gebracht, so fühlten sich nunmehr Tschechen und Slowaken, Südslaven und Italiener des öst.-ung. Kriegsdienstes durch Wilsons Machtspruch entbunden. In den tief erschütterten Soldatenherzen der 27er reift zögerndes Ahnen zu fürchterlicher Gewißheit, daß das Reich der Habsburger, für dessen Bestand ihre Vorfahren und sie selbst in zahllosen Schlachten und Gefechten gekämpft und geblutet hatten, seinem Zerfalle preisgegeben fei. Und dennoch erhebt der allzeit wache Instinkt des einfachen Mannes jedes Standes aus der eisernen Mark seine mahnende Stimme, auszuharren und den letzten Waffengang nicht zu scheuen, wenn die „Siegermächte" wähnten, der Stunde Gunst zu nutzen, um den durch anderer Mächte Gewalt zum Frieden gezwungenen Gegner als Wehrlosen an den Verhandlungstisch zu ketten. Gerade in der Zeit, als da und dort ungarische und tschechische, selbst bis nun brave slovenische Regimenter sich weigerten, in Stellung zu gehen, trat der 27er pflichtbewußt und standfest, treu seinem Soldateneide an, um wieder den Weg an die Assa zu schreiten. Es sollte der letzte Gang nach vorwärts sein. Er führt in den alten Kampfraum, der seit März 1918 zum Erlebnisraum des Regimentes geworden. Wieder, zum wievielten Male, wird die Hochfläche von Bezzena überguert. Erinnerung steigt empor an die Maientage des Jahres 1916, als die 27er mit begeisterungsersüllten Herzen zum ersten Male durch die Sieben Gemeinden zogen, die seit diesen Tagen die seelischen Erlebnisräume geblieben waren. Sie kannten dieses große Schlacht¬ feld, auf dem sie hin und her gezerrt wurden, sie waren dieses Erlebnisraumes schier bis zur Erbitterung müde geworden. Aber ihr eiserner Wille, ihr immer wieder sich ausrichtender naturhafter Alplergeist, ihr in alter, mühvoll geschaffener Tradition tief verwurzeltes Ehrgefühl obsiegten letzten Endes in den schwersten Stunden. Und so überwinden sie, von beginnender Meuterei, von Verrat und Ehrlosigkeit umkreist, den inneren Sturm. Am Abende des 24. Oktober stand nach Ablösung der 17er das III. Baon. im 24.10. Canoveabschnitt, das I. Baon. in der Großkampszone nördlich der Assaschlucht bei Roana. Das II. Baon. war als Reserve der 6. ID. in Mandrielle verblieben. Am selben 24. Oktober, dem Jahrestage von Caporetto, als die Geschehnisse im Hinterlande ihre Wogen allmählich doch bis in die Schützengräben der malaria¬ verseuchten Ebenen Benetiens und der Hochgebirgsstellungen Tirols werfen mußten, begann der Großangriff der Entente wider das letzte, mit ersterbender Kraft sich noch einmal zur Wehr setzende Habsbuvgerheer. Das k. u. k. Heer stand in den gleichen Stellungen wie nach der mißglückten Junischlacht. Nur war bei einem täglichen Abgang von tausend Kranken und Verwundeten das beiderseitige Kräfteverhältnis für uns zunehmend ungünstiger geworden. Im Herbste standen 58V2 schwachen eigenen Divisionen mit 300.000 Ge¬ wehren an 64 feindliche mit 700.000 Gewehren gegenüber. In der ganzen Front waren 5500 bis 6000 Geschütze mit 4Vs Millionen Schuß, 600 bis 700 Minenwerfer, 400 bis 500 Luftabwehrkanonen. Im Raume Brenta bis Treviso kam auf 24 in ein Geschütz, eine für reine Abwehr noch hinreichende Stärke \ 1 Kgl. ung. FML. d. R. Ludwig Riedl, Artilleristische Betrachtungen zur öst.-ung. Juni- offensive und zur italienischen Oktoberoffensive 1918, Militärwissenschaftliche Mitteilungen 1932. 24» 371