Johannes Walther:
Zum Kampf in der Wüste
am Sinai und Nil
I
L
Granitgebirge Sandstein u. Kalktasetn Sandige Ebene Nilschlamm Korallenriffe
Geologische Äberstchtskarte von AnterägypLen.
Bahnen
am Sinai und Nil
Beobachtungen und Erlebnisse
von
Johannes Walther
Professor an der Universität Halle
Mit 38 Bildern und 1 Karte
1916
Verlag von Tuelle 81 Meyer in Leipzig
39063
Alle Rechte vorbehalten
Buckdruckerei August Pries/Leip)ig
Während ich im Inneren der weftaustralischen Wüste mit geo-
logischen Studien beschäftigt war, brach der Weltkrieg aus. Die
erste unsichere Nachricht brachte mir ein deutscher Bergmann, der
vor langen Jahren aus Claustal nach Australien ausgewandert war;
dann verdichteten sich ähnliche Gerüchte in der Goldftadt Kalgurli zu
einer unkontrollierbaren Depesche aus Montreal — erst am 8. August
bei der Landung in Adelaide traf uns die entscheidende Nachricht,
daß England an Deutschland den Krieg erklärt habe.
Als Gäste des australischen Staatenbundes waren Ende Juli4944
mehr als 300 englische Naturforscher in Australien gelandet, um
im Laufe des August Exkursionen in allen Teilen des Landes
zu unternehmen und eine Reihe von wissenschaftlichen und landes-
kundlichen Problemen zu besprechen. Mit ihnen waren eine Anzahl
Amerikaner, einige Dänen, Schweden, Italiener und 6 Deutsche
der Einladung gefolgt.
Trotzdem uns auch nach Kriegsausbruch von unseren australischen
Kollegen erneut eine herzliche Gastfreundschaft angeboten und sichere
Rückkehr nach Schluß der Tagung versprochen wurde, obwohl uns
noch am 44. August bei einer akademischen Feier eine spontane
Huldigung f.ür Deutschlands geistige Bedeutung erfreute, konnte
ich mich nicht entschließen, länger fern von der Heimat zu bleiben
und unter so peinlichen Widersprüchen im Kreise britischer Gelehrten
zu weilen.
Schweren Herzens verzichtete ich auf lang vorbereitete Reise-
pläne, bestieg am 48. August das erste neutrale Schiff, das
Australien verlassen durfte, den holländischen Dampfer Tasman,
und fand in seinem Kapitän Lucardie einen hilfsbereiten Förderer
meiner wissenschaftlichen Interessen. Zweimal durchquerten wir das
australische Wallriff auf gefährlichen Durchfahrten, und von der
Kommandobrücke konnte ich tagelang Küftenbildung und Meeres-
grund studieren. Depeschen australischer Kollegen eilten dem Schiffe,
das mehrere Häfen im Norden anzulegen hatte, voraus, und überall
fand ich ortskundige Führer für meine Ausflüge.
Über Timor und Celebes kam ich nach Java, wo mich Nach-
richten aus der Heimat erreichten, die vor der Weiterreise warnten,
so daß ich einige Wochen dort blieb und diese Zeit zu wissenschaft-
lichen Studien an den gewaltigen Vulkanen, im düsteren Urwald
und auf den bunten Korallenriffen verwandte, in der liebenswür-
digsten Weise unterstützt von deutschen Landsleuten und den nieder-
ländischen Beamten und Fachgenossen am Botanischen Garten zu
Buitenzorg.
Dann fuhr ich mit dem holländischen Dampfer Grotius weiter.
Da mir der englische Generalkonsul in Batavia auf meinen
australischen Paß das eigentlich zur Weiterreise nötige Visum
verweigerte, war ich in großer Sorge, ob ich nicht in Singa-
pur oder Colombo, wie so viele andere Deutsche, interniert werden
würde — aber ich wurde als „a special case“ weitergelassen. In
Singapur kamen einige deutsche Familien an Bord. 35 dort seit
Jahren ansässige und angesehene deutsche Kaufleute waren tags zu-
vor mit einem offenen Lastautomobil polizeilich abgeholt und nach
der Fieberinsel St. Johns gebracht worden, während ihre Frauen
und Kinder innerhalb 48 Stunden das Land verlassen mußten.
Ihre Geschäfte wurden geschlossen, ihre Waren versteigert, ihre
Firmen von englischen Konkurrenten liquidiert.
Der französische Generalkonsul, der bei den Deutschen seit Jahren
verkehrt hatte, hielt eine öffentliche Rede, in der er sagte: er habe
früher die Deutschen mit den Zulukaffern verglichen, aber nach den
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neuesten Berichten über die grausame Kriegsführung der deutschen
Heere müsse er die Zulukaffern um Entschuldigung bitten, daß er
sie mit den „Boches" verglichen habe!
In Colombo erfüllte mich die Nachricht, daß die Türkei auf
unsere Seite getreten sei und den heiligen Krieg erklärt habe,
mit großer Freude. Denn wer in englischen Kolonien gereift ist,
der weiß, daß Englands Weltmacht in Afrika und Asien doch im
wesentlichen darauf beruht, daß die überall wirtschaftlich so maß-
gebenden Muhammedaner keinen Rückhalt und Sammelpunkt an
einem starken Osmanentum fanden und daher Englands Joch ruhig
ertragen mußten, ohne sich dagegen wehren zu können. In Java
hatte ich erfahren, daß in den Moscheen schon seit Kriegs-
begiun von den Moslim für den Sieg der deutschen Waffen gebetet
wurde — arabische Händler schickten Säcke mit Nahrungsmitteln
für die bei Buitenzorg untergebrachten deutschen Flüchtlinge —.
Wenn die Muhammedaner schon vorher mit ihren Sympathien und
Wünschen auf unserer Seite standen, wie tiefgreifend mußte von
jetzt ab die Erklärung des heiligen Krieges, besonders in Nord-
afrika und Indien, französische und englische Streitkräfte binden
und unsere an der Westfront kämpfenden Helden entlasten!
So durfte ich hoffen die Heimat zu erreichen, falls nicht die
täglich erwartete und von den in den Hafenorten verteilten Zei-
tungen schon damals (im November 191,4) als sicher betrachtete,
italienische Kriegserklärung mir zuletzt den Eintritt in das Vater-
land unmöglich machen sollte. Ich mußte auf alles gefaßt sein
und erwog in mancher schlaflosen Nacht, welchen Ausweg ich in
solchem Fall wählen müsse.
Vor Aden tauchte unter den Mitreisenden das Gerücht auf, nach
einer drahtlosen Depesche habe Holland an Deutschland den Krieg
erklärt. Ich selbst und die aus Singapur ausgewiesenen deutschen
Damen wären dadurch in eine überaus schwierige Lage gekommen.
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Aber Kapitän Veenhoven, den ich sofort darum fragte, erklärte mir
ritterlich, daß das Gerücht nicht wahr fei — und selbst, wenn der
Fall eintreten sollte, so würde sich in unserer Lage an Bord nichts
ändern.
So dampften wir bei Tagesgrauen an Perim vorbei in das Rote
Meer hinein. Wir begegneten dem Schwesterschiff „Rembrandt",
das uns zufunkte, daß ein großes Geschwader mit indischen Trup-
pen vor uns führe; einige arabische Segelboote kreuzten unseren
Weg; ein leergehender Holländer kam von Port Sudan, wo er
Schienen abgeliefert hatte — sonst war der sonst so belebte Fahr-
weg wie ausgestorben.
Am 16. November blitzte im Morgenschimmer das Leuchtfeuer
von Schedwün auf, und bald darauf umgaben mich die mir so wohl-
bekannten Berge der Sinaihalbinsel und der arabischen Wüste, Da
tauchte mein Liebling, der stolze Gharib, und gegenüber die Südspitze
der Sinaihalbinsel, das Ras Muhammed (Abb.l), auf dessen Felsen-
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klippen ich einige Tage herumgeklettert war, aus den blauen Fluten
auf. Dann glänzten die Granitgipfel des Sinai wie golddurchwirkter
Purpur, und drüben auf der afrikanischen Seite hoben sich die Tafeln
der nördlichen und südlichen Galala 1200 m hoch empor. An
ihrem Fuße im ältesten Kloster der Christenheit, bei den Kopten
von St. Antonius, hatte ich mit meinem verehrten Freunde Schwein-
furth einstmals das Osterfest verlebt, dann waren wir in die Gebirge
hinauf gezogen, auf deren kühlen Höhen duftende Blumen bunte
Teppiche bildeten, und hatten herabgeblickt auf den schimmernden
Silberstreifen des Roten Meeres.
Dort drüben leuchtete die marmorweiße Felswand von Abu
Ssenime, von der ich einst mit meinem lieben Reisegefährten Alfred
Kaiser in einem kleinen arabischen Fischerboot abgefahren und nach
fünftägigem gefährlichem Kreuzen in Afrika am Leuchtturm von
Safarana gelandet war. Und nun trat der gewaltige Atakah her-
aus, an dessen Fuß ich zuletzt vor 5 Jahren gearbeitet hatte. Das
alles wirkte so wohlvertraut, so heimatnahe auf mich ein, daß
ich mich dem beglückenden Gefühl hingab, das Ende meiner sorgen-
reichen Kriegsreise erreicht zu haben.
Wir warfen zwischen 38 mit indischen Truppen vollbesetzten
Dampfern Anker; Gurkas und Sypois, Schotten und Engländer
schauten neugierig nach unserem Verdeck herüber. Die erwartete
Revision meiner Papiere unterblieb; nach achtstündigem Aufenthalt
fuhr der „Grotius" gegen 11 Uhr abends in den Sueskanal hinein,
und ich legte mich in dem sicheren Gefühl schlafen, wieder einer
schwierigen Lage entgangen zu sein.
Ob meine Anwesenheit auf dem Dampfer schon von Colombo
den englisch-ägyptischen Behörden gemeldet worden war, ob meine
so vertraute Bekanntschaft mit den Bergen am Ufer des Roten
Meeres einem mitreisenden Kundschafter verdächtig erschien —
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jedenfalls muß noch in später Abendstunde eine Depesche im
Lager bei Sues eingetroffen sein, die meine Verhaftung befahl.
Gegen Mitternacht wurde ich plötzlich geweckt, der Dampfer hielt
mitten im Kanal, und schon nach einer Viertelstunde befand ich mich
als Gefangener auf einem Militärboot, das mich nach Sues zurück-
brachte, während der „Grotius" mit allem meinen Gepäck nach
Port Said weiterdampfte.
Abb. 2. Am Sueskanal.
Von einem bei Sues ankernden italienischen Dampfer wurden
noch 1.8 junge Deutsche heruntergeholt, die im Vertrauen auf eine
von den englischen Zivilbehörden erlassene Erklärung, „daß auf
jedem neutralen Dampfer 50 Deutsche bis nach Italien fahren
dürften", von Maffauah abgefahren waren, um ihrer Dienstpflicht
in Deutschland zu genügen. Sie wurden jetzt von den englischen
Militärbehörden verhaftet und nach Malta gebracht — durch diese
Kriegslist sind wahrscheinlich Tausende von Deutschen in englische
oder französische Gefangenschaft geraten. Wer dächte da nicht an
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den bekannten englischen Spruch: „In der Liebe und im Krieg ist
alles erlaubt".
Eine Nacht im englischen Kriegslager in der Wüste, eine zweite
in der Kaserne in Kairo boten viele Unbequemlichkeiten, große Sor-
gen und kleine unerwartete Freundlichkeiten von seiten unserer Ge-
Phot. Walther.
Abb. 3. Salzpfannen am englischen Lager bei Sues.
fangenenwärter; ebenso unerwartet war mir am folgenden Tag
meine Befreiung durch den kommandierenden General der englisch-
ägyptischen Truppen Sir John Maxwell.
Während mein holländischer Dampfer bei Malta von den Fran-
zosen angehalten und nach Biserta gebracht wurde, wo ich wohl noch
heute säße, wenn mich nicht vorher die Engländer gefangen genommen
hätten, konnte ich auf einem italienischen Dampfer Neapel erreichen,
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und am 1. Dezember betrat ich angesichts unseres herrlichen Rhein-
falls den ersehnten Boden des Vaterlandes.
Vier Monate lang hatte ich inmitten eines Meeres von Lüge ge-
lebt und in einer Atmosphäre von Feindseligkeit geatmet. Jede Nach-
richt, die aus Europa kam, sprach nur von deutschen Niederlagen,
rühmte nur englisch-französische Siege. Der Rückzug an der Marne
wurde ausführlich geschildert, die Namen Tannenberg und Hinden-
burg nannte keine Zeitung. Jede Kritik, jede Kontrolle war un-
möglich. Selbst wenn nur die Hälfte der Nachrichten entstellt war
— was sollte, was durfte man noch glauben? Wo hörte die Lüge
auf, wo begann die Wahrheit?
Wer hier in der Heimat gewöhnt ist, die Zuverlässigkeit unserer
Heeresberichte jede Woche nachzuprüfen und ihre absolute Echtheit
zu erkennen, der kann sich keine Vorstellung davock machen, wie schwer
es selbst einem an die deutsche Kraft und Unbesiegbarkeit sicher
glaubenden Deutschen wurde, aus jenem zielbewußt organisierten
Lügensystem da draußen ein klares Urteil zu gewinnen. Eine oft
wiederholte List bestand darin, übertriebene und unmögliche Er-
folge der deutschen Armee als „deutsche amtliche" Nachrichten heute
zu verbreiten, sie dann morgen zu widerrufen und daran zu zeigen,
wie lügenhaft die deutschen Berichte seien. Man konnte es keinem
Neutralen verdenken, wenn er auf diese Falle hineinfiel — denn
selbst uns Deutschen war es oft unmöglich, sofort die Hinterlist zu
erkennen.
Fast zwei Monate lang hatte ich in Java Gelegenheit zu be-
obachten, wie die britische Regierung die Welt beeinflußte. Der
englische Generalkonsul in Batavia war der eigentliche Herr von
Niederländisch-Indien. Er leitete die öffentliche Meinung, die
ihm um so lieber folgte, als die Sympathien für Deutschland dort
so gering sind. Er kontrollierte den holländischen Handel und Ver-
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kehr, und mancher auf seine republikanische Freiheit so stolze Nieder-
länder empfand keine Demütigung darin, daß der Konsul eines an-
deren Staates wie ein Herrscher auf der grünen Insel schalten
und walten durfte.
Inzwischen waren zwar deutsche Zeitungen nach Java gekommen,
aus denen man sich über viele Fragen ein Bild machen konnte,
aber die englischen und holländischen Blätter betonten immer
wieder, daß die deutsche Regierung alle freie Meinungsäuße-
rung strengstens unterdrücke und die wenigen Zeitungen, welche die
Wahrheit zu sagen versuchten, verboten habe. So ergab sich noch
immer ein hoffnungsloses Bild der in der Heimat herrschenden Zu-
stände. Zwar konnte man an die so drastisch geschilderten Hunger-
revolten und Volksaufstände nicht glauben, aber „Teuerung lähmte
jeden Verkehr, vom 17. bis zum 55. Jahr stand jeder Deutsche unter
den Waffen, die Felder waren nicht bestellt, weil es an Arbeits-
kräften fehlte, die Eisenbahnen beförderten nur die letzten Aufgebote
an die Front und führten die zahllosen Schwerverwundeten wieder
zurück. Überall herrschten Notstand und hoffnungslose Resignation."
Nun fuhr ich nach Deutschland hinein. Die Sonntagsglocken
klangen, an den Bahnhöfen begrüßten geputzte Mädchen durch-
reisende Soldaten, junge Leute mit der Zigarre im Munde schlen-
derten umher; überall Sonntagsfrieden und Ruhe. Die Felder
waren abgeerntet und schimmerten schon im Grün der jungen Saat.
