200 Kampfwagen waren bereitgestellt, 33 Millionen Granaten niedergelegt. Eine 70 km klafternde Durchbruchsschlacht, in der die Materie über den Menschen triumphieren sollte, hatte binnen 48 Stunden den Feldzug aus der Starre zu erlösen. Schon in den beiden ersten Tagen waren Nivelles Armeen blutend nieder¬ gesunken, war über das Schicksal der Offensive entschieden. Endgültig wurde der Druchbruchsgedanke aufgegeben. Es folgten noch von Ende April bis Ende Mai vier Teilangriffe ohne nennenswerten Erfolg. Der mit überragendem Heldenmut erfochtene deutsche Abwehrsieg zählte zu den glänzendsten Leistungen des ganzen Krieges. Je mehr die große Durchbruchsschlacht beiderseits von Reims zur höchsten nationalen Angelegenheit des französischen Volkes geworden war, um so niederschmetternder war der Eindruck aus Volk und Heer. Der Sturm fegte zunächst den „Blutsäuser" Nivelle hinweg. Die Blicke der entmutigten Armee richteten sich auf den General Pötain. Bedenklich, ja bedrohlich wurde die Stimmung in der französischen Armee im Lause des Mai. Die ersten Meutereien traten nach dem 20. Mai bei den in Ruhe befindlichen Armeekorps auf und verbreiteten sich nach vorne. „Niemals hat die französische Armee eine so schreckliche moralische Krisis durchgemacht wie anfangs Mai 1917", so lautet das Urteil des damaligen Kriegsministers Painleve. General Petain wurde zum rettenden „Arzt" der Armee, und seiner ruhigen, gemessenen Art gelang es, bis anfangs Juli die Manneszucht im Heere herzustellen, das zur Führung wieder Vertrauen gewann. Der Zustand der französischen Armee blieb „eines der wenigen wohlbehüteten Geheimnisse des Kriegesl“. Als der Schleier sich lüftete, war es zu einer deutschen Gegenoffensive, die mit „blitzendem Vergeltungsschwert" über das erschütterte fran¬ zösische Heer hereingebrochen wäre, zu spät. Während Petain sich zu einzelnen „Hammerschlägen" vorbereitete, marschierten die Briten, denen auch weiterhin die Hauptlast des Kampfes zufiel, auf eigene Faust und nach eigenen Plänen in Flandern auf, um in riesigen Zermürbungsschlachten Lloyd Georges Wort wahrzumachen, daß England zur Fortsetzung der Offensive mit dem Einsätze seiner ganzen Kraft bereit sei, denn der Brite wolle den Krieg vor dem Auftreten Amerikas im Felde gewinnen, da nur in diesem Falle Großbritannien seine überragende weltpolitische Stellung behauptete. Zur Zeit, als das Schicksal der Frllhlingsoffensive der Entente bereits besiegelt war, standen nach einer mehr als halbjährigen Schlachtenpause Mitte Mai die Italiener zur zehnten Isonzoschlacht auf und bestürmte die Orientarmee die bulgarischen Linien, ohne.durchgreifende Erfolge zu erringen. Indessen drängte die russische Revolution, unter stärkstem Drucke der Entente¬ diplomaten, zur Fortsetzung des Krieges. Und so vermochte der 31jährige Kriegs¬ minister Kerenski durch feurige Beredsamkeit die Massen nochmals auszupeitschen und das russische Heer unter Gen. Brussilow am 1. Juli zu einem anfangs erfolg¬ reichen Großangriff gegen die öst.-ung. Front südlich von Lemberg, bei Zboröw, fortzureißen. Mitte Juli war die Gewalt des Ansturms gebrochen, die große Kerenfkioffensive endgültig zusammengebrochen. In diesem Augenblicke traf der sorgfältigst vorbereitete Gegenangriff am 19. Juli auf Tarnopol überraschend das russische Heer, das als gefährliches Angriffsheer nunmehr endgültig ausgeschaltet 1 Roch, „Lloyd George und der Weltkrieg". 154