Leben gesprochen oder mit luierschüttcrlicher Ruhe gepredigt, wäh¬ rend feindliche Flieger über ihnen schwebten. Ja, vielleicht sind sie Sonnabend nachts in Kälte und Regen zwischen Büschen und Gras hindurchgckrochen, um an die Schützengräben zu gelangen und ihren Bewohnern am Sonntag Gottes Wort zu verkünden. Am Abend desselben Tages wurde in der Kirche zu Cernay Gottesdienst abgchaltcn. Man hatte an Licht sparen müssen, und auf dem Altar brannten nur ein paar Talgkerzen. Aber es war Vollmond und klares Wetter, und der Mondschein sickerte durch die Fenster herein und erleuchtete das Schiff und die Säulen und die wettcrharten Männer, die aus ihren Schützengräben oder von ihren Troßwagen gekominen waren. Von Zeit zu Zeit schlugen französische Granaten in die Stadt ein, und es donnerte und krachte von Explosionen und einstürzenden Häusern. Aber der Priester ließ sich nicht stören. Er schien den Krieg draußen nicht zu merken, sondern sprach, ohne mit der Stimme zu zittern, vom Frieden in Gott und von den Pflichten gegen das Vaterland. Die Soldaten hörten mit unerschütterlicher Ruhe zu, und als der Choralgesang schließlich verklang und die Lichter ausgelöscht wurden, zerstreute sich die Schar in den Gassen, die eigentümlich erleuchtet waren vom Mondschein und vom Feuer der brennenden Häuser. — 31* Nach Belgien. ^U^achdem ich lange genug bei den prächtigen Offizieren von v V Herzog Albrcchts Armee verweilt hatte, begann ich mich nach neuen Erlebnissen zu sehnen, und am Vormittag des 8. Oktober entschloß ich mich, zunächst nach Sedan zurückzukehren. Da um diese Zeit kein Militärzug abging, benutzte ich auf den Rat des Stationskommandanten, Oberstleutnant Böhlau, den Postautobus, in dessen Innern zwei Artillerieleutnants Mütter und Fuchs und meine Wenigkeit hinter den hochaufgestapclten Briefsücken noch eben Platz fanden. In Sedan nahm mich Oberstabsarzt Dr. Fröhlich, mit dem ich schon vorher, in Sedan selbst und in Vouziers, zn- sammengewesen war, in einem Lazarettzug mit dreihundert Pa¬ 8* 115