Jäger pirschten nach den einst zahlreichen Gemsen. Wanderern, die etwa die Rund¬ tour um die Tosanen machten oder über die Eisenstistenleiter vom Fontana-Negra- Ioche in das Travenanzestal herabgestiegen waren, bot das Wolf-Glanvell-Haus Schutz. In diesen stillen Erdenwinkel drang 1915 Kriegslärm. Vom Juni 1915 bis November 1917 war das Tofanagebiet Kriegsschauplatz. Wiederholt griffen die Italiener an, um ins Gader- und Pustertal durchzubrechen, um die Dolomitenstraße sich zu sichern und vor Feuer zu schützen oder auch zu Demonstrationszwecken. Die stärksten Angriffe erfolgten im Juli 1915 und im Juli 1916; ruhiger verlies der Sommer 1917. In den Wintern verhinderte der tiefe Schnee größere Angriffe. Einst standen Zirben und knorrige Bergsichten in dem Tale und auf den Hängen. Heute sind Wald und Wild hinweg, vernichtet durch den Krieg. Kaum eine Zirbe oder Fichte steht mehr im Travenanzestale; unter Lebensgefahr wurden in den Kriegswintern die letzten Stämme gefällt, ja, man grub sogar die Stöcke und Zwergkiefern mühsam aus dem Schnee heraus. Die einst zahlreichen Gemsen wurden in den ersten Kriegsmonaten erlegt und bildeten eine willkommene Zubuße K Im Fanestal, westlich Ponte alto, dann nördlich davon bei Son Pauses, nächst Peutelstein und westlich Rufiedo im Gottrestale waren schon 1912/13 feldmäßige Anlagen geschaffen worden. Die ersten Verdienste um den weiteren Ausbau der Fanessperre gebührte der halben 2. Komp, des LstBaons. 165 unter Oblt. Hans Höpperger, die — wenige Tage vor der italienischen Kriegserklärung dort ein¬ getroffen — in kurzer Zeit eine starke Stellung baute. Sie zog sich vom Fanes- Wasferfall nach Süden zu den Stufen des Ballon Bianca und nach Nord zu den Felsen des Col Becchei. Die Ereignisse im Kampfabschnitte Fanes—Travenanzes von Kriegsbeginn bis Herbst 1916* Vor dieser ersten „Alten Fanessperre" kam es anfangs Juni 1915 gelegentlich des ersten größeren Angriffes der Italiener an der Dolomitenfront zu den ersten Zusammenstößen. Das benachbarte Travenanzestal stand im Juli 1915 im Zeichen schwerer Kämpfe. Der Feind durchbrach unsere Linien, und es entwickelte sich unter Führung des tatendurstigen Kommandanten der italienischen 2. Division, des Gen. Antonio Cantore, ein Bewegungskrieg, in dem die Stellungen mehrfach wechselten. So wurde der Juli 1915 für das wilde Hochtal kritischer und gefährlicher als jede andere Zeitperiode, nur vergleichbar mit dem kampfdurch- tobten Juli des Jahres 1916. Am Morgen des 8. Juli 1915 stieg unter Führung des tapferen Capitano Baeeon die 83. Komp, des Alpinibaons. Fenestrelle von den Hängen der Tofana III über Felsbänder in das Travenanzestal ab und überraschte die österreichische Feldwache, die bei Punkt 1780 das Tal gegen Norden sperrte und nach tapferer Gegenwehr überwältigt und teils getötet, teils gefangen wurde. Gen. Cantore stellte dann vasch noch mehr Kräfte bereit, und am 11. Juli rückten unter seiner persönlichen Führung fünf italienische Kompagnien von 1780 aufwärts 1 Dr. Guido Burtscher, „Die Kämpfe in den Felsen der Tofana", S. 15, 16, 18. — Oblt. Dr. Burtscher, seit Ende Juli 1915 bis zum Auszuge aus Travenanzes, anfangs November 1917, im Tofanagebiete tätig, besuchte 1930 den ehemaligen Kampfbereich. * Der folgende Abschnitt bringt einen Rückblick über die wichtigsten Ereignisse im Fanes- Travenanzes-Abschnitte seit Kriegsbeginn bis zum Eintreffen des IIL/27. Baons. Hiezu Öster¬ reich-Ungarns Letzter Krieg, III., IV.,- FML. Cletus Pichler, „Der Krieg in Tirol 1915/16"; Schemfil, „Das k. u. k. 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger"; Dr. Guido Burtscher, „Die Kämpfe in den Felsen der Tofana". 132