Historische und topographische
Darstellung von Medling
und
seiner Umgegend;
mit
besonderer Rücksicht
a u f
Pfarren, Stifte, Klöster,
milde
Stiftungen und Denkmähler.
Herausgegeben
v 0 N
einigen Freunden der Geschichte.
Mit zwey Abbildungen, und der Karte des Dekanates.
Wien i82ä.
In Commission bey Anton Doll.
« n a :\v
das Decanat Laa der Wiener-Diöcese.
Mit zwey Abbildungen, und der Karte des Decanates.
Wien 1824.
2 » d o m m i f 0 o n bey A nton D o l U
Historische und topographische
Darstellung
der
Pfarren, Stifte, Klöster,
milden
Stiftungen und Denkmähler
im
Erzherzogthnme Oesterreich.
Herausgegeben
von
einigen Freunden der Geschichte.
Dritter Band.
Medling und dessen Umgegend^^'
oder;
n|
V o r b e r i ch t.
Ä)ahrend die Materialien für die Pfarren des Deca-
nates Laa von den Mitarbeitern der kirchlichen Topogra-
phie gesichtet, geordnet, und in ein Ganzes gebracht
werden sollten, und diese Ausarbeitungen schon solche
Fortschritte gemacht hatten, daß die Herausgeber selbe un-
ter die Presse zu liefern sich beynahe anschickten, da star-
ben innerhalb eines Monathes der hochwürdige Herr Hof-
Capellan undDoctorVincenz D arnau t (der eigentliche
Leiter des Geschäftes), rmd Herr Aloys Edler v. Ber-
ge n st am m, Ni. Oesterr. ständischer Secretär, der zweyte
unter den Herausgebern. Herr Aloys Schützenber-
ger, reg. Chorherr des Stiftes Klosterneuburg, war
nun allein übrig, und konnte es seiner Verhältnisse we-
gen nicht unternehmen, dieses Werk ohne Gehülfen in
der bisherigen Form fortzusetzen. In dieser Lage war er
darauf bedacht, sich mit andern Männern zu verbinden,
die nicht nur als Mitarbeiter, sondern auch als Heraus-
geber der vollendeten Decanate auftreten sollten.
Ueberzeugt, daß die von den einzelnen Herren Pfar-
rern eingeschickten Pfarrbeschreibungen nicht zulänglich
seyen, weil es nicht nur bey den meisten Pfarren an den
nöthigen Materialien fehle, und die die Pfarren betref-
IV
senden Urkunden oft in andern als in den Pfarr-Archiven
hinterleget sind; auch da Weiskern's mühevolle Topo-
graphie Oesterreichs durch das seit ihrer Herausgabe ver-
flossene halbe Jahrhundert der vielen, seit dieser Zeit erfolg-
ten, Veränderungen wegen nicht mehr hinreichend ist, eine
richtige Landeskunde zu erlangen; so glaubte er am besten
zu thun, wenn er sich für die Fortsetzung der kirchlichen
Topographie mit jenen Männern verbinden würde, die
näher an den Quellen der Geschichte, nähmlich an Ar-
chiven säßen. Sein Mitbruder, H?rr Maximilian Fi-
scher, welcher schon früher zur kirchlichen Topographie
Einiges gearbeitet hatte, glaubte diesem Vorschlage bey-
treten zu müssen, und durch die thätige Verwendung des
Herrn Christoph Stelzhammer, Doctors der
Theologie, Directors des k. k. physikalisch - astronomischen
Cabinetes, folgten nun auch die übrigen Archivare der öster-
reichischen Stifte, zu denen sich noch viele andere Ge-
schichtsforscher und Geschichtsfreunde gesellten.
Herr I ohann Fräst, 'Archivar des Stiftes Zwettel,
der sich schon längst als thätiger Freund der kirchlichen
Topographie bewiesen hatte, besprach sich mit den ge-
nannten Interessenten über die Fortsetzung des Werkes,
und sie glaubten in einigen Puncten von dem bisher be-
folgten Plane abgehen und einen in etwas verschiedenen
Weg einschlagen zu müssen.
Der fast allgemeinen Klage, daß die kirchliche Topo-
graphie zu weitläusig sey, und daher niemand das Ende
derselben erleben werde, abzuhelfen, war die Absicht bey
der Unterredung, und man glaubte dieser Besorgniß fol-
gender Maßen begegnen zu müssen: Es sollte nähmlich
gleich bey dem nächst zu erscheinenden Decanate alles
Entbehrlichscheinende hinweggelassen werden, und als
solches wurde erkannt: die weitläufige und an manchen
Orten überflüssige Beschreibung der Ortölage; die Be-
gränzung derselben von den nächstgelegenen Dörfern,
Märkten, Schlössern u. dgl.; die ins Kleinliche gehende
Beschreibung des Kirchen - und Pfarrgebäudes und der
inneren Einrichtung der erster»; die Angabe der einzelnen
Grabmähler jener Personen, welche nicht historisch merk-
würdig sind; die eigene Aufzählung der Seelsorger in
einer besonderen Folgereihe, da die wichtigeren ohnehin
im Verlaufe der Geschichte erscheinen müssen. Künftige
Bände werden mit noch gedrängterer Kürze behandelt
werden, da die Achtung gegen die Einsender, deren
Sammlungen größten Theils bey diesem Bande zum
Grunde liegen, den gegenwärtigen Herausgeber bestimm-
te, von dem, was sie gaben, nicht alles zu verkürzen.
Für die Verkürzung, die der Leser auf diese Art er-
leidet, wollte man aber das verehrte Publicum auf
eine andere Art entschädigen, indem in möglichster Ge-
drängtheit das Werk in historischer Hinsicht erweitert
werden sollte, und so die Geschichte des Ortes in älte-
ren Zeiten, so wie des etwa dort sich befindenden oder
bestandenen Schlosses, oder des daselbst haussäßigen ade-
ligen Geschlechtes, oder doch des Besitzers des Ortes
diplomatisch abgehandelt worden ist.
Auch die Kirche und Pfarre des Ortes sollte in hi-
storischem Betrachte gewinnen, wenn sich über ihre frü-
heren Schicksale etwas bestimmt Merkwürdiges auffinden
läßt. Urkunden, wenn sie nicht äußerst wichtig wären,
sollten nie ganz abgedruckt werden; und wenn sie daS
sind, nur in so ferne, als sie Licht in die Geschichte brin-
VI
gen. Da viele die österreichischen Kirchen und Pfarren be-
treffende Dokumente schon durch frühere Arbeiten zu Tage
gefördert wurden, als durch H u e b e r, H i e r. und B e rn h.
Pez, Schramb, Raupach, Schaukegel, Ma-
derna, Duellius, Hanthaler, Link, Rauch,
Fidler, Fischer u. m. A.; so wird in solchen Fal-
len nur immer der Ort angeführet werden, wo sie in ih-
rer ganzen Ausdehnung nachgeschlagen werden können.
Auf diese Weise entfernte man sich von dem "rstern
Plane einer rein kirchlichen Topographie, und die histo-
rische Darstellung wurde viel vorherrschender, was auch
der geneigte Leser alsogleich bemerken wird. Die Fortse-
tzer dev kirchlichen Topographie schmeicheln sich mit der
Hoffnung, dem gesammten Publicum dadurch noch bes-
sere Dienste zu leisten; dem Gelehrten, da sich Gelegen-
heit darbiethet, im geschichtlichen, genealogischen oder
geographischen Betrachte Manches vielleicht so zusam-
menstellen zu können, wie es erst mit vieler Mühe auf-
gesucht werden müßte, wodurch ihm manche Last er»
leichtert werden dürfte; und dem nicht strenge gelehr-
ten Leser dadurch, daß, da Geschichte die meisten Men-
schen am besten unterhalt, jeder die Schicksale des Or-
tes, in dem er lebt, oder an dem er auf eine andere Art
Antheil nimmt, auf eine einfache Weise kennen lernt,
um ihm dergestalt Vergnügen zu verschaffen.
Aus dem bisher Gesagten folget nun, daß der bis-
herige Titel nicht mehr ganz passend seyn konnte, daher
er in jene Form verändert wurde, die an der Spitze des
Buches erscheinet.
Da es unmöglich ist, ohne persönlichen Augenschein
von der Ortslage eine genaue Beschreibung zu geben,
VII
und die speciellen Verhältnisse der gegenwärtigen Bear-
beiter des Werkes denselben unmöglich machen; so haben
sie sich zur Hebung dieses Hindernisses dazu entschlossen,
daß jeder die völlige Ausarbeitung der Decanate nur aus
seiner Diöcese, und wenn möglich, nur die in seiner
Gegend liegenden besorgen werde. Um nun in diesem Ge-
schäfte einander hülfreiche Hand zu biethen, so werden
sie alles sich ihnen für ein bestimmtes Decanat darbie-
thende Materiale demjenigen mittheilen, der demselben
die Vollendung geben, und dann seine Arbeit der Beur-
theilung der Anderen überlassen wird.
Um die Herausgabe des Werkes zu fördern, theilten
sie sich in die Diöcesen) so, daß für daS ErzbiSthum
Wien so wie für das BiSthum Linz, und jenes zu St.
Pölten ein eigenes Werk erscheinen, und doch diese drey
Hauptabtheilungen ein ungetheiltes Ganze bilden werden.
Jene Mitarbeiter, welche sich für die Erzdiöccse hetbey-
lassen, werden also durch die Herausgabe der beyden
andern Diöcesen, und umgekehrt, keiner durch den an-
dern gehindert werden, da es sich nicht so leicht treffen
dürfte, daß in einer und derselben Diöcese mehrere De-
canate'zugleich für den Druck einlaufen.
Um das Werk für einzelne Fälle, wo es sich um
besondere in demselben vorkommende Notitzen handelt,
brauchbarer zu machen, wird am Ende des Bandes ein
treues alphabetisches Verzeichniß derselben angehänget
werden, um das Nachsuchen der in dem Buche vorkom-
menden Orte und Personen zu erleichtern, und die rich-
tige Angabe der Seitenzahl wird sowohl dem einen als
dem anderen geneigten Leser als ein willkommener Dienst
der Herausgeber erscheinen.
VIII
Da einige Liebhaber der Geschichte nur -die Darstel-
lung des einen oder des anderen Decanates zu besitzen
wünschen, wird der Ausgabe eines jeden Bandes ein
doppeltes Titelblatt beygelegt; nähmlich nebst dem all-
gemeinen ein bloß auf den einzelnen Band sich beziehen-
des, wodurch jeder Band als ein für sich bestehendes
Ganze betrachtet werden kann. Um hierin eine Gleich-
förmigkeit zu erhalten, werden auch zu den bereits erschie-
nenen beyden Bänden des Decanates von Klosterneuburg,
unter dem Titel: Kirchliche Topographie, zwey
neue Titelblätter abgedruckt werden; nähmlich nebst dem
allgemeinen noch ein besonderes mit dem Beysatze: Dar-
stellung rc. rc. von Klosterneuburg und dessen
Umgegend dießseits der Donau; ein zweytes:
Darstellung rc. re. von Schönbrunn und dessen
Umgegend.
Wien den 1. May 1823.
Von einigen Freunden der Geschichte.
Verzeichniß der P. T. Subscribenten
Sc. Majestät der Kaiser und König, F r a n z l-
Ihre Majestät die Kaiserinn und Königinn, Carolina.
Se. k.k. Hoheit, Erzherzog Ferdinand, Kronprinz.
Ihre Majestät, Maria Ludovika, Herzoginn von Parma.
Se. Durchlaucht, Franz, Herzog von Reichstädt.
Ihre k.k. Hoheit, Maria Clementina, Gemahlinn Sr,?.
Hoheit des Prinzen von Salerno,
k.k. Hoheit, Erzherzog Franz Carl,
k.k. Hoheit, Erzherzoginn Maria Anna.
Se. k.k. Hoheit, Erzherzog Carl.
Se. k.k. Hoheit, Erzherzog Joseph, Palatin.
Hoheit, Erzherzog Anton,
r. Hoheit, Erzherzog Johann.
Se. k.k. Hoheit, Erzherzog Rainer, Vice-König.
Se. k.k. Hoheit, Erzherzog Ludwig.
Se. k.k. Hoheit und Eminenz, Erzherzog Rudolph.
Ihrek. Hoheit, Maria Beatrix vonEste, Herzoginn zuMassa
und Carrara.
Se. k. Hoheit, Erzherzog Ferdinand.
Se. k. Hoheit, Erzherzog Maximilian.
Ad elfte rn, Aloys Ritter von, Archidiaeon der Brunner-Diöcese
und Dompfarrer zu Brünn.
Adler Joseph, Churpriester, und Fürsterzbischöflicher Ceremoniar.
Adlersburg, Carl Edler von, der Rechte Doctor, k.k. Rath und
Referent des k. k. Mereantil- und Wechselgerrchtes, Vice-Diree-
tor der juridischen Studien.
Adlersheim, Franz Xaver, Edler von.
Alram Hieronymus, Capitular des Prämonstratenser Stiftes zu
Geras, Prior und Pfarrer allda.
Ambros Aloys, Edler v. Rechtenburg, Dechant zu Maria Schnee
in Lemberg.
Appel Joseph, gewesener Vanco-Zettel-Tilgungö-Deputations-Com-
missar.
Arnstein Maximilian, k.k. privilegirter Großhändler.
Arpter Joseph, Ritter von, der Rechte Doctor, wirklicher k.k. Hof-
rath der Obersten Justizstelle.
Bartakowitz Adalberts Hofcapellan des Fürst Primas von Un-
garn.
Bart enstein, Christoph Freyherr von, k. k. Kämmerer und ge-
heimer Rath, Commandeur des königl. Ungarischen St. Ste-
phans-Ordens.
B a t h y a n y, Aloys Edler von, Domherr zu Gran, Rector des all-
gemeinen Seminars zu Pest. .
Bayer Joseph, Pfarrer zu Fürth.
Berger, Thaddäus Edler von, k.k. privilegirter Großhändler.
Bert gen Jakob, k.k. Hofcapellan.
Berto, Carl von, Director des Priester-Kranken-Jnstitutes.
Bezizka Ambros, Capitular desCisterzienser-Stistes zu Lilienfeld,
und Pfarrer am Annaberge.
B ianki, Katharina Edle von.
Bibliothek der vereinigten Abtey der sel. Jungfrau Maria zu Zins,
Pily und Pasto des Ordens der Cisterzienser in Ungarn.
— des Collegiums der P.P. Barnabiten in Mistelbach.
— — des Collegiums der P.P. Barnabiten in Wien.
— — des k. k. Lyceums in Linz.
—- — des Benedictiner-Stiftes zu Altenburg.
— — des Benedictiner-Stiftes zu Kremsmünster.
— — des Cisterzienser-Stistes zur heit. Dreyfaktigkeit in Wie-
ner Neustadt.
— —» des Stiftes der regulirten Chorherrn des heiligen Augu-
stin zu St. Florian.
— — des Stiftes der regulirten Chorherrn des heiligen Augu-
stin zu Herzogenburg.
— des Pramonstratenser-Stistes zu Geras.
— — des Stiftes der regul. lat. Chorherrn zu Klosterneuburg.
— — / des Cisterzienser-Stistes zum heiligen Kreuz.-
— — des Cisterzienser-Stistes zu Lilienfeld.
XI
Bibliothek des V en edirtmer--Stistes zu Melk.
— des Cisterzienser-Stiftes zu Neiu in Steyermark.
— — dos Benedictiner-Stiftes zu den Schotten in Wien.
— — des Cisterzienser-Stifkes zu Jwetftl.
Böhme Franz, der Theologie Doctor, wirkt, k.k. Hoftath, Dom-
Dechant des Dom-Capitels an der Metropolitankirche zu St.
Stephan in Wien.
Borzaga, Eleonora Edle von, geborne v. Obermayer, k.k. Hof-
raths-Witwe.
Brande sky Joseph, der Rechte Doetor und Magistratsrath.
Braun Georg, Capitular des Benedictiner-Stiftes zu St. Peter
Ln Salzburg, Pfarrer in Dornbach.
Buckowsky Win, Capitular des Stiftes der lat. Chorherrn zu
Klosterneuburg, Pfarrer in der oberen Stadt.
Burg er Honorius, Capitular des Benedictiner-Stiftes zuAltenburg,
und Local - Capellan zu Artmannsdorf.
Carbon, Franz Edler von.
Christ, Rheinthal Vincenz von, k.k. Oberstwachtmeister.
Dellinge r Johann, Kanzley-Director des hochwürdigen Bischofes
von Großwardein.
Dietrich, Edler von, Ritter des k. Würtembergifchen Verdienst-
Ordens, Fabriks-Inhaber ynd Bescher mehrerer Herrschaften,
Eberl Carl, Handlungs-Kommis.
Eichen selb, Michael Edler von, k.k. Hofrath bey dem k. k. ge-
heimen Cabinette.
Ergelette, Josepha Freyinn von, geborne v.Henikstein, k.k.Hof-
raths-Witwe.
Erlicher Bartholomäus, Conststorial-Rath und Kanzley-Director
des Bisthums zu St. Pölten.
Exn er Carl, Fürst-Erzbischöflicher Consistorial-Rath und Dechant
zu Stockerau-.
Fenaroli, Graf Carl, k.k. Kämmerer.
Fi r m i a n, aus den Grafen v., Maximilian Leopold, Fürst-Erzbischof
zu Wien.
Flämming, Marianna Edtevon, geb.Lenoblek.k. Gubcrniat-Se«
cretärs - Witwe.
Fraisl, Marianna Edle von.
Fried bürg, Johanna Edle von, geborne Schedel.
XII
Frint Jakob, Aßt zur hell. Jungfrau Maria in Pagrany, Dom-
herr zu Großwardein, Obervorsteher des Weltpriester - Bil-
dungs-Instituts, Hof- und Burgpfarrer.
Fuchs, Graf von, k.k. Kämmerer.
Gastl Johann Georg, Buchhändler in Brünn.
Gehmacher Carl, bürgerlicher Steinmeßmeister bey Bruck an der
Leytha,
Geißler Johann Baptist, Rechnungs-Official, und N. Oesterr.
Ritterstands-Agent.
Goes, Peter ^Graf von, k. k. wirklicher Kämmerer und geheimer
Rath, RitterdesOrdens der eisernen Krone erster Classe, Com-
mandeur des Oesterr. Kaiserl. Leopolds-Ordens, Lombardlsch-
Venetianischer Kanzler,
Grechtler, Joseph Freyherr von.
G retsch Adrian, Capitular des Benedictiner-Stistes zu den Schot-
ten, und Pfarrer in Gumpendorf.
G ruh er Augustin, k. k. geheimer Rath, Fürst-Erzbischof zu Salz-
burg.
Gulielmo Aloys, Magistratsrath,
Ha ad er Placidus, Weltpriester.
Habermann, Joseph Edler von, k.k. Hofrath und Leibarzt.
Hagleuthner Kaspar, Pfarrer zu Kalksburg.
Hammer, Joseph von, wirkt, k.k. Hofrath und Hof-Dollmetsch,
Ritter des Oesterr. Kaiserl. Leopold-Ordens»
Harr ach, Theresia Gräfinn von, Stistsdame.
Hause Wenzel.
Hausmanninger Carl,Tit. Consistorial-Rath, Vice-Dechant,
und Pfarrer in Reindorf.
Heinke, Freyherr von, k.k. Negierungsrath, und Lehenprobst.
Heinrich Jakob, wirkt, k.k. Hofrath bey der Obersten Justizstelle.
Hold, Michael Edler von.
Henik stein, Theresia, Edle von, geborne von Hochstetten, k.k. pri-
vilegirten Großhändlers Gemahlinn.
Henikstein Joseph, Ritter von, Chef des Hauses Henikstein und
Comp., Director der Oesterr. National-Bank.
Herborn Joseph, Pfarrer zu Laab.
Hill er Joseph, Pfarrer an der Kirche am Hofe.
Hirt Martin, Pfarrer zu Wienerherberg.
Hoek Franz, Abt zu Lecker und Katsch, Director der k.k. Akade-
' rote der oriental. Sprachen.
XIII
Höh enlo he-Schillings fürst-Waldenburg, Fürst Alexan-
der von, Ritter des Maltheser-Ordens.
Hohenwart, Graf Franz von, k.k. wirklicher Kämmerer und In-
ner - Oesterreichischer Gubernial - Rath.
Hohenwart, Sigmund H.von, Bischof in Linz, Commandeur des
Oesterr. Kaiferl. Leopold-Ordens.
Ho lg er, Philipp Edler von, der Arzeneyk. Candidat.
Holzschuh Veit, Buchhändler in W. Neustadt.
Hoppe, Geschäftsführer der Freyherrl. Wimmerschen Besitzungen.
Hube r Vinzenz, Capitular des Benedictiner-Stiftes zu Melk, Pfar-
rer in Traiskirchen.
Jakobi, Maximilian Edler von.
Innern ann Heinrich , erster Protokollist bey dem Criminal-Se-
nate in Wien.
Jordansky Alexius, Archidiacon zu Schoßberg, Abt der heiligen
Jungfrau zu Szaswar.
Jntzinger Ferdinand, Pfarrer zu St.Veit im Dec. Pottenstein.
Jüstel Aloys, der Theologie Doctor, inful. Probst zu Altbunz-
lau, Ritter des Oesterr. Kaiferl. Leopold-Ordens, k.k. wirk-
licher Hofrath, Beysitzer der k. k. Studien-Hof-Eommission.
Jvantschitsch Nicolaus, Pfarrer zu Simmering.
K a i b l i n g e r Ignaz, Capitular des Benedictiner-Stiftes zu Melk,
Cooperator in Gainfahren.
Kaiserstein, Franz.Freyherr von, k.k. Kämmerer.
Kalter Gregor, Pfarrer zu Penzing.
Kanzley des Erzbischöfl. Consistoriums in Wien.
------der Herrschaft Kalksburg.
-------- der Herrschaft Mauer. '
Kästner Andr., Fürst-Erzbischöfl^Consistorial-Rath, prov. Dechant,
und Pfarrer zu Kirchschlag.
Khü nbu rg, Gräfinn v., geb. Gräfinn v. Kuefstein, Pallastdame.
Kick Joseph, Fabriks-Inhaber.
Kiener Ignaz, Pfarrer zu Hernals.
Klobusiczky, Peter von, Erzbischof von Koloeza.
Kleinschmid Friedr. August, k.k. Regierungsrath.
Klimburg, Maria Anna Edle von, geborne Sailer.
Köhler, Carl Philipp Edler von, k.k. Hofbuchh. Rechnungsrath,
und Kanzley-Director der Ungar. Schifffahrts-Gesellschaft.
Korn Michael, Pfarrer zu Brunn axn Gebirge.
Kraus, in Prag.
Laisack Franz, Domherr in Großwardein»
Lampelmayer Joseph, Pfarrer zu Jnzerstovft
Legra dy Emmerich, Hofagent bey der k. Ungar. Hoflanzley, Beys.
der Bih. C. G., zugleich Landes -und GerichtS-Advocat.
Lang Johann Fortunatv., Domherr von Gran, Direetor des Col-
legiums der Pahmaniten.
Leithner Joseph Eberhard, Stadt-und Landrath zu Salzburg.
Lichtenstein, Se. Durchlaucht der regier. Fürst Johann von, k.k.
Kämmerer, Ritter des goldenen Vließes, Großkreuz des Ma-
' rien-Theresten-Ordens, k. k. Feldmarschall.
Lingen Joseph, Pfarrer zu Fischament.
Locella, Ernest Freyherr von.
Lohr, Franz Freyherr von, wirklicher k. k. Kämmerer, Hofrath und
Kanzley-Director des k.k. Qberst-Hofmeisterämtes.
Lust Nicolaus, Pfarrer zu Enzersdorf.
Mack, Valentin Edler von, k. k. Truchseß.
Mattulik Carl, Lehrer, und Direetor der Hauptschule auf der
Landstraße.
Mayer Joseph, wirklicher Fürst-Erzbischöflicher Consistorial-Rath,
Dechant und Probst zu Staaß.
Mayer Joseph, Pfarrer zu Großmugl.
Merroth Johann Michael, wirklicher Fürst-Erzbischöflicher Con-
sistorial-Rath, Dechant und Pfarrer zu Mannswörth.
Mehner Joseph» Verwalter.
Milde Vinzenz Eduard, Bischof zu Leitmeriß.
M i n n i b e r g e r Joseph , Magistratsrath.
Monaldi, Johann Baptist von, Hof - und Gerichts-Advocat.
Müller Andreas.
M ü n ch - B e l l i n g h a u s e n, Elisabetha Freyinn von, geb. Freyinn
von Pengler, Reichshofraths-Witwe.
Münch-Bellingsh ausen, CajetanFreyherr von, k.k.Hofrath,
und Staatsräthl. Referent.
Münnich Philipp, erster Curat im k.k. Prov. Strafhause.
Kraus HonoriuS, Capitutar des Benedictiner-StifteS zu den Schot-
ten, und Pfarrer im Schottenfelde.
Kulifay Stephan, Vice-Rector des allgem. Seminariums in Pest.
Kunert Johann Nepomuck, Pfarrer in Vreitenfurt.
Kurz Franz, Pfarrer und Archivar im Stifte der Chorherrn zu
St. Florian.
xy
Neuffer Theresia, geborne Sailer, k. k. priv. Großhändlers und
Fabriks-Inhabers Gemahlinn.
Ohym Franz Maximilian, Pfarrer zu Wulzeshofen.
PainLner, Michael Anton von, erw. Bischof von Novi, Probst
von Raab, wirklicher k.k. Hofrath.
Pauer Joseph, Bischof von Dulna, apost. Vicar der k. k. Heere,
Domherr zu Gran.
Peß, Anton Ritter von.
Pelze ln Joseph von, k.k. Landrath.
Pilat Peter.
Pletz Joseph, k.k. Hofcapellan, erster Director im Weltpriester-
Jnstitute, Professor der Dogmatik an der Universität zu Wien.
Poek Anton, k.k. Hofcapellan.
Poellinger Anton, wirklicher k.k. Hofrath, und Referent bey dem
Hofkriegsrathe.
Prech tl Johann Joseph, k. t Regierungsrath, und Director des
polytechn. Institutes.
Pu Her Peter, k.k. Staatsraths-Official.
Quix, Clara Edle von.
Raab Joseph, k.k. Oberst.
Rarrel, Franz Ritter von, k.k. Negierungsrath und Truchseß.
Reinberger Jakob, Pfarrer in Hainburg.
Rain lein, Theresia Edle von, geborne Seeger, Doctors der Arze-
neykunde Witwe.
Ries Johann Baptist, der Arzeneykunde Doctor, Fürst Hessen-
Philippsthalfcher Hofrath.
Rohrbeck Johann Nepomuck.
Rüd Martin, Pfarrer in Liesing.
Rudna, Alexander von Rudno, Fürst-Erzbischof von Gran, Legat
des apost. Stuhles, Primas des Königreichs Ungarn.
Rudolph Anton, Hof- und Gerichts-Advocat.
Scher ha uff Floridus^ Capitular der regulirten later. Ehorherrn zu
Klosterneuburg, und Pfarrer in Hietzing.
Schell, Joachim Freyherr von, k.k. Hauptmann des ersten Jageu-
Bataillons, Adjutant Sr. k.k. Hoheit des Erzherzogs Johann.
Schiehel Johann Georg, k.k. Logenmeister.
Schlager, Aloys Edler von.
Schm ehr Peter, Pfarrer zu Margarethen am Moos.
b
xyi
Schmidt Maria Bonfil, Prior der P. P. Servilen, und Pfarrer
in Gutenstein.
Schopp Anton, Domherr an der Metropolitankirche zu St. Ste-
phan, k.k. Ober-Hofcapellan, und Hof-Ceremoniar.
Schram Mathias Wolfgang, gewesener >k. k. priv. Großhändler.
Schumann, Ignaz von, k.k. Hofcapellan.
Schuna Franz, Pfarrer und Dechant an der Hochleuthen.
Schwarzenberg, Fürst Joseph von^ wirkt, k. k. Kämmerer und geh.
Rath, Ritter des goldenen Vließes, Großkreuz des Ungari-
schen St. Stephan-Ordens, Herzog von Krummau.
S ege rer Johann Nepomuk, wirklicher Fürst-Erzbischöflicher Con-
ststorial-Rath, Dechant von Laa, Pfarrer in Laxenburg.
Seelhammer Anton, Consistorial - Rath, und Director des bi-
schöflichen Alumnats zu St. Pölten.
Simmerdinger Ignaz Wendelin, wirklicherErzbischöfl. Consisto-
' rialrath, Dechant und Pfarrer in Hütteldorf.
Sondermann Friedr. Wilh., der Gottesgel. Doctor, wirklicher
Fürst-Erzbischöflicher Consistorial-Rath und Consistorial-Di-
rector.
Sonnleithner Ignaz, k.k. Rath, Hof- und Gerichts-Advocat,
Prof, des Mercantit- und Wechselrechtes.
Sonnleithner Joseph, k.k. Regierungsrath und Hofagent.
Spanbauer Wenzel, Pfarrer zu Medling.
Spendou Joseph, k.k. wirklicher Regierüngsrath, Domprobst an
der Metropolitankirche zu St. Stephan, Kanzler der Uni-
versität.
Stande, die löbl. drey oberen Herren, von N.Oesterreich.
Steindl Mathias, der Theologie Doctor, wirkl. k.k. RegierungS-.
rath, Bischof zu Antinopel, Weihbischof und General-Vicar.
Stipul Philipp, Pfarrer zu Unter-Dirnbach.
Stöger Leopold, Hof- und Gerichts-Advocat, gew.Decan der jur,
Facultät.
S trenz Franz, Cassier bey den k. k. privil. Großhändlern Herren
Stametz und Comp.
S tu pan, Ignaz Freyherr von, Hofrath beyder k.k. Hofkanzley.
S w i e t e n, Aarl Freyherr von.
Szepessi und Negyes, Freyherr von, Bischof im Großfürsten-
thume Siebenbürgen, k. k. geheimer und k. Gubernialrath, und
Ober-Director sämmtlicher katholischer Lehranstalten im Groß-
fürstenthume.
Talkofsky Johann, Pfarrer zu Tattenbach.
xyn
Tesch map er Michael, Pfarrer zu Ober-Döbling.
Thimfeld, Alexander Edler von, Präsident des k. k. Stadt-und
Landgerichtes.
Trautmannsdorf - Weinsberg Ferdinand, Fürst zu Neustadt,
gefürsteter Graf von Umfenbach re., Ritter des goldenen Vlie-
ßes, Großkreuz des Königl. Ungarischen St. Stephan-Ordens,
k. k. wirklicher geheimer Rath und Kämmerer, Staats-und
Eonferenz - Minister , erster Obersthofmeister.
Verhowiß, Joseph Edler von, k. k. Appellations-Rath zu Klagen-
furt.
Vogel Atoys, pensionirter k.k. Hauptmann.
Vogel Augustin, Easse-Director bey der k.k. National-Vank.
Volkmann Caspar, Cooperator in Hausleuthen.
Vollgrub er Johann Donat, Rechnungsrath bey der k. r. Do-"'
mainen - Hofbuchhaltung.
Von der-Mark, Johann Ferdinand Freyherr, wirklicher k. k.
Regierungs -Secretar.
Wagner Caspar, Hof- und Gerichts-Advocat. ,
Wagner Michael, bischöflicher Consistorial-Rath zu Linz, zweyter
Studien -Director an der weltpriesterlichen Studien - Anstatt,
k.k. Hofcapellan. .
Weigel Joseph, k.k. privilegirter Großhändler.
Weißbacher Joseph, Dechant und Pfarrer zu Weierbach.
Werner Joseph, Großhandlungs-Buchhalter.
Wurm Joseph, königl. Rath, Bischof zu Großwardein.
Wührer Franz, der Theologie Doetor, Prof, des Kirchenrechts
und der Kirchengeschichte zu Salzburg.
Zaigelius, Joseph Udalr. Freyherr von, Director der Französi-
schen Nationalkirche zu St. Anna, Großkreuz des heil. Lud-
wig - Ordens.
Zängerle Roman, Domherr an der Metropolitankirche zu St.
Stephan, Doctor der Theologie, Professor der griechischen
Sprache, u. d. n. B.
Z eb a Jakob, Magistr. Steueramts-Liquidator.
Ziegler Gregor, Bischof in Tyniec.
Zimmert, Johann Michael Edler von, k.k. Appellations-Rath
und Referent bey dem n. ö. Mercantil- und Wechselgerichte.
Zoot Johann, Pfarrer in Ober-Laa.
xvm
Nachricht
an die P. T. Herren Subscribenten.
Äieses Derzeichniß wir- in dem nächstfolgenden Bande (welcher Baden mir
Heiligenkreuz, und 34 Ortschaften enthält) mit den Nahmen der neu ein-
tretenden Subscribenten fortgesetzt werden , die mit der Abnahme des ge-
genwärtigen Bandes von Medling, auf den künftigen von Baden sich zu
unterzeichnen belieben. Da der gegenwärtige Band, als der dritte der
kirchlichen Topographie erscheint, dient allen Liebhabern der Geschichte zur
Nachricht, daß die ersten zwey Bände mit verändertem Titel als: Histo-
rische und topographische Darstellung von Klosterneu-
burg und feiner Umgegend dießseits der Donau, und:
Historische und topographische Darstellung von Schön-
brunn mit der Umgegend; der erste Band mit zwey Abbildun-
gen, der zweyte mit einer Abbildung, und der Karte des Decanates in
4to, einzeln oder zusammen, der Band zu 6 fl. W. M. in der Anton
D o l l'schen Buchhandlung zu haben sind. Zu jedem der beyden Bände
können nach Belieben die Abbildungen der Kirchen, Monumente, und ei-
niger Schlösser', wie von dem dritten gegenwärtigen Bande, erhalten wer-
den. Das Stück in gr8. schwarz zu »2 Kr., illuminirt zu 20 Kr. W. W.
Die Deeanats-Karte zu dem dritten Bande, und jede der übrigen ohne dem
Buche, kostet »5 Kr. W. W.
Wien den -ö. Julius »Lr3.
Inhalt.
Ä^edling
I. Geschichte dev Burg und Veste Lichtenstein . . . . . Seite s
II. Geschichte des Marktes .....................—- -3
UI. Geschichte der Pfarre................. .......... 33
Neudorf .............................— 60
Gischübel.............................................. * — 66
Hinterbrühl *.................*................. ........... 70
Perchtholdsdorf
I. Geschichte des Marktes............ . . . . . . — 73
II. Geschichte der Pfarre ............................— 94
Kaltenleutgeben .............................................. 107
Rodaun . ............................* .................— m
Breitenfurt. ...................................................»>2
Laab ....................................................... — 121
Biedermannsdorf................... ... . . . . . . . — i«S
Achau......................................................... 14«
Brunn am Gebirge ................. — i5i
Enzersdorf am Gebirge sammt dem Franciscanerkloster . . . . -*• i65
Atzgerstorf ................................................ — 184
Filiale Erla ........... . ... — 19»
Filiale Siebenhirten sammt Schellenhof ....... — 193
Attmannsdorf ............................................... — 19S
Filiale Hetzendorf ........ «v»
Liesing »07
Mauer «17
Kalchspurg
XX
Laa ..................... Seite 229
Unterlag ...................................— 233
Neusiedel (Roth-). ................ — 240
Lanzendorf sammt dem Franciscanerklofter 24»
Himberg . ^ aßa
Hennersdorf sammt Leopoldsdorf ............ — «69
Döscndorf ................................... 284
Jnzersdorf . . ^ — 297
Simmering. , 3of>
Laxenburg ^ 3i4
j
Historische und topographische
Darstellung von Medling
und
dessen Umgegend.
I. Burg Medling; Veste Lichtenstein.
hohen aber sehr steilen SteinfelseN/ am Ende der Klause *)/
liegen die Trümmer der alten Burg Medlittg/ in früheren
Zeiten Medelich oder Medlich genannt. Nur wenige Ueber-
reste erinnern noch an die graue Vorzeit r wo die nun verfalle-
nen Zinnen stolz zum Schutze des Landes blinkten/ und die Sei-
tenlinie der Babenberger diese Burg als den Hauptort ih-
rer Grafschaft bewohnte. Mit der Erlöschung dieses Geschlech-
tes sank auch sein Sitz in Trümmer. Kaum ein Jahrzehend
überdauerte die Veste den zu frühen Tod des letzten kräftigen
Zweiges desselben, von eben jenen Feinden zerbrochen, gegen
deren Einfälle sie der ersten Markgrafen weise Umsicht erbauet
hatte. In der Folge der Zeiten nicht mehr ganz hergestellt/ von
den Stürmen des Vaterlandes immer schwer getroffen/ erkennt
man jetzt kaum die ehemahligen Umrisse.
** Nur Vermuthungen lassen sich über den Ursprung dieser
romantischen Ruinen geben. Wir müssen uns begnügen/ die
verschiedenen Meinungen gelehrter Geschichtsforscher anzufüh-
ren / um die wahrscheinlichste derselben aufzufinden.
Herr Dr. Sartory/ in seinem mahlerischen Ta-
schenbuche für das Jahr i8i3, und der Verfasser des Pa-
n o r a m a von Wiens Umgebungen S. 187/ nehmen eine Ver-
wechselung Medling s mit Melk an/ weil beyde in den
Urkunden des neunten und zehnten Jahrhundertes den Nahmen
Medilike führten. Allein gegen diese Behauptung sprechen
offenbar die Stellen der erwähnten Urkunden. Mögen auch die
r) Die Klause ist ein Thal, das durch hohe, schroffe, nur sparsam
mit Farrenbäumen bewachsene Felsen gebildet wird, bey dem Markte
Medling anfängt, und in den Brühl (einen ehemahligen Thiergarten)
führt. Mitten hindurch stießt der Nonnenbach. Das in demselben lie-
gende Dörfchen besteht ans 26 Häusern, worunter zwey Mühlen sind.
Grundherrschaft ist Burg Medling, Veste Lichtenstein.
4
Worte des Aloldr. s *) auf das Jahr q^q: Hoc anno Leu-
poldus Marchio in praedones istos (Hungaros) — omnem
suam yirtutem et potentiam collegit, Medilicum praeci-
puum barbarorum nidum cum multis et fortibus militi-
bus aggressus, grayiter cum locum oppugnayit ac tan-
dem expugnayit feliciter; es unbestimmt lasten, welchen
Ort er unter Nedilicurn versteht/ so wird dieß doch aus Con-
rad von Wizenberg (von 1177 — *194 Abt zu Melk) zur
Genüge klar. Er schreibt nähmlich in seiner Chronicon vete-
rum Austriae Marcbionum et Ducum a): Ipse autem
(Leopoldus) terram hanc (Marebionatum Austriae) cum
multo comitatu adiens, castrum munitissimum in monte
nostro situm, quod homo potentissimus, nomine Gizzo,
tenebat, magna vi eepit et destruxit. Mons enim is, qui
modo corrupto nomine dicitur Medilieh (a quo fluyius
praeterfluus denominatus est) — antiquitus mea di-
lecta yocabatur. Ihm/ der höchstens anderthalb hundert
Jahre nach diesem Ereignisse lebte/ kann man doch wohl Kennt-
niß des Ortes zuschreiben; er mußte doch wissen / welches Mo-
di l i ch der Ahnherr seines Fürsten erobert hatte. Das nähmliche
sagen die Tafeln von Klosterneuburg i) * 3): Der egenannt
Lewpold gewannt Melkh/ das dazumal einStett-
lein und Gschloß war, genannt die Eysne Burg,
und trieb da aus den mächtigen Herrn Gyso. Auch
das Heldenlied der Niebelungen, das wahrscheinlich in Oester-
reich gedichtet worden ist, biethet für unsere Behauptung ein
Zeugniß dar. In demselben reitet Rüdiger von Pechlarn,
(vermuthlich ein hungarischer Vasall und Gränzbefehlshaber
gegen die Deutschen) um für den Hunnenkönig Etzel die
schöne Ch rin Hilde zu werben. Von Paffau geht der Zug
mit der Braut zurück in Rüdigers Land. Seine Gattin, Go-
telinde, reitet ihm entgegen bis zu der Ennse an die Gränze,
i) S. Ortilqnis INotulne anecdotae e chronica illust. stirp.^Babenberg.
Herausgegeben von Han t h aler 1742, S. 94.
s) Hieron. Petz script, rerum austr. Tom. I. col. 291 eben so Ävenpek
in dem nähmlichen Bande, C!ol. n8o#
3) Auch bey Hieron. Petz script. r®rcwm awstr. Tom. I col. 1 08,
5
und aus Medilike werden auf Händm getragen, manch
Goldgefäß, darinnen man brachte Wein. Von da kam
manandieTraisen,da hatte der Hunnenkönig ein Burg
'—Traisenmauer u. s. w. — Offenbar muß jenes Medilike
Melk seyn, denn Medling liegt schon dießseits der Trai-
sen. Auch mit einer andern Meinung vermögen wir nicht über-
einzustimmen, welche den HUngarn die Erbauung dieser
Burg zuschreibt *). Nach der Eroberung Melks wichen die
Hungarn bis zum Kahlenberge zurück; würden sie eine so große
Strecke Landes verlassen haben, wenn sie bey Medling noch
einen festen Anhaltspunct gehabt hätten? Sollte ferner die
Eroberung dieser festen Burg nicht von den Chronikschreibern
gleichfalls erwähnt worden seyn, die mit ungemeiner Treue
jedes Gefecht mit den gefürchteten Hungarn aufzeichneten?
Darum glauben wir jene Hypothese als die wahrscheinlichste
annehmen zu dürfen , welche die Zeit der Erbauung Medlings
in jene Epoche setzt, wo Kaiser Heinrich II. (1002) die Be-
sitzungen des Markgrafen Heinrich I. mit Allodien zwischen
der Liesing, der Triesting und dem Dürrenbache vermehrte ^).
Die Macht der Hungarn war zwar durch den Sieg auf den;
Lechfelde gebrochen, bereits hatte sie die Tapferkeit der Baben-
berger bis auf einen k inen Theil Oesterreichs zurück gedrängt;
allein sie blieben doch immer noch furchtbare Nachbarn, deren
Kühnheit und Beutesucht nur durch wiederhohlte Siege unter
Adalbert u>3o—io5o vereitelt werden konnte. Darum
umgab schon Heinrich der Vogler die Flecken und Städte
mit Thürmen und Mauern, und O tto III. munterte y85
den Adel und die Geistlichkeit auf, feste Schlösser und Burgen
zu bauen. Das Weise dieses Rathes beachtend, suchte auch
Markgraf Heinrich I. dem neu erworbenen Lande Sicher-
heit durch eine feste Burg, dem Zufluchtsorte in den Tagen
der Gefahr, zu geben, und fand dazu den gelegensten Punct
0 S. den Anhang bey dem Merkchen: Versuch einer Lebensgeschichte
des ersten Herzoges in Oesterreich, Heinrich II , Iosomirgott, S. 45.
2) Ctiron. Gottw. P. I. p. 7.27. Hormayr'H Taschenbuch für Vaterland.
Gefch. Iahrg. i8i30 S. rn.
k
auf dem Steinfelsen Medlings, von dem er nicht nur das
von den Hungarn am meisten bedrohte Land dießseits der Lei-
tha übersehen konnte/ sondern den. auch der benachbarte Ort
Medling Leben und Reitz verlieh. Wohl mögen er und seine
Nachfolger diese reihende Burg zuweilen besucht haben/ doch
ihre Residenz blieb Melk/ wie wir ganz deutlich von Adal-
bert (f io56) in den tabulis claustroneoburgensibus le-
sen *): Brachte ain Stuck des h. Kreuzgen Melckh
und' hilt sein fürstlichs Geseß auch zu Melckh.
Doch der Ehrenplatz/ welchen Medling unter ähnlichen
Ueberresten des Mittelalters in Oesterreich einnimmt/ ward
ihr erst unter Leopold III. (f 1096)/ dem fünften Markgra-
fen im Ostlande. Als dieser nach dem Tode seines Vaters die
Zügel der Regentschaft übernahm / übergab er seinem Bruder
Haderich Medling mit ansehnlichen Gütern und Genüssen/
und gründete dadurch eine Nebenlinie seines Hauses a).
Die Geschichte erzählt uns nichts von diesem neuen Besitzer
unserer Burg. Er scheint/ entfernt von Welthändeln und Re-
gierungsgeschaften/ vielleicht aus angeborner Neigung oder aus
Kränklichkeit/ sich ganz den Freuden des häuslichen Lebens und
den schonen Uebungen der Frömmigkeit geweihet zu haben;
wenigstens erscheint sein Nahme nur als bereitwilliger Zeuge
bey frommen Schenkungen ^). Durch weise Sparsamkeit
und Betriebsamkeit vermehrte er die von dem Bruder erhalte-
nen Güter/ und bereitete so seinen Söhnen die Mittel zur
'Ausführung ihres lange besprochenen Planes. Nicht einmahl
der Tag seines Todes ist uns bekannt; doch mag sein Ableben
wohl erst nach dem Jahre ni3 erfolgt seyn, wo wir ihn noch
in Urkunden finden.
Seine Besitzungen und Titel gingen auf seine beyden Söhne
Rapoto und Heinrich über. Seltner/ als ihr Vater, schei-
1) Bey Hieron. Petz script. rerum aiistr. Tom, I. col. 1007.’
2) Ueber diesen Haderich siehe Max. Fischer's Urkundensammlung S. 3,
und Hormayr's Oefterr» Plutarch, 19 Bo. S. 74. Er kömmt schon u>83
als marcliio in einer Göttweiher Urkunde vor. (Siehe Taschenbuch füp
die vaterl. Gesch. Jahrgang i6»3. S. 99.)
3) S. Max. Fischer's Urkundensammlung, S»3 und 4*
7
nen sie in Medling, sondern lieber bey ihren Verwandten auf
dem Kahlenbergs oder in der von ihrem Vater empor gebrach-
ten oder vergrößerten Stadt Schwarzenburg (Nezta) gewohnt
zu haben; denn schon um 1114 kömmt ein gewisser Otto als
Castellan von Medling *), und um 1126 ein W 0 lfker *)
als solcher vor.
Den Erguß ihrer religiösen Gefühle finden wir in der
Gründung eines Klosters, das sie Klein-Maria-Zell
benannten, und den Benedictinern übergaben. Wahrscheinlich
verbanden sie damit den Vorsatz, den Rest ihrer Tage Ln die-
sem Denkmahle heiliger Frömmigkeit Gott und den Uebungen
wahrer Andacht zu weihen. Nur über den Ort, wo die Kirche
stehen sollte, konnten sie sich lange nicht pereinigen. Markgraf
Leopold der Heilige endete dieß Schwanken, indem er
diese, sein letztes frommes Werk, auf seinem eigenen Grunde
und auf seine eigene Kosten erbaute. Kaum mögen die heiligen
Mauern gestanden haben, als die beyden Brüder ihren Vorsatz
ausführten, das Ablehen in die Hände des Markgrafen nieder-
legten, und die Welt verließen. Auf diese Art allein läßt es sich
erklären, wie zur Zeit ii36, wo die Dotations-Urkunde der
Kirche übergeben wurde, Heinrich Josomirgott, der
zweyte Sohn des Markgrafen, schon als Herr von Medling
erscheinen konnte. Unwidersprechlich beweist uns jedoch das letz-
tere eine Bulle, die am 23. Februar 1 *36 zu Rom ausgefer-
tigt, und wodurch der Streit über einige Besitzungen zwischen
den Ministerialen Heinrichs und dem Stifte Melk entschie-
den wurde * * 3). Die Dotations-Urkunde des Stiftes Klein-
Maria-Z ell verbürgt uns gleichfalls das Leben der beyden
Söhne Haderichs zu jener Zeit; denn was sollten wohl die
Worte: ut post obitum ipsorum, yel si ipsi prius muta-
rent saeculum, jure perenni cederent in usus fratrum,
anders bedeuten 4) ? Die Güter des Ablehens konnten also
0 S. Max. Fischer'.s Urkundensammlung, S.
») Eben daselbst S. 27.
?) G. Nlnedei' Austr. ex Arcli. Mellic. illust. p. y.
4) 0 . Bernarcü. Petz. yöci. Hi.pl. pqg. cho, park I?
8
wohl auf keine andere Art, als durch freywillige Abtretung an
Heinrich gelangt seyn.
Zu einer andern Untersuchung gibt die Frage Anlaß: mit
welchen Gütern dotrrten die beyden Brüder ihr Stift? Gehör-
ten sie zu der Apanage, oder zu dem von ihrem Vater erwor-
benen und vererbten Eigenthume? Als wir den Stiftsbrief
von Klein-Maria-Z eil aufmerksam durchtastn, glaubten
wir uns für das Letztere entscheiden zu müssen. Filii Haderici,
heißt es in demselben, tradiderunturbemsuam propriam
Syarzenburch — bum Omnibus reditibus et appendiciis
suis, yidelicet in villis, in mancipiis, in silyis, in agris,
in pratis, cultum et incultum, longe et prope; — ferner: ea*
quae apud Pingen eorum juris sunt, item apud Cham-
be, quae Henrici fuerunt, quae apud II. possi-
dent — et quidquid proprietatis apud Perendorf
habent. Sie gebrauchen hier offenbar Ausdrücke, die mehr auf
ein erworbenes Eigenthum hindeuten als auf Güter, welche
ihnen nur vertragsmäßig zu ihrem Unterhalte angewiesen wa-
ren. Auch hätten sie bey der Schenkung dieser letzteren wohl die
Einwilligung des Landesfürsten bedurft: und sollten sie diese
in ihrem Stiftsbriefe zu erwähnen, vergessen haben?
Nach der Resignation der beyden Brüder (ihr Todesjahr
ist unbekannt, begraben sind sie in Klein-Maria-Zell)
übergab Markgraf Leopold der Heilige die Grafschaft
Medling, der Gewohnheit seines Hauses gemäß, seinem später
gebornen Sohne Heinrich. Ein neuer Beweis für uns, daß
die beyden Brüder bis in das Jahr n35 ihr Leben fristeten;
wären sie früher dem Tode unterlegen, so würde Adalbert,
der erstgeborne Sohn Leopolds (geb. 1107, f 1187), jene
Güter und Titel besessen haben, da er doch immer nur als
Advocatus omnium ecclesiarum erscheint. Vermuthlich
überließ er, durch eine anhaltende Kränklichkeit dem frühen
Tode entgegen sehend, seine Rechte dem rascheren Heinrich,
der auch davon sogleich Besitz nahm.
Mit dem Einzuge dieses Fürsten lernten die Mauern der
alten Burg das Geräusche eines bedeutenden Hofes kennen.
Der neue Gebiether hielt sich Ministerialen und Diener gleich
9
seinem Vater, verwaltete seine Güter *) als freyer Herr, und
übte die ihm als solchen zukommenden Rechte aus. — In den
Stunden derErhohlung trieb er die Jagd in dem nahe liegen-
den Brühl, bis ihn die Erwählung seines Bruders Leopold
zum Herzoge von Bayern (1 i3y) zu ernsteren Geschäften ab-
rief. Die Wölfische Partey in dem neu erlangten Herzogthume
widersetzte sich dieser Ernennung, und es bedurfte mancher har-
ter Kämpfe, bis Leopold festen Fufi in Bayern fassen konnte.
In der mörderischen Schlacht bey Weinberg (2i.Dec. 1140)
übte Heinrich seine ersten ritterlichen Thaten aus, und zeigte
die kräftige Faust und das kühne Gemüth, dessen ihn sein Bru-
der Otto von Freysingen rühmt. — Doch bald eröffnete sich
seiner Thätigkeit eine weitere Bahn, als sein Bruder, dem
Verdrusse und den Mühseligkeiten in Bayern unterliegend, am
18. October 1141 ohne Kinder starb, und ihm den Herzogshut
Bayerns und die Markgrafschaft Oesterreich hinterließ. Zwey
noch lebende Brüder hatten sich dem geistlichen Stande gewid-
met. Otto war Propst zu Klosterneuburg, dann Abt zu Mo-
rimond, endlich Bischof zu Freysing; Conrad, Abt zu Hei-
ügenkreuz, Bischof zu Paffau, Erzbischof zu Salzburg. Daher
vereinigte Heinrich wieder ganz Oesterreich in seiner Person.
Wien erwählte er zur Residenz, und Medling ließ er durch
Castellane verwalten, aus welchen uns em gewisser Rapoto
bekannt ist a).
Nach seinem Tode (f 1177) ward die Seitenlinie aber
mahls wieder hergestellt, und Medling erhielt seinen eigenen
Herrn in Leopolds des Tugendhaften Bruder Heinrich
IH. (^194). Wir kennen ihn unter dem Titel: Henricus
*) Diese Güter sollen aus Medling, Neudorf, Solen au.
Draskirchen, Walte rsdorf, Kaisersperg bestanden ha-
ben. Doch genstgt diese Angabe bey weitem nicht, da die Nachfolger
Heinrichs in der Grafschaft Medling hier nicht gekannte Güter
verschenkten. So Heinrich HI. das Dorf Kogelbrunn an
Klosterneuburg, Heinrich IV. Sulz an Heiligenkreuz.
»),S. Fischer's Urkundensammlung S. i55. In dem Stiftbriefe der Abtcy
Schotten v. I. u6o, wo er als Zeuge erscheint, heißt er ausdrück-
lich: Rapoto, Castellanus de Medelich. (ap. Bern. Petz Anectod. Tm
VI. P, 1. cot 437.)
io
de Medlico, Bei gratia id, quod gpm. Mit unermüdeter
Treue nahm er an den Gefahren und Unternehmungen seines
Bruders Antheil. An dessen Seite zog er zur Rache gegen die
Böhmen und Mährer 1176, dann zu dem heiligen Kampfe in
Palästinas Ebenen 1182. Dahin geleitete er auch 1197 seines
Bruders Sohn, Friedrich den Katholischen (starblind),
doch ohne ihn jemahls wieder in den heimathlichen Gegenoen
schauen zu können.
Durch dxn Tod seiner Verwandten und seiner Gattin
(f 1182) beraubt, ward ihm die Burg zur Oede. Doch nur im
Nützlichen Zerstreuung findend, begann er seine Grafschaft zu
bereisen, aus welcher Zeit mehrere Beweise seiner Thätigkeit bis
zu uns sich erhalten haben. Medling ließ er durch Ministerialen
verwalten *). Sein Todesjahr, welches allgemein auf das
Jahr 1228 angesetzt wird ^), ist neuerdings einem Zweifel un-
terworfen, und in das Jahr 1282 gesetzt worden 3). Ohne wei-
ter erwähnen zu wollen, daß er damahls das in seiner ganzen
Familie ungewöhnliche Alter von 84 Jahren erreicht hätte,
widerstreitet dieser Angabe eine Urkunde seines Sohnes Hein-
rich IV-., dem Stifte Heiligenkreuz 1282 gegeben: Notum.
sit omnibus, lautet sie, quod ego II. Du?. de M. prae-
dium in Sülze, quod piae memoriae pater meus Hen-
ricus (ohne den Beysatz: Dux Austriae , den er gewiß hinzu-
gefügt hätte, wenn dieser der berühmte Heinrich Jasomirgott
gewesen wäre), diebus vitje suae visus est habere, —-
cum omnem haereditatem meam, si sine haerede de hae
Tita decederem (wie hätte dieß Heinrich III. sagen können,
da er bereits einen Sohn besaß) Friderico Dpci, Austriae
et Stjriae (hier ist der Zusatz schon) delegarem, praefatum
0 S. den Anhang bey dem angeführten Merkchen: Versuch einer Le-
bensgeschichte Heinrichs II. Jasomirgott, S. 53. Den Grund zu feiner
Behauptung sucht der Verfasser in einer Urkunde ohne Datum, auf
deren Rückseite die Jahreszahl steht. Vermuthlich ist dieselbe erst
'von einer späteren Hand hinzugefüget worden, welche beyde Heinriche
mit einander verwechselte.
.?) S. Tabulae claustroneob. bey H. Petz. 1. c. Tom. I. col. 1019.
4) Bernardi Petz Cod. DipL siye Tom. VI. pari. II. pag. 82 , 83, Vid.
, Chr. Hantbaler Fasti Campil. Tom. I. pag. 391 et 712,
praedium exemi etc. etc. Acta haec sunt XIII. kalendas
Sept. 1282 in domo S. Crucis. Auch ist es sehr unwahr-
scheinlich, daß das Stift Heiligenkreuz einen ss langen. Zeit-
raum hatte verfließen lassen, ohne ein unrechtmäßig entzogenes
Gut zurückzufordern. Man kann daher unter diesem Hein-
rich nur den Sohn, Heinrich IV. verstehen; folglich muß sein
Vater schon früher verstorben seyn.
So wie das Jahr seines Todes, gab auch seine Grabstätte
zu abweichenden Meinungen Anlaß. Heiligenkreuz sowohl als
Klosterneuburg rühmten sich, ihm die kühle Gruft gegeben zu
haben. Allein Marquard Herrgott *) fand in dem ersten Stifte
einen Stein mit der Aufschrift: XIII. Kal. Febr. Heinricus
dux de Medelich...........I. Z. A. Ducissa uxor ejus, und
bey Eröffnung des Grabes die Ueberbleibsel zweyer Leichname
Verschiedenen Geschlechtes, wodurch diese Ehre wohl unwider-
sprechlich dem Stifte Heiligenkreuz zugesprochen werden darf
Heinrichs III. Güter und Titel erbte sein Sohn Heinrich IV.
Die Geschichte erzählt von ihm nichts, als daß er schöner Ge-
stalt und ein guter Jäger gewesen sey. Alter und Todesjahx
(vermuthlich 1282) sind unbekannt. Ganz Oesterreich war nun
abermahls unter einem Herrn, dem Herzoge Friedrich dem
Streitbaren (4 124b) vereinigt. Wir finden ihn am 17.N0-
vember 1286 in Medstng, wo er den Willen seines Vorfahren,
Heinrichs IV., über das Dorf Sulz dem Abte Eglof von
Heiligenkreuz bestätiget * 2 3). Doch war sein Aufenthalt nur von
kurzer Dauer, er traf schnell die nöthigster Anstalten zum
Schutze der Burg, da mächtige Feinde seme Sicherheit be-
drohten, und er selbst noch im nähmlichen Jahre in den festen
Mauern Neu stad ts Schütz suchen mußte. Medling bewährte
sein Vertrauen; es blieb dem von Allen verlassenen Fürsten er-
geben, und die schroffen Mauern schreckten von einem ernsten
Angriffe ab» Noch einmahl besuchte Friedrich die treue Burg
im Jahre 1240. Eine Urkunde, in welcher er dem bayerischen
0 S. Marqnardi Hergott Topliogr. Princ. Austr. P. I. üb. ? cap. IV
Num, 3 2, pag. 5o,
2) S. Max. Fischer's Urkundenbuch, S. 76.
3) G. B#nardi Petz. Cod, dipl. P. II pag. 91.
1-2 . /
Kloster Reitenhaslach die Freyhert von österreichischen Mau^
then verleiht, setzt uns davon Ln Kenntniß *).
Als Oesterreich durch den Fast dieses letzten Sprossen der Ba-
benberger verwaiset war, bemächtigte sich 1247 Gertrud, Toch-
LerHerzoges H ei n r i ch des Grausamen und Wittwe Wladistaus
Königes von Böhmen, der Grafschaft Medling. In ihren Ansprü-
chen auf den Herzogshut durch Ottokar von Böhmen, der hier-
auf durch seine Vermählung mit Margaretha, der Schwe-
ster Friedrichs des S trei tbaren, mehreres Recht zu haben
glaubte, verdrängt, flüchtete sie zum Könige Beta nach Un-
garn (1261). Schon im folgenden Jahre kam dieser zu ihrer
Hülfe nach Oesterreich, das seine Truppen zum Schauplatze
schrecklicher Verwüstungen machten. Vergebens trug Gertrude
noch immer Medlings Besitz in ihrem Titel; die rauhen Krie-
ger schonten auch das befreundete Eigenthum nicht, eroberten
Medling und steckten es in Brand (1262) ^)»
So lag nun dieser Sitz der Seitenlinie des Babenber-
gischen Regentenstammes in Oesterreich in Ruinen, nachdem
er durch 260 Jahre gestanden hatte. Zwey Jahre darauf (1254)
verlor er auch seine Wichtigkeit als Gränzfestung, da durch die
Erweiterung des österreichischen Gebiethes bis an den Seme-
ring im Friedensschlüsse mit Beta (1268), Neustadt der Schutz
des Landes gegen die Ungarn geworden war. Vermöge eines
andern Artikels dieses Friedens überließ Gertrude, gegen
eine Entschädigung in Steyermark, auch Medling dem neuen
Herrscher in Oesterreich, Ottokar.
Mit dem ganzen Lande kam 1276 Medling an das h ab s-
bu rgische Haus. Kaiser Rud o lp h I. verboth, weder diese
noch eine andere Burg aufzubauen. (K.K. Hofkammer-Archiv.)
Doch noch immer bestand die Grafschaft^ Sie wurde unter
den ersten Habsburgischen Fürsten durch Castellane verwaltet,
aus welchen wir einen gewissen B ern h ard Han so mit dem
Beynahmen des älteren (senior) kennen, dessen in dem Ne-
1) S. Monumenta boica. Ybl. III. p. i3^L
'*) S. Chron. claugtron. bey H. Petz 1. c. Yol. I. col. 461. — $s;, Eben-
doxfev von Hafelbach, bsy H. Petz loe. eit. col 78?, setzf diese Bege-
benheit einige, Iahxe später.
a
eroioge der Minderbrüder 1) mit folgendem Beysatze erwähnt
wird: Bernardus Hanso senior, Castellanus in Medlico.
Anno MCCC1X (oder vielmehr MCCCXIX.) III. kal. Jan,
hic sepultus.
Schon während seiner Pflege scheint der von K. Rudolph
ausgesprochene Bann aufgehoben, und die Bubg einiger
Maßen hergestellt worden zu seyn, da sich dieselbe die Herzoge
Leopold (f i326) und Albrecht IL von Oesterreich (f *358)
öfters zum Wohnplatze wählten. (K. K. Hofkammer-Archiv.)
In diese Zeit, oder zu Ende des i3ten Jahrhundertes, mag
auch die Erbauung der Veste Lichten st ein fallen, deren
Ruinen wir westlich von Medling finden. Man schreibt den
Ursprung derselben allgemein einem Ahnherrn des Hauses Lich-
ten stein zu, der sich, vermuthlich um seinem Herzoge näher
zü seyn, in dieser mahlerischen Gegend ansiedelte *). Wenigstens
besaßen die Glieder dieser Familie die Veste und andere Besi-
tzungen bis zum Jahre iSj5f wo sie Johann von Lichten-
stein mit der Gnade des Herzoges verlor 3). Seit dieser Zeit
finden wir Medling und Lichten stein oft vereint, und
fast immer gleiche Schicksale duldend.
Lichten stein empfing schon einen neuen Herrn i38i. Al-
brecht III. (Stifter der theologischen Lehrstühle an der Univer-
sität zu Wien) verkaufte es mit andern Dörfern dem reichen
Grafen Herrman I. von Cilly 4). Bey dieser Familie
............ ................-r—...........°—-——■**———— "
1) Bey Hieron. Petz, script. rerum austr. Tom. 11. col. 474.
2) Nach einer Stelle im Taschenbuche für die parerl. Geschichte, 3ter Iahrg.
S..42, des Freyherrn vonHormayr, soll Otto von Lich ten sie r n (im
Iahre »280 oberster Landrichter in Steyermark), Ulrichs des Sängers
Sohn, von dem Herzoge Albrecht im 2ahre 129» dieses Schloß, bts-
ber Enzersdorf genannt, und den Herrn von A r e n st e i zuge-
hörig, erhalten haben. Von ihm erhielt es den Nahmen: L L ch t e n st e i n.
3) Chron. Zwettl, receutius ap. Hier, Petz Script, rer. Austr. P. I.
col..544. Denn bey Max. Fischer kommt er noch in einer Urkunde
Albrechts 1H. v. I. 1873 als dessen Hofmeister vor.
4) Dieß beweisen zwey Urkurroen^m Archive des Domcapitels zu Wien
von den Iahreu »4»o und i4»4. ~~ Siehe Panorama von Wiens Umge:
düngen S. *9*, und Wißgrill II. B. S. 64. Diese alte und be-
rühmte Familie war in Steyermark schon im Anfange des UV. Jahr-
hunderts bekannt.
4-
blieb die Veste, eine Unterbrechung ausgenommen l), bis im
Jahre 145b Ulrich Graf von Cilly der letzte seines Stammes
von Ladislaus Corvinus ermordet wurde ^). Darauf fiel
es wieder als ein erledigtes Lehen dem Landesfürsten heim.
Auch Medling kam während dieser Zeit in andere Hände.
Albrecht Y. (als Kaiser der II.) verpfändete es/ zu den Vorbei
reitungen gegen Amuraths Vordringen Geld benöthiget/
1489 mit Stahrenberg/ Wartenstein und Lachsenburg an die
Herzoge Friedrich und Sigmund von Oesterreich für ein
Darleihen von 18/900 Ducaten und 88/000 fl. Rh. Schon 1446
brachte Friedrich auch den Darleihungstheil des Herzoges Sig-
mund an sich/ und so blieb/ da auch König Ladislaus die
Einlösung vergaß/ Medling ein Eigenthum der steyerisch-
herzoglichen Linie Habsburgs ^).
Im Jahre 146b kam auch Lichten stein/ das als ein
durch den Tod des letzten Grafen von Cilly erledigtes Reichs-
lehen dem Kaiser anheim fiel/ in den Besitz Friedrichs/
doch nur auf kurze Zeit; schon zwey Jahre darauf überließ er
es in dem Vertrage zu Neustadt (2 L. August 1468) seinem
Bruder Albrecht YI-/ mit der Stadt Bruck an der Leitha
und einer Summe von Z2/000 Pfund Pfennige/ gegen die
Verzichtleistung von Unterösterreich und der Stadt Wien * 3 4).
Da jedoch Hanns Holobarzy/ Schloßhauptmann des Gra-
fen Cilly/ auf Lichtenstein noch mehrere Forderungen machen zu
dürfen glaubte/ so blieb er noch einige Zert im Besitz der Veste/
deren Herrn er sich auch nannte. Der Tod Albrechts YI. (am
2. December 1468) vereinigte es endlich wieder mit Medling und
den Besitzungen des Kaisers. Vom Jahre 1477 lesen wir den Be-
9 Im Jahre x438 soll sie Margaretha, Witwe des Stephan
Ludmansdorf, und späterhin ihr Sohn Oswald, besessen ha-
ben. Erstere liegt in der Pfarrkirche zu Medling begraben, letzterer
kommt in einem Gewährbuche der Veste vor. S. Embel's Fusireise nach
dem Schneeberge.
