Die Einleitung der Frühjahrsoffensivc aus Südtirol
1916
Vorbereitung und Versammlung der Streitkräfte
Für den „zwischen Etsch und Suganatal mit gut zusammengehaltener HauptKvaft
über die Hochflächen von Folgaria—Lavarone auf Thiene—Bassano" geplanten
Vorstoß galt es zunächst, eine gewaltige Truppenmasse in dem lang hingestreckten,
engen Etschtale zu versammeln. Das Heranführen der Truppen, der Zuschub unge¬
heurer Mengen an Munition, Verpflegung und vielfältigem Kriegsgerät auf der
doppelgeleisigen Westbahnstrecke Wien—Innsbruck, sodann über den verschneiten
Brenner sowie auf der bei Franzensseste einmündenden, bei Sillian im Feindfeuer
stehenden eingeleisigen Pustertalbahn bot nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten. Des
weiteren forderte die Regelung der Ausladung in den hintereinanderliegenden,
infolge der Talenge vielfach beschränkten Bahnhöfen und der Übergang auf die
einzige, immer neben der Bahnlinie dahinlaufende Reichsstraße, über die schließlich
alle Truppenteile marschieren mußten, dann die Unterbringung von Mann und
Gerät bis zur Zeit ihrer Verwendung größte Sorgfalt. Nebst anderem war die
Vermeidung von Stauungen und Anschoppungen mit ein Grund gewesen, der die
Verfasser des ersten Operationsplanes auf den an sich nicht alltäglichen, aber doch
wohl folgerichtigen Gedanken gebracht hatte, die Kräfte in zwei Armeen zu teilen:
in eine für den Durchbruch besonders ausgestattete und in eine zweite für den
Nachstoß, die im schmalen Etschtale notwendigerweise hinter der ersten auf¬
marschieren sollte1.
Das für die Offensive notwendige Kräfteaufgebot — 14 Infanteriedivisionen
und drei selbständige Brigaden — mußte den verschiedenen Fronten entnommen
werden. Zwei Infanteriedivisionen und eine selbständige Gebirgsbrigade kamen
vom serbischen, vier Infanteriedivisionen vom russischen Kriegsschauplätze; die
anderen Truppen wurden von der Südwestfront herangeholt. Verursachten diese
Abgaben bei der 10. Armee (Kärntner Front) keine nennenswerte Schwächung,
so geriet die 5. (Isonzo-) Armee vorübergehend in eine schwierige Lage. Besonderes
Augenmerk wurde der artilleristischen Rüstung geschenkt, vor allem der Heran¬
führung von 64 schweren Batterien, überdies wurden drei 42-em-Haubitzen, zwei
ganz neuartige 38-cm-Haubitzen und eine 35-cm-Kanone bereitgestellt. Auch legte
das AOK. Wert darauf, daß die nach Südtirol gehenden Heereskörper mit der
ihnen nach der neuesten Organisation zukommenden Artillerie ausgestattet wurden.
Hienach sollte jede Infanteriedivision über eine Feldartilleriebrigade mit je einem
Feldkanonen-, Feldhaubitz- und schweren Feldartillerieregiment verfügen.
Bis Mitte April sollte alles schlagbereit sein, um in Nutzung des ungewöhnlich
milden Winters den Stoß zu vollführen.
Und so rollte auch das Regiment seit dem 19. März in sechs Staffeln durch vier
Tage und drei Nächte nach Südtirol. Aus dem küstenländischen Karstgebiete durch
das aus der Friedenszeit wohlbekannte Kronland Krain über Laibach ging es der
grünen Steiermark entgegen. Graz wird erreicht. Strenge Weisungen zur Geheim¬
haltung der Aufmarschtransporte waren ergangen; Mitteilungen hierüber waren
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, IV., 180.
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