Die außergewöhnlich hohen Abgänge, die im Juni und Juli auf dem russischen Kampffelde eingetreten waren, ließen aber bald ein rascheres Zufließen von Ersätzen als nötig erscheinen, sollten nicht einzelne Regimenter von der Auflösung bedroht werden. Man erwog daher schon ernstlich die Ausdehnung der Landsturmpflicht auf die Siebzehn- und Fünfundfünszigjährigen. Auch schien das Einbringen der schon sehnlich erwarteten Ernte in Frage gestellt zu sein, weil man glaubte, Ernteurlaube in erforderlicher Dauer nicht gewähren zu können. Schließlich gelang es mit größter Anstrengung doch, Ende Juli aus Gemusterten aller Jahrgänge für die am meisten notleidende Nordostfront eine Reihe von „außertourlichen" Marschbataillonen aufzubringen. Ja, man vermochte in der Folgezeit vorübergehend sogar wieder nach je vier Wochen eine Anzahl von freilich bedeutend schwächer gehaltenen Marschbataillonen ins Feld zu stellen, ohne schon aus die Siebzehnjährigen zu greisen. Doch auch der gesteigerte Menschenzufluß aus der Heimat vermochte nicht zu hindern, daß der Gesamtstand des öst.-ung. Heeres vom 1. Juni bis Ende Juli von 3,517.000 auf 3,171.000, das ist um 346.000 Köpfe, sank, und daß der Kampfstand, der anfangs April mit 1,158.000 Feuergewehren und Säbeln seine größte Höhe erreicht hatte, am 1. August nur mehr mit 927.000 Kämpfern ausgewiesen wurde, damit aber noch lange nicht am Ende seines Rück¬ ganges angelangt war. Auch der Ausfall an Maschinengewehren und an Geschützen war groß und hemmte die organisatorische Aufbauarbeit. Obgleich die Rüstungsindustrie in dieser Zeit nahezu das Höchstmaß ihrer Leistungsfähigkeit erreichte, konnte die Feldarmee doch erst bis zum Dezember wieder annähernd auf den gleichen Stand an Maschinengewehren und Geschützen gebracht werden, auf dem sie am 1. Juni war (am 1. Dezember 1916 etwa 4800 Maschinengewehre und 5800 Geschütze aller Art). In wirtschaftlicher Hinsicht begann trotz größter Anspannung aller Kräfte der Mangel an Rohstoffen bereits sehr empfindlich zu werden. Die Schwierigkeiten der Ernährung von Heer und Heimat wuchsen, obgleich die Lebensmittel, vor allem Brotfrucht, schon lange planmäßig aufgebracht, durch Vermahlungs- und Vermengungsvorschriften sowie durch Heranziehung von Ersatzstoffen gestreckt und verteilt wurden. Bisher hatte nur die beträchtliche Einfuhr aus Rumänien die Ernährungslage einigermaßen erträglich gemacht. Wegen der täglich gespannter werdenden Beziehungen zu Bukarest mußte aber auch mit einem Versiegen dieser Quelle gerechnet werden, wozu sich noch ein beträchtlicher Rückgang der heimischen Ernte gesellte. Die zentrale Leitung von Aufbringung und Verteilung hatte allmählich alle Zweige des Wirtschaftslebens erfaßt und wenigstens bis zu einem gewissen Grade die immer fühlbarer werdenden Auswirkungen der Blockade zu mildern vermocht. Freilich mußten besonders für die Ausbringung der „Sparmetalle", wie Kupfer, Blei, Zinn und Zink, manche Eingriffe in das Wirtschaftsleben, die bis nun nur vorbereitet waren, in die Tat umgesetzt werden. Trotzdem hatte in der Donaumonarchie die industrielle Produktion, durch den Kriegsbedarf mächtig gefördert, eine stetige Steigerung erfahren und bis zur Mitte des Jahres 1916 nahezu den Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit erreicht. Ähnlich wie in Österreich-Ungarn war auch die Wirtschaft in Deutschland aufs höchste angespannt, nur mit dem Unterschied, daß die deutsche Kriegsindustrie auch noch den weniger leistungsfähigen Bundesgenossen, den beiden Balkanstaaten, helfen mußtet So war um die Monatswende Juli-August 1916 die Kriegslage der Mittelmächte und auch ihrer Verbündeten auf dem Balkan als überaus ernst anzusehen. In der Dauerstellung Mt. Forno—Roccolo (Erste Zeitperiode: 31. Juli bis 31. Dezember 1916) Skizze 12 31.7. Durch das waldgebettete obere Galmararatal zogen die Bataillone in der ruhigen Nacht zum 31. Juli nordwärts. Bald war die Waldgrenze überschritten, über öden Karststein führte die Anmarschroute in der Furche zwischen Cn. di Campo verde und Cn. di Campo bianco, an der Mga. Cime vorbei, in mählichem Anstiege. Hl. und IV. Baon. schwenkten südöstlich Punkt 1977, dem Standorte der Sanitäts¬ anstalt der 2. GbBrig., ostwärts ab und mühten sich in ihre zukommenden Ab- 1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, IV., 719, 720, 723, 724, 725. 110