Nur wer diesen Gegensatz zwischen der Meinung draußen in
der feindlichen Welt und dem wirklichen Zustande innerhalb Deutsch-
lands selbst erlebt hat, kann die Tiefe des Abgrundes ermessen, den
feindliche Lüge und neutrale Mißgunst seit 16 Monaten um unser
Vaterland gegraben hat.
Wenn ich heute aus dem von unseren unvergleichlichen Trup-
pen umschützten Vaterland über die Kampfesfront hinaus in jene
y
aufgeregte Welt da draußen blicke, wo bis zum heutigen Tage
viele Millionen urteilsfähiger Menschen in Irrtum und Blind-
heit gehalten werden, dann denke ich mit besonders tiefem Mit-
gefühl an die Tausende unserer beklagenswerten Landsleute, die in
Ceylon, Indien oder Afrika unter den würdelosesten Bedingungen
festgehalten, in ungesunden Fiebergegenden ihr Leben stumpf dahin-
bringen und zu denen kein Wort des Trostes, kein Schimmer der
Hoffnung auf Deutschlands endgültigen Sieg zu dringen vermag.
Wohl hatten unsere Feinde bis vor wenigen Wochen in einem
Punkte recht: wir waren umzingelt und fest eingeschlossen, wie in
einer Festung, keine Bresche erlaubte den Außenstehenden hineinzu-
blicken. Fast lückenlos zog sich die Kampfesfront um das Herz von
Europa, und was uns Deutsche am tiefsten schmerzen mußte: im
Osten kämpfte unser tapferer türkischer Bundesgenosse einen ge-
sonderten Krieg unter den schwierigsten strategischen Umständen.
Aber jetzt hat sich der Ring geöffnet. Aus dem Osten dringt der
Tag herein, und kämpfend dringen wir selbst nach dem Morgenlande
hinaus.
Welche Umgestaltung unseres gesamten politischen Weltbildes
mußte sich vollziehen von dem Tage, wo uns Deutschen die Knochen
eines pommerischen Grenadiers nicht wert waren, am Balkan
zu kämpfen, bis zu unserer heutigen Überzeugung, daß auf dem
Balkan und im Morgenlande die größten Fragen der deutschen Zu-
kunft entschieden werden; wo wir alle die beneiden, welche jetzt
unter den schwersten Opfern über die Schneeberge von Serbien und
Mazedonien bis nach den syrischen und ägyptischen Wüsten siegreich
vordringen.
Die Eroberungszüge frommer Kreuzfahrer und die Handels-
wege Augsburger Kaufleute leben wieder auf. Die romantische
Sehnsucht nach den Wundern des Morgenlandes vereint sich mit
den volkswirtschaftlichen Bestrebungen moderner Handelsgesellschaf-
ro
ten und wagemutiger Eisenbahnerbauer in demselben nahen Ziel.
So hebt sich die geographische Leitlinie, Rhein und Donau ver-
bindend, über die Dardanellen durch Kleinasien nach dem Land der
großen Ströme schon heute wie ein Naturgesetz aus dem europäischen
Völkerringen heraus.
Freilich welcher Weg uns zu diesem Ziele führen wird und wie
rasch wir ihn durchmessen werden, das vermag heute niemand voraus-
zusagen.
Ein Teil der Länder, die jetzt in den Mittelpunkt der Kriegs-
ziele rücken, sind mir seit mehreren Jahrzehnten von verschiedenen
wissenschaftlichen Reisen wohlbekannt. Freilich, wenn früher meine
Gedanken nach dem Nillande schweiften, dann gedachte ich der
Mondscheinnächte am Fuße der uralten Pyramiden, der wunder-
baren Tempelruinen aus der Zeit der Pharaonen, der lustigen Esel-
jungen von Kairo und der gewaltigen Wüste mit ihrer Farbenpracht
und ihren Problemen, die mich immer wieder gefesselt hatten.
Jetzt tauchen andere Bilder vor meinen Augen auf. Kriegsgerüstet
sah ich bei meinem letzten unfreiwilligen Besuch das Land der
Pharaonen, und nun sind alle die malerischen und poetischen Erinne-
rungsbilder verblaßt, und Ägypten erscheint mir heute nur als
Kampfplatz und Kriegsziel. In diesem spannenden Augenblick, wo
unsere Verbündeten unter dem Halbmond zur Wiedereroberung
Ägyptens ausziehen, dürfte eine kurze Schilderung des Landes und
seiner wirtschaftlichen Umstände manchem Deutschen von Inter-
esse sein; und so will ich versuchen das hervorzuheben, was dem
Kampf in der Wüste am Sinai und Nil eine so weittragende welt-
politische und weltwirtschaftliche Bedeutung verleiht.
I. Die Sinaihalbinsel.
Die Heiligtümer der Moslem im südlichen Arabien, die man
Jahrhunderte hindurch nur auf gefährlichen und von räuberischen
U
Beduinenstämmerr bewachten Karawanenstraßen besuchen konnte,
wird bald der direkte Schienenweg vom Marmarameer aus durch
Kleinasien erreichen. Zwar sind noch einige Lücken in dem durch-
gehenden Eisenbahnnetz vorhanden, aber sobald sie durchtunnelt und
überbrückt sind, können Truppen, Nahrung und Munition ohne Um-
ladung von Konstantinopel bis nach Arabien gelangen.
Von der nach Bagdad führenden Bahn zweigt in der Nähe
von Aleppo die Pilgerbahn ab, die von den Türken gebaut und ein-
gerichtet wurde. Aus ihr kehrte die kühne Schar der Emden-Helden
nach Deutschland zurück, nachdem sie alle Abenteuer des Meeres
und der Wüste glücklich überwunden hatte.
Im Osten des Toten Meeres zieht die Pilgerbahn in Höhen bis
1000 m über ein ödes Felsenplateau dahin, und drei verschiedene
Wege führen von hier nach Ägypten. Zunächst ein nördlicher Weg
längs der Küste des Mittelländischen Meeres, an der bei El Arisch
eine alte türkische Befestigung liegt. Dann eine viel begangene
Pilgerstraße quer durch den nördlichen Teil der Sinaihalbinsel
über Nckl nach Ismarlia; und endlich bietet der schmale nordöstliche
Zipfel des Roten Meeres, der -Golf von Akabah, einen bequemen
Zugang zu der Fahrstraße nach dem Sueskanal.
Von ungleich größerer Bedeutung ist aber eine von Jerusalem
abzweigende Bahnlinie, die ungefähr in einem Abstande von 50 lau
vom Mittelmeer, zwischen el Arisch und Nekl durch die nördliche
Sinaiwüste zieht. Denn auf ihr bewegen sich die osmanischen Trup-
pen gegen den Sueskanal.
Die Sinaihalbinsel bildet ein Dreieck von 250 km Länge und
etwas geringerer Breite und stellt in ihrem südlichen Teil ein un-
gemein wildes, von tiefen Schluchten und runden Kesseltälern ge-
gliedertes Granitgebirge dar. 2000 m hoch steigen die unzugäng-
lichen roten und grauen Granitberge in die Höhe (Abb. 4 und 7).
Kein Schuttkleid verhüllt ihre Felsenkämme, kein Strauch oder
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Baum wurzelt auf den sonnendurchglühteu Wänden. Die An-
ordnung der Täler und Senken ist so gesetzlos, der durch sie füh-
rende Karawanenpfad macht oft so unerwartete Wendungen, daß
diese Felsenwildnis zum Angriff ebenso ungeeignet ist, wie zur
Abb. 4. Granitberge der Sinaihalbinsel.
Verteidigung. Ost muß man die Kamele abladen, damit sie über
einen 5 m hohen Felsenriegel hinweg klettern können, oder die Tal-
rinne verengt sich zu einem so schmalen Spalt, daß ihn nur un-
beladene Tiere passieren können.
In manchem Granittal quillt klares reines Wasser, und kleine
Palmenwäldchen bilden (Abb. 5) grünende Oasen; aber nach kurzem
Verlauf versiegt das Wasser, und nur die etwas reichlichere Wüsten-
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Vegetation deutet darauf hin, daß es unterirdisch in der Talsohle
noch eine Strecke weiter sickert.
Auf die südliche Granitregion legen sich etwa von der Mitte der
Halbinsel ausgedehnte Decken von Sandstein, dann von salzigen
Mergeln und blendend weißen Kreidekalken. Ihre horizontalen
Phot. Sarasin.
Abb. 5. Palmenhain der Oase Feiran am Sinai.
Platten verhüllen die gipselreiche Granitregion, und langgestreckte
Talschluchten durchschneiden die Tafellandschaft.
Ungeheure Massen von Schutt und Geröll sind im Laufe geo-
logischer Zeiträume aus diesen Schluchten herausgeführt worden
und bilden die flachen Hügel vom Mittelmeer bis zur Karawanen-
straße. Aber zwischen den Kieszungen treten immer höher und steiler
die fingerartig zerschnittenen Teile der großen Kalk- und Sand-
steintafeln heraus, zwischen denen tiefe und steilwandige Täler da-
hinziehen. So wird ein Kreuzen dieser nördlichen Sinaiwüste um
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so leichter, je naher man sich dem Mittelmeer befindet, und um so
schwieriger, je südlicher man es versucht. Zwar trifft man in den
Felsentälern (Mb. 6) hier und da „Quellen", aus denen ein meist
salziges Wasser austritt und die Umgebung befeuchtet, oder durch
tiefe Brunnenlöcher sind wasserführende Schichten im Untergrund
Phot. Kaiser.
Abb. 6. Quelle in der Wüste.
aufgeschlossen, aber im Gegensatz zu den Granitquellen ist dieses
Wasser vielfach so salzig, daß es kaum zu genießen ist. Im vorigen
Jahr haben überdies englische Soldaten die meisten dieser Wasser-
stellen mit Dynamit gesprengt. Erst in über 100 m Tiefe könnte
man durch Bohrungen Trinkwasser gewinnen, doch müßte zunächst
der geologische Schichtenbau der Gegend genau untersucht werden.
Die Vorstellung, als ob eine jede Wüste sandreich sei,
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wird durch die Sinaiwüste am besten widerlegt. Meder in den
Granitkesseln des Südens noch in den labyrintisch verzweigten Tä-
lern des nördlichen Tafellandes begegnen uns größere Sandmengen.
Kleine Sanddünen begleiten die Küsten, vereinzelte Sandwehen
dringen in die Talrinnen (Abb. 7), aber überall tritt der dürre
Felsenboden zutage.
Phot. Naiterer.
Abb. 7. Sandfelder im Granit der südlichen Sinaiwüste.
Nach der Stadt Petra, wo in rot und gelb geflammte Sandstein-
wände Tempel und Paläste eingemeißelt sind (Abb. 8), hat man das
ganze felsige Land „Arabia peträa“ genannt.
So braucht man hier die fabelhaften Sandstürme der libyschen
Wüste nicht zu fürchten. Aber in Felsentaschen und Spalten,
in Bröckellöchern und unter überhängenden Steingesimsen liegt über-
all so viel verwittertes Gefteinpulver, daß jeder Sturm ungeheure
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ÜKLjMJ
Mengen dieser feinen Splitter aufheben kann. Schon nach kurzem
Wehen ist die ganze Luft in ein undurchsichtiges Nebelmeer, dann
in düstere Staubwolken (Abb. 9) gehüllt, die stundenlang jede Orien-
tierung unmöglich machen. Besonders im März und April treten die
als „Chamsln" bekannten ägyptischen Stürme auf. Während eines
solchen kann man sich kaum aus dem Kamelrücken festhalten. Man
muß den Kopf, zum Schutz gegen den ausdörrenden Luftstrom, dicht
in Tücher hüllen (eine Kapuze oder ein russischer Baschlik bewährt
sich hierbei vorzüglich), jeder Atemzug brennt in Nase und Rachen,
und wer sich nicht schon am Morgen oder bei Beginn des Sturmes
Gesicht, Nacken und Hände gut eingefettet hat, der wird nach dem
Chamsln mehrere Tage an verbrannter und zerrissener Haut bitter
leiden müssen.
Walther
So störend ein Staubsturm auf alle militärischen Unterneh-
mungen wirken muß, so dürfte doch ein Flieger leicht seine obere
Grenze übersteigen können. Staubwolken, die an fernen Bergen
entlang zogen, habe ich auf etwa 800—1.000 m Höhe geschätzt.
Viel schwerer als die heißen Winde empfindet der Wüsten-
reisende die nächtliche Kälte. Während unserer Wintermonate steigt
die Mittagstemperatur bis auf 35° C. Rasch gewöhnt man sich
Abb. 9. Staubsturm am Nil.
Phot. Mohrig.
an die zwar trockene, aber reine und bakterienfreie Luft, und abends
legt man sich auf den durch die Sonnenstrahlen erwärmten Boden
freudig zur Ruhe. Aber bald wirkt die starke nächtliche Ausstrah-
lung; kalte Winde blasen aus allen Himmelsrichtungen, das Lager-
feuer verlöscht, und die bitterkalte Nacht beginnt. Alle Schönheit
des Sternenhimmels vermag nicht die Plage der nächtlichen Kälte
auszugleichen, und wer nicht seine Füße mit dicken Filzstiefeln oder
in einem Schlafsack schützen kann, wird sich selbst mit mehreren
Wolldecken nicht erwärmen können.
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Eine, wenn auch seltene Gefahr bieten die Wolkenbrüche, die ge-
legentlich im Felsengebirge entstehen und mit unglaublichen Wasser-
mengen durch die Talschluchten brausen (Abb. 10). Ich habe es
selbst erlebt, wie ein vorher trockenes Tal nach einer halben
Stunde fußhoch unter Wasser stand. Ganze Beduinenfamilien sind
in solchen überraschenden Fluten ertrunken.
Phot. Züst. lLgli.
Abb. 10. Regenfluten in einem Trockental.
Das Sinaigebirge enthält weder Kohlen noch Metalle oder Pe-
troleum. Seine Pflanzenarmut macht es tierarm und menschenarm.
Etwa 4000 Beduinen, in 12 Stämme gegliedert, bewohnen das
riesige Gebiet. Sie ziehen mit ihren kleinen Ziegenherden und
ihren Kamelen von einem Tal zum anderen, je nachdem es darin ge-
regnet hat und Wüstenkräuter sich entwickeln konnten. Die südlichen
Stämme sind meist kümmerliche, fast furchtsame Leute, einzelne sind
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2*
sogar den griechischen Mönchen auf dem Sinaiklofter hörig. In
den nördlichen Gebieten aber, wo die große Pilgerstraße zu Raub
und Erpressung einlud, wohnen kühnere Stämme.
Da in der Sinaiwüste, abgesehen von kleinen Türkisgruben, keiner-
lei Bodenschätze zu gewinnen waren, ist sie bis in die letzten Jahre
auch von den Engländern nur wenig beachtet worden. Ein Angriff
von türkischer Seite war nicht zu befürchten, und so wurde nur eine
genaue topographisch-geologische Aufnahme durchgeführt, aber diese
Karte nie veröffentlicht. Erst um 1,91.0 scheint man das Gebiet,
wenigstens militärisch, in Rechnung gezogen zu haben, aber es wurde
auffallenderweise nicht der anglo-ägyptischen Regierung, sondern
dem Sudün unterstellt.
Auch vom Meere aus ist die Sinaihalbinsel sehr gut geschützt.
Ihre Westküste von Sues bis zum „Gebirge des Pharao" hebt sich
mit flachen (Abb.11) sandigen Ufern aus dem seichten Wasser des
Suesgolfes. Dann folgt bis Tor eine meist unzugängliche hohe
Felsenküste. Ich habe die der Küste parallel gehenden Gebirgsketten
durchzogen; ihre Quellenarmut und Unwegsamkeit machen sie zu
einer natürlichen Festungsmauer.
Bei Tor öffnet sich eine kleine Hafenbucht. Aber die vorgelagerten
Korallenriffe schützen ihren Eingang, und langgestreckte Riffe be-
gleiten von hier bis zum Ras Muhammed (Abb. *0 die Küste.