*) Wisigrill a. a. O. S. 89.
3) Von nun an ist immer das k. k. H 0 f k a m m e r - )k r ch i v unser
Führer; andere Quellen sind jedoch in den Noten angegeben»
3) Vergl. die Urkunden in den Beylagen zur Geschichte Oesterreichs unter
Friedrich.dem IV. von Franz Kurz, im I. Th. S. 267.
fehl des Kaisers Friedrich IV./ Wem und andere Vorrache
aus der Burg Medling vor den herumstreifenden Ungarn i»
Sicherheit zu bringen ’). Sie war also nicht im Stande/ eine
Belagerung auszuhalten/ und daher mit Lichtenstein den Un-
garn zur leichten Beute. Erst im Friedensschlüsse <am 4. De-
cember 1477) wurden die Burgen wieder ihrer Feinde ledig/
und dem österreichischen Zepter Unterthan.
Doch nicht lange erfreuten sich unsere Vesten der Ruhe.
Fortwährende Einfälle der Ungarn beunruhigten die Gegend/
und zwangen die Bewohner/ Haus und Gründe zu verlasse»/
wodurch der Ertrag dieser beyden Herrschaften sehr herab ge-
setzt wurde. i485 kamen beyde abermahls in den Besitz des
Königes Mathias Corvinus von Ungarn, und wurde»
erst nach seinem Tode durch den König Maximilian wieder
von den Feinden frey gemacht (»490).
Als die Ungarn Medling und Lichtenstein verließen, be-
fand sich das letztere im Besitze des Conrad Auer, Käm-
merers und Hauptmanns auf Lichten'stein saus dem Geschlechte
der Auer von Herrenkirchen in Franken ’); vermuthlich
hatte sie ihm der goldbegierige König Mathias verkauft^).
Kaiser Maxi in ilian löste sie 1494 mit den Schlössern Frauen-
berg, Baaden, Pasdorf , Guttenstein , Waltersdorf, Mitten-
dorf und Schranewand, einem Zehent und Zehenthof zu Leu-
bestorf, und dem Amte zu Klingfurt, wieder ein, verpfändete
aber die Herrschaft Lichtenstein noch im nähmlichen Jahre
an die Brüder Sigmund und Heinrich von Prüschenk.
Fünf Jahre nachher ward auch der Burg Medling ein
ähnliches Schicksal. Kaiser Maximilian I. verpfändete sie
im Jahre ,499 sammt dem Umgelde, Berg - und Landgerichte,
dem Bergrechte und allem Zugehör, jedoch Mit dem Vorbehalt
1) Gedenkbuch des Kaisers Friedrichs IV. Fol. 18,
-) Sieh Wißgrill. I. B. S. -»3. u. folg.
3) Denn im Jahre 1481 kommt der nähmliche Conrad Auer noch
als Kaiser Friedrichs Kämmerer und Pfleger in Lichtenftein vor,
und im Jahre *483 muß er auf dessen Befehl einen unrecht abgenom-
menen Zoll an Lilienfeld zurückstellen. S. Wißgrill ,. S. 214. u. Ha»*
thaler J'asti Campil. T. II. Decad. 9, pag, 369.
der Bergwerke und der sich vielleicht vorfindlichen Schätze, ge-
meinen Landsteuern, Landreisen rc. dem kaiserl. Rathe Georg
von Rottal, Freyherrn zu Thalberg, und seinen Erben, für
eine Pfandsumme von 16,000 fl.
Lichten stein ward zuerst eingelbst. Schon im Jahre i5o*
treffen wir auf der Veste einen landesfürstlichen Pfleger Barth 0-
lomäus Freyslebe», zugleich obersten Hauszeugmeister in
Nieder-Oesterreich an, dem der Kaiser (Maximilian!.) seine
Burghuth von 100 fl. mit den zur Veste gehörigen kleinen Dien-
sten und Weingärten verbesserte. Größere Gunst ward diesem
Hüther Lichtensteins fünf Jahr später (i5o8). Maximilian!,
verlieh ihm das Schloß Lichten stein, seiner vielen Verdienste
wegen, wie die Urkunde sagt, mit allem Zugehöre dergestalt,
daß nach seinem Tode seine Söhne Georg und Christoph,
oder bey deren Absterben die älteste Tochter und ihre männlichen
Erben es besitzen könnten; der Lehenträger sollte überdieß immer
dasHauszeugmeisteramt in Nieder-Oesterreich bekleiden, und zum
Zeichen alljährlich einen schönen, guten, mit dem Wappen ge-
faßten Doppelhaken in das k. k. Neugebäude abliefern, wor-
über er einen Revers ausstellen mußte. Er starb i5i 1, wie es
seine Grabschrift i» der Schottenkirche zu Wien beweiset. Auch
Medling wechselte abermahls seinen Besitzer. Nach dem Ab-
leben Georgs von Rottal, Freyherr» zu Thalberg 1625,
erbte es sein Schwiegersohn Sigmund von Dietrichs stein,
Freyherr zu Hollenburg, der Liebling Maximilians!. Von
ihm ging es wieder i533 auf seine beyden Söhne Sigmund
G e 0rg und Adam über.
Doch bestand leider ihre Herrschaft nur in Ruinen. Die
1529 biefen Theil Oesterreichs zur Wüste verwandelnden Tür-
ken übergaben sie, und Lichtenstein den Flammen. Letztere Burg
war noch unglücklicher; sie sah sogar den Sohn ihres Besitzers
Christop h Freys leb en, in die Gefangenschaft führen.
Nur langsam konnten sich die beyden Herrschaften erhöh-
ten. Die Unterthanen waren theils getödtet, theils vertrieben;
wem es beliebte, setzte sich in die leeren Häuser und baute die
öde liegenden Gründe, unbekümmert um die rechtmäßigen Er-
ben und die Grundherrschast. Diese vermochte ihr grundherr-
17
liches Recht nicht einmahl auszuüben, da alle Grund- und Urbar-
bücher in den Flammen verbrannt waren. — Noch im Jahre
i5y4 und 1602 wußten wenige aus den neuen Ansiedlern, bey
wem sie in ihrem Eigenthume Schutz zu suchen hatten. Es
wurden daher von dem Landesfürsten alle diejenigen, welche ihr
Eigenthum mit keiner Gewahr gesichert hatten, an das k. k.
Vicedom-Amt zyr Anvogtung angewiesen 1).
Unter dieser Verwirrung hatte im Jahre i533 Kaiser Fer-
dinand I. dem Sohne des verstorbenen Bartholomaus Freys-
leben, Georg von Freysleben, das Lehen sammt dem Zeugamte
übergeben. Jedoch sollte er das verwüstete Schloß wieder auf-
bauen , die verlaufenen Unterthanen einberufen und sammeln.
Dieß war aber für seine Kräfte zu viel; ersteres geschah gar
nicht, und nur mit Mühe konnte er 1644 ein kleines Verzeich-
niß der aufgefundenen Güter und Unterthanen für den Land-
Kataster vorlegen. Der Tod entriß ihn den weiteren Untersu-
chungen, und sein Sohn Bartholomaus H. von Freys-
te ben übernahm das verödete Lehen sammt dem Zeug-und La-
renpacher-Amte unter den nähmlichen Bedingnissen, wip sein
Vater a). ~ Doch die Verwaltung desselben schien ihm eine
Last. Darum überließ er schon im nächsten Jahre (6. May
i558) das Lehen, um die von der k. k. Nieder-Oesterreichischen
Landesregierung ausgesprochene Summe von 7976 fl. dem kai-
^serlichen Hofrathe Andreas Freyherrn von Pögel, der im
vorhergehenden Jahre auch Medling erworben hatte 1 * 3).—
Dieses war in kurzer Zeit von einer Hand in die andere
1) 0. int Cod. Austr. die Befehle von 169^ und i6o4 an das Dicedom-Anrt
wegen Ertheilung der Gewähren.
») Das Lärenpäch er - 2tmt hatte seine Benennung von den Schiffen
oder Zillen, die vormahls Becher genannt wurden. Dieses Amt
war einst in der Stadt am rothen Thurme in der Schiffgaffe, und
war mit der Wassermauth vereiniget. Es besaß das Recht, alle Schiffe
und Zillen zu kaufen, welches vermahlen das Schiffamt aufdem Schan?
zel ausübt.
3) Dieser Bartholomäus der jüngere starb »670, und ist gleichfalls in
der Schottenkirche zu Wien begraben. Ueber fein Geschlecht siehe W i ß-
g rill, B.III. S.94, von dem wir jedoch, durch die Einsicht der Ur-
kunden in dem k. k. Hofkammer-Archive berechtiger, hier und da abg.?-
Wicken sind.
B
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g eg ang e ll. Kaiser Ferd in an d I. hatte es zwar i55o von
den Brüdern Dietrichstein um 16,000 ff* eingelöset, doch
schon im nächsten Jahre seinem Rathe und obersten Stallmeister,
Sig mund Grafen von Lodron,um die nähmliche Pfand-
summe auf Lebenszeit, und seinen Erben auf i5 Jahre verlie-
hen, wobey ihm noch die Erlaubniß hinzugefüget wurde, sie
an jeden Andern verpfänden , zu dürfen. Auch versprach der Kai-
ser, daß alle Verbesserungen bey erfolgter Abtretung geschätzt,
und nebst der Pfandsumme ersetzt werden sollten. Doch sobald
er die zerrüttete Herrschaft näher kennen lernte, fand er auch an
ihrem Besitze keine Freude mehr. Vergebens wurden seinen
Erben die Jahre des Genusses auf zwanzig erhöhet, ihm selbst
eineGnadengabevon 2ooofl. und aufBaukostenZooofl. bewilli-
get; er suchte der Herrschaft los zu werden. Darum vertauschte
er sie i556 gegen andere Güter an seinen Vetter Maximi-
lian Grafen von Lodron, unter den nähmlichen Bedingun-
gen, wie er sie übernommen hatte. Der letztere mußte je-
doch einen Revets ausstellen, die Burg zu erbauen und in gu-
tem Stande zu erhalten.
Kaum aber war der geängstigte Graf des Bewußtseyns froh
geworden,Medling los zu seyn, so befand es sich schon wieder
in seinem Eigenthume. GrafMaximrlian von Lodron starb
nähmlich noch im Jahre i556, und vererbte Medling neuer-
dings seinem Vetter S ig mund, dem es (28. December
aufs neue Pfandweise verschrieben wurde.
Neues Bestreben die Herrschaft loszubringen. Da ihm der
Verkauf an Hanns Traut söhn, Freyherrn von Sprechen-
stein, nicht gelang, überließ er sie endlich 1667 um 28,200 fl.
dem Freyherrn von P ög l^ bald darauf auch der Besitzer Lich-
tensteins. *
So waren nun beyde Herrschaften nach mancherley Schick-
salen vereiniget, und blieben es fortan immer, obgleich sie noch
oft den Wechsel ihrer Besitzer erfuhren. Schon der Sohn des
obgedachten Freyherrn von Pögel, A dam, verkaufte beyde 1684
abermahls anseinen Schwager, Wilhelm FreyherN von Hof-
kirchen, k. k. Hofkriegsraths- Präsidenten, um 84/176 fl.
Doch auch dieser genoß nur kurz die Freude ihres Besitzes, er
»9
starb noch im nähmlichen Jahre. Seine Witwe Eva, geborNe
Po gl/ erbte die Herrschaften und verwaltete selbe brs »Zys.
Nun bothen ihre Söhne dem Kaiser R u d o l p h II. die Rücklö-
sung beyder Herrschaften an, wozu der berühmte Diplomatiker,
Hanns Khevenhüller, FreyherrzuAichelberg, geheimer
Rath, Kämmerer, Bothschafter am spanischen Hofe, dem Kai-
ser die nöthige Summe von 43,4-75 fl. 'zur Tilgung des Pfand-
schillings und anderer Forderungen vorschoß. Dafür erhielt er
die beyden Herrschaften zum Pfande verschrieben. Während I o-
hannvott Khevenhüller in Madrid abwesend war, bemäch-
tigten sich (»607) die ungarischen Rebellen, Unter B o tsch kay'S
Anführung der unbewohnten Burgen, aus denen sie das um-
herliegende Land mit Raub und Plünderungen heimsuchten.
Diesen Räubereyen setzte endlich der Erbe JohaNn's (f- in
Madrid ibob), Bartholomäus von Khevenhüller, ein Ende.
Erzog mit einem Heere vor die Burgen, eroberte selbe, und
machte die Räuber zu Gefangenen. — Bey der hierauf vorge-
nommenen Abrechnung wies der Graf, außer dem Pfandschil-
linge, noch eineForderung von 3 t,260 fl. an den Kaiser aus; da-
her wurden ihm beyde Herrschaften am t3. Julius rbr3 als ein
freyes und vererbliches EigeNthUM verkauft.
Waren die Burgen schon vor dett letzten kriegerischen Auf-
tritten wenig bewohnbar, so bestanden sie nutt beynahe ganz
aus Steinhaufen. DaruNt hatte schon i5y6GeorgWiesing,
kaiserl. Verwalter zu Lichtenstein, auf deM Hausberge für
eigeneKosten ein Schloß erbaut, wozu ihm König Mathias
den zm' Veste Lichtenstein gehörigen Grund, jedoch mit der Ver-
bindlichkeit schenkte, daß jedem künftigen Besitzer der alten Veste
die Rücklösung dieses neuen Schlosses zum Lichten eck, auch
der Edel- oder Wie sing h 0 f genannt, vorbehalten werden
sollte. BartholomäusGrafvon Khevenhüller entschloß
sich daher, so bald sein Erbe von den Räubern gereinigt war,
das neue Schloß zu kaufen, düs er auch rb»o gegen eine Sum- *
me von 10,000 ft. erhielt.
Bis 1684 blieben beyde Herrschaften im Besitze der K h e-
venhüller'scheN Familie. Als aber nach dem Tode des
Franz CH rrstophII. Freyherr»vonKhevenh üller, eine
B a
LK
Crida ausbrach , wurden 1689 die Herrschaften an den k. k.
Hofkammerrath, Johann Ludwig von Waffenberg, ver-
kauft. Späterhin erhielt er auch den Freyherrnstand und schrieb
sich Freyherr von Medling. Doch leider hatten beyde Burgen
vorher den letzten Schlag des Unglückes erdulden müssen, der
sie in Ruinen verwandelte. Noch im Jahre 1672 hatte Lichten-
stein ein Dach, wie wir es in Bischers Abbildung schauen,
allein durch die Türken verlor i683 die Veste auch dieses,
und lag dann wie Medling in Trümmern. — Im Besitze bey--
der folgte dem vorgenannten Freyherrn schon 1718 sein Sohn
CarlJoseph, und 1777 sein Enkel Franz, Freyherr v.Wa f*
fenberg, von welchem letzteren sie durch Kauf an Joseph
Freyherrn v. P en kler, Nieder-Oesterreichischen Regierungs-
rath , überging. Diesem dankt die Veste Lichtenstein eine
Menge Verschönerungen, vorzüglich jene Anlagen auf dem
Kalkgrunde, aus denen unter seinem Nachfolger, dem Fürsten
Stanislaus Poniatowsky, im Jahre 1799 der herrliche
englische Garten hervor ging. — Seit 1808 befinden sich beyde
Herrschaften im Besitze des regierenden Fürsten Johann von
Lichrenstein.
Von der alten Burg Medling sind vermahlen nur ge-
ringe Ueberreste übrig. In neueren Zeiten hat sie auch noch
das Unglück gehabt, durch Eigennutz der Menschen großen Scha-
den an ihren Mauern zu leiden. Um sie einer gänzlichen Ver-
gessenheit zu entreißen, ließ daher der dermahlige Besitzer ein
Gebäude nach altem Style und Geschmacke aufführen, und die
noch übrigen bemerkbaren Ruinen erhalten» Aus dem Saale
des neuen Gebäudes, dessen Geräthe nach dem Geschmacke des
Mittelalters eingerichtet ist, lacht dem Wanderer das anmu-
thige Thal in allen Richtungen entgegen. Gebahnte Fußsteige
leiten an der südöstlichen, und ein Fahrweg an der nordwest-
lichen Seite hinauf.
Auch Lichten stein dankt diesem Fürsten gleiches Nah-
mens Rettung vor dem gänzlichen Verfalle. Sein hoher Sinn
für Alterthum und Baukunst verwandte bedeutende Sum-
men zu ihrer Ausbesserung und Bedachung, so daß man nun
in alle Abtheilungen durch Stiegen gelangen kann. Die Burg
ist hoch, in vielfältige Gemächer, Gänge, ehemahlige Säle und
Zimmer abgetheilt; außen und innen mit Quadern gefüttert.
Den Gemächern ist ihre ursprüngliche Gestalt zurück gegeben,
so, daß man nun einen vollständigen Begriff von ihrem Um-
fange und ihrer ehemahligen Beschaffenheit erhalt. Den gro-
ßen Saal zieren die Gemählde der Glieder aus der fürstlich
Lichtensteinischen Familie. Unter andern findet man dort Jo-
hann, den gewaltigen Hofmeister, der sich bloß Herr von
Lichtenstein schrieb, und im Jahre i3<)5 starb; — ferner Carl,
den ersten Fürsten im Jahre 1627; und im breiten Hinter-
gründe ein großes, die ganze Wand einnehmendes Familren-
gemählde des. Großvaters des jetzt regierenden Fürsten. Ge-
mählde der fürstlichen Frauen schmücken das zweyte Gemach.—
Auch die Capelle wurde ihrer ursprünglichen Form gemäß
hergestellt. Sie ist gothisch gewölbt, bemahlte Fenster erleuch-
tet: im sanften Helldunkel ihr Inneres. Dort, wo ehemahls
der Altar stand, hängt ein Bild, die heilige Familie vorstel-
lend; unter demselben befindet sich ein Kreuz auf erhabenem
Postamente. Die Wände zieren Abbildungen der zwölf Apo-
stel, und einige andere Gemählde aus der altdeutschen Schule.
Hinter dem Altare bemerkt man ein kleines Gemach, wahr-
scheinlich die alte Sacristey. Die Gange, welche im Innern
um die Burgmauern herum führen, so wk ein im zweyten
Stockwerke noch erhaltenes Gemach, biethen die reitzendste
Aussicht nach Wien und die noch lieblichere nach Gißhübel
und auf die nachbarlichen Berge dar.
Aus einem artigen Wäldchen erhebt sich das neue Schloß,
ist aber weder ein großes noch weitläufiges Gebäude. Ueber
dem Thore war ehemahls folgende Inschrift angebracht:
ARX ANTIQUA EXSTRUCTA FUIT A LICHTENSTKlN
MCLXV.
JOHANN LICHTENSTEIN MCCCXCV AMISIT,
JOHANN LICHTENSTEIN EMIT ET RE ST AURA VIT
LICHTENSTEIN
MDCCCVIIL
Zwischen diesen beyden Schlössern schlangelt sich Utiks der
Weg bergan zur so genannten Capelle, einer der neuesten
S2
Anlagen. Auf dem höchsten Rücken steht das Kirchlem selbst,
i8-i 8 in ovaler Form erbaut. Es scheint ganz Ruine zu seyn,
und nur seinen Thurm vor dem gänzlichen Verfalle bewahret zu
haben. Im Innern desselben führt eine schmale Treppe in ein
kleines Gemach, das nord-und südwärts durch ein rundes Fen-
ster, nach Westen von einem kleinen Erker die herrlichste Aus-
sicht in die liebliche Umgegend beut. Gerade der Capelle ge-
gen über liegt das alte Johannstein, ein andere Besitzung des
Fürsten. — Abermahls öffnen sich nun zwey Wege; der eine
in das Prielerthal, der andere an der halben Höhe des Ber-
ges zum W a r t t h u r m e, Felsen wurden hier gesprengt, die
entfernten Klippen durch Mauern verbunden, der unwirthbare
Kalkfelsen gezwungen, Pflanzen verschiedener Art zu nähren.
Zwischen diesem Wartthurme und dem alten Lichtenstein läuft
ein anderer Bergrücken, aus dessen höchsten Gipfel das Am-
phitheater die ganze Umgegend beherrscht, Siebzehn Bö-
gen tragen aus ihren mächtrgen Pfeilern und Säulen eine
Gallerie, welche die herrlichste Aussicht gewähret.
Diese herrlichen Anlagen benützte ihr Schöpfer, der edle
Fürst Johann von Lichten stein, um in ihrer Mitte je-
nen edelmüthigen Kriegern ein Denkmahl zu setzen, welche
ihn mit Aufopferung ihres Lebens in der blutigen Schlacht
bey Aspern (1809) aus den Händen der Feinde befreyten.
Auf der obersten Spitze des höchsten der Prielerberge (Annin-
ger genannt) erhebt sich ein gemauertes Gewölbe, die Grab-
stätte jener trefflichen Männer. Vier in Stein eingehauene
Todtenköpfe mit Lorber umwunden, zeigen die Stellen, wo
ihre Körper ruhen. Dem Eingänge gegen über erblickt man
e'me röthlich braune Marmortasel, welche folgende Inschrift
pciQl:
Ruhet sanft auf diesen Höhen,
Edle Gebeine tapfrer österreichischer Krieger-
Ruhm bedeckt bey Aspern und Wagram gefallen,
.Vermag euer Freund eure entseelten
Leichname nicht zu beseelen;
Sie stets zu ehren ist seine Pflicht.
23
Hoch über das Gewölbe erhebt sich ein dreyeckiger Fron-
ton , von acht Pilastern und vier Säulen dorischer Ordnung
im Vierecke getragen.
II. Markt Medling l).
C^irte Viertelstunde nördlich von der Burg liegt der landeS-
fürstliche Markt Medling, vor Alteps Medelich, in einer
angenehmen und reihenden Lage am Fuße des cetischen Gebir-
ges, südlich von Wien, und zwey Meilen von dieser Residenz-
stadt entfernt, rechts der Traiskirchner Postftraße. Vor ihm
breitet sich eine große mit blühenden Dörfern reich besaete Ebene
aus, deren Mitta die herrlichen nach Larenburg führenden 'Al-
leen zieren. Den Markt durchfließt der kleine Nonnen- oder
Medlingerbach^), der'außer dem, daß er Mühlen treibt,
manche andere Vortheile für Fabriken und Gewerbe bringt.
Medling gehört unter die mitleidenden Markte Oester-
reichs, und hat das Recht, Deputirte zu dem Landtage zu sen-
den. Die Gemeinde steht unter einem Rathe, dessen Ober-
haupt der Bürgermeister ist, welcher von einem Ausschüsse der
Bürgerschaft gewählt, seine Stelle aus Lebensdauer behalt.
Der Markt übt auch sein eigenes Landgericht aus.
Der Ort ist groß, und zahlt nach der Conscriptions- Re-
vision vom Jahre 1816, 279 Häuser, 669 Familien, 2176
Seelen, die sich jefjt bis 3ooo vermehret haben. — Nebst meh-
reren größeren und kleineren Gassen, enthält er auch zwey
Plätze, auf denen die Wochen-und Jahrmärkte gehalten wer-
den^ Dem größeren gibt das Rathhaus Nahmen und Schmuck;
ein ziemlich großes, aber altes Gebäude, mit einem Thurme
und einer Uhr. 1 2
1) Nach Herrn Dr. Johann Sarenks bereits angeführter Topogra-
phie des l. f. Marktes Medling, Wien 1817, und nach den Acten des
k. k. Hofkammer-Archives.
2) Der Nonnen- oder Medlingerbach entspringt bey Sitten-
d o rf, und treibt bis zu seinem Eintritte in die S ch w e ch a t hin-
ter B i e d e r m a n n s d o r f, 16 Mahl - und 2 Gypsstamvfmühlen.
24
Den zweyten Platz nennt man Dreyfaltigkeitsplatz, so ge-
nannt von einer stemernen, der dreyeinigen Gottheit geweihten
Säule, die Ln einem ziemlich guten Style erbaut ist. Sie
wurde zum Andenken der Pest im Jahre i^i3 errichtet, und
wird mittelst einer Stiftung erhalten, die Johann Fer-
dinand Vorreuter, Tuchhändler in Wien, niedergelegt
hat. Es befinden sich in Medling zwey Kirchen (die Pfarr-
kirche zürn heiligen Othmar und die Spitalkirche), eine große
Schule, eine Caserne (einst das Uebungshaus für junge Prie-
ster, von dem Cardinal Migazy aber der Gemeinde überlas-
sen), ein Bürgerspital, das Gemeindehaus, und an der Wiener-
straße der hübsche Leichenhof. Im Umfange des Marktes erblickt
man hier und da verfallene Ueberreste der ehemaligen Mauern
und Thore. In der Nahe desselben befinden, sich ferner einige
Fabriken, und ein Wirthschaftshof, welcher dem Stifte Melk
zugehört.
In den Sommer-Monathen wird Medling seine r g e fun-
den Lage wegen gerne von den Wienern besucht, wozu sie
seit einigen Jahren durch das neu entdeckte Bad noch mehr auf-
gemuntert werden.
Dürften andere, als historische Gründe, die Frage über
den Ursprung eines Ortes entscheiden, so würde Herr Dr.
Sarenk an uns bereitwillige Theilnehmer finden, wenn er
in seiner Topographie den Markt Medling zu einem römischen
Municipium erhebt *). Da aber bis jetzt von irgend ei-
nem Werke römischer Hände noch keine Spuren sich auffinden
ließen, was um so auffallender ist, da sich dergleichen bey ih-
ren ehemahligen Wohnplätzen häufig vorfinden ^) ; so kann
diese Behauptung nicht Platz greifen. Dem ungeachtet gehört
Medling offenbar zu den ältesten Ortschaften Oesterreichs.
Schon in3 wird in einer Urkunde einer Pfarre in Medling
erwähnt, deren Obhuth auch die zunächst liegenden Gemeinden
anvertraut waren; daher muß der Ort selbst schon viel früher
>) Siehe die angeführte Topographie, S. 1—5.
2) Vergl. Archiv für Geographie, Historie, Staats-und Kriegskunst»
Jahrgang i3i6, S. 65i; und Jahrbücher der Literatur.-Jahrgang 1618.
III. iö» S.
35
bestanden haben. Beweise von Cultur finden wir gleichfalls
schon im i2ten Jahrhunderte, vorzüglich über die Pflege der
Weingärten. Abt Engel schalk von Melk tauschte um 1120
den Weinzehent von Traiskirchen und Medling gegen andere
Güter von dem Bischöfe zu Passau ein *). Eine adeliche
Frau, Mathildis von Asparn, schenkte um das Jahr
1160 für das Seelenheil ihres Sohnes zwey Weingärten in
Medelich dem Stifte Klosterneuburg ^). Sollten wir dadurch
nicht berechtiget seyn, den Ursprung des Marktes auf einen
weit früheren Zeitraum zu setzen? Wir werden daher schwer-
lich bey der Behauptung irren, daß Medling schon ein bewohn-
ter Ort vor der Ankunft der Babenbergischen Fürsten war,
dessen herrliche Lage Markgraf Heinrich!, (f1018), als er
durch die Freygebigkeit König Heinrichs II. im Jahre 1002
von dieser Gegend Besitz nahm, zur Erbauung einer festen
Burg benützte.
Die Nähe dieses Zufluchtsortes in den Tagen der Gefahr
lvirkte äußerst vortheilhaft auf den Markt. Immer mehrere
Einwohner siedelten sich in ihm an, deren fleißige Hände die
Wälder lichteten, den gewonnenen Grund in Aecker und Wein-
gärten verwandelten, woraus sich die häufigen Streitigkeiten
über die späterhin nicht mehr unbedeutenden Zehenten, deren
wir in der Geschichte der Pfarre erwähnen werden, erklären
lassen. — Noch mehr gewann der Ort, als ihn die Seitenlinie
der österreichischen Regenten aus dem Hause der Babenberger
zum Hauptorte ihrer Grafschaft machte, und Heinrich Ja-
s0 m i r g 0 tt hier sogar einen beträchtlichen Hof hielt. Schwer-
lich vermochte der gemessene Raum seiner Burg die Menge sei-
ner Ministerialen zu fassen, ein Theil suchte vermuthlich in
dem Orte nach Wohnungen, und noch heut zu Tage zeigt
man ein Haus mit dem österreichischen Wappen, das die Sage
zur Residenz der apanagirten Prinzen macht ^). Mit dem Tode
») Nach einer Urkunde des Stiftes Melk.
2) Aus dem Codice traiiitionum Monast. Claustroneoburgensis, citirr
bey Wistgnll, Toni. I. x. -65..
3) 60 lange die Seitenlinie der Markgrafen bestand, scheint Medlmß
üb
des legten Herzogs von Medüng (1282) begannen die trüben
Tage des Ortes. Herzog Friedrich der Streitbare,
mit seinen Unterthanen zerfallen, von dem Kaiser seiner Lan-
der beraubt, suchte vor der Macht seiner Feinde Schutz unter
Neustadts Mauern 1286. Nur Stahremberg und Med-
ling (die Burg) blieben treu. Wohl mögen auch des Or-
tes Bürger an dieser Treue Antheil gehabt, und durch thäti-
gen Beystand mit zur Erhaltung der Veste gewirket haben.
Wie unbedeutend jedoch Medling unter diesem Fürsten noch
immer gewesen seyn mag, beweist das Rationarium Au-
striae1), welches die gesammten Einkünfte des Landessürsten
von demselben mit den Worten beschreibt: De Medlico apud
GumpoldschirchenXyin urn$s vini, nennensis meusurae*
Schon zehn Jahre nachher war Friedrich nicht mehr,
Oesterreich ohne gesetzlichen Thronerben in Parteyen zerrissen.
Eine Zeitlang sahen die Bürger des Ortes Gertruden in
der nahe gelegenen Burg nach dem Herrscherstabe ringen, al-
lein durch den mächtigeren Ottokar verdrängt, bald nach
Ungarn entfliehen. In welchem Verhältnisse der Ort zu
dieser Fürstin war, ob er die Rechte anerkannte, welche die al-
ten Herzoge von Medling über ihn übten, vermögen wir nicht
zu entscheiden. Leider trug es ihm wenig Vortheile, daß sich
diese Fürstin seinen Besitz zuschrieb. Eine Armee von Ungarn
und Cumanen kam schon im folgenden Jahre nach Oesterreicb,
um es für Gertruden zu erobern; allein sie beschränkte sich nur
sie als Grundherren verehrt zu haben. Nach dem Tode des letzten
Heinrich erkannte es den Landesfürsten als eigenen Herrn. Doch
außer den Grafen von Medling hatte auch das Stift Melk zwey
Zehente zu Medling, Brunn, Enzersdorf und Neudorf. Hermann
von Cilly bekam einen Theil davon lehensweife, worüber er mit
dem Stifte wegen obwaltender Irrungen »427 einen Vergleich schloß.
Nachhep belehnte AbtI 0 Hann mit demselben Ulrich von E i tz i n g§
bis ihn Friedrich IV. und Ladislaus einlösten, von welcher
Zeit er dem Landesfürsten zugehörte. Was übrig blieb, verkaufte
»533 F e r d i n a n d I. an seinen Rath, H e l f r i e d vors M e g g a n, um
?4oo fl., lösete es aber »565 wieder ein. Durch einen Vergleich kam
späterhin »6»8 ein Theil an M i ch a e l von Eitzing, des obigen U U
t ich s Sohn.
») Bey Rauch script. rer. anst. Vol, DU 3, a4.
2?
auf Verwüstungen. Schwer fühlte das Herzogthum diese Gei-
ßel bis gegen Tuln hinauf. Auch Medling unterlag dem wi-
drigen Geschicke (1252). Von den Ungarn erstürmt, erobert,
ward es die Beute der Flammen. ,5oo Menschen (nach andern
>4.00), die sich vor den Feinden in die Kirche geflüchtet hatten,
wurden von dem eindringenden Rauche erstickt * l). Mögen auch
mehrere Hunderte dieser unglücklichen Flüchtlinge aus der Um-
gegend gewesen seyn, so war dennoch die Bevölkerung des
OrteS zu jener Zeit schon zahlreich, und nach der Geschichte
wahrscheinlich, die uns mehrere jetzt verfallene Orte in jenen
Zeiten als blühend und volkreich darstellt.
Die nachfolgenden Zeiten waren nicht gemacht, herabge-
kommenen Orten zu ihrer vorigen Blüthe zu helfen. Ottokar
führte häufige Kriege, und auch Rudolphs von Habs-
burg Erscheinen war nicht ohne Druck für das erschöpfte
Land. Nur langsam mag sich Medling aus der Asche empor
gehoben haben, auf verschiedene Art durch'viele von den Grund-
herren (wahrscheinlich den auf der Burg Medling hausenden
Castellanen) aufgebürdete Lasten und Steuern daran gehin-
dert. Daher war es ihm zur wahren Hülfe, daß Kaiser Al-
brecht I. 1807 es unter seinen unmittelbaren Schutz nahm,
die Besteuerung nur dem Landesfürsten zuständig erklärte, und
die Grundherren auf die Forderungen ihres Grundwesens be-
schränkte '*),
Noch günstiger für Medling erwiesen sich Albrechts
Söhne, Friedrich der Schöne und Albrecht II. Ihre
Huld erhob es zu einem Markte s), und stattete es mit man-
nigfaltigen Privilegien aus, denen in der Folge der Zeiten
auch die späteren Regenten Bestätigung ertheilten.
») Siehe fcctS Chronic; Claustroneob. bey Hier. Petz, Tom. I. col. 46;
und Th. Ebendorffer von Haselbach's Chrom Austr. eben daselbst, Tom. II.
col. 733.
1) Siehe die alten Urkunden, welche Herr Dr. Sarenk loc. cit anführt^
3) Nach den handschriftlichen Nachrichten des sel. Herrn Anton I o-
Hann Weinbolter^ Registrators im k° k» Hofkammer - Archive,
t i8o4>
F
26
Albrecht der II. fügte den kutz vorher gegebenen Privi-
legien neue hinzu. Er erlaubte den Bürgern i344, um ihren
Erzeugnissen höheren Werth zu geben, auf den Wochenmärk-
ten Brot und Fleisch zu verkaufen. Ihm danken sie auch eine
bedeutende Vergrößerung ihres Gebiethes; denn er befreyte
den vorderen Brühl und die Klausen von der Herrschaft
Medling, zu der sie bisher mit Dienst und Roboth gehörten,
und vereinigte sie mit dem Markte Medling dergestalt, daß sie
nur eine Gemeinde bilden, mit derselben gleiche Rechte genie-
ßen, und in die Landrechte zugelassen werden sollten. Gleichen
Bedacht auf den neu geschaffenen Markt nahmen die herzogli-
chen Brüder Albrecht III. und Leopold. Der erstere er-
laubte ihm 1862 eine neue Schrane (Rathhaus) zu erbauen,
und bestimmte eine Taxe für die unter derselben Verkaufenden
zu*1 Besten der Pfarrkirche. Seine Sorge wandte sich einige
Jahre später auch auf das Emporkommen der Bürger. Darum
verboth er 1878, daß kein Fremder in Medling Wein einfüh-
ren und niederlegen durfte, welche Beschränkung Herzog Leo-
pold im folgenden Jahre verschärfte, weil aus der Übertre-
tung den Bürgern Schaden und Verderben entspringe.
So von dem wohlwollenden Auge der Fürsten behüthet,
noch mehr aber durch den Schutz des höchsten Regierers der
Welt vor schwerem Unglücke bewahrt, gingen zwey Jahrhun-
derte Medling vorüber. Aber allmählich nahten die Zeiten, wo
diese Blüthen des Wohlstandes abgestreift werden sollten. Der
Tod Albrechts IV. (x 1404) und Wilhelms (-j- 1406)
hatten über Oesterreich den Geist der Zwietracht/und Uneinig-
keit losgelassen. Die Herzoge Friedrich, Leopold und
Ernst haderten um die Vormundschaft über Albrecht V.,
zerrissen das Land in Parteyen, die Entgegenstehenden dem
Schwerte der Eifersucht und des Hasses opfernd. Richt wenig
scheint in diesen Zeiten unser Markt gelitten zu haben; wahr-
scheinlich war ihm die nahe gelegene Burg, einst sein Schutz,
seit i38i dem Grafen Herrman von Eil ly verkauft, nun
zur Qual. EinCastellan der Grafen, Stükplberg genannt,
plünderte im Jahre 1408 zu Gunsten des Herzoges Leopold
die ^anze Gegend des Wienerwaldes, und machte alle Straßen
29
unsichera). Viel Schaden mag er auch dem Markte verursacht
haben; denn die Herzoge Ernst und Friedrich erließen
14.12 darum einen Gnadenbrief, worin sie allen Herren, Rit-
tern und Knechten befahlen, mit den Leuten in Medling nichts
Uebles zu schaffen, noch sie an Leib und Gut zu beschweren.
Das frühe Hinscheiden Ladislaus im Jahre 14-67, brachte
Oesterreich an die steyermärkisch-habsburgische Linie. Medling
fiel mit dem Lande Unterösterreich Friedrichen zu, den
schon seit i43g die Kaiserwürde schmückte. Eine seiner ersten
Gunstbezeigungen erhielt unser Markt. Friedrich bestä-
tigte ihm bereits im Januar 1466 seine Privilegien, und er-
theilte ihm wegen der seinen Vorfahren bewiesenen Ergeben-
heit und Treue ein eigenes Wappen, das in dem oberen
Theile Oesterreichs weißen Balken im rothen Felde, in dem
unteren aber den steyermärkischen Panther enthalten sollte.
Der Markt führte dieß Wappen noch im Jahre 1614; verwech-
selte es aber späterhin mit dem gegenwärtigen doppelten M.
Neue Verluste an Ernten und Einkünften mag dem Markte
das erwachte Faustrecht in Oesterreich durch Conrad Fro-
nau er und seine Gesellen bereitet haben, die von Stren-
berg unweit Enns bis gegen Baden alles ausplünderten.
Ungeachtet dieses Schadens trat es doch Nicht zur Gemeinschaft
jener Unruhigen üben Noch mehr bewiesen die Bürger Med-
lings ihre Treue, als im Jahre 1461 beynahe ganz Oesterreich
gegen Friedrich IV. im Aufstande war, die Partey Fro-
nauers sich mit dem unruhigen Albrecht VI. vereinigt
hatte, und sich durch Bündnisse mit Mathias, Könige von
Ungarn, und dem Herzoge Ludwig von Bayern furchtbar
machte; bereitwillig legten die Vorsteher des Marktes den Eid
der Treue in die Hände des Hanns von Rohrbach, kaiserl.
Rarhes und Anwaldes in Wien ab ^).
Ein trauriger Augenzeuge schrecklicher Grausamkeiten, wäh-
rend die Streitigkeiten der Brüder Oesterreich verwirrten, war
») Th. Ebendorfer von Haselbach, in seinem Chronicon Austriae bey M«-
ron. Petz script. rer. aust. Tom. II. col. M7.
,) Nach den Urkunden des k. k. Hofkammr-Archives.
äo
der Markt im Jahre istb3. Friedrich sowohl als Albrecht
hielten zahlreiche Söldner, die, sobald sie nicht bezahlt wur-
den, für sich eine eigene Fehde führten/ keine Partey schon-
ten, Feinde von Allen waren. Dieß thaten in gedachtem Jahre
3öoo Deutsche und Böhmen, denen der Herzog Albrecht
den Sold nicht zu geben vermochte. Die ganze Gegend um
Wien bis gegen Steyer erfuhr ihre Raubsucht und Unmensch-
lichkeit. Mehrere Ortschaften wurden von ihnen angezündet,
welches Loos auch den Markt und das Stift Herzogenburg
getroffen hat. Um den Wienerberg herum fingen sie in dett
Weingarten bey 4.00 Hauer, schlugen mehrere von ihnen todt,
die übrigen führten sie nach Medling, wo sie dieselben in ei-
nen Keller über einander schichtenweise legten, und sie nach
dem Ausdrucke eines gleichzeitigen Geschichtsschreibers aus Wien,
preßten und marterten, daß eS Gott im Himmel möchte erbar-
met haben.
Welch traurige Schicksale späterhin auch des Mathias
Corvinus Nachbarschaft und seine häufigen Einfälle dem
Markte gemacht, können wir nicht auffinden; vermuthlich muß-
ten auch Medlings Bürger die Herrschaft des Königes aner-
kennen , uttd sich demselben unterwerfen.
Einigen Trost für so mannigfaltige, im Laufe des l5ten J^hr-
hundertes erduldete Leiden, gewährte t922 die Güte des Erz-
herzoges Ferdinand, Prinzen von Spanien. Er bewilligte
den Bürgern an Montag Und Erichtag Rath zu halten, und
bestätigte deN Burgfrieden und das Landgericht, welches sich
damahls bis Wien, Schwechat, Pertholdsdorf und das Wald-
amt erstreckte, uNd gegen 5bo Häuser in sich faßte. Auch hatte
Medling 1628 schon eine eigene Mauth.
Doch dieses Emporblühen des Marktes setzte das trauer-
volle Jahr 1529 plötzlich zurück. Mit dem Erscheinen der T ü r-
ken verschwand jede Spur thätigen Fleißes und Bürgerglü-
ckes , uNd das Land ward zur Oede. Plünderung und Verwü-
stung theilte der Markt mit der Umgegend, und hatte noch
überdieß das Unglück, bey dem Brande seine Privilegien und
Gerechtsame zu verlieren. Daher war es des Rathes erste Sor-
ge, als die Ruhe das verwüstete Land umfing, die Erneuerung
3i
der alten Rechte zu veranlassen, was auch 1649 durch den
Kaiser Ferdinand I. geschah.
Eben dieser Monarch verlieh dein Markte die Ehre, die
künftigen Vorsteher der Kirche zu Medling, Biedermansdors,
Brunn und Neudorf ernennen zu dürfen. Damit verband er
auch den Genuß aller zu diesen Kirchen gehörigen Diensten,
nebst den Aeckern, Wiesen, Weingärten/ Wäldern, Bergrech-
ten und Zehenten, wie es vorher die Domdechante des Capi-
tels in Wien, denen die Pfarre zugehörte, besessen hatten.
Doch in diesem 'Augenblicke war die erhaltene Ehre mehr glän-
zend als Vortheilhaft. Die Pfarrkirche lag in Trümmern, und
Nun kam dem Markte als Patron die Verbindlichkeit zu, sie
wieder in brauchbaren Stand zu setze«. Wie wenig hierzu die
Kräfte des Marktes hinreichten, sehen wir daraus, daß erst
im Jahre 1690 der Bau seine gänzliche Vollendung erhielt,
obwohl im Jahre ibi8 der Bischof von Wien, Melchior
Klesel, eine allgemeine Sammlung veranstaltet hatte.
In unangenehme Berührungen kam der Markt auch halb
mit den Besitzern der benachbarten Herrschaften Medling
und Lichten stein, die seit 1494 und 1499 in den Händen
von Privaten waren. Ein langwieriger Prozeß spann sich ib»7
aus dem Streite, welchen das Landgericht von Medling übet
seine Gränzen mit dem Freyherrn von Pögel führte. Der
letztere glaubte die Sache mit einem Mahle endigen zu können,
bestellte heimlich Leute, Pferde und Wägen, und führte ge-
waltsamer Weise die Grundbücher vom Rathhause davon. Die
Sache gelangte bis att Kaiser Rudolph II., welcher die
Gränzen des Landgerichtes auszustecken befahl, deN Freyherrn
von Pögel zu einem Vergleiche nöthigte, und ihm, im Fall«
er dieß nicht vermöge, auftrug, »seinen Galgen auf eigenem
Grund und Boden erbauen zu lassen.« (Hof-Resolution vom
3, Februar >607.)
Größere Bedrängnisse kamen 1607 von der Burg Medling
über den Markt. Einige Haufen von Botschkays Heere
hatten sich in die verlassene Veste geworfen, und beunruhigten
die ganze Gegend. Wahrscheinlich mußten die Bürger so lange
für die Sicherheit ihres Eigenthums bangen, bis der tapfere
32
Bartholomäus Khevenhüller die Beste eroberte, und
die Räuber zu Gefangenen machte. — Als diesem Erben des
berühmten Johann Khevenhüller, Gesandten in Madrid, Kaiser
Mathias ibi3 die Herrschaften Medling und Lichtenstein
zur Ausgleichung seiner Forderungen als Eigenthum überließ,
erhielt der Markt eine bedeutende Vergrößerung seines Gebie-
thes. Alle jene Hofstätten, Gülten und Grunddienste, welche
im Markte lagen, und zu den beyden Herrschaften gehörten
{4.1 an der Zahl), wurden von demselben abgerissen, und dem
Markte eingeräumt. (K. K. Hofkammer-Archiv.)
Bey dem zweyten Einfalle der Türken, i683, war das
Schicksal des Marktes nicht viel milder, als im Jahre 1529.
War es Entschlossenheit, Anhänglichkeit für den heimathlichen
Boden, oder Verzweiflung, die Bürger verschmähten zu ent-
fliehen; sondern beschlossen, sich in ihren Mauern zu verthei-
digen. Einige Tage hielten sie sich wacker, waren aber endlich
doch gezwungen, von dem Kirchhofe, ihrem letzten Zufluchtsorte,
zu capituliren. Doch hatten sie dadurch ihr Schicksal nicht ge-
mildert. Der treulose Feind hielt sein Wort nicht, nahm die
brauchbaren Männer zu Gefangenen, tödtete die anderen,
plünderte den Markt, und steckte ihn in Brand.
Lange Zeit blieb die Gegend verödet und menschenleer. In
allen zu der Pfarre gehörigen Ortschaften zählte man im er-
sten Jahre nur 20 Täuflinge, und man mußte deßwegen An-
siedler aus Steyermark und andern Gegenden hierher verschrei-
ben. Diese hoben unter dem Marktrichter W 0 lf g a n g V i ech t t,
der sich aus den Händen der Türken mit einigen wenigen Bür-
gern glücklich gerettet hatte, nach und nach den Markt aus
dem Schutte empor, von der Zeit erwartend, daß sie die Spu-
ren des erlittenen Elendes verwischen werde.
Ihre Hoffnung ward nicht getäuscht; über ein Jahrhun-
dert verfloß im Frieden, ohne bedeutendes Unglück über den
Markt zu bringen. Sogar der Würgengel, der im Jahre 1713
Wien und seine Umgebung mit Schrecken und Tod erfüllte,
berührte ihn nur leise» Erst irn neunzehnten Jahrhunderte
Lernte er abermahls die Last des Mißgeschickes tragen. Dieß
geschah- in den bedrängnißvolten Jahren und 1809, wo
33
Frankreichs Heere die Hauptstadt erreichten, und seine Truppen
die rings umher liegenden Orte besetzten. Glücklich genug ent-
ging es der Plünderung des räuberischen Trosses, womit meh-
rere benachbarte Dörfer heimgesucht wurden.
Ein glückliches Ereigniß der letzten Jahre scheint dem
Markte nicht nur die vergangenen Leiden vergessen zu ma-
chen, sondern ihn auch noch zu einem höheren Grade der
Wohlhabenheit empor heben jü wollen. Es besteht dieß glück-
liche Ereigniß in der Auffindung einer Mineralquelle,
die ein günstiger Zufall im Jahre 1816 entdecken ließ.
in. Pfarre Medling').
^Mannigfaltig haben bisher unsere Aufmerksamkeit die Rui-
nen einer Burg aus der Vorwelt des Vaterlandes, und die
Schicksale des Marktes Medling beschäftiget, wir gehen
nun zu dem verwandteren Gegenstände, -zur Geschichte der
Pfarre, über.
Beynahe alle Werke, welche Nachrichten über die Kirchen
zu Medling geliefert haben, enthalten auffallende Irrthü-
mer. Die Veranlassung zu denselben liegt in der Nichtbeach-
tung des Unterschiedes der verschiedenen Gotteshäuser, die im
Laufe der vergangenen Jahrhunderte zu Medling entstanden.—
Medling besaß schon in ältern Zeiten (die Privat-Capellen nicht
mit gerechnet) drey Kirchen. Die St. Martinskirche,
die St. Othmarskirche und die S p i t a l k i r ch e zum
heiligen Aegidius. Im siebenzehnten Jahrhunderte kam
,) Rach einem Pfarr-Protokolle, welches der Herr Pfarrer Johann
Dankesreuther angefangen, BernhardZiernhemer »766,
und Chrysostomus Braun 1774 fortgesetzt haben; nach dem ge-
fälligst eingesandten Berichte des ehemahligen Herrn Pfarrers Johann
Fröhlich, vergl. mit den Acten des erzbischöflichen Consiftorial-
Archives I-it. M. Nr. II. und 2; und des Klosterraths-Ar-
chives beyder Rieder-Oesterreichifchen Regierung; auch nach den
sehr bedeutenden Beyträgen des Herrn Ignaz Kaiblingep/ Pro-
fessen des Stiftes Melk.
C
84 ^
noch eine mexte hinzu, die Kirche der P. P Eap uzi-
ne r. Von diesen existiren dermahlen noch zwey: die St.
Othma.rs- und die Spitalkirche. Wir wollen nun die
verschiedenen Schicksale dieser Kirchen unsern Lesern vor Au
gen legen.
Vor Allem haben wir die Frage zu lösen, welche jener drey
K rchen die älteste, und die erste Pfarrkirche zuMedling ge-
wesen sey? Offenbar gebührt dieser Ehrenplatz der Kirche St.
Mavtin, die ehemahls vor dem Wienerthore auf jenem Platze
stand, wo nun die Verstorbenen ihre Ruhestätte finden. Durch
die Türken i683 verbrannt, zerfiel sie in Trümmern, bis sie
endlich 1787 abgetragen, und die Stelle, auf der sie einst
prangte, zur Vergrößerung des Leichenhofes verwendet wurde.
Mehrere Urkunden, die aus den frühesten Tagen des Marktes
auf uns gekommen sind, und in welchen sie genannt, und als
Pfarrkirche erwähnt wird, geben uns darüber die genü-
gendsten Aufschlüsse. Die beweisenden Stellen sind folgende:
Im Jahre 1284 war Papst Gregor der lX. gezwungen,
zur Schlichtung eines Streites, den wir in der Folge weitläu-
figer erzählen werden, eigene Comnstssäre zu ernennen. Er
that dieses in einer Bulle 1), welche mit folgenden Worten be-
ginnt : Nostris äuribus fuit intimatum , quod cum olim
Hartungus Clcricus Patav. dioec. ecclesiam S. Martini
in Medling ejusdem dioeceseos ad monasterium Melli-
cense de jure spectantem— occupasset; nos etc. Die in
jener Zeit zuMedling bestandene Kirche war also jene zur Ehre
des heiligen Martins geweihte. Eben so finden wir sie in ei-
ner Urkunde Ottokars^), worin er 1266 dem Stifte Melk
das Patronats-Recht über diese Kirche bestätigt: 8eire cupi-
mus universis, quod privilegium — Walthero tune Ab-
bati eccles. Mellic. super jure Ecclesiae S. Martini
in Medliko speetante non abolitum — vidimus. Auch
Papst Sixtus IV. spricht meiner Bulle* 2 3) vom Jahre 1476
») S. Schrambs Chronicon Mellicense, p. 125.
2) S. Schrambs Chronicon Mellicense, p. *46.
3) Philibei'ü Jtueb<?r Austria ex Archivis Mellic. illustrata, p.
35
von einer S t. Martinskirche in Medling. Etsi beatae
Mariae in Perchtoldsdorf, quae de jure Patronatus prae-
fati Imperat. (Friderici IV.) ratione Ducatus Austriae
existit Praepositurae, et 9. Martini in Medling,
quae ad collationem et provisionem Abbatis et Convent*
Monasterii 9 M. V. in Mellico Ord. 9. Bened. paroch.
ecclesiae Pataviensis et civitati Viennensi contiguae
et vicinaeexistunt, Decanatuipraedicto — incorporen-
tur etc. Ihr Daseyn fällt daher schon in die frühesten Zeiten
des Marktes/ und es gebührt ihr der Ruhm/ die älteste Kirche
in Medling zu seyn. Doch war sie damahls schon Pfarr-
kirche? Nehmen wir eine andere Urkunde vom Herzoge
Friedrich II. 1236 ausgestellt/ zu Hülfe/ so ist auch diese
Frage entschieden. Ad notitiam omnium, lesen wir in der-
selben 1)/ in scripto duximus relinquendum : quod nos mo-
frasterio Mellicensi recognoscimus plenum jus eligendi
clericum et etiam praesentandi in ecclesia 9. Martini
par'ochiali, quae dicitur Medlinek, in praedictis nul-
lum jus , nos aut potestatem aliquam prolitentes habere.
Die St. Martinskirche bestand also schon unter den Herrschern
aus dem Babenbergischen Hause / und war damahls schon
Pfarrkirche.
Weit weniger gelingt es uns/ die Person des Gründers und
die Zeit der Erbauung aufzufinden. Für beydes mangeln uns
hinreichende Beweise / und wir wissen nur/ daß sie bereits im
Jahre m3 bestanden habe / da sie Markgraf Leopold der
Heilige im gedachten Jahre zur Dotation des Stiftes Molk
verwendete. Die über diese Schenkung ausgestellte Urkunde
enthält folgende Worte 2): Eodem ergo die — idem Mona-
sterium a nobili Marchione nobili dono est donatum sci*
licet quinque ecclesiis Plebanis cum suis partibus deci-
mationis in omnibus harum Parochiarum terminis. Haec
autem sunt ecclesiae: M e d e lik e, Traiskirchen, Ravels-
bach , Wullersdorf et Weikendorf etc. Der Verfasser
0 S. Schrambs Chrcmicon Mellicense, pag. »27.
a) S- SchpgMbs Chronicon Mellicense, pag. 53.
' C 2
k
des Taschenbuches für vaterländische Geschichte, Jahrgang r8r3/
S. rob, halt dieses Medelike/ das hier den ersten Platz
einnimmt/ für die Pfarre Molk; allein unter diesem Me-
delike ist Medling zu verstehen. Die Pfarre Molk ge-
hört erst seit i6g3 dem Stifte/ während das letztere schon
seit den ältesten Zeiten das Patronatsrecht über Medling/ wie
der Verfolg unserer Geschichte ausweisen wird/ ausübte. Auch
hat die Historia fundationis Monäst. Medlicensis *)/ um
dem Irrthume vorzubeugen/ den die Ähnlichkeit der Worte
hervorbringen könnte/ ausdrücklich statt Medelike/ Med-
ling gesetzt. — Gleichfalls spricht auch für unsere Behaup-
tung die Urkunde des Abtes Engelschalk von Mölk^) über
einen Zehenttausch vom Jahre 1126- in welchem die Worte
vorkommen : Parochia Draiskirchen et proxima ei Medelik,
woraus man deutlich bemerkt/ daß nicht die Pfarre Mölk/ son-
dern jene von Medling / durch den Markgrafen Leopold dem
Stifte geschenkt worden sey.
Diese Schenkung der Pfarrkirche ztr Medling an das Stift
Mölk im Jahre in3 beweist aber noch nicht/ daß Markgraf
Leopold der Heilige sie im gedachten Jahre erbauet habe/
wie Herr Dr. Sartory und der Verfasser der mahlerischen
Streifzüge geradezu versichern. Im Gegentheile scheint die
Kirche viel älter zu seyn, weil von allen dem Stifte Mölk im
Jahre i n3 geschenkten Kirchen die Einweihungsurkunden noch
vorhanden sind/ von MedlinF allein aber noch keine vorgefun-
den wurde. Wahrscheinlich dürfen wir daher ihre Erbauung
in jene Zeit setzen/ wo Markgraf Heinrich!, feine Be-
sitzungen durch Allodien in diesen Gegenden erweiterte (1002),
und um den Anbau derselben zu befördern in dem Dörfchen
Medelike eine Pfarre zu gründen beschloß.
1) Bey Hieronymus Petz seript. rerum austriac. T; I pag. 299. Eo-
demque die — dotatum est, videlicet sex Eccl. plebejanis , scilicet
Medling, Draskirchen, Weykkendorf, Lauchsee , Wuldersdorf, Ra-
Velsbacli etc. —- Insuper praedia subscripta huic monasterio tradi-
dit: TJnum quod nostro monasterio Medlicensi adjacet, scilicet
Melchk etc.
a) Noch angedruckt im Archive des Stiftes Mölk.
37
Der Wirkungskreis dieser geistigen Huch war in den Zei-
ten der Babenberger von ungemeiner Ausdehnung. Perchtolds-
dorf, Brunn, Enzersdorf, Reudorf, Biedermannsdorf, Laxen-
dorf, Klausen, vordere Brühl, W^ißenbach, Gißhübel, Lich-
tenstein, Trumqu und Thalern, gehörten zu.ihrem Districte,
mit reichlichen Zehenten und Gaben; daher sie auch die g ro ß e
Pfarre in Oesterreich genannt wurde, aber ihrem Be-'
sitzet so manche Neider und habsüchtige Gegner erweckte.
Die fernere Geschichte der Pfarre ist daher auch eine Reihe
von Streitigkeiten über Patronats-Recht, Genuß der Ze-
henten und pfarrliche Rechte, welche oft mit der größten
Erbitterung gefnhret wurden. Bereits 1120 suchte der Abt
Engelschalk von Molk mögliche Reibungen mit dem Bi-
schöfe von Paffau dadurch zu verhüten, daß er den dritten
Theil der Weinzehente, welcher nach der Schenkung Medlings
an das Stift, dem Bischöfe noch zugehörte, gegen andere
Besitzungen eintauschte 1). Allein was seine Vorsicht hier
klug vermied, bereitete die Macht der Umstände an einer an-
deren Gränze. Schon 1178 entspann sich aus der nähmlichen
Ursache em ernster Streit zwischen dem Stifte Mötk und je-
nem zu Heiligenkreuz. Beyde genoßen Weinzehente in Tha-
l e r n und T r u m a u, in der Gegend von Gumpoldskir-
chen gelegen, und zu den Pfarren Draiskirchen und
Mödling (Medeliche) gehörig. Vergebens waren mehrere
deßhalb veranstaltete Zusammenkünfte; die Sache gelangte so-
gar nach Rom an Papst Alexander III., der zur endlichen
Schlichtung Herzog. Leopold den Tugendhaften ev-
wählte. Diesem gelang es zwar, in der Versammlung zu Krems
1178, die Gemüther zu beruhigen und die Sache beyzulegen,
allein der Streit brach nach seinem Tode 1194) abermahls
aus, und erst Leopold der Glorreiche vermochte ihn zu
Wien am n. November 1216, zu endigen.
In der Urkunde 2) die dießhalb von dem Herzoge *2*6
») Nach einer »«gedruckten Urkunde des Stiftes Molk.
») Schrambs Ckronicon Mellicease, p. io4? führt ste nur sehr obenhin,
Gne die Zeugen , an.
38
ausgestellt wurde, erscheint ein Hetnrich, Pfarrer zu Med-',
ling als Zeuge, bald der Urheber eines neuen Zankes mit
dem Stifte Molk. Er sowohl, als der Pfarrer Ulrich zu
Lraiskirchen, weigerten sich, einen gewissen Zins, oder wie
Schramb berichtet, die zur Pfarre gehörigen Zehenten dem
Stifte abzuführen, da ihnen doch nur ein Theil derselben als
Sustentation gebührte; sie wollten den ganzen Ertrag der Pfar-
ren für sich behalten. Papst H on o riu s III. erließ deßhalb am
22. Aprill 1219 eine Bulle *), in welcher er die Untersuchung
und Entscheidung des Streites dem Abte zu Kremsmünster, , «
und den Pröpsten von St. Florian und Ardaker auftrug. Es
scheint, wie die Billigkeit es errathen läßt, daß die Schieds-
richter die Sache für das Stift Molk entschieden haben, denn
eine Urkunde eristirt hierüber nicht.
Ein wichtigeres Ereigniß, als diese Streitigkeiten, haben
wir in dem Laufe der verflossenen Jahre für die Pfarrge-
schichte Medling nachzuhohlen. Ein gewisser O t t 0 von P e r ch-
t 0 l d s d 0 r f hatte, mit Hülfe mehrerer Adeligen, auf seinem
Landgute gleiches Nahmens, das jedoch unter die pfarrliche
Sorge Medlings gehörte, eine Capelle zur Ehre der seligsten
Jungfrau gebaut; nun bath er im Jahre 1216 auch den Bi-
schof von Passau, sie von der Mutterkirche Brunn zu exi-
miren. Der Bischof erfüllte die Bitte, jedoch unter der Be-
dingung, daß der erwähnte Otto der Kirche Brunn, für den
Pfarrer zu Medling, eine jährliche Entschädigung von 3 Schil-
lingen auf ein Gut versicherte; wofür hingegen O tt o das Recht
haben sollte, jedesmahl einen tauglichen Priester zur Capelle
präsenteren zu dürfen. Die bischöfliche Urkunde, aus welcher
diese Berichte genommen sind, ist ausgestellt zu Wien den
19. September Pontificatus nostri anno secundo.
Neue Händel begannen im Jahre i23i. Der Abt Wal-
ther und das Convent zu Mölk hatten, dem Bischöfe Geb-
hard von Paffau zur vacanten Kirche des heiligen Martin
in Medling, nach dem Abgänge des Pfarrers Gottschalk,
r) Scharmbs Chromcoa Mellicense, pag, m,
der i32o erscheint (Philib. Hueber) , den Magister Hein-
rich/ einen Priester aus' der Diöcese von Passau / eanonisch
präsentirt; allein der Bischof weigerte sich/ diesen Heinrich/
obwohl er keine gründlichen Ursachen gegen ihn anzuführen
wußte / die Investitur zu verleihen; ja er verletzte sogar eigen-
mächtig die in Besetzung der Pfarre gesetzlich eingeführte Ord-
nung / und verlieh Medling / ohne weiter auf den rechtmäßi-
gen Patron zu achten, einem gewissen Hartungus. Papst
Gregor IX., dem der Abt diese offenbare Kränkung der
Rechte des Stiftes gemeldet hatte/ trug daher 1281 dem Abte
und dem Prior zu Zwettl, so wie dem Dechante von Krems auf,
die Sache zu untersuchen und beyzulegen. Allein diese Com-
missäre scheinen ihren Auftrag nicht sehr eifrig betrieben zu
haben/ woran vorzüglich Ursache war, daß der Pfarrer Hein-
rich II. nebst dem Bischöfe von Passau / auch den Herzog
Heinrich von Medling und den Heinrich von Rau-
henek zu Feinden hatte. Der letztere war ein sehr mächtiger
und in jenen Zeiten gefürchteter Ritter / der den armen Pfar-
rer sehr oft neckte und beschädigte/ weßwegen ihn auch die^
am römischen Hofe ausgestellte Bulle einen »Verfolger des
Pfarrers« nennt. Gregor IX. sah sich daher gezwungen/ am
9. Januar 1282 neue Schiedsrichter zu ernennen, und zwar
den Bischof von Chiemsee, den Propst zu Prag, und
zuletzt auch den Propst zu Klosterneuburg/ denen er
Ernst zu gebrauchen befahl, wenn der Bischof Gebhard,
an den gleichfalls von Rom aus ein Brief gelangt war, sei-
nen Sinn nicht ändern wollte. Doch auch jetzt kam die Sache
zu keinem Ende; die erwählten Richter scheuten sich, die mäch-
tigen Gönner des Hartungus zu beleidigen, und Heinrich
würde wohl nie zum ruhigen Genusse seiner Pfarre gelanget
seyn, wäre nicht mittlerweile 1282 der Urheber dieser Händel,
Bischof Gebhard von Passau, gestorben. Weit mehr Nei-
gung für Billigkeit und Recht zeigte sein Nachfolger Rüdi-
ger, an dem sich nun das Stift Molk in dieser Angelegenheit
wandte. Er trug den Pröpsten von St. Pölten und St.
Andrä an der Traisen auf, in seinem Nahmen den einge-
drunHenen Geistlichen Hartungus, und glle, welche in
liitilt
ili
UW
-o
seiner Kirche und in den dazu gehörigen Capellen den öffent-
lichen Gottesdienst verrichten würden, mit der Excommuniea-
tion zu belegen, den Hartung us aus dem Besitze der
Pfründe zu vertreiben, und durch andere vom Stifte Molk
eingesetzte Capellane die gottesdienstlichen Handlungen aus-
üben zu lassen. Allein auch diese bischöflichen Commiffäre fürch-
teten (wie eine spätere päpstliche Bulle sich ausdrückt) Gott
weniger als die Menschen , und wollten aus Furcht vor Ge-
waltthätigkeit den Befehl des Bischofes nicht in Ausübung
bringen. Daher wiederhohlte der Abt des Stiftes Molk seine
Bitte an den Papst, und dieser gab durch eine am 2. Novem-
ber 1234 zu Perugia ausgefertigte Bulle dem Bischöfe von
Passau den Auftrag, in eigener Person alle Mühe anzuwen-
den, daß den Unordnungen gesteuert, und die Rechte des Stif-
tes gerettet würden. Hiermit noch nicht zufrieden, schrieb der
Papst von Perugia am 4. November 1284 auch noch an Her-
zog Friedrich II., und ersuchte ihn, dem Stifte in allen
Stücken Beystand und Vorschub zu leisten *). So scheint
endlich dieser langwierige Streit sein Ende erreicht zu haben,
ohne daß weder Bischof Geb hard noch Hartung us ihr
Ziel erreichten. Den vollen Becher bitterer Galle hat jedoch al-
lein der arme Pfarrer Heinrich geleert, der bald dem feind-
seligen Bischöfe im Tode gefolgt zu seyn scheint. Um jedem
ähnlichen Zanke über ihr Patronats-Recht in Medling auszu-
weichen, erbath sich das Stift Mölk vom Herzoge Friedrich
eine Urkunde 1 2), die er demselben auch in Neustadt am
11, November 1286 ausstellte, und worin er erklärt, daß dem
Stifte Mölk das plenum jus eligendi Clericum et etiam
praesentandi in der Pfarrkirche zum heiligen Martin gebühre,
worauf er selbst nicht den geringsten Anspruch zu machen
hätte. Dieses Recht ward auch späterhin 1266 dem Stifte
durch König Ottokar von Böhmen bestätiget 3).
Vermöge der Schenkung, welche Markgraf Leopold
1) Schrambs Chronicon IV|ellicense, p. ir5 et 126.
2) Schrambs loc. cit. p. 127.
8) Schrambs loc. cit. p. Ȋ6, und unsere Citation , S. 34.
