgl. Salzfaß f9^3 Nr. H S. 2) am meisten gefährdet
war. Nus die weniger einschneidenden Reibereien von unter dem Erzbischof
Mrtolf folgte der Krieg von f357, die sogenannte Tanner Fehde.
Das salzburgische Ministerialengeschlecht der Tanner wandte sich an die bayerischen
Herzoge um Hilfe gegen Mrtolf. Herzog Stefan II. mit der hafte von Landshut
(f3H9—t^75) fiel ins Salzburgische ein und besetzte u. a. die Burg Tetelham bei
Waging. Der Erzbischof bot ein Söldnerheer unter Führung des Hans von Traun
auf und zerstörte den.viel umstrittenen Dornberg bei Mühldorf. Das nächste Ariegs-
ereignis war der Tiroler Erbfolgekrieg von t^63, hervorgerufen durch eine Bayern
schädigende und Oesterreich begünstigende gefälschte Verfügung der Erbin von
Tirol, der verwitweten bayerischen Herzogin Margaretha Maultasch (vgl. Döberl:
Entwicklungsgeschichte Bayerns — 2. Nufl. t908 — Bd. t 5. 299 ff). Dem Ein-
fall des verbündeten österreichisch-salzburgischen Söldnerheeres ins Bayerische ge-
boten die Ueberfallenen durch einen entscheidenden Sieg bei Getting am Inn halt,
wobei 70 österreichische und salzburgische Herrn in Gefangenschaft gerieten. Herzog
Stephan II. belagerte, allerdings ohne Erfolg, die salzburgische Stadt Mühldorf
(vom 5. Juni bis 28. Nugust t36H) sowie die Burg Nbtsee (vgl. Dr. A. Wagner:
Burgstall im Nbtsee, SalzfaßJ923 Nr. 5.2) und brandschatzte das erzbischöf-
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liche Land bis vor die Tore von Salzburg, während gleichzeitig der salzburgische
Hauptmann Thol von Leidenhofen mit seinen Söldnerhaufen von Laufen aus ins
Bayerische verwüstend einfiel. 1373 unternahm der bayerische Ritter Werntzel
Seiboldsdorfer einen Raubzug gen Salzburg und ließ dabei Teisendorf in Flammen
aufgehen. 1374 und 1376 wurden zwar Friedensverträge zwischen Bayern und
Salzburg geschlossen. Die Verhältnisse blieben aber so kritisch, daß sich Salzburg
1377 veranlaßt sah, seine Grenzburgen plain (Pfleger: Dietrich Threutzer, aus
Aärnten stammend), Staufeneck (Pfleger: Friedrich Züngel), halmberg bei Waging
(Pfleger: Wichel haunsberger), Tetelheim (Pfleger: Aaspar Turner) und Liechten-
tann (Pfleger: Hans Eroltsbeck) mit 2, 3, 3, 6 und 2 Spießen (schwer gerüstete,
besoldete Reiter) zu besetzen. 1379 hatte der salzburgische Erzbischof Pilgrim H.
von Puchheim (1365—1396) eine Fehde mit dem bayerischen Geschlecht der
Frauenberger zu bestehen. Es folgten weitere Streitigkeiten mit den bayerischen
Herzogen, namentlich auch wegen des Hochstiftes Berchtesgaden, wo ernste Meinungs-
verschiedenheiten ausgebrochen waren zwischen dem probst Ulrich I. Wulp und
den Thorherrn; die Thorherrn gingen den Salzburger Erzbischof und der probst
den Herzog Friedrich um Hilfe an (vgl. Dr. Franz Wartin: Die Fürstpropstei Berch-
tesgaden, München 1923, 5. 9); Friedrich war der Zweitälteste Sohn des schon
erwähnten Stephan II.; er regierte damals die bayerischen Lande gemeinschaftlich
mit seinen Brüdern, dem älteren Stephan HI. dem Aneißel (^ dem prächtigen)
und dem jüngeren Johann II. 1387 nahm Herzog Friedrich in hinterhältiger
Weise den Salzburger Erzbischof bei Raitenhaslach gefangen. 1388 belagerten
vergeblich Salzburg das bayerische Burghausen und Bayern das salzburgische
Wühldorf, hingegen konnte Salzburg die kurz vorher durch Bayern von den
Auchlern erworbene Feste Bbtsee mit einer Söldnerabteilung erobern. 1390 kam
es zum länger wirkenden Friedenschluß, wobei Bbtsee endgültig an Salzburg ab-
getreten wurde. (Vgl. Dr. Herbert Alein: das salzburgische Söldnerheer im 14 Jahr-
hundert, Mitteilungen d. Gesellschaft f. Salzburger Landeskunde ^Bd. 66) 5. 107 ff.
— LI. Seethaler: Beiträge zur Geschichte und Topographie vom LIbtsdorfer See
und der umliegenden Gegegend, Dntelligenzblatt von Salzburg 1803 5. 617 ff. —
Widmann: Geschichte Salzburgs, Gotha 1907 Bd. 2 S. 101 ff).
Trotz dieser schriftlichen Friedenvereinbarung blieben die beiderseitigen Be-
ziehungen zunächst noch gespannt und zwar auch dann noch, als in Salzburg
Erzbischof Gregor Schenk von Gsterwitz (1396—4403) folgte und in Landshut
Herzog Friedrich gestorben war (1393). LInstoß zum Vrgwohn gab nach wie vor
die Propste: Berchtesgaden, die bei Salzburg so sehr in Schulden geraten war,
daß sie 1392 alle nutzbaren Rechte und Renten in und außer Landes mit der
Saline dem Erzbischof zu Pfand gab, worauf Salzburg in Rom auch die geist-
liche Einverleibung betrieb und vorübergehend sogar durchsetzte (vgl. Dr. Martin
a. a. M. S. 10). Die Spannung führte dazu, daß Salzburg von 1397 bis 1402
in der der bayerischen Grenze zunächst gelegenen Stadt Tittmoning und sodann
auch in der benachbarten Stadt Laufen von 1399 bis 1402 Söldnergarnisonen
unterhielt. Ihre Bedeutung läßt sich dann verstehen, wenn man die erwähnten,
unmittelbar vorausgegangenen kriegerischen Verhältnisse berücksichtigt.
Durch die schon ^angeführten umfassenden und hauptsächlich im Wiener
Staatsarchiv durchgeführten Untersuchungen über das salzburgische Söldnerheer
von Dr. Alein ist man in der Lage über die Söldnergarnisonen einiges mitzuteilen.
Der unmittelbare Vlnlaß für die Errichtung der beiden Garnisonen konnte
bis jetzt noch nicht festgestellt werden. Insbesondere fehlen auch Anhaltspunkte dafür,
warum die Laufener Garnison 2 Jahre nach der Tittmoninger aufgestellt wurde.
Die Größe der beiden Garnisonen ist nicht genau bekannt. Es sind Dienst-
verpflichtungsscheine erhalten von je ^2 Söldnern in Tittmoning und Laufen. Die
Söldner waren schwer gerüstete Reiter »mit V0886N und A626USt«
und gehörten in der Regel zu den ritterlichen Leuten. Leicht bewaffnete Reiter
(Schützen) werden nicht genannt (vgl. Dr. Klein a. a. M. S. Anm. ii9). Die
Bezeichnung der Söldner in der Garnison war Bürger (oiv68) (vgl. Dr. Klein
a. a. D. S. ^3H). Die Söldner stammten nicht nur aus dem Salzburgischen, son-
dern auch aus anderen Ländern; man fühlte sich ganz als Söldner und diente
dem, der zahlte, ohne viel zu fragen gegen wen; den heutigen Begriff der landes-
verräterischen Waffenhilfe kannte man damals nicht.
Der Söldner hatte einen Iahressold von 20 Pfund Pfennig (vgl. Dr. Klein
a. a. G. S. Anm. ii9)> ^ Pfund Pfennig war nicht eine Gewichteinheit,
sondern ein reines Zählpfund zu 2H0 Silberpfennig. Der Wert des Pfennigs
schwankte. Für das i5. Jahrhundert wird angesetzt l Silberpfennig ---- 8,3 Gold-
pfennig der jetzigen Währung und t Pfund Pfennig --- rund 20 Goldmark (vgl.
Heimatbilder aus dem Chiemgau, Regesten Nr. 2 I l925l S. 23 Anm. h— Wid-
mann a. a. M. Bd. 2 S. l8H). Der Wert des Soldes erhellt am besten, wenn man
ihn an den damaligen Sachwerten mißt. Sn der Witte des §3. Jahrhunderts
kostete ein Schwein 65 Goldmark und hundert Jahre später ungefähr 55 Gold-
mark (vgl. heimatbuch des Rupertiwinkels heft W S. 2 f). Nach dem Lands-
huter Tarif von P256 kostete § Elle bestes Tuch W Pfennig und 2^ Pfund
Gchsenfleisch oder 3 Pfund Schaf- und Schweinefleisch ^ Pfennig (vgl. W. Herlein,
das Dorfleben, Regensburg ^908 S. ^90).
Die Quittungen über den Sold lassen sich aus Mangel an genaueren An-
gaben nicht verwerten lvgl. Dr. Klein a. a. D.). Es ist auch nicht festgestellt, ob
die Verpflegung für Mann und Pferd in der Garnison ebenso geregelt war wie
bei den Kriegszügen, wo Einzelheiten bekannt sind (vgl. die angeführte Abhand-
lung von Dr. Klein).
Sn dem von Dr. Klein a. a. G. S. ^35 ff zusammengestellten Verzeichnis
der salzburgischen Söldner sind folgende Namen enthalten, deren Träger zu den
Söldnergarnisonen in Tittmoning und Lausen gehörten:
u) Tittmoninger Garnison (^397—^02):
p Niklas aus der Alm.
2) Peter pächinger.
3) Seitz Bergheimer (aus Bayern).
H) Konrad Lholbrer (Kollrer, Köllerer?), aus dem Land Salzburg
stammend, vorher schon genannt unter dem gegen feste Bezahlung
angestellten Salzburger Hofgesinde, das dem hofmarschall unterstand,
in Friedenszeiten das Gefolge des Erzbischofs bildete, in Kriegszeiten
aber den Kern des Heeres darstellte. Das Hofgesinde war nicht so
gut bezahlt wie der Söldner in der Garnison.
5) Wolfhart Tächser (aus Bayern).
6) Andre Goppinger (aus Bayern).
7) Ulrich Geder, wahrscheinlich ein Salzburger.
8) perchtold Stettner.
9) Hans Steinsberger, auch unter den Söldnern beim Heer von 039^
das die Landschaft gleich nach dem Tode Pilgrims II. aufstellte
(vielleicht zur Sicherung der Wahl seines Nachfolgers und zur Ver-
hinderung einer Einmischung von Bayern).
W) Ramel Wertheimer, vorher schon festgestellt beim Salzburger Hof-
gesinde und als Söldner des Landschaftsheeres von ^396.
b) Laufener Garnison (^399—^02):
t) Gebhart Aschacher, Hauptmann der Söldner. Er war vorher schon
unter dem Salzburger Hofgesinde und deshalb als Führer besonders
geeignet.
2) Rappolt Aufhaimer (aus dem Land Salzburg).
3) Heinrich putenvelder, wahrscheinlich aus dem Salzburgischen, auch
bei Aufstellung des Landschaftsheeres ^396 genannt.
H) Hans Engelshaymer.
5) Härtel Lampotinger, als Söldner schon ^388 und im Landschaft-
heer ^396 erwähnt.
6) Gertel Moser, erscheint auch unter dem Hofgesinde.
7) Hans Rebel (unsicher, ob aus dem Land Salzburg).
8) Seydel Ursdorfer (wahrscheinlich aus dem Salzburgischen).
9) Aonrad Weidacher, auch als Führer im Landschaftheer ^396 festgestellt.
W) Thristian Weidacher, schon vorher als Söldner zum Landschaftheer
^396 angeworben.
Der eigentliche Grund für die Einziehung der beiden Garnisonen ist nicht
festgestellt. ^392 hatten die drei bayerischen herzöge ihr Land geteilt: Bayern-
Ingolstadt unter Stefan III. dem Aneißel (s392—^^3), Bayern-Landshut unter
Friedrich (§392—^393) und Bayern-München unter Johann II. (^392—^39?).