Selbst wer den Riffgürtel glücklich gekreuzt hat, trifft in dieser
Gegend auf eine breite, mit glitschigem Salzton bedeckte Fläche, die
fast unpassierbar ist.
Ein fortlaufendes Korallenriff begleitet vom Ras Muham-
med auch die ganze Ostküste bis Akabah. Nur drei kleine
Pforten führen bei Scherm, Dahab und Nebk durch die Schutz-
mauer bis zu den dahinter gelegenen guten Quellen. Dafür ist das
Meer im Golf von Akabah so tief, daß weder Felsenklippen noch
Korallenriffe die Fahrstraße stören. Schon Saladin hatte auf
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—............................................
Kamelen zerlegbare Boote bis Akabah tragen lassen, um hier eine
Ausfallspforte gegen die ägyptische Küste zu haben.
Seit der Sueskanal den Isthmus schneidet, ist die Beherrschung
der zu ihm führenden Wasserstraße des Golfes von Sues von viel
entscheidender Bedeutung geworden. Daher haben englische Ka-
Phot. Walther.
Abb. 11. Ufer des Roten Meeres bei Ebbe.
nonenboote auch vor einigen Jahren bei Akabah zu landen versucht,
und nur dem energischen Einspruch der Türken gelang es, die An-
lage einer Befestigung zu hindern, welche die nahe Pilgerbahn
wirksam bedroht hätte. Wer das Ras Muhammed besetzt und
von hier den Leuchtturm von Schedwan beherrscht, der den engen
Zugang zum Sueskanal beleuchtet und ohne dessen Feuer kein Schiff
den Weg durch die Riffe findet, der herrscht auch über den Kanal.
2\
II. Die Landbrücke von Sueö und das Delta.
Während das nördliche Europa mit breiter Fläche an Asien an-
geschlossen erscheint, hat sich im Süden die Verbindung zwischen
beiden Erdteilen gelöst. Der Einbruch des Marmarameeres, fort-
gesetzt in die überfluteten Talrinnen des Bosporus und der Dar-
danellen, bildete den Angelpunkt des Völkerringens.
Einst hing auch Asien mit Afrika durch die breite arabische
Landmasse zusammen, bis durch den Einbruch des östlichen Mittel-
meeres von Norden und die diluviale Senkung des erythräischen
Grabens von Süden die Fluten des Atlantischen undIndischen Ozeans
an die Ufer der letzten schmalen Landbrücke spülen konnten. Der
kühne Durchstich von Lesseps hat nur künstlich vollendet, was
durch geologische Vorgänge längst vorbereitet war.
Das Einsinken der unterägyptischen Küste würde eine offene
Meeresbucht bis weit über Kairo hinaus geschaffen haben, wenn
nicht der schlammreiche Nil auf dem sinkenden Grunde sein mäch-
tiges Delta aufschüttete; die Bucht von Sueö würde sich bis zum
Ufer des Mittelmeeres verlängern, wenn nicht feit langen Perioden
die von den Sinaigebirgen abgetragenen Schuttmassen die weite
Isthmussenke im Norden und Nordwesten immer wieder verlandet
hätten (vgl. die Karte).
Trotzdem in jedem Jahr unzählige Menschen durch die Landbrücke
von Sues ziehen, so ist doch das umgebende Land, das jetzt durch
den Krieg immer mehr in den Vordergrund des Interesses rückt,
nur selten von Reisenden besucht worden.
Mit allmählichen Übergängen wandelt sich die vegetationsreiche
syrische Küste in das pflanzenarme und vielfach versalzte ägyptische
Grenzgebiet, das die Pilgerstraße nach Mekka durchzieht, und wo
22
\T
r sah-
w
noch vor kurzem räuberische Beduinenstämme jeder staatlichen Auto-
rität trotzten. Daran schließt sich der große, aber nur 1— 2 m tiefe
Mensale-See, dessen Fischreichtum fast ganz Ägypten mit gesal-
zenen Fischen versorgt und in dem Tausende von Flamingos, Peli-
kanen, Reihern und anderen Wasservögeln ihre Nahrung finden.
Unübersehbare Scharen nordischer Wandervögel treffen außerdem
hier im Winter ein. Der Kanal hat die Fläche des Sees halbiert,
und durch große Entwässerungen hat man seine, von Port Said
östlich gelegene, Hälfte trocken gelegt, doch könnte sie jederzeit leicht
wieder unter Wasser gesetzt werden. Ein Anmarsch auf Port Said
von Syrien aus dürfte aber schon wegen des salzigen Tonbodens
und des Mangels von Süßwasser schwierig sein.
Im Süden folgt das alte Land Gosen, einst berühmt durch
seine Fruchtbarkeit und seine volkreichen Städte, jetzt eine fieber-
reiche, versandete und versumpfte Gegend, in der vielfach kaum die
Lage der alten Kulturstätten wiederzufinden ist.
Um eine Verbindung zwischen Mittelmeer und Rotem Meer zu
schaffen, mußten eine Reihe von technisch sehr verschiedenartigen
Aufgaben erfüllt werden. Zunächst galt es im Norden bei Port
Said einen langen Felsendamm zu erzeugen, der die vom Nil ins
Meer gebrachten Sinkstoffe, die eine ostwärts gerichtete Strömung
weiter trägt, vor der Kanalmündung festlegte. 250 000 riesige
Zementblöcke wurden hierzu ins Meer versenkt.
Die geradlinige Rinne durch den flachen Mensale-See war in
dem weichen Schlamm leicht auszubaggern. Dann trennt eine
schmale Hügelkette (El Kantara = die Brücke genannt) den großen
Mensale- von dem kleinen Balach-See. Südlich der Balach-Seen
folgt eine breite bis 16 m hohe Bodenschwelle (El Gisr), deren
Durchstechung ungeheure Arbeit verursacht hat. Hier treten die
Felsen der versinkenden Landbrücke zutage, wohlgeeignet zur Ver-
teidigung wie zum Angriff, und hier bei der Stadt Ismailia nähert
23
sich auch der wichtige, teilweise schon aus der Pharaonenzeit stam-
mende „Süßwasserkanal" der maritimen Fahrstraße.
Wie jede kriegerische Unternehmung in der Wüste, ist auch der
Kampf um den Sueskanal wesentlich ein Ringen um den Besitz von
trinkbarem Wasser. Auf einer Wüstenreise rechnet man mit einem
täglichen Wasserverbrauch von 5 Liter; bei kämpfenden Truppen
dürste sich diese Zahl verdoppeln. Das den Kanal angreifende Heer
ist in der ungemein schwierigen Lage, daß alles Wasser 250 km
weit herbeigebracht werden muß, denn das ganze Gebiet ist wasser-
arm. In den hier verbreiteten salzreichen Mergeln und Kalken dürf-
ten selbst Tiefbohrungen nur geringe und ungenießbare Wasser-
mengen liefern, und die Granitberge, in denen gutes Wasser quillt,
sind zu fern, um für die Wasserversorgung der Truppen in Frage
zu kommen.
Eine Sperrung des maritimen Kanals, ja selbst die glückliche
Eroberung seiner beiden Ufer, spielt für die Wasserversorgung der
angreifenden Truppen nicht die geringste Rolle, denn im ganzen
Verlauf des Sueskanals quillt nirgends Süßwasser.
Der Verteidiger hingegen erhält beliebig große Mengen von
trinkbarem Wasser aus dem Nil. An der Nilkaserne in Kairo
zweigt der Kanal vom großen Stromab, zieht an der Grenze zwischen
Delta und Wüstengebirge nach NO, biegt bei Ismailia nach Süden
um und führt in seiner schmalen, vielfach ausgemauerten Rinne das
süße Nilwasser bis nach Sues. Schleusen und Stauanlagen regu-
lieren seinen Lauf, aber sie können leicht abgesperrt werden. Erst
weiter im NW an den Nilkanälen bei Zagazig und el Salhia strömt
wieder das unentbehrliche Trinkwasser, und hier sind starke Verteidi-
gungsstellungen angelegt.
In uralten Zeiten tränkte und ernährte der Süßwasserkanal das
Land Gosen. Beim Bau des Sueskanals war seine Wiederher-
stellung und Verlängerung die notwendige Voraussetzung aller Ar-
24
«BP*
w
beiten in der wasserleeren Wüste, und heute ist die Besetzung und
Verteidigung des SueskanalS vollkommen abhängig vom Besitz
dieser Wasserrinne, die zwar landschaftlich kaum hervortritt, aber
doch die Lebensader aller Unternehmungen am Kanal bildet.
Während der Süßwasserkanal am Weftufer der „Bitter-Seen"
entlang geleitet ist, durchschneidet die maritime Fahrstraße die bei-
den Salzwasserbecken und führt dann, von hohen Sanddämmen be-
gleitet, durch niedriges Gelände (Abb. 2) bis nach Sues.
Einige aus dem versenkten Kalkgebirge aufsteigende Wasseradern
bilden östlich von Sues mitten in der gelben Lehmwüfte die kleine
palmenbestandene Oase der „Mosesquellen". Ihr Wasser ist salzig,
einige Quellen sind direkt ungenießbar.
Schon vor langen Jahren haben Schleiden und Brugsch wahr-
scheinlich gemacht, daß der Zug der Israeliten aus dem Lande Gosen
nach Palästina nicht gegen Südoft durch die Granitgebirge der
Sinaiwüste, sondern auf dem geraden Weg nach Nordost geführt
hat. Nicht im Roten Meer, sondern im „Schilfmeer" gingen auch
nach der Genesis die verfolgenden Ägypter zugrunde, und am Roten
Meer wächst nirgends Schilf, während die Ufer des Mensale-Sees
und des östlich davon gelegenen Lakus sirbonikus (heute Bardo-
wal genannt) Pflanzenreich find. Der einzige Grund für die
weitverbreitete Annahme, daß die Israeliten die südlichen Sinai-
gebirge durchzogen hätten, liegt in der Angabe dieses Namens bei
dem Bericht über die Gesetzestafeln. Aber wenn man weiß, daß
im ganzen Gebiet des Sinaistockes kein einziges Gestein vorkommt,
aus dem man Steintafeln brechen oder selbst schneiden könnte, scheint
es viel wahrscheinlicher, anzunehmen, daß auch das diesem Bericht zu-
grundeliegende Ereignis in den Kalkbergen stattgefunden habe, mit
denen sich die nördliche Sinaihalbinsel in der ägyptisch-syrischen
Wüste verliert.
25
Im strategischen Schutze des Sueskanals dehnt sich das Nildelta.
Der heilige Strom gabelt sich bei Kairo in zwei große und dann
in viele kleine Arme (Abb. 12). Tausende von künstlich gegrabenen
Kanälen verbinden diese größeren Wasseradern zu einem engmaschigen
Netz, zwischen dem sich flache Inseln aus dunkelgrauem Nilschlamm
erheben, der so fruchtbar ist, daß er seit Jahrtausenden ungezählte
Ernten bringt und nacheinander ägyptische, römische, arabische und
europäische Eroberer angelockt und reich gemacht hat.
Von 11 Millionen Menschen, die in Ägypten wohnen, leben etwa
9 Millionen auf dem schwarzen Deltaschlamm, und 3 Millionen
davon widmen sich der Landwirtschaft. In einem Lande, dessen
leuchtende Sonne das üppigste Pflanzenleben unterhalten kann,
bietet ein aus dem fernen Süden kommender Strom jene unerschöpf-
lichen Mengen von Wasser, welche das üppige Wachstum nordischer
und tropischer Kulturgewächse ermöglichen.
Im Ansang Juni fängt der Strom zu steigen an, schwillt in der
zweiten Hälfte des Juli weiter und erreicht Anfang Oktober
seinen Hochstand. Im Januar beginnt das Wasser von den Ackern
zurückzutreten, und Ende Mai ist wieder der niedrigste Stand (5 m
unter dem Hochwasser) erreicht. Ein verwickeltes System von Ka-
nälen und Schleusen, Staubecken und Abflußrinnen reguliert den
Wasserftand so, daß jedes Feld die nötige Wassermenge erhält, und
Tausende von knarrenden Schöpfrädern, von Büffeln getrieben,
sowie zahllose, mit der Hand bewegte lederne Schöpfeimer verteilen
es über die einzelnen Felder.
Eine große Schwierigkeit liegt darin, daß jedes bewässerte Feld
auch wieder entwässert werden muß, damit es nicht versalzt. Manche
scheinbar für eine Bewässerung überaus günstig gelegene Gebiete
sind, nachdem sie einmal durch ungenügende Entwässerung versalzt
waren, für alle Zukunft steril geworden.
Während früher Weizen und Zuckerrohr die wichtigsten Kultur-
gewächse waren, ist allmählich die Baumwollenkultur an die erste
Stelle getreten. Die ägyptische Baumwolle übertrifft durch ihren
Glanz, ihre Feinheit und Festigkeit alle anderen Sorten, und viele
Gewebe können nur aus ägyptischer Faser hergestellt werden. Selbst
Abb. 12. Frachtboote auf einem Nilkanal.
der amerikanische Baumwollenpreis hat nur geringen Einfluß auf
den ägyptischen Markt, und die Baumwollenkultur mit dem Baum-
wollenhandel bildet die eigentliche Quelle des ägyptischen Reich-
tums. Ägypten führte vor einigen Jahren Baumwolle im Werte
von 500 Millionen Mark aus, während alle übrigen Landespro-
dukte nur den fünften Teil erzielten.
Unter ihnen ist wohl das Zuckerrohr an erster Stelle zu nennen.
27
Große Zuckerfabriken und die Raffinerie von Hauwamdich gehören
einer Aktiengesellschaft, die über ein Kapital von 50 Millionen
Mark verfügt.
Die Steigerung der Ertragsfähigkeit des Landes seit der eng-
lischen Okkupation beruht auf den großzügigen Stauwerken in Ober-
ägypten, über die wir später sprechen. Jedenfalls hat der Besitz
des Sueskanals nicht allein wegen der Fahrstraße nach Indien,
sondern ebenso wegen der in Ägypten festgelegten Kapitalien eine
so große Bedeutung für England.
Unter 200 kapitalistischen Gesellschaften befinden sich 85 rein
englische, und auch bei den meisten übrigen spielt englisches Kapital
die Hauptrolle.
Bohrungen haben gezeigt, daß der dunkle fruchtbare Nilschlamm
im südlichen Teil des Delta 1.0 m, im nördlichen aber 1,5 m mächtig
ist. Aus getrocknetem Nilschlamm baut der Deltabewohner seine
Hütten, mit dem einfachen Hakenpflug ackert er seine schlammigen
Äcker, und den größeren Teil des Jahres hindurch schöpft er mit
dem Ledersack das schlammige Wasser auf sein Feld. Der acker-
bauende Fellach ist anspruchslos und fleißig und seit der Zeit der
Pharaonen gewöhnt, nur gerade so viel zu verdienen, wie er zum
kümmerlichen Leben braucht, nebst dem — was ihm die Steuerbehörde
wieder abnimmt. Alle Versuche, ihn zu größerer Selbständigkeit,
zu intensiver Kultur und höherem Verdienst zu bringen oder zu er-
ziehen, scheiterten an dem Charakter des Volkes und der von alters
her in Ägypten „bewährten" Besteuerungsart.
Der Ausfuhrhafen für Ägypten ist Alexandrien, und als im
Jahre 1882 die englische Flotte auf die völlig ungeschützte Stadt
ihre Bomben warf, da kam es ihr nicht etwa darauf an, einige
Europäer vor plünderndem Gesindel zu schützen, sondern die feste
Hand auf eine der wichtigsten Handelsstädte zu legen.
Zwischen den mit großem Geschick ausgeführten künstlichen Hafen-
anlagen von Alexandrien und dem nur dem Fernverkehr dienenden
Hafen von Port Said dehnt sich eine Kette von salzigen (Abb. 13)
oder brakischen Seen, die, wie unsere norddeutschen Haffe, durch
schmale Sandnehrungen vom Meere abgetrennt werden. Die einst
vorhandenen Häfen sind versandet. Süßwasser fehlt fast überall, und
nur Wassermelonen gedeihen hier in solcher Üppigkeit, daß sie den
ganzen ägyptischen Markt versorgen.