4*
der Heilige mit der Pfarre Medling dem Stifte gewacht
hatte, gebührte demselben das Recht, den größten Theil der
pfarrlichen Einkünfte zu beziehen. Jedoch den Ausspruch ach-
tend: »jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth,« mag es sogleich
bey der Uebernahme bedeutende Genüsse dem jedesmahligen
Pfarrer angewiesen haben. Allein wahrend des Interregnums
in Oesterreich 1246— 4262, und unter der unruhigen Regie-
rung Ottokars (j- 1276), traten Tage der Noth für das
Stift ein. Darum erlaubte schon 1-298 der Bischof Bern-
hard von Passau dem Stifte den Fruchtgenuß (perceptio-
nem fructuum) von allen demselben incorporirten Pfarren
zu nehmen, und dehnte dieses Recht, als die Kronstreitigkei-
ten Friedrrch des Schönen mit dem Herzoge von Bayern
das Stift zu neuen bedeutenden Beytragen nöthigten, und im
Jahre i3o8 eine traurige Hungersnoth ausgebrochen war, —
auch auf die einverleibten vacanten Pfarren aus, durch welche
Ausdehnung das Stift alle Einkünfte derselben durch zwey
volle Jahre zu genießen berechtiget wurde.
Daraus entwickelten sich aber neuerdings Streitigkeiten
mit den Pfarrern, denen die Sorge für das Stift, da sie
Weltpriester waren, eben nicht sehr am Herzen lag. Sie wei-
gerten sich, die, vermuthlich erhöhten, Zahlungen zu leisten,
besonders aber den Hausen, welchen sie zum Zeichen der An-
erkennung des Patronats-Rechtes jährlich an das Stift abreichen
sollten, zu liefern. Der Abt brachte seine Klage bey dem rö-
mischen Hofe an, uyd Papst Benedict XII. trug von Avig-
non aus (am 2.May i334) dem Propste von St. Pölten
auf, die Sache zu untersuchen und beyzulegen *). Dieser
scheint aber damit nicht zu Stande gekommen zu seyn; denn
der Zank dauerte noch lange fort, bis ihn endlich Ludwig,
der Dechant von Krems, zu Gunsten des Stiftes beendigte,
dessen Entscheidung der Bischof Albert von Passau zu
Wien am 10. März i338 bestätigte.
Diese so oft erneuerten Streitigkeiten über den Genuß der
Einkünfte, noch mehr über die bedeutenden Zahlungen, welche
0 Schrambs Chronicon Mejlic. p. 221.
4®
das Stift theils dein päpstlichen Hofe l), theils dem Lan-
desfürsten in den langwierigen Kriegen mit den Schweizern
(i344-—1355) zu leisten hatte, bewogen den Abt von Molk
zu der Bitte um die völlige Jncorporation der Pfarren
Medling, Ravelsbach und Wullersdorf ^). Papst Clemens
VI. ertheilte die Genehmigung in Hinsicht Medlings schon zu
Avignon am »4. May 1847 (worauf sie G ottfried, Bischof
von Paffau, am 27. September 1848 bestätigte); in Hinsicht
der andern Pfarren aber durch eine Bulle vom 4* Julius 1348,
und übergab dem Stifte diese Pfarren auf ewige Zeiten; je-
doch sollte es dieselben erst nach dem Absterben oder der Entfer-
nung der damahligen Pfarrer in Besitz nehmen. Hierauf stände
es dem Abte frey, die Einkünfte derselben, nach Abzug jenes
Antheiles, der den auf der Pfarre angestellten Vicarien ge-
bührte , zum Wohle des Stiftes zu verwenden.
Obwohl nun dem Stifte ausdrücklich das Recht zugewie-
sen war, keinen eigentlichen Pfarrer mePr in Medling aufzu-
stellen, sondern daselbst bloße Vicarien zu halten; so finden
wir dennoch, ohne den Grund davon zu wissen, um das Jahr
i354 einen Eberhart, und um i383 Conrad von H 0-
henberg oder Hahnberg, auch Domherr zu Constanz, auf
derselben ^), welcher letztere abermahls der Urheber eines neuen
Streites wurde.
Der Abt zu Mölk besaß auch das Patronats-Recht über
Bieder mansdorf, welches ehemahls eine Filiale vonMed^
ling war. —- Als durch den Tod des wie gewöhnlich von dem
Abte zu Molk eingesetzten Pfarrers Friedrich, Bieder-
mansdorf in Erledigung gekommen war, so prasentirte der
Abt Gottschalk von Molk einen gewissen Johann dem
Bischöfe zur vacanten Pfründe. Dieser Präsentation wider-
setzte sich nun der obgenannte Pfarrer von Medling, Conrad
von Hohenberg, unter dem Vorwände, daß chm im Nah- * 2
,) Unter Johann XXII. mußte Molk gegen »00 Mark Goldes zahlen.
S. Janitsch Geschichte des uralten und herühmten Stiftes Mölk,
Wien 18.9. S. 67.
2) Schrambs Chronicon Melli$. p, 236.
s) tab. coli. Societatis Jesu,
43
men seiner Küche, zu der Biedermansdorf als Filiale
gehöre/ das Präsentations-Recht zustehe. Den hierüber entstan-
denen Prozeß beendigte in aller rechtlichen Form der Official
des Consistoriums von Passau, Johann Hippelstorsfer,
zu Wien am 21.August i383, zu Gunsten des Stiftes. In
der darüber ausgestellten Urkunde (bey Phil. Hueber, S. 90)
wird Conrad von Hohenberg honorabilis et riobilis
yir ac rector Ecclesiae in Medelik genannt. Er stammte
aus der adeligen Familie der Herren von Hohenberg, von
denen die steyerischen Ottokare als ein Nebenzweig blüh-
ten *), und war Doetor der Theologie, Domherr zu Eon-
stanz, und in dem Jahre 1878 und i386 Rector Magnificus
der Universität zu Wien a). In dem letzteren Jahre befand er
sich noch als Pfarrer zu Medling.
Beynahe ein ganzes Jahrhundert verschwindet, ohne daß
wir viel Merkwürdiges von unserer Pfarrkirche zu erinnern
wüßten. Eine bedeutende Quelle zur Bestreitung ihrer nöthi-
gen Bedürfnisse eröffnete ihr im Wechsel der Zeiten die Sorge
Herzogs Albrecht V. im Jahre 1404, der den Verkäufern
an den Markttagen einen Wienerpfennig an dieselbe abzurei-
chen befahl * 3). Vom Jahre 1458 ist uns auch noch eine Bulle
vom Papste Pius II. bekannt, in der er den Cisterzienser-
Abt zu Neustadt, Gottfried von Osterstett, ermahnt,
der Pfarrkirche zu Medling den Zehent ordentlich zu reichen.
Doch in dem Lause eben dieses Jahrhundertes, sonst für
unsere Pfarrkirche so arm an Ereignissen, stellet sich plötzlich
die Wiederherstellung einer Kirche vors Auge, von
der wir bisher gar keine Kenntniß hatten, der auch nicht im
geringsten in irgend einer Urkunde der verflossenen Jahrhun-
derte Erwähnung geschieht. Diese Kirche ist die
St. Othmarskirche,
unbestreitbar im Jahre 1464 neu erbaut, und zu Ehren des
0 Siche Wißgrill, B. IV. S. 383.
r) Mitterdarfer hist. TJniversitatis Vien. PartJT ; guch GyllaNd
Geschichte der Akademien rc. S. 5o6.
3) Siche die Geschichte des Marktes.
heiligen Abtes Sthmar, aus dem Orden der Benedictiner,
geweiht *). Den überzeugenden Beweis hierzu liefert uns eine
Inschrift über demHaupteingange, welche folgende Worte ent-
halt: Nach Christi gepard, taufent vierhundert
und in dem vierund fünfzig isten jare an m a n-
tag nach fand pangratzen tag des heilig, mart-
rer rst angelegt wurden der erst Stain des ge-
genwärtig neuen Gebauewes in noine Xri liiu
et marie Virgrs. Offenbar ist also das neue Gebäude
auf ein älteres gesetzt worden. Vermuthlich war die un-
terirdische noch bestehende Kirche jene frühere Krrche, von der
noch in Urkunden vorkömmt, daß sie zu Ehren der heiligen
Maria geweihet war. Das Grabmahl des 1424 verstorbenen
Pfarrers Conrad, welches sich daselbst befindet, geht ganz
sicher dem Erbauungsjahre der nun bestehenden Othmarskirche
vor.
Wer hat aber jene frühere Kirche zur Ehre der heiligen
Maria erbauet, und wann ist sie gegründet worden? Dar-
über herrschen abermahls die verschiedensten Meinungen. Nach
Fischer a), Sartory 3) , und dem Verfasser der mahlerischen
Streifzüge, soll Markgraf Leopold IV. der Erbauer dersel-
ben, im Jahre gewesen seyn. Allein man siehet wohl,
daß dieses irrige, durch gar keine Urkunde verbürgte Datum
daher komme, weil, wie oben erwähnt wurde, der heilige
Leopold im Jahre m3 die Pfarrkirche zu Medling dem Stifte
Molk geschenket hat. Daß aber diese Pfarrkirche keine andere,
als die Kirche zum heiligen Martin ist, haben wir bereits ge-
zeigt. Aeltere Topographen Oesterreichs, Fuhrman, Weis-
0 Othmar, Atzt von St. Gallen, unter Pipin, von dessen Freygebig-
keit er mit angestrengter Liebe die Armuth versorgte. Da er aber die
Rechte seines Klosters gegen die Eingriffe der übermüthigen Großen
jener Zeit vertheidigte, unterlag er der Uebermacht ihrer Verfolgun-
gen, und starb nach vielen durch Gefängniß und Noth erlittenen Qua-
len auf der Insel Stein am Rhein im Jahre 789. Yid. Off. propr. ad
calcem Brey. Rom.
*} Reisen durch Oesterreich, Ungarn , Steyermark rt., in den Iahrey
i8oi und 1802. Wien i8o3.
33 Neueste Reisen durch Oesterreich ob und unter der Enns. Men
48
fern ünd viele Neuere, z. B. Gahars, Em bel ^), wie
auch die Tradition, schreiben die Erbauung der früheren Kirche
den Tempelherren zu, die neben derselben ein Convent
oder eine Residenz gehabt haben sollen.
Diese Meinung kann aus Mangel an Urkunden nicht zur
historischen Gewißheit erhoben werde«/ und wir müssen es
der Zeit überlasse«/ in wie ferne sie unsere Kenntnisse darüber
berichtigen will,. Die übrigen Gründe/ die dafür angeführt
werden / bestehen größten Theils in Vermuthungen und Sa-
gen / sind daher nur von geringer Wichtigkeit. Uns genüge
es/ dieselben in kurzen Worten dem geneigten Leser darzustellen.
Leicht wäre zwar der Einwurf Ungers und Fischers
aufzulösen/ daß die Tempelherren, welche erst im Jahre m3
zu Jerusalem ihven Ursprung fanden, schon ni3 jene von
dem Landesfürsten dem Stifte Mölk geschenkte Kirche nicht er-
bauen konnten. Der heilige Leopold schenkte ja nicht die St.
Othmarskirche, sondern die St. Martinskirche an Mölk-
wie wir vorher aus Urkunden bewiesen haben. Die Gestalt
dieser Kirche, ihre unterirdischen Grüfte und Gänge, von de-
nen einer sogar bis zur Marttnskirche hingeführt haben soll;
die St. Pantaleons-Capelle, auf der nun der Glockenthurm
steht, die Ringmauer, deren Schußscharten aber offenbar ein
späteres Zeitalter verrathen, könntest den Verfechtern der
Tempelherren große Wahrscheinlichkeit für das Daseyn dieses
Ordens darbiethen, obgleich sich alle diese Dinge weit un-
gezwungener aus der nachfolgenden Meinung erklären lassen.
Gegen die Meinung, welche die Tempelherren zn Erbauern
der älteren Kirche macht, hat Herr Dr. Sarenk in seiner
Topographie des Marktes Medling, S. 5o, eine andere auf-
gestellt, wodurch die Bestimmung dieser Kirche jene züm Lei-
chengottesdienste gewesen seyn soll. Die Sitte, daß wohlha-
bende Familien sich Grüfte bauten, und in solchen die Leichen
beysetzten, ist ganz dem Charakter jener Zeit angemessen, und
somit seine Behauptung weit wahrscheinlicher, als jene Un-
gers, der in diesen unterirdischen Hallen Zustuchtsörter wäh-
») F^ßleife n§ch dem LHneeberge. Wien
46
renb der Verfolgungen des Christenthums erblickt. — Gleich
ihrer Entstehung sind auch die früheren Schicksale dieser Kirche
ins Dunkel gehüllt. Wahrscheinlich geschah ihre erste Zerstörung
im Jahre L3Ö2 durch die herumstreifenden Ungarn und Cu-
manen des Königes Bela, wobey i5oo Menschen, die sich
in ihre heiligen Hallen geflüchtet hatten, ums Leben kamen.
Die Stelle im Chronicon Claustroneob. *) lautet so: Un-
gar! Ecclesiam Medlich , quae estinforo, incende-
runt etc. Das; diese abgebrannte Kirche nicht die St. Mar-
tinskirche seyn kann , geht aus dem erklärten Beysatze: quac
est in foro (zum Unterschiede von der St. Martinskirche,
die extra ioflnrn lag) hervor. Die Kirche mag lange Zeit in Rui-
nen gelegen haben, bis sie endlich um das in der Inschrift er-
wähnte Jahr i454 wieder empor gehoben wurde. Wahrschein-
lich geschah dieß von dem Stifte Mölk, das damahls in seinem
Abte I ohann IV. einen Vorsteher besaß, auf dem seine ei-
genen Geschichtsschreiber die Worte Davids: Zelus domus
tuae eomedit me, anwenden a).
Vierthalbhundert Jahre war das Stift Mölk Patron der
Pfarrkirche Medling gewesen, nun sollte die letztere anderen
Händen anvertrauet werden. Kaiser Friedrich IV. hatte
von dem römischen Stuhle die Errichtung eines Bisthu-
m e s zu Wien erlangt, und war nun bey dieser Gelegenheit
bedacht, das Ansehen des Domcapitels zu erhöhen. So ge-
schah es, daß durch eine vom Papste Sir tu s IV. zu Rom
am ri.Juniuö i475 ausgestellte Bulle, auf Verwendung des
Kaisers die Pfarrkirche zu P ert h0 ld sd0 rf zur Pfründe
des Dompropstes, und die Pfarrkirche zum heiligen Mar-
tin in Medling zur Pfründe des Domdechants, mit allen da-
zu gehörigen Capellen, Rechten und Einkünften einverleibt
wurde. Beyde Würdenträger sollten, so bald die Pfarren er-
lediget wären, dieselben in Besitz nehmen, die Einkünfte nach
ü) Bey Hieronymus ^es* script. rer. aüstr. Tom. I. col. 46i. S. auch
Ebendorfer von Haselbachs Chronik. Ebend. Tom. II. eol. 732.
s) Bergt. Ianitfch Aemit. Geschichte des uralten und berühmten Be-
nedicriner-Stiftes Molk. Wien »819. S. 64.'
47
freyem Willen genießen, und die Seelsorge durch vicarios ad
nutum amovibiles versehen lasse«-
Den ersten Dechant des DoMcapitels in Wien, welcher
nach 'Abtretung Mölks die Pfarre übernahm, nennen uns die
Jahrbücher als Wenz es lausche rzog, von Trepp au,
Canonicus zu Breslau, Ollmütz und Wien. Er besorgte die
pfarrlichen Geschäfte bis zum Jahre 1493, und wählte de«
Ort seiner segenvollen Thätigkeit auch zur Grabesstätte. Un-
widerstehlich drängt sich uns die Vermuthung auf, daß mit
der Uebergabe der Pfarre an das Domcapitel, die alte Pfarr-
kirche aufhörte der gewöhnliche Ort des öffentlichen Unter-
richtes zu seyn. Vielleicht zwang der allmähliche Verfall dieses
hundertjährigen Gotteshauses schon das Stlft auf die Wieder-
herstellung der alten Marien-, nachherigen Othmarskirche zu
denken, die inner den Mauern des Marktes dem Besuche der
Gemeinde in jedem Falle gelegener lag- Mehr mag diese
Zweckmäßigkeit, so wie ihr Vorzug an Schönheit den neuen
Patronen aufgefallen seyn, als sie Medling beträte«/ um es
zum Ziele ihrer priesterlichen Thätigkeit zu weihen-
Doch schon dem Nachfolger Wenzeslaus (f 1498) gestattete
es die Würde, welche ihn an die Nähe des Bischofes fesselte,
nicht mehr, dre pfarrlichen Pflichten in eigener Person auszuüben.
Er sowohl als sein Nachfolger stellten andere Weltpriester als
Pfarrverweser auf, unter denen der Pfarre zu Medling eben
nicht das glänzendste Schicksal ward.
Zu dieser Zeit bildete sich eine segensreiche, der Kälte
unserer Zeiten noch immer mangelnde Anstalt: die Bruder-
schaft edler Priester zur Unterstützung ihrer
Brüder in Alter und Krankheit. Sie führte den
Nahmen zur heiligen Maria, und soll in jenem Gebäude rück-
wärts bestanden haben, das dermahlen noch von einigen für
ein Convent der Tempelherren gehalten wird. Der zweyte
Pfarrer Medlings aus dem Domcapitel bey St. Stephan,
der Dechant Martin Jug, Doctor der Theologie, auch
Pfarrer zn Brunn, war ihr eigentlicher Stifter. Mitglieder
und Wohlthäter dieses frommen Vereins waren: Michael
Diendorfer, Beneficiat zu Medling, welcher ihm sein
48
Haus im Äarkte, und ein zweytes zu Enzersdorf, zwey
Weingärten zu Medling und vier zu Gumpoldskirchen, einen
silbernen Kelch und ein gdldenes Kreuz vermachte, Johann
Bergmeister, Stephan Pokafranser, Pilibold
Schüller, Wolfgang Auer, und Thomas Stamp.
Mögen ihre Nahmen dort im Buche des Lebens glänzen.
Die verheerende Wuth der Türken zerstörte 1629 mit
den beyden Kirchen auch dieß Gebäude, aber nicht den Ver-
ein, welcher, wie Johann Fab er, Bischof von Wien es
r538 bestätigt, bald seinen Wirkungskreis zu erweitern, und
nebst der Versorgung armer entkräfteter Geistlichen, auch noch
auf die Bildung jünger Priester zu denken vermochte. Doch
der alles Umwälzende Sturm, genannt Reformation,
zerstörte auch diese herrliche Anstalt gegen das Ende des sech-
zehnten Jahrhundertes. Sie sank bald nach dem Jahre 1667,
wo noch Caspar Neubek, Bischof von Wien, sie bestät-
igte, Und Georg Müller, Pfarrer zu Medling, Jakob
T u 0 r n oder Donner, Pfarrer zu Perchtholdsdorf, Leo ri-
tz ard G reif oder Grifich, Pfarrer zu Brunn, und Chri-
stian Nauauch, Pfarrer zu St. Veit, als Mitglieder und
edle Männer bekannt sind.
Nicht minder traurig war der Zustand der Pfarre gegen
die Mitte des sechzehnten Jahrhundertes. In Ruinen lagen
die Kirchen» Vergebens forderte ein kaiserliches Schreiben aus
Prag i538 jene Prälaten, welche im Gebiethe Medlings Zehen-
ten und Gülten besaßen, zu Beyträgen an die zerstörten Kir-
chen auf. Allein, durch die feindlichen Verheerungen der Türken
in deN Grundfesten ihrer Wohlhabenheit erschüttert, vermoch-
ten auch sie nicht, genügende Hülfe darzubiethen» Darum kön-
nen uns die Visitations-Bücher vom Jahre 1644 noch immer
erzählen: der Pfarrhvf sey durch die Flammen, welche die Tür-
ken 1529 angesteckt hätten, gänzlich abgebrannt und einge-
stürzet, die Kirchengewölbe (man hatte sie erst 1626 ausge-
bessert) gesprungen und dem Einsturze nahe; der Pfarrverwe-
sev habe sich sein Unterkommen im Spitale erbettelt; der
Schullehrer wandle von Hause zu Hause, und finde nur we-
nige Aeltern, die ihm ihre Kinder zum Unterrichte anvertrauen
49
wollten , denn die meisten ftyen von den Predigern der neuen
Lehre verführt. —
Zu durchgreifenden Maßregeln, sollte diesem elenden Zu-
stande abgeholfen werden, entschloß sich Kaiser Ferdinand!.
Er wollte bey den Vorstehern der Kirche Liebe und Eifer für
das Heil der Gemeinde erwecken, und hob daher die Einver-
leibung der Pfarre mit dem Domcapitel auf. »Leider habe
er,« so lautet der Eingang in seinem Decrere, »die traunge
Erfahrung gemacht, daß diese Einverleibung sowohl der Seel-
sorge, als der Erhaltung der Kirche nachtheilig gewesen sey.
Selten habe sich der Domdechant hier aufgehalten, die viel-
fache Veränderung der Vicanen, worunter mehrere untaugliche
waren, habe Schmälerung des Gottesdienstes und Verände-
rung der Güter hervor gebracht: darum solle von nun an Med-
ling jederzeit mit einem steten Pfarrherrn versehen seyn.« Da-
mit auch die Kirchengüter unverändert, und unverödet erhalten
würden, übergab er sie dem Magistrate des Marktes, zugleich mit
dem Rechte, den jeweiligen Pfarrer ernennen zu dürfen *). Diese
Ehre war für den Zustand der Pfarre nur geringe Wohlthat,
für den Markt in diesem 'Augenblicke eine bedeutende Last.
Sein Kammeramt mußte die Pflicht übernehmen, alle ver-
äußerten Güter einzulösen und dem Inventarium einzuver-
leiben, die abgebrannte Kirche und den Pfarrhof wieder auf-
zubauen, jedem künftigen Domdechant für seine Rechte hun-
dert Gulden rheinisch guter laufender Münze und zwey Drey-
ling guten Weines abzureichen. Dem Pfarrer und seinem
Cooperator wurden nebstbey hundert Gulden, dazu ein Drey-
ling guter Wein angewiesen, und alles überlassen, was ihm
Opfer, Altar und Stola tragen mag (!). Ueber dieß sollte der
Markt noch einen Beneficiaten, den Schullehrer, und für die
Filialen zwey taugliche Priester erhalten. Wohl ist der fromme
Wille des Kaisers nicht zu verkennen; doch für den Zweck,
den er erreichen wollte, scheinen uns seine Anstalten viel zu
s) Einen Auszug aus dieser Urkunde finden wir bey Herrn Dr. Sarenk,
am a. O. S. 26; und eine Abschrift des Gabbriefes im erzbifchofl»
UOnfistorial - Archive.
D
So *
inangekhaft. Zwar seihte sich dev Rath des Marktes bereit, das
zerstörte Gotteshaus und die Wohnungen der Priester herzustel-
len; allein diese Unternehmungen waren für seine Kräfte und
die Unruhen jener Zeiten viel zu groß. Hundert Jahre nachher
waren die Gebäude noch nicht vollendet/ obwohl dem Markte die
Anstrengungen des ganzen Landes zü Hülfe kamen. Viele
Jahre währte es daher noch/ bis der Geist des Glaubens in
dem von der Neuheit hingerissenen Volke sich wieder regte,
und der ausgestreute Same mehrerer mit Eifer und Thätig-
keit beseelter Pfarrer/ so wie des unermüdeten Bischofes M eX?
chior Klesel/ wieder Früchte trug. Auch kamen diese nur
allmählich zur Reife; denn 40 Jahre nachher (1667) zählte
man zu Medling, Weißenbach, Hinterbrühl, Gießhüblund
Neudorf erst 8267 Katholiken^
Durch die erwähnten Verfügungen des Kaisers in Thä-
tigkeit gesetzt/ legte der Magistrat Hand an die Wiederherstel-
lung der Kirchen. Vorerst suchte er die St. Othmarskirche
aus dem Schutte zu heben. Doch unübersteigliche Hindernisse
stellte ihm der geringe Vorrath der Mittel, welcher seinen
Kräften zu Gebothe stand/ entgegen. Schon 1664 finden wir
ihn gezwungen / bey. des Kaisers Huld Zuflucht zu nehmen,
und dessen Güte um die Bewilligung einer Sammlung in der
Umgegend anzuflehen. Dadurch hoben sich nun, wiewohl sehr
langsam, die Mauern der Kirche aus der Erde empor. Im Fort-
schreiten des Baues kamen aber die Vorsteher des Marktes im-
mer deutlicher zur Erkenntnrß, welches ungeheure Werk sie
unternommen hatten, und wie lange die Gemeinde Noch einer
Kirche beraubt seyn dürfte, die alle ihre Glieder zu fassen im
Stande wäre. Darum beschlossen sie an die Ausbesserung der
St. Martinskirche Hand anzulegen, da sie die kleine Spital-
kirche doch bedeutend an Umfang übertraf. Eine Inschrift
am Bogen des Thores jUm Leichenhofe lehrt uns, daß die Er-
neuerung derselben im Jahre 1682 vollendet war. Zwar ra-
stete auch an der St. Othmarskirche die Arbeit nicht; allein
wir vermögen es zu denken, wie langsam sie betrieben wurde.
Auf Jahre hielt sie späterhin der Schaden zurück, den der
Markt 1609 durch die Räuberhorden aus B 0 tschkay's Heere
Ö i
n'litt, die sich der Vesten Lrchrenstem und Medlin^ bemächtiget
hatten *). Erst als die aus religiösen Neuerungen entstand
dene Gährung verbrauset, die Vorliebe für die heimischen Al-
täre allmählich wieder erwachet war, eilte der Bau seiner Vol-
lendung näher. Mit seiner, alles Gute fördernden Thätigkeit,
eitre ihm auch Bischof Klesel zur Hülfe. Er ordnete eine
allgemeine Sammlung in dem ganzen Lande an, und ver-
schaffte durch diese Unterstützung dem Markte eine bedeutende
Erleichterung. Mit gleichem Eifer halfen viele gutherzige Bür-
ger Medlings, und vorzüglich die in jenen Zeiten so nützlichen
Bruderschaften späterhin den Bau des Gotteshauses beschleu-
nigen.
Doch, was der fromme Wille so heiß wünschte, stürzte die
Macht unglücklicher Ereignisse auf Jahrzehente zurück. Schon
die fürchterliche Pest brachte 1679 Schrecken und Verwirrung
in den Markt, vertrieb die Arbeiter von dem Kirchenbaue,
Und entzog der guten Sache so manche Wohlthäter; doch der
zweyte Einfall der Türken i683 schien jede Hoffnung auf
Immer zerstört zu haben.
Allein kaum war der schreckliche Feind geflohen, so legte
WolfgaNg Viech tl, der damahlige Marktrichter, Hand
an den Bau, und es gelang ihm bis 1690 die Kirche, den
Chor und den Glockenthurm zu Stande zu bringen. Auch
eine Sacristey, deren Stelle bisher ein Gewölbe der uttterir*
dischen Kirche vertreten mußte, wurde bald hinzugefügt, und
so stand endlich nach hundert sechzig Jahren die Kirche wieder
vollendet da.
Viele Nachtheile hat die Zerstörungswuth der Türken bey
ihrem zweyten Einfalle dennoch dieser Kirche bereitet, obgleich
ihre Mauern unangetastet blieben. Die meisten Stiftungen
derselben waren verloren gegangen, und es gelang aller Mühe
nicht, ihr vormahliges Eigenthum aufzufinden. So fiel also
ihre Erhaltung und jene der Filialkirchen ganz dem Magistrate
anheim, und es ist nicht zu wundern, wenn ihm diese Sorge in
*) S. die Geschichte des Marktes Medling, S. 3-.
D T
der Folge bedeutend lästig wurdei Der umsichtige Blick des
unvergeßlichen Kaisers I d s e p h II. bemerkte den Schaden,
der aus diesem Drücke für Religion und Sittlichkeit hervor-
ging, und eilte demselben abzuhelfen. Er errichtete »768 in den
zu Medling gehörigen zwey Filialen Neudorf und Giß Hü-
bel Pfarren, und wies den dabey angestellten Priestern die
nöthige Unterstützung aus dem Religionsfonde an. So, auf
seine eigene Pfarrkirche beschrankt, ward dem Markte eine be-
deutende Erleichterung, die leiderün der Folge wieder verschwand/
als die für das Vaterland' so unglücklichen Jahre i8o5 und
1809 auch ihm noch lange nicht vernarbte Wunden schlugen.
Jene Erhebung der Filialen zu eigenen Pfarren ist die
letzte merkwürdige Begebenheit der Pfarrgeschichte Medlings,
und wir wenden uns daher zur Darstellung der Kirche rt.
Das Merkwürdige der St. M a r t i n s k i r ch e haben wir
bereits erwähnt. Vermuthlich vom Markgrafen Heinrich I.'
bey seiner Besitznahme dieser Gegenden erbaut, diente sie zur
feyerlichen Uebung christlicher Andacht, bis sie türkische Wuth
»629 in Schutt verwandelte. Eine noch bestehende Inschrift
am Bogen des Thores zum Leichenhofe belehrt uns, daß sie
durch Richter und Rath im Jahre 1682 renovirt, neuerdings
das christliche Volk an den Stufen ihrer Altare versammelte,
bis endlich wilde Zerstörungslust der Türken ihre Mauern aber-
Mahls zertrümmerte. Darum erscheint sie auch noch in der
Mappe, welche Kaiser Rudolph H. 1610 bey Gelegenheit
der Aüsmarchung des Burgfriedens und Landgerichtsbezirkes
von Medling auszufertigen befahl. Seit ,t>83 nicht mehr her-
gestellt, wurden ihre letzten Trümmer endlich 1767 abgebro-
chen, und der Platz zur Vergrößerung des Leichenhofes ver-
wendet.
Schon das Aeußere der Othmarskirche zeigt, daß
man bey ihrem Baue die Trümmer zerstörter Wohnungen be-
nützt habe. Sonst ist sie ein sehr ansehnliches und großes Ge-
bäude, und liegt auf einer Anhöhe, von der man den ganzen
Markt und einen großen Theil der Ebene überblickt. Ueber dem
Eingänge bemerkt man die schon erwähnte Inschrift,
welche uns mit dem Jahre des angefangenen Baues bekannt
53
macht; an einem Pfeiler ist ferner die Jahreszahl 1499, und
hinter dem Musikchor i525, und weiter noch die Zahl 1690
angebracht. Die Kirche umgibt eine Mauer mit Schußlöchern,
an der sich drey Grabmähler befinden.
Im Inneren der Krrche wird das Auge einiger Maßen durch
die Zusammenstellung des Alten und Neuen beleidigt. Noch
ehrwürdiger würde sie ihre ursprüngliche Gestalt machen. Die
Decke ruht auf zwölf starken freystehenden Säulen von grauem
Steine, deren bedeutende Höhe die Kirche zu einem ansehnli-
chen Gotteshause erhebt. An der ersten dieser Säulen auf der
Evangelien-Seite ist ein so genanntes Sacrament-HäUs-
ch en angebracht, in welchem nach der Sitte des Alterthums
die heilige Wegzehrung für die Kranken aufbewahret wurde.
Es scheint ausser unterirdischen Capelle heraufgebracht wor-
den zu seyn, und steht auf einem Fuß von gewundenem Steine.
Der Hochaltar, nach römischen Geschmacke erbauet und
über 7 Stufen erhoben, ist ein Werk der Frömmigkeit unserer
unsterblichen Kaiserin Maria Theresia, und wurde 1760
vom Cardinale Mig az z y geweiht. Sein Altarblatt stellt den
heiligen Othmar, Abt von St. Gallen, gebunden vor seinen
Richtern vor. Schon vor dem Jahre 1529 hatte sich ein Wohl-
thäter, der Marktrichter Michael Pfeiffer, gefunden, der
auf die Erneuerung dieses Hochaltars viele Kosten verwendete.
Im Jahre 1810 haben Florian Niederall von Medling
und seine Gattin Theresia denselben abermahls erneuern
lassen, wie an demselben angemerkt ist.
Die Seitenaltäre fanden gleichfalls gutherzige Stif-
ter, die sie auch mit Priestern versahen, um auf denselben
das heilige Meßopfer zu verrichten 1). Im Jahre 1693 wur-
den sie größten Theils hergestellt, und mit neuen Altarblät-
tern versehen, wobey man mehrere der vormahligen Patronen
in andere verwandelte. Nun stellen sie an den beyden Pfeilern
den heit. J phagn den Täufer und den heil. Apostel Tho-
*) Die Seitenaltäre waren vor dem Jahre »629 dem heil. Andreas, der
heil. Katharina, der seligsten aller Jungfrauen, dem heil. Johann dem
Täufer, der heil. Magdalena geweiht. Auch befand sich ein so genann-
ter GottesleichnamS-Altar in her Kirche.
S4
was, an den Seitenwänden den heil. Johann von Nepo-
muk/ eine heil. Familie, die seligste aller Jung-
frauen als Hülfe der Christen, und das heil. Abend-
mahl zur Verehrung dar.
In der Kirche befinden sich auch viele Grabmähler, die
aber theils durch die Kirchenstühle bedeckt werden, theils von
dem Alter ergriffen, ihre Inschriften eingebüßet haben. Das
Merkwürdigste derselben ist Folgendes: Nicht weit von dem
Altare Mariens, ist an der Wand ein großer, rother Mar-
morstein angebracht, der eine männliche Figur in Lebensgröße
mit Biret und Mozette darstellt. Man entdeckte ihn erst im
Jahre 1764 bey Erneuerung des Hochaltares. Da die Klei-
dung der Figur jener der alten Herzoge nicht unähnlich, und
an den Füßen derselben die Form eines Herzoghutes, mit ei-
nem, leiderl verwischten, Wappen angebracht ist, so entstand die
Meinung, daß hier die Grabstätte Heinrichs III., Herzoges
von Medling wäre, die man vorher in Heiligenkreuz vermu-
thete. Die Inschrift, welche aus alten gothischen sehr undeut-
lichen Buchstaben besteht, war nicht zu entziffern. Abgesehen
von der Figur, die bey näherer Untersuchung offenbar einen
Domherrn mit Biret und Mozette darstellt, ist jener Mei-
nung die deutlich leserliche Jahreszahl anno d. 162z (1428)
entgegen; auch sind die Buchstaben der Inschrift offenbar aus
einem späteren, als dem dreyzehnten Jahrhunderte.
Der Glockenthurm ruht aus der St. Pantaleons-
Capelle *), die sehr alt ist, und viele Veränderungen erlit-
ten zu haben scheint. Der oberste Theil, das eigentliche Glo-
ckenhaus, ist ein neuer Aufsatz, was sogleich der Augenschein
lehret. Ueber der Eingangsthüre ist ein Ritter in einer Stein-
platte eingehauen, und die Arbeit aus den rohesten Zeiten der
Kunst. Manche nehmen ihn als Symbol der gnostischen Weis-
heit; wahrscheinlich soll er den heil. Georg, den Patron der
Ritterschaft, vorstellen. Vielleicht hat diese Capelle irgend ein
ritterliches Geschlecht zur Ruhestätte erbauen lassen, denn die
0 Der heilige Pantaleon war ein christlicher Arzt zu Nicomedien,
welcher in der Diocletianifchen Verfolgung den Martyrer-Tod gelitte^
hgr, etwg umd.3>3o3, Siehe die.Bollandisteri, T©m.vi. Jul.x.97.
55
Thüre an der Südseite führt zu einem Liefen Beingewölbe, von
dern sich der Sage nach ein verfallener unterirdischer Gang bis
zur ehemahligen St. Martinskirche (gegen eine Viertelstunde)
fort erstrecken soll.
Unter der St. Othmarskirche befindet sich die bereits er-
wähnte unterirdrsche Kirche, deren neun Schuh dicke
Mauern, so wie das schauerlich dämmernde Licht und der
Grabesgeruch trübe Bilder vergangener Jahrhunderte herbey
rufen. Der Sage nach sollen die Templer ihre Erbauer gewe-
sen , und 40 derselben nach der traurigen Katastrophe der Auf-
hebung des Ordens, im Jahre 1812, hier r^ren Tod gefunden
haben. Allein noch immer fehlen uns gleichzeitige Documente,
um dieser Sage auch nur einige Wahrschemlichkeit geben zu
können. Bis diese vorgefunden werden, dürfen wir das Da-
seyn der Templer in Medling und ihre Schicksale nur immer
als Sage erwähnen. — Um die Capelle führt ein schmaler
Gang, in dem man ein offenes und fünf vermauerte Gräber
erblickt. Andere Thüren führen zu andern Gewölben und un-
terirdischen Gemächern, Der Umfang und die ganze Gestalt
der Capelle zeigen von hohem Alterthume, und ihre erste Be-
stimmung mag wohl keine andere, als jene einer Grabes-Ca-
pelle gewesen seyn. — Diese unterirdischen Gemächer dienten
bey feindlichen Ueberfällen den Bewohnern von Medling oft
zur Sicherheit, und bewiesen noch in den traurigen Jahren
i8o5 und 1809 ihre vormahlige Brauchbarkeit.
Auch Medling zählt der frommen Wohlthäter durch
milde Gaben und Stiftungen viele, deren Nahmen größten
Theils nur in das große Buch des allmächtigen Vergelters ge-
schrieben sind, — Aus den Gaben dieser Wohlthäter entstand
ein Capital, das im Jahre 1809 bereits 4^50 fl, betrug; fer-
ner die bedeutende Menge von Silbergeräthe, mit welchem die
Kirche vor dem Einfalle der Franzosen versehen war.
Nebst der Pfarrkirche zum heil. Othmar besteht in Med-
ling noch eine Kirche, die Spitalskirche zum heil.
Aegidius, bey der noch jetzt ein Beneficiat angestellt
ist. Die ganze> äußere Gestalt und der kleine steinerne Thurm
beweisen ein hohes Alterthum. Sie ist jedoch nur von geringem
56
Umfange, zwar rm gothischen Geschmacke erbaut, aber von
Innen ganz mit Kalk übertüncht. Herr Dr. Sarenk') nennt sie
das älteste noch ganz erhaltene Denkmahl von Medligg, was
sie jetzt auch seyn mag, da sie keine Veränderung im Baue
erhalten zu haben scheint, und hält sie für die von einem Für-
sten aus dem Babenbergischen Hause erbaute erste Pfarrkirche
der alten Stadt Medilike. Allein wir haben schon gezeigt,
welche die älteste Pfarrkirche Medlings war, das übrigens
nie eine Stadt gewesen ist. Von wem und wann sie erbaut
worden, ist zwar nicht bekannt, doch mag ihr Entstehen schon
ins dreyzehnte Jahrhundert zu setzen seyn.
Das Altarblatt dieser Kirche, welche im Jahre 1812
renovirt wurde, stellt die Himmelfahrt Mariens vor. Der
Altar selbst wurde nach Aufhebung des hiesigen Capuzinerklosters
hierher übertragen. Aus der Reihe ihrer Beneficiaten ist uns
nur ein gewisser Hantlinger, um das Jahr 1461, bekannt.
Zunächst der Kirche befindet sich das Armenhaus. Es
war ehemahls eine Stiftung, in welcher man die nach dem
heil. Grabe fahrenden Pilgrimme zu beherbergen und zu spei-
sen pflegte. Als diese Wallfahrten ein Ende nahmen, wurde
die Pilgerherberge in einen Verpflegungsort für die Armen
verwandelt, und der Obsorge des Magistrates übergeben. Diese
Ümstaltung wird vermuthlich am Ende des vierzehnten Jahr-
hundertes' Statt gefunden haben, da weder im Testamente
der Herzogin Blanka, Gemahlin Rudolphs HI. vom
Jahre »804 (bey Lern. Petz T. VI.), noch der Gräfin Gut»
bon Oettingen vom Jahre 1824 (in Herrgott's Tapho-
graph.), noch des Königs Friedrichs des Schönen vom
Jahre >827 (bey Hier. Petz T. II.), und seiner Gemahlin Eli-
sab eth vom Jahre >828 (bey Lern. Petz T. VI.), wo doch die
Spitäler in Oesterreich nahmentlich mit Legaten bedacht werden,
das Armenhaus in Medling genannt wird. Im Jahre >668
fand dieß Haus einen bedeutenden Wohlthäter in Christoph
Hausleuthner, der ein Capital von looo fl. dazu bestimm-
te, für die Armen das nöthige Linnengeräthe herbeyzuschaffen.
-----------------------------—......... .------- - ....v
1) S. Geschichte des Marktes Medling, S. 4^
I
%
Nebst den bisher angeführten Krrchen, bestand in Medling
am Ende der Wienergasse auch ein Capuzinerkloster.
Der Wunsch, in dieser Gegend ein Kloster emporkommen zu
sehen, dessen Mitglieder den durch die Religionsstürme ge-
schwächten Geist für den Katholicismus aneifern würden, zu-
mahl, da das Franziskanerkloster in Enzersdorf noch in Rui-
nen lag, und sogar in fremden Händen sich befand, war nicht
ungerecht. Graf Joh. Bapt. von Verdenberg, geheimer
Rath des Kaiser Ferdinand II., erfüllte diesen Wunsch durch
die Erbauung des Klosters und der Kirche, wozu im Jahre
ä631 der Grund geleget, letztere aber 1640 von dem Bischöfe
zu Wien, Philipp Friedrich Grafen von Brenner, feyerlich
eingeweihet wurde. Die dankbaren Väter ehrten das Anden-
ken ihres frommen Stifters durch eine an der Seitenwand
des Hochaltares angebrachte Inschrift.
Schon im Jahre 1634 starb ihr erster Guardian daselbst,
ein Layenbruder, und der Magister Martinus Wantschin, ei-
ner ihrer größten Wohlthäter an einer ansteckenden Krankheit.
Ihr gottseliger Stifter aber der Graf von Verdenberg ging
1648 ins bessere Leben über ; er liegt in der von ihm erbauten
Capelle bey St. Michael zu Wien begraben.
Ueber ein halbes Jahrhundert erbauten sie durch rhren Ei-
fer das christliche Landvolk, als i683 die Verheerungswuth
der Türken auch sie traf. Das Kloster wurde in Asche verwan-
delt * *); drey Priester, unter welchen der Guardian P. Eras-
mus aus Linz als ein vorzüglicher Kanzetredner angerühml
wird, welche im Kloster zurückgeblieben waren, geriethen in
die Hände der Feinde, ohne daß man bey der sorgfältigsten
Nachfrage das geringste über ihr Schicksal erfahren konnte.
Als die zerstreuten Brüder zur Brandstätte zurückkehrten, fan-
den sie ihr Kirchlein noch in brauchbarem Zustande a). Elend
genug mußten sie, kaum vor der Witterung geschützet, den
harten Winter zubringen, bis es ihnen endlich das nächste Jahr
1684 gelang, ihr Kloster durch die Beyträge gittherziger Seelen
0 Conventus cuiyi toto oppido a Tartaris m einer atiis est,
*) SaeeHutti utcungue iniactum permanens.
53
aus dem Schutte zu erheben. In diesem Zustande fuhren sie
nun hundert Jahre aufs neue fort, unverdrossen im Wein-
berge des Herrn zu arbeiten, bis sie endlich im Jahre 1785
das Loos ihrer Aufhebung traf. Die in dem Kloster wohnen-
den 28 Ordensglieder wurden in andere Klöster, die noch be-
standen, vertheilt, das Kirchlein wurde entweiht, und das ganze
Gebäude in eine Bandfabrike umgeändert, aus welcher späterhin
die chemische Bleichfabrik des Großhändlers Giaeomo Cal-
le an 0 in Wien mit einer Privat-Capelle entstand. (Annales
Medlingenses im Manuscripte der Bibliothek der Ehrwürdi-
gen P. P. Capuziner in Wien; und P. Marian F i d l e r s
Geschichte der österreichischen Clerisey, B. VHI. S. 385.)
Auch die beyden Vesten Medling und Lichtenstein schlossen
einst Capellen ein, welche dem heil. Pancraz geweihet wa-
ren. Beyde scheinen lange Zeit neben einander bestanden zu
haben; denn es finden sich in den Acten des k. k. Hofkammer-
Archives Grundbücher derselben vom Jahre 1468 und 1660.
Eigene Beneficiaten erscheinen erst um 1466. Die Capelle zu
Medling mag aus der ersten, Verheerung der Burg durch die
Türken nimmermehr erstanden seyn: allein jene zu Lichtenstem
bestand noch im Jahre 1662, wo zuweilen in ihr das heilige
Meßopfer gefeyert wurde. Noch länger dauerten die beyden
dazu gehörigen Beneficien, aus denen jenes von Lichtenstein
sehr bedeutend war. Im Jahre 1617 belohnte damit Kaiser
Mathias sogar den Dechant von Alten-Pötta, Georg
Friedrich Sterlegger. Während es aber so in fremden
Händen herum ging, vermmderten sich allmählich die Ein-
künfte, und manche Realitäten gingen verloren. Der Rest
desselben wurde endlich i638 dem Seminarium ad S. Pancra-
tium zu Wien einverleibt.
Bevor wir die Geschichte dieser Pfarre schließen, haben
wir noch einiger geistlichen Häuser in Medling zu er-
wähnen, und zwar vor allem der Anstalt, welche Cardinal
Migazzy im Jahre 1762 daselbst errichtete. Um die Pfar-
rer seiner Diöcese und ihre Mitarbeiter im Weinberge des
Herrn wissenschaftlich zu bilden, und ihren practischen Arbeiten
höhere Vollendung zu geben, erbaute er, unterstützt von der
Sc,
großen Kalsenlin MariaTheresia, und der in diesem Werke
schon so oft genannten Frau Emmanuel» Herzogin von
Savoyen, Fürstin von Lichten stein, ein weitläufiges
Haus, ähnlich einer Sommer-Residenz, genannt: Priester-
Exercitien-Haus, in welchem sich jährlich die Hälfte
der Seelsorger zu praktischen Uebungen versammelte. Die
Anwesenheit des Cardinals gab seinem Clerus Ermunterung,
dem Talente und ausdauernden Fleiße Lob und Lohn. Meh-
rere Jahre dauerte diese nützliche Anstalt, endlich unterlag sie
dem Wechsel alles Irdischen, worauf der Cardinal das Haus
der Gemeinde überließ, die es zu einer Caserne umstaltete.
Schon in den frühesten Zeiten erhielt das Stift Molk
auch den Besitz von zwey Höfen in Medling. Den einen
schenkte »«73 (am 22. October) eine adelige Frau, Nahmens
We nth a, dem Stifte, welcher der heutige Mölkerhofist.
Den andern, man weiß nicht mehr, wie ihn das Stift erlangte,
verkaufte es in neueren Zeiten an c-inen Bürger Medlings. In
dem erst genannten Mölkerhofe befindet sich auch eine Ca-
pelle, in der aber schon sehr lange nicht mehr Messe gelesen
wird. Sie ist sehr klein, und hat einen Altar, auf welchem
eine Statue der heiligen Jungfrau Maria unter dem Kreuze
des Erlösers steht. Geschichtliche Daten sind über ihren Ur-
sprung nicht bekannt, der über dieß den neueren Zeiten anzu-
gehören scheint. Nebst dem Stifte besaßen noch andere geist-
liche Gemeinden Häuser oder Zehente in Medling. So schenkte
im Jahre ,338 Eberhard von Walsee dem Stifte Zwe-
te l einen Weingarten vor dem Thore in Medling, Otten-
^kainer genannt, füx das Seelenheil seines Bruders Frie-
drich von Wallsee'). Gleichfalls hat das Benedictiner Non-
nenkloster auf dem Nonnberge zu Salzburg, einer,
Hof mit Grundstücken zum Eigenthume, der neben dem Mel-
kerhofe gelegen, vor mehreren Jahren in eine Fabrik verwan-
delt wurde. Die Minoriten zu Wien besaßen ebenfalls
ein Haus in Medling, welches ihnen Ulrich von Medling
Lipk, Aunal, Austr. Claravall, T. L p, 707
und seine Gemahlin Gisla in einen» nicht mehr bekannten
Jahre, für ein jährliches Seelenamt übergeben hatten. Auch
die D o m i n i c a n e r zu Wim- hatten hier einen kleinen Hof
am Wienerthore zum Eigenthume, den sie vor einigen Jah-
ren veräußerten, und noch besitzen sie ein kleines Grundbuch und
einige Weingärten. — Eben so erwarb sich das durch Kaiser I o-
seph U. aufgehobene Nonnenkloster Jmbach bey Krems,
Dominicaner-Ordens, durch König Ottokar von Böhmen
am »5. December »«78 einen Zehent in Medling. Im Jahre
»3i5 überließ die Priorin von Jmbach den großen und klei-
nen Zehent (proventus decimarnm scilicet annonae; hier
könnte anona auch Getreidezehent bedeuten), welchen ihr Klo-
ster vor Alters her in der Pfarre des Marktes Medlmg (an-
tiquitus in parochia fori Medlieensis) besaß, dem Stifte
Melk auf drey Jahre gegen Entrichtung eines gewissen MaßeS
an Feldfrüchten.
Der hiesigen Schule endlich gedenken schon die Visita-
tions-Bücher vom Jahre 1644. Sie ist heue zu Tage einx
Lrivial-Schule, bey welcher .der vielen Kinder wegen, drey Leh-
rer angestellt sind.
IV. Pfarre Neudorf
Neudorf ist ein weitläufiger, äußerst lebhafter Ort an der
neuen Poststraße von Wien nach Steyermark/ und die erf
ste Poststation auf diesem Wege von der Hauptstadt. Er ge-
hört dem Erzbisthume Wien zu/ und enthält ein herrschaftli-
ches Schloß/ ein eigenes Landgericht/ eine herrliche Pfarr-
kirche/ ein Posthaus/ eine k. k. Landmauth/ ein Brauhaus/
welches zu den größten in Oesterreich gerechnet wird/ zwey
Mühlen/ und über 110Häuser. — Die Zahlseiner Einwoh-
») Nach einem alten Gefchichts - Protokolle dieser Pfarre, verfaßt von
Franz Rusam, Beneficiaten allhier, im Jahre 1764; nach den
Aeten im erzbischöflichen Consistorial-Archive, und den gefälligst mit-
getheilten Beyträgen des Herrn Pfarrers Johann Mjchaes Perk-
101 d.
ner beläuft sich auf 71b Seelen/ unter denen sich im Durch-
schnitte 36 Taufen, ro Trauungen und 3i Todesfälle ereignen:
In der Vorzeit des Vaterlandes trug Neudorf die Nah-
men Nühdorf, Nitzendorf, und nach einigen Urkunden des
sechzehnten Jahrhundertes Nondorf, und war im zwölften
Jahrhunderte ein Theil des Ablehens der Markgrafen und Her-
zoge von Medling * *). Doch erscheint nach Schenkungsbriefen
des Stiftes Klosterneuburg im nähmlichen Zeitraume schon
ein adeliches Geschlecht mit dem Beynahmen von Nivendorf,
und wir kennen aus demselben einen Albrecht- Marquard, Lud-
wig (f 1260), Conrad, Meinhard und Dvtifo a): Vielleicht
waren sie sogar Besitzer des hiesigen Schlosses! Weiter ist uns
von den Schicksalen des Ortes aus jenett Zeiten nichts bekannt.
Am Ende des fünfzehnten und zu Anfange des sechzehnten
Jahrhundertes besaßen diese Herrschaft die Herren Auer von
Herrenkirchen. Die Brüder Maximilian - Erasmus- Gerwich-
Franz und Dominicüs Auer von Herrenkirchen- verkauften
im Jahre 1620 Schloß und Gut dem »edlen üttd festen Ritter,
Wolfgang Mathias Karlinger, aus einer alten, ursprünglich
aus Tyrol abstammenden Familie,« der bald darauf auch Bieder-
mannsdorf erwarb. Als sein Geschlecht im Jahre 1606 mit
Johann Freyherrn von Karting ausstarb , käm vermuthlich
Neudorf all die Herren von Rumel, die es wieder anAegid An-
ton Freyherrn von Königsacker verkauften. Im Besitze sei-
ner Familie blieb es bis zum Jahre 1788, wo es Sigismund
Graf von Kollonitsch / Cardinal und Erzbischof von Wien,
durch Kauf örwarb, uttd es späterhin dem Erzbisthume auf
immer einverleibte. Der noch vorhandene Kaufbrief ist vom
3o. September 1733.
Noch sparsamer als die diplomatischen Nachrichten, fallen
Unsere Berichte in kirchlicher Hinsicht aus. Bey der Verwü-
stung, welche die Türken über den Ort brachten, gingen sämmt-
liche Pfarrbücher, und mit ihnen die Quellen unserer For-
0 Vergl. Aeenpek in Cliron. austr. bey Hieron. Petz scriptj. ret*. ätistr.
Tom. I. p. 1210, und Ennenchels Fürstenbuch.
*) S. Maximilian Fischers Urk,indenbuch, S. 62. 108. iö3. 260.
64
schungen, zn Grunde. Lange Zeit herrschte darüber eine ganz-
liche Unwissenheit, brs endlich Franz Rusam, hiesiger Benefiz
riat von »761 bis 1776, die Gemeinde zusammen berief, um
aus ihren ältesten Gliedern Daten über die Geschichte ihrer
Kirche zu sammeln, woraus wir denn folgende Nachrichten
schöpften: Neudorf gehörte in seinen früheren Zeiten unter
die pfarrliche Obsorge Medlings, hatte aber doch bald eine
eigene Capelle oder Kirche. Diese war zur Ehre des heiligen
Wolfgangs geweihet, und wurde durch die Wohlthätigkeit ei-
niger Glieder der Gemeinde mit 7 Weingärten / 6 Aeckern, 7
Wiesen, und vielen Ueberländ-Diensten ausgestattet. Die
verheerenden Einfälle der Türken brachten beyde Mahle die
Gräuel der Verwüstung über die Kirche. Mit Trauer er-
füllte der elende Zustand derselben die Herzen der zurückkeh-
renden Bewohner Neudvrfs; allein ihre Kräfte vermochten nicht
denselben zu verbessern. Bittend nahten sie sich daher dem kai-
serlichen Throne im Jahre ,667, um zu dem nöthigen Kir-
chenbaUe Unterstützung zu erflehen.
Der gerechten Bitte scheint Erhörung geworden zu seyn;
denn wir finden bald darauf das Aeußere der Kirche hergestellt.'
Auf dem noch unvollendeten Hochaltäre stellte ein Ortsbewoh-
ner, Johann Wachinger, einstweilen eine Statue des heili-
gen Wolfgang mit einem Marienbilde zur Verehrung auf;
der Bäckermeister, Jakob Gottwald, und der landesfürstliche'
Mauthner, Michael Umlauf, errichteten späterhin die Seiten-
altäre; die vereinte Thätigkeit der Gemeinde versah in der
Folge die Kirche noch mit den nöthigen Paramenten und hei-
ligen Gefäßen.
So war nun die Kirche zur Verrichtung des Gottesdien-
stes zwar mit allem nöthigen versehen, doch mangelte Noch ein
Priester zur Feyer desselben. Die Pfarrkirche Medling pflegte
nur drey Mahl im Jahre, am Feste der Kirchweihe, des heili-
gen Wölfgang und der heiligen Katharina, einen Priester nach
Neudorf zu senden, und erst, als der Ort an Bevölkerung be-
deutend zunahm, sorgte sie gegen Bezahlung wenigstens alle
Feyertage für die Ausübung des Gottesdienstes.
' So bald aber der Cardinal Kollonitsch Herr von Neudorf
63
wurde, erhielt, die Gemeinde auch einen eigenen Priester.
Schon früher hatte dieses edlen Oberhirtens rege Thätigkeit
hier die Christenlehr-Bruderschaft eingeführt. Damit nun die
christliche Lehre auch vorgetragen werden konnte, setzte er im
Jahre 1733 auf ein im Dorfe gelegenes Ganzlehenhaus/
das der Herrschaft durch eine bedeutende Schuldenlast zugefal-
len war, einen eigenen Beneficraten, Nahmens Mautsch, dem
er auch, ohne-jedoch die Rechte der Mutter-Pfarre kränken zu
wollen, die Seelsorge übertrugt Abermahls zeigte sich hier
wieder der fromme Sinn der Gemeinde. Mehrere der ver-
möglicheren Glieder eiferten , durch bedeutende Beyträge für
den Unterhalt ihres Belieficiaten zu sorgen» Doch da alle
diese Beyträge noch immer nur eine geringe Sustentation ver-
schafften , so bestimmte der großmüthige Cardinal noch eine
Summe von 4000 Gulden zum Unterhalte des Seelsorgers/
jedoch unter der Bedingniß, daß seinen Nachfolgern, in der
Würde eines Erzbischofes von Wien, das Ernennungsrecht
zustehe
Mit nicht minderem Edelmuthe ward in diesem Zeiträume
Luch für die Kirche gesorgte Adam Widmann, nun auch Rich-
ter im Orte, munterte die Gemeinde ,760 zuM Baue deS
LhurmeS auf, wozu er das herrlichste Beyspiel durch den Bey-
trag mit einer bedeutenden Summe gab, und ein Herr von
Bergk schenkte dazu das Kupfer zum Thurmknopfe und Kreuze.-
So hob sich bet kirchliche Zustand des O>rtes immer zur grö-
ßeren Vollkommenheit.
Eine neue Epoche für Neudorfs Kirchengeschichte beginnt
mit dem Jahre ,778. Die Gemeinde nahm an Zahl bald der-
maßen zu, daß die Kirche zum heiligen Wolfgang die zum
Gottesdienste Eilenden nicht mehr zu fassen vermochte. Der
um so viele Kirchen und Gemeinden hochverdiente Cardinal
Migazzy/ Fürst-Erzbischof in Wien, bemerkte das Bedürfniß
der Gemeinde Neudorfs, und seine Freygebigkeit eilte dem-
selben abzuhelfen. Im erstgenannten Jahre 778) über-
trug er dem berühmten Architekten Meusel, den Bau einer
neuen Kirche im römischen Style, und schon ,780 stand sie
vollendet da. Am 4. May geschah die Consecration des neuen
&4
Gotteshauses in Gegenwart tzet Kaiserin Maria Theresia,
rhres Sohnes, des Erzherzoges Maximilian, und der Erz^
Herzogin Elisabeth, zur Ehre der heiligsten Jungfrau,
des heiligen Wotfgang und des heiligen Johannv.on
Nepomuk.
Mit allem Grunde rechstet stian diese Kirche unter die
schönsten Dorfkirchen Oesterreichs. Sie ist im erhabenen Style
angelegt an dem westlichen Theile, dem Eingänge, des Ortes.
Den durch fünf Stufen erhöhten Eingang ziert ein Portal,
das von vier Säulen jonischer Ordnung getragen wird, zwi-
schen denen man an der Fronte folgende Inschrift liest: Chri-
stopherus Oardinalis de Migazzi, Archiepiscopus Yienn*
'S. R. J. P. Administrator Episcopätus Väciensis. 88. CC.
MM. Cönsiliarius iritimus. 8. Steph. Reg. Apost. Mägnae
trucis Eques. Anno Domini MDCCLXXYIII; Im In-
nern vereint sie mit einer angemessenen Höhe und Lichte, Ein-
fachheit und Würden Den Hochaltar ziert ein Werk des ge-
achteten Mahlers, Agnaz Ünterberger, die seligste Jungfrau
mit den Heiligen WölfgaNg und Johann von Nepomuk vorfiel«
lend. Die Blätter der beydett Seitenaltäre, von denen das zur
Rechten die sterbende Theresia in Gesellschaft der beyden Apor
fiel Petrus Und Paulus-, jenes zur Linken die vier heili-
gest Kirchenlehrer, und das LaMM Gottes, auf einem mit sie-
ben siegeln verschlossenen Buche stehend, zum Gegenstände
haben, hat Hubert Maurer gemahlt. — Auf dM Hochaltäre
befindet sich ein prächtiger Tabernakel aus Marmor, uMgeben
von anbethenden Cherubim. Statt der gewöhnlichen Lampe
Enthalten zwey große Cänddlaber am Fuße des Altares die
Flamme des ewigen Lichtes. .
Nach der Vollendung dieses herrlichen Tempels schenkte der
Herr Cardinal die ehemahlige Kirche der Gemeinde. Sie be-
nützte das Gebäude, der Gesinnung ihrer Vorfahren gemäß,
zu einem wohlthätigen frommen Zwecke, indem sie es zu ei-
ner Schule und zu der Wohnung des jedesmahligen Lehrers
herstellen ließ» Nur der Thurm würde für das Geläute bey-
behalten, da die neue Kirche nur ein sehr kleines .Thürmchen
hat» Wo ihn der Wanderer noch jetzt findet, stand also einst
6£>
das erste Gotteshaus in Neüdörf, behnahe mitten im Orte. Ein
Capital von i5oo Gulden wurde für den Pfarrer und Schutt
lehrer zu Medling, als Entschädigung für die in Neudorf ver- ,
lernen Einkünfte, gegeben; Neudorf zur eigenen Pfarre erho-
b n, und bey selber Joseph Georg Gr ueber, als erster
Pfarrer angestellt. —
Schon im Jahre 178t hatte er dem Beneficiatett eille
andere Wohnung angewiesen, und nun erbaute er auch 1786
einen eigenen Pfarrhof mit einem Stockwerke, und bestimmte
den nahe liegenden Grund voll 700 Quadrat-Klaftern zum
Garten. Seine Verwendung brachte es im Jahre 1794 auch
dahin, daß dem Pfarrer zur Ergänzung der Congrua ein Be-
trag von 400 Gulden aus dem Religionsfvnde angewiesen
wurde. Mit allem Rechte setzte der ehrwürdige Oberhirte die
Bedingniß fest, daß Wiens Erzbischof das Patronats-Recht
über die Pfarre besitzen solle. Auch die Gemeinde trug zu die-
sem wohlthätigen Wirken ihr Schärflein bey. Im treuen Ver-
eine hatte sie die Schute hergestellt, und das ehemahlige Schul-
Haus zu einem Arckenhaustz umgeformt; mehrere einzelne Glie-
der sorgten für den Unterhalt der Kirche und ihres Vorstehers
durch Stiftungen; und Joseph Schocher, Handelsmann,
(f 1807) bestimmte ein Capital von 8000 Gulden, damit von
den abfallenden Interessen ein Cooperator erhalten würde, der
dann für ihn wöchentlich ein Mahl das heilige Meßopfer ver-
richten sollte.
Durch Spenden erhielt die Kirche ein bedeutendes Vermö-
gen , das 1811 an Stifts-Capitalien i8vo Gulden, an wirk-
lichem Eigenthume an 3ooo Gülden ausmacht^. Das letz-
tere besteht größten Theils aus Realitäten; denn die bereits
angeführten Grundstücke der vorigen Kirche zum heiligen Wolf-
gang vermehrten sich gleichfalls durch wohlthätige Schenkungen
zu einem kleinen Grundbuche, i6JochAecker> 42 Pfund Wein-
gärten und 6 Tagwerke Wiesen. — Nebst diesen besitzet sie
noch einen Reichthum an Paramenten, gleichfalls das Ver-
dienst der wackeren Gemeinde. v Zwey Mahl wurde sie dieser
Schätze durch gewaltsame Einbrüche beraübt; da beschloß man,
düse zur größeren Sicherheit in den Glockenthurm zu ver-
E
66
wahren. Wein ein Blitzstrahl schlug im Jahre 1811 in den-
selben/ und im Augenblicke war der ganze Vorrath verbrannt.
Doch die Thätigkeit des Herrn Pfarrers/ Johann Ebneter,
Und die bedeutende Unterstützung des Herrn Friedrich Kienlein,
Inhabers eines Ziegelofens in Neudorf/ ersetzten bald den er-
littenen Schaden. Der Letztere/ ein Anhänger des protestanti-
schen Glaubens/ schaffte nicht nur aus seinem eigenen Vermö-
gen Mehrere nöthige Kirchenkleider und Ornate herbey / ja / er
verfertigte sogar mit eigener Hand einen prächtigen / reich mit
Silber gestickten Traghimmel/ und unter dem dermahligen
Herrn Pfarrer/ Johann Michael Berktold/ auch noch vier
neue Kirchensähne/ mit Silber und Gold reich ausgestattet.
Einer Schule geschieht ausdrücklich in einem Berichte des
Beneficiaten Rusam / vdm Jahre 1766 Meldung. Da aber
der Ort von so hohem Alterthume ist/ im fünfzehnten und
sechzehnten Jahrhunderte eine bedeutende Blüthe erreicht hatte/
so läßt es sich wohl vermuthen / daß schon sehr frühe hier eine
Schule existir'te.
V. Localie Gißhübel ').
(^ißhübel, Gaishügel/ vielleicht auch Guß hüg el/
ist ein kleines Dörfchen von 47 Häusern/ in denen 2Z4 See-
len wohnen/ die mit der Filiale Hochleuren von 49 See-
len eine Pfarrmenge von 3o3 Personen ausmachen. Es hat
einen eigenen Local-Caplan/ und liegt auf einer Anhöhe neben
Lichtenstein/ zu welcher Herrschaft selbes auch noch gehörig ist.
Einer Urkunde des kaiserl. Hofkammer-Archives
v. I. 1692 zu Folge/ hat der Besitzer von Medling und Lich-
1) Nach dem eingeschickten Berichte des Herrn Pfarr - Administrators
Hyazinth Kugl.er, vom Jahre 1816; nach den Acten dieser
Pfarre in dem erzbischöflichen Consistorial-Archive Lit. G. Nr. XII. und
>8, und nach dem Protocollum , notitiam rerum acl ecclesiam et
beneficium in Güshübel spectanfchim continens, conscriptum a Jos.
Kleaner, Benefic'.ato ibidem 1772.
b?
tenstem, Anton Pögl, Liesen Hügel zu Baustellen verthei-
let, und auf solche Art diesen Ort gestiftet«
Der traurige Umstand, daß bey übler Witterung und zur
Winterszeit die hiesigen Bewohner von aller Gemeinschaft
mit ihren Nachbarn in der Ebene, und selbst von ihrem da-
mahligen Seelenhirten, dem Pfarrer zu Medling, abgeschnitten
waren, mag den hier zur Sommerszeit wohnenden Johann
F r a n z P e i ck h a r t, gewesenen Bürgermeister in Wien, be-
wogen haben, sich im Jahr 1690 eine eigene Capelle zu
Ehren derallerheiligstenDreyfaltigkeitin seinem
Hause zu erwirken, die nach seinem Tode Herr von Reich-
mann, N. Oesterr. Regierungsrath, sammt dem Hause käuf-
lich an sich brachte.