Nach dem Tod Friedrichs von Landshut (^393) stritten sich die Brüder um die
Vormundschaft über dessen Sohn Heinrich den Reichen (^393—^50). Beim Tod
Johanns von München (t397) nahm Stefan der Aneißel die sämtlichen wittels-
bachischen Lande allein für sich in Anspruch und schloß seine Münchener Neffen
von der Mitregierung aus. Die Münchner Zünfte, die sich damals ähnlich wie
anderwärts mit den Patriziern um das Stadtregiment stritten, hieltenI zu den
Ingolstädtern, die Patrizier zu den Münchner herzögen Ernst (^597—^38) und
Wilhelm (^397—^35), den Söhnen Johannes II., die gemeinsam regierten.
Bayern-München ließ sich die Anmaßung Ingolstadts nicht gefallen. Fehde war
die Folge. „Der Zeit lag das Teilen und hadern im Blut, innerhalb wie außer-
halb Bayerns. Das war allerwärts ein ewiges Teilen, ein ewiges Zetern gegen
den lieben Vetter, ein rücksichtsloses Einziehen des Landesteils, sobald einI-Vetter
nur auf kurze Zeit über die Grenze ging." Erst von ^03 an war der Haus-
streit endgültig geschlichtet. (Vgl. Döberl a. a. G. S. 30H f). Es liegt der Schluß
nahe, daß man ^02 in Salzburg die bayerische Gefahr infolge der innerbayerischen
Wirren nicht mehr für so groß erachtete wie ^397 und ^399 und deshalb glaubte,
die Aufhebung der Söldnergarnisonen in Laufen und Tittmoning wagen zu können.
Auch mochte der Erzbischof Gregor aus Anlaß des ^397 erstmals geschlossenen,
1399 und ^02 wiederholten Bündnisses mit den bayerischen Herzogen (vgl. Wid-
mann a. a. G Bd. 2 S. 203) die Ueberzeugung gewonnen haben, daß in München,
Ingolstadt und Landshut nunmehr eine andere Politik Fuß gefaßt hat.
77
Aurze Ortsgeschichten aus dem ^upertiwinkel.
Von Ludwig Gern Hardt, München.
16. Saaldorf.
Im Jahre t?98 entdeckte Seethaler an der Mstseite der Airchenmauer von
Saaldorf einen römischen Gedenkstein, den Julius Auintus für seine Gattin Ve-
ratia Serotina, seinen seligen Sohn Veratius primio und seine Nachkommen hatte
errichten lassen. Der Stein wurde im Aircheneingange ausgestellt, kam t80H nach
Salzburg und ^807 ins Nntikenkabinett nach Wien.
Ferner fand man neben der Airche von Saaldorf trommelförmige große
Steine, von denen einer t863 noch im Schloßhofe von Laufen zu sehen war. Die
Steine waren mit Bildhauerarbeit versehen, aus der man die Gestalt eines Ritters
mit Streithammer und Schwert und Züge einer Inschrift zu erkennen glaubte.
Den Sinn dieser Steine vermochte man nicht zu enträtseln.
Nus diesen Funden dürfen wir den Schluß ziehen, daß Saaldorf eine sehr i;
alte und bedeutende Siedlung ist. Dies geht auch aus den ältesten Nachrichten
aus der christlichen Zeit hervor. Nus den Bemerkungen über die Gründung und
Güterausstattung des Erzbistums Salzburg aus der Zeit um 790 erfahren wir, ^
daß die edeln Männer Maio und Wich ihr Eigentum zu Saldorf ans Erzstist
geschenkt haben. Das Uebergabebuch des Erzbischofs Tietmar des Zweiten
(t025—meldet ferner, daß der Erzstiftsangehörige Mvdalpreht fünfzig Joch
in Saldorf ans Domkapitel übergeben und dafür Grundstücke in Weisbriach und
Lungau erhalten habe.
Nach den Alosterurkunden von Schäftlarn waren Heinrich von Sallendorf,
seine Gattin Heiliga und seine Söhne Ehounrad und Heinrich in pouche begütert.
Im Jahre N90 überließen sie ihre Rechte über einen Hof zu poucha an Propst
Heinrich. Mb das Geschlecht der Sallendorfer in Saaldorf bei Laufen, in Schall-
dorf bei Ebersberg oder an einem andern Mrte ansässig war, möchte ich hier
nicht entscheiden.
Nm 6. Dezember W97 fand in der Nähe von Saaldorf zwischen dem recht-
mäßigen Erzbischof Thiemo von Salzburg und dem Gegenbischofe Bertold eine
blutige Schlacht statt, in der Thiemo besiegt wurde. Nuf Seite des Gegenbischofs
kämpften bayerische Arieger. Nls um ^800 die Straße zwischen Schign und Lang-
wied erweitert wurde, fand man eine Menge von Schädeln und Totengebeinen;
vielleicht stieß man damals auf Ariegergräber aus dem Jahre W9?-
Im ^2. Jahrhundert wird in Saaldorf ein Nmt des Domkapitels von
Salzburg erwähnt. Ulrich von Bergham bei Aay übergab zwischen und
N67 sein Gut zu Schnitzing bei Tyrlaching an Luitpold von Lchnitzing, damit
es dieser dem Nmte Saldorf einverleibe. Um die gleiche Zeit übergab Gebots
sein Gut in Scrostet im Nmte Saldorf ans Erzstift Salzburg. Zwischen
und N67 hat ferner der Dienstmann Rudolf von St. Rupert sein Gut zu Berg- '
Ham bei Tittmoning als Seelgerät nach Salzburg vermacht und bestimmt, daß
es nach seinem Tode der domkapitelsche Nmtmann von Saldorf verwalten solle.
Wernhard von Nbtenham verkaufte um diese Zeit sein Gut zu pietling um zwei
Pfund an den Bruder Gpertus, der es zum Nmte Saldorf schlagen sollte. Nuch
Sigifrid von Bergham übergab fürs Nmt Saldorf zwischen und N67 sein
Gut zu Bergham als Seelgerät. Um die gleiche Zeit ließ Hartmut, als er ins
Aloster eintrat, durch Friedrich von Saldorf sein Gut zu Waldering bei Tittmo-
78
ning übergeben. In den Urkunden des Domkapitels von Salzburg taucht zwischen
ts5s und A67 zweimal der Kämmerer Reginward von Saldorf aus.
Saldorf ist demnach eine sehr alte Besitzung des Domkapitels von Salzburg.
Ls kommt auch im Briefe des Papstes Hadrian des Vierten vor, worin der Papst
am 30. Dezember A37 das Domkapitel in seinen Schutz nimmt und dessen Be-
sitzungen bestätigt.
Friedrich von Saaldorf gehörte wohl dem Geschlechte der Herren von Saal-
dorf an, die seit dem §2. Jahrhundert in den Urkunden von Salzburg erscheinen.
Zwischen A67 und ^83 kommt auch Liupolt von Saldorf vor. Als erzbischöf-
licher Beamter wird zwischen A83 und der Scherge perhtold von Saldorf
erwähnt.
Das Amt des Domkapitels zu Saldorf tritt uns auch im Schutzbriefe ent-
gegen, den König Philipp am t0. Dezember ^207 für das Domkapitel ausfertigen
ließ. Der Scherge Rudolf von Saldorf war vor dem t0. Januar §2^9 als Zeuge
zugegen, als Konrad von Leustetten bei Saaldorf sein Gut ans Domkapitel übergab.
Papst Gregor der Neunte bestätigte am 2. April ^230 die Güter und Rechte
des Domkapitels, darunter die Vogtei über Saldorf. Ueber die Besitzungen in den
Aemtern Saldorf und Petting hatte das Domkapitel Ritter Ekkehard von Tann
als Schirmherrn eingesetzt. Da der Ritter jedoch das Domkapitel bedrückt hatte,
beschloß Erzbischof Eberhard der Zweite, die Güter des Erzstiftes keinem welt-
lichen Herrn mehr anvertrauen zu wollen.
Sn den Klosterurkunden von Schäftlarn lesen wir 1236 unter Propst Konrad
dem Ersten von den Gebrüdern Heinrich und Kunrad von Sallendorf. Sm Ueber-
gabebuch des Domkapitels kommt zwischen t2H2 und ^26^ Heinrich, Amtmann
von Saldorf, vor. ^279 taucht p. von Saaldorf als Zeuge auf und s289 hören
wir von Heinrich von Saaldorf. Heinrich von Saldorff bezeugte am 20. Nkai
t30Z, daß Ulrich von U7oosen das salzburgische Lehnsgut auf dem Surberch von
allen Ansprüchen des Ehain Gerb gelöst habe.
Otto Graf von plain hatte dem Domkapitel an den Besitzungen in Saal-
dorf Schaden zugefügt, weshalb er dem Erzstifte ^250 einen Hof in Heining bei
Laufen und die Schwaige Au in Leogang als Schadenersatz überließ.
Die Gerichtsurkunden von Laufen melden, daß Erzbischof Konrad am
Januar ^298 mit Zustimmung des Domkapitels und des Pfarrers und Notars
lvernher von Salzburghoven den dritten Teil des Zehnts von Saaldorf und Salz-
burghofen, der bisher zur Pfarrei Salzburghofen gehört hatte, der Domkirche von
Salzburg übertragen habe, damit man die Einkünfte den Gottesdiensten, der
Beleuchtung und anderen Bedürfnissen zuwende.
Unter den vornehmen Geschlechtern, die mit dem Kloster Beiharting in
Beziehung standen, werden ^325 Eberhard, Friedrich und Heinrich von Salldorff
aufgezählt. Friedrich von Saaldorf kommt außerdem auch §537 vor.
Saldorf, Sillerstorf, Hausen, prüning, Leitstetten, Surheim, Gerstetten, Villern
und Niederheining gehörten zu jenen Erzstiftslehn, die den Herren von Oberndorf
verliehen worden waren. Konrad von Oberndorf gab am s0. Juni ^337 sein
Gericht, das aus diesen Dörfern und 2H7 Herdstätten bestand, um vierhundert
Pfund Salzburger Pfennig ans Erzstift zurück.
Sn den Klosterurkunden von Rott am Snn begegnet uns ^337 hainrich der
Saldorfer als Bürge. Die Gerichtsurkunden von Traunstein berichten uns, daß
Stephan der Saldorffaer und seine Hausfrau Elspeth und seine Schwiegermutter
79
Diemut die Westerchirchärinn an den Dompropst und Erzpriester Eberhard und
ans Domkapitel von Salzburg drei Viertelsteile ihres Gutes zu Eysenperch im
Miesenpach, die sie bisher vom Erzstiste zu Lehn gehabt hatten, verkauft haben.
Der Brief hierüber wurde am 8. Januar §367 ausgestellt.
Sn den Alosterurkunden von Polling tritt Linel Saldorffer to8^ als Zeuge
auf. Das Totenbuch von Sankt Rupert gedenkt unterm 25. August des Ritters
Hainrich von Saldorf, der dem Jahrhundert angehört hatte. Sn den Urkunden
des Augustinerchorherrenstifts Beuerberg kommt ^36 Wilhalm Saldorffer als
Zeuge vor und die Alosterurkunden von Polling nennen uns im Auszuge über
die adeligen Geschlechter ^37 Heinrich Saldorfer zu Gunzelhofen. Auch in den
Alosterurkunden von Tegernsee taucht ^^0 Heinrich Saldorffer auf und ^^5
nennen sie die Gebrüder Jobst und Heinrich Saldorffer und Aathrein, die Haus-
frau des Heinrich von Saldorf.
Ein Kaufbrief, der sich unter den Gerichtsurkunden von Raschenberg befindet,
besagt, daß Jörg Aschacher von Ainhering für sich und die fünf Ainder des
seligen Hans Wagrainer am W- März einen Stadel und zwei Teile des
Gartens vor dem Markt Täusendorf an Gotthard Saldorffer, Mautner zu Täusen-
dorf, verkauft hat.
Pfarrer Johann Strawsdorfer von Salzburghofen gab am 2. Juni
kund, daß Herr Johann Duster, Propst der Airche von Wralislav und Aaplan
der Hofkirche Johann Baptist von Salzburg, den dritten Teil des Getreidezehnts
aus den Gebieten von Salzburghofen und Saldorf und aus andern Pfarreien an
ihn auf drei Jahre ^verpfändet habe.
