und dem Lande zum Verderben. Aus den Namen der Berge und Hochflächen, aus
rieselnden Bächen ladinischer Täler raunen geheimnisvolle Sagen und Geschichten.
Die Steirer wußten kaum um diesen verschollenen Erdenfleck, um dieses Reich
der Fanis, in das sie von Norden her, von Bruneck aus, entlang des Gaderbaches
eindringen sollten, der bei Zwischenwasser den Vigilbach aufnimmt. Durch das
reizende Dorf St. Vigil im Enneberg mit seinen schönen altladinischen Bauern¬
häusern führt der zur Kriegsstraße ausgebaute Weg ins Rautal, vorbei am
Kreidesee durch lichten Föhrenbestand zur Alpe Tamers unter der steilen, plattigen
Rotwand des Tamerssels. Entlang des Steilrandes der Sennesalpe steigt der
schmale Talboden zur Alpe Pederü (1548 m) hinan, zu einem Lager der Kampfzone
Fanes ausgebaut. Ein weiter Talkessel öffnet sich, durch den der Weg in einigen
Kehren über den sanften Talboden des Ballon di Rudo hinan zur vorderen Klein-
Fanesalpe führt. Das Hochtal weitet sich zum Hochland mit karstverwandtem
Charakter. Ringsum die Zauberwelt der einsamen Fanesberge mit ihren breit-
ausladenden Hochkaren. Lichte Zirbenbestände vermitteln den Übergang zur hinteren
Klein-Fanesalpe am Grünsee. Südwärts durch lichtfarbigen Zirbenwald führt der
Weg zur Wasserscheide, zur freien Höhe des Limojoches (2154 m). Am nahen
Limosee vorbei senkt sich der Hang gegen Groß-Fanes. Noch einmal, nur in
gesteigerter Form, entfaltet sich ein herrlicher Kranz sagenumwobener Fanesberge.
Gegen Süd bricht sich der Blick an der reich gegliederten Burg der Conturines,
der Sage nach der Sitz des Faniskönigs, und an der Wucht der Campestrinifpitzen;
dazwischen die Senke des Tadegajoches (2144 m), die entlang des Sarebaches
hinabführt ins Abteital, nach St. Cassian — eine Route, von den 27ern am
Jahresende beschritten. Vom Limojoch aber öffnet sich das Fanestal mit dunklen
Zirbenbeständen. Furcia-Rosta-Spitzen und der wuchtige Mt. Ballon Bianca senden
gewaltige Schutthalden tief herab ins Fanestal. Unter dem Plattenpanzer des Col
Becchei, vorbei am Fanessee, führt der letzte Ausläufer des Weges zum Ponte
alto (1458 in). In schwindelnder Höhe spannt sich eine Brücke über die oben vier
Meter breite Schlucht, während achtzig Meter zutiefst die Wasser des Travenanzes-
baches dem Fanesbache zuschnellen. Gegen Ost verschließt der waldumgllrtete,
felsgekrönte Gipfel des Col RofL (2164 in) den Eintritt in die Bal d'Ampezzo.
Südlich des Col Ross, durch die Bai di Fiorenza geschieden, bauen sich westlich
der Straße nach Cortina d'Ampezzo als wahre Turmkolosse der Dolomitenfront
die drei Tofanen aus. Bon Süden nach Nordost zieht sich die gewaltige Kette mit
ihren Ausläufern über einen Raum von etwa acht Kilometern. Bon der ersten
Tofana (di Roces, 3220 in) durch das tiefe Schuttkar der Forcella di Fontana Negra
getrennt, dennoch zu einem wuchtigen Stocke mit ihr vereint, folgen die zweite
Tofana (dl mezzo, 3241 in) und die dritte Tofana (di kuori, 3232 in).
Westlich des Tofanastockes liegt das wilde Travenanzestal. Es ist ein enges,
wildes Hochtal, zu beiden Seiten von nackten, steilen Felswänden eingeengt. Bon
Norden (Progoite, 1618 in) steigt es nach Süden zur Forcella di Bois (2310 in)
und zur Forcella di Travenanzes (2513 in) an. Als eine öde, unwirtliche Stein-
wüste haben es seinerzeit nüchterne Kameraden bezeichnet; in Wirklichkeit aber
ist es ein überwältigend romantisches Dolomitenhochtal, das Berge, Felsen und
Türme aufweist, die Künstlern Vorbilder gewesen sein könnten zu Bildern für
Dantes Inferno. Vor 1915 waren Travenanzestal und Tofanagebiet eine stille Felsen¬
gegend. Hirten hüteten während des kurzen Sommers Schafherden und Pferde;
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