Phot. Kaiser.
Abb. 13. Salzsee bei Alexandrien.
Die ganze 20O Irrn lange Nordküste des Delta ist vom Meere
her so unzugänglich und durch die sumpfigen brakischen Haffseen
so gut verteidigt, daß hier nirgends strategische Anlagen nötig er-
schienen. Dagegen ist die Westseite des Deltas völlig ungeschützt.
Flache mit braunen Kieseln überstreute Hügel (Abb. 14) steigen
überall aus dem Deltaschlamm ohne scharfe Grenze heraus, und
dahinter dehnt sich die unendliche, offene Wüste bis zur Oase Siwah
und den tripolitanischen Häfen. Kriegerische Beduinenstämme wer-
den hier die türkischen Truppen auf das wirksamste unterstützen
und die Stoßkraft der englischen Armee sehr lähmen können.
29
III. Kairo, der Schlüssel des Nil.
Von Berber bis Kairo fließt der Nil durch eine Wüste, aus der
ihm keine einzige Wasserader zuströmt, und wo sich dann der
breite Strom, am Fuße des 200 m hohen Mokatamgebirges,
in mehrere Arme teilt, um das fruchtbare Delta zu be-
Phot. Walther.
Abb. 14. Kieshügel am Westrand des Nildelta.
wässern, dehnt sich das menschenreiche Gebiet von Kairo. Auf
älteren Anlagen im Jahre 969 als Residenz des siegreich eindringen-
den Kalifen und als sicherer Waffenplatz begründet, hat es durch
Jahrhunderte seinen militärischen Charakter bewahrt, und trotz einer
Zivilbevölkerung von 600 000 Menschen steht seine militärische
Bedeutung auch heute obenan. Zwar dürfte die auf steilem Felsen
30
erbaute Zitadelle, in deren Mauern Aufstände und Revolten, blu-
tige Massenmorde und grausamste Hinrichtungen einander ablösten,
einem modernen Artillerieangriff nicht standhalten, aber sie ist
neuerdings stark befestigt worden, besonders um jeden in Kairo ent-
stehenden Aufruhr im Keime zu ersticken.
Kairo hat nie dem Bild entsprochen, das sich der Orientreisende
von einer „morgenländischen" Stadt machte. Die malerischen, bunt
gekleideten Menschen, welche die Straßen von Damaskus oder Tu-
nis so märchenhaft machen, waren auch früher in Kairo nur selten
zu finden. Zwar war die „Muski" von einem so bunten, lärmenden
und lustigen Volksleben durchflutet, daß jeder Gang oder Ritt durch
die enge Straße eine Fülle von fesselnden Bildern bot. Wer in
dem damals von Deutschen bevorzugten „Hotel du Nil" wohnte
und täglich die Muski passierte, dem verschmolz das Straßenbild
der Muski so innig mit allen anderen Eindrücken der schönen Stadt,
daß er mit bitterer Enttäuschung die Veränderungen feststellt, die
hier in 25 Jahren eingetreten sind. Ein paar Warenhäuser stehen
beim Eingang der Straße, zahlreiche Ramschgeschäfte begleiten sie,
und das ganze Straßenbild ist nüchtern und abstoßend geworden.
Ägypten ist seitdem als „Fremdeninduftrie" organisiert worden.
Zehn Hotel-Aktiengesellschaften sind seit 1897 mit einem Kapital
von etwa 30 Millionen Mark gegründet worden und zahlten vor
dem Krieg teilweise gute Erträge. Üppige Prachthotels waren ent-
standen, in denen die internationale Lebewelt nach ihrer Art den
Orient genoß. Früh fuhr man zum Tennis, nachmittags jagten
die eleganten Autos zum Wettrennen, zu Wettflügen oder zum
„Afternoontee", nach dem Menahaus. Dort warf man einen flüch-
tigen Blick auf die gelbbraune Wüste (Abb.15) und studierte dann um
so gründlicher die neuesten Kreationen der Pariser Schneiderkönige.
Abends fand bald in einem, bald in anderem Hotel ein eleganter
Ball statt. Wenn aber Mondschein im Kalender stand, dann jagten
31
die Autos nochmals in später Nachtstunde hinaus nach den Pyra-
miden, und vor den rätselhaften Augen des uralten Sphinx entstiegen
elegante Gestalten den seidenen Polstern, und in allen Kultursprachen
flirtete es durch die stille Nacht.
Das alles hat jetzt der Krieg hinweggefegt. Die meisten Hotels
sind geschlossen, nur in einigen derselben herrscht der englische Offi-
zier und der Freiwillige aus guter Familie, der sich von den An-
strengungen des Waffendienstes mit einigen Flaschen Sekt er-
holt.
Abb. 15. Blick von der Cheopspyramide in die Wüste.
Ich hatte im November 1914 Gelegenheit, wieder durch die
Straßen von Kairo zu wandern und war überrascht, welch geringe
Spuren von den großen Truppenmassen zu merken waren, die Eng-
land zur Verteidigung Ägyptens hier gesammelt hat. Auf dem
Esbekieplatz spielte nachmittags wie einst, die arabische Militär-
musik vor verschleierten Frauen und zahlreichen jungen Ägyptern
im schwarzen Gehrock und roten Fez. Vor den Kaffeehäusern saßen
beschauliche Gestalten, schlürften ihr Täßchen Kaffee, rauchten Zi-
garetten und Wasserpfeifen und blickten fast teilnahmlos auf die
32
vorbeischlendernden Tommys. Kein Fremder war in den Bazar-
straßen zu sehen, aber wie früher hockten die Verkäufer am Eingang
ihres Ladens oder standen handelnd und feilschend zusammen. Wären
nicht überall Straßenanschläge des kommandierenden Generals
Maxwell zu sehn gewesen, welche das Stehenbleiben von Menschen-
gruppen und andere Symptome einer Volkserregung mit strengen
Strafen bedrohte, so wäre man nicht auf den Gedanken gekommen,
daß Kriegszustand in Kairo herrsche.
Seitdem England im Jahre 1882 das ungeschützte Alexandrien
beschossen und eine kleine Heeresmacht unter Arabi Pascha bei Tel
el Kebir, zwischen Kairo und dem Sueskanal, besiegt hatte, ist es
der eigentliche Herr von Ägypten. Zwar gilt der Vizekönig (Khediv)
aus dem Stamm des kühnen Empörers Muhammed Ali als der
offizielle Fürst, aber mit großer diplomatischer Klugheit hat
es England verstanden, ihn zu einem bloßen Statisten zu machen.
In früheren Jahren war Lord Cromer, später Lord Kitchener der
ungekrönte König des Nillandes, obwohl er sich mit dem Titel eines
Generalkonsuls begnügte. Alle führenden Verwaltungsstellen waren
in der Hand von Engländern, aber auf jedem öffentlichen Gebäude
wehte der ägyptische Halbmond „gleichberechtigt" neben der englischen
Flagge, und wenn ein englischer Posten das eine Portal bewachte,
so stand vor dem anderen ein ägyptischer Soldat. Selbst höhere
englische Beamte, die es als eine Beleidigung empfunden hätten,
wenn sie auf der Straße die rote orientalische Mütze hätten tragen
sollen, setzten diese auf, sowie sie in ihr Bureau traten. Diese
äußerliche Hervörkehrung des ägyptischen Charakters jeder Regie-
rungshandlung stand in schärfstem Kontrast zu der methodischen
Ausschaltung aller Nichtengländer von allen führenden und gewinn-
bringenden Stellen.
Die Nachrichten über innere Vorgänge in Ägypten sind jetzt so
spärlich, daß man sich kaum ein rechtes Bild von den dortigen Zu-
W alth er.
33
3
ständen machen kann. Der frühere Vizekönig ist abgesetzt, ein anderer
ägyptischer Prinz an seiner Stelle zum Khediv ernannt; man hörte,
daß zahlreiche ägyptische Offiziere auf der Zitadelle erschossen, an-
dere nach den Steinbrüchen von Turra als Zwangsarbeiter gebracht
worden seien. Sicherlich hat England sofort mit so kräftiger Hand
eingegriffen, daß größere Aufstände unmöglich wurden.
Selbst wenn eine siegreiche Armee sich Kairo nähern würde,
glaube ich nicht, daß die Bewohner dieser volkreichen Stadt einen
Aufstand versuchen würden. Denn die Bevölkerung setzt sich neben
den Abkömmlingen indolenter Niltalbewohner hauptsächlich aus
jenem bunten Rassengemisch zusammen, das man als „Levantiner"
bezeichnet. Aus Syrien, Kleinasien, Armenien, Griechenland und
Malta sind zahlreiche Mischlinge durch lange Generationen in den
ägyptischen Städten ansässig geworden, treiben Handel, erwerben
oft große Reichtümer, besitzen aber keinerlei rassische Eigenschaften,
die sie befähigten, heroisch zu empfinden oder zu handeln.
Nur einen Ort gibt es in Kairo, wo auch in dieser Zeit, vielleicht
jetzt mehr als früher, der Haß gegen die Fremdherrschaft gepflegt
wird und wohin Englands Macht nicht reicht —, das ist die alt-
arabische Universität Gami el Azar (Abb. 16). Hier treffen sich die
Sendboten aus allen Teilen der muhammedanischen Welt, vom In-
nern Arabiens, wie dem Herzen der Sahara, aus dem Sudan wie aus
Buchara, aus Indien und China. Wenn man im Auge behält, daß
die Zahl der Studenten über 9000 beträgt, so kann man wohl ver-
stehen, daß seit der Erklärung des heiligen Krieges an keinem Ort
der Welt so wichtige und folgenschwere Besprechungen stattgefunden
haben, als in den Höfen der alten Universität.
Es liegt im Charakter des Orientalen, daß neue Ereignisse längere
Zeit wie im Abendlande brauchen, bis sie ihre volle Wirksamkeit
entfalten. Aber ebenso sicher ist es, daß im Orient Volksbewegungen
von religiösem Charakter anfangs kaum merklich, dann aber mit
immer wachsender Macht um sich greifen. Schon heute mehren sich
die Zeichen, an denen man erkennt, welchen entscheidenden Einfluß
die Moslim auf den Ausgang des Weltkrieges haben werden.
Abb. 16. Die arabische Universität in Kairo.
IV. D e r N i l st r o m.
Der Nil entsteht bei Khartum aus der Vereinigung zweier ganz
verschiedenartiger Ströme, und an der Spitze der Landzunge, an
der sie sich vereinen (Abb. 17), kann man das dunkle schlammreiche
Wasser des Bachr-el-Asrak neben dem klaren Bachr-el-Abiad weit-
hin verfolgen.
Der ältere und für den Mittellauf des Stromes wesent-
lichere Bruder ist der aus den Ebenen des SudLn kommende und
in den Grassümpfen der Sedds filtrierte helle (weiße) Nil. Noch
35
3*
in der mittleren Diluvialzeit war er auch der einzige Quellstrom.
Wegen der im SudLn weitverbreiteten lateritischen Böden führte
er roten Schlamm und roten Sand nach Norden, aber da seine
Wassermenge nicht hinreicht, um die regenlose Wüste von Unter-
ägypten zu durchschneiden, endete der diluviale „rote Nil" zwischen
Theben und Assiut in einem großen Endsee, in welchem sein Wasser
ebenso verdampfte, wie heute das Wasser des Jordan im Toten
Phot. Walther.
Abb. 17. Der blaue und der weiße Nil bei Khartum.
Meer verschwindet. Noch heute kann man an der alten Nilpforte bei
Schellal und an den Felsengebirgen (Abb. 18) hinter den Ruinen von
Theben und in dem nach den Königsgräbern sührendm Tal rot-
gefärbte Absätze dieses abflußlosen Nilsees beobachten.
Nach der Hebung der abessinischen Gebirge strömten gewaltige
Wasseradern nach Westen und Nordwesten in die sudanischen Ebenen
herab und vereinten sich hier mit dem rotschlammigen Urnil. Der
„blaue" Nil und der im Frühjahr fast austrocknende, nach der
Regenzeit aber hochgeschwollene Atbara füllten die Flußrinne mit
36
■'V
stürmisch heranbrausenden Fluten, und, mit dem dunklen abessinischen
Schlamm beladen, durchbrach der gewaltig angewachsene Strom die
Grenzen des Nilsees bei Assiut und erreichte durch die vorher nur
von gelegentlichen Wüstenregen ausgenagten Felsentäler Unterägyp-
tens die Pforte bei Kairo und das flache einsinkende Deltaland.
Phot. Walther.
Abb. 18. Die Nilaue bei Theben und das westliche Wüstengebirge.
Über die Laterite.des Sudün, die Sandfelder von Nubien, die Ge-
rölldecken des mittleren Niltales und die alten Meeresablagerungen
am Ufer des Mittelmeeres schichteten sich nun die dunklen frucht-
baren Schlammablagerungen, die in jedem Jahr bei Hochwasser
verdickt, die vielgebuchtete Stromaue wie ein glatter Teppich aus-
kleideten. Mehrere Felsenriegel im Oberlauf des Flusses vermochte
das Wasser bis heute noch nicht ganz zu durchnagen, und so ziehen
37
sich die Klippen der Katarakte (Abb. 1.9) an sechs Stellen quer
über das Strombett.
Westlich von Beni Suef war in der.vorhergegangenen Wüstenzeit
durch den Wind eine große Kesselgrube ausgehoben worden, in
welche nun das schlammreiche Nilwasser ebenfalls hineinströmte,
Phot. Walther.
Abb. 19. Granitfelsen im Katarakt von Assuan.
und so entstand hier abseits vom Fluß das fruchtbare Ackerland
des Fayum.
Mit dem Süßwasser und dem fruchtbaren Schlamm drang die
Sumpfflora des Sudün bis an die Küsten des Mittelmeeres,
Papyrus wuchs in dichten Beständen; Nilpferde und Krokodile
wurden einst sogar im Delta gejagt.
Wie alle meridional strömenden Flüsse drängt auch.der Nil seine
Wassermenge nach dem rechten Ufer, und so ist hier meist nur eine
38
schmale grüne Uferzone entwickelt, oft treten die dürren, steilen
Felsenberge direkt an das Ufer. Der Tempel von Komombo wird
vom Flusse unterspült, und einige Hotels von Luxor müssen ihre
Vorgärten schon seit Jahren durch hohe Steinmauern vor den
gefährlichen Angriffen des Stromes schützen. Auf dem linken Fluß-
user aber breiteten sich meist die schlammigen Absätze weit aus und
bildeten eine fruchtbare Ebene, aus der oft erst in einem Abstand
von 10—20 km die öden Wüftenberge auftauchen.
Seit uralten Zeiten sind diese fruchtbaren Auen reich bevölkert,
und so wurde Oberägypten neben dem Fayum und dem Delta die
Quelle des Reichtums der Pharaonen und aller auf sie folgenden
Herrschergeschlechter Ägyptens.
Um jeden Teil dieses Landes der Kultur >zu erschließen, hat man
ein reiches Netz von Kanälen vom Nil abgezweigt und überall das
fruchtbare Hochwasser hingeleitet. Um auch die entlegensten Gren-
zen des Ackerbaues zu erreichen, hat England seit der Okkupation
mit riesigen Kosten das alte Kanalsystem rationell ausgebaut und
durch die Anlage des gewaltigen Staudamms bei Assuan eine
restlose Verwertung des Nilhochwassers ermöglicht. Der Damm
durchquert das hier von zahlreichen Granitfelsen (Abb. 19) durch-
setzte Bett des Stromes in einer Breite >von fast 2 km. Der 40 m
hohe und unten 30 m breite Damm wird von 180 Schleusen durch-
brochen, die es ermöglichen, das hoch gestaute Nilwasser ganz nach
Bedarf nach den durstigen Feldern der Nilauen des Fayum und des
großen Deltagebietes weiter strömen zu lassen.