Aus den Gerichtsurkunden von Laufen erfahren wir, daß das Domkapitel
von Salzburg am 26. Juni ^55 das Erbrecht auf einem halben Hofe zu Saaldorf
an Marchs Weibhauser, Amtmann zu Saaldorf, und dessen Ehefrau verliehen habe.
Propst und Hofkaplan Johannes Düster von Salzburg verlieh am 26. April
^59 den Drittelszehnt aus den Pfarrsprengeln von Salzburghofen und Saldorff
auf drei Jahre an Pfarrer Stephan Hartmann von Salzburghofen, der dafür
jährlich je 25 Schaff Roggen und Hafer nach Salzburger Maß und einen Wagen
Roggenstroh ins Haus des Magisters nach Salzburg zu bringen hatte. Am 2H.
April ^62 wurde die Belehnung mit dem Drittelszehnt von Salzburghofen und
Saaldorf erneuert.
Nach den Alosterurkunden von Rott am Snn wirkte ^"75 Leonhard Sal-
dorfer als Richter zu Schwaben bei München. Marchs von Salldorf urteilte am
3. Oktober ^80 im eehaftäding zu Salldorf, daß die Leute von pruning von
alters an die Schranne nach Lebenau gegangen seien und dem Gerichtsstabe
Lebenaw gehorsam wären.
Nach den Gerichtsurkunden von Tettelham bezeugten Stephan püchler, Marx
Alinger und Marx Hasenmullner, bed zu Saldorff gesessen, daß Rueprecht Tum-
perger am 3H Dezember t^9l als fürst-erzbischöflicher Pfleger von Halmberg
bestellt worden ist. Eine andere Urkunde meldet uns, daß der Hof des Ulrich
am Uotenperg ^508 zum Amte Saaldorf gehört habe und dem Dompropst von
Salzburg abgabepflichtig gewesen sei. Ein Brief vom Jahre ^603 bringt uns
ferner die Aunde, daß Georg Streitwieser, Urbarsmann des Domkapitels von
Salzburg zu Hausen, dem Salldorfer Amte zugeteilt war.
Saaldorf galt als Gerichtsschrannenort im Gerichte Gberlebenau.
80
wird Saaldorf unter den Vierteln des Amtes Gberlebenau aufgeführt, das dem
pfleg- und Landgerichte Laufen unterstellt war.
2m Jahre (852 setzte sich das Dorf Saaldorf aus HO Häusern, einer Tochter-
kirche, einem Schulhaus und einem Wirtshaus zusammen. (8H0 gab es im
Airchdorf Saaldorf im Landgerichte Laufen HO Häuser und 2H0 Einwohner. (87H
hören wir von 2H( Seelen und H2 Häusern, 1905 lesen wir von 255 Einwohnern
und H6 Wohngebäuden und (925 zählte man im pfarrdorfe Saaldorf im De-
kanate Teisendorf und Bezirksamte Laufen 282 Einwohner und 50 Wohngebäude.
2m Verlaufe von WO Jahren hat demnach unser Vrt an Ausdehnung und
Bevölkerung wesentlich zugenommen.
Das Erbauungsjahr der Sankt-Martinskirche von Saaldorf läßt sich heute
nicht mehr feststellen. Das Gotteshaus wurde um (H50 durch den Anbau eines
Seitenschiffes erweitert. Aus der Witte des (6. Jahrhunderts sind noch einige
schmucke bemalte Holzfiguren erhalten geblieben, die sich an den Pfeilern des
Langhauses und am Thorbogen befinden. 2n den Jahren (866 und (88H
wurde die Airche gründlich erneuert.
*
Quellen und Schrifttum: Gerichtsurkunden von Raschenberg Nr. 23, 26, 36. — Gerichts-
urkunden von Staufeneck Nr. 27. — Gerichtsurkunden von Tettelham Nr. 46, 65. — Gerichtsur-
kunden von Traunstein Nr. 353, 329. — Gerichtsurkunden von Laufen Nr. 3, 33, 37, 51, 86, 107.
— Franz Martin, Die Regesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salzburg 1928, I Nr. 95,
909, 1331. — Dr. Andreas von Meiller, Regesten zur Geschichte der Salzburger Erzbischöfe 1866,
S. 246 Nr. 337, S. 248 Nr. 350, S. 260 Nr. 406. - Abt Willibald Hauthaler, Salzburger
Urkundenbuch I, II, III (siehe Register!). — Nonuinenla Oornianiao Hislorloa, NoeroloAia
II 162. — Honesta doiea. II 190. — Nonnmenla doioa 2, S. 70f, 73; 5, S. 507; 6, S.
454, 291, 340, 341; 8, S. 307, 479, 497; 10, S. 151, 225; 14. S. 404. - Mittheilungen des
Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 1. Ergänzungsband 1885, S. 623. — Mayer-Wester-
mayer, Erzbisthum München-Freising I 737 ff. — ^uvavia, S. 420. — Oberbayerisches Archiv 1,
S. 337; 3, S. 261; 5, S. 196; 6, S. 410; 7, S. 419;'22, S. 302ff; 26, S. 201. — Sigmund
Riezler, Geschichte Baierns, 2. Auflage 1927, S. 176. — Kunstdenkmäler von Oberbayern III 2787.
— Repertorium des topographischen Atlasblattes Traunstein 1832, S. 52, 129. — Ortsverzeichnisse
von Bayern für 1840, 1905 und 1925.
1(7. Steinbrünning und Brunning.
Das Airchdorf Steinbrünning in der Gemeinde Saaldorf und das Airchdorf
Brünning in der Gemeinde palling gehören beide dem Bezirke Laufen an. Da
diese Mrte in den alten Schriften mit der Bezeichnung prunning auftauchen, ist
es schier unmöglich, die beiden alten Siedlungen im Rupertiwinkel streng von-
einander zu scheiden. Wir werden darum in den ersten Zeiten der Geschichte von
Steinbrünning und Brünning mit den Urkunden kurz von prunning sprechen und
die Geschichte der Mrte erst dann voneinander trennen, wenn aus dem Wortlaute
der Schriftstücke klar hervorgeht, welches prunning der Urkundenschreiber meinte.
Steinbrünning hieß im Jahre (000 Prunningin. Ich konnte nicht
feststellen, in welchem Zeitabschnitte die Benennung Steinbrünning auftauchte.
Sollte diese Bezeichnung im Volksmunde schon seit unvordenklichen Zeiten be-
standen haben, so könnte man aus dem Bestimmungsworte Stein aus eine römische
Siedlung schließen, weil die Mrte wie Steinkirchen, Weißenkirchen und Mauer-
kirchen auf Baustoffe Hinweisen, die man seit den Zeiten der Römer verwendete.
Dieser Hinweis auf den römischen Ursprung, auf den wir wegen der Bezeichnung
Steinbrünning schließen, können wir nur als Vermutung gelten lassen, weil uns die ur-
kundliche Grundlage dazu fehlt, daß man seit alters Steinbrünning neben prunningsagte.
81
Im 12. Jahrhundert stoßen wir zunächst auf eine stattliche Reihe von vor-
nehmen Herren und Frauen, die sich nach Arunning benannten. Es gab aber in
Steinbrünning und Brunning ein solches Geschlecht uüd darum erwächst hier
dem Heimatforscher die große Schwierigkeit, den wirklichen Sitz der einzelnen Herren
und Frauen von Arunning herauszufinden. Ich nehme nun an, daß jene Arunninger,
die mit Tettelham und dem Stifte Baumburg zusammen aufgeführt werden, in
Brünning ansässig waren. Der Sitz jener Arunninger, die mit dem hochstifte
Salzburg in Beziehung stehen, verlege ich nach Steinbrünning. Zum Glück weichen
die Bornamen der beiden Geschlechter sehr voneinander ab, so daß mein Versuch,
die beiden Sitze festzulegen, an Wahrscheinlichkeit gewinnen dürfte.
Bon Anfang an heißen die Herren von Steinbrünning Hochstiftsdienstmannen
von Salzburg. Piligrim von Bruonningin, der zwischen 1125 und 11^7 als
Dienstmann des Erzbischofs von Salzburg erscheint, gab für die Armen sein Gut
zu Radstadt her und erhielt dafür das Lehnsgut des Bauern Adalbert zu Heining.
Zwischen 11^7 und A67 übergab Ailigrim von Brunningin auf seinem Tod-
bette mit Zustimmung seiner Gemahlin Uvezala seine Güter bei Heining und
Triebenbach dem hochstifte Salzburg. Das Totenbuch von Sankt Rupert gedenkt
seiner am 20. Februar.
Ailigrims Brüder hießen Egillolf und Tagini von Bruonningin oder
Brunningin. Auch Egillolf war Dienstmann des hl. Rupert von Salzburg.
Zwischen 11H7 und 1167 übergab er mit seiner Frau Mahthild seine hörigen
und deren Nachkommenschaft dem Erzbischof von Salzburg und stiftete mit den
jährlichen Reichnissen von fünf Geldstücken, die diese Untertanen abzugeben hatten,
für sich und seine Gemahlin einen Iuhrtag nach Sankt Aeter. Das Totenbuch
von Sankt Rupert gedenkt am 10. Februar der edlen Frau Mahthild von Brun-
ningin und am 27. November des Dienstmanns Tagno von Arunning.
Tagino übergab am 1. Oktober 11^6 aus Verlangen zum Ulosterleben sein
Gut in Arunningen, seinen Besitz in Triebenbach und sein Solenwasser zu Reichenhall
dem hochstifte von Salzburg. Seine Gattin Irmingart gab hiezu ihre Zustimmung
und Tagino behielt sich vor, die Einkünfte dieser Besitzungen zeitlebens genießen
zu dürfen. Bei dieser Uebergabe waren als Zeugen zugegen Roudpreht, Nkegingoz
und Lhadalhoch von Arunning. Urkunden, die zwischen A25 und 11^7 und
zwischen 11^.^ und 11^6 abgefaßt wurden, sprechen von Folmar, dem Bruder
des Tagni von Arunninigin und von einem Lehn, das Tagino aus der Hand
des Erzbischofs Aonrad von Salzburg empfangen hatte.
Herr Gottschalk von Brunningen, Arunningen oder Aruonningen'erscheint
in Urkunden von 11^7—12^0, also fast hundert Iahre hindurch. Ls hat dem-
nach einen älteren und einen jüngeren Gottschalk von Bruonningen gegeben.
Bon 1125—1150 stoßen wir auf den Namen des Oudalrich von Aruningin,
der ebenfalls im Dienstmannenverhältnis zu Sankt Rupert in Salzburg stand. Ulrich
von Steinbrünning unternahm um 1150 eine Areuzfahrt nach Ierusalem und
ließ vor seinem Abzüge durch seinen Bruder Ailigrim dem hochstifte Salzburg
zwei Dienerinnen namens Adelheid und Mahthild mit ihrer Nachkommenschaft
verschreiben. Dieses Vermächtnis führte erst Frau Wezele nach dem Tode ihres
Gatten Ailigrim von Steinbrünning aus.
Im 13. Iahrhundert begegnet uns in den Salzburger Urkunden zwischen 1219 und
1250 häufig der Name des Heinrich von Arunning oder Aruoningen. Wann der Stamm
der Herren von Steinbrünning erloschen ist, konnte ich nicht ausfindig machen.
82
Du einem Verzeichnisse über die Einnahmen aus Stiftsmühlen und aus
Gütern auf bayerischem Boden lesen wir im 12. Jahrhundert, daß Zankt Peter
von Prunningin zwei Schaff Weizen und vier Schaff Hafer bezog; eine halbe
Behausung im Dorf trug dem Stift ein halbes Pfund Pfennig Zins ein.
Zn den Gerichtsurkunden von Teisendorf und Staufeneck kommen um 1300
Ludwig und Heinrich von prunning vor, die ich als Sprößlinge des Stammes
der prunninger von Steinbrünning bezeichnen möchte. Ludweich von prunning
war Zeuge, als Diemut, die Witwe des Seibot Thauzer von Amaisperge (Amers-
berg) am §2. Zuli 12Y9 vor dem Burggrafen und Richter von Raschberg, Heinrich
von Stauffeneck auf. ihren Hof zu Amaisperge verzichtete. Heinrich von pröning
wohnte am 2^. April 1301 der Verpfändung des Burganteils von Stauffenegge
durch Wilhelm von Stauffenekke an seinen Schwager Zakob vom Torn bei.