Dieser schenkte im Jahre 1747 Haus und Capelle, nebst
einer Wiese, zwey kleinen Aeckern, und einem Krautgarten,
seinem Messeleser Joseph Ottmann, einstmahligen Vi-
carius zu Purkersdorf, welcher dann aus eigenem Vermögen,
und mit Hülfe der Gemeinde und anderer Gutthäter, ein
größeres Kirchlein mit einem Thurme erbaute, und das von
f dieser Sammlung noch erübrigte Geld zum Nutzen dieses Kirch-
leins bey der Gemeinde gegen Verzinsung anlegte.
Dieser eifrige Priester hatte schon im Jahr 1740 von der
Jungfrau Barbara Schmid 3ooofl. für eine heilige Messe
auf alle Sonn- und Feyertage, und dann im Jahre »743
von der Katharina Lehrenbecher, einer Bürgerswittwe
von Wien, 6000 fl. zu Stiftung einer täglichen Messe erhal-
ten , und die Besetzung dieser beyden Stiftungen dem löbli-
chen Magistrate zu Wien überlassen.
Als Ottmann im Jahre 175b starb, verlieh obgedachter
Magistrat beyde Benefnien an den Priester Anton Riener,
unter welchem die Kirche durch Johann Paduzi, damahls
Herrn der gegenwärtig Neupergischen Häuser in Enzersdorf
(siehe die Pfarrgeschichte von Enzersdorf), den Tabernakel mit
dem ewigen Lichte, und durch Herrn S t e k h 0 l z e r die Pa-
ramente erhielt.
Im Jahr 1768 folgte ihm im Genusse der hiesigen Messen
Johann Georg Hauneder, unter dem, gleichfalls von
E S!
bii
Wohlthätern, die beyden Seitenaltäre zum Andenken der hell.
Anna, und des heil. Johann von Nepomuk errichtet
wurden.
Im Jahre »767 resignirte Hauneder auf den Genuß der
beyden Äeneficien *), vorauf dann im Jahr 1768 diese dem
Joseph Klenner von dem Magistrate zu Wien verliehen
wurden. Von ihm rst das Eingangs genannte Protokoll; auch
hat er durch seinen Eifer der . Kirche Wohlthäter zugebracht,
wodurch ihr manches Gute zugeflossen ist. Vorzüglich zeichnete
sich mit Herbeyschaffung des nöthigen Priester- und KircheN-
schmuckes die Fraü Ro sal i a v. Z 0 rn aus, deren schönes
Beyspiel ihr edler Sohn, der N: Oesterr. Ständische Secretär,
Joseph von Zorn, nachahmte.
Das Verleihungsrecht übte der Magistrat bis zum Jahre.
-1784 aus, in welchem bereits Baron Penkler, damahls Herr
zu Lichtenstein, als Patron und Vogtherr dieser Kirche er-
scheinet, die ein Jahr früher von der Pfarre Medling getrennet,
und mit der aus 49-Personen bestehenden Filiale Hochleuten
zur eigenen Local-Captaney erhoben wurde.
Sie stand im Jahr i8o5 unter dem Patronate des Für-
sten Poniatowsky, welcher selbe mit Lichtenstein und
Brunn im Jahri8io dem Fürsten von Lichtenstein ver-
kaufte, von welcher Zeit an diese Localie unter dem Patro-
nate dieser Fürstenfamilie steht.
Zum erstenLocal-Caplane wurde im Jahre 1788 Heinrich
Zigulnik, ehemahliger Beneficiat, vorgeschlagen, der aber
im Jahr 1787 in den Deficienten- Stand trat, und Franz
TaverGsur, vormahligen Cooperatör in Erdberg, zum Nach-
folger erhielt.
Auch er war im Jahr 1791 Deficienten - Priester, und eilt
seine Stelle kam P. Aurelian Baumingen, ein Franzis-
kaner. In dem Ungläcksjahre 1809, als der Pfarrhof gleich dem
ganzen Orte eine Beute wilder Plünderer wurde, zwangen
ihn Elend und Noth sein Dorf zu verlassen, um durch die
Flucht sein Leben und einige Kirchengerathschaften zu sichern.
») Er kam als Schloß-Caplan nach Frida«.
69
So wohlgemeint anfangs die beyden hiesigen Mefistif-
tungen waren, so fielen doch späterhin , der steigenden Theue-
rung wegen, die auferlegten Verbindlichkeiten einem jeweili-
gen Seelsorger äußerst beschwerlich *). Mit harter Mühe war
er mit der Eongrua gedeckt; weßwegen denn auch dem Local-
Caplan Aurelian Bauminger allerhöchsten Ortes eine Zulage
von 60 fl. bewilliget, und bey seiner weiteren Beförderung so-
gar der Antrag gemacht wurde, diese Localie eingehen zu las-
sen. Doch die Localität dieses Dörfchens; seine, wenigstens eine
Stunde betragende Entfernung von den nächsten zwey Ort-
schaften Perchtoldsdorf und Medling; die Gefahr, eine Ge-
meinde , die gerade der Waldgegend wegen etwas Rauhes in
ihrem Charakter annimmt, yhne Belehrung zu lassen; die
Rücksicht für die Alten und Schwachen aus der Gemeinde/
pnd endlich die Beschwerden und Mühseligkeiten, denen zur Win-
terszeit und bey Wassergüssen alle die Kirche und Schule besu-
chenden Kinder ausgesetzt sind, sprach mächtig für die Fort-
hauer der bestehenden Localie, und sie wurde auch durch die ver-
besserte Dotation des.Seelsorgers möglich.
Unterdessen erhielt in den neuesten Zeiten alles wieder eine
andere Gestalt. Mit dem Falle der Interessen, die auf die
Hälfte herabgesetzt wurden, konnte man diese Localie nur ryit
einem einstweiligen Proyisor, in der Person des P. Hya-
crnth Kugler, eines unbeschuhten Carmeliten, besetzen,
nach dessen Tode sie Theophil Leuter, als ordentlicher Lo-
ealist erhielt. Weil in der neuesten Zeit der alte, mit feem
Bilde der atterheiligsten Dreyeinigkeit gezierte H och altar,
schon sehr schadhaft geworden war, und ungemein abgenützt
») Der Beneficiat wußte, um die Verbindlichkeit des Schmidischen Be-
neficiums zu erfüllen, für die Sonn- und Feyertage einen Geistlichen
kommen lassen, der diese gestiftete Messe persolvirtte. Erst thaten die-
ses noch pie P. P. Kapuziner von Medling, theils auch dje Franziskaner
von Enzersdorf. Da indessen erstere aufgehoben wurden, und letzteren Al-
tershalber die Besteigung der Anhöhe, auf welchem Gißhübel liegt, zu
beschwerlich fiel, so bewilligte dje Landesregierung schon im Jahre 178»
einen pensionirten zweyten Geistlichen im Orte, der, wenn er schon
nicht zur Seelsorge geeignet wäre, doch die erwähnte Verbindlichkeit
erfüllte. Späterhin konnte man wegen Mangel an Geistlichen, und der
Dürftigkeit seiner Existenz, auch einen solchen nicht mehr finden,
7®
aussah/ ließ der nähmliche Wohlthäter/ der schon früher im Jahre
»820 in Enzersdorf/ durch den jungen Mahler Höfel/ em
neues Altarblatt verfertigen ließ / in diesem Jahre allhier einen
neuen Tabernakel aufsetzen.
Die Schule entstand wahrscheinlich mit der Localie zu-
gleich / das ist im Jahr 1764. Vor diesem Zeitpuncte mußten
die Kinder vermuthlich die eine Stunde entlegene Medlinger?
Schule besuchen.
VI, Localie Hinterbrühl ‘).
Bey der Ausfahrt aus Medling befindet man sich plötzlich in
einem engen Thale, das sich durch seine ungeheuren/ sonderbar
geformten Steinmaffen, aus denen hier und da einige ver-
krüppelte Baume hervor ragen/ gewiß von allen übrigen Ge?
genden Oesterreichs merklich unterscheidet. Dieses Thal ist etwa
eine halbe Stunde lang / und beyde Seiten bestehen rn einem
fort aus ein- und ausspringenden Felsenwinkeln/ zwischen
welchen der Medlingbach im wechselnden Laufe sich durchschlän-
gelt. Hier findet man die beschwerliche und beynahe zwey Stun-
den ausgedehnte Local-Pfarre Brühl oder Hinterbrühl.
Die Häuser von Vorder- und Hinterbrühl/ deren
Anzahl sich unter Kaiser Joseph IL auf 41 mit 310 Seelen
erstreckte/ liegen, des ungleichen Bodens wegen, zerstreuet, und
mitten unter diesen einsamen Hütten steht die ärmliche Pfarr-
kirche zum heiligen Veit, zwischen dem Todtenacker und
der kleinen unbedeutenden Schule.
Erstere dankt ihre Entstehung der Andacht und Frömmig-
keit eines Wieners, und der hiesigen Einwohner selbst. — Um
das Jahr 1691 verabredeten sich nähmlich ewige Nachbarn auS
der Gemeinde, wegen oft schon erlittenem Schauer und Re-
gengüssen, einen Thurm zu erbauen, und ein kleines Glöck-
1) Nach dem im Jahre 1816 eingeschickten Berichte des Herrn Local-Pfar-
rers Ignaz Marti nek. AuSgehoben aus dem Archive der N, Oefterr.
Herren Stande»
7*
lein anzuschaffen , um, wie sie glaubten, den Schaden des
Ungewitters künftighin abzuwenden. 1693 errichteten sie wirk-
lich einen kleinen hölzernen Hchurm, schafften irt folgenden
Jahre das Glöcklein herbey, und zimmerten nebenbey auch eine
kleine Capelle von Holz, um alldort öfters sich zu einem
gemeinschaftlichen Gebethe zu vereinigen. ^
Nach 3o Jahren riß ein heftiger Sturmwind Thurm und
Capelle zu Boden, und die Gemeinde beschloß, weil bereits eine
zweyte größere Glocke herbeygeschafft war, einen Thurm von
Stein aufzuführen. Zu dieser Zeit besaß nun ein gewisser
Resch von Wien, Einnehmer im Banco, das dermahlige Phi-
lipp Sonnleithnensche Haus, und beredete die Gemeinde, den
beabsichtigten Thurm und die Capelle nicht mehr auf den vori-
gen entfernten Platz, sondern seinem Hause gegen über, zu er-
bauen. Er streckte auch dazu einiges Geld vor; und so fing man
im Jahre 1724 den Bau der gegenwärtigen Kirche und
des Thurmes an, und setzte ihn auch nach dem Maße der Ge-
mein-Mitteln fort.
Inzwischen hatte aber der Marktrath von Medling die
Beendigung des Baues durch die Vorstellung zu hinter-
treiben gesucht, daß dergleichen Kirchenbau der Pfarr- und
Mutterkirche zu Medling, und dem dortigen Pfarrer, in Hin-
sicht des Einkommens allenfalls schädlich seyn könnte. Doch die
Ortsherrschaft, Carl Joseph Baron von Waffenberg, Herr der
Burg Medling, Veste Lichtenstein r nahm sich der armen za-
genden Gemeinde an, und erwirkte ihr zu Wien die gnädige
Erlaubniß, den begonnenen Bau, weil er schon weit vorge-
schritten war, fortsetzen zu dürfen. Mit. neuem Muthe, aber
bey gänzlich erschöpften Gemein-Mitteln, nahm jetzt die Ge-
meinde 3oo fl. als Darlehen; und noch im nähmlichen Jahre
1735 stand die Kirche vollendet vor Augen.
Die Kirche war also fertig; aber die Hauptsache mangelte
noch, nähmlich der Gottesdienst. Zwar wurde auf Bitten
der Gemeinde zuweilen durch einen Caplan von Medling, oder
einen anderen Priester, hier Messe gelesen; allein erst im 1.1742
kam ein gewisser P. Joseph von Wien hinaus, um hier täg-
lich eine heilige Messe zu feyero, wofür er vyn einer
73
Wienerischen Gastwirthin (die gerade auf dem Lande eine solche
fromme Stiftung machen wollte) alljährlich 3oo fl., und von
der Gemeinde freye Wohnung, und 8 Klafter Holz oder 26 fl.
erhielt. 19 Jahre dauerte diese Einrichtung fort; weil man
aber versäumt hatte, in diese fromme Gutthäterin zu dringen,
damit ein bestimmtes Capital stiftungsmäßig angelegt würde,
so ward nach dieser Zeit die Gemeinde neuerdings des eigenen
Gottesdienstes beraubt.
In der Folge hatte ein gewisser Herr Pock von Aren-
holz, im Jahre 1772 oder 1774, ein eigenes B e n e f i c i u m
im Hinterbrühl mit 7Zoofl. dotirt; und auch andere klei-
nere Messenstiftungen dadurch veranlaßt. Insbesondere wurde
durch die Legate eines Patuzi, Philipp Stellte und Mathias
Schult, schon seit 1768 ein Capital von i5qo fl. auf eine
Frühmesse zusammengebracht, und deren Besorgung dem
jeweiligen Pfarrer zu Medling dann übertragen.
So standen die Sachen, als endlich auch unter Joseph II.
diese Kirche zu Hinterbrüht, gleich vielen andern, zu einer
für sich bestehenden Local-Pfarre erhoben, und ihr die bey-
den noch bestehenden Filialen, V 0 rderbrühl und W e i-
ßenbach, nnt ungefähr 4oq Personen beygefügt wurden.
Als ersten Seelsorger erhielt sie im Jahre 1788 Herrn Mi-'
chael Korn, der aber gegenwärtig zu Brunn sich befindet.
Im Jahre i8o5 scheint man zwar angetragen zu haben,
diese Localie, des dürftigen Einkommens wegen, ganz auf-
hören zu lassen; doch ihr Fortbestand ward noch im nähmlichen
Jahre befohlen, und im Jahre 1810 die Gemeinde zu einem
besondern Reverse bewogen, vermöge welchem sie zur besseren
Unterhaltung ihres Seelsorgers jährlich 7 1/2 Eimer Most,
und 96 fl. beyzutragen versprach.
Jetzt ist die Kirche mit einem Stammvermögen von
1400 fl. versehen, nach gewöhnlicher Art gebaut, und mit drey
Altären verzieret, die dem heil. Vitus, der seligsten Jungfrau
Maria, und dem heil. Franz Taverius gewidmet sind. —Pa-
tron und V 0 gteyherr war einstens Freyherr von Penk---
ler; dann Stanislaus Fürst von Poniatowsky; jetzt Fürst Jo-
hann von Lichtenstein. Beym ersten Beginnen war dieses Recht
sogar wechselseitig vom Erzbischöfe, und dann von der Herrschaft
Brunn ausgeübt worden, wie es der Pock von Arenholzische
Stiftbrief hinlänglich beurkundet.
VH. Markt Perchtoldsdorf
Zu einem gleich Medling merkwürdigen, und diesem in
historischer Rücksicht sehr ähnlichen Orte, führt uns nun die
Reihe unserer Schilderungen. Es ist dieser der Markt P erch-
toldsdorf oder Bertheldsdorf, gewöhnlich Peters-
dorf genannt, eine Stunde südwärts von Wien zwischen Lie-
sing, Rodaun und Brunn, am Abhange des Gebirges gelegen.
Kuspinian^) gibt dem Markte ein hohes Alter, und setzt
sein Entstehen in die Zeiten des ersten österreichischen Markgra-
fen Leopold des Erlauchten, den Kaiser Otto II. im Jahre
q83 mit Oesterreich belehnte. Dieser Markgraf Leopold soll/
nach K u spinians Meinung, drey Brüder gehabt haben,
Berchtold, Gundold und Gumbold, von denen die
drey österreichischen Märkte, Perch toldsdorf, Gundels-
dorf (Guntramsdorf) und Gumpoldskirchen erbauet
und benannt wurden. Weiter führt er jedoch für seine Be-
hauptung keine Gründe an. Diese sinkt schon dadurch zur
Sage herab, da der Nahme unseres Marktes erst in Urkunden
des dreyzehnten Jahrhundertes vorkömmt.
Hundert Jahre später setzt Wolfgang Lazius * 2 3) mit
mehr Wahrscheinlichkeit den Ursprung von Perchtoldsdorf. Er
schreibt denselben einem Gliede der ausgezeichneten Familia
Berchtoldsdorf zu, die bereits um diese Zeit in Oester-
reich blühte, wie uns mehrere Urkunden beweisen» So finden
») Nach einem hinterlassenen Manuskripte des gelehrten Domherrn Smit-
läer,' und nach Beyträgen des k. k. Hofkammer -Archives.
2) ln Austria cum omnibus ejusdem marchionibus, ducibus, Archidvi-
cibus, et rebus ab iisdqm gestis. Edit, 2. Francof. 1061. fol. p. 9.
3) In libro III. cojnment. Berum Viennens, Bas. x546. cap. II. p. 10©
Nobiles quidam pagum liabuerunt a conditore appellatum Bereit-
toldsdorf.
7 4
wir einen Heinrich von Pertoldesdorf 1) schon vor
dem Jahre n35 in dem Schenkungsbriefe, den Markgraf
'Adalbert (erstgeborner Sohn Leopold des Heiligen) über emen
Hof zu Gezendorf dem Stifte Klosterneuburg ausfertigte.
Ein anderer Heinrich ist gleichfalls in einer Urkunde Leo->
poldsVIU (f 1194) unterzeichnet a). Als Heinrich im Ver-
eine mit seiner Gattin durch die Schenkung des Gutes Wil-
lehalmisdorf (Wilhelmsdorf im V. U. M. B.) selbst Wohl-
thäter des Stiftes Klosterneuburg wurde / erscheint in der
Urkunde als Zeuge sein Bruder Adalbert von Pertoldes-
dorf?). Das Saalbuch des erst erwähnten Stiftes nennt
uns ferner auch eine Gertraut von Pertoldesdorf.
Der Sterbetag dieser frommen Frau ist in dem Todtenver-
zeichnisse auf den 17. August mit folgenden Worten ange-
merkt: Domina Gertrudis de Pertoldesdorf longa cum
deficeret infirmitate coram Abbate 8. Crucis et Sco-
fcorum pro remedio animae suae deposuit Ecclesiae duo
beneficia Prunnae in manu Praeppsiti Wernhpri (Propst
von 1167 bis 1186, und von 1192 bis 1194) deleganda ad
aram 8. Mariae.
Die Behauptung des Dr. Lazius wurde noch einen hö-
heren Grad von Wahrscheinlichkeit erhalten/ wenn wir den
Ursprung der Familie Berchtoldsdorf anzugeben vermöchten.
Leider herrscht hier gleichfalls ein großes Dunkel, Nach ei-
ner der ältesten Chroniken Oesterreichs^)/ die den Propst zu
Klosterneuburg Jakob zum Verfasser hat/ und im Jahre
1491 zu Basel im Drucke erschien / sollen die Herren von
Berchtoldsdorf/ so wie die Familien der Chunringer/ PoL-
tendorfer, Falkenberger/ Starkenberger / Hackenberger rc. rc./
Abkömmlinge A z z o's von K u e n r i ng / Herrn zu G 0 bats-
burg (1070—1092) seyn, womit auch Veit Arenpek über-
einstimmt. Ließe sich diese Angabe beweisen / so könnten wir
,) Max. Fischer's Urkunden-Sammlung, p. 37.
2) Wurmbrand, Collectan. Oenealog. Hi8t. ^.ustr. p. 166.
3) S. den Codex tradit. im Stifte Klosterneuburg, und dessen Necro-
logiiim auf den 16. Iunius.
4) S. Hie,ron. Petz, Script rer. austr, Tom. II. col. 1193.
7S
den Ursprung von Perchtoldsdorf, wie Dr. Lazius will,
in das Ende des eilften, oder zu Anfange des zwölften Jahr-
hundertes setzen. Azzo, im Jahre io83 Oesterreichs Retter,
erscheint in den öffentlichen Staatshandlungen Er ne st des
Unerschrockenen und dessen Sohnes Leopold des Schö-
nen, immer unter den erstenZeugen, unmittelbar nach Herzog
gen und Markgrafen, und als Besitzer von wichtigen Burgen^
herrlichen Meierhöfen und Gerechtsamen. Die Ehre und das
Ansehen, mit dem die Liebe seiner Fürsten und die Größe seiner
Reichthümer ihn überstrahlte, gmg wahrscheinlich auf seine
Enkel über. Wichtige Aemter, die sie begleiteten, fesselten sie
an den Hof und an die Person des Fürsten. Als nun Leo-
pold der Heilige seine Residenz auf den Kahlenberg über-
trug, so rnag auch von rhnen einer in dieser Gegend eine Burg
erbauet haben, um in der Nahe seines Fürsten zu weilen.
Noch mehr Recht zu dieser Behauptung böthe uns ein Ma-
nuskript des Dr. Lazius dar, welches in der k. k. Hofbiblio-
thek aufbewahret wird, und eine Beschreibung der adeligen
Familien Unterösterrerchs enthalt, wenn nur die historische Kri-
tik nicht so viel gegen des Verfassers Wahrheitsliebe einzuwen-
den hatte. In demselben behauptet er, in Urkunden des Stif-
tes Heiligenkreuz vom Jahre ii5a entdecket zu haben, daß der
Stammvater der Herren von Berchtoldsdorf jener Otto,
Castellanus von Medling sey *), dessen schon 1114 Urkunden
des Stiftes Klosterneuburg gedenken. Seine Söhne, Wolf-
ke r und Rapoto, bekleideten gleichfalls die in jenen Zeiten
so ansehnliche Würde eines Castellanes * und sollen das Kam-
meramt Perchtoldsdorf, und mehrere andere bedeutende Güter,
besessen haben, als: Gereut (Mauer), Kalksburg,. Eckartsau,
Hof an der March, die Veste Stupfenreich, mit den Dörfern
Praitenwaidach, Velabrun und Dewchstorf. In der Folge
erhielten sie, wie Lazius sagt, vom Kaiser Rudolph zu Le-
hen : Sommerfeld, Stinkenbrun, Engelhartsstetten und Leub-
weiß nicht weit von der Taya, endlich sogar Weidlingen , das
,) Siehe die Geschichte der Burg Medttng, S« 7^
fh
Lazius irng zu einer Grafschaft erhebt, und in die Nahe
von Waldeck setzt.
Mag nun der geneigte Leser einer oder der anderen dieser
Genealogien beystimmen, so kann das Daseyn Perchtoldsdorfs
auf keine Weise, wie der Verfasser des Panorama von Wiens
Umgebungen, S. 278, glaubt, vor jenen Zeitpunct gesetzt
werden, wo Markgraf Heinrich von dem Kaiser bedeutende
Allodien zwischen der Liesing, Triesting und dem Dürrenbache
erhielt (1002). Zn Urkunden wird des Ortes erst im drey-
zehnten Jahrhunderte gedacht. Erst als Leopold der Hei-
lige seine Residenz mehr an die Gränze des Landes rückte,
und sich die Hügel rings umher mit Schlössern seiner Ministe-
rialen bedeckten, mag einBerthold, ein Enkel jenes Azzo,
oder der Söhne Otto's, deren Castellanen-Amt zu Medling mit
der Besitznahme Heinrich sJasomirgott endete, in die-
ser Gegend einen Hof erbauet haben. Vielleicht stand damahls
schon das Dörfchen Arnstetten, welches ehemahls zwischen
R 0 d a u n und Perchtoldsdorf lag, nun aber von dem letz-
teren verschlungen worden ist, wodurch der neue Hof Anmuth
rrnd Leben, und durch den Bau mehrerer Hütten für die Leib-
eigenen, das Ansehen eines Dörfchens erhielt, dem der Besitzer
den Nahmen Berchtoldsdorf gab.
So wie die späteren Jahrhunderte reicher an Denkmahlen
für die Geschichte werden , um so häufiger erscheint zwar nicht
der Ort, doch die Familie Berchtoldsdorf in den Jahr-
büchern des Vaterlandes. Von *204. his 1286 finden wir
drey Otto's von Berchtoldsdorf, deren Schicksale und Tha-
ten wir nicht gehörig zu sondern vermögen. Otto der Ael-
tere, Kämmerer iw Oesterreich, wird von Leopold VH.
(f i23o) in seinen dem Stifte St. Florian 1208 und 1209
gegebenen Freyheitsbriefen zum Zeugen gerufen. Eben so fin-
den wir ihn unter den Stiftbriefen des Klosters Lilienfeld vom
Jahre 1209 1). Als Zeugen finden wir ihn gleichfalls in der
Urkunde unterschrieben, mittelst welcher Herzog Friedrich der
r) S- Chrys. Hanthaler £asc. Cafnpjlil. Tom. H
77
Streitbare 1281 dem Propste zu Klosterneuburg die Mauth-
freyheit an der Donau bestätigte *), und in den Schenkungsbrie-
fen des H. H e i n r i ch 6 von M e d l i n g, mittelst deren Kloster-
neübutg die Dörfer Sulz und Kogelbrunn erhielt ^). Seine
Gemahlin war Elisabet ha von Po lh e i m 1 * 3). Um Perch-
toldsdorf machte er sich hochverdient durch den Bau einer Ca-
pelle, die er im Vereine mit mehreren Adeligen unternahm,
zu der er in der Folge auch einen Priester stiftete 4). Her-
tnannus de Perchtoldsdorf et Rudwinus et Diethes us fra^-
tres et u^ores et pueri eorüm9 werden im Jahre 1217 in
der Anordnung erwähnt, welcheHadmarll. vonKuenring,
ehe er seinen Zug nach Palästina unternahm, über die Ver-
theilung seiner Güter machte, wie wir in den libris fundat.
et trad. des Klosters Zwettl Et. g. Fol. 266 finden. — Der
zweyte ö 1t0 und Heinrich von Perchtoldsdorf, sind
als Zeugen angeführt in dem Schenküngsbriefe des Grafen
Liuth 0 ld von H ard eck über das Dorf Höftein an der Do-
nau an das Stift Klosterneuburg im Jahre 1248 5) — fer-
ner im Schenkungsbriefe der'römischen Königin Margare-
tha (H. Friedrichs II. Schwester) über einige dem deutschen Or-
den geschenkte Güter in Erdpurch (24. September 1294 6).
Dann in jenem dem Hochstifte Passau 1268, und dem Stifte
Mölk 125b gegebenen Freyheitsbriefen 7 8). Berühmter als
diese angeführten Glieder der Familie Perchtoldsdorf ist der
dritte Otto, welcher gleichfalls die Würde eines Kämmerers
von Oesterreich bekleidete. Unter diesem Nahmen erscheint er
schon 1262 in dem Freyheitsbriefe des Frauenklosters zu Er-
la^). Das Ansehen, welche diese abermahts erworbene Würde,
mit der bedeutende Lehen verbunden waren, über ihn und seine
1) S. Max. Fischer's Urkunden, S. *85»
i*) Eben daselbst, *87.'
3) S. Prevetthuber Genealögia Polhemianai, p. 454»
4) ©* Pliil. ttueber Austr. ex Arch. Mellic. illiäst. lib. 1. ü. r. fr rD
ü) <I. kern. Petz, Thes. Aneed. 1. VI. p. 98.
6) Si Duelli hist. ord. Teilt. P. III. cap. 2. foL 54
7) S. Hueber loc. eit. p. 28.
8) S. kern. Petz, Cod. dipl. P H. fol. 108.
-H8
Familie verbreitöte, munterte ihn vermuthlich auf, den Wohn-
sitz seiner Vater zu verlassen, und auf dem benachbarten Geiß-
berge, welcher im Kaltenleutgeber-Lhale, aber im Berchtolds-
dorfer Burgfrieden liegt, eine Burg zu erbauen, Kammerstein
genannt, welcher Nahme dem Hügel noch geblieben ist, obgleich
ihn jetzt nur unbedeutende Ruinen bedecken'). Hier weilend er-
wartete er die Stürme, die sowohl über seine häuslichen Verhält-
nisse, als über das Vaterland hereinbrachen. Er wurde im Laufe
der Jahre Gatte dreyer Frauen, von welcher die erste nach den
Genealogen eine Edle vonTann enberg; die zweyte dieToch-
ter Orto s von Schleinz, Margaretha^); die dritte Ochh-
n ey (Euphemia), Tochter Rudolphs von Pottendorf, war * 2 3).
Diese letztere, welche ihn überlebte, erscheint als eine besondere
Wohlrhäterin der Mtnderbrüder in Wien, in deren Kloster
sie auch begraben wurde 4).
Als der Tod Friedrich des Streitbaren (f 1248) das Va-
terland verwaiste / wußte er sich klug theils der List, theils der
Gewalt zu fügen, die Ottokar zum Regenten Oesterreichs er-
hob, doch ohne sich selbst.der Person des neuen Herrschers zu
nähern. Nur drey Mahl kömmt während der Regierung Otto-
kars (i25i —1276) in öffentlichen Urkunden Ottos Nahme
vor, der als Kämmerer Oesterreichs gewiß viele Gelegenheit
gehübt hatte, in der Nähe des Königes zu weilen. Nichts
r) Wenn man einer Angabe H a s e l b a ch s trauen dürfte, der »464
als hiesiger Pfarrer starb, so wäre noch zu Lebzeiten Ottos- diese Burg
von Albrecht!, zerstöret worden, indem Otto großen Antheil an jenem
Aufstande genommen haben soll, den der Landadel Oesterreichs gegen
Albrecht im Iahre 1290 erhob. Allein offenbar hat hier Haselbach nur
einer Sage nachgeschrieben, die zu feiner Zeit im Munde des Volkes
war; denn Otto war bereits im Iahre 1286 verstorben, und die ganze
Begebenheit mag sich vielleicht unter dem nächstfolgenden Besitzer des
Schlosses ereignet haben.
2) Mit Margaretha erheirathete er das Gut Ainzinspach, das er spätes
hin (1281) an Ulrich von Kapell verkaufte.
3) S. Ludwig Reliq. Manusc. T. IY. p. 45. Num. XX. Lynk Annal.
Zwetl. p. 4^6.
4) . Necrol. P. P. Min. Convent. Yiennae ad XX. Kal. Aprill. Anniver-
sarium Dominae Offimiae de Perchtolclsdorf; fratres tenentur celöbra-
re j qui habuerunt ab ea 60 mareas puri argenti ot »3c. libras dena~
79
unterließ Ottokar, ihn an seine Person zu fesseln. Er bestätigte
ihm nicht nur den Besitz, aller von den Landesfürsten abhän-
genden Lehen und des Kammeramtes, er sorgte sogar für die
Erhebung seiner Familie. Denn als der letzte Besitzer von
Eckartsau, ein Verwandter der Herren von Perchtoldsdorf *),
zur Strafe seiner Räubereyen den gerechten Tod erlitt, über-
gab Ottokar die sämmtlichen Güter desselben den Söhnen
Otto's erster Ehe, die auch darum nicht mehr den Nahmen
Bertholdsdorf führten. Doch der fremde Herrscher konnte das
Herz des biedern Otto nicht gewinnen» Zurückgezogen vom
Hofe, lebte er nur seinen Pflichten und den Uebungen religiöser
Frömmigkeit. Die Aebtiffin des Klosters zu St. Nikolaus in
Wien erwählte ihn 1276 zum Vogte ihres Klosters a). Allein
ein neuer Geist beseelte ihn, als die Wahl Rudolphs von
Habsburg zum römischen Kaiser auch unserem Vaterlande
eine andere Gestalt gab. Er scheint einer der Erstem gewesen zu
seyn, die dem kaiserlichen Rufe folgten. Dafür vergaß ihn auch
des großen. Monarchen Großmuth nicht. Zwey Wochen vorher
(am n.Nov. 1276) ehe Ottokar den Zepter Oesterreichs in Ru-
dolphs Hände lieferte, erhielt er von dem Kaiser quod in feu-
dis, quae a nobis, et Sac. Imperio tenere dignoscitur dilec-
tus fidelis noster Otto de Percbtoldsdorf, Camerarius
Austriae , alius instituere fündatarios pro suö benepla-
cito Yoluiitatis possit. Ein schöner Lohn seiner Anhänglich-
keit und Treue war auch das Vertrauen, welches ihm der edle
Kaiser schenkte; es gab keine wichtige Angelegenheit, wo
er nicht des biederen Mannes Rath forderte. Ein Beweis da-
für sind die zahlreichen Urkunden, unter welchen wir Otto's
Nahmen lesen. Seiner Tapferkeit wegen, die zu dem sieg-
reichen Ausgange der Entscherdungsschlacht in der Gegend
des Städtchens Laa auf dem Marchfelde Vieles beytrug,
verwandelte Rudolph in einem eigenen Briefe (gegeben zu
Wien am 23. November 1278) die Güter, die Otto von dem
riorum Vien, qüae etiam, quamdiu vixit, exstitit generalis mater ei
liospita omnium fratrum.
r) S. Wisgrill, Artikel Eckartsau.
2) S. Manusc. God. Dipl. Eertholdsd
%q '
Kattdesfürsten zu Lehen hatte/ mit Ausnahme des KamMer-
amtes, in sein Eigenthum, uttd bezeugte ihm fortwährend sein
dolles Vertrauen. Als er i28i seinen.Sohn Albrecht zum
Reichsverweser in Oesterreich uttd Steyermark erwählte/ er-
nannte er Otto'n zu eittem der Rathe/ die er seinem Sohne
an die Seite stellte ; und in dieser Würde finden wir ihn bey
den Vergleichüngsunterhandlungen zwischen den herzoglichen
Brüdern Albrecht und Rudolph *).
Die letzten Tage Otto's füllten Uebungen der Frömmig-
keit/ Wohlthaten gegen Klöster und Verwandte. 1280 ließ
er sich dem geistlichen Vereine des Klosters Zwettl einverlei-
ben a), und machte demselben einen Weingarten bey Krems
zum Geschenke; 1284 überließ er dem Abte Ebro des nähm-
lichen Klosters das EigettthuM über 9 Pfund Pfennige Gül-
len zu Wigleinsdorf 3). Dem Stifte Lilienfeld schenkte er
gleichfalls einige Huben Landes 1286 4) , und noch im nähm-
lichen Jahre seinem Vetter Kaloch von Hindberg das Gehölz
an dem Bache Reichenliesing. Wenige Monathe nachher starb
er/ wie uns ein Brief seiner Witwe Ophney berichtet 5), also
vier Jahre vor dem Aufstande, den der Landadel Oesterreichs
gegen Albrecht!. (1290) erhob.
Nach Otto^s Tode verlöscht der Nahme seiner Familie bald
aus den Jahrbüchern der Geschichte. Seine Söhne erster Ehe
hatten mit dem Besitze von Eckartsau auch den Nahmen des-
selben angenommen und wurden dadurch Gründer eines neuen
Geschlechtes. K a t h a r i n a von P erch t 0 l d s d 0 r f, die sich
13o9 im Kloster Zwettl eine Grabstätte wählte / und dahin
einen Weingarten schenkte6), scheint eine Schwester Otto's ge-
wesen zu sehn. Heinrich von Percht 0 ldsd 0 rf, der in
den Urkunden Rudolph HI. öfters vorkömmt, war vermuthlich
9 Steyr. Oestr.- Landstandveste, Lib. I. p. 296, Wurmbrand,
Collect. Geneal. p. 279.
i) S. Link Annal. Zwetl. Tom. I.
Ä) Eben daselbst, p. 4^6 uttd 446»
4) €?♦ Hanthaler fast, GampiliI, Tom. t, fol. iqo»;
6) S. Bern. Petz Cod. dipl. Hist, epist. P.II. pag, 147.
b) S. Wurmbrand, CoUcct.Gdn’eaL fol. 1692.
ein Sohn Otters letzter Ehe. Er starb kinderlos, wie wir aus
einem Testamente seiner Gattin Gertraud bemerken können *),
die im Hofstaate der Herzogin Blanka, Gemahlin Ru-
dolphs HI., gelebt hat, und mit ihm erlosch auch,der Nahme
seiner Familie. *
Im Eigenthume der Herren von Perchtoldsdorf blühte der
Ort allmählich empor. Schon die Urkunde des Bischofes Ul-
rich von Passau 1216, macht einer Gemeinde zu Perch-
toldsdorf Meldung; doch scheint sie damahls noch sehr klein
gewesen zu seyn, da die Entschädigung an die Kirche zu Brunn
nur in drey solidis bestand. Doch die herrlichen Weinhügel
lockten mehrere Ansiedler herbey , und im vierzehnten Jahr-
hunderte finden wir bereits die ganze Gegend bebauet und
Früchte bringend. Auch mangelte es diesem Fleiße nicht an
Lohn. Die Einwohner scheinen bald zu einer bedeutenden
Wohlhabenheit gekommen zu seyn, wie uns die vielen und
ansehnlichen Stiftungen beweisen, die schon unter dem Pfar-
rer Wurmbrand (f 1870) zur Pfarrkirche gegeben wurden.
Im 'Anfange des vierzehnten Jahrhundertes finden wir
den Ort im Besitze des Landesfürsten. Von diesem Zeitraume
an bekommt er auch für uns geschichtliche Merkwürdigkeit; da
wir ihn als die Dotation der Wittwen unserer Herzoge kennen
lernen. Schon der WittweAlbrechts I. (i3o8 von seinem Vetter
ermordet), Elisabeth, scheint er zugehört zu haben, wie wir
aus einem Briefe Albrechts II. (geschrieben zu Wien 1847) schlie-
ßen, in dem von einem Spitale die Rede ist, das seine Mut-
ter Elisabeth auf der Brandstätte der Hofmarch erbauen
wollte 3). Als sie i3i3 im Kloster zu Rheinfelden
starb, erhielt es Heinrich der Leutselige; wenigstens wissen
wir, daß er das Dorf Arnstätten dem Stifte Heilrgen-
kreuz zum Geschenke gab.
1) Cnneckt, Collectan. Geheal. T. II. Das Testament ist datirt am Montag
nach St. Jörgen 1317,
2) Nicht Pfarrkirche; denn ati solche kommt Brunn noch lange nicht vor.
3) Diese Idee wird auch in einem Briefe Kaiser Friedrichs ausgesprochen.
Geschrieben zu Frankfurt am Tage 8. Petri »Ü vincula »442.
F
82
So bald Albrecht II. nach dem schnellen Verblühen seiner
Brüder (*339) Herr in Oesterreich geworden war, wies er
seiner Gemahlin, Johanna von Pfyrt, Perchtoldsdorf
und die dazu gehörenden Güter zum Genusse an *). Um ihr
den Aufenthalt daselbst recht angenehm zu machen, unternahm
er den Bau eines Schlosses n ä ch st d e r K i r ch e. Die ältesten
Geschichtschreiber Oesterreichs schreiben einmüthrg dem Herzoge
AlbrechtII. den Ball dieses Schlosses zu. Cuspinianu s, m
seinem Büche de Caes. atque Imper. pag. 361 sagt: Al-
bertus cognomento sapiens castrum Bertholdsdorf con-
didit. Eben so D. L a z i u s in libr. III. Chron. Yienn.
pag. loo. Bericbtoldsdorfensis castri fundamenta oppi-
dulique jecit ; denn durch den Aufenthalt der herzoglichen
Wittwen kam der Ort selbst in Aufnahme. Vermuthlich schöpfte
aus dielen Quellen P. Steyerer, als er in seiner Nistoria Ab
berti II. cap. IV, pag. 27 gleichfalls behauptet: castrum
in oppido 8. Bertholdi, vulgo Berchtoldsdorf, ab Al-
berto constructum. Wir haben diese Stellen deßwegen hier
angeführt, um den Werth, der Sage zu bestimmen, die Per-
tholdsdorfzum Sitz e der Tempelherren macht, und ihnen
den Bau dieses Schlosses zuschreibt ^).
Albrecht betrieb die Erbauung mit möglichster Eite. Er
scheint die Absicht gehabt zu haben, es selbst zu bewohnen, da
seine kränklichen Umstände den Besuch der Residenz auf dem
Kahlenberge nicht erlaubten. Zu gleicher Zeit begann er auch
Hand an die Vergrößerung der Pfarrkirche zu legen, wodurch
sie die heutige Gestalt erhielt. Johanna von Pfyrt kam
zwar nie zum eigentlichen Besitze dieses Schlosses, da sie be-
reits fünf Jahre vor ihrem Gemahle starb; allein schon zehn
Jahre darauf betrat es K a t h a r i n a, Tochter Kaiser Carls IV.
0 Daß diese Herzogin einige Güter in Perchtoldsdorf schon um i334
und i345 besessen habe, bezeugt eine von ihr ausgestellte Urkunde bey
Wurmbrand IN Collect. Geneal. Hist. cap. XVI. p. 43., und ein Sigill
Mit der Umschrift: t S......Montan. In Perielitoldsdorf.......Ducisse
Austrie . .. Stirie. ..
2) S. Weiskern in seiner Topographie, r. Thl. p.67.
83
und Wittwe Herzog' Rudolphs IV., der in der Blüthe sei-
ner Jahre dem Tode in die Arme sank. Ihr, der Kaiserstoch-
ter, vermehrten die Herzoge Oesterreichs das Witthum durch die
Eurer, welche ihnen Agnes v. Kuenring, Gattin Fried-
richs v. Wallsee, zu Perchtoldsdorf und Medling um
1700 Pf. Pfennige verkauft hatte 1). Der Aufenthalt dieser
Fürstin in Perchtoldsdorf war für jetzt nur von kurzer Dauer;
sie vertauschte abermahls den Wittwenschleyer mit dem Myr-
tenkränze, und folgte ihrem neuen Gemahle, dem Markgrafen
Otto von Brandenburg, in sein Land. Doch, als auch dieser
Fürst ihr 1879 durch den Tod entrissen wurde, kehrte sie wie-
der nach Perchtoldsdorf zurück. Hier lebte die zweyfache Wittwe
noch durch 12 Jahre, bis zum 26. Aprill i3y5, und wurde in
der Domkirche bey St Stephan neben ihrem ersten Gatten
Rudolph beygesetzt ^).
Noch m demselben Jahre (am 29. August) starb Albrecht
III., und seine Wittwe Beatrix, Tochter des Burggrafen
von Nürnberg, nahm von dem erledigtem Witthume Besitz.
Schon bey ihrer Vermählung war es ihr, mit Freystadt und ei-
nem Hause zu Tulbingen, zugesichert worden. Die 19 Jahre,
welche diese Fürstin hier im Wittwenstande zubrachte, waren
eine Reihe von Wohlthaten für den Ort, der seit dieser Zeit
Bedeutung und Werth erhielt. 'Auf ihre Verwendung erhob ihn
Albrecht IV. zum Markte, verlieh ihm das Recht, am Sonn-
tage nach Mariä Himmelfahrt offenen Markt zu halten, dem
acht Tage vor und acht Tage nachgehen sollten * * 3). Durch ihre
Fürsprache bewilligten die fürstlichen Vormünder des Herzoges
Albrecht V. dem Orte neue Vorrechte. So im Jahre 1406 Her-
zog Wilhelm einen zweyten Jahrmarkt auf den Tag des
heil. Augustin, wozu er noch die Freyheit fügte, einen Richter
und Rath zu wählen, gleich anderen Städten und Märkten in
r) S. Piseber Notit. Urbis Yindobonen. Part. III. cap, V. p. 45.
,a) S. Martina Gerbert Abbatis S. Blasii et 8. R. I. principi Taplio-
grapliia Aug. Domus Austriaeae.
3) Der Brief ist gegeben zu Wien im Jahre i4oo, am Erchtag vor St--.
Ulrichstag.
' F -
84
Oesterreich *); Im folgenden Jahre ertheilte er dem Orte em
eigenes Wappen, das aus dem österreichischen Schilde besteht,
in dessen Querbalken ein stehender Thurm mit drey Zinnen ent-
halten ist '* 2). Herzog Leopold IV*, der nach Wilhelms Tode
dre Vormundschaft über Albrecht übernahm, bestätigte nicht nur
dem Markte 1407 die von seinem Vorgänger erhaltenen Vor-
theile/ sondern beschenkte denselben i/^iö noch mit dem Privi--
legiNm- einen B ürg e r m e i st er zu wählen, gleich anderen
Städten und Märkten Oesterreichs.
Doch nicht nur durch ihre Verwendung allein stützte Bea-
trix dem Markte, sie selbst wollte durch eine ausgezeichnete Wohl-
that ihr Andenken in demselben verewigen.
Was bereits Elisabeth, Kaiser Albrechts I. Gemahlin, zu
unternehmen beschlossen hatte, ward von ihr ausgeführt, und
ein herrliches Spital für die Armen mit einer Kirche, zu Ehren
der heiligen Elisabeth, errichtet 3). Zur Erhaltung dieser Ge-
bäude schenkte sie drey Häuser die nächst dem Spitale lagen,
vorher dem Kloster Gannng zugehörten, allein von der fürstli-
chen Wittwe, gegen andere Güter ausgewechselt worden waren.
— Wenige Jahre darauf schied sie von der Welt, um einen
höheren Lohn zu ernten (1414), und ward in der kaiserlichen
Gruft zu Wien beygesetzt*
Noch vor ihrem Tode bestätigte ihr Enkel, Herzog Albrecht
V., bey dem Antritte seiner Regierung die Freyheiten und Pri-
vilegien des Marktes 4), und fügte zu denselben noch hinzu
»ein völliges und ganzes Gericht zu haben, was den Tod be-
rührt, mit alle,n Würden und Rechten als andere Markt in
dem Land zu Oesterreich gelegen, an solchen Gerichten ha-
0 Die Urkunde ist ausgestellt zu Wien *4o5, am St. Thomas-, des Bi-
schofs, Tag.
2) Gegeben zu Wien i4o6, am Psingstag nach den Osterfeyertagen.
3) Ein Brief des Kaisers Ladislaus vom Jahre ,455'erwähnt dieses Spi-
tals, und daß es Beatrix in der Kn app enst r a st e errichtet. Die
ältesten Urkunden, die desselben gedenken, sind zwey Briefe vom 2ahre
1409.
4) Die Urkunde ist ausgestellt zu Wien im Hahre *4»2, an dem heiligen
Abend zu Pfingsten.
85
ben *).« — Dieses neue Gericht verfuhr aber 1421 mit solcher
Strenge gegen die Juden, die damahls in Oesterreich sehr ver-
folgt wurden, daß sich viele zu Perchtoldsdorf und zu Med-
ling selbst den Tod gaben 2 3).
Zu früh für das Wohl seiner Länder starb Albrecht V.
(27. October 1489.) Ueber seinen letzten Willen wurde zu Perch-
toldsdorf eine Versammlung der Stände gehalten, in welcher
Friedrich zum Vormünder des zu erwartenden Erben be-
stimmt wurde. Doch aus diesem Beschlusse ging für unseren
Markt ein bedeutendes Unglück hervor.
Mißvergnügt nähmlich über des jungen Ladislarss Er-
ziehung in Oesterreich, und über die wiederhohlte Weigerung
Friedrichs, den Knaben ihnen auszuliefern, kamen im Jahre
1446 die Ungarn unter Hunyads Anführung mit einem Heere
gegen Neustadt, und verwüsteten rings umher die Gegend.
Perchtoldsdorf wurde, obgleich es zu den Besitzungen Ladislaus
gehörte, von den llngarn ausgeplündert und in Brand ge-
steckt; nur eine Gasse, Hofstraße genannt, blieb von dem
Feuer verschont.
Während Perchtoldsdorf seine Häuser aus dem Schutte
emporhob, durchschlich der Geist des Mißvergnügens ganz Oester-
reich. Allgemein regte sich der Wunsch, den jungen Ladislaus der
Vormundschaft entzogen zu sehen. Zu den Mißvergnügten ge-
hörte vorzüglich Ulrich Graf von Eil ly, welchem der Kai-
ser, vor seiner Reise nach Rom, die Burg Perchtoldsdorf zur
Obsorge anvertraut hatte. Cilly mißbrauchte aber des Kaisers
Zutrauen, und kündigte ihm selbst die Burghuth mehrmahlen auf.
Als aber die Verschworen Friedrichen sogar in Neu-
stadt belagerten, vermittelten endlich der Erzbischof von Salz-
burg und der Markgraf von Baden einen Frieden, vermög
welchem Ladislaus in die Burg Perchtoldsdorf gebracht, und
daselbst so lange bleiben sollte, bis ein Landtag zu Wien seinen
ferneren Aufenthalt, die Art seiner Erziehung, und der Ver-
waltung des Landes, bestimmt haben würde. Mit laurem Jubel
2) Wien i4>5, am Sonntage Iudica in der Fasten.
3) Thom. de Haselbach, Chron. Austr. col. 85i„
1
führten nun die Oesterreichs ihren jungen Fürsten nach Perch-
toldsdorf. Allein Treue und Glauben zu halten, lag in dem
Charakter des Grafen Cilly und des Ritter Eyzinger nicht.
Schon am i3. September gaben sie dem Verlangen der Oester-
reichs nach/ und führten Ladislaus nach Wien.
Als nach Ladislaus Tode traurige Streitigkeiten sich
zwischen den fürstlichen Brüdern Friedrich und Albrecht
erhoben/ brach ein Heer von Uebeln über das Land. AuchPerch-
toldsdorf bekam einen Theil davon zu tragen. Schon 1461 suchte
es der fürchterliche Fronau er heim/ der/ eine Hochverräters
fche Rache an den Kaiser übend / die ganze Gegend um Wien
mit Verwüstungen erfüllte. Nur durch eine beträchtliche Summe
Geldes vermochte es die Wuth dieses Räubers von seinen Grän-
zen abzuhalten *). Allein dieses war gleichsam nur das Vorspiel
trauriger Ereignisse. Albrecht zog mit einem Heere gegen
Wien/ wo seine Truppen/ unter Georg von Pot.endorf,
Perchtoldsdorf und alle befestigte Orte in Besitz nahmen a).
Da die Erhaltung des Heeres bedeutende Kosten verursachte/
so verpfändete Albrecht die Burg zu Perchtoldsdorf an den
Grafen vonPösing und St. Jörgen. — Um die herzoglichen
Truppen aus Perchtoldsdorf zu verjagen/ rückten die kaiserli-
chen von Traiskirchen an; da aber Hauptmann Ankelreu-
rer den ersteren eine bedeutende Verstärkung zuführte/ so kam
es zu einem Vergleiche, nach welchem Herzogs Albrechts
Truppen die Gegend zu raumen beschlossen. Doch ehe sie den
Markt verließen, mußte dieser noch alles erfahren / was sich in
ähnlichen Fällen die Rohheit und Beutelust der Krieger erlaubt.
Der wackere Hauptmann Ankelreuter ging hierin seinen
Untergebenen mit gutem Beyspiele voran / und plünderte sogar
die Ktrchenschä'tze ^).
Das Elend des Landes streg immer höher, und vergebens
kam Friedrich selbst nach Wien, um die Unruhen beyzulegen.
Er wurde in der Folge derselben sogar in der Burg belagert 4).
») Ebendorfer von Hafelbachs Chron. Anstr. lib. Y. col. 927,
») Eben daselbst col. 933.
<0 Haselbach 1. c. col. 948.
4) Job. Hinderbach in conlinuat. Hist. Anstriacae, bey Kollar in Anal,
Viudob. Tom. II. p. 660.
8?
Nächst Perchtoldsdorf befand sich während dieser Ereignisse ein
Lager der herzoglichen Truppen, deren Hauptmann Wenzel
Zeptor, gewöhnlich Wazta genannt, ein Böhme, weil
der Herzog den Sold nicht bezahlte, die ganze Gegend rings-
umher ausplünderte. Der hübsche Markt lockte ferne Raublust»
Er zog daher am Ostersonntage während der Predigt unter der
Hülle der Freundschaft mit 100 Bewaffneten und vielen Wä-
gen in denselben; indem er vorgab, daselbst Mahlzeit halten
zu wollen. Allein der Castellan des Schlosses durchspähte des
Räubers Absicht, forderte schnell die Gemeinde auf, und zwang
den Verwegenen, alsogleich den Markt zu verlassen * *). Ungeach-
tet dieser Bedrückungen blieb doch Perchtoldsdorf fortdauernd
dem Herzoge Albrecht ergeben, den es durch den darauf fol-
genden Frieden zum wirklichen Herrn erhielt. Einen vorzügli-
chen Beweis seiner Treue gab es ihm noch kurz vor seinem
Tode; es sendete, wiß Seckenberg erzählt a), den Richter
Hanns Wigandt mit einem hebräischen (?) Briefe an den-
selben , um ihn vor einen gewissen R i n h 0 l f A n g e r f e l d e r
zu warnen, der im Verdachte stand, dem Herzoge Gift bey-
bringen zu wollen.
Nach dem Tode A l b r e ch t s (2. December 1468) kehrte al-
les zum Gehorsame unter Friedrich zurück. Seine (Äüte
war bereit, Allen Gnade zu spenden; nur ein Uebel drückte das
Land, Rärlber und Söldner, die ihre rückständige Löhnung ver-
langten.
Ein Anführer dieser Söldner war der RäuberSm ikosky;
er fiel mit einem Haufen in Steyermark ein, plünderte viele
Orte und zündete sie an. Endlich kam er sogar nach Perch-'
toldsdorf, um auch hier die Bürger zu ängstigen. Die Ursache
davon war folgende» Der Kaiser forderte dreBurg Perchrolds-
dorf von dem Grafen von Pösing und (St. Jörgen) ohne Zah-
lung zurück; der Graf weigerte sich dessen, und rief zum Wider-
stände gegen den Kaiser den Räuber S m i k 0 s ky mit 800 Mann
als Besatzung hierher. Als 'Unterhandlungen keinen erwünscht
0 Haselbach 1. c. col. 955, 964 et 970,
*) In seinen Select. Juris et Hist. Tom. V, pag. i38 et 260.
m
ten Erfolg hatten, befahl der Monarch, Gewalt zu gebrauchen,
und Georg von Pottendorf rückte daher mit kaiserlichen
Truppen vor das Schloß und belagerte es. Die Räuber tha-
ten großen Widerstand: allein bald entschied sich daS Schicksal
der Veste, als ihr Anführer Sm iko s ky durch eine Kugel ge-
tödtet wurde. Wie die Kühnheit der Belagerten sank, erhob
sich der Muth bey den kaiserlichen Truppen. Sie wagten einen
Sturm und eroberten die Burg (1466) l). Der Kaiser hatte
zwar nun den Besitz derselben errungen, allein es waren nur
Ruinen, die er sein Eigenthum nennen konnte. Wie viel bey
dieser Belagerung der Markt zu leiden hatte, bedarf nicht erst
einer Schilderung. Doch waren mit diesen Kriegs-Scenen seine
trüben Tage noch nicht geendet. Die folgenden Jahre brachten
einen neuen Feind, den König der Ungarn, Mathias Cor-f
vinuö, in diese Gegenden, dessen Truppen vermuthlich nur
durch bedeutende Summen, von Plünderung und Brand abge-
halten werden konnten.
Mit Maximilian I. kehrte endlich Ruhe und Friede in das
erschöpfte Land zurück. Schon zwey Jahre darauf verkaufte er die
Burg und dm Garten an den Docror Manngen von Hö ri-
tz erg, jedoch mit der Verbindlichkeit, daß wenn er die Burg
erbauen würde, nur der Kaiser davon Käufer seyn sollte^).
Die vielen Erfahrungen der letzteren Jahre belehrten die
Bürger von den Vortheilen einer ordentlichen Befestigung,
welche Räuber und Feinde entfernt zu halten vermochte. Diese
schien ihnen um so nothwendiger, da die herzogliche Burg, ihr
Zufluchtsort in den Tagen der Gefahr, im Schutte lag. Sw
entschlossen sich daher, die Mauern zu erhöhen, und einen hohen
Thurm zu bauen, der theils zur Warte, theils zum Schutze die-
nen könnte. Kaum waren sie mit diesen Arbeiten 1621 zu
Stande gekommen, als sie auch den Nutzen derselben schon er-
fahren sollten. Die Türken kamen 1629 auch vor Perch-
1) S. Gerard deRoo Hist. L. VII. x. 3oi. Fugger, Ehrenspiegel des
Hauses Oesterreich, x. Wisgrill, Oesterr. Adels-Lexicon: Artikel
St. Jörgen, erklärt diese Geschichte für ein Mährchen.
?) Die Urkunde ist ausgestellt^^ am Samstage nach St.Mathiastag.
Sq
toldsdorf, zündeten die Spitalkirche und die Hauser außer der
Ringmauer an, in den Markt selbst vermochten sie aber mcht
einzudringen.
Ungeachtet all' der Leiden, mit welchen die Vergangen-
heit Perchtoldsdorf heimgesucht hatte, sehen wir doch, daß der
Markt immer im Emporblühen begriffen war. Jetzt, da die
Ruhe im Vaterlande längere Dauer versprach, dachten die Bür-
ger sogar auf Verschönerung ihres Ortes. Ein neues Rathhaus
stieg 1524. auf dem so genannten Getreidemarkte , heut zu
Tage der Platz genannt, auf dem Grunde hervor, wozu Mi?
chael Wenger, Bürger, und Helena seine Hausfrau ihr Haus
überlaffen hatten * *). Auch zur Erbauung der. Spitalkirche ward
Hand angelegt; sogar eine neue Kirche zum heiligen Leonhard
scheint in diesen Jahren ihr Daseyn erhalten zu haben **).
Das Jahr i556 ist für den Markt durch die Ehre merkwür-?
dig, die Kaiser Ferdinand ihm durch ErtheÜung des Pa-?
tronat-Rechtes der Pfarrkirche erwies.
Leider kehrte aber bald wieder ein innerer Feind in den Ort
ein, der zwischen die BürgerHaß und Feindschaft säete: der Geist
derNeuerungen in dem katholischen Glauben. Leider müssen
nur einen Priester dieses Ortes als den ersten Verbreiter der Re-
formation in Perchtoldsdorf angeben 3) , die auch alsogleich so.
tiefe Wurzel griff, daß man schon \5rj.o die feyerliche Prozession
am Fronleichnamstage aufgehoben wissen wollte. Zwar hinderte
ein strenges Decret des Reichsverwesers, Erzherzogs Carl, un-
ter dem 27. May 1670 diese Anmaßungen der Reformatoren;
allein die neue Lehre fand fortwährend Beyfall. Häufig besuch-
ten die Einwohner den Gottesdienst der Anhänger Luthers in
dem naheliegenden Jnzersdorf und Vösendorf, und hatten sogar
im Sinne, einen Freund der Reformation, Hanns Schlach-
ter, »587 zum Bürgermeister zu wählen; weny nicht Bischof
») Da dieses Haus zur Pfarre gehörte, so ward mit dem damahligen Vorste-
her, Marti nBudonarius, der Vergleich getroffen, deßhalb alle 10
Iahre r ungar. Groschen für die Ausfertigung der Gewähr abzutragen.
*) Schon in einer Urkunde Kaisers Ferdinand I. vom 2ahre »556 wird die-
ser Kirche zum heiligen Leonhard erwähnt.
3) Vgl. Raupach's erläutertes Evang. Oesterreich ad anno »627, pag. 47«
Conspectus Histor. Univers. Vienn. p. 135.
Y6
Klesel diesem Entschlüsse durch einen Bericht an die Regierung
schnell zuvorgekommen wäre. Um so weniger gefielen diesen
Gönnern der neuen Lehre jene Maßregeln, welche Kaiser F er-
din a n d II. zum Schutze der katholischen Kirche ergreifen zu
müssen glaubte» Ein gewisser ValentinSchenkerl hatte
sogar die Kühnheit, seine Mitbürger zum Ungehorsam gegen
jene Anordnungen aufzuhetzen. Seme heftigen Reden regten den
verhaltenen Mißmuth zur Hellen Flamme auf; es kam zu förm-
lichen Unruhen, zu deren Stillung die Regierung sogar kaiser-
liche Commissäre, die Doctoren Panzman, Jacob Ver-
th old undJohannHüttendorfer absenden mußte. Dem
weisen Verfahren dieser Männer gelang es endlich, die gereih-
ten Gemüther zu beruhigen, und die Ordnung zurückzu führen.
Jener Valentin Schenkerl vermochte aber nur durch die
Strenge der Gesetze zu Ruhe gebracht zu werden *).
Waren die erhöhten Mauern indeß wieder in Verfall gera-
then, oder widerstanden sie nimmer der verbessernden Kriegs-
kunst? wir sehen neuerdings den Markt der Plünderung, und
dem Raubsinne streifender^Soldaten, unterworfen. Dieß geschah
in den Unruhen, bie Stephan Botschkay erregt harre, des-
sen Krieger bis an die Thore Wiens streiften, und die Umge-
gend verwüsteten. Zu Perchtoldsdorf ward von ihnen die Spi-
talkirche abermahls in Brand gesteckt, und beynahe der ganze
Markt ausgeplündert a).
Wir nahen uns nun den für den Markt noch traurigerem
Jahre 1683, wo die Türken zum zweyten Mahle bis unter
Wiens Mauern vordrangen. Ein schreckliches Denkmahl ihrer
Barbarey und Treulosigkeit haben sich diese grausamen Feinde
in Perchtoldsdorf aufgestellt.
Schon am y. Julius (i 663) kamen einige Züge Tataren vor
Perchtoldsdorf, und versuchten in den Markt einzudringen * 3),
0 S. Caroli Caraffae Germania Sacra. Coloniae i63y, in inclice Mon-»
datarum atque Decretornm ab anno 1621 üsque ad annum 1628.
•*) Ortelii Ungarische Gesch. Libro IV. p. 387.
3) Am Umständlichsten hat dieses Johann Frig beschrieben in feinem
Werke: Wunderbarer Adlersfchwung oder Ortelins Kedivj,-
nus et, continuatus. P. II. p. s4-
91
Allein der lebhafte Widerstand der Bürger vereitelte ihre Bemü-
hungen. Gleiche Versuche wiederholten sie an den folgenden Ta-
gen/ ohne dabey mehr Glück zu haben. Mit dem ersten Strahle
der Sonne kam jedoch am r^cn die Hauptmacht der Türken
vor Wiens Mauern an / und breitete sich in der ganzen Gegend
aus. Nun zeigte sich am 15tett auch vor Perchtoldödorf eine
bedeutende Truppen-Abtheilung, die sogleich in den Markt Feuer
zu werfen begann. Zwar wagten die Bürger einen Ausfall;
allein die kleine Schaar/ Zo Mann stark/ wurde von der Menge
gänzlich aufgerieben. Als das Feuer immer mehr um sich griff/
retteten die Bürger sich und ihre Habseligkeiten in den großen
Thurm und in die steinerne Kirche; bald machte aber der Rauch
und die Hitze den Aufenthalt unerträglich. Die Uebermacht des
Feindes/ der Mangel an Lebensrnitteln und an Pulver, vermin-
derten über dieß immer mehr die Hoffnung zum Widerstande, und
erfüllte Aller Herzen mit Entsetzen. Welche Freude, als sich
am ißten ein Türke auf der Hochstraße zeigte, und den Be-
lagerten in ungarischer Sprache zurief, daß ihnen, wenn sie
sich ergeben würden, freyer Abzug und persönliche Sicherheit
zugestanden würden! Alsogleich ließen die Hocherfreuten ein
weißes Tuch auf dem Thurme ausstecken, und die Feindselig-
keiten ruhen. So nahte der Morgen des für sie so schreckli-
chen Tages, des 17. Julius. Schon frühe kam ein Pascha aus
Wien mit einem bedeutenden Gefolge. Vor dem Hause des
Marktrichters wurde zum Sitze des Pascha ein rother Teppich
ausgebreitet, und die Unterhandlungen angefangen, die gegen
fünf Stunden wahrten. Endlich vereinigte man sich, daß die
Perchtoldsdorfer 4000 Gulden, die eine Hälfte alsogleich, die
andere in einigen Tagen zahlen, den Thurm verlassen, und
auf dem Platze die Waffen strecken sollten. Dieß geschah. Man
reichte den Türken das Geld auf drey Schüsseln, die Bürger
zogen aus dem Thurme, an ihrer Spitze eine Jungfrau mit
einem Kranze auf dem Haupte, und einer weißen Fahne in
der Hand. Kaum waren sie jedoch aus dem Thore getreten,
als die Türken über sie herfielen, und ihnen die Waffen aus
den Händen rissen. Diejenigen, die sich dagegen sträubten,
wurden bey den Haaren gezogen, oder auf eine andere Art miß*
HÄ
handelt. Mehrere schlossen daraus nichts Gutes für ihre Sicher-
heit/ und dachten auf Rettung; so auch der Marktrichter. Allein
kaum bemerkten die Türken, daß er sich dem Thore der Krrche
nähere/ als sie hinzu sprangen und ihn niederhieben. Sobald
die Mannschaft entwaffnet war, stiegen 5o Türken von den
Pferden und untersuchten sorgfältig/ ob sie nicht in ihren Klei-
dern Geld oder Kleinodien verborgen hätte. Nun hofften die
Unglücklichen von den raubsüchtigen Horden entlassen zu wer-
den; allein auch das Leben gönnten ihnen die Barbaren nicht.
Auf einen Wink des Pascha fiel sein Gefolge über sie her/ und
metzelte die Getäuschten nieder. Nur zwey Bürgern glückte
es, ihr Leben zu retten; indem sie sich unter das Kirchendach
flüchteten. Dieß schreckliche Schauspiel trug sich zwischen > und
2 Uhr des Mittags zu. Zu verwundern ist es, daß man der in
dem Thurme befindlichen Frauen und Kinder schonte. Sie wurden/
wie der Pfarrer und sein Amtsgehülfe/ in die Gefangenschaft
geführt; Thurm aber und Kirche den Flammen übergeben.
Als diese grausamen Feinde dem siegreichen Schwerte der
kaiserlichen Truppen unterlagen / und aus jenen Gegenden
flohen/ da eilte man die unglücklichen Schlachtopfer ihres Ueber-
muthes in Perchtoldsdorf zu beerdigen. Man zählte derselben
38oo, die in eine Gruft gelegt, und allgemein betrauert wur-
den. Zum ewigen Andenken dieser Begebenheit ward ein feyer-
liches Seelenamt gestiftet, das jährlich am 17. Julius abge-
halten wird.
Mit rastloser Thätigkeit wurden nun, nachdem die christ-
liche Pflicht für die Verstorbenen erfüllt war, alle Anstalten
getroffen, den Markt wieder aufzubauen und zu bevölkern.
Eine Colonie aus Steyermark gab dem Markte wieder Be-
wohner, und mit dem Beystande des himmlischen Vergelters heil-
ten nach und nach die Wunden, da Friede und Ruhe das Va-
terland umfing, so daß der Markt im Jahre 1718 schon wie-
der 240 Häuser zählte. Nach so vielen traurigen Scenen kön-
nen wir bey diesem Jahre (1718) wieder etwas Erfreuliches für
Perchtoldsdorf melden; denn in seinem Laufe hatten sich die
Bewohner des Marktes eines vorzüglichen Schutzes der höchsten
Forschung zu erfreuen. Dir Pest, welche die Gegend rings um
Wien verheerte, schonte Perchtoldsdorf, Und ging an seinen
Mauern vorüber. Im Gefühle reger Dankbarkeit vereinigten
sich die Bürger, die erwiesene Wohlthat des Allgütigen der Nach-
welt kund zu thun, und errichteten zur Ehre der dreyeinigen
Gottheit eine Säule aus Marmor, die sich vermählen noch in
der. Mitte des Platzes befindet.