Es wird erzählt, daß bei der Anlage des Staudamms ein schwer-
wiegender Fehler gemacht wurde, indem er geradlinig von einem Ufer
zum andern, und nicht stromaufwärts konvex angelegt wurde Da-
durch soll die Mittelregion des Damms zu schwach geworden und
dem ungeheueren Wasserdruck nicht recht gewachsen sein. Aus diesem
Grund soll die vor einigen Jahren begonnene Erhöhung des Damms
39
um mehrere Meter nötig geworden sein. Das aufgestaute Wasser
hat oberhalb des Dammes (Abb. 20) einige fruchtbare Uferstreifen,
zahlreiche Palmenwälder und leider auch die malerischen Ruinen der
Insel Philae überflutet, die nun durch intensive Verwitterung der
Bausteine rettungslos dem Untergang verfallen sind.
Mit dem Bau des Staudamms von Assuan hatte aber die eng-
lische Regierung nicht allein eine für die kulturelle Entwicklung des
Abb. 20. Der Stausee bei Schellal mit der überfluteten Insel Philae.
Landes ungemein wichtige Arbeit geleistet, sondern auch sich ein
Faustpfand gesichert, das in den gegenwärtigen Zeiten von großer
Tragweite ist. Denn in Verbindung mit den großen Schleusen-
werken (Barrage) nördlich von Kairo, welche die Verteilung des
Wassers im Delta regeln, bildet der Staudamm von Assuan den
Mittelpunkt aller wirtschaftlichen und industriellen Anlagen in
Ägypten. Die Blüte wie der Ruin dieses riesigen Landgebietes
liegt völlig in der Hand der Machthaber, ,die die Schlüssel zu den
Schleusentoren von Assuan und Kairo in Händen haben.
40
Nur ein kleiner Kreis von Technikern ist mit dem System der
Haupt- und Nebenkanäle so vertraut, daß er den Weg voraussehen
kann, den die Wasser nehmen, und als alle Ausländer aus Ober-
ägypten ausgewiesen wurden, mußten doch die Ingenieure, die mit
der Regulierung der Schleusentore vertraut waren, zurückbleiben.
Phot. Walther.
Abb. 21. Versandetes Dorf in Nubien.
So fruchtbar und volkreich das Niltal von Kairo bis nach dem
ersten Katarakt und dem Staudamm von Assuan ist, so menschenleer
werden die Ufer des Stromes weiter südlich in Nubien. Noch vor
wenigen Jahrzehnten begegnete hier der Reisende zahllosen Dörfern,
deren Bewohner auf dem schmalen Streifen von Nilschlamm Acker-
bau trieben, und menschenreichen Städten, die wie Korosko und Ber-
ber als Ausgangsorte für die Handelskarawanen nach dem Roten
Meer berühmt waren. Heute sieht man überall nur noch Ruinen. Die
4k
Raubzüge der Machdisten und besonders der blutige Krieg, mit dem
Kitchener den Machdistenaufftand niederwarf, haben dieses Land fast
menschenleer gemacht (Abb. 21). Arabische Speere, englische Ma-
schinengewehre und verheerende Seuchen und Hungersnöte haben hier
nach sachkundiger Schätzung^) im Laufe von kaum zwei Jahrzehnten
über 6 Millionen Menschen dahingerafft, haben Hab und Gut
der Übriggebliebenen zerstört und große Strecken gut bebauten Lan-
des zur Wüste umgewandelt. Die Karawanenstraßen sind verödet.
Die fruchtbaren Nilufer sind menschenleer, und überall sieht man
nur noch verbrannte Weiler, Dörfer und Städte. Die einst am
Ufer angelegten Schöpfräder und Bewässerungsanlagen sind ver-
1) A. Kaiser. Der anglo-ägyptische Sudan in seiner wirtschaftlichen Be-
deutung. Bern 1908.
42
fallen, und die von Nordwesten aus der libyschen Wüste gegen den
Nil vordringenden gelben Sanddünen haben die einstigen Äcker mit
hohen Sandschichten bedeckt. Für ewige Zeiten hat hier die Wüste
von altem Kulturland Besitz ergriffen.
So ragen jetzt die in den Felsen (Abb. 22) gehauenen Tempel von
Abu Simbel als Zeichen altägyptischer Kultur neben zertrümmerten
arabischen Felsenburgen und zerfallenen Moscheen als Überreste mu-
Phot. Walther.
Abb. 23. Nubisches Segelboot auf dem oberen Nil.
hammedanischer Blüte und die großen Kasernen und Soldatenlager
als Überbleibsel der letzten englischen Eroberungszüge über die Ufer
des Stromes, auf dem der Touristendampfer nur ganz vereinzelt
einem malerischen Segelboot (Abb. 23) begegnet.
Y. Die arabische und die libysche Wüste.
Zwischen Sues und Kairo beginnt an den steilen Felsenwänden
des Atakah und des Mokatam ein ödes Gebirge, die „arabische
Wüste", das, vom Roten Meer und dem Nil begrenzt, durch
12 Breitengrade bis an die Grenzen von Abessinien reicht.
43
Unter den großen Kalktafeln, die von tiefen, oft senkrechten Ab-
gründen begrenzt und von langen (Abb. 24) öden Talschluchten
durchschnitten, die nördlichen und westlichen Gebiete beherrschen,
treten dann kristallinische Schiefer und riesige Granitstöcke zutage,
die mit unersteiglichen Gipfeln 2—3000 m hoch emporragen. Einige
gangbare Handelsstraßen kreuzen das menschenarme Gebiet.
Phot. Walthcr.
Mb. 24. Felsental in der arabischen Wüste bei Kairo.
Von Keneh zieht sich die 200 km lange Karawanenstraße nach
Kosser, von Berber die etwa doppelt so lange nach Suakim. Aber
sie haben ihre Bedeutung mit dem Aufhören des Sklaven- und
Elfenbeinhandels auch völlig verloren. Einige Beduinenftämme
ziehen mit ihren Herden je nach der Regenzeit, bald durch die tiefen
Täler, bald über die Hochebenen, und wenn sie vielleicht jetzt als
44
Kundschafter gelegentlich eine Rolle spielen, so besitzen sie doch weder
militärische noch politische Bedeutung.
Von Beni Suef führt ein selten begangener Weg nach den alten
Klöstern St. Antonius und St. Paul. Nur zweimal trifft man
hier trinkbares Wasser, und ein Staubsturm, den ich Anfang Mai
bei 42° C. in den „Gärten des Durstes" erlebte, ist mir noch heute
in schrecklicher Erinnerung.
Am Fuß einer 4200 m hohen Steilwand entspringt die klare
wasserreiche Quelle, an der sich um das Jahr 300 der heilige An-
tonius niederließ und das älteste Kloster der Christenwelt gründete.
Droben in der Felswand öffnet sich die düstere Höhle, in wel-
cher der weltflüchtige Einsiedler von verführerischen Gestalten ver-
sucht worden sein soll. Hohe Mauern ohne Tor und Fenster umgeben
den Klostergarten. Der fremde Besucher wird an einem dicken Bast-
strick, frei in der Luft schwebend,- 20 in hoch emporgezogen und be-
tritt dann das gegen räuberische Überfälle so wohl geschützte Kloster-
gebiet und die Siedelung der Mönche, deren jeder in einem schmalen
einfenstrigen Hause wohnt. Aus der Zahl der Mönche von St. An-
tonius wählt der Herrscher von Abessinien das Haupt der abes-
sinischen Kirche. Nur zweimal im Jahr kommt eine Karawane mit
Getreide vom Nil, wird durch eine in die Schutzmauer gebrochene
Öffnung hereingelassen und diese dann wieder vermauert.
Georg Schweinfurth, der die arabische Wüste zwischen Nil und
Rotem Meer auf zahlreichen Expeditionen durchforscht hat, und
neuere englische Forschungsreisende haben zwar alte verlassene Berg-
werks- und Steinbruchanlagen aus ägyptischer und römischer Zeit
wieder aufgefunden, aber die geringe nationalökonomische Bedeutung
des östlichen Wüstengebirges nachgewiesen.
Ebenso menschenleer, aber topographisch ganz anders geartet ist
das unermeßliche Wüstengebiet, das im Westen des Niltales beginnt
und sich als „libysche Wüste" im Herzen der Sahara verliert.
45
Große Teile derselben hat noch kein Europäer gesehen; aber was
wir von ihr kennen, zeigt einen verhältnismäßig einfachen geologischen
Bau. Aus dem Niltal erhebt sich mit Steilwänden oder sanften
Böschungen eine Hochebene (Abb. 25), die in einer Meerhöhe von
3—500 m und vielfach ohne jede topographische Gliederung (Ha-
Phot. Walther.
Abb. 25. Die libysche Hamada.
mada) nach Westen reicht. Von allen Wüsten, die ich in fünf
Kontinenten gesehen und studiert habe, hat mir nächst dem Sand-
meer der Karakum in Turkeftan die libysche Hamada den „wüstesten"
Eindruck gemacht. Eine harte Kalkplatte, in welche der Sand-
wind tiefe Furchen eingeschnitten hat, in deren Spalten nirgends
ein Pflänzchen wurzelt, dehnt sich ungegliedert und trostlos in un-
ermeßliche Ferne. Sechs Tagereisen mußten früher die Sklaven-
karawanen aus dem Sudün, nachdem sie zum letztenmal in der
46
Großen Oase getränkt worden waren, über die wasserlose Felsen-
ebene gehen, und noch heute sieht man die von Sklavenfüßen in
den steinigen Boden eingetretenen Pfade (Abb. 26) nebeneinander
dahinziehen. Noch heute erinnern verwitterte Menschenknochen an
die hier verdursteten Opfer. Große Flächen der Hamada sind mit
schwarzen Feuersteinbroten übersät (Abb. 27), die, einst im Kalk-
Phot. Walther.
Abb. 26. Alte Karawanenpfade aus der libyschen Hamada am Steilrand
gegen die Oase.
gestein verteilt, durch den Wind herausgeblasen wurden, und ein selt-
samer Zug rotgelber Sanddünen (Abb. 28) zieht sich über den blau-
grauen Felsengrund. Mitten in dieser Felsenplatte öffnen sich einige
große Lücken, 300 m tief, 50—100 km breit und 30—200 km
lang, an deren Boden salzige Thermen entspringen. Hier wachsen
Palmenwälder und gedeihen allerlei Kulturpflanzen. Man bezeich-
47
tief jene großen Lücken als „Oasen", es würde aber richtiger sein,
diesen Namen auf die in der vegetationslosen Fläche verteilten, von
den einzelnen Quellen getränkten Pflanzenreichen Stellen (Mb. 29)
zu beschränken.
Vor Jahrtausenden war der Boden der Oasensenke viel wasser-
reicher als jetzt, und daher waren sie in ägyptischer, persischer
Pyot. Walther.
Abb. 27. Herausgewitterte Kieselbrote auf der libyschen Hamada.
und selbst noch in römischer Zeit menschenreich. Allmählich ver-
siegten die meisten Quellen, die Anzahl der Bewohner verminderte
sich, und heute leben in den libyschen Oasen nur einige Tausend
kümmerlicher und halbverhungerter Menschen.
In der Hoffnung, durch Brunnengraben die einstige Ergiebigkeit
der Quellen wieder herstellen und die Fruchtbarkeit der Oasen wieder
erwecken zu können, hat vor einigen Jahren eine englische Gesell-
48
schaft eine kleine Schmalspurbahn von Farschud über die weite
Hamada bis nach der großen Oase gelegt und dort zahlreiche alte
versandete Brunnenschächte wieder gereinigt — aber die dabei an-
gelegten Felder sind rasch versalzt und versandet, die Bahn wurde
von der Regierung angekauft, das von der Handelsgesellschaft an-
gelegte Kapital wurde ihr ersetzt — und nun dürfte kein Interesse
mehr bestehn, den Betrieb noch weiter zu unterhalten.
Phot. Walther.
Abb. 28. Libysche Bogendüne.
Im Westen der libyschen Oasen beginnt das unermeßliche Sand-
meer, in das selbst die so gut ausgerüstete Expedition von Rohlfs nur
einige Meilen einzudringen vermochte, das keine Karawanenstraße
kreuzt und das noch heute zu den unbekanntesten Gebieten Afrikas
gehört. Jenseits der Sandregion liegt das Gebiet der Senussi und
anderer arabischer Stämme, die jetzt bereit sind von Westen den
osmanischen Heeren zu helfen.
W alth er.
49
4
VI. Der Sudan.
Menschenreich und fruchtbar wie das unterägyptische Deltagebiet,
waren schon im Altertum die weiten Ebenen, in denen sich die beiden
Urströme des Nil vereinen. Dieses „Land der Schwarzen", der
Sudün, war zu allen Zeiten das Eroberungsziel land- und geld-
Phot. Walther.
Abb. 29. Schilfbestandener Quellhügel in der großen Oase.
hungriger Herrscher der Nilgebiete. Von hier kamen die Sklaven,
von hier die Elephantenzähne, von hier die Felle und Straußen-
federn, das Gold und das Gummiarabikum, die auf dem ägyptischen
Markte so begehrt waren.
Schon die Pharaonen zogen hinauf zu den Quellgebieten des
heiligen Stromes, dann folgten ihnen römische und arabische Er-
50
oberer. Auch die neuzeitlichen Herrscher Ägyptens erneuerten die
Eroberungspläne und pflanzten ihre Fahnen auf den Wällen von
Khartum auf. '
Aber inzwischen hatte ein fanatischer Sudanese Muhamed ibn
Abdallah als Führer der „Derwische" wachsenden Einfluß ge-
wonnen, besiegte mehrere ihm entgegengeschickte ägyptische und eng-
lische Heere und residierte seit 1,883 in el Obeid als „Machdi".
Abb. 30. Das Fort des Machdi in Omdurman.
Siegreich führte er seine Scharen sogar gegen Abessinien, und selbst
der englisch-ägyptische Gouverneur Gordon konnte seiner Macht nicht
widerstehen. Am 25. Januar 1885 eroberten die Machdisten Khar-
tum, und Gordon fiel, von ihren Speeren durchbohrt. Als bald
darauf der Machdi starb und sein Gehilfe Abdallah sein Nach-
folger wurde, verlegte dieser seine Residenz nach dem bei Kharturn
gelegenen Omdurman (Abb. 30). Raubzüge nach den benachbarten
Gebieten von Darfur, Kordofan, Nubien und Abessinien gaben
ihm die Mittel zu einem Leben voll sadistischer Grausamkeit.
51
4*
Da die Machdisten bei ihren Kriegen immer näher an die Süd-
grenze von Ägypten kamen und dessen Sicherheit bedrohten, führte
der Oberkommandierende der englisch-ägyptischen Armee, Kitchener,
seine Truppen nach dem Sudün. Er folgte zunächst dem Nil bis
Wady Halsa und erbaute von hier über die völlig wasserlose steinige
Hochebene eine 900lrni lange Eisenbahn bis Äbu-Hamed. Nach sieg-
reichen Kämpfen bei el-
Damer drang Kitchener
weiter nach Süden vor
und schlug die Neger-
scharen des Machdi am
2. September 1,898
bei Kereri. Von den
„Derwischen" fielen
(Abb. 31) vor den eng-
lischen Maschinenge-
wehren 1,5 000 Mann,
während die Verluste
der Engländer 25 Tote
und 1.0 Verwundete
betrugen.
Abb. 31. Schädelpyramide auf dem Schlacht- Omdurman wurde
feld von Kereri. geplündert; Kitchener
ließ das Grab des
Machdi Muhamed aufbrechen (Abb. 32 und 33) und seine Ge-
beine besudeln, so daß sogar der damals als Kriegsberichterstatter
beim Heer weilende Churchill in englischen Zeitungen gegen diese
Entweihung protestierte.
