Kriegsformationen. Jede Infanteriedivision hatte aus 12 Bataillonen und 1 Sturm- bataillon zu bestehen, mit je 500 Feuergewehren, 16 leichten und 8 schweren Maschinengewehren. Zu jeder Division gehörte eine Feldartilleriebrigade mit 72 leichten und 24 schweren Geschützen, mit einer Fliegerabwehr- uNd einer schweren Minenwerserbatterie. Je 1 Schwadron, 1 Sappeurbataillon, 1 Telegraphenkom¬ pagnie und die zugehörigen Anstalten machten die Division, wie bisher, zu selb¬ ständigen Kampfeinheiten höherer Ordnung. Die Dotierung jeder Division mit 1 Fliegerkompagnie und 1 eigenen Kraftwagenkolonne blieb ein Wunsch, der nicht mehr erfüllt werden sollte, gleichwie manches dieses großen Reorganisationsplanes \ Dieser tiefgreifende Umbau forderte schon zum zweitenmal im Kriege eine völlige Umgruppierung der Artillerieverbände. Gleichzeitig mußten aber auch die Infanterieregimenter ihre vierten Bataillone zur Bildung neuer Regimenter abgeben, so daß es hinter der Front der Armeen eine Zeitlang wie in einem Ameisenhaufen zuging. In der Truppe schüttelte man denn auch Uber die Experimente der Heeresleitung die Köpfe. Aber diese hatte die Neuorganisierung deshalb noch im Kriege vorgenommen, da sie sich sagte, daß nach dem Friedens¬ schlüsse eine Heeresvermehrung kaum mehr durchzusetzen sein werde. „Als im März des letzten Kriegsjahres auf etwa 80 Kilometer breiter Front in erhebender Weise die große Schlacht in Frankreich begann, stand das Gros des öst.-ung. Heeres an der italienischen Front gleichfalls in einem schweren Kampfe. Gegen eine Macht jedoch, der gegenüber mit dem normalen Waffengebrauche nichts auszurichten war. Es war der Hunger, den es zu überwinden galt. Dieses verzweifelte Ringen ist in der Geschichte freilich nicht mit goldenen Lettern verzeichnet. Und doch war es erschütternd, wie die k. u. k. Wehrmacht systematisch zu darben verstand und auch hier durchhielt. Bereits im Jänner war das Hungern angegangen und nahm von Woche zu Woche zu. Gab es doch Stellungsdivisionen, die sich Wochen hindurch mit 125 Gramm Maisbrot schlechtester Qualität und kaum 70 Gramm Fleisch pro Tag und Mann bescheiden mußten. Andere Divisionen erhielten einige Dekagramm mehr Brot, dafür aber die längste Zeit über kein Fleisch. Für Formationen hinter der Front kam oft nur das Fleisch notgeschlachteter Pferde in Betracht. Kümmerlich lebten die Leute zumeist nur von einer Handvoll Maisgrieß und Dörrgemüse. Fettstoffe und sogenannte „Genußmittel" kamen beinahe nicht mehr zur Verteilung. Da half kein noch so energischer und dringender Appell an die verantwortlichen Regierungsstellen, kein Betteln und Drohen von unten und oben. Die Armee mußte sich mit der eingetretenen Not abfinden. Diese langanhaltende Hunger¬ tragödie ist ein viel zu wenig gewürdigtes Ruhmesblatt der alten öst.-ung. Wehrmacht. Nur der brave türkische Soldat aus Anatolien konnte sich in dieser Hinsicht mit seinem öst.-ung. Kameraden noch messen! Sonst aber kein Angehöriger irgendeiner im Weltkriege im Felde gestandenen bewaffneten Macht! Die wahre Ursache dieses traurigen Rekords stillen Duldens lag aber noch immer nicht so sehr im absoluten Mangel an Nahrungsstoffen, als an dem Mangel jeder zentralen Staats¬ gewalt. Nur zu gerne trugen nämlich die Regierungen der beiden Reichshälsten ihren Streit um die Deckung ihrer eigenen Bedürfnisse auf dem Rücken der gemeinsamen Armee aus. Machtlos stand das Armeeoberkommando diesen desolaten Verhältnissen gegenüber. Es wurde von sämtlichen zivilen Regierungsstellen, deren Interesse für jede weitere Kriegführung schon längst geschwunden war, immer mehr an die Wand gedrückt und fand nirgends den notwen¬ digen Rückhalt, um den Bedürfnissen der Armee Rechnung tragen zu könnend" Der Hunger leistete der von der Feindfeite mit beispielloser Heftigkeit ein¬ setzenden Propaganda überaus wertvolle Helferdienste. Der englische Propaganda¬ minister, Lord Alfred Northelifse, hatte sich im Frühjahre die öst.-ung. Front in Venetien als Angriffsobjekt seiner ebenso hemmungslosen, wie großzügigen Zer¬ setzungspropaganda auserkoren. Die Ursache lag in der Weigerung der Donau¬ monarchie, den deutschen Bundesgenossen im Stiche zu lassen, so daß den mit aller 1 Schwarte, V., 493, 494. 2 Pitreich, Der öst.-ung. Bundesgenosse im Sperrfeuer, 370, 371. 322