Die neuesten Zeiten haben für den Markt keine weiteren
historischen Begebenheiten gebracht. Ferne von so entsetzlichen
Schicksalen / wie sie ihm die Vorzeit bereitete, nahm er zwar
Antheil an den trüben Jahren des Vaterlandes von 1806 bis
1809; allein der Druck derselben milderte sich bey ihm durch
das Ansehen des Ortes, die Wohlhabenheit der Bewohner, und
die Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse der Vorzeit.
Perchtoldsdorf gehört unter die so genannten mitleidenden
Markte, besitzt in der Reihe derselben den zweyten Rang^ und
das Recht, Deputirte zu den Landtagen zu senden. Er hat/
wie wrr bereits gesehen haben, einen eigenen Magistrat und ein
eigenes Landgericht. Seiner Mauern ist er nun größten Theils
beraubt, auch jene um Thurm und Kirche wurden vor einigen
Jahren abgetragen. Gebäude zählt man in demselben 3oo, und
gegen 1900 Emwohner. Auf dem ganz artigen Platze, der
aber zum Theile auf einem Hügel liegt, befindet sich das Rath-
haus , in dem man gerne die alten Gemählde besichtiget. Das
Eine rm Vorzimmer des Rathsaales nimmt die ganze Breite
des Zimmers ein, und stellt die traurigen Schicksale der Be-
wohner Perchtoldsdorf bey dem zweyten Einfalle der Türken
vor. Im Rathssaale selbst sind an den Wänden 3j Porträte
auf die Mauern gemahlt, welche die Marktrichter vorstellen. Je-
des hat seine Unterschrift. Das erste derselben bezeichnet uns
Wolfgang Pinder, den ersten Marktrichter nach dem
Jahre 1529. Bey Adam Grenninger, Marktrichter von
1661 bis i683 stehen die Worte: »Mit innern und äußern
»Rath, samt der ganzen Bürgerschaft durch den erbfeindlichen
»Einfall der Türkischen und Tatarischen — (ein Wort verwischt)
»wider aller Völker Rechte nach beschehener Huldigung und
»getroffenen Accord niedergehaut und gemordet.«
Im Markte befindet sich ferner eine Caserns, ein Spital
94
für arme und kranke Bürger, endlich die k. k. privil. orien-
talische Manufaktur - Druckerey des Herrn Peter Chazel
Sohn und Comp., die erste Manufactur dieser Art im Oester-
reichischen Staate. Das Haus dieser Fabrik, an dessen Thore
man die Jahrzahl »663 liest, ist auch dadurch merkwürdig, das
aus einem Teiche in und neben seinem Garten der Peters-
hach entspringt. Die Quelle riecht nach Schwefelleber. Herr
Dr. Sarenk hat sie chemisch untersucht, und es wurde in
Folge dessen ein Bad eröffnet. Auch friert das Wasser des Pe-
tersbaches im stärksten Winter nicht zu.
Der Nahrungszweig der Einwohner besteht in den gewöhn-
lichen bürgerlichen Gewerben, in dem Betriebe der Landwirth-
.schaft, vorzüglich aber in der Cultur der nahe liegenden Wein-
garten. Diese befinden sich größten Theils auf den nackten
kalkartigen Hügeln, an deren Abhange der Markt liegt, und
bringen eine Gattung der vorzüglichsten Weine hervor.
vifl. Pfarre PerchLoldsdorf').
^at wirklich ein Perchtold dem Orte das Daseyn gegeben, s»
ver Zossen doch mehr als anderthalb Jahrhunderte, bis sich der^.
selbe e nes eigenen Gotteshauses erfreuen konnte. Die weni-
gen Bewohner gehörten während dieses Zeitraumes zur Kirche
Ln Brunn, und standen somit unter der Seelsorge des Pfarrers
zu Medling.
Otto der Aeltere von Pertholdsdorf bauete endlich 1216 im
Vereine mit mehreren Adeligen, deren Nahmen uns unbekannt
sind, eine eigene Capelle, welche zur Ehre der seligsten Jung-
frau Maria geweihet, und mit bedeutenden Gütern beschenket
wurde. Ulrich II., Bischof von Passau, eximirtesie mit einersehr
geringen Entschädigung von drey Schillingen a) von der Mut-
1) Nach den Acten dieser Pfarre im Erzbischöflichen Consistorial - Archiv
ln. P. N. II. und 2, und den schriftlichen Beytragen des Herrn Pfar-
rers Franz Geltner.
a) Hansitz Germania sacra, Toml. p. 36». Vergleiche mit der Pfarrge-
schichte Medlings.
95
terkirche, und räumte dem biederen ^>tto auch das Recht ein/ zu
dem Gotteshause einen Priester zn ernennen.
Schnell fließt ein Jahrhundert vor unseren Augen dahin,
ohne daß wir von unserer Capelle etwas zu erzählen wußten.
Zwar soll sie während dieser Zeit in den Besitz der Tempelher-
ren gekommen seyn; allein über diese Sage läßt sich in Per-
tholdsdorf noch weniger als bey Medling Gegründetes nachwei-
sen; im Gegentheile kennen wir sogar um eben diese Zeit, wo
die Glieder dieses unglücklichen Ordens in ihrer Kirche den Tod
gefunden haben sollen, einen Weltpriester, Nahmens Eber-
wein, der damahls unserer Capelle vorstand, und sich nach ei-
ner Urkunde vom Jahre i3o4, Descanus und Plefoanus in
Perehtoldsdorf schrieb *). Wie könnten wir aber hier einen
Weltpriester finden, wenn der Orden im Besitze vonPertholds-
dorf gewesen wäre, der immer seine eigenen Priester hatte?
Unter der Regierung Herzog Albrechts II. (f i358) ward
auch unserer Capelle ein günstigeres Loos. Sein Wink erschuf
in der Nähe derselben eine pl'ächtigeBurg zum künftigen Wohn-
sitze seiner Gemahlin, die auch bald seine Vorliebe erwarb. Dar-
um faßte er auch bald den Entschluß, die Capelle zu vergrößern
und zur Schloßkirche einzurichten. In dieser Absicht tauschte er
das Patronats-Recht über dieselbe gegen die Pfarre Grillenberg
von dem Stifte Mölk ein, und erweiterte den Pfarrbezirk, in-
dem er die Dörfer Arnstetten, Rodaun und Kalchspurg, welche
bisher nach Gaden gehörten, zu Perrholdsdorf einpfarrte a).
Die Bergwässer hatten vermuthlich im Laufe der Zeit die Hü-
gel rings um die Capelle erhöhet, und so war es nicht nöthig
einen neuen Grund zu legen, sondern der Bau ward sogleich
über das alte Kirchlein begonnen, wie wir es schon in St Veit,
und neuerdings in Medling gefunden haben.
Der Tod entriß Albrecht den Weisen dem Vaterlande, ehe
*) Cod. Ms. $lpt. Perehtoldsdorf, und Liftk Annal. Clarayall. Tom. L
p. 557.
2) Haselbach Chron. Austr. apud Hier. Pefz scripi rer. Austr. Tom. II,
col. 794. Arnstetten, wohl zu unterscheiden von Artstetten, war ver-
muthlich in der Nähe von Perrholdsdorf gelegen, und ist jetzt völkig
unbekamrt.
yö
der Bau deS neuen Gotteshauses seine Vollendung erreichet
hatte; aber mit gleicher Sorgfalt nahm sich desselben der
Pfarrer Heinrich von Wurmbrand an, der von 184? bis 1870
zuPertholdsdorf lebte. Er sah das schöne Ziel des Herzogs, in-
dem er der Weihe des Gotteshauses beywohnte. Noch bemerkt
man heut zu Tage an der Außenwand, an den Ruinen der ehe-
mahligen Burg im ersten Stockwerke, eine unvermauerte Thüre,
aus welcher man über einen kurzen Gang auf die Emporkirche
gelangen konnte.
Es entstand ein heiliger Wetteifer sowohl, um für die Be-
dürfnisse der Kirche zu sorgen, als auch ihren Vorsteher über
die Kümmernisse des täglichen Lebens zu erheben. Im Jahre 1848
wird einer Bruderschaft zu unserer lieben Frau Meldung gemacht,
und schon 1389 entstand eine neue zu Ehren des heiligen Fron-
leichnams; fast zu gleicher Zeit jene der Zwölfbothen (Apostel),
woran sich im sechzehnten Jahrhunderte die Verbrüderung zum
Troste der armen Seelen, unter dem Pfarrer Jacob Donner
(f 1590) errichtet, anschloß. Noch spater entstand die Verbrü-
derung der Arbeiter unter den Schutzheiligen Sebastian und
Jacob. Zahllos sind die frommen Schenkungen, welche theils
dem Seelsorger, theils der Kirche gemachet wurden.
Diesen frommen Sinn hatte schon Elisabeth, Kaiser Al-
brechts!. Gattin; indem sie den Entschluß faßte, zuPertholds-
dorf, ihrem Wittwensitze, ein Spital für arme Menschen zu er-
bauen, deren Gebethe ihrem ermordeten Gemahle zum Heile gerei-
chen sollten; allein ihr ferner Aufenthalt und die Stiftung des
Klosters Königsfelden versagten dem frommen Vorsatze die Aus-
führung. Fast hundert Jahre später ergriff ihn aber aufs neue
die herrliche Beatrir, Wittwe Herzog Albrechts III. (f 1414V
der Pertholdsdorf so viele Wohlthaten verdankt, und bey ihrem
regen Sinne für Wohlthätigkeit folgte dem frommen Entschlüsse
bald die That.
In kurzer Zeit stand das Spital vollendet da, und in der
Nahe desselben eine Kirche, der heil. Elisabeth geweihet, mit
einem Leichenhofe. Auch einen Priester stiftete sie, der die Ob-
sorge über diese fromme Stiftung führen, und die Feyer des
Gottesdienstes verrichten sollte. Wir kennen noch seinen Nah-
- 97
mür er hieß Niclas von Zweitel-*). Die Herzogin Beatrix
bedurfte zu ihrer frommen Stiftung der Einwilligung deö Pfar-
rers, Hanns Poitsberger genannt, ihm blieb auch die Ernen-
nung eines jedesmahligen Priesters an der Spitalkirche vorbe-
halten. Zur Sicherung dieses Rechtes ward einige Jahre dar-
auf 1428 von dem Pfarrer Hanns Ftuck a) eine eigene Ur-
kunde verfasset, und der Priester sollte, nach deln spater mit
dem Pfarrer Thornas Ebendorfer getroffenen Vergleiche, in dem
Spitale die Wohnung haben; den Unterhalt aber von dem Pfar-
rer erhalten, wofür der letztere aus dem Fonde des Spitals
jährlich zehn Pfund Pfennige zu beziehen harte. Zur Unter-
haltung des Ganzen hatte Beatrix die dem Spitale zunächst ge-
legenen Häuser, welche sie von dem Stifte Gaming gegen an-
dere Güter eingetauscht hatte, geschenket. In einem derselben
quillt das oben erwähnte Heilwasser auf.
Zu einer größeren Blüthe und zu einem ausgezeichneten
Wohlstände war unsere Pfarre bis über die Mitte des fünfzehn-
ten Jahrhunderts gekommen. Noch besitzen wir einen Stift-
brief, in welchem Stephan Lang, ein Bürger von Wien, der
in Pertholdsdorf begraben seyn wollte, verlangt/ daß acht
Priester aus dem Pfarrhofe bey seinem Jahrtage zugegen seyn
sollten. Auch der Pfarrer Thomas Ebendorfer von Haselbach
forderte zur Feyer seines Gedächtnißtages zwölf Priester. Reich-
liche Stiftungen sorgten für den Unterhalt der Geistlichen.
Die bedeutenden Güter und Genüsse seiner Pfarre zu ord-
nen, sie durck Urkunden und Bestimmungen gesetzlich zu ma-
») Eine Urkunde von i4«o, in welcher seine Schwester über feinen Nach-
laß bestimmte, hat uns seinen Nahmen aufbewahrt.
2) Meister Hanns Fluck, von Pfullendorf in Schwaben gebürtig, war
ein berühmter Lehrer der heil. Schrift an der Universität zu Wien,
und derselben Rector Magnificus in den Jahren r4oy und »4n. Spä-
terhin wurde er Domherr bey St. Stephan, und stand laut Urkunden
der Pfarre Pertholdsdorf von »426 bis 1431 vor. In dem letztgenann-
ten Jahre soll er zu dem Concilium nach Basel abgesendet worden
seyn. Unter den mit ihm gleichzeitigen Gelehrten zu Wien finden wir
einen Hanns von Pertholdsdorf, im Jahre »422; Decan der juridischen
Facultät, und Chorherr von Klosterneuburg; ferner Erhard Pirger
Aon Pertholdsdorf, Doctor der Theologie, und seit r4«o Domherr zu
Wien. Siehe Locher speculum AcadL Vien.
G
y8
chen/ steckte sich der durch seine Gelehrsamkeit und Begebenhei-
ten berühmte Ebendofer zum Ziele seiner Thätigkeit, als er
1484 die Pfarre antrat. Freylich verwickelte er sich dadurch in
eine Fülle von Streitigkeiten, die er jedoch theils durch seine
Kenntnisse, theils durch sein Ansehen zu lösen wußte. Uns bie-
then diese an sich trockenen Prozesse unbemerkt die Mittel dar,
zu einiger Kenntniß der Pfarre zu gelangen.
Der erste Streit war mit dem Stifte Mölk. 'Als nähmlich
^dieses Stift das Patronats-Recht überPertholdsdorf dem Her-
zoge Albrecht II. abtrat, scheinen die Güter der Kirche von je-
nen des Stiles nicht gehörig geschieden worden zu seyn. Eine
Urkunde des Stiftes Molk vom Jahre »356 erwähnet mehre-
rer Zehenten zu Pertholdsdorf und zuRodaun, mit dem Bey-
satze: die mit der Pfarre zu theilen sind. Daraus mag in der
Folge der Jahre eine Verwirrung entstanden seyn, die nun bey
der Frage um rechtmäßiges Eigenthum jede Parthey zu ihrem
Vortheile benützte. Lange wahrte der Streit, endlich kamen
1486 beyde Theile überein, die ganze Sache unpartheyischen und
der Gegend kundigen Schiedsrichtern zu überlassen, die dann
zur beiderseitigen Zufriedenheit, mirAuszeichnung der bestimm-
ten Zehenten, den Streit beendigten.
Eine Folge dieses Streites oder der angebornen Ordnungs-
liebe Ebendorfers scheint die Gränzbestimmung der Pfarre ge-
wesen zu seyn. Späterhin erhielt der Pfarrhof auf des Pfar-
rers Thomas Ebendorfers Bitte jene Freyung, welche die Burg
zu Pertholdsdorf besaß, und der Pfarrer das Recht, daß nie-
mand die Unterthanen der Kirche in geringen Vergehungen rich-
ten oder strafen dürfe. Ferner ertaubte der Monarch dem Pfar-
rer das Schankungsrecht sowohl in großen als kleinen Gefäßen,
und verboth die Anmaßung der Vogtey über die Pfarre. Vie-
les war bereits dem Bemühen des würdigen Pfarrers gelungen:
da kamen 1446 die mißvergnügten Ungarn, legten in der Mitte
des Decembers mit dem Markte auch die Kirche in Asche, und
gaben der Thätigkeit Ebendorfers neuen Spielraum,, der mit
Hülfe der Gemeinde das Gotteshaus schon im folgenden Jahre
herstellte.
Am Ende seiner Lebenstage mußte Ebendorfer durch die
99
Söldner des unruhigen Herzogs Albrecht VI. viel Ungemach dul-
den, das nur nach des Herzvgs Tode ein Ende nahm. Der wür-
dige Pfarrer genoß aber nicht lange die Früchte des Friedens,
denn schon am n. Januar, (fer. V. postEpiphan.) 1464 ging
er Ln ein besseres Leben hinüber ').
1) Thomas Ebendorfer, aus einem österreichischen astadeligen Geschlechts
(Wisgrill IV. 193) entsprungen, war einer der berühmtesten Gelehrten
seinerzeit. Er wurde 1387 zu Haselbach im B. U. M. B., ehemahls ein
Markt, nun ein Dorf, geboren, und führt daher gewöhnlich den Nah-
men Haselbach. Schon in seinem Jünglingsalter verfolgte er mit uner-
müdetem Fleiße die Bahn der Wissenschaften , vorzüglich das Studium
der Rechte. Seine ausgebreiteten Kenninisse erhoben ihn daher auch
>4*7 zum Lehrer an der Universität zu Wien. Hier fiel ihm das Fach
der Exegese zu, das er gegen zwanzig Jahre bearbeitete. Ungeachtet dev
Pedanterey, die er mit seinerzeit theilte, und deren er auch von Bie-
len hart be 'chuldiget wird, war Haselbach doch ein vorzüglicher Gelehr-
ter, der nicht nur in der Theologie, sondern auch in den schönen Wissen-
schaften bewandert war. Aeneas Sylvius selbst nennt ihn daher insig-
nem ex Germanis Thcolognm. Während seines Lehramtes bekleidete
er zwey Mahl, im Jahre 1423 und »4-y, und späterhin noch ein Mahl,
im Jahre ^445, die höchste Würde der Universität. Im Jahre 14*7 wurde
er zum Doctor der Theologie, und zum Domherrn bey St. Stephan
erhoben. Als das Concilium zu Bafel eröffnet werden sollte, ward ihm
die Ehre, als der vornehmste akademische Gesandte, Mit Nicodemus,
dem Bischöfe zu Freysingen, und Johann Hymele, Professor der Theo-
logie, dahin zu reisen, wo er nach seiner Ankunft in der Versammlung
der Väter eine herrliche Rede hielt. 1435 kam er wieder nach Wien
zurück, wurde mit großer Auszeichnung empfangen/und der akademische
Senat zollte ihm sogar für seine zur Ehre der Universität bewiesene
Thätigkeit lauten Dank. Auch in Basel erwies man ihm viele Ehre;
das Concilium trug seiner Klugheik mehrere Geschäfte für -Oesterreich
auf, unter andern die Verkündigung des Jubeljahres. Diese Verdienste,
und seine Gelehrsamkeit ercharben ihm auch die Achtung des Kaisers
Friedrichs IV. Kuspinian behauptet sogar, er sey von diesem zum kai-
serlichen Rathe erhoben worden. Um das Jahr i434 wandte er sich von
dem Lehramte zu der Seelsorge; Petz und Mitterndorfer erheben ihn zuM
Hof-Caplan, zmn Pfarrer zu Pertholdsdorf, und zum Beichtvater bey den
Jakoberinnen. Doch auch in seiner neuen Laufbahn beglückte ihn die
Gunst des Kaisers, den er auf seiner Reise, um Braut und Krone zu
hohlen, begleitete. Im Jahre »46o, wo zu Wien ein Landtag wegen
der großen Theurung gehalten wurde, hielt er in der Versammlung
der Stände zwey Reden, wo er den Kaiser zur Milde und Nachsicht,
die Stände der Edlen zum Gehorsam, alle zur Geselligkeit und zum
Frieden ermahnte. Beyde Reden befinden sich in seiner Chronik (S. 907).
Von seinen Zeitgenossen geehrt, mit Ansehen und Ruhm gekrönt, starb
§r endlich zu Wien am Januar i464, auch der Achtung unseres Zeit-
G 3
loo
Schon ullker seinem Nachfolger Leo, Freyherrlr v.Spaüer*),
trug sich jene Veränderung zu, der wir bereits in der Geschichte
des Marktes Meldung gemacht haben. Dem heilen Wunsche
Kaiser Friedrichs IV. war durch Papst Sixtus IV. Erfüllung
geworden. Wien besaß ein Bisthum, und nun ging des Kaisers
einziges Streben dahin, dem Domcapitel Glanz und Ansehen
zu verschaffen. Die reiche Pfarre Medling hatte der Domdechant
älters werth, dein er in seiner Chronik über die Geschichte feiner Tage
so viele wichtige Nachrichten hinterlassen hat.
Erstaunen erregt die Fruchtbarkeit Haselbachs als Schriftsteller. Wir
besitzen noch 36 Werke von ihm, von denen bis jetzt nur zwey im Drucke
erschienen sind, zwey andere sind verloren gegangen, deren Titel uns
nur aus ihrer Erwähnung in seiner Chronik bekannt sind, von einem
herrscht noch der Zweifel, ob er der Verfasser desselben war. Unter seine
vorzüglichsten Werke gehört sein Chronicon Austriae. Hieronymus
Petz, hat es der Erste aus zwey Handschriften abdrucken lassen. Es ent-
hält in fünf Büchern die Geschichte Oesterreichs, von dessen ersten Be-
wohnern bis zum Jahre.»463. Die drey letztern Bücher verdienen vor-
zügliche Beachtung, da sie die Geschichte seiner Zeit enthalten^ Das
andere Werk, das wir im Drucke besitzen, sind seine Sermones in on>
nes epistolas dominicäles totius anni. — Aus den im Manuskripte
noch befindlichen Werken Haselbachs, von denen mehrere bey der k. 5. Hof-
Bibliothek und in vielen Stiften Oesterreichs aufbewahret werden, se-
hen wir, daß er in der Exegetik, Dogmatik, Casuiftik, Homiletik,
Ascetik, Philosophie, Rechtsgelehrtheit, Geschichte und Sprachkunde
wohl erfahren war.
Seine Grabstätte ist in der Pfarrkirche zu Pertholdsdorf, vor dem
Altare des heil. Augustin.
Diese und noch viel speciellere Nachrichten über den berühmten Ha-
selbach findet man bey Cuspiniani vitae Gaesarum »48<> ) Fol. in vita
Friderici III. Henrici Drexelii Aurifodina artium et scient. Franeof.
1670. 4. päg. i5i. Laus Comment, de Acad. Helmestad. »666. 4. pag. 12.
Mitterndorfer conspect. hist. Uniy. Yindob. vol. II. p. 3, 4. Petz Hier,
script. rerr Austriac, tom. II. col, 682 et 6299.
i) Leo, Freyherr von Spauer, stammte aus Tyrol, wo dessen Familie noch
heut zu Tage unter dem Grafenstande blühet. Er war Doctor der
geistlichen Rechte, Domherr zu Trient, und Kaiser Friedrichs Rath,
den er auf seiner Reise nach Rom begleitete. Von diesem Fürsten nach-
drücklichst empfohlen, ernannte ihn der Papst zum Bischöfe von Vrixen ;
er kam aber nie zum Genusse seiner Würde, da das Brixner - Domca-
pitel einen -gewissen Georg Golfer zum Bischöfe erwählet hatte. Um
ihn dafür zu entschädigen, ertheilte ihm Kaiser Friedrich IV. »470 das
neu errichtete Bisthum Wien, worüber ihm der Papst die Bestätigung
ertheilte. Jedoch, bevor er feinen Sitz besteigen konnte, starb er im
Jahre »48a. Siehe Ogesser Geschichte der Metropol. Kwche, S. 20».
101
erhalten, die reiche Pfarre Pertholdsdorf sollte dem Domprobste
zu Theil werden. Der erste dieser neuen Vorsteher war Thomas
Prekokar von Cilly, welcher i^yo Bischof zu Konstanz wurde.
Sein Nachfolger, Johann Putsch, scheint nicht unbedeutenden
Anrheil an dem Entschlüße der Bürger gehabt zu haben, den
Markt vor dem Andränge der Räuber und Feinde mit Mauern
zu umgeben, und zu einem allgemeinen Zufluchtsorte einen fe-
sten Thurm zu bauen. Er sah die Früchte seines weisen Rathes
nichtmehr, da er i5i6 starb. Sein Nachfolger, Paul von Ober-
stein, sah die Türken, als sie 1629 vor Pertholdsdorf kamen;
aber glücklicher Weisein dasselbe nicht einzudringen vermochten.
Zwar tönten bald Lobgesänge für des Vaterlandes Rettung aus
der schrecklichen Feindeshand; allein lange dauerte die Besorg-
nis vor ihrem abermahligen Erscheinen fort. Der Kaiser Carl
schrieb deßwegen neue Rüstungen aus, und forderte zur Bestrei-
tung derselben Beyträge von allem entbehrlichen Gold und Sil-
ber der Kirchen und Klöster. Pertholdsdorf blieb an frommem
Eifer unter den übrigen nicht zurück; von achtzehn silbernen Kel-
chen gab es vierzehn, ferner mehrere goldene Monstranzen und
andere Kleinode; endlich eine bedeutende Summe haaren Gel-
des. Auch die Spitalkirche reichte von zwey silbernen Kelchen
einen dem Vaterlands (1621)). Neue Opfer brachte es im fol-
genden Jahre. Die vier Bruderschaften in Pertholdsdorf sowohl,
als die Pfakre selbst, verkauften mehrere in ihrem Eigenthums be-
findliche Weingärten, und brachten die daraus gelöste Summe
von 535.Pfund Pfennige auf den Altar des Vaterlandes.
Noch ein halbes Jahrhundert nach des Pfarrers Haselbach
Tode sehen wir die Pfarre in einem ziemlich blühenden Zustande.
Eine Urkunde von 1529 meldet, daß sie damahls noch im Stande
war, zehn Priester zur Verrichtung der seelsorgerlichen Arbeiten
zu erhalten ; allein von diesem Zeitpuncte an gerieth sie in große
Abnahme. Die Pfarrer fesselte ihre Würde als Prälaten und
Räthe des Bischofes, oder als Lehrer an der Universität zu Wien,
an die Stadt; einige ungetreue und nachlässige Stellvertreter
verminderten die Einkünfte, so manches Gut ging verloren, so
manches Recht wurde vergeben; und nicht mehr kam ein Vor-
steher, wie Thomas von Haselbach war, dessen Thätigkeit und
,02
Sorge die pfarrlichen Güter und Rechte errungen, bestimmt,
berichtigt hatte.
Diesem Sinken beschloß Kaiser Ferdinand I. abzuhelfen
(lÄZ6), beförderte aber eben dadurch, ohne es zu wissen, den
vollkommenen Untergang der Pfarre, die von jener Zeit im-
mer unbedeutend blieb. Er hob ihre Einverleibung mit der
Dom-Propstey gegen eine Entschädigung von 260 fl. aus den
pfarrlichen Einkünften auf, und befahl, an ihr wieder eigene
^Vorsteher anzustellen. Die Ernennung derselben, so wie die
der Pfarre zugehörigen Dienste, Aecker, Wiesen, Wälder,
Weingärten, Bergrechte und Zehenre überließ er dem Markte
Pertholdsdorf. So sank die ehemahlige Wirthschaflspfarre zur
bloßen Manual-Pfarre herab, wie das Msi ations-Protokoll
des Wiener-Bischofes Caspar Neuböck 1682 bestätiget.
Vielleicht hätte sich die Pfarre wieder erhohlen können,
wenn die Gesinnungen der Gemeinde jene der verflossenen 3^)*''
Hunderte geblieben wäre. Allein, nun schlichen sich durch die Re-
formation Grundsätze ein, welche den Katholiken von seiner Kir-
che entfernten; denn die durch Jahrhunderte ehrwürdigen Ge-
bräuche wurden für unpassend, und von katholischen Priestern
als verächtlich erklärt, die Werke der Frömmigkeit wurden ent-
behrlich genannt, und so mußten die letzten Hülfsquellen der
Pfarre versiegen. Ein bedauernswürdiger Zustand trat ein,
wre wrr daraus schließen können, daß ein späterer Pfarrer,
Paul Pösius, i6i3 es der Mühe werth finden konnte, sich um
das vacante Beneficium zum heiligen Pancraz auf dem Lichten-
steine zu bewerben. Leider müssen wir einen Priester, den Ma-
grster Georg Oeder, beschuldigen, die Bürger von Pertholds-
dorf, wo er um das 3§hr i52y lebte, mit der neuen Lehre be-
kanntgemacht zu haben *). Sie fand, wie wir schon erwähn-
ten, zahlreiche Anhänger, die nicht nur Reformatoren dem
Nahmen nach , sondern auch in der That seyn wollten. i582
treffen wir sogar einen Pfarrer an , der im Ehestände lebte.
Dre Zeit endlich, die Bemühungen Kaiser Ferdinands II. und
*) Dev Universität zu Wien wurde die Untersuchung über die Irrthümer,
die er lehrte aufgetragen. S. Specimqu hist. Canceli. Univ. Vinci. x. 93,
io3
des Bischofes Äsefes, verminderte^ nach und nach diese Anhäng-
lichkeit, nur die traurigen Folgen für die Pfarre blieben.
In diesem Zustande fließt schnell ein Jahrhundert vor un-
sern Augen dahin, und wir nahen uns dem gräßlichen Zeit-
puncte, wo die Türken i683 Pertholdsdorf mir Mord, Raub
und Brand erfüllten» In Asche lagen Kirchen und Häuser,
ermordet waren die Einwohner, und Fremdlinge mußten zur
Bevölkerung und Erbauung des Marktes herbeygerufen werden.
Eine ungeheure Aufgabe war diesen neuen Ankömmlingen vor-
behalten ; doch kaum hatten sie die nöthigen Wohnungen für
ihre Familien errichtet, als sie ihre Kräfte zur Herstellung der
Kirche vereinten. Mit Hülfe des Höchsten kamen sie damit
1686 zu Stande. Sobald die Kirche vollendet war, schritt der
Magistrat zur Ernennung eines Pfarrers da des vorhergehen-
den, den die Türken sammt dem Caplane in die Gefangen-
schaft geführt hatten, keine Meldung mehr geschah.
In der Folge der Jahre wurden auch die übrigen Kirchen
erbauet, und so allmählich die Wuth der Türken verwischet.
Mehrere über dem Eingang in das Presbyterium befindliche
Jahrzahlen zeigen, daß die Pfarrkirche späterhin abermahls der
Erneuerung bedurfte. Das letzte Mahl wurde an dieselbe ,766
die verbessernde Hand gelegt. Der Druck dieser bedeutenden
Auslagen , mehrere andere Lasten, die der Markt zu tragen
bekam, und eine mangelhafte Administration setzten-denselben,
rücksichrlich der mit den Gütern der Pfarre übernommenen Ver-
bindlichkeiten, in die größte Verlegenheit. Schon ,766 und
176^ sah er sich gezwungen, mit den vorgeschriebenen Zahlun-
gen zurück zu bleiben. Den darüber erhobenen. Klagen folgte
das Bekenntniß, daß er nicht mehr im Stande sey, die über-
nommenen Verbindlichkeiten zu erfüllen und die Rückstände ab-
zutragen. Damit vereinigte der Magistrat zugleich die Bitte
ihn des Patronats-Rechtes zu entheben.
Nach vielen darüber gehaltenen Untersuchungen wurde end-
lich Cardinal Migazzy von der Kaiserin Maria Theresia auf-
gemuntert, die Pfarrherrschaft sammt den Gütern, jedoch un-
ter den Bedingungen zu übernehmen, welche der Markt hätte
erfüllen sollen. Was den Cardinal zur Uebernahme bewogen
i o4
hat, meldet er selbst in seiner Note : Nachdem der gütige Gott,
und die übergroße Milde Ihrer Majestät der Kaiserin, mich
mittelst des Bisthums Waizen in den Grand gesetzt hat, Gu-
tes zu thun, so werde ich auch nicht entstehen, mein Möglich-
stes beyzutragen, um die Seelsorge und den Unterricht zu Per-
tholdsdorf zu besorgen. Durch den Bau des herrlichen Pfarr-
hofes, in dem sich Größe und Bequemlichkeit vereiniget, setzte
sich der Cardinal ein bleibendes Denkmahl.
In neuern Zeiten wurden, wie die Einkünfte, auch die Grän-
zen der Pfarre beschränkt. Die Dörfer Nodaun, Kaltenleut-
geben und Kalchspurg wurden ihrer Obhuth entnssen, die beyden
erster» zu Localien, letzteres zur Pfarre erhoben, und mit ei-
genen Seelsorgern besetzt. Dadurch war auch eine geringere
Zahl der Mitarbeiter im Weinberge des Herrn nöthig, und so
kam es, daß diese Pfarre, welche ehemahls zwölf Priester be-
schäftigte und ernährte, bis 1780 noch zwey Cooperatoren, jetzt
aber nur einen besitzt.
Dieß sind die Schicksale der Pfarre Pertholdsdorf, und wir
gehen nun zur kurzen Beschreibung ihrer Kirchen über.
Auf dem Marktplatze, der ziemlich groß, aber nicht eben
ist, steht die Pfarrkirche von Stein im gothischen Geschmacke
erbauet. Eigentlich ist sie zur Ehre der heiligen Jungfrau ge-
weihet, als Kirchen-Patron aber ehren die Ortsbewohner den
heiligen Augustin, dessen Fest jährlich als Kirchen-Hauptfest
begangen wird. Ihre Außenseite zeigt ein sehr hohes Alter.
Der Außenseite entspricht das Innere, das sehr geräumig, ma-
je statisch und von beträchtlicher Höhe ist. Das Gewölbe wird
von zehn emporstrebenden Pfeilern getragen. Der Hochaltar
stellt auf seinem Blatte die Erhöhung Mariens dar, über wel-
chem das Bild des heiligen Augustin angebracht ist. Außer dem-
selben befinden sich in der Kirche noch sechs Neben-Altü're aus
Holz geschnitzt, die den heiligen Sebastian, Leonhard, Johann
von Nepomuk, Maria, Hülfe der Christen, Maria Empfäng-
niß, und das heilige Kreuz vorstellen. Die Altäre mögen aber
ehemahls andere Benenungen gehabt haben; denn zu einer
Niclas-Capelle in der Pfarrkirche stiftete 1401 des Niclas Tors-
mv Witwe ein ewiges Licht. Zum Katharinen-Altare stiftet
ioS
Hanns der Lange/ gleichfalls »460 ein immerwährendes Licht,
und zum Gottleichnams-Altare machte Leb der Nußdorser/ 1422
eine Stiftung auf fünf Messen.
Etwas sehr Interessantes an der Kirche ist die unterirdische
Capelle: - Bey dem Altare des heiligen Leonhard führen zehn
Stufen abwärts zu einer eisernen Thüre, ,die in eine Vorhalle
leitet; von dieser führen abermahls durch eine eiserne Thüre,
neun Stufen in die Vorkirche. Der Stiege gegen über befin-
det sich ein doppeltes Gitter von Eisen, durch welches man in
ein dunkles Nebengemach tritt. Rechts von der Vorkirche lei-
tet eine Thüre mit zwey Stufen abwärts in einen kurzen Gang,
der zur Hauptkrrche führet, die über eilf Klafter lang ist.
Sie hat keine eigentlichen Fenster, sondern bloß fünf runde
mit starken eisernen Spangen versehene Oeffnungen. Dem Ein-
gänge gegen über ist abermahls ein eisernes Gitter, welches in
eine kleine Halle führet, die sonderbar genug, die Form eines
lateinischen!) hat. Noch bemerkt man in der Kirche die Con-
secrations-Zeichen, so wie einen Altar, der auf einer Stufe
ruht. Wahrscheinlich war also diese Halle das eigentliche Got-
teshaus, so wie die Vorkirche die Sacristey.
Neben der Kirche steht der Thurm ganz frey, aus Quader-
steinen erbaut, oben mit einer Gallerie versehen. Die Höhe
desselben beträgt außerhalb des Grundes 3o Klafter. Ueber
der Uhrtafel findet man die Jahreszahl 1621, wo der Bau
desselben vollendet wurde. Ganz unten ist eine geräumige Halle,
die ehemahls eine Capelle zu Ehren des heiligen Nicolaus ge-
wesen seyn soll. Eine Art von Altarstein macht es wahrschein-
lich. In der Mitte der Halle ist ein guter Ziehbrunn ange-
bracht, wodurch man im Falle einer Belagerung für ein Haupt-
bedürfniß sorgen wollte. Gegenwärtig wird diese Halle von
dem Kammeramte als ein Weinkeller verlassen.
Auf der lrnken Seite der Kirche steht eine kleine Capelle
von dem heiligen Martin benannt. Sie ist nun geschlos-
sen, und wird zu einem Depositorium für die Waffen der Land-
wehre verwendet. Die Sage macht sie zur ältesten Kirche in
Pertholdsdorf; auch findet man an der Außenseite, beynahe am
Dache die Jahreszahl m4* Da aber Urkunden von dieser
iq6
Kirche keine Meldung machen, so könnte eine neuere Hand,
der diese Sage bekannt war, oben bemerkte Jahreszahl ange-
bracht haben.
Auf der Straße nach Wien befindet sich das Spital mit
einer Kirche der heiligen Elisabeth. Die vielen Unfälle, wel-
che beyde im Laufe der letzten drey Jahrhunderte trafen, ha-
ben ihren Vermögensstand merklich herabgebracht. Doch ver-
mehrte die anfängliche Stiftung der Herzogin Beatrix in
der Folge der Magistrat von Pertholdsdorf mit dem Walde
bey Kalchspurg im Amte Reichliesing (,55t)), den er von den
Nicolaischen Gütern um 565 Pfund Pfennige erkaufte, wohm
ihn die Universität und der Magistrat von Wien zum Geschenke
gaben. Das Gotteshaus zur heiligen Elisabeth ist, wie wir
bereits erzählet haben, mehrere Mahl zerstöret und wieder er-
bauet worden. Eine vollkommene Erneuerung erhielt es im
Jahre ,587, wo Bischof Johann Caspar Neuböck demselben,
sammt drey neu erbauten Altären zu Ehren der heiligen Eli-
sabeth, Wolfgang und Christoph, die Weihe ertheilte. Gegen-
wärtig befindet es sich m einem sehr baufälligen Zustande und
1809 wurde die Kjrche von den Franzosen zu einem Magazine
verwendet, welche Bestimmung ihr bis jetzt geblieben ist.
Außerhalb des Marktes, gegen den so genannten Geisberg,
befand sich ehemahls auf einem Hügel, Leonardi- oderCalva-
rienberg genannt, eine Cinsiedeley mit einer Capelle zum hei-
ligen Leonhard. Aus einer Urkunde Kaiser Ferdinands I. er-
, hellet, daß sie schon,556 gestanden habe. ,788 wurde sie auf
höchsten Befehl geschloffen und abgetragen.
Weiterhin finden wir auf dem nähmlichen Hügel ein Ge-
bäude, jetzt neu erbaut, in dem einst der Priester Johann Au-
nosky wohnte, welcher den zunächst befindlichen ,8 Klafter in
Felsen gehauenenen Brunn, innerhalb vier Jahren ohne irgend
eine menschliche Beyhülfe vollendete, und bewies, was anhal-
tender Fleiß auszurichten vermag.
Der Freydhof wurde auf Kosten der Gemeinde nicht nur
zur Hälfte erweitert, sondern auch mit einer hohen schönen
Mauer eingefaßt, und am 4» October,8,8 eingeweiht. In
demselben befindet sich die Capellen ähnliche Grabstätte der Fa-
107
mitte Regenhardt, welche Jacob Regenhardt, Bürgermeister
und Handelsmann in Pertholdsdorf, 1612 erbauen ließ. Unfern
derselben ist der Leichenstein de6 einst allgemein bekannten, aber
schnell vergessenen Sprachforschers Popowich, mit der einfachen
Aufschrift: Popovich, quod fuit MDCCLXXIV.
Sollten wir alle diejenigen anführen, welche sich durch
milde Gaben für die Pfarrkirche, die Seelsorger und die Ar-
men ein unvergängliches Denkmahl in Pertholdsdorf gesetzet
haben, so müßten wir mit ihrem Nahmens-Verzeichnisse meh-
rere Blärtqr füllen. Die vorzüglichsten dieser Wohlthäter sind
wohl auch in dem Strome der Zeiten untergegangen; aber
dort leben sie, wo sie den Lohn ihres edlen Herzens zu genie-
ßen haben. Wir wollen aus jenen, die wir nahmentlich ken-
nen, nur einige wenige anführen. Dre Witwe Bernhards von
Weyderveld und ihr Sohn Dietrich, gehören unter die ältesten
Wohlthäter; indem sie i334 einen Jahrtag stifteten, an dem
3oo Brote, deren vier einen Pfennig kosten, und ein Eimer
Wein unter die Armen vertheilet werden mußten. Conrad der
Neumüller und seine Hausfrau Alheit, Niclas Chnudig, ein
Bürger, Bernhard der Zechmeister u. s. w. An einigen gestif-^
teten Jahrtagen wird verordnet, 3o Pfennige in einem Tuche
auf den Altar zu legen, an andern mußten acht weiße Brote
(Semmeln) für 60 Pfennige; Wein für 5c>; und Fletsch für
70 Pfennige geopfert werden. Aber auch die neuesten Zeiten
sind an Wohlthätern für die Kirche und ihre Vorsteher nicht
. zurück geblieben, wie das Stiftungs-Verzeichniß auf Jahrtage,
Messen und andere Gottesdienste zur Genüge beweiset.
IX. Loealie Kaltenleutgeben ').
südwestlich von Wien, und umgeben von den Ortschaften
Breitenfurt, Rodaun und Perchtoldsdorf, liegt zwischen
*) Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consiftorial - Archive
lit. K. Nr.VIII. und 9. Vergl. mit Gah eis Spazierfahrten in die
Umgebungen Wiens. *
?o8
Bergen und Waldungen/ in einem schönen Thäte/ welches
durch die vielen Kalköfen recht eigentlich lebendig wird/ das zu
dem k. k. Waldamte gehörige Dorf Kaltenleutgeben/ mit
einer Kirche des heiligen Apostels Jaeob des Größeren/
74Häusern/ deren jedes beynahe abgesondert vom folgenden liegt/
und 572 Bewohnern / die größten Theils Katkbauern und Holz-
hauer sind/ nebst bey auch mit Pferden handeln / und daher ziem-
lich wohlhabend seyn mögen. An dem kleinen vorüber fließen-
den Bache liegen 3 Mahl- und r Sägemühle.
Schon im *7*?» Jahrhunderte harten die hiesigen Bauern/
die der einträgliche Nahrungszweig des Kalkbrennens in diese
einsame Gegend gelockt haben mag/ am Fuße jenes Berges/
auf welchem gegenwärtig ihre Pfarrkirche prangt, eine noch
jetzt stehende kleineCapelle zu Ehren des heiligest Ja-
cob errichtet/ die eine Votiv-Capelle aus dem Jahre 1662
zu seyn scheint. Sie bildet ein Quadrat/ ist in der Höhe ge-
wölbt/ und mit eckigem Kies in ihrem Innern ganz belegt, so
das sie qn eine Grotte erinnert. In einer Nische steht der
heilige Jacob als Pilger, aus Stein.
Die mancherley Pestunfälle, die sich damahls in Oester-
reich ereigneten, mögen die kleine Gemeinde veranläßet ha-
ben, auf dem Berge, an dessen Fuße ihre Jacobs-Capelle
stand, eine größere Kirche zu erbauen, und sie eben die-
sem Heiligen zu widmen. Zu Anfange des 18^« Jahrhunder-
tes muß dieses fromme Vorhaben schon vollendet gewesen seyn;
denn als im Jahre 1708 der damahlige Herr Pfarrer zu Perch-
toldsdorf, Maximilian Adalbert Aunosky, dessen
Pfarrsprengel Kaltenleutgeben damahls zugetheilt war, mit
Johann Schmidt, bürgerlichem Großuhrmacher zu Wien, wegen
einer allhier zu errichtenden Schlag- und Perpendikel-Uhr ei-
nen Contract einging, so wird diese Kirche als bereits fertrg
erwähnet.
Ihr Erbauer soll, einer bestehenden Volkssage zur Folge, ein
gewisser Jacob von,Oeckl, k. k. Baumeister, gewesen seyn,
dessen Bitdniß noch gegenwärtig im Pfarrhofe aufbewahret
W"'d, und welchen ebenfalls herrschende Pestseuchen zu die-
sem heiligen Werke bestimmten.
lOi)
Nicht lange wird sie ohne eigenen Priester geblieben seyn;
denn der gottesfürchtige Sinn der hiesigen Einwohner übergab
sie der Obsorge eigener Beneficiaten, aus denen der
erste, Heinrich Elser, hier auch begraben wurde. Später
entstand sogar eine besondere Stiftung für einen Frühmeß-
leser, die 49 Gulden abwarf, und seit dem Jahre 1770 ei-
nem gewissen Valentin Rhuen aus der Lavanter-Diöcese
zu Theil wurde, der auch zu andern Kirchendiensten willig sich
brauchen ließ.
So standen die Sachen, als auch der letzte Wunsch der
frommen Bewohner von Kaltenleutgeben erfüllet, ihre Kirche
von der Mutterpfarre zu Perchtoldsdorf abgesondert, und im
Jahre »763 unter dem Patronate des Fürst^Erzbischöflichen Or-
dinariates, zu einer selbstständigen Local-Caplaney er-
hoben wurde, indem dieses Dörfchen damahls schon 66 Häu-
ser, und 5io Einwohner zählte. Dazu kam noch im Jahre
1786 die so genannte Waldmühle von Perchtoldsdorf, wel-
che mit 29 Seelen hierher eingepfarrt ward. Ihr erster Lo-
cal-Caplan war Herr Jacob Wilfonseder. Bald wäre
jedoch im Jahre 1810 diese Localie wieder aufgelöset worden,
da wahrscheinlich die schmalen Einkünfte eines jeweiligen Pfar-
rers, und vielleicht auch der fühlbare Mangel brauchbarer Seel-
sorger, jede Bewerbung um diese erledigte Stelle zurück hiel-
ten. Allein, da der Ort, von der nächsten Station überall
eine Glockenstunde entfernt, und über dieß auch die Kirche selbst
so ziemlich dotirt ist, so wurde ihr Fortbestehen beschlossen, und
sie neuerdings mit einem eigenen Seelsorger besetzet.
Die Kirche, zu der gegenwärtig, von der alten Jacobs-
Capelle an, eine bequeme doppelte Stiege von 4* steinernett
Stufen, und mit Mauern eingefaßt, über den Berg hinauf-
führet, ist niedlich und schön, und im neueren Geschmacke er-
bauet. Im Innern stehen rings um die Mauern Pilaster vott
römischer Ordnung, mit ihrem Gebälke; das Gewölbe läuft
in der fast quadratischen Kirche beynahe in eine Kuppel zusam-
men, macht einen äußerst lieblichen Eindruck, und gibt dem
ganzen Gebäude eine ehrwürdige Höhe. Sie hat drey Altäre,
alle von Marmor, einfach und schön. Den Hochaltar ziert
110
das Bild des heiligen Jacob, als Pilger gekleidet, mit
der Kriegsfahne in der Hand , zu Pferde die Mauren besiegend.
Ueber dem Tabernakel, der aus schwärzlichem Marmor gehauen
ist, befindet sich in einem vergoldeten Kasten die von Hotz ge-
schnitzte kleine Sratue der heiligen Jungfrau Maria von Al-
Lei-ötting *). Die Säulen und Stufen dieses Altares sind
auS dem hier gebrochenen Marmor verfertiget, dessen lichtbraune
und weißgefleckte Schattirung sich angenehm darstellt. Die bey-
den Seicen-Altäre zeigen die Bilder der heil. Aeltern Jesu,
und des heil. Erzengels Michaels.
Nicht weniger herrlich ist der Anblick der Kirche von Außen,
wozu aber auch die Lage auf dem Berge, die Regelmäßigkeit
des Baues, die mit Kupfer gedeckte schöne Kuppel des Thur-
mes, dessen unterer Theil die kleine Sacristey hinter dem Hoch-
altäre bildet, und endlich der sehr niedliche Pfarrhof, der
nur ein Paar Schritte entfernt, Bergan erbauet ist, recht vie-
les beytragen.
Das Kirchenvermögen weiset ein Capital von 8000
Gu'den aus, wovon-aber 6000 fl. auf Stiftmessen gehören,
die von vermögücheren Wohlthätern, aus denen uns nur die
beyden Ehefrauen des Jacob Fikl, mit sooofl. im
Jahre 178g, bekannt sind, angeordnet und festgesetzt wurden.
UebrigenS hat auch die Kirche einige Realitäten, die jedoch
nur von geringem Werthe sind.
Lange Zeit stand der hiesige Seelsorger weit unter der Con-
grua, und schon im Jahre 1798 ward ihm daher aus den
Kirchenmitteln eine Zulage von 26 fl. bewilliget. Als aber die
Theuerung immer drückender wurde, und die neue Ordnung des
Wechselcourses eine neue Bestimmung der Einkünfte nothwen-
dig machte, da verpflichtete sich im Jahre 1612 die gute Ge-
meinde, lhrem Pfarrer jährlich 260 fl. zu bezahlen, denen dann
von der Herrschaft Purkersdorf ein bestimmtes Holz-Deputat und
der Genuß einer Wiese beygefügt wurde.
Vor der Kirche steht die seit dem Jahre 1781 neu erbaute
0 S. über dieses Bild die Austria Mariana vorn Jesuiten Kayser. 2 Th.
111
PfarrschLtle, Vie wohl eingerichtet ist/ und von beynahe 80
Kindern fleißig besucht wird.
Noch gehört zu den Merkwürdigkeiten des Ortes ein klei-
nes Krankenspital und mehrere religiöse Denkmähler, die
vom Eingänge in dieses Thal bis zur Kirche in großer Anzahl
vorhanden sind.
X. Localie Rodaun ').
Dieses Dorf, vor Alters Nadaun genannt, liegt in der
Ebene des schönen Lresing - Thales , zwischen Liesing und
Kalchspurg, kaum eineViertelstunde vonPerchtoldsdorf ent-
fernt. Auf der sanften Anhöhe des daranstoßenden Hügels / ei-
nes der unzähligen Vorhügel der cetischen Gebirgskette / be-
findet sich das Schloß des jeweiligen Besitzers dieser Herr-
schaft, die Kirche, die Wohnung des Seelsorgers und die Schule.
Zur Herrschaft gehört nicht nur das Dorf selbst, sondern auch
die von Atzgersdorf abhängende Filiale S ie b e n h i r t e n, mit
der daran stoßenden Engelsmühle (vulgo Teufelsmühle).
Auch über den nahen Schellenhof erstreckte sich ehemahls
diese Herrschaft, weicher erst seit wenigen Jahren durch seine
Trennung von derselben dominical geworden ist. Das schöne
Schloß biethet seine Aussicht bis nach Wien dar. Es zählet
bey 3o größere und kleinere Wohnzimmer, und hat eine sehr
bequeme Haus-Capelle zu den heil. Aposteln Philipp und
Jacob, mit zwey über einander gebauten Oratorien.
Der Ort selbst enthält, nach der neuesten Zählung, in <)5
Häusern 5s3 Einwohner, deren hauptsächlicher Nahrungszweig
der Milchhandel nach Wien und der Weinbau ist. In der Mitte
1) Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial-Archive,
lit. R, Nr; IV. und 4 ; aus dem, von dem Beneficiaten daselbst, B e-
nedict Ultsch, im Jahre »76b eigenhändig geschriebenen Geschicht-
und Pfarr-Protokolle, und aus einigen Beyträgen des k. k. Hofkammer^
Archives.
ber langen Ortsgasse sieht man ein Gebäude mit einem alten
steinernen Thurme, das der Reisende ohne Zweifel für eine Kirche
halten würde. Es ist aber nichts anderes, als das Gemeinde-
haus mit seinem Thurme, in welchem zum Gebethe geläutet
wurde, ehe noch der Ort seine Kirche hatte. Aber nicht mit SUll-
schweigen dürfen wir eine Naturmerkwürdigkeit übergehen, wel-
che die Zahl der Ortseinwohner während des Sommers ansehn-
lich vermehret; wir meinen das Bad daselbst. Zwar konnten
wir über das frühere Daseyn desselben nichts anders erfahren,
als daß es seit undenklichen Zeiten vorhanden gewesen. Es be-
finde: sich am Liesingbache im letzten Hause Nr. 7 gegen Kalch-
spurg, dienet zur Herrschaft, die es ehemahls besessen hat, und
gehöret dem jedesmahligen Eigenthümer jenes Hauses , gegen-
wärtig der Freyin Gudenus, gebornen Gräfin von Feste-
tics. Das Bad ist kalt, und enthält Schwefel und Eisentheile.
Die einst im Badhause befindliche Capelle zur heiligen
Anna ist nicht mehr.
Unsere ältesten Nachrichten über Rodaun reichen in das
dreyzehnte Jahrhundert. Im CocL trad. Cl.Neobv kommt eine
Schenkungs-Urkunde der Chunigunde von Radoune an
Klosterneuburg v. I. 1200 vor, in welcher ein Heinrich von
Ebersdorf als Zeuge gelesen wird. In einer copirten Kaufur-
kunde aus dieser Zeit (bey Max. Fischer, Urkundenbuch S. i()3)
kommt ein Heinrich von Ra daun als Chorherr von Klo-
sterneuburg vor. Bey Bern. Petz kommen im Jahre 1226
Eberhard und Heinrich von Radaun, Ulrich aber »232
vor. Bruno von R a d 0 w n wird 1260 in einer Urkunde des
Stiftes St. Pölten angeführt. (Duellius.) Als der früheste
uns bekannte Besitzer des Ortes erscheint 1282 Hugo von
Eckartsaü, der sich von Rodaun schrieb. Ein Kad old von
E kartsau besaß es noch i368, und verschrieb seiner Gemah-
lin 20 Pfund auf einige Gülten. Neben den Eckartsauern be-
saß daselbst Cal0h von Ebersdorf einen Wald, welchen er
1291 dem heil. Geist-Orden verkaufet hatte. (Aus Wißgrill,
und des Canoniöus Smitmers Schriften.) Vom Jahre 1414
kommt in den Urkunden des ehemahligen Stiftes von St. Do
rothea zu Wien, eine Schenkung des Herzogs Albrecht V. an
dieses Stift vor mit Bergrecht und Zehent zu Kalchspurg, En-
zersdorf und Rodaun, welche ihm nach dem Tode Hanns von
Stubenberg anheim gefallen sind. W o l f der R a d a u n e r, ein
Anhänger Kaisers Friedrich IV. befand sich bey demselben 146»
in der Burg zu Wien, in welche die Bürger der Stadt und
Herzog Albrecht den Kaiser eingeschlossen hatten. (Gerard de
Rhoo Annal. Fol. 275.) Im Jahre 1496 hatte Kaiser Ma-
ximilian I. Rodaun sammt Siebenhirten und Kalchspurg
dem Herrn v. Jedungsspeygen verliehen; vom Jahre i5oo
aber erscheint (nach Phil. H ueber) die Familie Puch au *)
im Besitze des Ortes, bis dieses durch den Tod des letzten männ-
lichen Erben dem Landesfürsten heimgefallene Lehngut unter
Kaiser Ferdinand I. im Jahre i54i um eine bestimmte
Summe an Leopold Steger gelangte, welcher eine geborne
Puchau zur Gemahlin hatte. Etwa 3o Jahre nachher, um
»669 — 1570, kommt Joachim von Landau, Freyherr zu
Haus und Rapoltenstein, ein eifriger Anhänger der Reforma-
tion, zum Besitze von Rodaun. Dem Hofkammerberichte vom
Jahre i582 zu Folge, hatte er auch das Landgericht daselbst,
welches Herzog Albrecht V. schon 1410 den Petersdorfern
auf Widerruf zugestanden, käuflich an sich zu bringen bey
Mathias angesuchet, zu welcher Zeit der Ort bereits 89
Feuerstellen zählte. Er hat es aber höchst wahrscheinlich deßwe-
gen nicht erhalten, weil er sich schon vorher durch schwärmerische
Anhänglichkeit an den Protestantismus verdächtig machte. Denn
unter seinem Schutze wurde im Jahre i58o auf dem Schlosse da-
selbst die dritte lutherische Krrchen-Visitation vom
Dr. Backmeister, Superintendenten zu Rostock, gehalten.
Es zeigte sich nähmlich, daß die lutherischen Prediger schon in
den ersten Decennien ihrer Erscheinung in Oesterreich, von sec-
tischer Parteysucht ergriffen, einander verketzerten, und zu ih-
*) Unter dieser Familie ist wahrscheinlich der Ort während der türkischen
Invasion im Jahre 1629, wie so viele andere umliegende Ortschaften, zu
Grunde gegangen- Er must sich doch allmählich wieder erhöhtet haben,
da man im Jahre »58* bereits wieder 89 Feuerstein zählte.
H
ii4
rer nicht geringen Beschämung zeigten, daß sie, die sich Oester-
reichs Kirche zu reformiren erdreisteten, selbst einer großen Ver-
besserung nöthig hatten. Um ein so großes Scandal, das ih-
nen die Katholiken mit Recht vorwerfen konnten, zu heben,
wurde im erwähnten Jahre in allen vier Vierteln Oesterreichs
unter der Enns eine Kirchen-Visitation angestellt, und jene
zu Rodaun war die dritter Aus den Acten dieser lutherischen
Kirchen-Visitationen, welche der protestantische Schriftsteller
Raup ach in der Erläuterung des evangelischen
Oesterreichs, S. 176 u° f. bekannt gemacht har, erhellet
zur Genüge, wie Unwissend viele dieser angeblichen Aufklärer
waren; wre sie den Schulunterricht vernachlässigten; bey dem
Gottesdienste, mit Verachtung selbst der vorgeschriebenen pro-
testantischen Liturgie, sich allerley Willkühr erlaubten; wie
selbst bey Haltung des Abendmahles auffallende Mängel sich
fanden rc. rc. Aus demselben Schriftsteller sieht man, daß bey
diesen Kirchen-Visitationen einige Prediger erschienen, andere
nach Belieben ausblieben; einige die Satzungen derselben an-
nahmen, andere dagegen protestirten; kurz, sie zankten sich
nachher wie vorher untereinander, dergestalt, daß von ihnen
selbst einige dieser unruhigen Köpfe zurück in ihre Heimath ge-
schickt werden mußten. (Raupach a. a. O.)
So war denn Rodaun, wie jene Orte, wo solche Kir-
chen-Visitationen von den Protestanten angestellt wurden,
mehr berüchtiget', als berühmt geworden. Unterdessen fuhr die
Familie Landau durch 40 Jahre, als sie noch im Besitze die-
ses Gutes blieb, fort, der Reformation den gesetzwidrigsten
Vorschub zu leisten. Denn, nicht zufrieden mit dem Privat-
Exercitium ihrer Religion, welches die Capitulation des Kö-
nigs Mathias vom Jahre 1609 den protestantischen Her-
ren auf ihren Schlössern zusicherte, öffneten sie, sammt den Be-
sitzern von Jnzersdorf und Hernals, ihre Schloß-Capellen zum
freyen ungehinderten Gebrauche des lutherischen Gottesdienstes,
wodurch dann ganz gegen den Sinn des Monarchen das längst-
verbothene Auslaufen nach solchen Ortschaften, so wie der Ab-
fall der Katholischen befördert werden mußte. Endlich versag-
ten sie mit unerhörter Verwegenheit, ungeachtet aller väter-
tiS
lichen Warnung/ dem Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1620
die Erbhuldigung/ weßwegen sie auch nicht mehr als Landstände
anerkannt/ sondern als Rebellen gegen ihren rechtmäßigen Lan-
desfürsten angesehen und ihrer Güter verlustig wurden. Mehr
davon kann man bey oft erwähntem Raup ach/ insbesondere
aber in K h e v e n h ü l l e r's Annal. Ferd. Tom. IX, und X.
lesen.
Nun kam Rodaun an Christoph Urschenbeck. Nach
dem Berichte des Erasmus Gold/ Land-Untermarschalls, an die
Regierung/ vom 18. November 1620/ war der Freyherr von
Landau so verschuldet/ daß sich der genannte Urschenbeck mit
12000 fl. / und Gilbert von Santhillier mit 27,000 fs. auf
Rodaun allein in liquidirter Schuld verzeichnet fanden. (Hof-
kammer- Archiv)
Urschenbeck wurde Rodaun im Jahre 1622 eingeant-
wortet. Etwa zehn Jahre später, um 1682, hat es Freyherr
von Pr and iß, welcher Eva, eine geborne Urschenbeck, zur
Ehe hatte, von den Urschenbeckischen Erben an sich gebracht.
Dieser Familie wurde 1661 die Waldmauth aufgekündet. (Hof-
kammer-'Archiv.) Sie muß über hundert Jahre im Besitze
des Gutes gewesen seyn, und die Verwüstung des Ortes durch
die Türken im Jahre i683 erlebet haben, indem es erst im
Jahre 1787 Herr Philipp v. R ödersthal von ihr durch
Kauf an sich brachte. (Ständisches Güttbuch.)
Mit diesem Besitzer, oder vielmehr mit seiner hinterlasse-
nen Wittwe E l e 0 n 0 r a, nachher verehlichten Saubers-
kirchen, fängt für die Kirchengeschichte Rodauns eine neue
Periode an.
Außer der schon Eingangs erwähnten Schloßkirche befand
sich bisher auf demselben Waldhügel eine Votiv-Capelle,
welche wahrscheinlich im Pestjahre 1679 von der Gemeinde er-
bauet und unterhalten wurde; denn im Jahre 1687 bittet die
Gemeinde die k. Hofkammer um Holz, ihr durch den Feind
im Jahre *683 völlig ruinirtes Kirchlein wieder aufbauen zu
können» 02* Hofkammer-Archiv.) Die Aeltern der genannten
Edlen von Sarrberskirchen, Herr Caspar von Güß m ann,
H *
ii6
Bürger und Rathsherr von Wien, und seine Gattin Katha-
rina, richteten ihr frommes Augenmerk auf diese arme Capelle,
und vorzüglich wünschte die Mutter eine ordentliche Ortskirche
hier zu gründen. Da sie aber ihr Tod 1788 an der Ausfüh-
rung ihres gottseligen Vorhabens hinderte, so verband sie ihre
Tochter Eleonora, als Universalerbin, dieses zu thun. Sie sollte
an dieser Stelle der Votiv-Capelle vom Grunde aus eine neue
Kirche erbauen, mit einem Capital von 6000 fl. einen Beneficia-
Len stiften, der täglich für sie und ihre Freundschaft eine heilige
Messe zu lesen hätte, und dessen Ernennung ihren Erben und
Nachkommen zustehen sollte. Endlich vermachte sie ein Capi-
tal von 1600 fl. als Beytrag zur Erhaltung der Kirche und des
Benesicmten-Hauses. Das ganze Stlfr-Capital sollte auf die
Herrschaft fundiret, und diese gehalten seyn, auf ewige Zeiten
für die Dauer der Stiftung zu sorgen. Ueber dieß wurde die
Transferirung dieser Stiftung auf einen andern Ort, ausdrück-
lich nach dem Witten der frommen Stifterinn, verbothen.
Die würdige Tochter befolgte pünctlich den Auftrag ihrer
gottseligen Mutter,-wenn gleich die völlige Vollendung der
Stiftung erst nach dem Verlaufe mehrerer Jahre zu Stande
kam. Sie ließ die gegenwärtige schöne Kirche aufführen,
welche der Jesuite Dolfing im Jahre »746 zu Ehren des hei-
ligen Johann des Täufers benedicirte. Sie baute in
einer kleinen Entfernung die Wohnung für den Beneficraten, den
sie noch in demselben Jahre in der Person des Georg Meis-
ner, Churpriesters bey St. Stephan, mit Bewilligung des
Consistoriums (jedoch unter Vorbehalt der pfarrlichen Rechte
von Petersdorf) ernannte. Sie versah die Kirche mit allem
Nöthigen, übergab das ganze Stift-Capital, einem eigenen Re-
verse vom Jahre 1789 zur Folge, worin sie zugleich auch ihre
Nachfolger in der Herrschaft für die Erhaltung dieser Stif-
tung verbindlich macht; ja sie überträgt in einer eigenen Ces-
sion vom Jahre 1771, das ihr zustehende Patronats-
Recht an das erzbischöfliche Ordinariat in der einzigen
Absicht, damit es dem Orte an einem würdigen geistlichen
Seelsorger, wie sie sich ausdrückt, nie mangeln möge. ('Alles
aus den Stiftungs-Acten dieses Beneficiums.)
, llj
Die edle Frau von Sauberskirchen scheint Manches über ihre
Kräfte gethan zu haben. Sie wargenöthiget, das Gut an einen
angeblichen Grafen von Romanov zu verkaufen, der es im
Jahre »766 schon besessen hat. Da aber dieser sich von Wien
entfernte, kam es »778 an einen akatholischen Besitzer, den
Freyherrn von B e n d e r, welcher sogleich sein Wappen über dem
Eingänge der Kirche, wie noch zu sehen, aufhängen ließ. Von
ihm endlich gelangte es nach dem kurzen Besitze von fünf Jahren,
1778 käuflich an die gräflich Fuchsische Familie, bey welcher es sich
noch gegenwärtig befindet. (Aus dem Ständischen Gültenbuch.)
Noch 178» unterschrieb sich Herr Johann Baptist
H ei b el im Kirchen-Inventarium als Beneficiat. Aber bald
darauf, nähmlich 1788, wurde dasBeneficium in eine Loca-
lie umgeändert, und somit der Ort von der bisherigen Mut-
ter-Pfarre Perchthokosdorf entlassen.
So blieb es bis zum Jahre 1804, wo diese Localie gar
eingehen sollte. Dieser Verlust für die Gemeinde wurde da-
mahls noch durch das Hofdecret von eben demselben Jahre abge-
wendet; indem es den Fortbestand der Localie in Gemäßheit
ihrer vorhandenen Stiftung anbefohlen hatte. Herrschaft und
Gemeinde thaten jetzt alles, was sie konnten, um die Susten-
tation ihres Seelsorgers zu verbessern. Die Herrschaft erklärte
sich großmüthig von dem Stiftungs-Capitale künftig statt vier
pro Cent fünf an Interessen zu entrichten, die Gemeinde aber
ließ sich, nebst 4 Klafter Holz, zu einem jährlichen Beytrage von
5o fl. herbey. Allein die eingetretenen ungünstigen Zeitereig-
nisse machten, daß alle diese Anstrengungen den erwünschten
Erfolg nicht haben konnten, den man sich von ihnen anfangs
zu versprechen hatte. (A. d. Pfarr- Acten.)