Während frühere Eroberer des Sudün dessen geographische Zu-
sammengehörigkeit mit Ägypten bestehen ließen, verfolgte England
dort eine andere Politik. Zwar blieb die Verbindung mit der ägyp-
52
tischen Regierung äußerlich bestehen; ägyptische Truppen standen
ebenbürtig neben den englischen Regimentern, und beide Fahnen
wehten von den Regierungsgebäuden — aber inzwischen bereitete
man eine völlige Loslösung von Ägypten vor.
Wir sahen, daß sich Nubien als eine fast menschenleere Zone
(Abb. 34) zwischen Ober-
ägypten und den Sudan
einschiebt. Die einst hier
blühenden Mittelpunkte
des Karawanenhandels
sind verödet, die den
Strombegleitenden schma-
len Streifen Ackerlandes
sind versandet, der Weg
mit Dampfern von As-
suan bis Wady-Halfa,
dann mit der Wüstenbahn
nach Abu-Hamed ist zeit-
raubend und kann leicht
unterbrochen werden.
England baute daher
längs der alten Karawa-
nenstraße Berber-Suakin
eine Wüstenbahn (Abb. 35), die, an der Mündung des Atbara in den
Nil beginnend, über eine bis 4000nihoch ansteigende flache Senke
bei Summit führt. Seltsame glockenförmige Felsendome überragen
die weite Hochebene, und Reihen niedriger Büsche lassen die unter-
irdischen Wasserläufe (Abb. 36) in den flachen Talrinnen verfolgen.
Bei Singat tränkt eine ergiebige Quelle eine kleine Oase. Frucht-
bare Gärten schließen sich an die einsame Eisenbahnstation, und
bei Beginn der heißen Jahreszeit sammeln sich viele Tausende von
53
#1 £ - "
kl
Abb. 32. Das Grab des Machdi.
Beduinen, die im Winter ihre Herden auf den Ebenen bei Suakin
weiden, in dem kühlen Bergland. Durch ein überaus wildes Felsen-
gebirge (Abb. 37) erreicht die Bahn den Rand des Grabenbruches
des Roten Meeres und führt von hier in steilen Serpentinen hinab
zu den heißen Ebenen des Roten Meeres.
Der Endpunkt der Bahn ist nicht das alte Suakin, sondern ein
nördlich davon gegründeter Ort: Port Sudün — eine glühende
Abb. 33. Lrümmerstätte des Machdi-Grabes.
Hölle für die wenigen Kaufleute und Beamten, die hier ihr Leben
verbringen müssen.
Mit der Port SudLn-Bahn ist der Sudün völlig unabhängig von
Ägypten geworden. (Von London kann man über Sues in etwa
8 Tagen nach Khartum reisen.) Politische öder militärische Um-
gestaltungen in dem einen Gebiet hatten nicht den geringsten Ein-
fluß aus das andere, und ohne fremde Kontrolle vollzogen sich hier im
Herzen von Afrika tiefgreifende Umgestaltungen. Die Stadt Khartum
ist mit ihren stauberfüllten breiten Straßen (Abb. 38) und ihren von
Palmengärten umgebenen Häusern eine ganz moderne Gründung und
54
wird fast nur von Europäern und Mischlingen bewohnt. Mächtig hebt
sich aus der Nilterrasse der Palast des Gouverneurs heraus. Eine
breite Treppe, durch hohe starke Eisengitter geschützt, ermöglicht bei
einem etwaigen Angriff von der Landseite rasch auf Dampfboote
zu fliehen. Das Gordon-College erzieht junge Sudanesen in vor-
bildlicher Weise zu Handwerk, Ackerbau und Industrie. Bahnen
Phot. Walther.
Abb. 34. In der nubischen Halbwüste.
nach El Obeid und Sennar wurden gebaut, ohne daß selbst die in
Khartum ansässigen Europäer etwas davon erfahren. Staudämme
wurden in den sudLnischen Ebenen angelegt, um das Nilwasser
schon hier im Quellgebiet der Schwesterströme zu fassen. Wie
eine im Oberlauf eines Mühlbaches neuangelegte Mühle alle fluß-
abwärts gelegenen alten Mühlen entwertet, so hat England durch
große Bewässerungsanlagen im SudLn den heiligen Strom, der
Ägypten ernährt und tränkt, an seiner Wurzel gepackt und sich
55
dadurch einen Einfluß gesichert, der jetzt nicht hoch genug an-
geschlagen werden darf.
Die vom fruchtbaren Nilschlamm bedeckte tischgleiche Ebene
des Sudnn, besonders die sogenannte Gesireh (Insel) zwischen den
beiden Nilftrömen ist wie geschaffen für Baumwollenkultur. Wäh-
rend in Ägypten eine Fläche von 1. Million Hektar Baumwollen-
land einen jährlichen Ertrag von 500 Millionen Mark ergibt —
Phot. Walther.
Abb. 35. Die Port-SudLmBahn.
stehen im Sudän 6 Millionen Hektar Baumwollenland für künf-
tige Kulturen zur Verfügung.
In richtiger Erkenntnis, daß nur eine von eingeborenen Arbeitern
reich bevölkerte Kolonie dauernd steigende Erträge sichert, hat die
sudü-nische Regierung alles getan, um die durch die Machdi-Kriege
so sehr reduzierte Bevölkerungszahl wieder zu heben. Denn wie
A. Kaiser richtig sagt: „Der Neger ist und bleibt die wichtigste
Arbeitsmaschine des tropischen Landbaues, tropischer Produktions-
fähigkeit und afrikanischen Handelsverkehrs."
56
VII. Die heutige Bedeutung des Sueskanals.
Im Vollbesitz einer großzügig begründeten und mit umsichtiger
Klugheit ausgedehnten Macht, wie sie noch nie ein Volk errungen
hatte, trat England siegesgewiß in den Weltkrieg ein. Vielleicht ist
der vielbeklagte „Fall Zabern" daran schuld, daß die klugen Diplo-
maten von London, Paris und Petersburg die Kraft des deutschen
Heeres so falsch einschätzten — jedenfalls haben die Berichte deut-
Phot. Walther.
Abb/36. Die Jnselberge von Summit über der äthiopischen Fastebene.
scher Zeitungen aus jenen Tagen im Ausland eine größere Rolle
gespielt als man bei uns ahnt. In australischen Familienblättern
wurde noch Ende Juli 1914 gerade auf Zabern hingewiesen und
die innere Schwäche der deutschen Heeresorganisation damit be-
gründet.
Aber ein einiges Deutschland erhob sich! gegen übermächtige An-
griffe; mit wuchtigen Schlägen trieb unsere unvergleichliche Armee
den eindringenden Feind zurück, mit bewunderungswürdigem Mute
57
zwang unsere Marine die englische Flotte zum Rückzug und zur
Untätigkeit — und die so glänzend ausgerüsteten, in manchem blu-
tigen Kolonialkriege bewährten englischen Truppen wurden trotz
des Überflusses an amerikanischer Munition geschlagen.
Aber durch den festgeschlossenen Ring des englischen Nachrichten-
monopols drang keine Nachricht von allen diesen Heldentaten unserer
Wot. Walther.
Abb. 37. Bergland bei Singat.
Heere in die Welt hinaus. Infame Verdrehungen und unglaub-
liche Lügen beherrschten die Stimmung in der ganzen Welt und
peitschten selbst die Seelen derjenigen, die sich ein neutrales, ob-
jektives Urteil zu bilden bemühten, in eine deutschfeindliche Ge-
sinnung.
Mehr als die Abstammung bildet die englische Sprache das
ideelle Band, das Millionen von „Briten" zu gemeinsamem Fühlen
58
und Urteilen vereint. Es ist mir unvergeßlich, wie ich einst im
Broklyn-Tabernakel den berühmten Kanzelredner Talmage im
Schlußgebet: „für alle englisch sprechenden Menschen des Erd-
kreises" beten hörte.
Soweit die englische Sprache reicht, im afrikanischen Urwald wie
in der Libyschen Wüste, in den australischen Goldfeldern wie auf den
eisigen Höhen des Himalaya, sind auch die im englischen Geiste ver-
- Abb. 38. Khartum.
faßten und für Englands Weltruhm wirkenden Zeitungen, Maga-
zine und Wochenschriften zu finden. Geschickt geschrieben und gut
illustriert, voll spießbürgerlicher Moral und praktischer Lebens-
regeln, mit spannenden Berichten über britische Tatkraft und britische
Heldentaten, voll schiefer Urteile über alles Nichtbritische, bilden
sie für jeden, der englisch lesen kann, in der weiten fernen Welt
vielfach die einzige Erholung inmitten eines Lebens voll Entbehrung
und Gefahr.
Man hat im Laufe der letzten Monate oft beklagt, daß von deut-
59
scher Seite so viel versäumt worden sei in der Beeinflussung der
ausländischen Presse. Diese Klage mag berechtigt sein, soweit
Handelszentren in Frage kommen — aber der unfaßbare und doch
politisch so ungemein wichtige Einfluß der spezifisch englischen
Unterhaltungsliteratur auch auf die im Ausland lebenden Nicht-
briten wird nie paralysiert werden können.
Nur ein weitverbreiteter und im fernen Osten ungemein wichtiger
Kulturkreis blieb von allen diesen Einflüssen unberührt, verhielt
sich passiv ablehnend gegen alle englische Einwirkung und machte
den englischen Herrschern große Schwierigkeiten — die Welt des
Islam. Am Balkan und in Mesopotamien, in Ostindien wie in
Ostafrika, in Pemen wie im SudLn — überall trat die arabisch-
islamische Kultur als stiller Feind Englands auf, und das so
kluge Herrenvolk fand keine Formel, um dieses große Problem zu
lösen. Das stolze England, das überall so selbstbewußt auftrat,
und mit diesem Trick so vielen Rassenund Völkern zu imponieren
verstand, wurde dem Moslim gegenüber zaghaft und nachgiebig und
versuchte nur auf Umwegen diese geheimnisvolle unfaßbare Welt-
macht zu schwächen.
Bald waren es die „armenischen Greuel", bald ein „Aufstand"
in Alexandrien, bald der „tolle Mollah" im Somaliland, bald
ein namenloser Stamm an der afghanischen Grenze, der die eng-
lischen Gemüter bewegte und englische Truppen beschäftigte — aber
immer wieder konnte der aufmerksame Beobachter bemerken, wie
England vor entscheidenden Schritten zurückwich.
Dem Deutschen, der viel in islamischen Ländern reiste, mußte es
schon seit Jahrzehnten auffallen, wie häufig der Moslim ihm Zeichen
seiner Sympathie zu erkennen gab. Ich erinnere mich im Jahre 1884
auf dem Basar in Tunis wie später in der Türkei, in Ägypten
und Indien immer wieder solche kleine Freundlichkeiten von seiten
der Muhammedaner erfahren zu haben, die so ganz spontan und
60
harmlos erschienen und doch eine so tiefe Bedeutung besaßen. Wenn
unser Kaiser seit Jahrzehnten diese Symptome richtig erkannt und
daraufhin seine politischen Entschlüsse immer wieder begründet hat,
so muß heute jeder diese weitsichtige Politik des Herzens und des
Verstandes bewundern.
In dem Augenblick, wo die Türkei auf unsere Seite trat und den
„Heiligen Krieg" erklärte, erhielten alle diese bis dahin kaum faß-
baren Neigungen und Wünsche eine scharfumrissene Gestalt.
Wenn England geahnt hätte, welche Heldenkraft, trotz aller
früheren Blutopfer noch im Osmanentum latent ruhte, so würde es
niemals in einen Krieg gegen die Türkei eingetreten sein. Denn
jetzt wurde der mitteleuropäische Krieg ganz automatisch nach dem
Osten in das Herz des Islam verlegt, und jeder, der die Entwick-
lung des Weltkrieges verfolgt hat, mußte mit immer größerer Deut-
lichkeit erkennen, daß damit der ganze Charakter des Krieges ein
anderer wurde. Jetzt blicken Millionen von Moslim, die in allen
englischen Kolonien verstreut leben, gespannt nach dem Kampfplatz,
wo nicht allein unsere, sondern ebenso ihr Schicksal entschieden
werden mußte. Und wenn man früher wohl gesagt hat, daß Frank-
reich stets seinen Blick nach dem „Loch" in den Vogesen gerichtet
hatte, so sieht heute jeder Engländer voll Sorge und Angst nach
dem Sueskanal, und auch die Augen der englisch fühlenden Men-
schen in der ganzen weiten Welt schauen mit Zittern auf die schmale
Wasserstraße, die zwei Kontinente trennt und zwei Weltmeere ver-
bindet.
Seit Jahrhunderten sind Mekka und Stambul die beiden
Angeln, um die sich das Denken und Fühlen der islamitischen Welt
bewegt, und alle Mächte, die politisch mit Anhängern Muhammeds
verbunden waren, mußten ihre Entschlüsse nach diesen beiden Mittel-
punkten orientieren. Besonders England, unter dessen Herrschaft
so viele Millionen Moslim leben, hatte stets ein besonderes
61
Interesse daran, die eine oder die andere jener Stätten zu beein-
flussen.
Solange der Sueskanal noch nicht existierte und das Rote Meer
durch einen engen Ausgang nur nach Süden mit dem Weltmeer
verbunden war, konnte es als „mare clausum“ betrachtet wer-
den. Rings von menschenarmen Wüsten umgeben, durch seine vielen
Riffe und seine Hitze dem maritimen Einfluß europäischer See-
mächte fast entzogen, diente es nur den schwankenden arabischen
Segelbooten zur Fahrstraße, die, mit Sklaven oder Pilgern beladen,
von einer Hafenstadt zur anderen fuhren. Handel, Schmuggel und
Seeräuberei vollzogen sich unter derselben Flagge, und keine an-
dere Macht hatte ein Interesse daran, hier ordnend einzugreifen.
Da besetzte England im Jahre 1.839 Aden, dann auch die flache
Insel Perim in der Bab el Mandeb — und hatte dadurch den Ab-
schluß des arabischen Meeres so geschickt erreicht, daß auch der ganze
Pilgerverkehr nach Mekka unter seine Kontrolle geriet.
Man kann es wohl verstehen, daß England mit Eifersucht die
französischen Bestrebungen zur Durchstechung der Landbrücke von
Sueö verfolgte und zunächst seinen ganzen Einfluß daran setzte,
sie zu verhindern. Andererseits hatte Frankreich, als die von
der Kirche sanktionierte „Beschützerin des Orients", ein starkes
politisches Interesse daran, das Meer zu öffnen, an denn die Heilig-
tümer von Mekka und Medina lagen. Lesseps und seine Hinter-
männer siegten, der Kanal wurde gebaut, und damit wuchs die
politische Macht Frankreichs im Orient ungemein.
England sah die drohende Gefahr und wußte ihr mit klugen
und rücksichtslosen Maßregeln rasch zu begegnen. Im Jahre 1.875
kaufte es von dem genialen aber verschwenderischen Vizekönig
1.76 000 Kanalaktien für den geringen Preis von 80 Millionen
Mark und gewann damit den finanziellen Einfluß auf die Kanal-
gesellfchaft. (Heute ist der Wert derselben Aktien auf das Achtfache
62
gestiegen, und sie bringen eine Rente von 20°/o.) Im Jahre 1.884
überfiel dann die englische Flotte Alexandrien, und nach wenigen
Jahren war ganz Ägypten in seinem faktischen Besitz. Nur in
Äußerlichkeiten wurden die Rechte des Vizekönigs gewahrt, im
Wesen war das Nilland eine englische Provinz geworden. Immer
wieder aber versprach England aus Ägypten sich zurückzuziehen,
„sobald die staatliche Ordnung hergestellt sei".