Nach den Gerichtsurkunden von Laufen fiel die Vogtei über das Dorf
prunning, die dem Erzbischof von Salzburg gehörte, am 5. Dezember 1345 an
Aonrad von Tuchel, Hauptmann zu Salzburg. Erzbischof Mrtolf verlieh dem
Hauptmann den Aptse, das Dorf Aptzdorf und die Vogtei über Steinbrünning.
Aonrad von Luchel überließ dafür dem hochstifte einen Hof zu Ainoet, ein Gut
zu Haybach, ein Gut zu Stadel, ein Gut zu Muelleiten, ein Gut zu Wens und
einen Zins aus einer Mühle zu Stuelfelden. Als Luchel 1555 die Feste im Abt-
see mit erzbischöflicher Genehmigung ausbauen durfte, war er noch Vogt von
prunning. Mit Abtsdorf kam die Vogtei kurze Zeit nach Bayern; 1388 fiel
Abtsdorf mit dem Vogteirechte über Steinbrünning an die Erzbischöfe von Salz-
burg zurück.
Zm Jahre 1518 taucht Heinrich Nußdorfer zu prinning, salzburgischer
Marschalk auf. Daraus schließen wir, daß um 1300 unser Mrt in den Besitz
des alten Geschlechtes der Herren voll Nußdorf kam. Die Nußdorfer behielten
Steinbrünning mehr als dreihundert Jahre lang; denn ein Zweig dieses Stammes
nannte sich noch um 1600 nach prinning oder Stainprinning.
1^7^ lese ich von Georg Nußdorfer zu prinning und 1^9? siegelte Burck-
hart von Nußdorf zu prünning mit Erzbischof Leonhard von Salzburg einen Be-
stallungsbrief für Sigmund von der Albem, als diesem die pflege zu Halmberg
übertragen wurde.
Aus den Gerichtsurkunden von Teisendorf erfahren wir, daß Blast von
Nußdorf zu Brinning und Bergham, Pfleger zu huetnstain, am 2H. März 1335,
mit dem Domrichter Jakob Straßer von Salzburg einen Tausch einging. Blasi
von Nußdorf gab das Gütl Med bei Gegerstang her und tauschte dafür das Bad
und einen Garten zu Nidern Teisendorf ein.
Zm Jahre 1561 hören wir wiederum von Blasi von Nußdorf, Erbmarschall
des Stiftes Salzburg und Pfleger zu Araiburg. Er starb in diesem Jahre und
fand in der Stiftskirche von Laufen seine letzte Ruhestätte. Da er keine männli-
chen Nachkommen hinterließ, ging sein Besitz zu Bergham und Steinbrünning an
seine Vettern, die Gebrüder Hans David und Jörg von Nußdorf über, die sich
seitdem Herren von Stainprining nannten.
Von dem Geschlechte der Herren von Nußdorf kam Steinbrünning 1631 an
die Grafen von Lodron. Leider konnte ich aus den Gerichtsurkunden über das
Schicksal unsers Drtes unter den Herren von Lodron bisher nichts ausfindig machen.
Zn alten Zeilen war Steinbrünning dem erzbischöflichen Gerichte Saaldorf
zugeteilt. Die größern Gerichtsfälle wurden auf der Schranne und vor dem Ge-
83
richte und Stabe zu Lebenau ausgetragen. Auch Maße und Gewichte scheinen
auf dem Schrannengerichte zu Lebenau bestimmt worden zu sein, wie ich in einer
Notariatsurkunde von Laufen, die am 3. Oktober ^80 ausgestellt wurde, zu ent-
nehmen glaube.
Den Bewohnern von prunning scheint nämlich aus dem Gedächtnis ent-
schwunden zu sein, daß diese Befugnisse dem Amte Lebenau zustanden, weshalb
Thurichmayr, Kaplan der Frau Anna, der Witwe des Wilhelm von der Alben,
und der Junker Moritz von der Alben als der „brotpot" der Witwe ein Gerichts-
urteil herbeiführten. Vor dem Richter Hans Speyser, Pfleger zu Lebenaw, sprach
Marchs von Salldorf „im eehaftäding zu Saldorf urteilmäßig", daß die von
prunning „von alters her an die Schranne gegangen und dem Gerichte und Stab
Lebenaw gehorsam wären in metzfachten, channdlfachten und anderer anlegung des
gerichts".
Steinbrünning zählte im Jahre §832 elf Häuser, eine Nebenkirche und ein
Wirtshaus; l87H betrug die Zahl der Häuser zehn und die Zahl der Einwohner
belief sich auf 82 Seelen.
Die Lage des Dorfes gilt als malerisch. Den Hügel, auf dem unser Ort
liegt, umzieht ein breiler Wassergraben. Auf dem Platze, wo sich heute die Kirche
erhebt, soll nach alter Ueberlieferung dereinst das Schloß der Herren von Brünning
gestanden sein, das in seiner Bauanlage einem länglichen Viereck glich. Ein Teil
des Schlosses soll in die Kirche hineingebaut worden sein. Die erste Kirche wurde
§273 geweiht, §500 umgebaut und wahrscheinlich t67H verändert.
Das Kirchdorf Brünning bei palling dürfte an Alter kaum hinter Stein-
brünning zurückstehen. Sn den Klosterurkunden von Baumburg und in den Ur-
kunden von Frauenchiemsee taucht der Ort öfters auf. Wrr lesen, daß um ^20
Warmunt von Tetilheim in Prunningin ein Gut besaß, das er zu seinem und
seiner Mutter perhte Seelenheile zu den Reliquien der hl. Margaret nach Baum-
burg vermachte. Eine andere Stiftung siel um l durch Roudolf von prunin-
gin nach Baumburg, indem er durch die Hand des Warmund von Tetilheim zum
heile seiner Seele ein Gut zu pruningin nach Sankt Margaret geben ließ. Ein
anderer Hof wurde um diese Zeit durch Pfarrer Aduluni von Ottingen zu einem
Iahrtag ebenfalls nach Baumburg verschrieben.
Um AöO hören wir von den Dienstmannen des Markgrafen Angilbert
namens Arnold und Dietmar, die in Brouningen begütert waren. Arnold und
sein Sohn Dietmar schenkten ihr Gut zu Brünning und einen Grundholden, der
hartmann hieß, ans Stift Baumburg und stifteten damit zum heile der Seele
ihres Sohnes und Bruders Gottfried und ihrer Eltern einen Iahrtag.
Die halbe Behausung, die Alker der Jüngere von Pbemberch am Tage, wo
sein Vater im Kloster Vornbach beigesetzt wurde, dem Abte von Vornbach über-
geben hat, lag wahrscheinlich in Brunning bei Pfarrkirchen.
Sm tZ. Jahrhundert halten die Hintersassen der Aebtissin von Frauenchiem-
see, die in pruning lebten, einen Streit um das Weiderecht im Friedfeld auszu-
fechten. Vor dem Landrichter Wilhalbm Lochner zu Tittmanig erschienen am
23. Oktober lH58 sechs Grundholden von Frauenchiemsee und ließen im Aufträge
ihrer Grundherrin durch Friedrich Wielantinger von Frauenchiemsee Klage erheben
gegen die Hintersassen der geistlichen^hMM von Sewn t Seeon), Reiten Haslach und
Pawnburg und die hörigen de^Warrers von herpolczhaym (harpfetsham bei
palling), die ebenfalls in Brunning hausten. Die geistlichen Herren ließen sich durch
8§
den Anwalt Herrn Georg Torringer von Tusling und den Vorsprech Niklas Reins-
wedel vertreten. Eine Grundholde des Dompropstes von Salzburg und eine Unter-
tanin des Herrn Oswald Torringer zu pruning waren in den Streit nicht mit
einbezogen. Die hörigen von Frauenchiemsee klagten, daß die Untertanen der Alöster
und Geistlichen im geschlossenen Besitz, soweit er im Fridveld lag, Weiderecht aus-
übten. Die Aebtissin von Frauenchiemsee ließ die Bauern der geistlichen Herren
in Brunning pfänden und diese erhoben vor Gericht Einspruch gegen diese Maß-
nahme. Die Gerichte hielten sich aber nicht für zuständig und erklärten, daß diesen
Fall der erzbischöflich-salzburgische Pfleger Georg Trauner von Tittmaning als
berufner und zuständiger Richter zu entscheiden habe. Landrichter Wilhelm Loch-
ner fällte das Urteil, daß die Pfändungen zu Recht ergangen seien und daß die
Beklagten ihr Vieh nicht auf den Grund und Boden im Fridveld der Frauen-
chiemseer Untertanen treiben dürfen. Zu dieser Verhandlung lud man eine Reihe
von Spruchleuten vor, die man aus der Bürgerschaft von Tittmoning und aus
den Bewohnern der umliegenden Orte auswählte. Es erschienen darum neben
den Tittmoninger Bürgern Andreas Aurner, Georg Aigner, Georg Werdacher,
Lienhart Vetter, Jakob Stamer und Ehristan Tandel auch Einwohner von Saling,
Law, Snczing, Mulhaym, palling, Tyrlaching, Raidt, Zaisselhaim, Steten, Lam-
prechtshaym und Tetelprun.
Um diese Zeit ist die Rede vom Reichel-Gut zu Brünning, das die Aebtissin
von Frauenchiemsee freistiftsweise vergab. Auf das Freistiftsrecht hatten Anspruch
die Gebrüder Stephan, Ehristan und Friedreich die Reichel, Asem, der Sohn des
Heinrich prueler aus dem Waldner Gericht, der das Reichel Gut bewohnte, Asems
Sohn Ehristan prueler, Dorothea, die Frau des Hans zu Gossenperg im Ettel-
haymer Gericht, Anngnes Malbrechtingerin, Aatrey Freyßmuettlin zu pollsing
und Margaret, die Hausfrau des Iorig Zagelber zu palling. Alle diese Ver-
wandten einigten sich am W. Oktober über „die Zymer und Freistift" auf
dem Reichel-Gut zu prunning im Gericht Tittmoning und in der Pfarrei palling.
Die Geschwister Reichel traten ihre Freistiftsrechte an ihre Schwester Barbara ab
und verheirateten sie mit Ehristan, dem Sohne des Asem prueler von prunning.
Einen andern halben Ulosterhof zu Brünning verlieh Aebtissin Magdalena
vom Gotteshaus im Uhyemssee am t- Dezember 1^67 freistiftsweise an Ulreich
Nepawr, sonst Weiß genannt, zu prunning. Die andere Hälfte erhielt am gleichen
Tage Peter, der Sohn des Werntzlein von prunning, und das Lehn zu pruening
in der Pfarrei palling, das die Aebtissin von Frauenchiemsee zu vergeben hatte,
empfing gleichfalls am Dezember der Bauer Steffel Eherschl von prue-
ning. Eherschls Lchnbrief siegelte der veste Thoman Waldner von Ekkartswaldt,
Richter zu Uhiemsee, der als Zeugen zugezogen hatte Ulrich Wirtt und Friedreich
Wielantinger.
Am 2. Juli hatte Uaspar Furtaler, der Landrichter des Pflegers und
Ritters Achaz Wispeck von Tittmaning, abermals einen Weidestreit zwischen den
Untertanen von Frauenchiemsee und den hörigen verschiedner geistlicher Herren zu
schlichten. Wegen unbefugten Blumenbesuchs erhob Thoman Waldner im Namen
der Aebtissin von Ayemssee und als Vertreter ihrer Grunduntertanen Lienhart
Wiser, Asem Reyhel, Friedrich Guet und Hans Mair zu pruening Alage gegen
die Grundholden der Alöster Sewn, pawmburg Pfaffenbertt (Pfaffenwörth» und
Raitenhaslach und die Untertanen des Pfarrers Michel Ayeminger von harpflitz-
haym und Ahay, des Herrn Elaner, des Wilhelm von Törring und des Dom-
83
Propstes von Salzburg. Von diesem Streitfälle war ausgenommen der Tandlsmid
zu pruening, dessen Grundherr der Pfarrer von Weging war.
Peter Wertzl, der seit 1^67 freististsweise einen halben Hof des Alosters
Frauenchiemsee inne hatte, verheiratete sich 1^76 mit Ursula, der Tochter des Hans
hawsner von holtzhausen. Ursula Wertzl mußte am 1H. Mai 1^76 vor Thoinan
Balder zu Egkhartzbald, Richter des Gotteshauses im Ayembhse, und den Zeugen
Hans Hauser, ihrem Vater, Ulrich Nepawr zu pryning und hensel hueber zu
hochelckteten, erklären, daß sie auf den halben Hof zu pryning, worauf ihr Haus-
wirt saß, keinerlei Anrechte habe und daß ihre Heirat den Verbindlichkeiten ihres
Mannes gegen Frauenchiemsee keinen Eintrag tun solle.