Jedoch dieses sind nicht die einzigen W ohlthaten, de-
ren wir hier erwähnen müssen. Seit Errichtung dieses Benefi-
eiums hat die gottselige. Stifterin immer einige Nachahmer
gefunden. 1760 hat Herr Mathias H i n d r l a n g, Consisto-
riab-Custos, diese Kirche zum Erben eingesetzt, wodurch sie ein
Capital von 8000 fl. erhielt. Der selige Hof-Juwelier, Franz
Edler v. M a ck, war, wie in Kalchspurg, so auch hier derjenige,
der bey jeder Gelegenheit sich dankbar seiner Monarchen erin-
u8
„orte. Er vermachte schon 1778 40c» fl. Capital auf heilige
Messen für die Seelenruhe Sr. Majestät des römischen Kaisers,
Franz des Ersten, und weiland der großen Maria There-
sia, und im Jahre 1788 verschaffte er der Kirche alles, was
ihr damahls zur Errichtung der Localie noch mangelte; z. B.
den marmornen Taufstein, heilige Gefäße rc. rc»
Freundlich erhebt sich nun auf dem sanften Hügel die Kirche
mit ihrem regulären Thurme, dessen Dachung mit Blechplat-
ten gedecket, und von der Sonne beleuchtet, schon von ferne
einen hellen Glanz um sich verbreitet. Die Kirche selbst ist im
neuen Styl erbauet, hoch, licht, und hinlänglich groß für die
Gemeinde. Der Hochaltar ist einfach. Ueber demselben an der
Wand erhebt sich ein gut gemahltes Bild, den heiligen Johan-
nes vorstellend, wie er eben Christum im Jordane taufet. Der
schönen Kanzel gegen über befindet sich der (einzige) Sei-
tenaltar mit der Sratue des heiligen Johann von Nepomuk,
welcher die Stelle des Altarblattes vertritt.
Die Schule scheint mir Errichtung des Beneficiums vor-
handen gewesen zu seyn. Gegenwärtig ist das neue Schulhaus
neben dem Pfarrhofe auf dem Hügel für 5o Schulkinder, etwa
um 1800 erbauet worden.
X. Localie Breitenfurt'),
Breitenfurt, ein Walddorf im Forste Reichliesing bey
Laab, wovon es etwa eine Stunde entfernt ist, hinter Kalch-
spurg im Wienerwalde, gehörte/ wie Laab, einst unter die erste
Schenkung Kaiser HeinrichsH. an den Markgrafen Hein-
rich!. im Jahre indem es unter dieser großen Wald-
strecke gleichfalls begriffen war. Es war demnach mit seinen
Waldhüttlern ebenfalls landessürstlich. Seine frühere Ge-
?) Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial-Archiv lit. B.
JVr. XYII» und 17. Aus dem von dem Beneficiaten daselbst, Andr.
H a r t m ü n n, im Jahre 1763 verfaßten Protocollum Breitenfurtense,
und aus dem eingeschickten Berichte des Herrn Local - Capellans dg-
ftlhsi Adam Ke rm
iig
schichte durch Zoo Jahre ist völlig unbekannt; sie verliert sich
in jene von Laab, wozu es von jeher eingepfarrt war, mit
dem es gleiche Beschäftigung und Nahrungszweige, gleiche
Herren, und somit auch wahrscheinlich gleiche Schicksale theilte.
Wer aber hier unsere größte Aufmerksamkeit verdient, ist
Gregor Wilhelm p. Kirchner, weiland Sr. Majestät
Carls VI. Ministerial - Banco - Deputations - Hofbuchhalrer,
und Oberaufseher der kaiserlichen Wälder und Förste. Er hatte
während seiner Jnspection gar oft Gelegenheit zu bemerken,
in welchem bedauernswürdigen Zustande sich die armen, vom
Baumfällen oft beschädigten, und im Alter entkräfteten hülf-
losen Waldhüttler dieser Gegend befanden, und gerührt von
christlichem Mitleiden, dachte er auf ihre Versorgung. Zn
dieser Absicht baute er 1696 sich hier ein Schloß, dann ein
Spital auf 40 Männer und Weiber, mit einer Capelle zum
heiligen Johann von Nepomuk, die, nachdem alles in
Ordnung gebracht war, 1782 vom Cardinal Grafen von K ol-
lpnitz eingeweiht wurde. Zur Seelsorge der armen Spitäler
hatte der Stifter einen eigenen Beneficiaten dotirt, der
nebst der Wohnung und einem Holz-und Licht-Deputate, jähr-
lich 3oo fl. zu seiner Sustentation erhielt. Der erste noch
von ihm im Jahre 1788 vorgeschlagene und approbirte Prie-
ster war Georg Richard, Edler von Lanzenfeld. Das
Spital nahm seinen Anfang im Jahre 178b. (A. d. Pro-
tokolle.)
Der edle Mann sah nicht mehr, was er gepflanzet hatte.
Er war bereits das Zahr vorher, 173Z, ins ewige Leben hin-
übergegangen, wo erbrüten sollte, was er hier mit einem
so menschenfreundlichen Herzen ausgesäet hatte. Er setzte in
seiner letztiyilligen Anordnung das Spital zum Erben ein, und
bestimmte zum Cnrator desselben die k. k. Bancal-Deputarion.
Nur Einen Wunsch hatte er für sich, diesen nähmlich, daß sein
Leichnam im hölzernen Sarge verschlossen, in dem von ihm
gebauten Spitalkirchlein beygesetzet werde; und eS geschah
nach seinen: Willen.
Durch 48 Jahre bestand diese Versorgungsanstalt, als
im Jghre 1784 die Vereinigung verschiedener Spitäler in W
L2Q
aufgelassene Karchauser-Kloster nach Mauerbach anbefohlen
wurde, und hiermit auch die Armen in Breitenfurt wandern
mußten. Ein Theil des leeren Schloßes wurde der k. k. För-
sters-Witwe, Rosalia Honig, verkauft; das Spital aber
abgebrochen, welches Schicksal auch das Schloß, bis auf zwey
Fensterbreiten, die den jetzigen Pfarrhof bilden, gehabt hatte.
Nur aus der Architektur der Kirche, kann matt auf seine ehe-
mahlige Herrlichkeit schließen.
Eine solche Total-Veränderung konnte nicht ohne Einfluß
für die Capelle und ihren Beneficiaten bleiben. Die eben
ins Werk gesetzte neue Pfarreinrichtung both die Gelegenheit
dar, das hierortige Benefieium zurLocalie zu erheben. Die
Capelle zum heiligen Johannes wurde nun eine kleine Pfarr-
kirche, und der Beneficiat ein Local-Capellan, der nun den
seiner Cathegorie ausgemessenen Gehalt von 3oo fl. zu genie-
ßen hat. Dagegen hat der Religionsfond das kirchnerische Be-
neficium,wie auch die Stiftung der Katharina von Ras-
sig eingezogen, und er besorget dafür die Sustentation des
Localisten, und die Unterhaltung der Kirche.
Die Kirche ist im Innern mit Gypsmarmor überzogen, und
mit Säulen verziert, sie hat drey Altäre. Das Hochaltarblatt
stellt den heiligen Johann von Nepo mu ck vor. Der Sei-
tenaltar rechts hat das Bild MariaVerkündigung und
em Bild des heiligen Aloys; der linke das Kreuz als Haupt-
bild, und einen Franz Xaver. Das Kirchlein ist fast zirkel-
förmig erbauet, und hat eine platt gedrückte Kuppel, welche
ganz bemahlt ist. Leider befindet es sich aber in schlechtem Bau-
stande, und faßt kaum die Hälfte der gegenwärtigen Gemeinde;
indem sie ursprünglich für eine solche nicht erbauet wurde. Ihr
kleines Vermögen möchte sich anf ,000 fl. belaufen.
Breitenfürt zählt gegenwärtig 877 Seelen. Nebstdem
sind zu Breitenfurt noch folgende Filialen geschlagen wor-
den, die ehedem entweder nach Laab, oder nach Purkersdorf
eingepfarret waren; nähmlich Hochrotherd mit i5i, Hö-
niggraben mit 54, und Wolfsgraben mit 258 Seelen.
Es komm hier zu bemerken, daß die Häuser dieser Orte zer-
streut und im Gebirge liegen, welches die Seelsorge in der
12 t
That beschwerlich macht. Die Entfernungen sind manches Mahl
eine, manches Mahl auch anderthalb Stunden. Die Pfarre
hat über dieß zwey Schulen; eine in Breitenfurt, die andere
in Wolfsgraben. Sie sind beyde mit der Locaüe entstanden.
Endlich ist es nicht möglich, die ganze Gemeinde von 840 See-
len auf ein Mahl in der kleinen Kirche zu versammeln. Es ist
also ein doppelter Gottesdienst unumgänglich nothwendig. Deß-
wegen ist schon 1784 laut Hofdecretes ein pensionirter Reli-
giöse dem Local-Capellan beygegeben, und in Ermanglung des-
sen, ein Cooperator bewilliget worden.
Xl. Pfarre Laab ‘).
2aab, einstens Loup, ein Walddorf südwestwärts von Wien,
hinter Kalchspurg im Wienerwalde, und 1 1/2 Stunde hinter
Perchtholdsdorf gelegen, ist der letzte Ort an der westlichen Gränze
dieses Decanates.
Vielleicht ist die allererste hier befindliche Kirche zum
heil. Colomann noch alter als der Ort selbst. Sie kommt
schon im Stiftbriefe der Benedictiner-Abtey der Schotten
zu Wien vor, den Heinrich Jasomirgott im Jahre n58
ausfertigen ließ; worin er ihnen diese Kirche sowohl, als das
ihm darüber zustehende Patronat s-R echt übergibt Allein,
>) Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial-Archiv
lit. L. Nr. VI. und 6; aus dem Geschichts-Protokolle des Pfarrers Efin-
ger vom Jahre 1763 (und vermuthlich im Dupplicate »770. neu ge-
schrieben) ; aus den gefällig mitgetheilten Nachrichten des Herrn Pfar-
rers Joseph Dominik Herborn im Jahre 1816, und endlich
aus den documentirten Auszügen über Laab im Schotten-Archive, wo-
mit Se. Hochwürden, Herr Andreas Wenzel, Abt des uralten
Stiftes Schotten, noch jüngst im Jahre »820 uns beehrte.
») Eodem siquidem die saepedictam fundationem nostram (Abbatiae
Scottorum) magis ac magis promovere cupientes, . . . capellam
quoque 8. Colomani in Laub (aliasque parochias), quarum
patronatus ad nos plene pertinere dignoscebatur, tradidimus jnera
liberalitate, quidquid juris habere videbamur in jam dictis capellis
et parochiis sub regimine Abbatis et conventus subsistendum. So
heißt es im genannten Stiftbriefe bey Bernard. Petz Codice diph
»23
der Herzog sagt in benannter Urkunde nicht, daß er sie erbauet
habe, welches er in diesem Falle gewiß angemerket hatte; son-
dern es wird darin derselben als einer bereits bestehenden und
bekannten Kirche gedacht; wir werden uns also wohl die Frey-
heit nehmen dürfen, einige Vermuthungen über ihren Ursprung
zu wagen, welche mit der Geschichte jener Zeit übereinstimmen.
Einmahl ist es schon gewiß, daß Kaiser Heinrich H. dem
Markgrafen Heinrich!, diese ganze ungeheure Waldgegend
um das Jahr 1002 zum freyen Besitze eingeräumt habe *).
Gewiß wird sowohl er als seine Nachfolger, da sie in einer so
großen Strecke nach allen Direktionen in mehr oder weniger
großen Entfernungen sich durch die Jagd unterhielten, in diesen
Waldgegenden kleine Jagdschlösse^ zum Aufenthalte, und
nahe dabey eine Capelle angeleget haben, um zugleich der
Andacht zu pflegen. So sind, wie es die Geschichte zeigt, Meh-
rere unserer Schlösser und Capellen in den großen Waldgegen-
den entstanden. Auch in Laab war, wie Pfarrer Herborn in
seinen uns mitgetheilten Beyträgen bemerket, ein uralter Jayd-
hof (Jagdschloß), welcher »52b zerstört wurde, und nicht weit
davon, nähmlich quf dem so genannten Kirchberg, die uralte St.
Colomanns-Capelle. Es gibt uns aber das Patrocinium dieser
Kirche selbst den Wink zur Lösung der Aufgabe: Der Tod des
,col. 348» Er wählte dle Leseart Loup, die wir aber nicht für die wahre
halten. Deny nicht aus Loup, wohl aber aus Laub läßt sich der Nahme
Laab herleiten. ,
r) Die darüber im heutigen Dorfe Haselbach ausgestellte Urkunde liest
Man bey Ludwig, Reliq. Mst. Tom. IY., und jm Cbtonicoii Gott-
wicenso Tom. I. x. 227. Dep Schluß hdißt: Actum in Haselbach MIIL
Indict. I. Der Kaiser gibt darin dem Markgrafen alles zum Eigenthum,
was inte!.' Durram (Düra) Liecnicham (Liesing) et Chriczinicham
(Triefting) liegt; und dann noch 20 königl. Huben zwischen dem Kamp
und der March. Sie ist die erste und älteste Waldbesitzung der österrei-
chieschn Landesfürsten aus dem Babeybergischen Hause, welche sie in
dieser Gegend hatten. Der Kaiser hatte sie dem Markgrafen Heinrich
wahrscheinlich deßwegen eingeräumt, um das Verdienst seines Vaters,
Leopold des Erlauchten (ülustris), für die an das Reich zurück
gebrachte, den Ungarn entrissene. Mark, zu belohnen; vielleicht auch,
wie Andere wollen, zur Entschädigung für den Verlust der fränkischen
Allodien dieser Dynastie, , mit welchen Kaiser Heinrich II. das Bis-
Oum Bamberg stiftete»
L23
h. Coloman n, dev unter Markgraf Heinrich I. unschuldig zu
Stockerau den Martertod erlitt, und von ihm feyerlich nach
Molk übersetzt wurde (wo sogleich dessen Verehrung allgemein
ward), mag Heinrichen veranlasset haben, dem neuen Heili-
gen bey seinem Jagdschlösse Loup eine Capelle zu widmen;
und somit hätte (da Markgraf Heinrich!, im I. 1018 gestorben)
diese erste und älteste Stt C 0 l 0 m a n n s-K i r ch e wenigstens um
140 Jahre früher eftstiret, als der Schotten-Stiftsbrief er-
lassen wurde.
Wer diese Capelle bis zu diesem Zeitpuncte besorget habe,
und wre ihre Vorsteher geheißen, können wir aus Mangel an
historischen Nachrichten unmöglich enträthseln. Genug, daß die
Markgrafen über sie das Patronats-Recht ausübten. Sie habeu
also entweder selbst einen stabilen Priester hingesetzet, oder viel-
leicht gar nur von Zeit zu Zeit, wenn sie sich hier aufhielten,
durch ihren sie begleitenden Capellan Gottesdienst halten lassen^
Wir sind sogar, unserer emsigen Nachfrage ungeachtet, nicht
einmahl im Stande, mehrere Vorsteher dieser Kirche während
jenes Zeitraumes anzugeben, da sie das Kloster Schotten im
Besitze hatte. (1168— 1690.) So sehr sind alle früheren Nach-
richten über Laab verloren gegangen. Daß diese Pfarre aber
bald mit einem Conventualen, bald mit einem fremden Prie-
ster besetzt worden sey, ist außer allem Zweifel, und erhellet
hauptsächlich daraus, daß im Jahre 1455 Johann Wenn-
ger, Priester aus der Passauer-Diöcese, von dem Abte und
dem Convente des Stiftes Schotten präsentirt, durch die Ueber-
gebung eines Buches (wie es damahls gebräuchlich war) inve-
stirt, und in den vollkommenen Besitz der Pfarre Laab, mit
allen dazu gehörigen Rechten und Einkünften, gesetzt worden ist,
nachdem Thomas Pogner, der letzte und unmittelbare
Vorsteher dieser Kirche, selbe freywillig resigmrt hatte. (Man-
datum Udalrici episcopi Pataviensis ad Jqannem Dobin-
ger, capqllamim inJftadown, de datoYiennae 28. Martii
1455.)
Nebst diesem ist noch die einzige Nachricht aus dem \5tm
Jahrhunderte übrig, daß Laab um dieselbe Zeit unter die P f a r?
ren Oesterreichs gehöret habe. Denn als solche kommt sie iu
134
dem schon öfters erwähnten, auf der kaiserl. Bibliothek aufbe-
wahrten, handschriftlichen Verzeichnisse aller Pfarren in Unter-
österreich aus dem i6ken Jahrhunderte, mit dem Nahmen »Lab
in 8i1va« vor.
Da Heinrich Jasomirgott sich und seinen Nachfolgern das
Wald- und Forst-Regale vorbehielt, welches noch dem Landes-
fürsten eigenthümlich ist, so hat er die Seelsorge über die be-
reits dort wohnenden Hüttler den Schotten übergeben wollen,
welche dann durch die permanente Existenz ihrer Pfarrer neue
Ansiedlungen veranlaßten, und die bereits vorhandenen verbes-
serten. Von den merkwürdigsten dieser Ansiedlungen ist nur die
Nachricht noch von den Besitzern des alten Jaydhofes oder Jagd-
schlosses aus dern i5ten Jahrhunderte auf uns gekommen. Herzog
A l b r e ch t V. hatte ihn nähmlich mit seinem alten Thurme, dem
Nielas Mitte rndorfer zum Lehen gegeben; nach ihm
hat denselben Jörg Alanbekh im Jahre 1464 besessen, und
seiner Gemahlin darauf 5oo Pfund Pfennige versichert; sein
Sohn Bernard endlich hat ihn im Jahre 1491 an das Stift
St. Dorothea in Wien verkaufet *).
Dieses ist alles, was wir von Laab bis zum Schreckensjahre
1629 wissen, in welchem Ort, Pfarrhof und Kirche verwüstet
wurden, und alle Pfarrschriften verloren gegangen sind. Noch
im Jahre 1544 war weder der verwüstete Ort, noch die Pfarre
hergestellt. Die kaiserl. Visitation s-B ü ch e r von eben ge-
nanntem Jahre machen folgende Beschreibung davon: Das Dorf
sey 1629 völlig verwüstet worden; bey der ganz verfallenen und
öden Kirche könne kein Priester mehr bestehen; die kleine neu
gebildete Gemeinde müsse zum Gottesdienste nach Perchtholds-
dorf gehen, und sie besorge indessen bis zur Bestellung eines
neuen Pfarrers seine noch vorfindige Stiftung , welche aus 6
Grundholden '*), einem Weingarten, 12 Joch Aeckern, und 8
Wiesen bestehe.
0 Aus dem Archive des deutschen Ordens und des St. Dorothea-Stif-
tes zu Wien. Siehe Wißgrill österreichisches Adels - Lexicon. Jetzt ist
dieser Iaydhof schon lange ein Bauernhaus.
%) Noch ist ein Dienst - oder Grundbücher der Pfarre Laab, de anno
»564 bekannt.
125
Laab war demnach, wie aus dem obigen erhellet, bis zur
Filiale herabgesunken. Das Kloster Schotten muß sie so viel,
als aufgegeben haben, weil sie als Filiale von Perchtholdsdorf
erscheint, und es auch bis zum Jahre 1694 verblieb. Der Drang
der Zeit hat das Stift verhindert den Kostenaufwand zur
Wiederherstellung der Kirche, der Schule und des Pfarrhofes
zu bestreiten. Zu dieser Wiederherstellung wurde endlich wieder
der Grund geleget unter Christoph v. A b e l e 1), Frey-
herrn zu Lilienberg, Hacking und Engelsteig. Er
war geheimer Rath des Kaisers Leopold I., der ihm 1662
diese Herrschaft (mit Vorbehalt des Wald- und Forst-Regale)
schenkte. Dem edelmüthigen Gutsherrn ging es sehr zu Herzen,
daß seine Unterthanen ohne Kirche und Pfarrer von dem weit
entlegenen Perchtoldsdorf abhängen sollten. Er dachte daher
über beydes Rath zu schaffen, wenn das Stift Schotten seine
Rechte auf die Pfarre, die es ohne dieß schon seit langer Zeit
nicht mehr versah, ihm rechtskräftig überlassen würde. So kam
dann im Jahre 1678 zwischen beyden Theilen ein Vergleich
zu Stande, in welchem dem löblichen Wunsche des Gutbesitzers
von Seite des Schottenstiftes gegen dem willfahren wurde,
daß er die verfallene Kirche, Schule und den Pfarrhof (wie-
wohl auch mittelst Beyträgen der Gemeinde) wieder herstelle,
und einen Betrag von 5ooo fl. als Dotation auf die Herrschaft
sicherstelle, damit von den Interessen der Pfarrer jährliche 200 ff.,
der Schulmeister aber 60 fl. empfange; auch soll er gehalten
seyn, bey dem kaisert. Waldamte ein bestimmtes Holz-Deputat
für Pfarrer und Schulmeister zu erwirken, indem ja die mei-
sten Pfarrkinder karsert. Waldunterthanen seyen.
Dieses ist der Hauptinhalt jenes Stiftbriefes, welcher von dem
») Dieses adeliche Geschlecht stammt aus Breisgau, und kam unter
Max. I. m Hofdienste. Oben genannter Christoph Abele mar zu Wien
1628 geboren, und seiner großen Eigenschaften wegen in wichtigen
Staatsgeschäften gebraucht. Er war einer von den Richtern im Cri-
minal-Prozesse der Grafen Nadasdy, Cerrini, Frangipan> Er
war der Stifter des Servitenklofters zu Frauleiten in Steyermark,
wo er auch begraben liegt. Siehe Wißgrilt Schauplatz des N.Oesterr.
Adels. Th. I. S. 43.
12.6
Schotten-Able Johann, zugleich-Bischofe von Hellemwpel,
und damahligem SuffraganeuS, und von Herrn Christoph
v. Abele gefertiget, und von Sr. Majestät Leopold I.,
und Sr.fürstlichen Gnaden Wilderich, Bischöfe von Wien,
im Jahre 1680 bestätiget worden ist. Darin that der Abt im
Nahmen des Stiftes auf diese Pfarre völlig Verzicht, und
übergab sie sammt dem ihm zustehenden Patronate, dem dazu
gehörigen Grundbuche und übrigen Realitäten, feyerlich dein
genannten Gutsherrn.
Obschon nun so die Anstalt getroffen war, den Beschwer-
den der Gemeinde Laab, die sehnsuchtsvoll einem eigenen Seel-
sorger entgegen seufzte, endlich abzuhelfen; so hinderten doch
die Verwüstungen der ganzen Umgegend bey dem zweyten Ein-
falle der Türken in das Land, im Jahre ,683, und der bald
darauf erfolgte Tod des neuen Stifters dieser Pfarre im Jahre
>685, noch eine Weile die Ausführung dieses Stiftungsverglei-
ches in allen seinen Puncten. Auch die DotationsSumme von
6000 fl. hatte erst die hinterlassene Wittwe Magdalena, nach-
mahls verehelichte Gräfin v. Sallaburg, in ihrem Codicille
vom Jahre i6g5 auf das Gut versichert, welches sie jetzt an
Seyfried Christoph Grafen von Breuner, geh. Rath
und Kammer-Präsidenten, verkaufet halte, der gleichfalls alle
Rechte und Verbindlichkeiten der genannten Stiftung auf sich
nahm und erneuerte. Uebrigens wurde diese Stiftung eigens
noch vom Kaiser Leopold I. und Joseph t. durch förmliche
Rescripte vom 2. Oktober ib<)5 und 7. Julius 1707 confirmirt.
Das kaisetl. Waldamt wird darin angewiesen, das bedungene
Deputat-Holz jährlich erfolgen zu lassen, wie auch seiner Zeit, das
nöthige Kirchenbauholz, und den erforderlichen Kalk zu liefern.
Die gräfliche Familie Brenner besaß Laab nur 5 Jahre.
Im Jahre 1700 kam die Herrschaft an Joseph v. Kropf,
und 1711 — >769 waren Albert Anton, Jacob und
Map. v. Schmerling, die successiven Besitzer von Laab.
Sie haben nicht nur die ganze Stiftung neuerdings zu halten
sich verpflichtet, sondern auch hier und da manche Ausbesserung
mit der Kirche vorgenommen. Von ihnen hat es endlich der
deutsche Ordens-Commenthur, Carl Graf von
12^
Colloredo gekauft, und zu einer Commenda bestimmet»
Unter dieser Herrschaft ereignete sich die dritte Veränderung
mit der Kirche. Bis jetzt stand die Pfarrkirche auf dem so
genannten Kirchberge, und neben ihr Schule und Pfarrhof, so
daß der Pfarrer unmittelbar in die Kirche kommen konnte.
Weil über dieser Kirchberg von dem Dorfe beynahe eine Vier-
telstunde entfernt ist/ und daher im Winter selbst die Schule
im Wirthshause des Dorfes / oder einer andern großen Stube
gehalten werden müßte,'so verkaufte die Herrschaft im Jahre
1789 die bisherigen Pfarrgebäude auf dem Kirchberge, und ließ
dafür eine andere Kirche in ihrem Schlosse aus einigen Zim-
mern/ und der damahligen dem heiligen Johann von Ne-
pomuk gewidmeten Capelle erbauen- Die neue dritte Kirche
ist aber ihrer Bestimmung nvenig angemessen. Es fehlt ihr
an hinlänglicher Höhe/ Weite und Licht; sie ist ein enger,
dumpfiger und von Feuchtigkeit grünlicher Saal, ohne Wöl-
bung. Ihre gegenwärtige Verschönerung dankt sie dem wür-
digen Pfarrer Herborn, der durch Sammlungen in der Ge-
meinde, und durch fremde milde Beyträge die Altäre, Kanzel
und Kirchenstühle neu hergestellet hat. Vorzüglich freundlich
ist der Eindruck, den der neue Altar macht. Ihn ziert ein
schönes Marienbild. Auf den zwey Seitenaltären befinden sich
die Bilder des heiligen Colomann als Kirchen-Patrons, sehr
schön gemahlt, und das des heiligen Josephs.
Unter den Pfarrern nennen wir nur den thätigen Herrn
Joseph E fing er, der zwischen den Jahren 1744 und
1768 Tausende seines Vermögens auf die Verbesserung der
Kirche , Schule, des Pfarrhofes und Gartens verwendete.
Der Pfarrhof befindet sich gegenwärtig im herrschaft-
lichen Schlosse.
Die nicht weit entfernte Schule ist geräumig genug, um
etwa 40 Kinder in verschiedener Schulzeit aufzunehmen. In
der Convention von 1678 wird bereits eines Schulmeisters ge-?
dacht. Das Alter der Pfarre, und ihre zu große Entfernung
von Perchtoldsdorf lassen vermuthen, daß der Ort nie ohne
Schule gewesen. Der Bericht des Pfarrers Efinger an das
Consistorium im Jahre 1744 setzt die Existenz einer Schule we-
nigstens um diese Zeit außer allen Zweifel.
128
Da Breitenfurt noch mit Laab vereinigt war, ist
letztere eine sehr ausgedehnte und für die Seelsorge beschwer-
liche Pfarre gewesen. Seit ihrer Trennung aber un Jahre 1784
ist Laab bloß auf sich selbst und auf einige zerstreute Waldhüt-
len auf dem Plattenberg, Roppenberg, Spitzwaldl,
und der L a n g se i t e beschränkt. Laab zählt in 68 Häusern
336 Seelen, in den zugetheilten WaldhüttLn 68, und somit
eine Population von 404 Individuen.
Die Einwohner nähren sich meist vom Holzfällen und Holz-
verschleiß , das ihnen das k. k. Waldamt um.einen etwas ge-
ringeren Preis abgibt. Dieser Nahrungszweig, welcher ein
beständiges Fuhrwerk zur Folge hat, bringt zwar einiges Rauhe
in den Charakter dieser Waldhüttler überhaupt, der aber bey
der großen Einfalt des Herzens noch immer viel Gutmüthiges
an sich hat.
In Laab muß einstens auch ein Eremite (Waldbruder
oder Einsiedler) gehauset haben, indem der Altvater (Vorste-
her der Einsiedler) zu Baaden, im Jahre 1768 das Consisto-
rium bittet, in die leer gewordene Klause zu Laab einen Ere-
miten aufstellen zu dürfen.
Die allgemeine Sage setzt endlich noch eine Mineral-
quelle nach Laab, von der aber jetzt nichts mehr bekannt ist.
Nur zeigt man noch gegenwärtig ein Haus, wo einst ein stär-
kendes Bad gewesen seyn soll.
XU. Pfarre Biedermannsdorf').
l. f. Pfarre Biedermannsdorf hat gegen Aufgang
Achau, gegen Abend Neudorf, gegen Mitternacht Hennersdorf
») Wir haben eine von dem gegenwärtigen Herrn Pfarrer, Laurenz
Schneider, ungemein fleisiig ausgearbeitete Beschreibung dieses
Pfarrortes vor uns, die wir, wo es nöthig seyn wird, aus den uns zu
Gebothe stehenden Quellen ergänzen und berichtigen werden. Diese Quel-
len sind die Acten von beyden Pfarren, nähmlich von Achau und Bic-
dermannsdorf unter Ui. P. Nr. IV. und 4. im erzbischöflichen Consisto?
L2H
und Vösendorf, gegen Mittag Guntramsdorf und Laxenburg,
alle in halbstündiger Entfernung zu Nachbars-Pfarreyen. Sie
liegt südöstlich 3 Stunden von Wien, zwischen dem Medlinger-
bache, der auch Mühl- und Grünbach genannt wird, und
über Neudorf von Medling kömmt, und dem Krottenbache,
der von Brunn und Enzersdorf kömmt, und sich zu Achau mit
dem Medlinger- und Badnerbache (der auch Hahnenbach heißt)
vereiniget. Der Ort war, der Sage nach, in früheren Zeiten
mehr gegen den Krottenbach erbauet, deßhalb auch Krotr en-
do rf genannt. In der angezeigten Richtung ackern die Bauern
häufig Grundgemäuer aus.
Zur Zeit Herzog Albrechts!!!. mit dem Zopfe, war
hier ein großer Teich bls Guntramsdorf hin gezogen, ja von
ihm selbst angelegt worden. Daß in dieser Gegend mehrere
große Teiche waren, wird bestätiget durch die vielen langen
Dämme, die gegen Guntramsdorf noch sichtbar sind, und durch
die Nahmen vieler Grundstücke, die bis jetzt noch Teichäcker,
Teichwiesen, Teichgärten heißen. Selbst der Nahme des dor-
tigen Rohr Hofes scheint auf einen ehemahligen Teich zu
deuten. Diese späterhin ausgetrockneten Teichgründe gehörten
einst fast alle eigenthümlich zum blauen Hofe in Laxenburg (je-
nem Theile des k.k. Lustschlosses, welcher der Pfarrkirche gegen
über, steht), wovon zum Theile Bauernhäuser gestiftet wurden;
viele wurden von den Freyhöfen angekauft, viele als Ueber-
lände vergeben. (Schneiders Pfarrgeschichte.) Der Ort hat 87
Häuser, nebst der Pfarrkirche und Schule, eine Mauth, ei-
nen Ziegelofen, eine Papierfabrik, ein Bräuhaus, zwey Müh-
len, fünf Freyhöfe, und gegen 600 Seelen.
Biedermannsdorfs Bewohner ernähren sich vom kornreichen
Ackerlande; sie bauen sehr viele Rüben und Petersilie, die sie
nach Wien, Neustadt, Baden und Medling vortheilhaft absetzen;
rial - Archive, indem beyde Pfarren fast 200 Jahre vereiniget waren ;
dann das Pfarrgefchichts - Protokoll von beyden Pfarren, auf ergange-
nen Befehl im Jahre »764 verfaßt von dem Pfarrer Anton Joseph
M a y e rh of e r; endlich gesammelte Nachrichten aus den k. k. Disitations-
büchern, dem ständischen Gültenbuche, und dem k. k. Hofkammer-Archive,
i8o
auch beschäftigen sie sich mit Fuhrwerk, und ein starker Milch-
handel nach Wien bringt viel Geld ins Ort. Die Baum-
und Feldfrüchte gedeihen gut; nur sind die beständig starken
Winde auf dieser unermeßlichen Ebene den Obstbäumen und
dem steyerischen Klee nachtheilrg.
Biedermannsdorf war der Herrschaft und Veste Lichten-
stein eingevogt. Im Jahre 1607 besaß es Leonard Bekh.
Unter Baron Königsacker wurde Neud 0 rfder Vogtherr,
wovon er Besitzer war. Unter dessen Nachfolgern ist Neudorf
und Biedermannsdorf an den Erzbischof von Wien, Cardina-
len und Grafen von Kollonitsch, käuflich gelanget, welcher
beyde dem Wiener Erzbisthume einverleibet, letzteres jedoch un-
ter der Bedingung, daß sein Vetter, ein General Kollonitsch,
selbes gegen eine Geldsumme, welche auf zwey anderen Collo-
nitschischen, gleichfalls dem Erzbisthume einverleibten, Gütern
verwahret blieb, wieder einlösen und verkaufen könne, was
auch geschah. Seit dem ist Biederniannsdorf eine für sich be-
stehende Herrschaft, und das Haus, der so genannte Wasen-
hof, vom Cardinal Kollonitsch neu erbauet'), ist das herr-
schaftliche Schloß. Er hatte in denselben eine Privat - Ca-
pelle zu Ehren der Mutter Gottes und des heiligen Flo-
rian im Jahre 178g errichtet, zu der auch von Außen der
Eingang führte; und der von ihm 1788 in Neudorf gestiftete
Beneficiat mußte, laut seines Stiftbriefes, in derselben wö-
chentlich zwey Messen lesen. Der Hof bezieht ein Drittel
des Zehents von Biedermannsdorf, und den ganzen Zehent
von einem gewissen Bezirke in Hennersdorf. Nebst dem Grund-
buche bezieht er in gleicher Eigenschaft das MsrtUarium im
ganzen Orte. Auch ist mit ihm ein großes Brauhaus ver-
bunden , welches hart an denselben angebauet ist. Im Jahre
»788 war Johann Paul Kaltner, ein Braumeister
von dem Wasenhvfe, Besitzer, und zugleich Ortsherrschaft.
An ihm hatte Biedermannsdvrf einen wahren Biedermann; er
-) 2m Jahre -64- soll ihn Johann Rudolph Freyherr von Hoskirchen be-
sessen haben.
1 3l
war schlicht und gerade/ aber edeldenkend und wohlthätig. —<
Gegenwärtig ist der Besitzer dieser Herrschaft Herr Joseph
Freyherr deTraup deWardin. Er hat den unteren Theil
der oben genannten Kollonitschischen Capelle in die Amtskanz-
ley umgestaltet/ den oberen aber seinem Bestandbrauer zur Ver-
größerung seiner Wohnung überlassen ; das Altarblatt hingegen,
die heilige Jungfrau und den heiligen Florian vorstellend, ver-
ehrte er der Pfarrkirche.
Ein anderer merkwürdiger Freyhof in Biedermannsdorf ist
der Waffenhof, ursprünglich so genannt von dem Herrn
v. Waffenberg, Besitzer von Lichtenstein, dem er ehemahls
gehörte. Von seinen aufeinander folgenden Besitzern hieß er
Perlas-, »753 Wildzek-, und im Jahre 1764 Kottulinsky-Hof.
Im Jahre 1806 finden wir Carl Swoboda, einen großen
Wohlthäter der'Kirche, im Besitze dieses Hofes. Unter Perlas
wurde der Hof von Maria Theresia dominical.
Der dritte Freyhof ist der so genannte R 0 h rh o f, den i5o3
Paul v. Haiden zu Dournau, besessen hatte. Im
Jahre 1828 kam er an W olfg ang Karting, den Besitzer
von Neudorf, und i543 mit einem kaiserlichen Freyheitsbriefe
an Dr. Johann E n z i a n e r, der ihn 1692 dem Leonard
Freyherrn v. Beck verkauft hatte. Im Jahre 1642 sehen wir
diesen Hof als ein Eigenthum der Jsabella, einer Tochter
des Ludwig Grafen v. Jsola n y, welche diesen Hof dem
Kloster zu Sr. Jacob in Wien, wohin sie als Nonne ging,
vermacht hatte. Nach Aufhebung dieses Klosters wurde er käuf-
lich hintangegeben, da ihn dann im Jahre 1791 Georg
Preiß, ein Müttermeister, an sich brachte.
Noch zwey andere hierher gehörige Freyhöfe sind: der P ö l-
lenhof; (er gehört dem Erzbischöfe von Wien, und ist das
einzige zehentfreye Gut in Biedermannsdorf)/ und der Psann-
Hof, dieser ist aus zwey Rustical-Halblehen entstanden, weß-
wegen er noch die Viehweide mit der Gemeinde genießt, die den
andern Freyhöfen kann verweigert werden.
So weit wir die historischen Nachrichten über den kirch-
3 2
lichen Züstattd verfolgen können, sehen wir, daß Bieder-
mannsdorf von Medling aus, wohin es gehörte, in kirchlicher
Hinsicht seit der frühesten Zeit versehen wurde, und also dem
Stifte Molk zugehört habe. Dieser Zusammenhang wird ersicht-
lich aus einer Begebenheit, die als die erste historische Spur des
Daseyns einer Kirche daselbst im XIV. Jahrhunderte dienen
kann. Im Jührr i383 wollte der Molker-Abt Gotteschalk
an die Stelle des verstorbenen Biedermannsdorfer-Pfarrers
Friedrich, einen gewissen Priester Jo ha n n e s setzen; in-
dem er diese Pfarre als Filial von Medling betrachtete, wel-
ches damahls zu Molk gehörte. Allein der damahlige Pfarrer
von Medling, Conrad von Hohenberg, widersetzte sich
dieser Präsentation, vorgebend, sie gehöre ihm ausschließend
im Nahmen seiner Pfarre. Der darüber erhobene Streit wurde
an den Paffauer-Officialen, Johann Hippelstorfer, gebracht,
der als gewählter Schiedsrichter das Patronats-Recht den Mol-
ker-Prälaten zusprach *). Man sieht daraus, daß der früheste
Pfarrer, den wir kennen, Friedrich geheißen, daß die
Pfarre als solche bereis im XIV. Jahrhunderte existirt, und
daß das Patronats-Recht darüber von 'Alters her zu Molk
gehöret habe.
Aus dem XV. Jahrhunderte haben sich nur dürftige Nach-
richten von dem Fortbestände dieser Pfarre erhalten. In dem
XVI. Jahrhunderte kommen schon mehrere Nachrichten über
unsere Pfarre vor, nur schade, daß sie meist betrübten Inhal-
tes sind. Zwar noch im Anfange desselben scheint Stephan
Kirchdörfer im ruhigen Besitze seiner Pfarre gewesen zu
seyn. Im Jahre ,527 aber resignirte er zu Gunsten des Er-
h a r d W i n t e r * 2), eines Priesters aus der Passauer Diöcese.
Welches immer das Schicksal dieses Mannes seyn mochte,
es konnte nicht anders als traurig ausgefallen seyn. Denn schon
ins zweyte Jahr seines Hierseyns, in das Schreckensjahr 1629,
^ Die Urkunde über diesen Rechtsstreit, von.gedachtem Jahre aus-
gestellt, liegt in einer vidimirten Copie vom Jahre »682 den Acten
dieser Pfarre bey.
2) Siehe die Institutions-Urkunde des Wiener Bischofs Joannes de Re-
•vellis, in den Pfarr - Acten.
i33
fällt die erste Invasion dev Türken Ln Oesterreich. Sie verwü-
steten, wie überall, wo sie hinkamen, so auch hierOrt und Kirche.
Somit fiel Biedermannsdorf seiner Mutterpfarre anheim. Al-
lein Medling, vielleicht noch zu sehr mit sich beschäftiget, that
nichts. Das Visitations-Buch vom Jahre 1644 sagt, daß noch
Ln jenem Jahre Kirche und Pfarrhof verwüstet lagen y daß es
seit der Türkenzeit keine beständigen Priester gehabt, obgleich
eine Dotation (die angegeben wird) vorhanden sey, und ob-
gleich Medling das Bergrecht dieser Pfarre einziehe. Daß in
diesem verlassenen Zustande die Pfarre manches verloren habe,
Läßt sich leicht vermuthen, und das Visitations-Buch führt darüber
bestimmte Klagen. Es war demnach auch aus dieser Ursache
zu wünschen, daß Biedermannsdorf bald einen Hirten erhalte,
der für das geistliche Wohl seiner Heerde, und für die Erhal-
tung der Pfarre wachen möchte. In dieser Hinsicht sollte der
Marktrath vonMedlinI auch vermöge des Gabbriefes Ferdi-
nands!. vom Jahre i556 besorgt seyn, Biedermannsdorf mit
einem eigenen Geistlichen zu versehen; es verstoßen aber noch
ein paar Decennien, bis nur die Kirche kümmerlich hergestellt
wurde, und den ersten für sie präsentirten Pfarrer, O st e r r 0 t h,
finden wir erst im Jahre i588. Mithin ließ Medling beynahe
durch 60 Jahre seine Filiale unbesetzt, obgleich, was wohl zu
merken ist, schon seit dem Jahre i53j/ wie es die Grundbü-
cher-Verzeichnisse ausweisen, die Pfarrgüter von Achau mit
Biedermannsdorf, eben um die Wiedereinsetzung zu erleichtern
und zu beschleunigen, vereiniget wurden. Der von den Medlin-
gern im Jahre 1688 präsentirte Osterroth wurde von dem Consi-
storiumnichs einmahl angenommen. Wie sollte er demselben nicht
verdächtig vorkommen, da er nicht einmahl litteras formatas
von einem Bischöfe ausweisen konnte *). Mittlerweile hatte
die Reformation schon so daselbst überhand genommen, daß
das Ordinariat im Jahre i5y2 an die Mutterpfarre Medling, die
Ermahnung ergehen (ieß^), die Biedermannsdorfer zur Beob-
achtung der katholischen Gebühren anzuhalten. GeorgMühl-
1) Seine Geständnisse darüber siehe in den Pfarr - Acten.
2) Siehe dieselben Pfarr-Acten im erzbischöflichen Consistsri-l-Archivs
134
pacher, von i§ys—i5g4 Pfarrer, erlaubte sich im Geiste
der Reformation ganz eigenmächtige Abweichungen von der
katholischen Kirchen-Disciplin. Er wird endlich seines Men
Betragens wegen von den Medlingern selbst abgesetzt 1).
Bey Ernennung des Wolfgang Gäßler als Pfarrer da-
selbst im Jahre 1600, ist die Aeußerung des Wiener-Officia-
len Sculretus über Biedermannsdorf sehr merkwürdig.
Er verspricht in seiner an den Klosterratl/s-Präsidenten gerich-
teten Schrift von demselben Jahre, den genannten Gäßler so-
gleich zu Lnstalliren, weil diese vacante Pfarre schon eine Zeit-
lang mit sectischen Prädicanten besetzt war> Wir glauben,
diese Stelle bedürfe keines weiteren Commentars. Gäßler
schernt übrigens nur durch Verstellung Zutrauen gewonnen zu
haben- Noch vor seiner Installation muß er sich schon verdäch-
tig gemacht haben, weil er vor dem Consistorium über die ge-
gen ihn gerichteten articuli inquisitorii, welche noch vorhan-
den sind, Rechenschaft geben sollte. Allein er erwartete sein
Absetzungsurtheil nicht, sondern entwich noch im Jahre »600.
Mit dem Dr. Jacob Thiel, im Jahre 1601, begin-
nen zwar würdige und katholische Pfarrer in Biedermannsdorf;
aber es verfloß noch beynahe ein halbes Jahrhundert, ehe hier
der Protestantismus völlig aufhörte. Selbst Thiel verlor tie
Gnade der Medlinger, weil er, ohne von ihnen präsentirt zu
seyn, vom Kaiser zur Pfarre ernannt, installirt wurde. Sie
sperrten ihm deßwegen .die Pfarreinkünfte , worüber er bey dem
Consistorium sich beschwerte, und auch schon im dritten Jahre
resignirte *). Seme zwey ihm folgenden Pfarrer, Adam
Parzer und Christoph Aigner, gaben sich viele Mü-
he, dem Irrthume zu steuern; aber ihre Anstrengungen konn-
ten noch nicht die erwünschten Früchte bringen. In Aigners
Todesjahre, 1613, unterfängt sich sogar ein schwärmerischer
Sectirer, L e 0 n a r d V 0 l k'm a y r , ein Schmid des Ortes,
Feuer anzulegen; wodurch Kirche und Pfarrhof (nun schon
») Ihre Beschwerde über ihn vom 7. März an da§ Ordinariat, fin-
det man am angef. Orte.
s) Äns den Pfarr-Äcten im erzbischöflichen Consistonal - Archive.
i35
das zweyte Mahl) eingeäschert wurden, daher auch von dem
Ordinariate die Erlaubniß einer Sammlung zur Wiederher-
stellung von beyden gegeben wurde. Der Pfarrer Paulus
Braun berichtet im Jahre i636, daß daselbst »36 katholi-
sche Erwachsene, und 58 lutherische waren, bey welchen zwey
hiesige Unterthanen, ein Georg Weste rmayr und Georg
Baldes, das Amt eines Pradicanten verrichteten. Die 5o-
jährige Geduld und Arbeit der Pfarrer hatte endlich die
Reformation nach und nach verbannet, und der Glaube der
älteren Väter wurde in den Gemüthern der späteren Kinder
wieder angereget, aus denen viele Wohlthäter für die Wie-
dererbauung der Kirche hervorgingen.
Nun kam die zweyte türkischeJnvqsion im Jahre i603,
und zerstörte auch diese Ueberbleibsel frommer Anstrengung.
Wie dürftig die neue Wiederherstellung der Kirche ausgefallen
seyn mag, kann man daraus schließen, daß ihre Abtragung
schon im Jahre »727 nöthig wurde. Da schickte die göttliche
Fürsehung dieser gutmüthigen Gemeinde in der Person Sr.
Excellenz, des Herrn R a y m u n d Grafen v. R i a t p de v i l-
lana Perlas, k. k. geheimen Secretärs der spanischen Pro-
vinzen, einen edelgesinnten Mann, der sich den sogenannten Waf-
fenhof, zwischen dem Pfannhoft und der Kirche gelegen, erkaufte
und baute, um dort, wahrend des Sommeraufenthaltes des
höchsten Hofes zu tzaxenburg, wohnen zu können. Er bedauerte
in seinem Herzen, daß §r in einem herrlichen Pallaste wohne,
während das ihm angränzende Haus des Allerhöchsten so un-
ansehnlich sey. Nachdem er darüber seine Gedanken der Ge?
meinde eröffnet hatte, legte er eines Tages, im Jahre 1727,
3ooo ft. auf den Altar, als Beysteuer zum Baue, einer schö-
neren Kirche. Entflammt durch dieses große Vorbild legte die
Gemeinde 1000 fl. dazu, und mit Gottes Segen wurde die
neue, lichte und freundliche Kirche gebaut, nach dem Risse
des Herrn Franz Zankel, Baumeisters der Carlskirche zu
Wien, und schon im folgenden Jahre 1726, den 26. May, vom
Herrn Cardinal und Erzbischöfe von Wien, Grafen von Kol-
lo nit sch, feyerlich eingeweihet. Im Jahre »733 schenkte
Hers Stephan Ferütz, bürgerliches Eisenhändler inMer^
i3(>
und seine Frau Theresia, auf die Errichtung eines Selten-
altars zu Ehren der Heiligen Joachim und Anna, 700 fl.
Eine gleiche Summe spendete der Müller Adam Bert hold
und dessen Nachbar, Martin Bruckner, auf die Errich-
tung des zweyten Altars, zu Ehren der schmerzhaften Mutter^
Zu gleicher Zeit ließ auch der gepriesene Graf Perlas den Thurn
um 2 1/2 Klafter erhöhen, der aber nach 3o Jahren wieder
baufällig, von der Gemeinde mit 1074 fl. neu hergestellt wurde.
Nebst diesen spendete Graf Perlas und andere Gutthäter
vieles zur Anschaffung der nöthigen Kirchengeräthe. Im
Jahre 1760 legte die Gemeinde 2000 Gulden zusammen, zur
Errichtung des prächtigen neuen H 0 cha ltars, mit dem Blatte
des heiligen Johann des Täufers, als Kirchen-Patrons,
das ein Mahler aus Tulln, Joseph Tal km an n, verfer-
tiget hatte.
Der Vermögenszustand der Kirche war ziemlich be-
deutend; denn sie hatte eigenthümliche Weingärten in Medling,
Neudorf, Enzersdorf, und auch einen Wald (jetzt Medling
gehörig), der sogar den Nahmen Kirchenwald noch heute führet.
Jetzt besitzt die Kirche nichts, als zwey in ihrem Rücken er-
baute Häuschen, wovon sie Dienst und Laudemium bezieht;
an freyen Capitalien aber in öffentlichen Fonds bey n5o fl.,
und an Stift - Capitalen 9600 fl.
Was das Patronat anbelangt, erinnern wir den Leser,
daß nach dem Eingangs erwähnten über das Patronats-
Recht dieser Pfarre entstandenen Streite, dasselbe "dem Abte
zu Molk als ursprünglich ausgeübtes Recht eingeräumet wurde,
und bey dieser Gelegenheit erscheint der erste uns bekannte
Pfarrer, mit Nahmen Friedrich, um das Jahr i383 ver-
storben , und sein Nachfolger Johannes, beyde vermuth-
lich Weltpriester. Um das 'Jahr »426 erscheint im wiene-
rischen Propstey-Archive Petrus Wagram er. Da Med-
ling selbst, als Mutterpfarre, damahls noch sehr wahrscheinlich
dem Stifte Molk gehörte, so wird wohl auch die Besetzung der
Filiale (Biedermannsdorf) noch von Molk abhängig gewesen
seyn. Späterhin, bey Errichtung des Bisthums um 1460, da
Medling, als eine Mensal-Pfarre von der bischöflichen Collation
b37
abhing, dürste wohl die Filial davon, nähmlich Biedermanns-
bot*f/ einen gleichen Patronats-Herrn gehabt haben. Wir haben
aber keinen Pfarrer aus diesem Zeitraume nach 1425 —1627
auffinden können. Nur Ln diesem letzten Jahre zeigt sich aus
der Einsetzungs-Urkunde des Wiener Bischofes Joannes de
Revellis, daß Stephan Kirchdörfer zu Gunsten eines
PassauerDiöcesans, GerhardWinter,resignirethabe. Von
1629 — i544, oder in der Zeit-Epoche der türkischen Invasion
bis zur Zeit der kaiserlichen Visitation, scheint die Pfarre vacant
gewesen zu seyn, wenigstens hatte sie keinen beständigen Seel-
sorger. Da das Visitations-Buch ausdrücklich bezeuget, Medling
beziehe das Bergrecht von Biedermannsdorf, so sollte man ver-
muthen, Medling versorgte etwa dafür die Filiale in geistlicher
Hinsicht. Dem sey aber, wie ihm wolle; >2 Jahre später, nähm-
lich i556, wird der Marktrath zu Medling durch den Gabbrief
Ferdinands zum Patron seiner eigenen Pfarre sowohl, als
seiner Filiale Biedermannsdorf ermächtiget; ja es wird ihm auf-
getragen, dahin einen beständigen Seelsorger zuschicken. Von
diesem Zeitpuncte an nominirte Biedermannsdorf seinen Pfar-
rer, und Medling präsentirte ihn dem Ordinariate zur canoni-
schen Jnstallation> In der Folge ward mit Biedermannsdorf
auch Achau vereiniget, und dadurch auch eine kaiserl. Präsenta-
tion nöthig, weil Achau ein kaiserl. Lehen war.
Von dem Jahre 1692 findet sich in den Pfarr-Acten ein
Schreiben des Ordinariates an die von Medling, daß sie die
Biedermannsdorfer zur Leistung der Stolgebühren verhalten
sotten. Aus diesem Schreiben erhellet auch, daßCaspar Schep-
pach Pfarrer zu Biedermannsdorf gewesen. Von einer kaiserl.
Präsentation auf Achau konnten wir nicht die geringste Spur
auffinden. Im Jahre 1694 war Georg Milpacher Pfarrer
zu Biedermannsdorf.
Mittlerweile muß die Vereinigung von Biedermannsdorf
und Achau vor sich gegangen seyn, und wir glauben auf Be-
fehl Rudolph II. selbst. Denn ohne dessen Erlaubniß läßt
. sich nicht begreifen, wie ein kaiserliches Lehen, welches Achau
war, mit Biedermannsdorf hätte vereiniget werden können,
Eine Vereinigungs-Urkunde haben wir bis jetzt noch nicht finden
»38
können. Indessen erscheint 1600 der Biedermannsdorfer Pfar-
rer W 0 l f g a n g | jj l e r, welcher unseres Wissens der erste
von dem Wiener-Officiale Scultetus zugleich auf die Pfarre
Achau vorgeschlagen, und von dem Erzherzoge Mathias im
Nahmen seines Bruders R u d 0 l p h II. präsentirt wird 1). Diese
ist also unseres Dafürhaltens die Vereinigungs-Eppche
beyder Pfarren. Daß auch Gäßler abgesetzt ward, ist gleich-
falls schon im Vorhergehenden gemeldet worden.
Schon im folgenden Jahre >6oi wird Dr. Jacob Thiel
vom Erzherzoge Mathias gleichfalls im Nahmen Ru-
dolphs II. auf A ch a u präsentirt, und er hierauf als Pfar-
rer vpn Biedermaynsdorf kanonisch investirt.
Im Jahre il>o3 wird Adam Parzer mittelst kaiserlicher
Präsentation auf Achau, und mittelst jener des Marktes Med-
ling auf Biedermannsdorf, als gemeinschaftlicher Pfarrer instal-
lirt. Auch er genoß noch nicht das Beneficium von St. Pan-
craz in Lichtenstein. Parzer wurde darauf Pfarrer zu Medling,
trat aber bald in daS Stift Klosterpeubt-rg, und erscheint im
Jahre 1606 als Pfarrer zu Korneuburg.
Im Jahr 1609 ernannten die Biedermannsdorfer den bis-
herigen Pfarrer zu Brunn, Christ 0 ph Aigner, zu ihrem
Seelsorger, und der Markt Medling präsentirte ihn. Auch der
Kaiser Mathias präsentirte ihn für Achau und das Benefi-
cium St. Pancraz in Lichtenstein, und sp ward er dann in
Biedermannsdorf installirt. Hier erscheint unseres Wissens zu?
erst ausdrücklich in der kaiserlichen Präsentation die Vereini-
gung von Achau mit dem St. Pancraz-Beneficium. Später-
hin wurden viele nur provisorisch angestellt; und während
>) Ich erinnere hier gelegentlich, dag von jeher mit Achau das B<me-
ficium 8. Pancratii in Lichtensteitt vereinigt war, wie man aus der
Pfarrgeschichte von Achau sehen wird. Wahrscheinlich ist die Vereini-
gung unter Mitwirkung des Ordinariates geschehen, um doch we-
nigstens einer Pfarre aufzuhelfen, da sich beyde feit »639 nicht für
sich allein erheben konnten. Unterdessen ist auch dieses St. Pancraz-
Beneficium feit Vereinigung beyder Pfarren erst dem Pfarrer Aig-
ner zu Theil geworden. An dieser ungerechten Vorenthaltung waren
Lichtensteins Pfleger Schuld. (Siche gleichfalls die Achauer Pfarrge-
»39
dieses Zeitpunctes wurde das Beste f Lei um St. Pan-
cratii neuerdings von Achau getrennt, und vom Kaiser Fer-
dinand II. den Jesuiten übergeben.
1784 wurde Michael Kaiser, Pfarrer zu Biedermanns-
dorf, und ward noch von den Medlingern feyerlich präsentirt;
er erlebte für die Pfarre allerdings wichtige Ereignisse.
Die Trennung von Achau^ welche nach dem neuen Pfarr-
Errichtungsplane Josephs II. auch diesen Ort traf, der wenig-
stens seit 1600, wie wir gesehen haben, mit Biedermannsdorf
vereinigt war, konnte leicht den Verdacht erregen, daß bey der
Auspfarrung von Achau Biedermannsdorf einen Theil der
Dotation derselben vorenthalten habe; und dieser Verdacht brach
in eine offenbare Fehde aus, welche mehrere Jahre mit vieler
Heftigkeit geführet wurde.
Endlich erschien eine Hofentschließung vom Jahre 1790,
in welcher befohlen wurde, den Pfarrer von Biedermannsdorf
in allen seinen damahligen Einkünften zu belassen. Unter seine
damahligen Einkünfte gehört nun auch das Grundbuch von
Achau mit 2 Unterthanen und 96 Grundholden» Sonst war
mit diesem Grund noch ein unbedeutendes Bergrecht verbun-
den. Dieß ist alles, was Biedermannsdorf von Achau, selbst
durch rechtlichen Spruch anerkannt, besitzet. Als Ersatz für den
Durchschnitt ihrer Aecker bey Anlegung der Schönbrunner-Al-
lee, bekam die Pfarre 60 fl. Für 12 Tagwerk Wiesen , welche
1806 zu dem Garten des kaiserl. Lustschlosses in Laxenburg ein-
gefriedet wurden, ist die Schloßhauptmannschaft beauftragt,
jährlich 80 Zentner gutes Heu dem Pfarrer abzuliefern, (Aus
Schneiders Pfarrgeschichte.)
Den uns bekannten ältesten Pfarrhof haben die Türken
im Jahre 1629 zerstöret, und er wurde vor dem Ende des röten
Jahrhunderts nicht wieder aufgebauet, weil erst um diese Zeit
wreder Pfarrer erscheinen. Bis 1793 mußten sich die Pfarrer
mit jenen dürftigen Gebäuden (welche der Pfarrer Jacob Wag-
ner, f 1753, erbauet hatte), behelfen, bis eS endlich dem vo-
rigen Pfarrer Michael Kaiser gelang, unter dem neuen
Pfarr-Patrone, dem gnädigen Landesfürsten, im genannten
Jahre den Befehl zum Baue der Pfarrgebäude zu erwirken,
f4®
Ueber das 2llter der Schule weisen die pfarrlichen Urkum
den nur so viel aus, daß im Jahre 1672 von der Gemeinde
auf eigene Kosten ein neues Schulhaus erbauet wurde. Es
war ein ärmliches Gebäude mit einem einzigen größeren Zim-
mer, wo der Lehrer sammt seiner Familie wohnte, und Schule
hielt. Mit dem neuen Pfarrhofe wurde zugleich auch das da-
mahlige S ch u l h a u s erbauet.
xiii. Pfarre Achau ').
Ach au wild in den Urkunden des 17*™ Jahrhunderts, oft
(irrig) Hoch au- in älteren aber Aich owe und Eichau ge-
nannt«
Das Dorf zählt mit Einschluß des Riedenhofes, in fort-
laufenden 96 Haus-Nummern, 65o Einwohner«
Der Ort liegt in der großen Ebene zwischen Lanzpndorf,
und Laxenburg, südöstlich von Wien zwey Stunden entfernt.
E.s war da die erste Station auf der ehemahligen Poststraße nach
Oedenburg. (Heute ist es Laxenburg.)
Außer dem herrschaftlichen Schlosse, das der Feuchtig-
keit wegen aus Bürsten gebaut ist, und »das feste Haus« ge-
nannt wird, außer der alten St. Lorenzkirche, dem
Pfarrhofe und einem Brauhause, gibt es hier kein Ge-
bäude, das eine besondere Erwähnung verdiente. Es sind hier
keine Fabriken; aber mit Stroh und vorzüglich mit Heu, wozu
den Ort seine tiefere Lage ganz besonders eignet, wird ein star-
ker Verkehr nach dem nahen pferdereichen Wien getrieben.
Der einschichtige 1/2 Stunde entfernte Riedenhof wurde
vor Zeiten Roudeniche genannt. Ein Hartwick von Roude-
1) Aus den Gonsistorial - Pfarr - Acten lit. A. Nr. XYL und 16 ; aus den
schriftlichen Beyträgen der Herren Pfarrer von Achau/Ignaz Kurk,
und M e t h 0 d i u s W e i si; aus den kaiserl. Visitations-Büchern, dem
Ständischen Gültbüche, und den gesammelten Nachrichten des kaiserl.
, Hofkammer-Archives; verglichen mit den Acten von BiedermannsdorL.
dem, Heyden Orten gemeinschaftlichen Pfarr-Protokolle.
14 i
niche kommt n36 in Leopold des Heiligen Bestätigungsbriefe
von Klosterneuburg als Zeuge vor. (Max. Fischer im Urkunden-
buche S. 124.) Dieser Hof wurde wahrscheinlich erst von Fer^
dinand I. Achau zugetheilt. Zum landesfürstlichen Grund-
buche dieser Gegend dienstbar, war er ehedem der Frau Frau-
ziskaChar Lotte Gräfin v. Offeln> einer gebornen Gräfin
y. R 0 ttal, zugehörig; dann war er dem Franz A nt0 n Ed-
len v. G al l, der N. Oesterr. Lande Regenten ^r. Majestät
satzweise verhypothecirt, und nach vielen Jahren endlich 1747
von Carl Moser vereint mit der Herrschaft Achau er-
kauft.
Der Ort war von jeher ein Bestandtheil unb Pfarrlehen
der landesfürstlichen Burg und Veste L i ch t e n st e i n. Er hat
wahrscheinlich noch eher, als Laxenburg, aufgeblühet, und war
ein fürstlicher Unterhaltungsort zum Jagen und Fischen gewe-
sen. Den großen bis Guntramsdorf gestandenen, vom Herzoge
Albrecht III. (mit dem Zopfe) angelegten, und erst seit den
Zeiten weil. Maria Theresia ausgetrockneten Teiche, genoß
»524 als Lehen von Kaiser Ferdinand I. der Herr Conrad
v. Königsberg. Durch diesen zogen die Bergwässer von
Medling und Baaden, die Triesting, der kalte Gang und der
Krottenbach nach der Schwechat, und überschwemmten nicht
nur die ganze Gegend, sondern füllten sie auch mit feuchten
Dünsten an»
Unsere ältesten historischen Nachrichten reichen bis
ans Ende des i2ten Jahrhunderts hinauf. Ein gewisser Wolf-
ker de Aich owe, Schenke des Herzoges Heinrich, eines
Sohnes Heinrichs Jasomirgott, kommt schon als Zeuge
in einer Schenkungs-Urkunde von Klosterneuburg vor *). Ger-
wigis von Ebersdorf, i35y mit Niclas v. Langholz verheirat
thet, erhielt zur Haussteuer 100 Pf. Wiener Pfennige auf
den freyen Sitz Achau gesichert. — Stephan v. Herrnstein und
Ursula seine Gemahlin begaben sich »407 aller ihrer Forderun-
gen, die sie (eine Tochter Wülfings v. Stubenberg) auf das feste
Haus in Achau hatten, an ihren Vetter Johann v. Ebersdorf-
») Max. Fischer im Urkundenbuch. S. 94.
Auch das Stift Lilienfeld muß hier einige Besitzungen ge-
habt baben, weil von demselben schon im Jahre i3qs der Bür-
ger von Wien, PeterAngerfelder und Anna seine Haus-
frau, daselbst ein Lehen empfängeN *). Aber die ältesten und
frühesten eigentlichen Besitzer waren die Herren von Hint-
berg (Himberg); die Herren von Cbersdorf und Thürn-
stein, Kämmerer von Oesterreich. Vor ihnen traten Johann
und Albrecht um das Jahr i3()5 die ganze Gegend von Gunt-
ramsdorf, Laxenburg und Achau, an den Herzog Alb rech tlll.
ab. Im Jahre istoo kaufte Rudolph v. Wallsee, Aichau
bey Wien, von Katharina, der Wittwe Conrads des Schwein-
barts, (Hohenek's Genealogie HI. Th. S. 821), und 1447
brachte Heinrich Haiden Guntramsdorf, und dann bald darauf
AchaU, von einem v. Rapp ach durch Kauf an sich. (Ein
Edler Herr Martin v. Rappach, als Herr eines Lehens in Achau,
kommt bey Hanthaler Recens. dipl. T.II.p. 212 vor.) Von
einem Lorenz v. Haiden stehet noch aus dem Jahre »485 *
ein Grabstein in der Kirche. Ein anderer, nähmlich der edle
Ritter Carl v. Haiden, Besitzer dieser Herrschaft, ist 1682
gestorben, und hat an der Seitenwand der Kirche ein Monu-
ment von Marmor. Ernest v. Haiden verkaufte Achau im
Jahre iSgq an Christoph v. Wollzogen ^).
Wahrscheinlich waren die Landesfürsten selbst die Erbauer
der Kirche zu Achau, da sie immer als Lehensherrn dieser Kirche
erscheinen. Da nach dem Gesagten Achau vor Larenburg schon
existirt hatte, ja, da das Beneficium 8. Pancratii zu Lichten-
stein von undenklicher Zeit Mit Achau verbunden war, und die-
») Hanthaler Recens. diplom. T. I. p. a5i. Eben daselbst riest man
auch (p- 3o3), daß Aigner von Eichau in einer Urkunde,
zu Medling am St'. Ulrichsabend ausgestellt, feiner Gemahlin
Barbara, Tochter des Wülfings v. Stube nberg, anstatt ei-
nes Heirathsgutes, einen Hof in Aichau gegeben habe. 2a, um ein gan-
zes Jahrhundert früher, nähmlich im Jahre i3i6, kommt Dietrich
Summer v. Aicha.ü, als Zeuge, in eitler Lilienfelder Urkunde vor.
lb. T.II. p.273.
-3) Die genannten Haiden sind von der Familie der Haiden von Dorf
zu unterscheiden. Dieser Ernest starb zwischen 1613 und 1618. Mit ihm
starb sein Geschlecht aus.
143
ses BeNefidium in die Zeiten der Babenberger gehörte; sö darf
matt mit Recht annehme«/ daß schon die Fürsten aus dem Ba-
denbergischen Hause im >2te» oder i3"n Jahrhunderte/ und
wahrscheinlich diejenige Linie selbst/ welche zu Medling war/
sich in Achau eine Capelle erbauet habe. Binnen des
hundertes mag sich dann.diese Capelle schon zur Würde einer
Pfarrkirche erhoben haben; denn in einett, handschriftlichen
Verzeichnisse der Pfarren Oesterreichs aus dem >5"n Jahrhun-
derte (auf der kaiserl. Bibliothek aufbewahret) kommt Achau
ausdrücklich als Pfarre vor.
