Äm Lauf dcS Tages hatten sich viele Zivilisten gezeigt, gegen Abend aber verschwanden sie. Niemand durfte nach 9 oder früh vor 5 Uhr ausgehcn. Die Straßen wurden nicht erleuchtet, aber viele Geschäfte hatten Licht bis 9 Uhr. An der Strandpromenade brannte nicht eine einzige Laterne, hier wanderte man in der Dunkelheit unter deutschen Soldaten. Von vielen Fenstern aber strahlte Licht aufs Meer hinaus, das galt nicht als gefährlich, da die feindlichen Schiffe auf alle Fälle genau orientiert waren. Man glaubte jedoch nicht, daß die Engländer Ostende beschießen würden, da hundert gefallene Deutsche oder mehr und die Räu¬ mung des Platzes nicht den Verlust vieler Millionen englischen Kapitals aufwicgen würden, das in der Stadt angelegt sein soll! Ich wurde aufgefordert, mich dem Kreis der deutschen Marine¬ offiziere mittags und abends im Hotel Littoral anzuschließen. Als wir uns nun um 8 Uhr zum erstenmal im Speisesaal versam¬ melten, wurde ich mit ihnen allen bekannt gemacht. Meine spe¬ ziellen Freunde wurden außer dem Chef Kapitänleutnant Beß, Oberleutnant Haag, Stabsarzt Schönfelder und vr. Küblcr. Wir hielten die folgenden Tage gut zusammen und werden unsere ge¬ meinsamen Erlebnisse in Ostende wohl niemals vergessen. 4L. Das Bombardement von Ostende. ^^-reitag den 23. Oktober weckte mich Dr. Kübler, um mir eine Promenade zum Leuchtturm und dem alten Fort yorzuschlagen. Zurück fuhren wir mit der elektrischen Bahn. Im Wagen saßen Soldaten und Zivilisten. Unter jenen war ein alter Landsturmmann, der erzählte, er habe drei Söhne im Krieg, aber er habe keine Ahnung, wo sie ständen und ob sic noch lebten. „Sie mögen immerhin fallen," sagte er, „fürs Vaterland opfert man alles." Auf die Strandpromenade zurückgekehrt, setzten wir uns auf eine Bank am Kursaal und betrachteten das englische Geschwader durchs Fernrohr. Die Luft war ungewöhnlich klar, das Wetter strahlend.