Ein Brief vom 13. September 1H87 gewährt uns einen Einblick in die
Verwandtschaft des seligen Thristan plannck und seine Erben. Aus den Nachlaß
des plannck hatten Ansprüche Gilg Schmid von Aatzwalhen und sein Vater f
Heinrich Schmid von pruenning. Helena Stupper und ihr Mann Ulrich Stupper,
Bürger von Waeging. Sie wurden alle mit einer Geldsumme abgefunden und
verzichteten darum zugunsten ihrer Vettern Wolfgang und Hans, der Söhne des !
seligen Martin panntäwner (?), aus jeden weitern Erbanspruch.
Der halbe Werntzel-Hof zu prinning ging am 13. "September 1^96 auf
Jorg Werrntzel über, den Aebtissin Ursula damit belehnte. Der Richter Hans
Wertinger im Ehiemse übertrug ihm in Gegenwart der Zeugen Ulrich Molbrech-
tinger, Thristan Aygner zu Aspretzhaim und Tuntz Mercz freististsweise den Hof.
Am 19. November 1502 erhielt Andreas Sueß das Freistiftslehn auf dem Wernnzel-
hofe zu prinning, den bisher „sein Vorvoder Jorg Werntzel" innegehabt hatte.
Der Belehnung wohnten bei Hans Wertinger, Richter im Lhiemssee und die
Zeugen Heinrich Mair zu palling untern: Berg, Mattheus Schmid und Thristan
Reichel zu prinning.
Das Dorf Brünning bestand 1832 aus 27 Häusern und einer Filialkirche; ^
188H umfaßie es 30 Häuser mit 137 Seelen.
Seit alters gehörte Brünning zur Pfarrei palling. Die Johanneskirche zu
Brünning taucht schon im Verzeichnis des Bischofs Arn im Jahre 788 als Got-
teshaus zu Brunningas auf. Zum Unterschiede von Steinbrünning hieß man
unsern Mrt ehedem Johannesbrünning. Wann die älteste Airche erbaut wurde,
läßt sich heute nicht mehr nachweisen. Ein Neubau oder Umbau fand in: 15.
Jahrhundert statt; denn-Bischof Engelmar von Thiemsee weihte am 16. Juni 1^22
die Airche zu Ehren des hl. Johannes des Täufers ein. An diesen: Baue nahm
man in: 17. oder 18. Jahrhundert Veränderungen vor, die der Airche das Ge-
präge von heute gaben.
Mit großen Feierlichkeiten beging man von: 22. bis 30. Juni 1839 das
tausendjährige Jubelfest der Pfarrei palling und der Tochterkirche Brünning. Die
Iahrtausendfeier hätte man jedoch schon 1788 festlich begehen können.
In: nahen Forst südlich von der Airche entdeckte man vor Jahrzehnten Ge-
mäuer und Geschirrtrümmer und glaubte, hier die Spuren der alten Burg der
Herren von Brünning gefunden zu haben. Nach dieser Annahme hätte sich die
Feste der Brünninger von Johannesbrünning in der Einöde Pasee in der Gemeinde
Gtting erhoben.
Trotz aller Bemühungen konnte ich für Steinbrünnings und Brünnings
Geschichte nur Bruchstücke bringen. Ich bin mir aber dessen bewußt, daß ich
nicht alle handschriftlichen Quellen erfassen konnte, so daß ich die Hoffnung aus-
86
spreche, daß die Geschichte der beiden Orte noch gänzlich erforscht werden kann,
wenn man sich auf die Suche nach alten Nachrichten über Steinbrünning und
Brünning begibt.
Quellen und Literatur: Gerichtsurkunden von Laufen im V. Hauptstaatsarchiv München
Nr. 6, 101, 107. — Gerichtsurkunden von Teisendorf Nr. 15, 25, 34o. — Gerichlsurkunden von
Tittmoning Nr. 133. — Gerichtsurkunden von Stauseneck Nr. 2. — Gerichtsurkunden von Tettel-
ham und Halmberg Nr. 48. — Klosterurkunden von Frauenchiemsee Nr. 459, 475, 761, 484, 410,
716, 440, 852, 942. — Salzburger Urkundenbuch von Abt Willibald Hauthaler I, II, III. —
Franz Martin, Die Negesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salzburg, S. 16. — MGNecr.
II 107, 188, 62, 104. — Wiguläus Hund, Stammenbuch II 197. — Mayer-Westermayer, Erzbis-
tum München-Freising I 737, 739, 740, 741, 742; III 391, 393, 397. — Kunstdenkmäler von
Oberbayern III 2793, 2678. — Oberbayer. Archiv 50, S. 358, 381. — Nepertorium des topogr.
Allasblattes Traunstein 1832, S. 10, 59, 131. — KeZesla dolea VIII 56, 328. — Nonuineula
bolea III 15, 19, 22, 47; IV 82. -
^ W' !'!'
18. Raschenberg.
Schloß Raschenberg, von dem heute nur mehr spärliche Ueberreste bei Ober-
teisendorf vorhanden sind, hat eine reiche und rühmliche Vergangenheit hinter sich.
Seit alters gehörte das Gebiet um Raschenberg wohl zum Salzburggau.
In den ältesten Urkunden des Erzstiftes Salzburg jedoch finden wir eigentümlicher-
weise keine einzige Nachricht über diesen Beamtensitz. Erst im §3. Jahrhundert
hören wir von Landrichtern, die auf der Burg wohnten und die dem Gerichte
Raschenberg vorstanden. Damals muß unser Schloß schon längst bestanden haben;
denn die Erzbischöfe haben vermutlich nicht erst im 13. Jahrhundert Beamte nach
Raschenberg berufen. Unter den ersten. Landrichtern lesen wir 1258 Pilgrim von
Pernhaupt.
Im Schiedspruche, der am 20. Iuli 1275 zwischen Erzbischof Philipp und
Herzog Heinrich von Bayern zustande kam, heißt es, daß der herzog auf alle Rechte
verzichtete, die er auf die Festen plain und Raschenberg erhoben hatte. Die Grasen
von plain hatten die beiden Burgen den bayerischen herzögen hinterlassen. So-
mit dürfte Raschenberg eine Gründung der Grafen von plain sein, die mit dem
bayerischen herzoghause versippt waren.
Ein Brief vom 25. Iuli 1292 führt das Gut Reit (Ried?) nächst Raschen-
berg im Gerichte Teisendorf auf. Die Erben Grauenperchs verzichteten damals
zugunsten des Aloster Höglwörth auf diesen Hof.
Nus einer Urkunde vom 12. Iuli 1299 erfahren wir, daß hainreich von
Staufeneck zu jener Zeit als Burggraf und Richter auf Raschenberg saß. Nm 20.
i Mai 1309 siegelte Heinrich von Nopping als Richter von Raschenberg für Ulrich
von Moosen einen Brief. Nls Pfarrer Siboto von Otting am 1H. März 1311
ein Gut in hueb ans Aloster hegilwerd (Höglwörth) schenkte, hängte Heinrich von
> Nopping als Hauptmann (eupilunous) und Richter von Raschenberg an die Ur-
! künde sein Siegel.
Zum Gerichtsbezirke von Raschenberg gehörte im 1H. Iahrhundert Mosleiten
! bei hewlfing (Moosleiten bei Hörafing), das Iakob von dem Turn am 30. No-
vember 13H5 zu einer Iahrtagsstiftung nach St. Zeno schenkte. Nus einer Urkunde
! vom 8. Nugust 1367 erfahren wir, daß Ulreich der Trugsäcz die grabwis pei dem
scherenpüchel im Raschenberger Gericht an Ritter Friedrich den Zünglein, Pfleger
zu Raschenberg, überlassen hat.
8?
Als Nachfolger Züngleins oder Züngleins im pflegrichteramte von Raschen-
berg werden §383 Nlbrecht Scheller, von §584—§z^§ Eberhard von Iöchlinger,
§405 Ulrich der Grans und §407 Thomas Trenbeck genannt. Non §4 §3—§4 §6 s
lag das Nmt in der Hand des Ortolf Groß; §4 §3 kommen auch Hans Eysteter ^
und Eberhard von Oberteisendorf als Landrichter von Raschenberg vor. Unter
den Pflegern lesen wir von §4 §8—§445 Martin Haunsberger. In den Gerichts-
urkunden von Raschenberg erscheinen §429 Hans Schedlingär als Landrichter und !
Martin Haunsperger als Pfleger von Raschenberg. Von §434—§445 hatte Tho- !
mas Oberndorfer das Landrichteramt inne und §438 taucht Nsam der Leuprech-
tinger als Landrichter auf. In den Gerichtsurkunden von Traunstein begegnet uns !
in einem Briefe vom Jahre §444 Thristian von Geyerstang, das damals ins
Gericht Raschenberg einbezogen war.
Nls Landrichter von Raschenberg wirkten um §445 Hans der Schwager, j
§447 Michael der Haffter und §448 Heinrich der Lichtenfelser. Die Gerichtsur-
kunden von Raschenberg führen §45§ den Richter Martein Nufhauser und §453 ^
den Pfleger Marchs Nustorffer auf. !457 und §458 xOmmt Wolf Muettenhai-
mer als Landrichter vor und §462—§497 versah Wilhelm Trauner das Pflegamt.
Ritter Wilhelm Trawner taucht in den Gerichtsurkunden von Laufen §472 und
§474 als Pfleger zu Traunstein und Raschenberg auf. Von §479—§490 lag das
Landrichteramt in der Hand von Liennhard Gössenberger. Er siegelte am 2§. Mai
§484 einen Brief, der besagt, daß Ritter Wilhelm Trauner, Pfleger von Raschen- z
berg, von Hans Straßer zu puchstain die Mautstätte im Markte zu Teysenndorff
erworben habe. Tlle pflege und das Landrichteramt von Raschenberg waren dem-
nach zwei gesonderte Nemter, die zwei Beamte^zu versehen hatten. Dies dürfte '
auch aus einem Aaufbriefe vom 3. Januar §497 hervorgehen, worin es heißt,
daß Ritter Wilhelm Trauner, Pfleger zu Raschenberg, an Leonhard Gössenp^rger i
auf dem Turn zu Raschenberg seine Zehnten zu Wänisdors, Rosdorf, Mühlreut,
Mühlfelden und an anderen Orten verkauft hat. Der Landrichter war also augen-
scheinlich auf der Burg seßhaft, während der Pfleger damals vielleicht in Traun- -
stein wohnte. Nls Pfleger finden wir §497 Element Trauner.
Llemens Trauner zu Vdelstetten war noch §523 als Pfleger tätig; neben
ihm wirkte §523 Lienhard Feurer als Landrichter. Vlls Schloßdiener von Raschen-
berg wird §523 Tristan Gerhartstatter erwähnt.
Ritter Balthasar Thannhauser, der von §528—§558 als Pfleger von Raschen-
berg und Schärding auftaucht, erstand am 7. September §530 von Jörg Trauner
zu Furstenegkh ein Haus und eine Hofstatt zu Obernteisendorf bei der Brücke an
der Haller Straße.
Das Landrichteramt von Raschenberg ging §534 auf Hans den Feuerer über.
Die Gerichtsurkunden von Raschenberg dagegen führen §535 Leonhardt Feurer
als Landrichter auf. Lristoff Hollenfellser zu kllten-Grueb, Landrichter zu Raschen-
berg, siegelte am 26. September §539 für den Bürger Georg Straffer von Teisen-
dorf einen Schuldbrief.
Nls Nachfolger Hollenfellsers treten von §545—§554 Hans Rurspeck und
§558 Martin Rurspeck auf. §562 Hatte Paul Fetscher das Landrichteramt inne,
während die pflege von Raschenberg §566 Erasmus von Sallenberg, §576 Em-
merich Gold und von §596—§597 Hans David von Nußdorf verwalteten. Das
Schloß war damals bereits verwahrlost; denn der Pfleger Hans David von Nuß-
dorf mußte das baufällige Gebäude verlassen und mit seinen Hilfskräften nach
V
Teisendorf übersiedeln. Das Pflegamt versah 1579 Andreas prantstatter. Als
Landrichter tritt uns 1605 Tobias Fabricius entgegen.