Daß Achau wahrend des Bruderzwistes zwischen Herzog
Albrecht VI. mit seinem Anhange/ und Kaiser Friedrich IV.
viel gelitten habe/ ist wohl begreiflich. Das Schloß/ welches
der Kaiser dem Ritter Simon Pott von Wien anvertraute/
wurde ,462 durch den von Pettau aus Mähren/ von Perch-
toldsdorf aus/ überfallen/ zu einem Raubnest gemacht/ bald dar-
auf aber von andern Räubern, die ungarischen Brüder genannt,
eingenommen/ und verwüstet. (HaselbachH Daß Achau auf
gleiche Weise durch den feindlichen Einfall des ungarischen Kö-
nigs Mathias Corvinus/ in der zweyten Hälfte des »5^»
Zahrhundertes/ viel gelitten habe, ist auch leicht zu vermuthen,
wenn man gleich hierüber keine historischen Details angeben
kann. Eben so verhält es sich mit dem ersten Einfalle der
Türken in Oesterreich im Jahre »52y. Aus der bald erfolg-
ten Auflösung dieser Pfarre kann man zur Genüge den Schluß
ziehen, daß Achau das leidige Schicksal der Verwüstung mit
allen benachbarten Orten des Landes getheilet habe.
' Eine traurige Wirkung der ersten türkischen Invasion für
diese Pfarre war nähmlich der Verlust ihrer Selbststän-
digkeit, welchen das Benehmen der Pfleger in Lichtenftein,
und die einschleichende Reformation, durch mehr als 2,00 Jahre,
begünstigten. In Achau konnte kein eigener Seelsorger mehr
wohne», und der Pfarrer von Himberg versah die Pfarre. Wir
sehen dieß klar auS den kaiserl. Visitations-Büchern vom Jahr
1644, wo es heißt: »Das Patronat haben die Besitzer von Med-
ling und Lichdenstein (wahrscheinlich wegen deS mit 'Achau ver-
bundenen Benefieiums S.Pancratii). Seit dem Jahre r52y fpy
544 I v '
kein beständiger Priester allhwr, Achäu werde von Himberg aus
versehen. Zur Pfarre seyen Dienstholden, ein Bergrecht zu
Guntramsdorf, ein Weingarten, 9 Joch Aecker, 21 Tagwerk
Wiesen gestiftet; Christoph v. Freysleben habe seit 1629 das
Bergrecht gezogen. Der Pfarrhof sey verfallen, die Kirche in
mittelmäßigem Baustande. Die Einkünfte ziehe der Pfarrer von
Himberg.« (Diese waren also damahls noch nicht mit der Pfarre
Biedermannsdorf vereiniget, die ebenfalls durch erlittene Tür-
kenverheerung, wie aufgelöset, von Himberg aus besorgt wurde.)
Einer späteren Relation vom 3. Januar 1698 zu Folge , kom-
men erstgenannte Realitäten nebst einem Grund- und Bergrechte
vor, welches Alles eine Zeitlang der Inhaber der Veste für sich
benützet, und den Pfarrer nur kärglich davon ernähret habe Ob
hier ein wirklicher Pfarrer von Achau, oder vielmehr der ihn
supplirende Pfarrer von Himberg zu verstehen sey, ist uns nicht
bekannt; wenigstens konnren wir aus dieser Zeit keinen eige-
nen Pfarrer von Achau in den Acten auffinden. Auch sieht
man daraus, wie aus dem angeführten Visitations-Berichte, daß
die Pfand-Inhaber der Veste öder ihre Pfleger auch die Rea-
litäten des Beneficiums 8. Päncratii, das immer einen Theil
der Dotation in Achau ausmachte, benützten. Sie mögen nun
allerdings einer älteren Uebereinkunft zur Folge *) dem Benefi-
eiaten 8. Pancratii eine Art von Entschädigung gegeben ha-
ben, und diese Entschädigung bestand, wie wir aus einer Ur-
kunde Mathias vom folgenden Jahre 1694 vom >7.Februar
sehen, aus 3o fl. und 4 Klafter Brennholz, welche Entschädi-
gung als ein kleiner Theil der Dotation der Achauer Pfarre
betrachtet, noch immer von dem Einkommen des St. Pancraz-
Beneficiums zu unterscherden ist, welches aber die Pfleger Ln
Lichtenstein oft mit einander vermischten, und dem Individuum,
dem beydes gehörte, manchen Abbruch thaten. Und nicht ein-
mahl die genannte Reluition muß genau geleistet worden seyn,
weil man mehrere Beschwerden an die Kammer liest,
9 Wie es aus Georg Wiefings kaiserl. Pflegers der Herrschaft
Medling und Lichtenstein, Anbringen an die Kammer vom «o. August
»693 erhellet. Diese, und die zunächst citirten Urkunden befinden sich
alle im kaiserl. Hofkammer-Archive..
i4&
worin über das Benehmen der Pfleger geklagt wird, und weil in
der erst angezogenen Verordnung des K. Mathias ausdrück-
lich befohlen wird , das vorenthaltene Deputat von 4 Klafter
Brennholz aus der Brühl wieder abzuführen. Deßwegen wurde
auch bey der Uebernahme der Veste Lichtenstein durch KHeven-
Hüller 1610 ausdrücklich vorgesehen, daß das Beneficium 8.
Pancratii, als zu einem heiligen Gebrauche gewidmet, keinen Ab-
bruch leiden, und keineswegs mir den Herrschafts-Realitäten ver-
mischt werden soll. Es existirt sogar ein erneuerter Befehl dessel-
ben Inhaltes an die Kammer von demselben Jahre, dem Inhaber
des St.Pancrazen-Beneficiums die ihm gebührenden Tempora-
lien nicht zu verweigern. Was kann man aus dem Allen für einen
anderen Schluß ziehen, als das manche Pfand-Inhaber oder
Pfleger der Veste Lichtenstein die dahin gehörigen Pfarrgüter
von Achau, und insbesondere jene des St. Pancraz-Beneficiums,
mit dem Pfandlehen vermischet, und gegen die Intention der
Landesfürsten; ja gegen ihre ausdrücklichen Befehle, auch die
Pfarrgüter zum Theile für sich genossen haben?
Auf diese Art war wohl für die Wiederherstellung
der Pfarre wenig zu hoffen. Unterdessen hatte sich die gleichfalls
aus dem türkischen Verwüstungsschutte kaum erhobene Pfarre
von Biedermannsdorf etwas erhöhtet. Allein, da auch sie arm
und dazumahl noch mittellos war, so glaubte man den zwey Pfarr-
kirchen am besten dadurch aufzuhelfen, wenn man Achau mit
der Pfarre Biedermannsdorf vereinigen würde, wie wir in der
Geschichte dieser Pfarre bereits angemerket haben. Wann und
auf welche Weise diese Vereinigung vor sich ging, darüber ha-
ben wir weder aus den Himberger, noch Biedermannsdorfer
Pfarr-Acten etwas Bestimmtes erfahren können. Es scheint uns
aber dieses im Jahre 1600 unter dem Pfarrer von Bieder-
mannsdorf, Wolfgang Gäßler, geschehen zu seyn, da die-
ser zuerst als Pfarrer beyder Orte historisch vorkommt *). Von
diesem Augenblicke an ist die Geschichte der Pfarre Bieder-
mannsdorf größten Theils auch jene von Achau. Nur nach ei-
nem Zeitraume von i83 Jahren werden wir wieder die Pfarrer
r) Siehe die Pfaregeschichte von Biedeniiümrsdorf.
i 46
beyder Orte getrennt angeben; da Achau in Rücksicht auf
Pfarre ihre Selbstständigkeit wieder erhalten hatte. In-
zwischen wollen wir erzählen, was die zur Filial herabge-
kommene Achauer Pfarre wahrend des langen Zeitraumes
von beynahe zwey Jahrhunderten eigenthümlich an-
geht.
Hätte Achau katholische Besitzer i» der stürmischen Refor-
mations-Zeit gehabt, so würden sie sich der Vereinigung
mit BLedermannsdorf gewiß widersetzt haben. Dieses allein
macht die Familie Heiden wenigstens am Ende des XVI.
Jahrhundertes, den Christoph v.W ollzogen, welcher im
Jahre 1699 Besitz von Achau nahm, und Otto Cyriak
Weber, der ihm i6o5 —-1609 folgte, des Lutherthums ver-
dächtig. Nur als solche konnten sie gleichgültig gegen die
Vereinigung mit Biedermannsdorf seyn, ja als solchen war
ihnen sogar daran gelegen, keinen katholischen Pfarrer im Orte
zu haben *)> Aus der Bittschrift des Pfarrers von Bieder-
mannsdorf, Christoph Aigner, an den Erzherzog Ma-
thias im Jahre LH09 zeigt sich klar, daß der Pfleger von
Lichtenstein mehrere Jahre einen »lutherischen Prädicanten« in
Achau gehalten habe , der erst jetzt diesen Orr verließ, da er
auf kaiserlichen Befehl mit andern des Landes verwiesen ward.
Auf solche Art mußte wohl das Lutherthum in Achau überhand
nehmen, und man darf sich nicht wundern, wenn Maximi-
lian v. Breun er, welcher wieder die erste katholische Herr-
schaft zu Achau war, in seiner unter dem 10. Junius 1609 an
das Wiener Consistorium gemachten Anzeige sagt: »daß der
größere Theil von Achau lutherisch« sey. Deßwegen wünscht
derselbe Gutsherr in einem anderen Anbringen an das Consisto-
rium vom 16. Aprill 1611, seinem Haus-Capettane im Noth-
fall die Erlaubniß zur Administration der Sacramente zu er-
1) Man erinnere sich, was wir schon bey Biedermannsdorf anführten:
Der Wiener Official Scultetns, in feiner an den Klofterraths-
Präsidenten gerichteten Schrift vom Jahre 160c», verspricht den auf Bie-
dermannsdorf ernannten Pfarrer Gastler sogleich zu inftaMren, »weil
diese vacanre Pfarre schon eine Zeitlang mit sectischen. PräVicanten
besetzt war.« Er hatte hier gewiß nicht allein Biedermannsdorf im
Auge, sondern auch das vereinigte Achau.
*4?
theilen, und in seiner Bittschrift an den Erzherzog Ferdinand
vom 2y. August ibi3, hält er inständig um baldige Besetzung
der (mit Achau vereinigten) Pfarre Biedermannsdorf, welche
durch den Tod ihres letzten Pfarrers Aigner erlediget wurde/
an; »damit seine Unterthanen (in Achau) der um sich greifen-
den Reformation daselbst entrissen werden.« Und wirklich kehr-
ten die Bewohner Achau's alsobald wieder zur alten Kirche zu-
rück, als keine protestantischen Prediger ferner erscheinen durften.
Ihre Bereitwilligkeit, den kaiserl. Befehlen nachzukommen,
erkennt man in ihrer Bittschrift an den Kaiser Mathias vom
Jahre i6i5, woraus man deutlich abnimmt, daß die meisten
Familien in Achau schon wieder zur Kirche zurückgekehrt seyen.
Um das Jahr 1627 war von 60 Häusern daselbst nur mehr der
Schäffler mit seiner Familie lutherisch geblieben ').
Dazu haben ganz gewiß auch bte katholischen Gutsher-
ren beygetragen, welche sich nun ununterbrochen im Besitze die-
ser Herrschaft folgten. Dem Maximilian v. Breuner
folgte Maria Veronica v. Breuner. Von dieser kam
das Gut 1628 an die Familie Groppler, bey der es durch
*00 Jahre verblieben ist. Ein Ulrich Groppler, Herr von
Achau, war zugleich Weihbischof in Passau. Er starb i656.
Von der Frau Maria Groppler v. Troppenburg exi-
stirt noch in Achau eine schöne Stiftung vom Jahre 1678. Diese
gute Herrschaft unterhielt durch ihre edle Liberalität die Pfar-
rer von Biedermannsdorf, deren Einkünfte damahls schon sehr
geschmählert waren , wie sie es selbst in einigen noch vorhan-
denen Urkunden gestehen. Es hatte nähmlich mittlerweile, da
ohnehin beständige Klagen wegen des St. Pancraz-Beneficiums
einliefen, der Kaiser F e r d in a n d II. im Jahre 1636 dieses
Beneficium den Jesuiten für ihr Seminarium übergeben. Da-
durch wurden nothwendig die Einkünfte der Achauer Pfarre
sehr beschränkt, und die geistliche Vereinigung beyder Ortschaf-
ten auch in ökonomischer Hinsicht absolut nothwendig.
») Alle Urkunden, aus denen wir historische Notizen über den Zustand
der Deformation m Achau gezogen haben, befinden sich in den Pfarr-
Acten von Achau und Biedermannsdorf.
4B
Wir können uns übrigens von dem edlen Geschlechte der
Groppler nicht trennen, ohne die ferneren Besitzer Achau's
nahmentlich anzugeben. Groppler überließ 1722 Achau an Jo-
hann Ferdinand LambekHofer auf 10 Jahre in Be-
stand; nach deren Verlauf die Herrschaft käuflich an die Baron
Moser'sche Familie kam, die es noch gegenwärtig im Be-
sitze hat.
Auch Juden waren zur Reformations-Zeit inAchau an-
säßig, welche sich, man weiß nicht wie, mit dem Protestantis-
mus atthier in jener verwirrten Zeit so zahlreich einschlichen,
daß sie in dem unteren Theile des Ortes sogar eine Syna-
goge ruhig erbauen konnten. Wir verdanken die Nachricht von
diesem sonderbaren Ereignisse dem Herren Pfarrer Kuik, der
anmerket, daß noch jetzt ein Theil von ihrer Synagoge in einem
Bauernhause im unteren Orte> den sie ganz inne hatten, ge-
zeiget werde. In der oben angeführten im Jahre i65o aiibe-
fohlenen Seelenbeschreibung kommen wirklich io Häuser mit
Juden vor, die sich dieser Seelenbeschreibung völlig widersetzten.
Unter den Gemeindeschriften soll sich noch eine Bitte der un-
teren Gemeinde an Kaiser Leopold I. befinden, worin sie
sich, aus Furcht, vertrieben zu werden, als Christen anstellen,
und mit den übrigen Einwohnern des Ortes gleich gehalten zu
werden verlangen. Der Erfolg ihrer Bitte ist unbekannt, und
es geschieht von ihnen daselbst seit keine Meldung mehr.
Vermuthlich haben die meisten aus ihnen schon bey der zwey-
ten türkischen Jnvasiorr im Jahre i683, um ihre Habe zu ret-
ten, die Flucht ergriffen, von denen die wenigen, die etwa
zurückkehrten, sich nach und nach von hier hinweg begeben ha-
ben, und anders wohin gezogen sind.
Am meisten hat wohl der Ort selbst bey dieser neuen Tür-
kenverwüstung gelitten, wobey sogar die Pfarr-Protokolle
zu Grunde gingen.
Nachdem die Kirche und alles Nöthige zum Gottesdienste
wieder hergestellt und herbeygeschafft wurde, so war gleichwohl
Achau jetzt wie ehedem von Biedermannsdorf abhängig. Der
Gottesdienst wurde alternativ hier, und in der Hauptpfarre ge-
halten. Dahin mußten sich dann auch die Achauer in ihren
i4<)
Seelsorge- und Pfarrangelegenheiten wenden. Im Jahre 1746
lesen wir das erste Mahl, daß der vom Alter geschwächte Pfar-
rer in Biedermannsdorf einen mit einer geistlichen Jurisdiction
versehenen Priester, Franz Daniel, größten Theils auf
seine eigenen Kosten nach Achau exponivte, aber ohne Verbind-
lichkeit, rndem ihm niemand etwas dazu beytrug. Diese für
die Gemeinde so vortheilhafte Einrichtung dauerte wirklich sechs
Jahre; worauf die Franziscaner zu Lanzendorf, von ihrem
Kloster aus, die Besorgung des Gottesdienstes zu Achau über-
nahmen. Bey der neuen Pfarreinrichtung unter Joseph II.
wurde endlich auch ihrer gedacht, und die Achau er-Pfarre
1788 wieder hergestellt. Zu ihrer kleinen, älteren, und
noch vorhandenen Dotation von etwa 8 Joch Aeckern, und
ii Tagwerk Wiesen, werden ihr noch aus dem Religionö-
fonde Z8o fl. als Bedeckungsbeytrag des damahls systemisirten
Pfarrer-Gehastes von 6qo fl. angewiesen. Das Grundbuch und
Bergrecht, welches ehedem auch noch zur Achauer-Pfarre ge-
hörte, blieb bey ihrer Auspfarrung von Biedermannsdorf der
letzteren, und das alte Zehentrecht, gleichfalls der Pfarre Achau
zugehörig, wurde der Herrschaft Achau, und Leopoldsdorf ein-
geräumt. (Alles aus den Acten dieser Pfarren und ihrem ge-
meinschaftlichen Geschichts-Protokolle.)
Eiste dßr ersten, und wohlthätigsten Wirkungen von der
Wiederherstellung dieser Pfarre ist die große Reparation der
Kirche. Dg wir von derselben in Verlaufe der Geschichte
nur wie im Vorbeygehen geredet haben, so wollen wir jetzt ge-
flissentlich alles sammeln, und zusammen stellen, was auf die
Kirche Bezug hat. Wir vermuthen mit Grunde, daß die im
Schlosse befindliche, den heiligen Fabian und Sebastian
gewidmete Capelle viel älter als die Ortskirche sey.
Ihr Eingang ist unten am Schloßthore, und sie ist ohne Zweifel
Mit der Erbauung des Schlosses gleichzeitig. Etwas später
mögen hier auch Ansiedlungen geschehen seyn, und so bauten
sich entweder die Bewohner, oder die Herren im Ort selbst,
ein Kirchlein zum heiligen Laurentius. Dieß mag im XIII,
oder XIV. Jahrhunderte geschehen seyn; denn im folgenden
XV. Jahrhundert erscheint sie schon als Pfarrkirche, wie
i5e>
wir gesehen. Diese Kirche hat ohne Zwelfel 1629 eine große
Verwüstung gelitten; da es aber im Visitations-Buche vom
Jahre i544 heißt, sie sey bey mittelmäßigem Baue, so muß
sie bald wieder, wenigstens einiger Maßen, hergestellet worden
seyn. Die Pfarre hat zwar von nun an ihre Selbstständigkeit
verloren; aber deßwegen hörte die Existenz der Kirche daselbst
gar nicht auf. Der Pfarrer von Himberg versah sie — später
der von Biederlnannsdorf. Aus einer Bittschrift der Achauer-
Gemeinde vom Jahre 1618 an das Consistonum erhellet, daß
i6i3 durch das Feuer nebst andern des Zechmeisters Haus
und die Schriften der Kirche zu Grunde gegangen seyen. Im
Jahre 1660 läßt die Gemeinde ihre Steinkirche, die des Alters
wegen schon sehr schadhaft geworden war, herstellen, und da
vordem alle vier Seiten der Kirche gleich lang waren, so wurde
sie jetzt durch das Presbyterium verlängert. Daß sie sodann im
Jahre »663 dem allgemeinen Loose der Verheerung auch nicht
entgangen sey, ist freylich nur zu wahrscheinlich; sie muß aber
bald wieder hergestellet worden seyn, weil die Pfarrer von
Biedermannsdorf hier alternativen Gottesdienst hatten lie-
ßen^). So'finden wir denn das Fortbestehen dieser Kirche durch
eme Reihe von vier bis fünfhundert Jahren. Aber jetzt war
die Kirche schon wieder sehr baufällig geworden. Das Jahr
1783 sollte ihr Restaurations-Jahr werden, so wie i683 ihr
Zerstörungsjahr geworden ist. Der Religionsfond ließ mit
einem Kostenaufwand von beynahe 600 fl. die auf dem wasser-
reichen Grunde gesunkene Kirche mit vier Strebepfeilern von
Außen unterstützenden Haupteingang erhöhen, und statt des
bisherigen Ziegelpflasters, mit KMhammerplatten den Bo-
den auslegen; die vermoderten hölzernen Altäre wegschaffen,
den Hochaltar mit einem neuen Tabernakel, und mir dem
Bilde des Gekreuzigten zieren. Der Thurm wurde 1764,
da er sehr beschädigt war, mit einem Aufwands von t5o fl.
reparirt, wodurch er die heutige Gestalt bekam. Das Jn-
1) Aus den zerstreuten Daten dieser Pfqrrgeschichte, und aus dem ge<-
meinschaftlichen Pfarr - Protokolle.
uere der Kirche, die zwey Seitenaltäre der heiligen Anna, und
Sebastians, die Wände, Tabernakel, alles wird vom Salpeter
angegriffen.
Obgleich übrigens die Kirche, außer einer unbedeutenden
Realität, kein Vermögen besitzt; so hat sich doch der gute Geist
zu frommen Stiftungen bey dieser Gemeinde fast seit
zwey Jahrhunderten bewähret.
Seit wann in Achau eine Schule existire, ist wegen
Mangel an Nachrichten wohl schwer zu bestimmen. In der
von Gropplerischen Stiftung vom Jahre 1678, die zur Kirche
gemacht wurde, kommt auch ein Theil davon dem Schulmei-
ster zu gute, und nach dem Biedermannsdorfer Protokolle vom
Jahre 1764, befindet sich dort ein Brief des Herrn Carl
Leopold v. Moser, vom Jahre 1780 im Original, worin
er dem Pfarrer einen gewissen Joseph Ezmann zum
Schulmeister nach Achau anempfiehlt, woraus erhellet, daß
noch während der Vereinigung beyder Pfarren Achau eine e i-
gene Schule hatte. Ja aus demselben Protokolle erfährt
man, daß die Gemeinde das Schulhaus auf ihre eigene Ko-
sten erbaut hat, und erhalte. Weßwegen auch nicht die Herr-
schaft, sondern die Gemeinde mit dem Pfarrer (damahls in
Bredermanirsdorf) den jeweiligen Schulmeister zu ernennen
das Recht hat.
xiv. Pfarre Brunn am Gebirge').
Jwey Stunden von Wien entfernt, an der alten Straße
nach Steyermark, liegt an der Wald- und Bergkette der kleine
Marktflecken Brunn a m G e b i r g e, mit einer alten Pfarr-
1) Aus den vielen schriftlichen Beyträgen des würdigen Herrn Pfar-
rers von Brunn, Johann Michael Korn; aus den Acten die-
ser Pfarre im erzbischöstichen Gonsistorial-Archive, L. P. Nr. V. und
5; verglichen mit einem noch vorhandenen Memorabilren-Buche dieser
Pfarre vom Iahre 1766.
i5s
kirche, und i5i Häusern, durch deren Mitte sich der Kroten-
bach schlängelt, dessen beyde Ufer mit Pappeln besetzt sind.
Dieser Ort war von jeher ein unterthäniges Stück der
einstmahligen Grafschaft Medelich, unter welche derselbe jeder-
zeit auch mir dem Landgerichte gehörte. Nur die vielen Höfe,
die hier einst gefunden wurden, mögen dem kleinen Brunn,
ob es gleich keinen Wochenmarkt hatte, den Nahmen eines
Marktfleckens oder Marktes verschaffet haben,'dessen
Bewohner aber auch durch den reichen Ertrag ihrer Weingär-
ten, deren jährliche Fechsung oft 60 bis 70,000 Dreyling be-
trug , ziemlich wohlhabend waren.
Ungewiß ist die E n t st e h u ng s - E p 0 ch e des Marktes; doch
fetzet man dieselbe mit einiger Wahrscheinlichkeit in den Zeit-
punct der Vereinigung Steyermarks mit Oesterreich 1192, bey
welcher Gelegenheit viele Orte an der in die Steyermark füh-
renden Straße erbauet worden seyn sotten. Damahls mögen
sich auch hier die ersten Winzer bey ihren nahen Rebhügeln
angesiedelt haben *). Ein massiver Thurm, der ernst mitten im
Orte, an der Stelle des jetzt mit Nr. 14 bezeichneten Hauses,
stand, und einer alten Sage nach, unter dem Nahmen des
Bründel Hofes, ein Gefängniß für Wildschützen war, soll
den Nahmen des Marktes veranläßet haben, den aber
Andere von den vielen in der Gegend befindlichen B runn-
quellen, oder auch von dem, in dem angränzenden Enzers-
dorf liegenden Brunnerhaus, dem letzten Gebäude gegen
Brunn zu, ableiten wollen.
Einst war dieser Markt mit vier Thoren geschlossen,
und noch zeigt man die Plätze, wo sie gestanden haben; allein
der einstige Besitzer von Lichtenstein, und Patron der hiesigen
Pfarre, Fürst Poniatowky, ließ dieselben bis auf eines
niederreißen, und verwendete das Materiale im Jahre 1800
zur Erbauung des neuen Pfarrhofes.
1) Wenigstens kommen in Klosterneuburger Urkunden des XII. und XIII.
Zahrhundertes (bey Max. Fischer im Urkundenbuche, S. 3». 171.
>88 u. s. w.) ein Anselm, ein Dietrich und Heinrich von Prun
lchon als Zeugen vor.
»53
Die vielen Höfe'machten Brunn damahls zu einem an-
sehnlichen Orte, der beynahe aus lauter solchen Dominical-
Höfen der Edlen aus Wien bestand; indem diese hier ihren
Wein durch inwohnende Weinzierl selbst baueten, ihr Melk-
vieh besorgten, und den Sommer hier zubrachten. Solche
Hofe sind, oder waren:
1) Der Sauerhos, welchen Herr Doctor Allmar von
Allstern
2) mit dem Kemeterhose vereinigte, groß und kost-
spielig erbaute, und Herrn Grafen von Saurau verkaufte. Nun
ist das Gebäude ein Brauhaus, und bereits in den Händen des
»5ten Besitzers, JohannWellponer.
3) Der Baltram- oder (wie er imUrbario, und vormah-
ligen Kirchengrundbuche steht) Bölthamerhof, ist dermal)!
zu einem Hauerhause herabgesunken.
4) Das freye Landgut, Thurnhof, wurde einstens von
dem Herrn Regierungspräsidenten v. Suttinger, besessen
und erweitert, und war um 1722 die Wohnung der Grafen
Vasguez und Perlas aus Spanien. Späterhin besaß
denselben der Herr Appellations-Vicepräsident Bernhard Edler
von Keeß; endlich aber Herr Michael Edler von Held, der
den eben so schön, als zur Landwirthschaft nützlich hergestellten
Thurmhof, zwischen den Jahren »802 und »8o3 dem Fürsten
Poniatowsky verkaufte, und dadurch dessen Vereinigung mit
der Herrschaft Lichtenstein veranlaßte. Die St. Barbara
Capelle, zu der schon im Jahre 1662 Herr Johann v.
Suttinger eine besondere Meßstiftung gemacht hatte, und
in welcher vormahls an jedem Montage hier eine heilige Messe
gelesen wurde, dient vermahlen zur Küche und Vorrathskammer
des Herrn Beamten. Uhr und Glocke, womit sie vorhergezie-
ret war, sind verloren gegangen.
5) Der Gattingerhof, welchen Leopold Güttinger,
hiesiger Marktrichter, in der letzten Hälfte des XVl. Jahrhun-
dertes , sammt einigen Aeckern, Weingärten, einem kleinen
Grundbuche, und Walde, von dem deutschen Orden erkaufte.
Dieses alles vermachte er bey seinem Tode i5y4 der Gemeinde
s54
und dem Spitale, welches letztere aber nichts davon aufzuwecken
vermag. Dermahlen heißt es das Gemeindehans.
6) Der'zweyte Gattingerhof, welchen der Eigen-
thümer einst seinen Dienstbuben vermachte, verdankt seine ge-
genwärtige Gestalt obgenanntem Herrn Doctor von Allstern,
von welchem ihn Herr Joseph Baron von Minnich, Reichs-
hofrath, zum Wohnsitze erkaufte. Dermahlen ist dieser Hof
rustical.
7) Der Bründlhof, jener massive Thurm, dessen wir
schon oben erwähnten, und dem gleichfalls Herr Doctor von
Allsten; eine andere Gestalt gab, wurde später von dessen Schwie-
gersöhne, Baron Born, bewohnt, und ist gegenwärtig ein Ei-
genthum des Herrn von Heiß.
8) Der Kirchhamerhof, welchen vormahls die Herren
von Lobenwein inne hatten, dann Baron Knorr besaß, und der
jetzt eine Wollenspinn-Fabrik des Herrn Moritz von Dauber,
aus der Lahne, ist.
y) Der Haßlittgerhof, welchen der gleichnahmige Ei-
genthümer sammt einigen Grundstücken im Jahre 1662 zum
Spitale schenkte. Gegenwärtig heißt er das Spitalhaus.
10) Der Musterhof, einst ein Eigenthum des Benedic-
tiner-Stistes Oberattaich, das hier durch einen eigenen Layen-
bruder Weinbau und Wirthschaft pflegte. Das hiesige Orts-
spital erkaufte denselben sammt Aeckern, Gehölz, Wiesen und
Weingärten, das erste Mahl um 3oo Pfund Pfennige rhei-
nisch Geld; dann aber das zweyte Mahl um 2000 Gulden Wie-
ner-Währung, für die noch übrigen darauf haftenden Lasten,
und den schuldigen jährlichen Wein. Jetzt bildet er das Orts-
Spital.
n) Der Klosterfrauen Lorenz er Hof, gegenwärtig
ein zertheiltes Hauerhaus.
12) Der Michaelerhof, einst den Barnabiten gehörig,
jetzt aber verkauft
13) Endlich der,M ö l k erzeh e n t h 0 f, der noch gegenwär-
tig, als solcher bestehet.
Doch nicht allein diese Höfe, sondern auch das hier be-
findliche Spital, mit seiner schönen im Jahre 1662 zu Ehren
i55
des heiligen Heinrich erbauten Kirche, zeichnete den
Markt Brunn schon lange vortheilhaft aus. Es ist schon sehr
alt, und verdankt wahrscheinlich sein Entstehen der biederen
Frömmigkeit und Wohlthätigkeit jener vermöglichen Wiener,
die im Sommer hier ihre Höfe bewohnten , und durch Noth
und Erfahrung belehrt, ein Hgus zum Unterstände der ge-
brechlichen Armen bauten oder erkauften. Das erste, welches
die Wohnung der Armuth wurde,.war das sogenannte Ster-
necker haus. Dabey war vor Zeiten auch ein Pilgrim-
haus, das durch die St. Kunegunden- Zeche besorgt wurde.
Die erste Stiftung zu dieser wohlthätigen Anstalt ist un-
seres Wissens aus dem Jahre 1478, in. welchem Herr Lucas
Rausch, Stuckhauptmann, und seine Frau, eine geborne
Tachau (welche Familie vermuthlich die Herrschaft Lichtenstein,
doch ohne die Burg Medling, ernst besetzen hatte), wegen
überstandener Pest, mit 600 Gulden rheinisch eine fromme
Stiftung machten, wozu die Carmeliten am Hof zu Wien her-
auskamen, und die armen Pfrändler, deren bereits schon sechs
waren, erne Spende hatten.
Durch wohlthätige Be y tr äg e und Vermächtnisse einzel-
ner Gemeindeglieder, und vorzüglich durch die erhaltene Er-
laubniß , die zur Zeit der Reformation im Jahre i558 hier
leer stehenden Beneficien zum Besten des Spitales ein-
ziehen zu dürfen, ward der Wohlstand desselben bedeutend ver-
bessert. Dazu kam noch späterhin der im Jahre 1662 zum
Spitale geschenkte Haßlingerhof nebst Grundstücken; fer-
ner der erkaufte M u st e r h 0 f sammt Aeckern, Wiesen, Ge-
hölz, und Weingärten; endlich die fromme B u ch r u ck e r i s ch e
Stiftung von 600 Gulden; wodurch dann das Spital, nach
veränderter, und Allerhöchsten Ortes anbefohlener Verwaltung
durch den Pfarrer, Spitalmeister und die Herrschaftsbeamten, zu
einem Vermögensausweise von 3o bis 40,000 Gulden gelangte.
In dieses Spital wurden vormahls nur die armen Bürger
untergebracht; die armen Einwohner und Weinzierl aber waren,
m den i. I. 17»3 zur Pestzeit erbauten Lazarethen, ab-
gesondert vom Orte, einquartiert. Niemand sah sich dort um
sie um? im Winter ohne Holz, und in jeder Noth ohne Hülfe,
|S6
wurden sie oft eine Beute des ekelhaftesten Todes. Auf'die
Anzeige des menschenfreundlichen Pfarrers Korn, ward die-
ses Gebäude niedergerissen, die Armen, gleich den Bürgern, im
OrtSspitale untergebracht, und die in Holz arbeitenden Hand-
werker, als feuergefährlich, sammt dem Viehhirten, die bis-
her hier wohnten, hinausgeschafft.
War gleich dieser Ort schon tn der Vorzeit durch die man-
cherley Höfe und das Spital bekannt und berühmt, eine ei-
gene Pfarre machte er dem ungeachtet nicht aus. Bis zum Jahre
>558 war der Markt immer eine Filiale der Pfarre zu Med-
ling. Zwar kommt nach Hanthaler Reeeiw. dipl. P. I. pag. 7g,
Thomas Garser, Pfarrer in Prunn, als Testaments-Execu-
tor des Paul Pawer von Taubitz Ün Jahre »498 vor; allein,
daß dieser Nahme hier nicht im strengen Sinne gelten könne,
sondern weiter nichts als einen von Medling hier bestellten Seel-
sorger oder Expositus bedeute, zeigt nicht nur der Zusammen-
hang der vorhergehenden, und nachfolgenden Geschichte dieser
Pfarre, sondern auch der bedeutende Umstand, daß Brunn in
dem österreichischen Pfarxen-Verzeichnisse des XV. Jahrhunder-
tes noch nicht erscheinet. Ja, in einem im Jahre >557 errichteten
Modlinger-Verzeichniffe kommt die Rubrik vor: Registrum an-
myersariorum qpelesiae in Medling, et Prunn, und in dem-
selben Verzeichniß ein lateinischer Vertrag vom 6. August >807,
daß ein Pfarrer zu Medling einen Schulmeister und Cooperator
zu Brunn aufnehmen soll, wie von Alters gebräuchlich. Uebrigens
ist es gewiß, daß Brunn gleich im Anfange des XIII. Jahrhun-
dertes, oder wohl noch früher, mit einer eigenen Kirche oder
Capelle versehen war. Einer alten Volkssage gemäß, soll
diese schon zwischen den Jahren 1201 und 1210 entstanden seyn,
Als nähmlich damahls sehr mühselige Zeiten eintraten, und Erd-
beben, Wassergüsse, Pest, und sehr strenge verderbliche Winter
stbexals Angst und Schrecken verbreiteten, da sollen die damahls
noch fromm gesinnten Einwohner von Brunn die Erbauung der-
selben zu ihrem Gebethe, und zu Ehren des heiligen
Kreuzes, verlobt und ausgeführt haben.
Nach diesem Kirchenbaue mögen dann die wohlhabenden
Bürger und Hauer, nicht nur mit Geld, sondern vorzüglich
i'57
mit Grundstücken/ die verschiedenen B eneficieN St. Bern-
hards, Barbara, Nicolai und des heiligen Kreu-
zes (das vorzüglichste aus allen) gestiftet haben. Gewisses ist
über ihre Stiftung gar nichts vorhanden.
Der erbauten Kirche geschieht zum ersten Mahle sichere Er-
wähnung im Jahre »216, als Mag. Ulrich, Herzog Leo-
polds des Glorreichen Lehrer, und Bischof zu Passau,
auf die Bitte des Edlen Otto von Berchtoldsdorf, seine
Capelle daselbst, gegen Abreichung eines jährlichen Geschen-
kes (ti-68 Loliäi) an die Kirche zu Brunn für den Pfar-
rer zu Medling, zu einer eigenen Pfarrkirche erhoben hatte.
Von dieser Zeit an hören über hundert »Jahre alle Nach-
richten von der Kirche zu Brunn auf; und erst im Jahre 1827
erfährt man alls alten Pfarrbüchern, daß die damahlige Kirche
vergrößert, zu Ehren der heiligen Kunegunde, Ge-
mahlin Kaiser Heinrichs II., eingeweihet wurde. Mit diesem
Nahmen: »St. Chunigunds Kirchen ze Prunn,«
kömmt sie in einer noch gegenwärtig bey der Pfarre aufbe-
wahrten Urkunde Ottos Herzogs- von Oesterreich- Steyer,
und Kärnthen , vom Jahre 1338 vor, in welcher der Herzog
einen Weingarten zu Brunn, welchen Friedrich Streicher, Gold-
schmid zu Wien, von dem Juden Emerlin zu Dreßkirchen er-
kauft hatte, und der zu dem hiesigen Gotteshause St. Kuni-
gunden zwanzig Wiener-Pfennige diente, nach Landesrecht zu
sichern und zu gewähren versprochen hatte.
Im Jahre 1622 wurde diese Kirche zum zweyten Mahle er-
weitert, und verlängert. Bey dieser Gelegenheit ward der hin^
ter der Kirche stehende Thurm, der an allen vier Wänden kühn
durchbrochen, auf vier großen gemauerten Pfeilern ruhet, sei-
ner Schwere wegen, abgetragen, kürzer gemacht, und an vier
Ecken abgeschliffen; das Presbyterium und der Hochaltar wur-
den hinausgebauet, und an die Kirche, zur Befestigung gegen
den starken Druck des Gewölbes, tüchtige Strebe-Pfeiler an-
gesetzt. So kam der Hochaltar gerade über ein achteckigtvs
Gewölbe zu stehen, das einst zur Aufbewahrung der Todten
diente, und von außen die Jahreszahl 1880 044°) aufweiset.
Aus allem diesen ergibt sich, daß es keineswegs der Gemein-
,58
de an Kraft und Willen fehlte/ in ihrem schönen heiligen Ei-
fer für die Ehre ihres Gotteshauses fortzufahren; allein der Tü>-
ken-Ueberfall im Jahre ,62«), wobey die Kirche und vielleicht
auch ihre eigenen Wohnungen zerstört wurden/ und dann die
unselige sich immer weiter ausbreitende Reformation Luthers,
machten Brunns Bewohner theils unfähig, theils gleichgültig,
um für die Erhebung ihrer Kirche etwas zu unternehmen. Nach
dem Pfarr-Visitationsberichte vom Jahre, Z44 waren die Prie-
ster von den hiesigen Beneficien entflohen, und nur Leopold
Auer blieb bey seinem Hause, und dem Beneficium zum heil.
Kreuze. Die Gemeindeglieder hatten daher die Stiftungen der
drey übrigen Beneflcien an sich gezogen; die Zechleute den Wachs-
dienst, und die zur Kirche gehörigen sieben Holden sich zugeeig-
net, und sogar dem Pfarrer zu Medling die gewöhnliche Pen-
sion, oder Besoldung für den Gottesdienst (bestehend in 2 Pf.
Pfennige) versaget; obschon letzterer, weil es ihm selbst an
Priestern mangelte, den nöthigen Gottesdienst durch oben er-
wähnten Beneficiaten Leopold Auer abhalten ließ, und ihm
dafür einen halben Dreyling Wein (>2 Eimer), und drey Muth
Zehent (welcher nach einem alten Urbarium für das heil. Kreuz-
Beneficium gehoben wurde) abreichte.
Doch nicht allein hier, auch auf den übrigen Filialen, ja
selbst auf der Mutterpfarre zu Medling war der Mangel an Geist-
lichen und an ihrem nöthigen Lebensunterhalte sehr fühlbar.
Ueberäll wurde der Gottesdienst seltener, und laute Klagen er--
tönten daher bey allen Redlichgesinnten. Kein Wunder also,
wenn der. milde, und gerechte Kaiser Ferdinand l. dadurch
sich bewogen fühlte, laut Stift- und Gabbrief vom Jahre,556
die Mutterpfarre Medling von der Domdechantey (mit der sie
lange vereiniget war) wieder zu trennen, und den beyden ihr
zugetheilten Orten P i t t e r m a n st 0 r f und Brunn, mit der
Filiale Enzerstorf, e i g e n e P f a r r e r zu verschaffen.
Da es sich nun um die Dotation der hiesigen Pfarre han-
delte, und der Markt Medling, als Patron die Pfarre Brunn
mit den Gütern und Stiftungen der hier leerstehenden Beuefi-
cien St. Bernhard, St. Barbara, St. Nicolai und
des Kreuzaltares stiften wollte; da sträubten sich die Bürger
i56
Von Brunn, vorzüglich aber ihr Richter Leopold Gattinger, im
Geiste der damahligen Reformation gegen diesen Antrag, und
begehrten/ unter dem Vorwände der Nächstenliebe/ diese Benefi-
cien zur besseren Stiftung ihres Spitals, dessen Vermögen sie
unter ihrer Administration hatten, einziehen zu dürfen, was
ihnen dann auch auf ihre Klage vom Könige Maximilian H.,
in Abwesenheit seines Vaters Ferdinands I., durch den soge-
nannten Gab- oder Stiftbrief der Pfarre Brunn im
Jahre i569 desto leichter bewilliget wurde, »weil (nach den Wor-
ten desselben) dermahlen keine Noth bey den Geistlichen, oder
Kirchendienern verspüret wird.«
Daher stifteten also die Bürger von Medling, laut benann-
tem Gabbrief, die Pfarre zu Brunn aus ihrem eigenen So-
cket, gaben die aufbewahrten brieflichen Urkunden der Beneficien
willig heraus, und bestimmten einem jeweiligen Pfarrer allhier,
als Einkommen: erstlich den jährlichen Getreidezehent im Brun-
nerfelde, den der'Mölkerpfarrer (der perpetuirüche Vicarius zu
Medling genannt) dem vormahligenBenefi'ciüten, oder Exposito
für die Seelsorge überließ; dann alljährlich einen halben Drey-
ling Wein, und endlich noch alles dasjenige, was der Altar ab-
werfen würde. Doch legten sie der hiesigen Gemeinde streng
die Verbindlichkeit auf, ihrem Priester, wenn es die Noth er-
fordern sollte, ungeachtet dieses Einkommens, einen besseren
Unterhalt zu verschaffen.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß wegen der protestantischen
Religionsunruhen, wo beynahe Alles nur lau betrieben wur-
de, oder nur Wenige katholisch waren, sich längere Zeit kein
Pfarrer fand, oder doch nicht aushalten konnte; indem bey
diesem verwirrten Zeitgeiste, weder ein ruhiger Besitz, noch un-
angefochtene Einkünfte sich hoffen ließen.
Erst im Jahre 1682 wird uns aus den Inquisitions-Acten
der erste Pfarrer, Leonardus Grefius, bekannt», unter
welchem sich der Schullehrer Christoph Jsper er, und die
Gemeindegüeder, Mathias Stainer und Leonard Grif-
fig, der Frohnleichnamsfeyer widersetzten, und auf das Abend-
mahl unter beyden Gestalten drangen.
Nach ihm erscheinet erst auf das Jahr 1697 Christop ho-
>6o
rus Mittermayt, als angenommener ordentlichinstallirter,
und confirmirter Pfarrherr zu Prunn.
Bisher hatten seine Vorgänger den bestimmten Zehent im
Brunnerfelde, nebst einigen Weingarten unangetastet, und ru-
hig genossen. Weil aber die hiesigen Pfarrer in dem Beneficia-
tenhause des kleinen Kreuzaltars (dem damahligen Pfarrhofe)
keinen Platz zur eigenen Benützung, und Behebung ihres Ze-
hentes hatten, und der'Bau der Weingarten, die in Verödung
und Abbau gekommen waren, alljährlich insgemein 7S fl. ko- !
ssete; so schloß dieser Pfarrer im Jahre 1697 mit dem hiesigen
Marktgerichte einen Vergleich, vermag welchem er demselben
seine Weingärten, und auch den gestifteten Pfarr-Zehent (der
gerade damahls etwas strittig war) übergab, und anheimsagte;
wofür sie ihm aber 200 fl. Rheinisch und 10 fl. Mahlgeld für
den Corpus Christitag und beyde Kirchtäge, sammt >6 Eimer
Wein und i2 Metzen Weitzen der neuen Landmaß, mit Mund
und Hand, und mit einer eigenen Urkunde angeloben und zu-
sagen mußten. Alles mit Vorwissen und Zugeben des wieneri-
schen Officialen, als geistlicher Obrigkeit.
Paulus Pulker war im Jahre >6?.5 Butzelins Nach-
folger, und erlebte die traurige Pest, die hier vom Jahre 1633
bis i634 wüthete, viele Pfarrkinder hinwegraffte, und ihn
selbst im Dienste der Sterbenden sich als Opfer erkor. 164!)
kam als Pfarrer Michael S 0 m in e r v 0 g e l, unter dessen
Vorsteheramte aber, nach Erzählung der Pfarr-Chronik, im
Jahre 1662 durch eine im Schulhause ausgekommene Feuers-
brunst, die Kirche sammt dem alten Pfarrhofe (dessen wir oben
erwähnten) gänzlich ausgebrannt war.
Bald Mag der fromme Eifer der hiesigen Bürger die Spu-
ren dieses Unglückes ausgetilgt haben; denn schon im Jahre
>654 findet man bey hiesiger Kirche einen Doninicaner, Nah-
mens Dominicus Bissemanus, der auch Doctor der
Theologie war, als Pfarrer angestellt. Die nähmliche Würde
eines Gelehrten bekleidete auch Herr Johann Ferchl, der
ihm im Jahre i65g nach seinem Tode in der Seelsorge nach-
folgte. Er starb im Jahre >668, und überließ die Pfarre Herrn
Jodoeus Kuntzer aus der Pfalz, der nicht nur allein die
i6i
große Pest des Jahres >679, sondern auch im Jahre i683
die Belagerung Wiens durch die Türken erlebte, wobey auch
seine Kirche aufs neue zerstöret wurde. Er hatte sich bey heran-
nahender Gefahr mit allem Kirchensilber, Paramenten, Pfarr-
büchern, und dem größten Theile der Bewohner in sichere Ge-
genden geflüchtet; jetzt kehrte er aber mit dem Entsätze siegreich
in seine Heimath zu Brunn, begrub die einzelnen niedergehaue-
nen Bürger des Marktes sammt andern ermordeten Flüchtlin-
gen zu Perchtholdsdorf, und hielt in Ermanglung der nöthigen
Priester, mit Erlaubniß des Consistoriums, öfters an einem
Tage, zuerst in Perchtholdsdorf, dann zu Brunn, und endlich
zu Medling den feyerlichen Gottesdienst. Dergleichen Beschwer-
lichkeiten verhinderten aber jede Erhohlung von den ausgestan-
denen Schrecken. Kaum hatte er daher im alten Pfarr-Proto-
kolle seine Schicksale eigenhändig beschrieben, so unterlag er im
Jahre »684 den vielen Anstrengungen, und ging in eine ruhl-
gere Ewigkeit über.
Unter seinem Nachfolger, Conrad König, einem from-
men Manne, wurde im Jahre »684 wieder auf die Herstellung
der verwüsteten Kirche mit Ernste gedacht. Allein die Gemeinde
war noch zu klein und zu entkräftet, um die nöthigen Kosten
aus ihrem Eigenen bestreiten zu können. Das Marktgericht
mußte daher, mit Genehmigung Kaiser Leopolds l., ein Ca-
pital von 5ooo fl. von den Jesuiten erborgen, ihnen aber da-
für das Kirchen-Grundbuch versetzen, welches Schulden halber
nimmermehr eingelöst werden konnte, sondern nach vielen Jah-
ren an Herrn Dr. v. Allstern um 3oon fl. verkauft wurde.
Doch selbst mit den aufgenommenen Geldern würden die
Baulichkeiten der Kirche nimmer vollendet, und die Pfarrwoh-
nung, und das SchulhauS nimmer hergestellt worden seyn, wenn
sich nicht, durch Gottes Fügung, Gutthäter für die erstere
gefunden hätten. Durch die milden Beyträge der Grafen
Vasquez, und Perlas de Pinos, welche mit Kaiser
Carl.Vl. aus Spanien gekommen waren, und hier im Thurm-
hofe wohnten, wurde im Jahre »722 die Herstellung der Kirche
begonnen, und diese endlich den 3o. September 1785 von Sr.
Eminenz, Sigismund Grafen von Kollonitz, Cardinal und Erz-
bischof zu Wien, zu Ehreü der heil. Jungfrau Kune-
g u n d i s feyerlichst eingeweiht.
Bemerkenswert) war bey dieser Gelegenheit vorzüglich die
Gegenwart seiner königl. Hoheit Don E m a n u e l Prinz v o n
Port u g a l \, der als Brautwerber um die Hand der seligen Kai-
serin Maria Theresia längere Zeit hier wohnte/ und durch
Anschaffung allerley Kirchengeräthschaften von Silber ein großer
Gutthäter des hiesigen Gotteshauses wurde, auch durch Aufstellung
eines Vesperbildes der sieben Schmerzen Mariens, welches er
aus Granada mitgebracht hatte, den Hochaltar neuerdings zierte.
Als dieses alles in Brunn sich ereignete, versah Simon
Andreas Stirn er, aus Franken, die hiesige Seelsorge; denn
sein frommer Vorfahrer war bereits im Jahre 1706 im Herrn
entschlafen. Stirner machte sich auch durch die Erhaltung der
Kirchen - Protokolle bekannt, welche in neuerer Abschrift vom
Jahre 1718 beginnen. Denn alles Üebrige war seit dem Jahre
1621 entweder in der Pestzeit i633, oder während der Pest
1671), oder endlich bey der letzten türkischen Belagerung i683
verloren gegangen.
Unter dem Pfarrer Gottlieb Schiecht, der zugleich
Dechant war, mußte die Kirche, die laut Protokoll vormahls
gegen 5oo Pf. Weingärten besaß, viele derselben veräußern,
um nur die Schulden zu tilgen, die durch die rückständigen
Steuern entstanden waren. Sie besitzt daher nur mehr 72 Pf.
Weingärten, und gegen 26000 fl. onerirte Stiftungen, wobey
sie aber, wegen dem zur Hälfte herabgesunkenen Interesse, und
den ausgestandenen Mißjahren, jährlich gar vieles verliert, und
neuerdings in Schulden geräth.
Nur durch edle Wohlthäter konnte sie sich bey all' den
Unglücksstürmen der verflossenen Jahrhunderte erhalten. Dank-
bar nennen wir hier aus ihrer Mitte den Marktrichter Ober-
fellner und die Geschwornen Heben st reit, Lorenz
Kraubacher, und Peter Breu, welche 1622 jene große
silberne Monstranze gießen ließen, die den St. Stephansthurm
in Wien vorstellt, und ihrer Seltenheit wegen von der Einlie--
ferung befreyet war.
Dann folgt auch die Baronesse Elisabeth v. Waffen-
i63
betg, welche die drey Seitenaltäre in der Kirche errichten ließ;
Frau Elisabeth H 6ßinn, die im Jahre i^5o mit 6000 fl.
eine tägliche Messe stiftete, und Herr Friedrich Liberatus
Deodat, Hausbesitzer in Brunn, der im Jahre 1^55 ein
Capital von 7300 fl. legirte, damit von den abfallenden In-
teressen täglich eine gesungene Segenmesse gehalten würde.
Durch diese, und die anderen Wohlthäter konnte die Kirche
die großenAusgaben bestreiten, die derZeitdrang mit sich führ-
te; und auch der Pfarrer selbst erlebte um das Jahr 1773 die
«Freude, an dem Magistrate zu Medlrng einen Gutthä-
ter zu finden, durch welchen ihm neuerdings ein Theil des schon
lange verlornen Zehentes zurückgestellt wurde.
Noch mehr gewann aber späterhin im Jahre i8i5, durch
den mit der hiesigen Gemeinde glücklich beendigten Prozeß, der
gegenwärtige Herr Pfarrer JohannMichaelKorn. Schon
im Jahre 1800 wurde ihm durch den damahligen Besitzer der
Herrschaft Lichtenstein, und Patron der hiesigen Pfarre, Fürsten
P oniat0 w sky, der gegenwärtige Pfarrhof erbauet, und
statt dem baufälligen Benefieiaten-Hause zur Wohnung angewie-
sen, und, nachdem er bey der zweymahligen Invasion der Fran-
zosen manche Lebensgefahr, und einen Plünderungsschaden
von 7000 Gulden erlitten hatte, brachte er endlich durch seine
vielfältige Bemühung die Sache dahin, daß die Pfarre Brunn
nicht mehr bloß auf trockene Einkünfte, nicht auf blosse De-
putate, sondern auf einen mäßigen selbst zu erhebenden Kör-
nerzehent, auf eigenen Weinbau, und auf ein Deputat von
Weinmost gegründet ist.
Ueber diese Pfarre hatte von jeher, vermöge des Stiftbriefes,
und Vergleiches zwischen der Medlinger- und Brunner-Gemeinde
vom Jahre i558, der Magistrat v0 nMedling sein P a-
tronats-Recht durch alljährliche Aufnahme der Kirchenrech-
nungen, und Bestätigung der Pfarr-Installation, und die
Gemeinde v 0n Brunn, ihr Ernennungsrecht bewie-
sen, und'sich bey Wirthschaften und Baulichkeiten stets als
Administrator Ecclesiae gezeigt. Daher ist denn auch das
dermahlige Pfarr - Jnsiegel kein anderes, als das vor-
mahlige alte Gemeinde-Jnsiegel, welches sie einst als Ma^t-
i 64
Haber dem Pfarrer, überließ. Es führt das Bild der heiligen
Kunegunde mit der Umschrift: Sigillum ciyium in Brunn.
An. 1676.
Erst im Jahre »786, oder im folgenden, als der Pfarrhof
erbaut werden sollte, resignirten beyde Theile dem Kaiser
ihre Rechte, und dieser ertheilte dann im Jahre 1789 dem
Herrn Baron Joseph von Penkler, als Ortsherrschaft,
Und Inhaber der Herrschaft Burg - Medling, und Veste Lich-
tenstein, auf seine eigene Bitte, das gesammte Patronat über
die Pfarre, und Kirche zu Brunn am Gebirge; nachdem schon
i. I. 1784 die Filialkirche und Gemeinde Enzersdorf von
Brunn getrennt, und unter dem Patronate des Land es für-
sten, zur eigenen Pfarre, erhoben wurde. Gegenwärtig be-
findet sich Brunn unter dem Patronate des regierenden fürst-
lichen Hauses L i ch t e n st e i n.
Die Population dieser Pfarre hat aber seit dem Jahre
'2760 so zugenommen, daß die Zahl der Eingepsarrten sich
bereits weit über.»3oo Seelen Seelen beläuft, indem erst seit
weniger Zeit dreyzehn neue Häuser gebauet wurden, auch eine
Spinn- Fabrike, drey Ziegelöfen, nebst einem Bräuhause exi-
stiren, und auch die Miethe der Sommerwohnungen, und der
gute Milchverschleiß nach Wien, die Leute leben macht. Zur
Aushülfe in der Seelsorge waren daher schon im Jahre »772
einem jeweiligen Pfarrer zwey, jetzt aber nur ein Coopera-
t 0 r, beygegeben.
Zur Bildung dieser Volksmenge dienet vorzüglich die
Schule. Vormahls war das Schulhaus zu Brunn ein Kir-
chenhaus, und dem Kreuzaltar-Beneficiaten-Hause gerade ge-
gen über. Schon jener oben erwähnte lateinische Vertrag vom
Jahr i5o7 macht von einem Schulmeister Meldung. Im
Jahre 1662 geschieht aber des Christoph Jsperer, als
Schullehrers ausdrücklich Erwähnung; und in den Pfarr-Pro-
tokollenist angemerkt/daß im Jahre 1621 ein boshafter Schiff-
knecht den beliebten Schulmeister von Brunn, mit einem Ha-
ken über die neue Schlagbrücke zu Wien (damahls ohne Ge-
länder) herabriß, ausraubte und ertränkte. So viel aus den
ältesten Zeiten. In den neueren harte schon Maria Theresia
i65
das vormahlige Gestütthaus neben der Roßschwemme der Ge-
meinde zum Schulhause geschenkt. Weil aber dieses weit von
der Kirche weg war, so kam endlich die Schule im Jahre 1800,
als Fürst Poniatowsky das Haus der von den Türken gänzlich
ruinirten Kunigunden-Zeche (worin vor Alters die Kirchenpröbste
fremde Pilgrimme beherbergten)' zu einem neuen Pfarrhofe
erbauen ließ, in den alten Pfarrhof, der, wie schon oben er-
wähnet wurde, das alte Beneficiaten- Haus war. Abgeson-
dert davon, und links neben der Pfarrwohnung, steht das Meß-
nerhäuschen, neu erbauet, indem der Kirchendienst vom
Schuldienste völlig getrennet ist.
XV. Enzersdorf am Gebirge, auch Maria
Enzersdorf, und das Franciscaner-
kloster daselbstl).
^5« einer der lieblichsten Gegenden um Wien liegt daS Dorf
Enzersdorf, zum Unterschiede von seinen gleichnahmigen
Schwestern auch Enzersdorf am Gebirge oderMaria
Enzersdorf genannt * *). In seinem Hintergründe erheben
sich die hohen Brühlerberge mit dem Tempel des Ruhmes und
den übrigen Burgen; der Lichtenstein mit seinem alten Schlosse;
der Gießhübel mit dem walschen und dem Auerhofe, und am
Abhange der Gebirge hebt der alte Thurm von Perchtholdsdorf
sein ehrwürdiges Haupt empor. Kaum zwey Stunden ist eS
von der Residenz, eine halbe Viertelstunde von Brunn, eine
halbe Stunde von Medling entfernt. Es zählt 94 Häuser und
1) Aus dem eingesandten Pfarrberichte dieses Ortes, und aus den Acten des
erzbischöflichen Gonsistorial- Archives lit. E. N. 5. — Die Beschreibung
des Klosters der PP. Franciscaner nach des P. P l a c i d u s Herzog
Cosmographia Aust. Franciscana, P. Marian Fidler Geschichte
der österreichischen Clerifey.
*) Es gibt noch in diesem V. U. W. W. ein Enzerstorf an der Fischa,
und im V. U. M. B. sind noch vier andere, nähmlich das an der
Zaya — im Langenthale -t-, Stadt - Großenzerstorf, und Hqngenerijers-
dorf, nicht fern von der großen Brücke.
V
166
766 Einwohner, denen der vortreffliche Wein - auch einiger
Feldbau hinlängliche Nahrung gewähren. Der eine halbe
Stunde entfernte, und hierher eingepfarrte Lichtenstein ist von
34 Menschen bewohnt. Zn der untern Hauptgafle befinden
sich Kirche und Kloster-der ehrwürdigen Franciscaner, und Zie-
le geschmackvoll erbaute Häuser begüterter Wiener sind eine
wahre Zierde des Ortes. Das Dorf gehört unter die Gerichts-
barkeit der Veste Lichtenstein, und wurde deßwegen einst auch
Aigen Lichtenstein, das ist, Eigenthum der Veste Lich-
tenstein, genannt.
Wenn wir gleich von dem ersten Enstehen dieses Dorfes
keine Nachrichten geben können, so wissen wir doch, daß es
sehr alt ist; denn schon im Jahre 1216 kommt es in Molker-
Urkunden unter den Nahmen Engelschalesdorf oder E n-
gelschalsdorf vor *). Das so frühe Vorhandenseyn ei-
nes Dorfes in dieser Gegend ist auch nicht zu wundern, da
die Fruchtbarkeit der hiesigen Hügel und der frühe Weinbau,
sammt her in noch früheren Zeiten geschichtlichen Bedeutenheit
heS nahen Medling, eine leichte Veranlassung zum Anbaue ge-
ben musiten. Den Nahmen Engelschalesdorf hat eS nach Mol-
ker-Urkunden noch im Jahre 1348. Die Ursachen des verän-
derten Nahmens sind uns unbekannt. Im Jahre »3g3 heißt
es Veste Enzersdorf; denn in diesem Jahre verschreibt
Hanns v. Lichtenstein, der Hofmeister des Herzogs
Albrechts von Oesterreich, dem Rudolph v. Walsee nach
jo Jahren den ewigen Wiederkauf der V e st e E n z e r s d 0 r s
um 3279 Pf. Wiener Pfennige. — Eine andere Nachricht
von diesem Orre finden wir im Jahre 14%, wo bey der Thei-
lung der väterlichen Erbschaft, welche Reinprechts v. Walsee's
Söhne, Wolfgang und Reinprecht machten, nebst andern
Besitzungen auch ein Haus zu Enzersdorf auf den Theil Rein-
prechts v. Walsee fiel ^). Die ferneren Schicksale theilte En-
Bergt. Pbilib. Hueber Austria ex Archivis Melicensibus illustrata.
*) Siehe Hoheneck 3. Th. S. 82 ». 826. Conrad und Sibotho v. Arn-
stem besaßen Enzersdorf von dem Landesfürsten zu Lehen, und send-
eten selbes am 9. May 139* auf, worauf $ Albrecht'!. Otto'n v. Lich-
i67
zersdorf mit der Veste LrchtenstelN, und wir werden in dem
Verlaufe dieser Geschichte auf mehrere Besitzer dieser Veste,
wie unseres Dorfes, zu sprechen kommen. Noch um das Jahr
ib38 muß es ziemlich klein, und unansehnlich gewesen seyn, weil
die Gemeinde, welcher mit ihren benachbarten Ortschaften einige
kaiserliche Holzfuhren auferlegt wurden, in einem Gesuche dessel-
ben Jahres eine bittliche Gegenvorstellung macht, indem in ihr
ein einziger Nachbar einen Zug habe. (Hofkammer-Archiv.)
Schon in der Mitte des XV. Jahrhundertes hatte dieses
Dorf eine eigene Kirche, oder Capelle, welche zu Ehren des Vor-
läufers C h ri st i geweiht war. Sie stand dem so genannten
SchnepfHofe gegen über, der von seinem Eigenthümer
Schne.pf von Schnepfenau den Nahmen erhielt, von ihm
an die Benedictinerinnen auf dem Nonnberge zu Salzburg
kam, und jetzt ein Eigenthum des k. k. Ho frathes, und Nieder-
österreichischen Staatsgüter - Administrators , Ferdinand von
Moser, ist. Wann, und von wem diese Capelle gebaut wurde,
können wir nicht mit Gewißheit angeben; doch glauben wir,
daß ihr Alter schon über die Hälfte des XV. Jahrhunderts hin-
aufreicht; denn gerade in der Hälfte des XV. Jahrhundertes
wurde hier der erste Grund zu dem Franciscanerkloster^
un Jahre 1.454 geleget. Es ist nun nicht wahrscheinlich, daß
beyde Stiftungen in eine gleiche Zeit fallen sollten; daß mit-
hin diese Capelle schon vor dem Kloster bestanden, und eigene,
wenn gleich nicht gar bedeutende, Einkünfte gehabt habe. Was
nun diese Einkünfte betrifft, so erfahren wir aus einem
Berichte der Enzerstorfer-Gemeinde vom Jahre iSj'd, daß dieß
chr Beneficium aus 30 kleinen, und schlechten Weingarten be-
standen habe, und daß sie dessen Besitzrecht auf einen Beschluß
Kaiser Ferdinands I. gründen. (Hofkammer-Archiv.)
Allein auch diese Einkünfte muß das Beneficium schon vor
Entstehung des Klosters gehabt haben. Denn in dem Zeit-
tensrein - Murau verlieh. Das dazu gehörige Schloß erhielt nun den
Nahmen Beste L i ch st e n st e i n bey M e d l i n g ; weil das Stamm-
schloß in Sreyermar', durch Ottokar zerstöret, nicht wieder erbaue;
•> Durde. (Hist. Taschenb. ,^2.)
*68
raume von 1629 brs 1678 kann wohl eine fromme Stiftung
nicht erwartet werden; da bey der türkischen Invasion 1629
das Dorf sammt dem Kloster, und der Johanniskirche zerstört
wurden; die Einwohner also wohl mit sich selbst genug zu thun
hatten, um einiger Maßen wieder empor zu kommen; auch die
Ln diesen Zeitraum fallende Reformation, durch welche auch
die Franciscaner aus ihrem Besitze kamen, einer solchen Stif-
tung nur zu sehr hinderlich seyn mußte.
Doch wie dem immer sey, so sind uns die ersten Schicksale
der Johanniskirche, und des Beneficiums ganz unbekannt; nur
so viel wissen wir, daß sie in den ältesten Zeiten unter die Ju-
risdiction des Pfarrers zu Medling gehörte, wie aus einem
Grundbuchs - Auszuge im Hofkammer - Archive ersichtlich ist.
Wahrscheinlich gehörte sie dahin noch im Jahre *454; weil sich
in diesem Jahre der Pfarrer zu Medling der Errichtung des
Klosters widersetzte; indem er sich vielleicht in seinen Rechten
beeinträchtiget glaubte. Später kam die Krrche dann unter
die Pfarre zu Brunn, unter welcher sie so lange btteb, bis Ln
ihr ein eigener Pfarrer eingesetzet wurde. Ferner wissen wir,
daß sie im Jahre *629 bey der türkischen Invasion zerstört,
in der Folge wieder erbaut wurde, ohne daß wir darthun
können, durch wessen Hülfe dieses geschehen sey; daß sie
öfters einen eigenen Benefieiaten gehabt haben mag, oft
aber auch eines solchen wegen der schmalen Einkünfte entbehrt
habe. So lesen wir in einem Berichte an die Kammer vom
Jahre *578, daß der Beneficiat von der Pancrazen-Capelle zu
Lichtenstein (der wöchentlich dort Messe hielt, in Enzersdorf
aber seine Wohnung hatte) sich auch bey dieser Gemeinde im
Seelsorgerdienste gebrauchen üeß, ob sie gleich eigentlich durch
den Pfarrer von Brunn gegen jährlichen Entgeld von 82 fl. be-
dienet wurde; indem sie einen eigenen Priester zu halten nicht
im Stande sey. Daher bittet die Gemeinde, daß das St.Pan-
crazen - Beneficium zu Lichtenstein (welches der Besitzer des
Schlosses, Adam P ö g e l, ganz irrig, und unrechtmäßig mit den
Einkünften des Gutes vermische und benütze) mit dem kleinen
Beneficium des Enzerstorfer-Kirchleins vereinigt werde; wo-
durch es, nebst den besondern Beyträgen der Gemeinde, allein
169
möglich würde/ für sie einen eigenen Pfarrer zu erhalten. Zu
dieser Vereinigung riech auch die Kammer gutachtlich ein, vor-
züglich wegen des Kinderuttterrichtes, wegen der alten Leute,
und des schlechten Weges, zur Winters- und Regenszeit, der nach
Brunn führt. Pögel sollte nun wirklich, einer Urkunde vom
Jahre 1676 zu Folge, vermöge kaiserlichen Befehles, das Pan-
crazen-Beneficium abtreten. Allein es blieb beym bloßen Sol-
len; darum verlangte die Enzerstorfer Gemeinde in besagter
Urkunde diese Abtretung von den Pöglischen Erben. (K. K. Hof-
kammer-Archiv.) Doch diese Vereinigung kam niemahls zu
Stande. — Von den an diesem Beneficium zu Enzerstorf an-
gestellten Benefieiaten kennen wir einen einzigen, Nahmens
H a n n s H e l f e r. (K. K. Hofkammer - Archiv.)