Das Rote Meer war wieder ein englisches Binnenmeer, die fa-
mose Neutralität des Kanals wehrte jeden Eingriff anderer Mächte
ab, und wenn in den letzten Jahren von 6000 Schiffen, die den
Kanal benutzten, mehr als die Hälfte die englische Flagge trugen,
wenn auf ihnen englische Kohle nach allen Häfen des Indischen und
Stillen Ozeans verschifft wurde, so nahmen die Besitzer der Kanal-
aktien nicht nur die ungeheueren Kanaldurchfahrtskosten (ein mittel-
großes Schiff zahlt für die 16 Stunden dauernde Durchfahrt
etwa 25 000 Mark) ein, sondern die englischen Grubenbesitzer
und die englischen Kohlenhändler erzielten noch größere Gewinne
für ihre Fracht.
Gedeckt durch den Sueskanal und durch die beständig vermehrte
Okkupationsarmee konnte England beginnen, die ganze Volkswirt-
schaft Ägyptens umzugestalten, zum Segen des Landes, aber noch
mehr zum Vorteil der englischen Kapitalisten. Die großartigen
Bewässerungsanlagen, die Ausdehnung der Baumwollenkultur, die
Organisation des, große Summen ins Land bringenden Fremden-
verkehrs haben Ägypten von Grund aus umgestaltet. - Die Bevölke-
rung des Landes nahm beständig zu, und eine tadellose Ordnung
aller sozialen Umstände, die sich bis in der Austilgung des früher
so auffallenden Bettelwesens verfolgen ließ, mußte jeden, der das
alte Ägypten gekannt hatte, überraschen.
Rätselhaft blieb für den Beobachter nur, warum dasselbe Eng-
land, das so vorzügliche Ordnung geschaffen hatte, immer wieder
63
betonte, es würde Ägypten verlassen, sobald die „Ordnung" her-
gestellt sei. An welche Adresse waren diese Erklärungen gerichtet?
Warum wiederholten sie sich immer wieder? Wer sollte diese Ver-
sicherungen ernsthaft glauben?
Von Ägypten aus legte England die Hand auf den Sudün und
hat durch die Port-Sudün-Bahn das zukunftsreiche Kulturgebiet
von Ägypten unabhängig gemacht. Auch hier ist es nur der Sues-
kanal, der die Verbindungen zwischen dem Sudan und England
ermöglicht.
Die Bedeutung des Sueskanals für den Handelsverkehr mit
Ostindien und die militärische Okkupation dieses riesigen Landes ist
allgemein bekannt, wird aber in diesem Augenblick wohl etwas über-
schätzt. Denn der englische Handel im Indischen Ozean ist seit Be-
ginn des Krieges so gesunken, daß die Sperrung des Sueskanals
jetzt nur von geringer Bedeutung sein kann. Singapur und Ko-
lombo, diese Haupthäfen des asiatischen Seeverkehrs, waren, als ich
im November 191,4 dort ankerte, fast leer von Schiffen, und ebenso
leer war die Fahrstraße bis nach Sues. Ostindien aber ist seit Jahr-
zehnten mit großer strategischer Klugheit militärisch gebunden. Das
Volk hat keine Waffen und keine Maschinengewehre, und die „un-
abhängigen" einheimischen Fürsten sind so überwacht und in ihren
Handlungen beengt, daß größere gefährlichere Aufstände kaum mög-
lich sein werden. Es wird wahrscheinlich zu kleinen Revolten und
Meutereien kommen, es werden englische Beamte ermordet und
englische Vorposten niedergemacht werden, aber eine Gefahr, daß
England diese reiche Kolonie jetzt verlieren könnte, besteht nicht.
Viel höher müssen wir die politische Bedeutung einschätzen, die
der jetzt erfolgte Verschluß des Sueskanals und die Bedrohung
seines Besitzes in der Welt des Islam in Afrika und Asien aus-
lösen muß.
Auf ganz verschiedenen Wegen und, je nach den politischen Ereig-
nissen, mit ganz verschiedenen Mitteln hat es England immer wie-
der verstanden, das Rote Meer zu beherrschen, und jeder der hundert-
tausend Pilger, der nach den heiligen Stätten von Medina und
Mekka zog, begegnete immer wieder den warnenden Marksteinen
englischer Weltherrschaft. Er sah die Ohnmacht der Osmanen, er
erlebte, wie mächtige nordafrikanische Fürsten ihre Abhängigkeit
von Stambul einbüßten und, von englischen, französischen oder
italienischen Gewehren und Kriegsschiffen bedroht, nur noch eine
Scheinherrschaft führten. Der stolze Araber, der fanatische Be-
duine, der mächtige Händler, der von der Macht des Islam träu-
mende Mollah — sie alle sahen voll Schmerz und Erbitterung,
wie die Macht des Sultans schwand und nur eine traumhafte Hoff-
nung blieb, daß einmal die deutsche Macht uneigennützig helfen
könnte, den alten Glanz des Islam in Asien und Afrika wieder
herzustellen.
So schien es, als ob nach dem Niedergang von Stambul nur die
Stätten von Mekka den zukünftigen Mittelpunkt des Islam bilden
würden, und England unterstützte die arabischen Stämme in Pemen
und im Hadramaut bei allen Kämpfen gegen die Türkei. Eine Bahn
quer durch Arabien sollte endlich den südlichen Teil der Halbinsel
ganz unter englischen Einfluß bringen und die „schwache" türkische
Herrschaft hier beenden.
Aber das Unerwartete wurde in diesem Kriege Wirklichkeit. Sieg-
reich flattert wieder in der Hand osmanischer Helden die Flagge
mit dem Halbmond bis nach Sana. Die türkische Armee vermochte
den von Norden und Süden mit dem Rüstzeug modernster Stra-
tegie anstürmenden Feind von der heiligen Stätte des Sultanats
abzuwehren, und wie ein Feuerfunke flog die Nachricht vom Sieg
der Osmanen an den Dardanellen durch die orientalische Welt.
Aber wird das osmanische Heer auch die verlorenen Provinzen in
Walther.
65
5
Afrika und Indien sich wieder angliedern können, wird der Arm des
Padischah mächtig und siegreich auch bis nach den heiligen Stätten
am Roten Meere reichen? Das ist die Frage, die jetzt auf allen
Lippen, in allen Herzen der Gläubigen Muhammeds lebt. Jeder
Brite weiß, was England am Sueskanal verteidigt, jeder Moslim
fühlt, um welchen Einsatz hier gekämpft wird.
Wir Deutschen aber blicken erwartungsvoll nach der Landbrücke
von Sues, und unsere Herzen begleiten die kühnen osmanischen
Helden mit den innigsten Wünschen aus ihrem ebenso schwierigen wie
bedeutungsvollen Kampfplatz am Sinai und Nil.
Inhalt:
Einleitung 1-11
I. Die Sinaihalbinsel 11-21
II. Die Landbrücke von Sues und das Delta 22-29
in. Kairo, der Schlüssel des Nils 30-35
IV. Der Nilstrom 35-43
V. Die arabische und die libysche Wüste.. .. 43-49
VI. Der Sudan . 50-56
VII. Die heutige Bedeutung des Sueskanals.. 57-65
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Geologie Deutschlands
Eine Einführung in die erklärende Landschafts-
kunde für Lehrende und Lernende
Von Professor Dr. Johannes Walther
2 Aufl. 441 S. Mit 242 Abb. sowie einer geologischen
Karte. Broschiert M. 8.40, in Leinenband M. 9.40
„Das Buch kann jedem empfohlen werden, der bei Reisen durch unsere heimat-
lichen Gaue ein vertiesteres Verständnis der Landschastsformen erlangen will,
und nicht bloß zu den üblichen Vergnügungsreisenden gehört. Dann aber wird
es dem Lehrer hervorragende Dienste leisten nicht bloß im Geologie-, son-
dern auch im Geographieunterrichte, der ja leider vielfach noch von Lehrkräften
gegeben wird, die seiner naturwissenschaftlichen Grundlage ziemlich verständnis-
los gegenüberstehen... Diese Ausführungen werden durch 93 charakteristische
Landschaftsbilder, 88 Profile und 10 Räumen näher erläutert, außerdem ist
aber auch eine farbige geologische Strukturkarte beigegeben, bei der nicht so
sehr Wert gelegt ist auf eine bis ins einzelne gehende Unterscheidung der ver-
schiedenen Formationen, als darauf, daß die großen Züge des geologischen
Baues von Deutschland recht deutlich hervortreten."
Th. Arldt. Naturwissenschaftliche Rundschau.
„Eigenartig und Walthers außerordentlichem pädagogischem Instinkt ent-
sprechend ist der ganze Aufbau des Buches. In dem Artikel „Gestaltende Kräfte"
schafft er zunächst in leichtverständlicher und interessanter Art den not-
wendigen Grundstock von geologischen Kenntnissen. Daran schließt er die
„geologische Geschichte von Deutschland" in so fesselnder Darstellung, daß
der scheinbar starre Boden wie etwas lebendig Gewordenes uns menschlich
näher zu treten scheint." Blätter f. d. bayer. Gymnasialschulwesen.
„In dem vorliegenden Lehrbuche der Geologie hat der Verfasser ein Werk ge-
schaffen, das bestens geeignet ist, in die Geologie einzuführen und geolo-
gisch denken und beobachten zu lehren. Zahlreiche Karten und Profile im
Text und die beigegebene große farbige Karte dienen den Zwecken des Buches
in bester Weise. Das Werk wird ohne jede Frage sehr viel zur Weckung und
Förderung des Interesses an der geologischen Wissenschaft beitragen. Wir
wünschen ihm die weiteste Verbreitung." Fühlings Landwirtschaftliche Zeitung.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Das Gesetz
-er wüstenbil-ung
in Gegenwart und Vorzeit
Von Professor Or. Johannes Walther
2. Auflage. 300 Seiten mit 150 Abbild. In Leinenband M. 12.80
Dieses auf Grund ausgedehnter Wüstenreisen in drei Kontinenten verfaßte
Werk, das so manche geologisch-geographische Diskussion angeregt hatte, war
seit mehreren Jahren vergriffen, weil der Verfasser für die neue Auflage erst
die behandelten Probleme auf einer neuen Reise nachprüfen wollte. Im Früh-
jahr 1911 bereiste Walther Ägypten, Nubien und den östlichen Sudan, und
bietet jetzt in der fast um das Doppelte vermehrten und völlig umgearbeiteten
Auflage die Resultate seiner erneuten Forschungen. Um das Verständnis der
so abweichenden und verwickelten geologischen Vorgänge in der Wüste mehr
zu erleichtern, ist jetzt der Text in 32 Kapitel gegliedert. Viele Probleme und
Tatsachen werden zum ersten Male behandelt, und etwa 120 photographische
Aufnahmen des Verfassers sind als Erläuterung dem Text eingefügt. So
entsteht ein eigenartiges und umfassendes Bild der Wüste in allen ihren
Abweichungen und in ihren Beziehungen zu den Problemen der Mor-
phologie, allgemeinen Geologie und der Erdgeschichte.
„Man befürchte nun keineswegs, in dem Buche eine trockne, tagebuchmäßige
Zusammenstellung einzelner Beobachtungen zu finden. Im Gegenteil, die
fesselnden Probleme sind in vier Abschnitten in wohlabgerundeter,
flüssiger Sprache im Zusammenhang dargelegt, und namentlich im letzten Ab-
schnitt wird die Einzelfrage der Wüstenbildung unter dem Gesichtswinkel der
Erdentwicklung überhaupt behandelt. Das ausgesprochen pädagogische Geschick
Walthers hat ihm auch in diesem Buche die Feder geführt."
Geographischer Anzeiger.
„Man könnte glauben, daß durch diese gründlichen Studien Walthers nun
das Wüstenproblem genügend erörtert und geklärt, die Hauptfragen gelöst
seien. Wohl hat Walther die wichtigsten Richtlinien der Forschung dieses viel-
seitigen Themas vorgezeichnet, die allgemeinen geographischen Gesichtspunkte
in den Vordergrund der Behandlung gerückt und in gewohnter musterhafter
Darstellung und oft hinreißender Sprache ausgeführt. Im einzelnen
aber bleibt immer noch manches weiter aufzuklären."
Geographische Zeitschrift.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Naturwissenschaftliche
Miauten
Jeder Band mit 30 bis 80 farbigen Tafeln u. erläuterndem Text.
In Leinenband oder Mappe je M. 5.40. Einzelne Tafeln je 20 Pf.
In jahrelanger Arbeit sind diese Atlanten mit einem Stabe von Naturforschern
und Künstlern geschaffen. Jede Tafel ist das Ergebnis eingehender wissenschaft-
licher Beobachtung, künstlerisch bis ins feinste Detail durchgearbeitet und von
peinlichster Sorgfalt in der technischen Herstellung. Die naturwissenschaftlichen
Atlanten dienen der Erweckung nnd Pflege echten Natursinnes. Sie sind ein
Spiegel der Natur und ein Wegweiser durch das Wunderland der Schöp-
fung. Sie treiben an zu frohen Entdeckungsfahrten in die Wiesen
und Felder, die Heide und Moore, an die Teiche und Bäche. Sie sind ein Kunst-
werk und zugleich ein wertvolles wissenschaftliches Arbeitsmittel,
ein zierdevoller Hausschatz, wie ein gediegenes Unterrichtsmittel, eine
Quelle gründlichster Belehrung, wie edelsten geistigen Vergnügens.
Es erschienen.-
Die Singvögel öer Heimat V«.
O. Kleinschmidt. 86 farbige und 14 schwarze Tafeln mit Text.
In Leinenband oder Mappe M. 5.40
„Es hat schon besonders Anziehendes, wenn ein Autor wie Kleinschmidt seine
Werke selber illustriert, und das ist seit den berühmten Naumann-Zeiten bei uns
erst durch ihn wieder geschehen. Weil nun hier der Maler in derselben Person
mitschafft, die als Autor unterrichtet, so erscheint in diesem Buche eine Jdeal-
fo rderung erfüllt: das restlose Aufgehen des Illustrierenden in den Absichten
des Belehrenden. Dessen können sich nur sehr wenige Werke in der Naturwissen-
schaft rühmen! — Es sind ihm dabei wahre Kabinettstücke an Vogelbildern
gelungen ... Diese restlose Sicherheit in der Wiedergabe seiner Vögel ver-
leiht dem Buche einen außerordentlichen Wert". Aus der Natur.
„Unter den zahlreichen Büchern über die deutschen Singvögel, die in den letzten
Jahren erschienen sind, nimmt das Kleinschmidtsche eine besondere Stel-
lung ein. Es berücksichtigt die Ergebnisse der Subtilforschung in ausgiebigster
Weise, jedoch in einer Form, die der Verbreitung des Buches im Laienpublikum
nicht hinderlich sein kann. Der Bilderschmuck, von des Verfassers Meisterhand
entworfen, ist als vorzüglich zu bezeichnen." Ornithol. Monatsschrift.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Unsere Süßwasserfische s..d,
Schmeils naturwissenschaftliche Atlanten. Mit 50 farbigen Tafeln
und erläuterndem,Text mit schwarzen Abbildungen. In Leinen-
band oder Mappe M. 5.40
„Die Tafeln, von Künstlerhänden gezeichnet, stellen eine glückliche Vereinigung
von Kunst und Wissen dar. Die gewählte Art der Darstellung der einzelnen
Arten abgestimmten Umgebung und unter Betonung der Eigenart jedes Fisches
ist neuartig und vorzüglich gelungen. Bei der Technik der Darstellung ist
möglichste Naturtreue in der Farbe angestrebt worden. Viel Mühe ist auf-
gewendet worden, um bei den zur Ermöglichung des wirklich billigen Preises
beschränkten Mitteln dem beabsichtigten Ziel nahe zu kommen — und viel ist
erreicht worden." Die Naturwissenschaften.