Aus dem 17. Jahrhundert sind eine Reihe von Schriftenbündeln vorhanden,
die im B. Hauptstaatsarchiv zu München liegen und die über das Landrecht und
die Ehehafttaiding, die hoftaiding und die Einkünfte von der salzburgischen pflege
Raschenberg handeln.
Als Pflegsverwalter werden aufgezählt 1611 Aarl Stöckel, 1617 Michael
Stöckel, 1619 Hans Georg Regauer und Ruprecht Winkler, 1621 —1625 Hans
Christoph von Pressing, 162H—1636 Johann Lagkhner und von 1637—1661
Johann Zwerger. Als Pfleger finden wir 1611 und 1612 Aarl von Freyberg
und von 1617—1628 Hans Georg Tullius von Fronberg.
Aus dem Jahre 1613 ist uns eine genaue Beschreibung der pflege Raschen-
berg erhalten geblieben, die Erzbischof Marx Sittich von Salzburg angeordnet
hatte und die uns über alle Urbarsgüter, Häuser, Gärten, Mauten, Gemächer
und Sägmühlen, die jährlichen Stiftsgelder, Dienste und Zehnten und anderes ge-
meines jährliches Einkommen berichtet.
Als Pflegsverwalter leisteten Dienste von 1668—1682 Andreas Miller, von
1682—1696 Martin Weckherlin und von 1699—1728 Balthasar Leymüller. Ley-
müller fertigte über das Hochfürstlich-Salzburgische Pfllggericht Raschenberg ein
Stiftbuch an, das bis 1789 fortgesetzt wurde und das die Reichnisse aus Hochstifts-
gütern enthält. Zu diesen Gütern gehörten unter anderm auch das Oberrieder-
Gut und das Gütl in Vorderriedt in der Pfarrei Bachendorf. Ein Buch, das
die Jahre von —1797 umfaßt, meldet von den voitdiensten an Hafer und
Hühnern in der salzburgischen pflege Raschenberg.
Im 18. Jahrhundert verwalteten folgende Beamte die pflege Raschenberg:
Johann Joseph Aornhauser von 1730—1737, Johann Andreas Schnedenzky von
1739"17H3 und Paris Ignaz Gottlieb Staudacher von 17H5—1766. Staudacher
von Wißbach, Pfleger zu Raschenberg, und Gberschreiber Franz Jakob Mayr
legten 1768 ein Stiftbuch für das Hochfürstlich-Salzburgische Pfleggericht zu Ra-
schenberg an. Das Buch befindet sich unter den Gerichtsliteralien von Mühldorf
im B. Hauptstaatsarchiv. Bon 1777—1786 war Sigmund von Pichel und von
1767—1810 Franz von Agliardis als Pfleger von Raschenberg tätig.
Das Pfleg- und Landgericht Raschenberg oder Teisendorf war 178H in ^33
Orte oder viertel eingeteilt und umschloß ^99^/s viertel Aecker. Die 33 viertel
hießen Markt Teisendorf, Ringham, Scharham, Reithen, högel, Wimmern, Offen-
wang, Ufering, pundschern, Roßdorf, Weildorf, hierafing, Priming, Gberdeissen-
dorf, Grafenberg, Stribersberg, Gschwendt, Allerberg, Horn, Oberreit, Neukirchen,
Surberg, Freidling, Mehring, Thallhausen, Lautern, Lacken, Aapell, Schnaitt, Aich,
Winkten, Helming und holzhausen.
Oberschreiber Johann Ferdinand hueber legte ein Stiftsverzeichnis über das
Urbaramt Raschenberg an, das alle Güter im Gerichte aufführt und über die
Jahre von 1799—18'12 geht.
Im Jahre 1832 wird noch die Schloßruine von Raschenberg bey Obertei-
sendorf erwähnt. 18H0 heißt es, daß sich das Burggemäuer seit 1575, wo es
David von Nußdorf verlassen hatte, nach und nach in Trümmer aufgelöst habe.
Der Römerstraßensorscher Earl Weishaupt, Artillerie-Oberstleutnant von Augs-
burg, berichtet 18^1, daß Schloß Raschenberg seit einigen zwanzig Jahren gänzlich
89
zerstört sei. Heute ist Raschenberg auch aus den bayerischen Ortsverzeichnissen
verschwunden.
Quelle nund Schrifttum: Gerichtsurkunden von Naschenberg im V. Hauptstaatsarchiv Mün-
chen Nr. 3, 5, 11, 12, 16, 26, 26, 34e—44. — Gerichtsurkunden von Tittmoning Nr. 82 b, 82 6,
102, 109. — Gerichtsurkunden von Traunstein Nr. 128, 354, 437, 438. — Gerichtsurkunden von
Laufen Nr. 29, 49, 106, 117. - Hochstiftsliteralien von Salzburg Nr. 39. 51, 52, 54, 1071. — ^
Gerichtsliteralien von Mühldorf Nr. 380, 362, 379, 378, 288, 358, 322, 348, 381. — Klosterur- ^
künden von Frauenchiemsee Nr. 1149. — Gerichtsurkunden von Reichenhall Nr. 906. — Franz Mar-
tin, Die Regesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salzburg 1928, I Nr. 735. — Quellen
und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte I 285. — äuvuvia 1784, S. 406, 420,
428. — ir.6A68ta boiea V 193; IV 516; VIII 55; IX 181. — Mittheilungen des Instituts für-
österreichische Geschichtsforschung, 1. Ergänzungsband 1885, S. 641, 665, 683, 689, 690. — Reper-
torium des topographischen Allasblattes Traunstein 1832, S. 49. — Oberbayerisches Archiv 1, S.
337; 3, S. 93; 26, S. 113, 203; 31, S. 303. — Ortsverzeichnis von Bayern für 1840.
Merkwürdige Geschichten aus dem Schulbezirk
Mehring und Umgebung.
Mitgeteilt von Herrn Hauptlehrer Box Horn, Mehring. (Schluß.)
10. Dev gute Rainevad.
Lin Bauer von Rückstetten wünschte oft, er möchte gerne einmal seinen guten
Aameraden sehen, der schon seit mehreren Jahren im Grabe ruhte. Dn einer
stockfinsteren Nacht ging er durch die bewaldete Huntau bei Lacken (Rückstetten)
heim. Da kam ihm der Aamerad unter und fuhr ihn an: „Was ists denn,
jetzt bin ich da, was möchtest du denn?" Da ergriff den Bauern eine schreckliche
Furcht und er lies, so schnell ihn seine Beine tragen konnten.
, , !
11. Dev Johannisrvein.
Line alte Frau aus Zglgais ging im Sommer häufig ins Weitmoos zum
Beerenpflücken. Und weil sie die Noderwürmer (Nattern) fürchtete, steckte sie ein
Fläschchen mit geweihtem Zohanniswein in die Tasche. Stieß sie nun auf eine
solch giftige Schlange, griff sie nur an das Fläschchen und rief dem Tiere zu:
Tu mir nichts, ich tu dir ja auch nichts. Und nie geschah ihr etwas.
12. Dev wettevnrachev von dev pettingev Schnait.
2n der Aettinger Schnait irrte lange Zeit ein Anabe herum, der das Wetter
machen konnte. Seine Füße waren ohne Zehen. Wenn in Holzhausen oder in
Teisendorf aber die Glocken läuteten, verließ ihn seine Aunst; denn die Glocken
sind sehr hoch geweiht. „Wenn z' Holzhausen d' Arauthaferl schebbern und
z' Deindorf (Teisendorf) der groß' Hund gheult, na kann i nix mehr mach'n. Da
muß ich so hoch in die Luft, daß die Leute auf der Lrde von meiner Uunst nichts
mehr verspüren können!"
13. Das Männlein voin wevnevgvaben.
Außerhalb Teichting liegt der Wernergraben. Dort hauste vor längerer Zeit
ein Männlein sonderbarer Art. Sobald man rief: „Werner Anappi, zerreiß
mirs Aappi", erschien es.
90
Die Weihnachtskrippe der Laufener Stiftskirche.
Von Kan. Gtto Heichele, Laufen.
So lieb und unentbehrlich uns heut die traute Weihnachtskrippe ist, so dunkel
sind ihre Anfänge. Jedenfalls ist sie als volksbrauch in den Familien noch
nicht über hundert Jahre alt. In den Kirchen und Klöstern allerdings fand
sie schon viel früher eine Heimstatt.
Laufen mit seiner weithin berühmten Stiftskirche, einer der frühesten gotischen
Kirchenbauten, wollte natürlich nicht zurückstehen, als andere große Gotteshäuser
in der Nähe, besonders in Salzburg, wertvolle Krippen sich anzuschaffen begannen.
Durch die Rechnungen im hiesigen Stiftsarchiv ist das „Salzfaß" in der Lage
eine größere Anzahl von Einzelheiten über die frühesten Weihnachtskrippen der
Laufener Ruche zu veröffentlichen.
In den Zechpropstrechnungen vom Jahr l507—^523, den frühesten der
Pfarrei, finden sich keinerlei Aufzeichnungen über eine Krippe. Es wird eben eine
solche noch nicht dagewesen sein. Das deckt sich mit den Forschungsergebnissen
von Dr. Mitterwiese r, wonach vor dem Jahr ^600 bei Dom- und Stifts-
kirchen sich nur selten Krippen finden. Frei sing z. B. nennt seine Krippe um
dieses Jahr, von einem Domherrn gestiftet, Frauenchiemsee die ihrige §627,
Nonnberg ^6^5 „um ain Weihnachtskrippl, so mit silber gezierte Gulden, zu
diesem krippt allerhand notdurhft kauft 3 fl".
Für Lausen finde ich die erste urkundliche Nachricht über die Weihnachts-
krippe in der Stiftskirche aus der Rechnung des Jahres ^628. Es wird hier ver-
merkt, daß der Tischler um H8 Kreuzer das „Khripl aufgricht" hat, außerdem
mußte er ein Gatter davor machen und dieses auch noch verlängern. Es scheint
also eine Krippe schon einige Zeit vorher bestanden zu haben und nachdem ja
kleine und große Kinder derartige Sachen gern mit den Händen anschauen, war
eben ein Gitter recht notwendig.
W Jahre später heißt es: Ehrist Miller von Salzburg macht das Krippel
neu um H fl 30 Krz. Wenn darunter eine völlige Neuanschaffung zu verstehen
ist, dürfte die Krippe noch nicht so umfangreich gewesen sein. Um H Gulden
konnte man auch damals nicht ein paar Dutzend geschnitzter Figuren liefern. Aus
jeden Fall — es lebte um diese Zeit der Krippengedanke auf, das zeigen uns auch
urkundliche Belege aus anderen Grten.
bekommt Gg. Lang Tischler in Lausen für Arbeit bei der Krippe
5 fl H3 Krz. t6H7 liefert der Bildhauer Wolf Weiße nkirchner verschiedenes
Kripplzeug. Im nächsten Jahr besorgt der Maler- um 5 fl das Fassen. Es
wurde also in diesem einen Jahrzehnt eine ziemlich hohe Summe für die Weih-
nachtskrippe aufgewendet. Laufen wollte zeigen: Wir lassen uns die Krippe etwas kosten!
Der Besuch, das Kripplschauen, muß recht reg und stark gewesen sein, der
Gpferstock wenigstens hält gute Ernte. ^6^9 gehen fl ein, ^676 gar über
t7 fl. Wie weit mögen sie hergekommen sein, dieses Weihnachtswunder zu be-
staunen! Krippen und besonders eine so stattliche, wie sie die reiche Stiftskirche
besaß, waren höchste Seltenheit.
schnitzt ein petzold ein Marienbild zur Krippe und zahlt man
dem heimischen Bildhauer Wolf pfaffinger H fl H5 Krz. für „unterschiedliche
kripenfiguren". Dann sind etwa 25 Jahre lang keine größeren Ausgaben für die
Stiftskrippe notwendig. Ein Hans Ad am er von Fisching besorgte später mit
dem Meßner zusammen um ?VZ fl verschiedene Krippenarbeiten und ein Thoralist
schnitzelt in seiner vielen freien Zeit — der Dienst hätte ja keinen 8-Stundentag
gefüllt — eine Stadt und bemalt sie recht sauber. Dafür kriegt er 6 Gulden, das
war gerade genau so viel, als er aus der Stiftskasfe für seinen Thordienst monat- !
lich bekam.
