Nach dem Auszuge der Feld-formationen war das Ersatzbataillon sich selbst überlassen. Es war die zeitliche Wende in seinem Entwicklungsgänge. Anfänglich standen die mindertauglichen Ersatzreservisten, die Rekruten des Einrückungsjahres 1914, Mindertaugliche und Kranke nebst einer nicht allzu großen Zahl von Unteroffizieren und gedienter Mannschaft in den Reihen des Ersatzbataillons. Die Aufstellung eines II. Marschbataillons wurde vorbereitet, das am 3. September 1914 von Graz abging. Ende August wurde nach dem Einrücken der Rekruten und Ersatzreservisten der Frühjahrsassentierung an die Errichtung des IV. Marschbataillons1 zu sechs Kompagnien geschritten, dessen Ausbildung schon von Grund aus nötig war. Im Oktober 1914 begann die Musterung des sogenannten ungedienten Landsturms, der 19- und 20jährigen, die überhaupt noch vor keiner Stellungskommission gestanden waren, dann der älteren Jahrgänge bis zum 45. Lebensjahre, die seinerzeit bei der Assentierung als untauglich zurückgewiesen worden waren. Hochbetrieb trat beim Ersatzkörper ein, und an den Kommandanten, Obstlt. d. R. Konstantin Slubczakowski, und dessen Adjutanten, Oblt. d. R. Engelbert Pistauer, traten die höchsten Anforderungen heran. Es fehlte allseits an Erfahrung, und es bedurfte starken Willens und vornehmlich rascher Anpassungsfähigkeit, um in der ersten Werdezeit das Hauptsächlichste zu meistern. Es zeigte sich, daß bei einem BerpflegsstaNde von etwa 6000 Mann schon die Bezeichnung „Ersatzbataillon" eigentlich irreführend war. Die nicht glücklich gewählte Benennung führte zu vielfach irrtümlichen Anschauungen über den eigentlichen Umfang des Dienstbetriebes und verleitete zuweilen zu falschen Disponievungen. Erst die Länge des Krieges hob das Ansehen des Evsatzkörpers, und jeder wies ihm mit der Zeit eine dem Feldregimente ebenbürtige Rolle zu. Der Ersatzkörper wurde zur Wurzel des am Feinde stehenden Feldregimentes, er war die kraftspendende Quelle, er wurde zur Sammelstätte der Frontkämpfer in der bodenständigen Heimat. Jeder einzelne der Zehntausende von 27ern passierte wohl einmal die Grazer Kraftstation. Dem immerwährenden Gehen und Kommen mußten sich die militärischen, militär-administrativen und militär-ökonomischen Dienststellen in kurzer Zeit anpassen. Sie verfügten nur über unzureichende, bescheidene Mittel, für sie galt es von allem Anbeginne an, mit wenig Aufwand vieles zu leisten. AIs Hauptausgabe war dem Ersatzkörper die Ausbildung, Bekleidung und Aus¬ rüstung der Marschformationen vorgezeichnet. Die Ausbildung litt unter dem Mangel an vorgebildeten Instruktoren. Der allgemeine grundlegende Fehler, alles Beste bei der Mobilisierung den Feldsormationen zu überlassen, rächte sich in den ersten Monaten bitter. Richt jedem war es gegeben, militärischer Lehrmeister zu sein. Reue Angriffswaffen, neue Ängriffsmethoden brachten Erschwernisse. So war es nicht Wunder zu nehmen, wenn der erreichte Ausbildungsgrad der Ersätze Wünsche offen ließ. Größte Schwierigkeiten erwuchsen der Ausbildung durch den geradezu katastrophalen Mangel an Gewehren. Waren doch schon bei Kriegsbeginn Landsturmformationen des -ersten Aufgebotes, die in Rußland und in den Karpathen kämpften, nur mit den veralteten Werndlgewehren ausgerüstet. Bei einem Stande von 250 Mann verfügte eine Marschkompagnie nur über etwa 30 Gewehre. Wohl halfen sich die Marschkompagniekommandanten nach Möglichkeit gegenseitig aus — 1 Die Ausstellung eines III. Marschbataillons entfiel. 398