„Hier ist nicht etwa eine trockene Darstellung der Formen, sondern wir sehen
unsere Süßwasserbewohner in ihrem Elemente und in ihrer natürlichen Um-
gebung, in den verschiedensten Stellungen und Bewegungen, in ihren Gewohn-
heiten und in ihrer Beziehung zu ihrer Umwelt. Dadurch werden die einzelnen
Tafeln zu einer fesselnden Schilderung des Naturlebens, im allerbesten Sinne
zu einem liebenswürdigen Genrebildchen. Der vortreffliche Text legt das
Hauptgewicht auf die Biologie. Die Arten sind als Glieder der Lebensgemein-
schaft im Wasser betrachtet... Wir können das Werk nur empfehlen."
Wochenschrift für Aquarien- und Derrarienkunde.
Reptilien und Amphibien Mi„-l-ur°pas
Von Or. R. Sternfeld. Schmeils naturwissenschaftliche At-
lanten. 3 farbige Tafeln mit 80 Seiten erläuterndem Text.
In Leinenband oder Mappe M. 5.40
„Jeder, der das Leben und Treiben unserer heimischen Kriechtiere und Lurche
näher kennen lernen will, kann sich dieses Buch getrost in die Tasche stecken.
Es wird ein Führer sein für den Wanderer, der in freier Natur an Ort
und Stelle Belehrung finden möchte... Auch wer die erlangte Beute dabeim
im Terrarium mit Muße betrachten will, hat an dem schönen Buche, für
das H. Harder die Reptile in völliger Naturtreue gemalt hat, einen trefflichen
Ratgeber." Vossische Zeitung.
„Der Text ist außerordentlich interessant und mit großer Liebe zur Sache
geschrieben. Das Buch wird aber auch für den Terrarien- und Aquarienfreund
ein bewährtes Hilfsmittel sein. So könnte es dazu dienen, diese an sich lobens-
werte Liebhaberei ernsthafter zu machen, als sie heute leider noch oft ist. Dann
würde es auch dazu beitragen, alte und ungerechte Vorurteile gegen diese Tiere,
die uns hervorragend nützlich sind, zu beseitigen; es würde der heute noch mit
Recht beklagten Raubwirtschaft der Händler entgegenarbeiten und dem Natur-
schutz dienen, der in unserer Zeit so hervorragende Fortschritte gemacht hat."
Kölnische Zeitung.
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VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
pflanzen -er Heimat
Von Professor Dr. G. Schmeil und J. Kitschen
Zweite Auflage. 80 farbige Tafeln mit Text. In
Leinenband oder Mappe M. 5.40
Schmeils naturwissenschaftliche Atlanten
„Das Buch ist ein Wunder an Billigkeit und Schönheit. Jede Tafel ist das Er-
gebnis eingehender wissenschaftlicher Beobachtung, künstlerisch bis ins feinste
Detail durchgearbeitet und von peinlichster Sorgfalt in der technischen Her-
stellung. Der Einband ist der Schönheit der Tafeln und des Druckes angemessen.
Der Verlagsbuchhandlung gebührt die höchste Anerkennung für die Aus-
gabe dieses Werkes." Fricks Rundschau.
„Die Tafeln gehören zu den besten Abbildungen, die mir bekannt sind. Die
Reproduktion ist als erstklassig zu bezeichnen. Es sind wirklich lebende Pflanzen,
die uns vor Augen geführt werden. Der Text, der nie eine Seite überschreitet,
ist sehr gut durchgearbeitet und das Wissenswerteste in einfach sachlicher und
leichtverständlicher Form. Dem Werke ist die weiteste Verbreitung zu
wünschen." Pharmazeutische Zeitung.
Pilze -er Heimat
Von <k. Gramberg
130 Pilze auf farbigen Tafeln mit erläuterndem Text.
1.Blätterpilze. 2.Löcherpilze. InLeinenband od. Mappe jeM.5.40
Schmeils naturwissenschaftliche Atlanten
„Dieses Merkchen zeichnet sich vor allem aus durch die vo rt reffli chen Abbil-
dungen, auf denen jede Pilzgruppe in ihrer natürlichen Umgebung dargestellt
ist, wie sie zwischen Moos, Flechten, Farnen und anderen Begleitpflanzen, aus
Nadeln, altem Laub und dergleichen dem Erdboden entsprießt, auf Baum-
stümpfen, an Baumstämmen wächst und von Schnecken oder Käfer besucht wird.
Jede dieser Abbildungen ist ein kleines Kunstwerk, und wahrhaft herz-
erfreuend wirkt es, zu sehen, mit welcher Treue ein Kunstmaler die Natur
wiedergibt." Tägliche Rundschau.
„In der Tat eine vorzügliche Neuerscheinung, die allen Pilzfreunden aufs
wärmste empfohlen werden kann und dazu angetan ist, die Kenntn s der
formen- und farbenreichen Kinder des Waldes und der Fluren, deren
Nährwert noch viel zu wenig gewürdigt wird, in weiteste Kreise zu ver-
breiten." Lofrat Prof. Dr. Ludwig-Greiz.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Naturwissenschaftliche
Bibliothek
Herausgegeben von Konraö Höller und Georg Ulmer
Jeder Band von 140—200 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
In Leinen gebunden je M. 1.S0
Bisher sind
flus Deutschlands Urgeschichte Von I
G. Schwankes. 2. Ausl. 211 Seiten !
Der deutsche Wald Von Prof. Dr. M.
Buesgen. 2. Ausl. 184S.m.44 Abb.
Die Heide Von Rektor W. Wagner.
200 Seiten mit 85 Abbild, und 7 Tafeln
Im Hochgebirge Von Professorin. C.
Keller. 144 Seiten mit 29 Abbildgn.
Vulkane u. Erdbeben Von Prof.Dr.R.
Brau ns. 175 S. m. 74 Abb. u. 6 Taf.
Tiere des Waldes Von Fo rstmeister H.
S e l l h e i m. 192 Seiten mit 81 Abbildg.
Unsere Singvögel Von Professor Dr.
A. Voigt. 190 S. mit farbigen Tafeln
Süßwasser-flquariumVonC. Heller.
2. Auflage. 192 Seiten mit 78 Abb.
Reptilien- und fimphibienpflege Von
Dr. P. Krefft. 150 Seiten mit 27 Abb.
Dienen und Wespen Von Ed. I. R.
Scholz. 216 Seiten mit 8v Abbildgn.
Die fimeisen Von H. Viehmeyer.
167 Seiten mit 48 Abbildungen
Schmarotzer der Menschen und Tiere
Von Dr. O. v. Linsio w. 152 Seiten
Mikroskopische Meinwelt unserer Ge-
wässer. Von E. Reu kauf. 134 Seiten
mit Abbildungen
erschienen:
Ms Seen und Dachen Von Dr. G.
U l m e r. 158 S. m. zahlr. Abb. u. 3 Taf.
Unsere wajferinsekten Von Dr. G.
Ulmer. 166 Seiten mit 122 Abb.
Ms d. Vorgeschichte d. Pflanzenwelt
Von Dr. W. Gothan. i84S.m.Abb.
wie ernährt sich die Pflanzer Natur-
beobachtungen v. D. Krieger. 187 S.
Niedere pflanzen Von Professor Dr.
R. Timm. 194 Seiten mit 178 Abb.
häuslicheDlumenpflege Von P. F. F.
Schulz. 222 Seiten mit 54 Abbildgn.
Der deutsche Obstbau Von F. Meyer.
211 Seiten mit 79 Abb. und 3 Tafeln
Chemisches Experimentierbuch Von
£>. Hahn. 165 Seiten mit 79 Abb.
Die Photographie Von W. Z i m m e r-
mann. 164 Seiten mit 77 Abbildgn.
Deleuchtung und Heizung Von I. F.
Herding. 174 Seiten mit 70 Abb.
Kraftmaschinen Von JngenieurC Har-
les Schütze. 235 Seiten mit 236 Abb.
Signalein Krieg und Frieden Von Dr.
F. Ulmer. 218 Seiten mit 147 Abb.
Seelotsen Leucht- und Rettungsdienst.
Von F. Dannmeyer. 135 Seiten
mit 108 Abbildungen
„Ich freue mich von ganzem Herzen, diese populär-wissenschaftliche Sammlung
wärmste ns empfehlen zu können. Alle beteiligten Autoren haben es ver-
standen, die zum Teil schwierigen Stoffe so zu meistern, daß die Lektüre ihrer
Bändchen zum Genuß wird. Durchweg ist auf eine deutliche, schlichte und
klare Sprache gehalten". Der Iugenderzieher.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Siologie -er Tiere
Von Professor Dr. N. v. Harrstein
420 Seiten mit 4 farbigen und 10 schwarzen Tafeln
sowie zahlreichen Abbildungen. In Leinenband M. 9.—
„Zeigtsich schon im ersten Teile der Verfasser als völliger Beherrscher des
ausgedehnten Stoffes .. so fühlt er sich in der zweiten Hälfte offenbar
besonders in seinem Elemente. Dieser vorwiegend ökologische Teil umfaßt sechs
Kapitel: Wohnstätten und Lebensbezirke, Beziehungen der Tiere zur Pflanzen-
welt, zu Tieren gleicher Art, zu solchen verschiedener Art, Bedingungen der Tier-
verbreitung, Tierpsychologie. Mit vollendeter Meisterschaft, wie sie nur
eine lebenslange Beschäftigung mit der Materie verleiht, sind hier die großen
Richtlinien gezogen und aus der ungeheuren Fülle des Stoffes die charakte-
ristischen Erscheinungen herausgegriffen, in fein durchdachter künstlerischer
Anordnung durch die Reihe der Kapitel sich ergänzend und erläuternd. Auch
für den, dem inhaltlich darin nicht allzuviel Neues geboten wird, ist die Lektüre
ein großer Genuß. Nicht selten ergibt sich für den Verfasser die Notwendigkeit,
zu schwebenden Streitfragen Stellung zu nehmen. Er tut dies stets mit vor-
nehmer Sachlichkeit und denkbar größter Objektivität, ohne dabei doch
seinen eigenen Standpunkt zu verleugnen. In dieser Hinsicht ist besonders das
letzte Kapitel geradezu mustergültig, die verschiedenen Richtungen der
modernen Tierpsychplogie dürften sich kaum klarer und knapper in allgemein-
verständlicher Form darlegen lassen. Der philosophische Standpunkt des Ver-
fassers selbst ist offenbar der des Positivismus, der für den zum naturwissen-
schaftlichen Denken Veranlagten und Erzogenen der adäquateste zu sein scheint.
Im ganzen betrachtet, stellt die Hansteinsche Tierbiologie ein klar durchdachtes,
vortrefflich geschriebenes und in sich geschlossenes Werk dar, das zur Ein-
führung in diesen Stoff außerordentlich geeignet ist und weiteste Verbreitung
verdient. — Die Ausstattung des Buches, speziell die Ausführung der Repro-
duktionen, ist durchweg vorzüglich." Die Naturwissenschaften.
„Von dem vorliegenden Buche kann ohne weiteres gesagt werden, daß es, und
das will viel heißen, in allen seinen Kapiteln auf Originalität Anspruch
machen kann. Es ist mit jener Popularität geschrieben, die in neuerer Zeit
nun auch in Deutschland als erstrebenswert gilt. Wir finden eine leicht ver-
ständliche Darstellung, verbunden mit wissenschaftlich einwandfreiem
Stoff, ein vorsichtiges Zurückhalten von eigenen Meinungen und eine Schei-
dung von Tatsache und Hypothese."
Monatsschrift für den naturwissenschastl. Unterricht.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Lebensfragen aus -er
heimischen Pflanzenwelt
Biologische Probleme von Professor Dr. H. Worgitzkp
311 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und 23 Tafeln
In Leinenband M. 7.80
„Es wird noch immer und mit Recht darüber geklagt, daß der Großstädter
meist keine rechte Fühlung mit der Natur habe... So ohne weiteres dringt
man in diese Geheimnisse allerdings nicht ein; man bedarf dazu eines guten
Führers, und deren gibt es zum Glück jetzt eine ganze Zahl. Auch das vor-
liegende Buch gehört dazu. Wie einen guten Freund nimmt es den Leser an die
Hand, führt ihn hinaus in Feld und Trist, in Wiese und Wald, weist ihm die
verschiedenen Lebensformen der Pflanzenwelt, erklärt ihm ihre Anpassungs- >
fähigkeit an die oft ganz verschiedenen Bedingungen, in die sie sich schicken müssen,
kurz, weiht ihn in all das ein, was der wissenschaftliche Begriff „Biologie" um-
schließt." Tägliche Rundschau.
Die Pflanzenwelt
Deutschlands
Eine Darstellung der Lebensgeschichte der wild-
wachsenden Pflanzenvereine und Kulturflächen
Von Professor Or. p. Graebner
385 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. In Leinenband M. 7.80
„Das vorliegende Werk ist nicht nur für den Botaniker von Fach von Interesse,
sondern ps wendet fick) an einen weiteren Kreis, indem Verfasser sich die
Aufgabe stellt, eine Darstellung zu geben nicht nur von der Zusammensetzung
unserer deutschen Pflanzenvererne, sondern vor allem auch von ihrem Lebens-
gange und ihren biologischen Anpassungen an Klima und Boden. Denn mit
Recht betont Verfasser in der Einleitung, daß eine derartige Kenntnis der
Pflanzenverbreitung und der Vegetationsverhältnisse in der Umgebung eines
jeden Ortes genau ebenso wie die Elemente der Chemie und Physik zum
Wissensschatz des allgemeinen naturwissenschaftlich Gebildeten als
integrierender Bestandteil gehören sollte." Botanisches ZentraMatt.
VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG
Zauna von Deutschlanö
Ein Bestimmungsbuch unserer heimischen Tierwelt, heraus-
gegeben von Dr. p. Grohmer. 593 Seiten mit 912 Abbil-
dungen im Text und auf Tafeln. In Leinenband M. 5.—.
„Während heute jeder Naturfreund seine Flora ständig benutzt und botanische
Bestimmungsübungen im Rahmen des botanischen Unterrichts zur Selbstver-
ständlichkeit gehören, fehlte es bisher an einem entsprechenden praktischen Be-
stimmungsbuche für unsere Tierwelt. Durch die kühne Tat einer Reihe her-
vorragender Zoologen ist diese Lücke nunmehr beseitigt. In Zukunft wird
jeder Naturfreund draußen in freier Natur nach Herzenslust
beobachten, bestimmen und sich dadurch erst so recht naturwissenschaftliches
Wissen erarbeiten." Reclams Universum.
Exkursionsbuch
zum Studium öer vogelsiimmen
Praktische Anleitung zum Bestimmen der Vögel nach ihrem
Gesang. Von Prof. Or. % Voigt. 6. vermehrte und ver-
besserte Auflage. 327 Seiten mit künstlerischem Buchschmuck.
In biegsamem Leinenband M. 3.—.
„Wer, wie der Berichterstatter das Vergnügen gehabt hat, mit dem Verfasser
des vorliegenden Buches auf Exkursionen die Vogelstimmen zu studieren, der
wird die Freude über das Erscheinen dieses Buches begreifen können. Voigt ist
nämlich ein so feiner Vogelstimmenkenner und dabei ein so geschickter
Lehrer, daß man nur etwas Gutes über diesen Stoff aus seiner Feder er-
warten konnte. Und die Erwartung hat nicht getäuscht."
Kosmos, Naturwiff. Literaturblatt.
Jlora von Deutschlanö
Ein Äilfsbuch zum Bestimmen der in dem Gebiete wildwachsen-
den und angebauten Pflanzen, bearbeitet von Professor Dl.
O. Schmeil und J. Zitschen. 15. Auflage. 439 Seiten mit
1000 Abbildungen. In Leinenband M. 3.80.
„Durch ihre Vollständigkeit und Übersichtlichkeit, sowie durch die vor-
trefflichen Abbildungen verdient die Flora zweifellos als eine der brauch-
barsten und besten Anleitungen zum Bestimmen der heimatlichen Pflan-
zen bezeichnet zu werden." Botanisches Zentralblatt.
Ausführliche Prospekte und Kataloge unberechnet und postfrei