Nun zieht die barocke Form ein. Wir erfahren da manche Einzelheit. 1?10
sind 2 „peruguen", Perücken um 2 fl 16 kr. notwendig und Unsere Liebe Frau
bekommt ein gar kostspieliges Gewand, 2 Ellen leibfarbenen Stoff, die Elle zu
2 Vs Gulden, also beste Qualität, dazu Spitzl zu ihrem Rock um 22 kr.
Lin Jahr daraus malt Ioh. Martin Lchaumperger in Salzburg eine
große Krippenlandschaft, auch den Stall und den Tempel um 7Vs Gulden. Der
Posten von ein paar Gulden kommt in den Rechnungen dieser Zeit alle Jahre
vor. Nusbesserung, Nachschnitzen von Händen oder Füßen war ja immer nötig.
1?18 macht Josef Nnton Pfaffing er, bürgerlicher Bildhauer zu Salzburg,
den König Balthasar neu, der Laufener Maler Stefan Schröckh faßt ihn. Bald
darauf malt Schröckh „Auch! und Keller" jedenfalls für die Hochzeit von Kana,
die ja besonderen Prunk aufweisen mußte.
Nuch die Mithilfe des Schneidergewerbes wurde benötigt. Die Figuren der
Laufener Barockkrippe waren ja ziemlich groß, bis zu 1 m hoch. Da konnte man
schon regelrecht Maß nehmen. 1?2H macht der ehrenwerte Elias K r a l l bürger-
licher Schneider verschiedene „Gewändl und die Naderin 5 hemmterl". Es folgen
in den kommenden Jahren lauter kleinere Nusgaben z. B. „Gürtl für die hirtten",
für die „gemahlene Küchel", für „Spizl und pändl" usw.
1755 wird die ganze Krippe überholt vom Maler in Mayerhofen, Kosten
11 fl. Philipp peischer bürgerl. Tischler macht den Stall und Tempel neu,
auch werden „12 aus tuech gemachte Soldathen" angeschafft, wohl für den Kinder-
mord und außerdem ein neuer Dchs, Nusgaben zusammen rund 20 Gulden.
Ende des 18. Jahrhunderts muß die Laufener Krippe den Höhepunkt der
Größe und der Pracht erreicht haben. Schon die wenigen Reste legen deren Zeugnis
ab. Nuch die Erinnerungen alter Leute sprechen noch von dieser volkstümlichen
Schönheit, die sich bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts erhalten hat. Sch
verdanke die folgenden Nngaben der lieben Frau Schiefer, die als Mesners-
tochter genau Bescheid wußte.
Die ganze Krippe bestand aus etwa 100 Figuren, die entweder geschnitzte
Köpfe oder solche aus Wachs hatten. Die Größe betrug 80—100 ein, die der
Tiere entsprechend, Dchs und Esel ca. 50 ein hoch, Schafe etwa 20 ein lang. Die
Tittmoninger Museumskrippe bietet uns ein gutes Beispiel für die Kirchen-
krippe in Laufen. Besonders glanzvoll war neben den Dreikönigen die Vorstellung
der Hochzeit von Kana: Eine richtige feine Tafel war zu sehen, das Geschirr aus
reinem Kupfer und es lag auch etwas wirklich Eßbares darauf, Würste, die ein
wohlgesinnter Metzger in Westentaschenformat gespendet hatte, kleine Brötchen und
Süßigkeiten, ein richtiges Faß! Bier vom Siegerstetter. Der Mesner und seine
Kinder halten natürlich das Recht, nach Nblauf der betreffenden Vorstellung diesen
eßbaren Dingen den Garaus zu machen. Nuch die Bauersleute haben sich auch
oft ein Stücklein von diesen Speisen erbeten, um es dann dem Vieh unters Futter
zu mischen. Es wurde dies anscheinend als heilkräftig angesehen.
Ja nicht vergessen dürfen wir den Laufener „Krippenjakl", eine komische
Figur, die Humor in den Ernst der Darstellung bringen sollte. Line Nrt Original
92
voll kindlicher Unbefangenheit, wie sie auch heut manchmal noch sorglos durch
die Welt stampern. Er war in der Größe der anderen Figuren, grauer Spenser,
schwarzlederne Hose, perlgestickter Leibgurt mit den Buchstaben A und I, weiße
Strümpfe und grünes Rundkäppi mit Goldquaste. Das Besondere an ihm war
die Tatsache, daß er seinen Aops vertauschen konnte. Er hatte einen lachenden
Aops bei freudigen Anlässen im Arippenbereich. Wenn z. B. die Dreikönige
anrückten, grinste Jakl ihnen freudigst entgegen, in der Rechten ein paar Brat-
würste haltend, bei ihrem Abschied oder beim Aindermord trug er seinen weinenden
Aops, in der Hand ein Schneuztuch. Bei der Verschleuderung der Laufener Arippe
kam er nach Tittmoning, jetzt steht er in Traunwalchen und weint voller Heim-
weh nach Laufen.
Besonders liebevolle pflege fand diese ganze große Arippe durch den Aano-
nikus Joses Straß er. Etwa seit dem Jahr t768 stellte er sie selbst aus. Ver-
langte nie etwas dafür, obwohl sonst der Arippenwart H Gulden für seine Mühen
bekam. Er ließ das Geld dem Arippenopferstock. just während der Arippen-
zeit, starb er am ^2. Januar. Man hat ihm ein kleines Denkmal gesetzt: An
der Außenseite der Michelskapelle im Areuzgang ist eine ovale Tafel angebracht,
darauf eine Arippe gemalt mit Hirten und Dreikönigen mit ein paar lieben Er-
innerungsworten an den treuen Arippensreund.
Eine andere Art von Weihnachtskrippe besaß die Stiftskirche auch noch,
nämlich im Hochaltar. Es wurde das Altarbild entfernt und in dem Raum
dahinter eine Art Theaterbühne errichtet mit gemaltem Hintergrund und Aulissen.
Als Personen wurden fast lebensgroße Figuren hineingestellt, ursprünglich feste
Holzgestelle mit geschnitztem Aops und beweglichen Gliedern, alles bekleidet. An
Szenen gab es zu sehen: im Advent die Verkündigung, Maria und Engel, die
Geburt und die HI. Dreikönige. Dekan Braun erneuerte diese alten
Figuren durch Bilder, die einfach aus Brettern ausgeschnitten und bemalt wurden.
Einige von diesen Figuren sind erhalten und werden noch verwendet, z. B. die
Verkündigung, Abendmahl, Geistsendung. Sie sind künstlerisch wertlos, Erzeug-
nisse einer recht schwachen Zeit. Braun malte auch die Szenerie neu, die Aulissen
nach Entwürfen von Guaglio, dem Münchner Hoftheatermaler, die Figuren nach
Vorlagen von Glück.
Die Aufklärung, dieses gewaltige hinausdrängen des Volksbrauches
aus unserer Heimat, sagte auch der gewiß unschuldigen Weihnachtskrippe den
Aamps und das Gericht an. Salzburg und überhaupt Oesterreich war eines der
ersten Länder, die mit der Ausrottung begannen. Ein Erlaß vom 22. Nov. ^762
verkündet: „Wir verordnen hiemit, daß so wie andere unnötige, teils lächerliche,
teils ungereimte und ärgerliche oder wenigstens unnötige Dinge, also auch die
Arippeln aus den Gotteshäusern, sie mögen von Welt- oder Regular-Priestern
versehen werden, wegbleiben oder wo sie schon aufgestellt, weggeräumt werden
sollen". Volk und Alerus konnte die Gefährlichkeit der lieben Weihnachtskrippe
nicht einsehen und ein Sturm des Widerstandes brach los. Unter seinem Druck
mußte der Salzburger Erzbischof schon ein Monat nach obigem Erlaß diesen
dahin abändern, „daß die Arippeln selbst zwar beibehalten werden können, aber
unschickliche Nebendinge, Figuren und ungereimte Vorstellungen wegfallen sollen,
die nicht zur Darstellung der Geburt, Beschneidung und der Dreikönig unentbehrlich
sind". Damit waren also die anderen so beliebten Szenen wie Aindermord, Flucht,
Haus Nazareth, Hochzeit zu Aana verboten. Am 5. Dezember l?89 muß die auf-
92
klärerische Regierung noch weitere Zugeständnisse machen und genehmigt die Vor-
stellung von Maria Lichtmeß und vom t 2jährigen Jesus im Tempel, verbietet
aber ausdrücklich den Aindermord und die Hochzeit, also grad das, auf das man
mit größter Spannung und Freude wartete.
Sch kann nicht berichten, wieweit Laufen sich diesen harten Weisungen fügte.
Jedenfalls mußte auch die hiesige große Arippe eine Zeitlang in Zwangsurlaub
gehen. Aber sicherlich tat der Arippenvater Aanonikus Straßer das Seinige, um
der Arippe wieder Platz und Lebensrecht zu verschaffen. Die Aufklärungsgesetze
schliefen ja allmählich von selbst ein und das Volk holte sich einfach die Arippen
wieder und setzte sie in die alten Ehren ein.
In Laufen war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die alte Barock-
krippe wieder in früherer Größe und Herrlichkeit erstanden. Aber die pflege und
das herzliche Interesse wie in der Hochsaison des Jahrhunderts fand sie nicht
mehr. Der Schönheitsbegriff und der Aunstgeschmack hatten sich eben auch ge-
ändert, Barock und Rokoko galten jetzt als unsromm, unkirchlich und da mußte
halt auch die Arippe es büßen. Sie wurde auch in Laufen vernachläßigt, keine
Ausbesserungen und Neuanschaffungen mehr wurden gemacht. Die Figuren waren
unseren Großvätern vielleicht auch zu groß und zu ungeschlacht, eine nach der andern
wanderte in die staubige Ecke des Speichers der alten Ainderbewahranstalt. AIs
dieses Haus im Jahre t9N umgebaut wurde, wurden die Reste der alten Arippe
verschleudert, die Handwerker nahmen sich z. B. die geschnitzten Tiere als Spiel-
zeug für ihre Ainder mit heim. Ein alter Bürstenhändler, der alle Jahre einmal
in Laufen anklopft, hat mir erzählt, er erinnere sich noch gut daran, wie in seiner
Jugend einmal etliche Aisten mit Arippenzeug aus der Stiftskirche auf der Salzach
flußabwärts verfrachtet wurde. Ob da in der prächtigen Museumskrippe auf der
Tittmoninger Burg nicht auch ein paar Lausener Manndl stehen? Allerdings,
Tittmoning hatte ja auch eine große Arippe, aber möglich wäre es immerhin.
heut liegen auf dem Speicher der Mädchenschule nur noch etliche, recht arm-
selige Stücke, ein paar gute Rokokoköpfe sind darunter. Am besten erhalten sind
noch Ochs und Esel, in derber Schnitzarbeit ausgeführt.
Mit unserem 20. Jahrhundert hat die Arippenfreudigkeit wieder eingesetzt,
besonders nach dem Arieg. Auch Laufen hat eine prächtige Arippe wieder. Stifts-
mesner Glasthaner betreut sie. Und sie erfüllt ihre Sendung so wie in früheren
Zeiten — Weihnachtsfreude zu schenken.
Vereinsnachrichten.
