Heimlichkeit während des Winters 1917/18 von England zu Österreich-Ungarn ausge¬ streckten Friedensfühlern ein Erfolg versagt blieb. Als in der am 21. März los¬ brechenden Großen Schlacht in Frankreich die vor Amiens stehende britische Armee vom deutschen Ansturm in wenigen Tagen hinweggefegt wurde, gab der britische Außenminister, bestärkt durch Clemenceau, dem Drängen Italiens nach und erklärte sein Einverständnis zur Verkündigung der Unabhängigkeit der Nationen des öst.-ung. Völkerstaates als eines Kriegszieles der Entente. Der britische Propagandafeldherr richtete nunmehr im italienischen Haupt¬ quartier zu Padua eine internationale Propagandakommission ein, die keine Mittel scheute, um den soldatischen Geist zu unterwühlen. Daß es nicht Tausende waren, die den Verlockungen erlagen, blieb erstaunlich. Wie es ja überhaupt ein Wunder war, daß diese darbende, frierende, entkräftete, in Front und Rücken physisch und moralisch bedrohte Armee nicht nur zusammen¬ hielt, sondern darüber hinaus in der Hand ihrer Führung noch ein Kriegswerkzeug bildete, das dem Feinde mit gutem Grunde Achtung und Furcht einzuflößen vermochteU Retablierung in Bozen (29. Jänner bis 2. März 1918) Als in den Vormittagsstunden des 28. Jänner das I. und II. Baon. von Vezzena, das III. von Baitle iber Seilbahnstation Vezzena zustrebten, um die Fahrt ins Boznerland anzutreten, ließ grollender Geschützdonner von der Kampffront die 27er aufhorchen. Am Tage zuvor hatte der Italiener zum Schlage ausgeholt, der dem Col del Rosso und dem Mt. di Val Bella galt. Es war zur Mittagsstunde, als bereits das Material der Maschinengewehrabteilungen auf der schweren Seil¬ schwebebahn nach Vigolo Vattaro im Abtransporte war. Schon jagten die Gedanken jedes einzelnen den entschwindenden Seilbahnwagen voraus. Jeder genoß die Vorfreuden der kommenden Tage in jubelnder Stimmung, sah sich schon in der alten, vom warmgoldigen Sonnenscheine überfluteten Talferstadt. Vergessen waren die schweren Zeiten von Kampf und Not, die das zähe Regiment feit den Mai¬ tagen 1916 ohne Unterbrechung standhaft, in nie wankender Alplertreue ertragen hatte. Gleich einem bösen Traume lagen die letzten Wochen auf Mt. di Val Bella hinter den 27ern. Da fegte um Mittag eine Windsbraut jählings alle Gedanken, alle Hoffnungen hinweg. Ein Haltbefehl wandelte die hofsnungsfreudig durchpulste Stimmung in starre Niedergeschlagenheit. An der Kampffront mußte es nicht zum besten stehen. Seilbahnwagen schwebten heran; sie brachten das talabwärts gefahrene Material wieder zurück. Neue Kunde ließ einen Hoffnungsschimmer auskommen. Zweifel und Hoffnung spiegelten sich in den erregten Mienen der gespannt harrenden Streiter. Zwei Stunden währte die schier endlose Zeitspanne, dis die Entscheidung fiel. „Glückauf nach Bozen!" Der Weg war freigegeben. Ein Hurraruf empfing die frohe, erlösende Botschaft. In freudigster Stimmung entführten die Seilbahnwagen jubelnde Kriegsleute im prächtigen Sonnenschein aus dem Frontbereiche hinab nach Vigolo Vattaro. Am sonnigen Morgen des 29. Jänner brach das Regiment nach Matarello auf, das um die Mittagsstunde im Fußmarsche erreicht war. Um 1 Uhr 1 Schwarte, V., 496. 21* 323