Grabinal für Herrn Oberregierungsrat Dr. Linhauser. Der
Gründer und h Vorsitzende unseres Vereins, Herr Oberregierungsrat Dr. Einhauser,
der am 6. ^2. für immer von uns gegangen ist und im Friedhof zu Laufen
ruht, hat auf Anregung unseres Vereins durch Herrn Bezirksbaumeister Architekten
Adlmüller, Laufen ein sinniges Grabmahl erhalten. Gewählt wurde ein ungefähr
250 Jahre altes bisher al? Museumsstück im Lausener Stadttorturm verwahrtes
eisernes Areuz, das von den Verwitterungsmerkmalen befreit wurde. Die Frei-
lassinger Maler Josef Brendle und Engelbert Staller haben das Areuz, das eine
Madonna im Strahlenkranz, umgeben von Engeln zeigt, künstlerisch und stilgerecht
bemalt. Am Fuß des Bildes steht die sinnige Inschrift: „Für die Heimat gelebt
und gewirkt — Treu seinem Gott und dem Volke-—, Von der Heimat geliebt,
94
in ihr geborgen. — So ruht sichs gut." Das Areuz steht auf einer Marmor-
platte mit Weihbronnbecken. Areuz und Marmorplatte ruhen auf einem Nagel-
fluhsockel, dessen rechte und linke Seite zwei von Schlossermeister Huber, Laufen
gefertigte, zum Areuz gut passende Grablaternen schmücken. Das Grabmal um-
rahmen zwei Rotdornbäume und wilde Rosen; das Grabbeet schmücken Sträucher
und Blumen der Heimat, durch welche die auf Untersberger Marmor mit goldenen
Buchstaben eingemeißelte Inschrift hindurchleuchtet: „Gberregierungsrat Dr. Robert
Ginhauser, Vorstand des Bezirksamts Laufen, Ehrenbürger der Städte Laufen und
Tittmoning, geboren am 22. 9. in Neuburg a. d. Donau, gestorben in Lau-
fen am Nikolaustag l9^l in der Früh um 5 Uhr." — Wahrlich, ein schönes
Ruheplätzchen ganz im Sinne dessen, der sich hier nach einem Leben voll Arbeit
und Sorge für seinen Bezirk zum ewigen Schlummer niedergelegt hat. Heimat-
freunde, vergeht diesen Grabhügel im Friedhof zu Laufen nicht!
-r-
A Heimatabend. Die Heimatabende haben wieder begonnen. Ghne klein-
liche Abgrenzung der verschiedenen Berufs- und Standesschichten geben sie allen
Areisen der Bevölkerung Gelegenheit, sich an der Schönheit und Araft der Heimat
zu freuen, an ihrer Gestaltung für die Zukunft mitzuarbeiten. Eine selten statt-
liche Zahl von Gästen konnte Herr Bankdirektor Winkler am Mittwoch, 26. W.
begrüßen. Die seit dem Tod des Gründers der „Heimatfreunde", Herrn Dber-
regierungsrat Dr. Gin Hauser, verwaiste Stelle des H Vorsitzenden wurde dem
jetzigen Bezirksamtsvorstand angetragen und Herr Baron Dr. v. Hertling über-
nahm sie gerne mit der Bitte um weitere Unterstützung und Mitarbeit. Den
Vortrag des Abends hatte Herr Regierungsrat Freudlsperger, Salzburg, zu-
gesagt über „Die Salzachfischerei einst und jetzt". Dm geschichtlichen Rückblick
wies der Redner darauf hin, daß die ganze Fischerei in den Gewässern des Erz-
stiftes Salzburg Vorrecht des Landesherrn war, der sie zum Teil im Gigenbetrieb
führte, zum Teil in Pacht gab. Besonders bekannt unter diesen Pächtern waren
die Lieferinger, die förmliche Fischereibeamte des Erzbischofs waren. Die älteste
Urkunde über Fischereisachen stammt aus dem Jahr t49^ und gibt den Bürgern
von Laufen und Burghausen die Erlaubnis zum Fischen in der Salzach. Auch
die Schiffer in Altlaufen durften in der arbeitsstillen Zeit des Winters, wo die
Salzfracht ruhte, ihre Angeln hervorholen. Ein großer Teil des Fischertrages
war für die fürstliche Hofküche in Salzburg bestimmt, in der sicherlich die auser-
lesensten Schmankerln aufgetischt wurden. WW z. B. mußten noch von den Lau-
fenern und Mberndorfern an Weihnachten WO Pfund Huchen abgeliefert werden
und die Ueberbringer erhielten dafür eine kräftige Jause mit Wildbret und Bier.
Die Säkularisation, die Aufhebung der geistlichen Landesherrschaft, brachte das
Fischrecht in die Hände des Staates, der es wieder an private weitergab. In der
Jetztzeit hat die Salzachfischerei schwer unter den sogen. Errungenschaften der
modernen Aultur zu leiden. Uferbauten und Regulierungen nehmen den Fischen
die Laich- und Ruheplätze, die Abwässer der Industrie und der größeren Städte ver-
seuchen den Fluß, die Wehranlagen unterbinden trotz der angebrachten Fischleitern
das Aufwärtswandern der Tiere. Interessant war hiebei die Feststellung des Red-
ners, da bei all diesen schädlichen Erscheinungen doch in der Salzach sich noch
ziemlich Fische finden. Erklärt wurde dies damit, daß das Aachletwerk bei Passau
die Wanderung der Fische donauaufwärts sperrt, sodaß die Tiere ihren Zug wieder
man Inn- und Salzachaufwärts nehmen. In einem Blick in die Zukunft betonte
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der Vortragende, wie notwendig vor allem Kläranlagen in größeren Städten seien.
Weiterhin müsse eine starke Besetzung mit Jungfischen erfolgen, entsprechende Fisch-
zuchtanstalten müssen die Brut liefern. Sicherlich sehr interessant wäre auch noch
ein Wort zur Frage „Saalachsee" gewesen. Mit einem Hinweis auf die so not-
wendige Zusammenarbeit von Bayern und Oesterreich in Fragen der Salzach-
fischerei schloß Herr Regierungsrat seine so interessanten Busführungen. Im An-
schluß daran liefen einige Filme über Fischereibelange: Die Entschilfung eines
Sees in Norddeutschland, wo allerdings mit allzugroßer preußischer „Strammheit"
der armen Natur zu Leibe gerückt wurde, der Lebenslauf einer Forelle, angefangen
von der künstlichen Befruchtung bis zum Ende an der hoteltafel, der schottische
Lachsfang, wo ganz prächtige Kerle aus dem Bergwasser herausgeholt wurden
und das letzte Lichtband gab vor allem den anwesenden Hausfrauen wertvolle An-
regung über Fischzubereitung und den Herren wurde vielleicht gar der Wund etwas
wässerig.
2. Heinratabend. Vor kurzem haben Jagdkreise an die Schweizer Re-
gierung das Ersuchen gerichtet, die bisher geschützten Vögel wie Drossel, Star, Zeisig,
Gimpel, Lerche, abschießen zu dürfen. Der Bundesrat hat das selbstverständlich
glatt abgelehnt. Aus Rache lud nun ein Autoklub im Tessin seine Mitglieder
und die Aresse (!) zu einem „Kleinvogelessen" in der nahen italienischen Stadt
Bergamo ein. Bei diesem Essen, an dem 230 Aersonen teilnahmen, wurden über
3000 Vögel wie Rotkehlchen, Weisen, Finken ge—fressen. Da verstehen wir es,
daß bei derartigen Schandtaten der Kultur der Ruf gehört werden muß: Schützt
unsere Vogelwelt! Die Laufener Heimatfreunde hatten den Fachmann für ganz
Bayern, Herrn Forstmeister Dr. haenel eingeladen, der am Wittwoch, den 9- 32
über angewandte Vogelkunde sprach. Dr. haenel war es ja, der in Garmisch die
erste alpenländische Vogelwarte der Welt einrichtete, wo wissenschaftliche Studien über
Lebensart, Ernährung, Flugleistung der Wildvögel angestellt, wo aber auch kranke
oder mißhandelte Tiere gesund und groß gepflegt werden, um sie dann wieder der
Natur zurückzugeben. In seinen einführenden Worten wies Dr. haenel darauf hin,
daß die sogenannte Kultur das vom Schöpfer gegebene Gleichgewicht in der Natur
gestört hat, daß vor allem das sinnlose, habgierige Ausroden und Ausrotten von
Wald und Busch der Vogelwelt die Nistgelegenheit nimmt und damit die so nütz-
lichen Tiere vertreibt. Die Folge davon ist, daß das Ungeziefer, Raupen, Wäuse,
ganz bedenklich über Hand nimmt. Wenn wir bedenken, daß z. B. eine Weise
täglich an Nahrung, z. B. an Eiern von Schädlingsraupen, das eigene Gewicht
verzehrt, ahnen wir, was ein einziger Vogel im Jahr Nutzen bringt. Würden mit
einem Schlag sämtliche Vögel der Welt beseitigt werden, in H Jahren wäre die
Menschheit zum Hungertod verurteilt. Sehr interessant waren die Beispiele aus
der Erfahrung Dr. haenels. Im Ries, das völlig baumfrei gemacht worden ist,
fand er auf ^ qm 60 Wauslöcher und erst künstlich angelegtes Strauchwerk er- !
möglichte die Ansiedlung von mäusevertilgenden Vögeln. Ein Wald, über den
eine Schädlingsraupe gekommen war, sollte auf Regierungsbefehl abgeholzt werden,
da retteten die 3 Jahre lang von Dr. haenel gepflegten Meisenfamilien diesen
Wald und seinen Wert, der in die Hunderttausende geht. Sehr anschaulich und
technisch hochstehend waren auch die Lichtbilder, die der Vortragende zeigte. Sehr
selten z. B. die Aufnahme eines eben ausgeschlüpften Kiebitzes, sowie das Wachs-
tum einzelner Wildvögel. — Die Schuljugend hatte Dr. haenel in liebenswür-
diger Weise — es ist diesem modernen St. Franziskusmenschen so gut zuzuhören —
96
in 2 Vorträgen unterwiesen, mit denen auch die Vorführung eines kurzen Ton-
filmes aus der Garmischer Vogelwarte verbunden war. In Lausen ist ja dank
der Bemühungen des verstorbenen Herrn Oberregierungsrats Dr. Gin Hauser viel
für Vogelschutz geschehen. Zu wünschen wäre nur, daß auch in privatkreisen sich
die Ueberzeugung durchsetzt: Unsere Vogelwelt, eine Schöpfung im kleinen, ein
5tück Heimat, muß unbedingt geschützt und erhalten werden. Au unserem eigenen
Vorteil wird diese Gesinnung. Und so sei die Bitte ausgesprochen: Laßt Hecken
stehen, schaut jagenden Antzen und frechen, zweibeinigen Nesträubern auf die
Uralten, schießt nicht sinnlos Bussard und andere sogenannte schädliche Raubvögel
ab, die meisten sind Mäusevertilger und damit unsere Freunde! Besonders jetzt,
wo Winter und Ichnee kommt, bitten um ein kleines Plätzchen unsere gefiederten
Lieblinge, wo gute Menschen ihnen zweckmäßiges Futter geben. Herr Inspektor
Förster ist sicherlich bereit, uns fachmännisch zu beraten. — Der nächste (3.) Hei-
matabend findet als „Urippenabend" statt am Donnerstag, den 29- Dez
abends 8 Uhr in der Brauerei Achwaiger. O. h.
Inhaltsübersicht
(U- Jahrgang, ^932).
t. Mitarbeiter.
Abt Dr., München
Adlmüller, Laufen
Boxhorn, Mehring
Gernhardt, München
Gundel, Freilassing
heichele, Lausen
k)eld Dr., München
tzörmann ^ Traunstein
Mitterwieser Dr., München
Nißle, München
Scheiner, Freilassing
Steinberger, München
Wagner Dr., Laufen.
2. Abhandlungen.
Drtsnamen des Amtsgerichts Laufen
Zur Geschichte der hl. Gräber
Vom Gericht in alter Zeit
Eine Pfarrei und — vier Bischöfe
Bauberatung im Bezirk Lausen
Merkwürdige Geschichten aus dem Schulbezirk Mehring u. Umgebung
Unser Salzachstädtchen Laufen
Altbayrische Familiennamen in Befehlsform
Aurze Mrtsgeschichten aus dem Rupertiwinkel
!3. Taching
Tengling
lö. Gessenberg
t6. Saaldorf
t?. Steinbrünning und Brünning
t8. Raschenberg
Das Laufener Schulwesen in alter Zeit
Das Fürstenhölzl bei pietling
Christliche Ärmst in der St. Rupertuskirche, Freilassing
Volkskundliches von der Nelke
Salzburgische Söldnergarnisonen um die Wende des Jahrhunderts
in Laufen und Titlmoning
Die Weihnachtskrippe der Laufener Stiftskirche
Sei
§6,
3. V e r e i n s n a ch r i ch t e n.
Vereinsnachrichten
23, 4?, 72, 9
Bilder.
Geller im Mirtlwirtshaus (ehemals Gefängnis), Salzburghofen
)-lockgefängnis in Stauffeneck
ungerturm in Stauffeneck
ie Folter: Das Aufziehen
orfplatz und Dorflinde in Salzburghofen
-lainer Galgen auf der Freilassener Heiden—Aumoos
^ >urgruine Alain (Salzbüchsl)
22
22
23
25
33
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