Daß der Benestciat von St. Pancraz ein Häuschen in
Enzerstorf hatte, haben wir schon oben gesagt; ob der des
Johannis-Kirchleins ein von diesem abgesondertes, oder mit
ihm das nähmliche bewohnet habe, können wir nicht angeben.
Aus dem Hofkammer-Archive wissen wir aber, daß zur Er-
bauung des Benefieiaten-Häuschens in Enzerstorf eine Summe
von 160 fl. bewilliget wurde, daß aber dieser Bau im Jahre
1604 noch nicht zu Stande gekommen war.
Das ist nun alles, was wir bis zu diesem Jahre in zer-
streuten Urkunden über das Beneficium, und die Kirche des hei-
Johannes auffinden konnten. Ein helleres Licht leuchtet uns
aber, wenn wir auf das Kloster übergehen, welches der fromme
Sinn der Besitzer Lichtensteins den Söhnen des heiligen Fran-
ciscus gründete, und das, ungeachtet vieler Stürme, sich bis
auf unsere Zeit erhalten hat.
Um die Mitte des XV. Jahrhundertes trat der heilige
Johann v. Capistran, als Reformator des Franciscaner-
Ordens auf, ging auf Befehl Papst NicolausV., und auf
Ersuchen Kaiser Friedrichs IV. nach Oesterreich, und predigte
unter einem unermeßlichen Zulaufe des Volkes zu Wien, und
an anderen Orten. Mehrere Jünglinge von seinen Zuhörern
nahm er in jenen Orden auf, und so gelang es ihm mehrere
Klöster, zu Wien (bey St. Theobald auf der Laimgrube), zu
%'qo
Klosterneuburg und Eggenbur.g, zu gründen; auch nach sei-
ner Abreise breitete sich seine Ordens-Familie im Lande
Oesterreich allenthalben aus.
Wahrend sich der heilige Johann v. Capistran zu Breß-
lau in Schlesien mit der Gründung eines Klosters beschäftigte,
und von dort nach Krakau reifete, schenkte Graf Ulrich v.
C i l l y den reformirten Franciscanern unterhalb seinem
Schlosse Lichtenstein in Aigen-Enzersdorf einen Grund, und ei-
rüge Gebäude, auf, und aus welchen sie eine Kirche und ein
Kloster ihres Ordens errichten sollten, und zog einige Brüder
dorthin, um sein heiliges Vorhaben im Jahre 1454 auszufüh-
ren. Kaum hatte der Pfarrer von Medling dieses vernommen,
so suchte er diesen Plan zu vereiteln; und wirklich legten sich
den Brüdern solche Hindernisse in den Weg, daß sie von ih-
rem heiligen Sttfter die Erlaubniß erhielten, schon im ersten
Jahre nach ihrer Ankunft den Ort wieder zu verlassen. Der
Graf Cilly aber ruhte nicht, wendete sich in einem Briefe
unter Dato fer. 2. post. Dom. in Ramis 146Z an den hei-
ligen Capistran, bath, er möchte seinen Geistlichen befehlen,
daselbst zu verbleiben, weil er die Hindernisse zu beseitigen
wissen werde, welche der Gründung des Klosters entgegen ste-
hen. Der heilige Johann willigte ein, und der Graf bewirkte
noch im nähmlichen Jahre die landesfürsttiche Beystimmung,
und Bestätigung des zu errichtenden Klosters von Ladislaus,
dem Erzherzoge, und Könige von Ungarn.
Cilly sollte nicht mehr die Früchte seiner Gründung schauen;
denn schon im Jahre *467 wurde er ermordet (siehe die Ge-
schichte der Veste Lichtenstein), und Lichtenstein kam an den
Ritter JohannHolobarzi, und dessen Gattinn Marga-
retha. Mit der Veste ging auch der fromme Sinn des vorigen
Besitzers auf sie über. Bald sahen sie ein, daß der Platz, auf
welchem das Kloster, und die Kirche erbaut werden sollte, zu
klein sey, auch ohne Streit eine Ausdehnung nicht leicht zulasse,
und suchten daher einen viel geräumigeren Platz, wie sich
die darüber gefertigte Urkunde vom Jahre 1461 ausdrückt.
Einen solchen Platz fanden sie auch in der Besitzung eines
Mannes, Nahmens Stephan Plutzbaier; er wurde ge-
sauft/ und der Kauf von Kaiser Friedrich im Jahre »465
bestätiget.
Der Bau sollte gerade beginnen, als auch Holobarzi starb,
und seine Witwe kaufte den Brüdern, am Mittwoch vor (üpt;.
Görgen Tag 1466, noch dazu eine nahe gelegene Brandstätte,
damit sie Chor, Freydhof und Garten vergrößern konnten.
Lilly, und Holobarzi hatten den Franciscanern hier, unge-
achtet der bedeutenden Schwierigkeiten, ein Kloster zuwege ge-
bracht; jetzt schloßen sich viele Gutthäter an dieselben. Ag n eS
Klang.grabe rin schenkte ihnen im Jahre 1416, am Sam-
stage vor Katharina, einen Grund. Und kaum war das Kloster
und die Kirche im Jahre »472 vollendet worden, so vermachte
JacobHentlinger, Beneficiat zu Medling, in seinem vom
21. Januar 1480 datirten Testamente, den Brüdern sein Haus,
seine Weingärten, einen Krautgarten, sammt einem Kelche und.
andern Paramenten. Das, was in der Kirche nicht zu brauchen
war, oder vermöge der Statuten des Ordens nicht übernom-
men werden konnte, sollte verkauft, und zum Besten des Klo-
sters verwendet werden. Dafür forderte er in der Kirche für
sich eine Grabstätte, und die Erhaltung eines ewigen Lichtes»
Eben so schenkte Caspar Königsselder v. Wasen mit
seiner Gattin dem Convente ein Haus mit einem Grunde zus
Vergrößerung des Klosters.
Der oben erwähnte Beneficiat, Jacob Hentlinger, weihte
die fertig gewordene Klosterkirche zur Ehre der heit. Büßerinn
Magdalena ein.
Aber nicht gar lange dauerten diese freudigen Aussichten ^
denn das Schreckensjahr 1629 verwüstete Dorf, Kloster und
beyde Kirchen. Die herumstreifenden Türken kamen nähmlich
am 24. September auch nach Enzersdorf, plünderten das Dorf,
verjagten die Einwohner, erschlugen die Zurückgebliebenen, oder
führten sie in die Gefangenschaft hinweg, welcher Unfall auch
den Sohn des Lehensinhabers von Lichtenstein und Enzerstorf,
Christoph y. Freysleben, traf *). Die Johanniökirche
>) Siche die Geschichte der Veste Medling und Lichtenstein.
i 72
wurde, wie wir schon oben sagten, ein Raub der Flammen,
eben so das Kloster, und seine Kirche, mit Ausnahme des Cho-
res, welchen die Wuth der Flammen verschonte, und die bey-
den hier zurückgebliebenen Priester des Ordens, Wolf gang
v. S t e L n k i r ch e n und G e r m a n v. K r e u z e n a ch, wur-
den an den Stufen des Hochaltars ermordet.
Der Friede kehrte wohl für das Land bald wieder zurück;
die geflüchteten Bewohner kamen zu ihren Brandstätten, um
sie wieder zu bauen; auch die Franciscaner kamen; für sie
aber war kein Friede. Denn nicht allein der Armuthsstand der
Bewohner war der Erhebung ihres Klosters entgegen, sondern
noch viel mehr die in diesen Gegenden immer mehr überhand
nehmende Reformation Luthers. Weil die Brüder nun ihren
Unterhalt nicht mehr fanden, so wurde im Provinzial - Capitel,
welches zu Pupping im Lande ob der Enns, den 9. Februar
i933 gehalten wurde, beschlossen, daß die Geistlichen das Klo-
ster zu Enzerstorf verlassen sollten. Der Beschluß wurde von
dem Generalen des Ordens, P. Vinc. Lunelli, gutgeheißen,
und von dem Vorsteher der österreichischen Provinz bekannt
gemacht, daß nähmlich das Kloster zu Enzerstorf wie das
zu Stein an der Gränze von Krain, und das zu Felds-
berg, von den Geistlichen verlassen werden könne, wegen Man-
gel an Priestern; weil Niemand in den Orden aufgenommen
zu werden begehre, so viele täglich sterben; über dieß, weil die
Geistlichen das Nöthige nicht bekommen, und wegen der schwe-
ren Verfolgung der Protestanten. (Propter gravem Haereti-
corum tarn Lutheranerinn, quam Hussitarum persecu-
tionem.) So gingen dann die Geistlichen auseinander, und
das war das Ende des ersten Klosters, nachdem es 79 Jahre
bestanden hatte.
Das verwaisete Kloster blieb nun durch einige Jahre ganz
leer stehen, bis es Kaiser Ferdinand I. dem Don Diego v.
Sarava, seinem Edelknaben-Hofmeister, verlieh, der es von
1642 bis 1646 bewohnte. Der gute Sinn dieses Mannes
muß dem Provinzial-Capital zu Pupping recht gut bekannt ge-
wesen seyn, weil es bey der Aufhebung des Klosters ihn nannte,
und ihm das Gebäude gegeben wissen wollte. »Locus in En-
zerstorf relinguatur, ac cletur D. Magistro Curiae nobi-
lium puerorum, Diego de Saraya, Hispano, qui se sa-
tisfacturum promisit Regiae Majestati, et totiprovinciae,
quoad omnem quietationem, et eonsolationem fratruin,
atque proyinciae.« Wirklich trug auch Sarava derr Fran-
ciscanern die Rückkehr in ihr Kloster an; sie konnten sie aber
nicht annehmen, weil sie keinen Lebensunterhalt in demselben
zu hoffen hatten. Darum gab der edle Mann nun die Ein-
künfte des Klosters zum Kaiserspitale in Wien, setzte aber zu-
gleich einen Bewohner, Math aus Gurr, in das Gebäude,
der es vor dem gänzlichen Verfalle schützen sollte.
Wann, und durch wessen Zuthun die Johanniskirche, als
Kirche des Ortes, wieder erbauet wurde, können wir, wie wir
schon bemerkten, nicht angeben. Viel konnten die armen Be-
wohner nicht darauf verwenden, daher sie auch P. Plac. Her-
zog (in der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts) angustam
et fuliginosam nennet.
Wir kehren zu unserm verlassenen Kloster zurück. Gurr
starb bald; seine Witwe heirathete einen gewissen MarcuS
Prunner, der, wie sein Vorgänger, der lutherischen Lehre
zugethan war. Dieser erschlich durch manche uns unbekannte
Wege von Kaiser Maximilian H. den 4* Januar r56q
den Besitz des verödeten Klosters, gegen die Verbindlichkeit,
jährlich nur 3o Eimer Wein in das Kaiserspital in Wien abzu-
geben. Von Marcus Prunner erbte das Kloster der kaiserliche
Kellermeister Wolfgang Krebser. In diese Zeit fällt das
Gesuch der Gemeinde Enzersdorf an die Kammer, wegen Ver-
einigung des Enzerstorfer- mit dem Pancrazen-Benesicium,
von dem wir oben sprachen. In dem nähmlichen Gesuche wird
nun auch des verlassenen Franciscanerklosters erwähnt, »welches
jetzt in den Händen W o l f e n K r e b s e n s sey, der im Hueb-
haus Sr. Majestät Kellner ist, welches Kloster von denen
Enzerstorfern gern zu einem Spital verwendet werden möchte;
wenn sie es erhalten könnten.« »757. Allein dieses Gesuch
fand keine Gewährung; denn wir finden, daß das Haus von
Wolfgang auf seine Brüder Lorenz, und Andreas Kreb-
ses kam, und daß dieser röqo es an L 0 r e nz S ch e n k e r l
verkaufte. Nun schien wohl jede Hoffnung verloren/ daß fcte
Franciscaner ihr Kloster je wieder bekommen sollten; denn den-
noch vorhandene Kaufbrief ist so sicher abgefaßt/ daß er dem
betreffenden Inhaber einen unwiderruflichen Besitz zu verspre-
chen schien. Es ist von dem Kloster, als »einem frey eigenthüm-
lichen Gütl« von einem »unwiderruflichen Kaufe« die Rede;
alles aber auf den Consens des Kaisers Maximilian II. gebaut,
und zurückgeführt. Mit solcher Sicherheit wurde das Klöster
*617 dem Christoph Schenkerl abermahl übergeben, und
röZo anSebast ianSchrättl v. Schrattenstein verkauft.
Ganz anders aber wendeten sich die Sachen, als Kaiser
Ferdinand II. zur Regierung kam, und es ihm gelungen
war, der Reformation in Oesterreich Einhalt zu thun. Der
Muth der Katholiken stieg; ihr Eifer nahm zu; und sie dran-
gen darauf, daß die vom Kaiser gegebene Erklärung, die den
Geistlichen entzogenen Kirchen, und Güter wieder zurückzustel-
len, auch in Ausübung gebracht werden sollte.
Der religiöse Geist durchdrang auch die Bewohner von
Enzerstorf; über 90 Jahre waren die Franciscaner schon ihres
Besitzes beraubt; noch mochte der Segen durch mündliche Ue-
berlieferung sich erhalten haben , den sie hier einst verbreiteten;
darum drangen auch die Enzerstorfer, unterstützt von den Be-
wohnern der umliegenden Gegend, in die Franciscaner, sie
möchten um die Zurückgabe ihres Klosters wieder ansuchen,
sie sollten sich übrigens um ihren Unterhalt gar nicht beküm-
mern, diesen zu reichen würde die Sache der Einwohner seyn.
Der Bischof von Wien, Anton Wolfrath, versprach den
Franciscünern seine Mitwirkung, und so stellten sie ihre Bitte
tut Kaiser Ferdinand !I. um die Zurückgabe des Klosters. Zwey
Jahre supplicirten sie; denn es wurde viel auf beyden Seiten
gesprochen; als endlich der Ausspruch den 3. Aprill i632 er-
folgte, daß nähmlich »die noch vorhandene Kirche, wie sich die-
selbe befindet, ohne allen Abtrag ; das Kloster, und Garten aber )
gegen Erstattung des darin gewendeten Bau - Unrostens abzu- 1
tretten schuldig. Wöllen auch sie Beklagte des Kauf-Schil-
lings halber ihr Schirm-Spruch nicht verlassen; stehen ihnen
dieselben, wie sich zu Recht gebühret, bey ihnen zu suchen, bevor.«
i-yS
Es wurde nun alsogleich zum Vergleiche geschritten, und
die Sache dahin verabredet/ daß sich Herr v. Schrattenstein
statt der geforderten 6600 fl. mit »355 fl. begnügen wolle,
welche Summe die Franciscaner durch Sammlung bey wohl-
thätigen Menschen zusammen gebracht hatten»
Im August des besagten Jahres wurde das Kloster durch
kaiserliche Commiffäre den Franciseanern übergeben, und so
waren sie nun zum zweyten Mahle in ihren Besitz eingeführet.
Noch nennet die Hausgeschichte dankbar den P. B ernardin
Schaffer,, einen herrlichen Redner, und Provinz-Definitor,
welcher zur Wiedererlangung des Klosters von Seiten des Or-
dens das Meiste beytrug. Die neu angekommenen Ordensmän-
ner wurden von. den Einwohnern tznzerstorfs, und der umlie-
genden Orte Perchtholdsdorf, Brunn und Medling reichlich mit
Speise und Trank versehen, und schnell wurden alle Anstalten
gemacht, um Kirche und Kloster wieder in guten Stand zu se-
tzen. Schon am 5. December wurde die entweihte Kirche, mit
Erlaubniß des Ordinarius, durch den Wiener Guardian Leo-
pold Schmaus eingesegnet. Mit Freude wohnte der Besitzer
der Herrschaft, Freyherr v. K he v e.tth ü ller, dieser An-
dacht bey. Im folgenden Jahre »633 schritt man im Februar
zur Ausbesserung der Klostergebäude, welche unter den weltli-
chen Besitzern so manche Veränderung erlitten hatten, die zum
klösterlichen Gebrauche nicht paffend waren» Nach einigen Jah-
ren war der Bau und die Verbesserung der Kirche und des Klo-
sters vollendet; daher weihte der Bischof von Wien/ Fried-
rich Graf Breuner, beyde am achtzehnten Sonntage nach
Pfingsten, den 22. September »641 ein, und bestimmte das jähr^
liche Kirchweihfest auf den Sonntag nach Matthäus. Damahls
hatte die Kirche drey Altäre: den Hochaltar, zur Ehre der heil.
Büßerin Magdalena; einen zur Ehre der seligsten Jungfrau;
den dritten zur Ehre des heil. Franciscus Seraphicus»
An die Stelle des Frauenaltars ließ im Jahre »653 Georg
Augustin Freyherr v. Khevenhüller eine Capelle zur Ehre
der seligsten Jungfrau erbauen, und mit einer Familiengruft
versehen, in welche er schon das folgende Jahr darauf beygesetzt
wurde. Als 1656 die Veste Lichtenstein an den Freyherrn v»
17fr
Waffenberg fallt/ übernahm auch diese Familie den Schutz
und die Erhaltung dieser Capelle. Heute wird sie gewöhnlich
die Josephi-Capelle genannt, weil sie auf dem Altare den ster-
benden Joseph gemahlt hat.
Fürchterlich wüthete die Pest im Jahre 1679 in Oesterreich;
auch über die Bewohner von Brunn und Enzerstorf schwang sie
» ihre schreckliche Geißel. Die Franciscaner bothen freudig ihre
Hülfe für das Wohl der Seelen ihrer Wohlthäter an. Von
den Obern wurden zwey zur Seelenhülfe bestimmt. Beyde wur-
den nach einem Monathe eine Beute des Todes. Die Geschichte
nennt dankbar ihre Nahmen:AntonNeumay er, und I U
dephons Zwick. Sie liegen auf dem Freydhofe zu Brunn
begraben.
Nur vier Jahre verflossen, und die Türken verheerten 1683
abermahls die Umgegend von Wien. Das Kloster wurde abge-
brannt, und der zurückgebliebeneLayenbruder, und Koch, Gut
bert Lenz, von den Feinden, nachdem sie ihm viele Wunden
beygebracht hatten, enthauptet, und in die Mitte des Kloster-
ganges geworfen. Dort wurde er auch, als die Geistlichen nach
dem Entsätze Wiens wieder zurückkehrten, noch gefunden, und
begraben.
Jeder freuet sich gewiß mit uns, von jetzt an glücklichere
Zeiten für Kirche und Kloster anbrechen zu sehen, nachdem es
durch so viele Stürme gegangen war.
Die erste Sorge der Geistlichen nach ihrer Zurückkunft war
die Wiederherstellung des Klosters und der Kirche, und sie wa-
ren auch so glücklich, viele und große Gutthäter zu finden, so
daß beyde in einen bessern Stand, als vorher gesetzt werden konn^
ren. — Zur Errichtung eines neuen Hochaltars, da der alte
bis auf den Grund abgebrannt war, vermachte Herr Philipp
v. S ch n e p f e n a u in seinem Testamente 600 fl. Zu dem Altare
derFrauen-Capelle, und de»y Altare des heil.Franciscus, wurde
noch auf der Epistelseite ein neuer Altar des heit. Anton von
Padua errichtet; das Geld dazu aber theils durch Almosen, theils
durch die Handarbeit der Klosterbrüder herbeygeschafft Der Abt
von heil. Kreuz, Gerard, ließ 1724. die Kanzel seiner Stifts-
kirche hierher übertragen. Als dieses alles vollendet war, weihte
»77
Nicolaus Stanislavich aus dem Franciscanev-Orden,
der von Benedict XH1. zum Bischöfe von Nikopolis ernannt
worden war, mit Genehmigung des Ordinarius am 11. Julius
172b die Kirche sammt den drey Altaren ein. Die Frauen-Capelle
muß bey der feindlichen Invasion weniger gelitten haben, weil
sie nicht wieder consecrirt wurde. — Noch im nähmlichen Jahre
erhielt die Kirche den Leib des heil. Märtyrers Felix.
Auch des Klosters wurde nicht vergessen. Ein im Jahre
1726 zu Lanzendorf gehaltenes Capitel beschloß/ daß der ehemahls
fäcularisirte, auf die Gasse gehende Theil des Klosters bis auf
die Fundamente abgebrochen, und ein neuer Tract erbaut wer-
d n sollte. Das Gebäude erhielt null sein heutiges recht artiges
Ansehen; die Fenster wurden mit eisernen Gittern versehen/
und die einzelnen Zellen in zweckmäßiger Geräumigkeit erbaut.
Die vorzüglichsten Wohlthäter hierzu waren: Carl Joseph,
Freyherr v. Waffenberg, Herr der Veste Lichtenstein;
Ferdinand, Freyherr y. N e u d e g g; Johann Baptist
Gradl v. Ehren that und der Kloster-Syndicus Jac o b
Rausch, sammt Bindern.
Noch schien aber den guten Ordensmännern ihre Kirche
nicht würdig genug hergestellt zu seyn. Denn obschon sie erst
im Jahre 1726 in ordentlichen Stand gesetzt, und consecrirt
worden war, so verwendete man doch schon im Jahre 1727
bedeutende Kosten auf ihre Erweiterung. Der Hochaltar wurde
an die Wand gesetzt, und so das Presbyterium bedeutend ver-
größert, in welches nun die Frau Gräfin Maria Francis ca
v. F ü r st e n b e r g, geborne Fürstin v. S ch w a r z e n b e r g, ei-
nen neuen Seitenaltar auf der Epistelseite, zur Ehre des heit.
Johann von Nepomuk, errichten ließ. Und so stehen wir nun bey
dem Jahre 172c), in welchem unsere Kirche den höchsten Glanz
durch die hierher übertragene Statue d e r se l i g st e n Jung-
frau, und auch einen ganz neuen Hochaltar erhielt.
Als rm Jahre 1723 die Bruderschaft der unbefleckten Em-
pfängniß von den Franciscanern zu Wien ihre Prozession nach
Maria Zell in Steyermark unternahm, gesellte sich unter die
Wallfahrer auch ein Adeliger von Wien, der durch die An-
M
i'jQ
dacht/ tmb die Erlangung seiner Bitte daselbst das heißeste Ver-
langen empfand / auch nach der Abreise ein stetes Andenken an
das Bildniß zu Maria Zell bey sich zn besitzen. Nach längerem
Suchen fand er eine demselben sehr ähnliche Statue / welche er
an das dortige Bild anrühren ließ, und mit sich nach Hause
nahm. Die Reise wurde durch häufige Regengüsse gefährlich,
und er gelobte für die glücklich erlangte Heimkehr seinem Bilde
alle Ehre zu erweisen. Wohlbehalten kam er nach Wien/ und er
erhielt von dem Ordinariate die Erlaubniß, in seinem Hause eine
Capelle errichten zu dürfen, in welcher für seine betagte kranke
Mutter an Sonn- und Feyertagen Messe gelesen würde. Auf
dem in derselben errichteten Altare stellte er die mitgebrachte
Statue, köstlich bekleidet, auf, und mehrere Menschen wurden
besondere Verehrer der heil. Gottesmutter bey diesem Bilde.
Der im Jahre 1726 errichtete und später an die Wand ge-
rückte Hochaltar zu Enzerstorf muß von nicht großer Bedeuten-
heit gewesen seyn, weil man schon im Jahre 1729 daran dach-
te, einen ganz' neuen schönen Altar zu errichten. P. Placi-
dus Herzog, der berühmte Geschichtsschreiber der Francis-
caner-Provinz in Oesterreich, der in unserm Kloster im Jahre
1728, und dann 1782 — 1786 Guardian war, ließ sich dieses
Geschäft am meisten angelegen seyn. Da nun im Jahre 172g
der vorige Hochaltar gerade abgetragen war, und die Wiener
wieder nach Maria Zell wallfahreten, ersuchte P. Placidus den
Besitzer der oben genannten Marien-Statue, dieselbe ihm auf
9 Tage zu überlassen, um den frommen Reisenden, die in der
Enzerstorfer Kirche immer Station hielten, an der Stelle des
abgetragenen Hochaltars einen Gegenstand der Verehrung hin-
zustellen. Mit Rührung und Andacht verweilten die Wallfahrer
bey diesem Bilde, das die lebendigsten Erinnerungen an das
Original, zu dem sie gingen, oder von dem sie kamen, in ihnen
veranlaßte, und man bath das folgende Jahr dringend die Auf-
stellung zu wiederhohlen. Und jetzt nahm die Verehrung des
Bildes so sehr zu, daß man in seinen Besitzer drang, er möchte
es doch auf immer der öffentlichen Verehrung schenken. Nicht
gerne bewilligte er diese Bitte, da er sich von seiner so genann-
ten Hausmutter nicht trennen wollte. Endlich willigte er ein,
*79
und das Bild wurde den 8.December »780 auf einem von sei-
nem Besitzer angeschafften Throne zur öffentlichen Verehrung
ausgesetzt, und seit dieser Zeit von häufigen/ besonders kranken,
Verehrern Mariens besucht/und ihm deßwegen auch der Nahme,
Maria Heil der Kranken, beygelegt.
Unterdessen wurde auch der neue Hochaltar unter Anleitung
des P. Plac. Herzog in einer gefälligen Form mit Säulen, und
Statuen versehen, und einem Bilde der heit. Magdalena, vom
Pinsel des Franz Witte rs v. Rottiers, geziert, im Jahre
1781 fertig, auch im Jahre 1780 unter dem Provinciale Eme-
rik Metschacher der Kreuzweg errichtet. Darauf consecrirte Car-
dinal und Erzbischof, Sigmund Graf v. Kollonitz den
3i. May 1734 den Altar. Der ehedem auf dem Hochaltare auf-
gestellte Leib des heil. Felix wurde in der Frauen-Capelle an
einer Seitenwand aufgestellt, wozu späterhin auf der andern
Seite noch der Leib der heit. Restituta kam. Beyde heilige
Leiber sind sogenannte Corpora baptizata 5 wie sie von Zeit
zu Zeit in den Katakomben aufgefunden, und in die christliche
Welt verschenket werden.
Da manche Menschen von denselben nicht ganz richtige
Vorstellungen haben dürften, so möchte es vielleicht manchem
unserer verehrten Leser nicht unangenehm seyn, von einem Au-
genzeugen, dem seligen Hof-Capellane Vincenz Darnaut, der
das Glück hatte, Se. Majestät im Jahre 1819 nach Rom zu
begleiten, zu erfahren, was es mit den, aus den Katakomben
gezogenen Reliquien, für eine Beschaffenheit habe.
»Die römischen Katakomben,« schreibt er, »sind ungeheure
Labyrinthe unterirdischer Gänge, welche Stunden lang in die
Breite und Länge sich hinziehen. Man trifft sie in, und außer
Rom, vorzüglich an der berühmten Straße, via^.ppia genannt.
Sie dienten den ersten Gläubigen, um in dieser schauerlichen
Verborgenheit den ersten Anfällen einer Verfolgung zu entge-
hen, und durch die gemeinschaftliche Feyer der heiligen Geheim-
nisse sich zum nahen Tode zu bereiten. Darum kömmt man in
diesen Todtenga'ngen, die oft in mehrere Stockwerke abgetheilt
sind, nicht selten auf geräumige Platze, wo mehrere Christen
Station halten, oder eine gottesdienstliche Versammlung seyern
M 2
konnten z denn viele derselben tragen noch das Gepräge, oder die
Zeichen heiliger Versammlungsörter. Dahin nun, oder in die
Nähe derselben, begrub man diejenigen, welche, als Blutzeugen
der Lehre des Gekreuzigten, der christlichen Nachwelt im Glau-
ben vorangegangen sind, und uns das seltene Beyspiel der stand-
haftesten Beharrlichkeit gegeben haben. Ihre Gräber wurden
gewöhnlich durch irgend ein Zeichen ihres Marterthums von den
Gräbern ihrer übrigen in Christo entschlafenen Brüder unter-
schieden, die gleichfalls in dieser unterirdischen Stadt, möchten
wir sagen, ihre Ruhestätte fanden. Solche Leiber der heil. Mär-
tyrer aber pflegt man mit religiöser Feyerlichkeit zu erheben,
und wir hatten die heil. Freude, gerade während unserer An-
wesenheit in Rom an einer solchen Theil zu nehmen; indem
auf die Anzeige der heiligen Congregation in dem Cömeterium
S.Priscillae (so hieß diese Katakombe) die Grabstätte eines heil.
Märtyrers geöffnet werden sollte. Unsere kleine Gesellschaft, von
etwa zehn Personen, fand sich demnach auf die gütige Einladung
des von der heil. Congregation abgeordneten Priesters am Ein-
gänge des Cömeteriums ein. Mit freudig wehmüthiger Stim-
mung stiegen wir, jeder sein Licht, wie ein Bergknappe, in
der Hand, mit heiligem Stillschweigen die tönenden Stufen
hinab. Als wir zur erster» größer» Halle kamen, machten wir
Halt. Hier wurden wechselweise die Psalmen de communi
plurimorum Martyrum laut abgebethet, und als wir damit
geendet hatten, begaben wir uns paarweise — denn breiter sind
die meisten Gänge nicht — weiter hinab ins zweyte, und dann
ins dritte Stockwerk, wo die Atmosphäre, bey aller Feuchtigkeit
des Lehmbodens, anfing merklich wärmer zu werden. In einer
runden Seitenhalle, in die wir uns gelegentlich begeben haben,
und die wohl zwanzig Menschen fassen konnte, sahen wir noch
gemahlte Anzeigen von Engeln; die Figuren der heil. Apostel
Petrus und Paulus, und besonders Täubchen, ein gewöhnli-
ches Christen-Symbol. Zn der Nische war noch das Gemäuer
des Altars zu sehen, wo ein Priester, oder vielleicht einer der
heil. Päpste, das Meßopfer entrichtete. Doch dieses bey Seite
gesetzt. Wir kamen in einem der Seitengänge zur Grabstätte
des Märtyrers, den eigentlichen Gegenstand unseres Verlan-
gens, Das erstem was uns hier gleich in bie Augen fiel, war
die in einer kleinen Vertiefung hart an der Grabesstatte ange-
mauerte Blutschale 8anAuini5). Sie war beynahe voll
Sanderde, von dem Blute des heil. Märtyrers befeuchtet. Der
Rand des Glases war so hochroth, daß unser Licht nur dunkel
durchschimmerte. Wir drückten das heil. Gefäß an unsere Lip-
pen; es war der einzige Zoll der Dankbarkeit, den wir damahls
diesem seligen Vollender leisten konnten. Nun wurde das Grab
eingeschlagen. Aller Augen waren auf den Leichnam, die Her-
zen zu Gott, gerichtet. Es war ein Skelett, Glied für Glied in
natürlicher Ordnung gefunden, als wäre es gestern ins Grab
geleget worden. Dabey vermißten wer das Haupt des Heiligen,
ein offenbares Wahrzeichen, daß er enthauptet worden. Man
ließ uns noch einige Zeit, um an dem Grabe des Blutzeugen
zu bethen, und wir stimmten gemeinschaftlich das Te Deum
an. Die aufgesammelten Ueberreste wurden in einem Kästchen
versiegelt, der heil. Congregation übergeben, welche für den heil.
Märtyrer einen Nahmen wählet.«
»Diese sind, und heißen eorxorabaptizata, welche aus den
Katakomben von Zeit zu Zeit aufgefunden, erhoben, und an
die christlichen Fürsten, Kirchen und Klöster verschenket werden.«
So haben wir denn gesehen, wie diese Kirche nach und
nach ihre Gestalt erhielt.
Feyerlichst wurde im Jahre »779 die fünfzigjährige Feyer
der aufgestellten Statue der seligsten Jungfrau begangen. Herr
Baron v. Penkler ließ bey dieser Gelegenheit einen neuen
geschmackvollen Tabernakel und Thron der Marien-Statue ver-
fertigen, der bis heut zu Tage noch steht; der Johannisaltar
auf der Epistelseite des Presbyteriums wurde aber, wahrschein-
lich zur Gewinnung des Raumes wegen der immer sich mehren-
den Wallfahrer, abgetragen.
Es sind also jetzt in der Kirche vier Altäre; der Hochaltar
der heil. Magdalena; der Antoni-Altar auf der Epistel-, der
Francisci-Altar und die Capelle auf der Evangelienseite. Die Sa-
rristey ist sehr geräumig. Auch das Kloster ist seiner äußern, und
innern Form nach das nähmliche, wie es 1726 gebauet wurde.
Der Garten ist bedeutend groß, und durch ein Bächlein, das
i8s
ihn mitten durchfließt/ bewässert. In demselben befand sich noch
vor nicht langer Zeit ein gegenwärtig verdorrter Balsambaum,
der aus dem heil. Lande hierher versetzt wurde/ und viele Jahre
hindurch einen herrlichen Wundbalsam lieferte.
Nun kommen wir zur neuesten Epoche dieser Kirche/ welche
für die Bewohner Enzerstorfs ewig denkwürdig seyn wird; nähm-
lich diejenige/ in welcher sie zu einer Pfarrkirche erhoben wurde.
Schon im Jahre »788 wendeten sich die Einwohner unsers
Dorfes an Se. Majestät Joseph II. mit der Bitte/ ihnen
einen eigenen Pfarrer zu bewilligen. Dieses Gesuch 'wurde we-
gen der Nahe der alten Mutterpfarre Brunn/ laut Consistorial-
Jntimation vom 26. Octcber 1788/ abgeschlagen. Aber die Ge-
meinde ruhte nicht. Damahls lebte in Enzerstorf ein Mann/
Nahmens Notter, Sr. Majestät persönlich bekannt. Dieser
übernahm es/ die Bitte der Gemeinde um eine Pfarre persön-
lich dem Kaiser zu überreichen. Auf dieses Mannes Fürspre-
chen wurde der heiße Wunsch derselben erfüllet/ und Enzerstorf
hatte die Freude / schon am Lichtmeßtage 1784 in P. Jnno-
cenz Schmidt/ einem Franciscaner/ seinen ersten Pfarrer
installiren zu sehen. — Am 3. Februar wurde die Uebergabe der
Stiftungen/ und Paramente aus der Filiale/ zum heil. Johann
dem Täufer, an die neue Pfarrkirche vorgenommen; die Filiale
selbst aber geschlossen. Von ihr selbst ist nichts mehr vorhan-
den; sie brannte den 1. August 1787 ganz ab. Das Materiale
dieses Gebäudes verwendete man, um auf der Klosterkirche,
statt des kleinen Thürmchens, einen neuen Thurm auf Kosten
des Religionsfondes zu erbauen. Er hat eine ansehnliche Höhe;
sein Blechdach schimmert herrlich im Glanze der Sonne.
Auch in neuesten Zeiten hat die Kirche ihre Wohlthäter
gefunden. Im Jahre 1820 ließ ein Städter, Hausbesitzer in
Enzerstorf, mit dem bedeutenden Kostenaufwands von 700 fl.
ein neues Altarbild verfertigen. Höfel übernahm die Ausfüh-
rung. Magdalena ist schon den Fesseln des irdischen Lebens
entrückt, und schwebt der Glorie der Seligen zu, um den Lohn
ihres Glaubens, und ihrer Buße zu empfangen. Noch im nähm-
lichen Jahre wurde das Bild, am Dreyfaltigkeitsfeste, zur Ver-
ehrung hier aufgestellt.
i83
Eine gemauerte Capelle mit einem geschnitzten Bilde der
heiligsten Dreyeinigkeit zeigt noch gegenwärtig den Ort/ wo
einst die alte Capelle des Vorläufers Christi stand.
In der Maria-Zellergaffe befindet sich ein nach heil. Kreuz
gehöriges St ist Haus mit einer Capelle / worin Messe zu le-
sen gestattet ist.
Eine wahre lleberraschung gewährt aber die eben so geräu-
mige/ als schöne Capelle/ welche in den Graf Neuper gischen
Häusern sich befindet. Sie wurde im Jahre 1766 von dem da-
mahligen Besitzer/ Herrn v. Patuzzi, erbaut/ ist auf dem lin-
ken Seitenflügel/ und nimmt die ganze Höhe des Gebäudes ein-
Auf dem Leichenhofe errichtete Baron Penkler seinem
Freunde/ dem berühmten Astronomen/ Maximilian Hell/
folgende herrliche Denkschrift:
«16 SITUS EST
MAX. HELL HUNG. SCHEMNITZ.
806. JESU DUM ILLA STETIT SACERDOS.
PHIL. D.
CAES. ET ÄCAD. VINDOB.
XXXVII ANN. ASTRONOM.
EÜROPAE NOTUS. INGEN« ART1SQUE MONUMENTIS.
NOTIOR DEO VITAE SANGTIMONIA.
EVOGATUS AD LABORUM praemia
AETATIS ANNO LXXII.
XVIII. GAL. MAJ. MDCCXCII.
QUIESGAT IN PAGE.
JOS. L. B. PENRLER AMIGO POSUIT.
Noch befindet sich hier das Grabmahl eines Mannes / den
so viele kannten und so viele verehrten; das Grabmahl des from-
men Clemens Hofbauer. So lautet die einfache Auf-
schrift :
IIIG JAGET K. R. P.
CLEMENS MARIA HQFBAUER.
CONGREGATIONIS SS. REDEMTORIS.
VICARIUS. GENERALIS. OBIIT
DIE XV. MARTII
1820.
Eben so ruht hier an der Seite seines Freundes, Herr
-84
Fr. Ludw. Zach. Werner, der eifrige Priester für Gottes Ehre
und das Heil seiner Brüder. Im Leben mit P. Hofbauer in-
nigst verbunden, wollte er auch im Tode von ihm nicht getren-"
net seyn.'
XVI. Pfarre Atzgerstorf ').
Atzgerstorf, das vormahls auch Etzerstorf genannt wurde/ liegt
an dem Liesingbache (Reichliesing) zwischen Rodau«/ und Erla,
unfern des k.k. Lustschlosses Hetzendorf, in einer gesunden, und
freundlichen Gegend.
Dieses Dorf, welches gegenwärtig 117 Häuser, "und über
700 Einwohner zählt, gehört unter die alten österreichischen
Dörfer, deren Entstehungsjahr, und Art der Erbauung in Dun-
kel gehüllet ist, welches sich vielleicht schwer, oder gar nicht mehr
aufhellen läßt.
Wenn jener Luitwin de Azilinesdorf, welcher als Zeuge
bey der gerichtlichen Verhandlung, welche Heinrich Jaso-
mirgott am 3i.Julius 1171 zu Klosterneuburg, schlichtete,
auftritt, seinen Nahmen von dem heutigen Atzgerstorf führte,
so würde es ausgemacht seyn, daß'Atzgerstorf unter jene Dör-
fer gehöre, welche bald nach der Vertreibung der Ungarn durch
die Babenbergischen Markgrafen zur Beurbarung des Landes
angelegt wurden. Was Luitwins persönlichen Rang betrifft, so
muß dieser Mann in bedeutendeck Ansehen gestanden haben;
da er nach des Herzogs Söhnen, Leopold und Heinrich,
und des steyrischen Markgrafens Sohn, Ottokar, unmittel-
bar als Zeuge angeführt wird. Siehe Map. Fischer Gesch. von
KlosU B. II. S. 66. Es kommt auch ein Frater ^Kunvadus
de Azkerstorf mit seinen Aeltern Ulrich, und Gisela vonMed-
ling, im Nekrologe der Minoriten in Wien vor (ohne Jahrzahl
?) Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial - Archive
iif A. Nr. I. a. b. und Nr. I; aus den Beyträgen des Herrn Pfarrers
daselbst, Fran z W 0 l l en e ck, und aus gesammelten Notizen des
h k. Hofkammer - Archives.
i85
ap. Hieron. Pez, Tom II). Vielleicht ist er der nähmliche Chun-
rad von Azgendorf, der im Jahre 1826 Curator der Kirche
zu St. Michael in Wien war. (Hanthaler Roe6N8. dipl. T. I.
pag. 2 55.)
Bis zu Anfang des XV. Jahrhundertes war Atzgerstorf
ein landesfürstliches Lehen, und Herzog Albre chtIV. gab 14.11
das Dorf, und den Hof (Schloß) zu Atzgerstorf mir dem Ge-
richte ; auch Lainz, Speising, und Liesing, sammt aller
Zugehör; dann den Hof zu Müllersdorf mit dem Gerichte auf
der Straße allda, dem Peter und Alexius G r a d n e r zu
Lehen.
Ferdinand I. belehnte mit dem heimgefallenen Gute
1627 L adislaus von Ratm an n storf, dessen Nachkom-
men diese Herrschaft viele Jcchre besaßen, und von denen die
Brüder Otto und Alban von Ratmannstorf 1676 vorkom-
men. Dieser Otto bath für die in diesem Jahre abgebrannten
14 Unterthanen um einige steuerfreye Jahre, da sie durch die
Feuersbrunst völlig zu Grunde gerichtet waren.
1612 scheint Atzgerstorf schon einen andern Besitzer gehabt
zu haben, da es in dem Anschlage vom 28. Januar heißt: Atz-
gerstorf hat 84 behauste Unterthanen, welche mit dem Grund-
dienst, Dorfobrigkeit, und aller Jurisdiction (das Landgericht
ausgenommen) Herrn Philippen Khetzler zugehörig und
unterworfen sind. Zehn Jahre später (1622) gelangte es an
Anna Maria Gräfin v. Sau rau, geborne Gräfin von Rat-
mannsdorf, welche dieses Gut 1687 an ihren Sohn Chri-
stoph Alban Grafen v. Saurau, Erblandmarschallen in
Steyermark, eigenthümlich abtrat, worauf er das folgende Jahr
darüber die Lehen empfing. Dieser Graf Saurau wurde spä-
terhin mehrerer seiner Herrschaften verlustig, nahmentlich auch
dieser, und Kaiser Ferdinand III. verkaufte selbe 1662, sammt
aller Zugehör, an I 0 h a n n Mathias S t r u ck e l m a y e r,
Freyherrn v.G 0 ldegg, seinen geheimen Rath undHofkanzter,
und dessen Erben, eigenthümlich und erblich um 9000fl., und ,
ließ darüber zu Prag den 12. August i656 das Instrument, in
Form einer Donation, ausfertigen, in welchem er ihn in Be-
treff dieses Gutes von der Lehenschaft befreyte. Doch Freyherr
i86
V. Goldegg schenkte noch im nähmlichen Jahre das Gut den
Jesuiten für das Convrct St. Barbara zu Wien (Weiskern).
* Nach der Aufhebung der Jesuiten kam Atzgerstorf durch
Kauf an den Herrn Georg Adam, Reichsgrafen von Star-
hemberg/ und gehört also zur Herrschaft Erlaa. — Im Dorfe
sind nun auch drey Fabriken; nähmlich eine Tuchfabrik/ eine
chemische und eine Bleyweißfabrik; nebstdem liegen im Bezirke
am Liesingbache 4 Mühlen, welche der Gegend eine große Leb-
haftigkeit verschaffen.
Zu welcher Zeit, oder von wem die erste Capelle, oder Kir-
che zu Atzgerstorf erbaut wurde, liegt noch verborgen, und wir
können nur sagen, daß in diesem Orte schon mehrere Jahrhun-
derte eine Kirche bestand, bey welcher ein Seelsorger angestellt
gewesen, der auch der Hirte für mehrere der umliegenden Dör-
fer war, nähmlich über Altmannstorf, Hetzendorf, Ober- und
Unterliestng, Kalchspurg, Mauer.
Has erste Mahl, wo bis jetzt dieser Kirche Erwähnung ge-
schieht, ist das Archiv der Dompropstey zu Wien, in welchem
sich von ,872 ein Verzichtbrief des Hanns Meißner auf einen
zur Pfarrkirche Atzgerstorf gestifteten Hofstattweingarten vor-
findet. Bald darauf liest man i383 in eben diesem Archive ei-
nen Versicherungsbrief auf Bernhard Grafenberger lautend,
welcher auf die Pfarrgüter 3g Pfund Pfennige geliehen hatte.
Unter den Zeugen dreser Urkunden wird zwar jedes Mahl des
Ortspfarrers erwähnt, aber der Nahmen derselben nicht ange-
geben. Fast gleichzeitig mit diesen Verhandlungen (i38<)) stif-
tete Hanns Wichtel auf ein Seelgeräthe (Jahrtag) 10 Pfund
Pfennige und einen Weingarten. Das Patronat über die
Kirche übte damahls die Propstey zu Wien aus, und kam spä-
ter an das dortige Bisthum , h. z. T. Erzbisthum; Kircheu-
vogt aber ist die Ortsherrschaft. So wenig uns von den frü-
heren Schicksalen dieser Kirche bekannt ist, außer der durch den
Wiener-Dompropst 1464 geschehenen Installation des Pfarrers
Johann Jungkmann (tab. Praep. Yien.); eben so trau-
rig sind die Ereignisse, durch welche dieses Stillschweigen der
Geschichte im XVL Jahrhunderte unterbrochen wird. Fried-
rich Himmler, welcher seit i5o5 als Pfarrer zu Atzger-
187
storf bekannt ist, mußte das traurige Schicksal erfahren, daß
ein großer Theil seiner Pfarrkinder durch die Religionsneue-
rungen ergriffen wurde, und daß die Türken, als sie 1629
Wien belagerten, die Kirche verwüsteten, so zwar, daß sie i3
Jahre ganz unbesetzt blieb. Bey diesem traurigen Ereignisse ge-
schah es, daß die katholische Lehre in diesem Pfarrbezirke fast
gänzlich verloren ging, und das Schicksal der Kirche sich äußerst
verschlimmerte, da der Ortsrichter Lamprecht mit dem Kirchen-
zechmeister der Kirche alle liegenden Güter und Fahrnisse ent-
zogen.
Da in den nächstgelegenen Orten Rodaun, Brunn, Vö-
sendorf, und Jnzerstorf, unter dem Schutze des Wilhelm
Hofkirchen v. Rappach und Adam Geyer, lutherische
Prediger auftraten, so liefen die Pfarrkinder häufig zu selben
hin, verweigerten ihrem Pfarrer den jährlichen Hauszehner,
und zahlten den Prädicanten die Gebühren für Taufe, Hoch?
zeit und Leichen.
Die Wiener-Bischöfe, Johann F ab e r und Friedrich
Nausea, wandten alle Mittel der Liebe an, um die verirrten
Gläubigen auf den rechten Weg zurück zu bringen, aber ihre
Bemühungen blieben eben so fruchtlos, als die apostolischen
Kanzelreden, und der erbauliche Lebenswandel des Pfarrers Sig-
mund Asp eck h. Trotz der belobten Beredsamkeit dieses Man-
nes hörten ihn seine Pfarrkinder nicht einmahl an, sondern liefen
lieber in die benachbarten Orte zu den Neuerungspredigern,
und er und sein Schullehrer blieben ohne Beschäftigung, da
sie doch noch 1646 zweyer Vicarien, und eines Cantors bedurften.
Ein gleiches Schicksal erfuhren Aspeckhs Nachfolger, der Pfar-
rer Mathias Walter, und G e 0 rg Au e r m a n n, die noch
die Unannehmlichkeit dadurch erhöht empfinden mußten, daß
ihre Schulmeister zur lutherischen Lehre übertraten, gegen ihre
Pfarrer stritten, und die von ihnen katholisch vorgetragenen
Lehren theils verdrehten, theils lächerlich zu machen such-
ten; ja es durch ihre Ränke dahin brachten, daß sie die katho-
lischen Pfarrer verdrängten, und den lutherisch gesinnten Seba-
stian üe 8. Benedicto auf ihre Kanzel brachten. Aus dem
Pfarr-Visitations-Berichte von 1682 erfahren wir, daß dieser
*88
Sebastian von einem Lutheraner ordinirt worden, daß er Weib,
und Kinder hatte, daß er die Messe nur über einem Portatile
gelesen, und weder consecrirte Hostien noch Oehl zur Speisung
und Salbung der Kranken im Vorrache gehabt habe. Peter-
Clement scheint nur kurze Zeit (f 1600) der Pfarre vorge-
standen zu haben.
Sein Nachfolger, Maximilian Coloman Priste-
lius, hatte mit dem Prädrcanten Michael von Jnzerstorf
viel zu kämpfen, da er auch zu Atzgerstorf und Vösendorf alle
pfarrlichen Güter und Geschäfte an sich zu bringen suchte, bis
dieser endlich durch landesfürstliche Befehle sich 1606, und 1610
nach Jnzerstorf zurückziehen mußte. Dadurch gelang es ihm, auch
einige verirrte Gemeindeglieder zur katholischen Kirche zurückzu-
bringen, und sie zu vermögen, daß sie den seit 1629 verfallenen,
und 1606 abermahl abgebrannten Tempel Gottes aus ihrem
Vermögen herzustellen anfingen. Durch die Bemühungen die-
ses Pfarrers nahm die Zahl der Katholiken täglich zu; so daß
er in seinem Communions -Berichte vom Jahre 1612 sagen
konnte, er habe unter den 164 Personen, welche die österliche
Communion nahmen, 112, als zum katholischen Glauben Zu-
rückgeführte, aufzuzählen.
Bald nach 1620 erscheint Thomas Stieger, der *622
um die abermahlige Abschaffung der protestantischen Prediger
bath, da sie in der Filiale Vösendorf noch immer ihr Unwe-
sen trieben. Die katholischen Bewohner zu Vösendorf wand-
ten sich 1624 an den Pfarrer zu Atzgerstorf, und bathen um
die fernere geistliche Hülfe, und Unterstützung, und das Con-
sistorium erließ 1628 den Befehl an den Pfarrer, dem katho-
lischen Reformarions-Commissär mit hülfreicher Hand beyzu-
stehen. Stie.gter gab sich alle Mühe für die Aufrechrhaltung
und Verbreitung der katholischen Lehre, und aus seinem Be-
richte von 1622 erfahren, wir, daß er 1226 Communicanten
gehabt, worunter 25 Neubekehrte gewesen.
i63o wurde Melchisedech Plenagel als Pfarrer in-
stallirt, der in seinem Pfarrberichte vom nähmlichen Jahre
sagt, daß sich zu Atzgerstorf 6, zu Siebenhirten 2, zu Vösen-
dorf 26, und zu Jnzersdorf 29 lucherische Individuen befin-
i8g
den. Dieser eifrige Seelsorger verfertigte auch 1642 die Grund-
bücher der Pfarre , und setzte die Kirche zum Erben seines Ver-
mögens ein. Nach dessen Tode, 1648, erhieltGeorg Andreas
v. Strasoldo, der Philosophie und Theologie Doctor, die
Pfarre mit jener zu Vösendorf, und zeichnete sich durch seinen
Seeleneifer und vortreffliche Predigten aus. Er hatte die Freu-
de , daß sich in der fast gänzlich lutherischen Pfarre nun schon
2606 Katholiken/ und nur 212 Protestanten aufzählen ließen/
von deren letzteren sich zu Vösendorf allein 198 befanden.
Noch mehr änderte sich das Schicksal der Pfarre zum Vor-
theile der katholischen Kirche, als 1662 der Freyherr v. Gol-
degg Herr dieses Dorfes wurde; denn er leistete dem Be-
kehrungswerke kräftigen Vorschub; er that vieles für die Ver-
besserung der Kirche, und setzte das Jesuiten-Convict bey St.
Barbara zu Wien zum Erben dieses Gutes ein. So bald die
Jesuiten davon Besitz genommen hatten, schickten sie Missio-
nare dahin, die es durch ihre Bemühungen, in Vereinigung mit
den Arbeiten des Ortpfaners, so weit brachten, daß man das
Bekehrungsgeschäft als vollendet ansehen konnte. Ein Mit-
glied dieses Ordens, EustachiusRieckharb, erscheint »667,
als Pfarrer. Nun ging alles in Ruhe und Ordnung; die
Gemeinde zeigte vielen Eifer, und die Pfarrgeschäfte wurden
dadurch erleichtert, daß 167Z Jnzerstorf vonAtzgerstorf getrennt
und mit einem eigenen Seelsorger versehen wurde. Diese schö-
ben Aussichten in die Zukunft wurden aber mächtig getrübt
und die Hoffnung Vieler gänzlich darnieder geschlagen, als i683
die Türken vor Wien rückten, und die Umgegend grausam ver-
heerten. Dreses Unglück traf auch Atzgerstorf. Es wurde ge-
plündert und den Flammen übergeben, wobey Kirche und Pfarr-
hof, sammt allen Protokollen, zu Grunde gingen. Die Einwog
mr, größten Theils an den Bettelstab gebracht, konnten bey ih-
rer Rückkehr für die Herstellung der Kirche, und des Pfarrho-
fes nur wenig leisten; daher der Pfarrer I 0 h a n n A n t ö rt
M 0 sing sich »665 allenthalben um Gutthäter umsah, und
so das Nöthigste für die Herstellung der Kirche zusammen
brachte. Der Pfarrhof wurde erst »706, unter dem Pfarrer
Peter Paul Parth, hergestellt, und er und seine Nach-
tX)Ö
folger mußten stets darauf bedacht seyn, die alte baufällige,
Und nur zur Noth reparirte, Kirche zu erhalten. Parth's Nach-
folger, Hector Stanislaus Gortier, hatte der Ge-
meinde wichtige und gefährliche Seelsorgerdienste zu leisten,
als 1718 die in Oesterreich wüthende Pestseuche auch in dieser
Pfarre mehrere Menschen dahin raffte. Die Sacristey wurde
1787 ganz neu erbauet, ,766 die Kirche mit einer neuen Kan-
zel versehen, 1770 aber der Pfarrhof reparirt.
Doch die mildthätige Güte des Cardinals und Erzbischofs
zu Wien, Christoph Grafen v. M ig az z i, übertraf alle Wün-
sche der Gemeinde, da er als Patron, »768 Kirche, Schule
und Pfarrhof ganz neu erbaute. Die Kirche zur heiligen Ka-
tharina ist schön, hoch und geräumig. Em heiligesehr-
würdiges Dunkel verbreitet sich über das Innere.
Der Hochaltar wurde 1792 auf Kosten zweyer Schwestern,
Elisabeth Karges, und Eva Model, erbauet, und auch
die Kanzel durch ihre Gutthätigkeit errichtet.
DiePfarr-Protokolle reichen nur bis i683, weil bey
der türkischen Invasion die ältern sämmtlich zu Grunde gin-
gen. Das Vermögen der Kirche besteht gegenwärtig in
9265 s!. an Stiftungs- Capitalien, und 2370 s!. eigenthümli-
chem Gelde, welche sämmtlich in öffentlichen Fonds angelegt
sind. Der Pfarrhof liegt rückwärts der Kirche , und verspricht
von Außen nur wenig z doch ist die Wohnung bequem.
So groß einstens diese Pfarre in Rücksicht ihrer Seelsorge
war, da sie 1760 als Filialen 6 Kirchen, und 8600 Seelen
als ihre Kinder zählte; so zureichend auch der Unterhalt für
den Pfarrer gewesen, da er in der Faffion zu n63fl. stand;
so wurden doch erstere und letztere durch die neuen Pfarrein-
richtungen merklich vermindert. Der Pfarrer bezog von jedem
Hause in dem Pfarrdorfe und den Filialen Altmannsdorf,
Hetzendorf, Ober-und Unter-Liesing, Kalkspurg, Mauer 10 kr.,
welche Gabe mit der Auspfarrung aufhörte, und 1788 war
die Congrua kaum mehr gedeckt, daher man dre Pfründe in
etwas verbesserte. Heut zu Tage gehört unter die geistliche Ob-
sorge des Pfarrers von Atzgerstorf, nebst de,n eigenen Pfart-
dorfe mit 722 Seelen, nur noch Erlaa mit 224, Siebenhirten
iqi
mit 262, Schellenhof mit 98, also zusammen i3o6 Pfarr^
linder; und zur Pfarre 16 Joch Aecker, und einige Wiesen,
welche nur einen dürftigen Ertrag gewähren; daher auch 1787
derCooperator mit seiner Erhaltung auf den Religionsfond
angewiesen wurde.
Die Schule dieses Ortes scheint unter die ältesten Pfarr-
schulen zu gehören. Die erste Erwähnung eines Schullehrers
zu Atzgerstorf geschieht in einem Berichte über das Jahr 1646,
wo gesagt wird, daß damahls der Lehrer det vielen Beschäfti-
gung wegen einen Cantor halten mußte. Dann 1682 kömmt
ein Schulmeister Nahmens, Mathias Kemmeter, vor, und
dieser hatte 40 Kinder zum Unterrichte. Diese Schulanstalt be-
stand wenigstens fett dieser Zeit ununterbrochen fort, obwohl
wir die Nahmen dieser Männer nicht mehr entdecken werden.
Das Schulhaus wurde 1788 neu erbauet und hat zwey
Lehrzimmer, in welchen bey 200 schulfähige Kinder unterrich-
tet werden. In dem Herrschaftshause des Ortes wurde
von den Jesuiten eine eigene Capelle für ihren Gebrauch er-
halten, von der im Jahre 1778 Meldung geschieht, und die der
heiligen Barbara geweihet ward.— Auf dem Lainzerwege
in den Weingärten war seit undenklichen Zeiten eine kleine
hölzerne Capelle, in welcher sich ein großes hölzernes Cru-
cifix befand, bey welchem viele Vorübergehende der Andacht
pflegten.' Als die Türken i683 nach Atzgerstorf kamen, rurrrir-
ten sie auch diese Capelle, und verstümmelten durch Säbelhiebe
das Crucifix dergestalt, daß es nur in Stücken gesammelt werden
konnte. Ein Hauer von Atzgerstorf, Nahmens Strobmger,
fand die Stücke in seinem Weingarten, und traf Anstalt, daß
diese Stücke wieder in ein Ganzes zusammengesetzet wur-
den. Die Verehrung, welche er gegen dieses Kreuz hatte/
bewog ihn nun, daß er an dem nähmlichen Platze, wo die
hölzerne Capelle gestanden, eine schöne neue Kirche erbaute,
wozu er entweder die Kosten allein, oder mit mehreren verei-
nigt, bestritt. In dieser neuen Kirche wurde nun das alte von
den Türken mißhandelte Kreuz aufgestellt, und alsobald gescha-
hen viele Wallfahrten dahin, und das Volk nannte es das Fie-
ber k r e u z. Ihre Majestät die verwittwete Kaiserin Elisa."
i9«
beth, welche in ihrem Wittwenstande Hetzendorf bewohnte,
kam wöchentlich zwey Mahl in diese Kreuz-Capelle um ihre An-
dacht zu verrichten, und that vieles für die Verschönerung der
Kirche, zu welcher sie auch Ornate und andere Kirchengeräthe
opferte. Im Jahr-e 1761 wurde dieses Kreuz, am Feste der
heiligen Katharina, aus dieser Capelle hinweg genommen, und
mit großer Feyerlichkeit in die Pfarrkirche übertragen, wo es,
auf dem Hochaltäre aufgestellt, noch immer mit besonderer
Verehrung besuchet wird. Die vorige Capelle wurde dann ab-
gebrochen, und die silbernen Opfer, welche sich in selber vor-
fanden , für die Pfarrkirche in Kirchengefäße verwandelt.
Filiale Erla.
Erla, ein Dorf eine kleine Viertelstunde von Atzgerstorf,
am Liesingbache abwärts gegen Steinhof gelegen, hat nebst
einem schönen herrschaftlichen Schlosse, und Garten, 87 Häu-
ser mit 226 Seelen, und ist so wft Atzgerstorf dem Stahrem-
bergischen Hause unterworfen, welches in diesem Schlosse die
Amtskanzley für diese Herrschaft errichtet hat. Im Schlosse selbst
ist eine öffentliche Capelle, welche consecritt ist, und den hei-
ligen Johann von Nepomuk zum Patrone hat. Die
Herrschaft hält auf ihre Kosten einen Schloß-Caplan. Von frü-
heren Spuren konnten wir nur folgende Data auffinden: Ju
einer Mölker-Urkunde von 1298 kommt einRitterFri-
derich v. Erla vor. — Ein Hanns Greill zu Erla lebte
1842. r35b besaß Erla Chatold v. Eckartsau, und seine
Gattin Chunigund stiftete sich 1879 mit einigen Gründen
zu Erla einen Jahrtag bey den mindern Brüdern zu Wien.
Nach denen von Eckartsau hatte Erla verschiedene Besitzer; die
von Landau besaßen es mit Rodaun lange Zeit, und 1682
kaufte Erla Anna, Gräfin v. Brandts, von welcher es
1683 an Francisca, Gräfin v. Kinsky, kam. 1720 besaß
es Jodocus, Baron v. Blümegen, von welchem es spä-
ter an die Grafen v. Sailern, und von diesen an die
Stahremberge, und^ endlich an Freyherrn v. Braun
überging.
/
193
Filiale Siebenhirten sammt Schellenhof.
S i e b e n h i r t e n, ein Dorf von 47 Häusern, liegt rechts
der Poststraße nach Grätz, von Atzgerstorf gegen Neudorf eine
kleine Stunde entfernt, und zählt nebst dem Schettenhofe, der
3 Häuser angebauet hat, 36o Seelen.
Dieser Ort erscheint unter' seinem heutigen Nahmen schon
im XU. Jahrhunderte, und zwar das erste Mahl Ln dem Saal-
buche des Stiftes Klosterneuburg, als 1178 Ulrich v. Fal-
ke n st e i n, ein Ministerial Herzog Leopolds VI. aus dem
Hause Babenberg, dem Sttfte Klosterneuburg seine Besitzung
zu Meinhartsdorf nächst Meidling (vermuthlich an dem Platze
des heutigen Gaudenzdorfes) verkaufte ; denn unter den daselbst
aufgeführten Zeugen lesen wir Heinrich und Albert von
Sibenhirti (Siebenhirten.) In eben dem Saalbuche kömmt
als Zeuge dann üm 1190 eine CHalh 0 ch de Siebinhirtin
vor, da Dietrich von Lichtenstein seine Tochter Wirat in das
dortige Frauenstift als Nonne einkleiden ließ. In eben demselben
Archive erscheinen in der Urkunde, kraft welcher Herzog Heinrich
von Medling dem Stifte Klosterneuburg Kogelbrunn verkaufte,
D ie tri ch und Gerung von Sib in Hirte als Zeugen. Die
Urkunde ist ohne Jahresangabe gefertigt, und gehört zwischen
1224 und i23o. Das Molker-Archiv (bey P hilibert Hue-
b e r Austr. ex Arch. Mellic. illust.) sagt uns, daß im Jahre
i33s Ulrich von Siebenhirten zu Sieghartsdorf lebte, und der
Jesuit P. Leopold Fischer erzählt, daß Johann SLe-
be nhirter, erster Großmeister des von Kaiser Friedrich IV.
im Lahre 1468 gestifteten St. Georg-Ordens, und Fürst zu
Müllstadt gewesen, welcher von eben diesem Kaiser das ehe-
mahlige Nonnenkloster bey St. Nicola in der Singerstraße zu
Wien erhalten habe, und im Jahre 1608 gestorben sey. Ein Veit
Ereilt zu Siebenhirten lebte im Jahre 1421. Ulrich und
StephanGreillzu Siebenhirten emfingen von Kaiser Frie-
drich 1465 die landesfürstlichen Lehen über Siebenhirten und
Spannberg; auch Veit, Ulrichs Sohn, wurde 1496 von
Maximilian I. damit belehnt. Ein Adam und Mel-
chior Frießhammer zu Siebenhirten lebten 1608. Des
N
iQi
vben genannten Veits Erben waren noch um i55o mit SLe-
benhitten begütert.
Aus allen diesem scheint es, daß zu Siebenhirten ein herr-
schaftliches Schloß gewesen sey, und in demselben die adelige
Familie gehauset habe, welche sich durch mehrere Jahrhunderte
den Ortsnahmen als Familiennahmen aneignete. Heut zu
Tage gehört dieses Dorf zur Herrschaft Rodaun, und ist also
dem Grafen Fuchs unterthä'nig. Von Siebenhirten wird in
dem Berichte über den Religionszustand von 1644 gesagt,
daß es eine eigene Capelle habe, die vermuthlich bey der Tär-
kenzerstörung i683 zu Grunde ging. Die gegenwärtige Kirche
mit einem Thurme, der mir drey Glocken versehen ist, hat in
ihrem Innern einen Hochaltar mit dem Bilde des Kirchen-
Patrons, des heiligen Bischofes Martin, und zweySeiten-
altare. Der Urheber dieser Kirche war ein wohlthätiger Mül-
lermeister.
Bey der neuen Pfarrabtheilung und der Errichtung neuer
Pfarren und Localien unter Kaiser Joseph II., erhielt Sieben-
hirten einen Local-Caplan, der aber kein eigenes Haus hatte,
sondern in dem Schellen Hof seine Wohnung erhielt. Diese
Localie wurde aber durch ein Hofdecret vy.ni 3o. 3«niu$ 1796
wieder aufgehoben, und die Einwohner wieder an ihre alte
Pfarre Atzgerstorf angewiesen. Im Jahre i8o5 erbaute die
Gemeinde auf ihre Kosten eine Wohnung für einen Priester,
und erhielt die Erlaubniß, sich einen Aushülfspriester halten
zu dürfen, wozu sich auch Herr Victor Reil, ein Excar-
Nielit, entschloß, der sich noch gegenwärtig bey dieser Kirche
und Gemeinde befindet.
Der Schell Hof auch Schallhof, vordem ein Edel-
sitz l), liegt nahe an Siebenhirten auf der Seite gegen Perch-
tholdstorf, und wurde vor 1770 von einem Braumeister in
Bestand genommen, und in ein Brauhaus umgeformt. Schon
vorher befand sich eine Cap e l le in demselben/ und das Consi-
storium erklärte 1798, daß sie für die Einwohner von Sie-
») Zw Jahre 1Ö70 besaß ihn Caspar Erlbeckh.
r<)5
benhirten nicht als privilegirt anzusehen sey» Gegenwärtig
besitzet diesen Hof Herr v. Reina.
xvii. Aktmannsdorf').
Altmannsdorf, gleich außer Schönbrunn, am Wiener--
berge, an der Straße bey Meidling und Hetzendorf gelegen, in
einer angenehmen und gesunden Gegend, ist ein, vormahls den
Augustinern auf der Landstraße zu Wien, seit deren Aufhe-
bung aber der k. k. Staatsgüter-Administration gehöriges Dorf,
mit einer dem heiligen Oswald geweihten Kirche, welcher
mit Zurechnung der Dorfgemeinde Hetzendorf eine Gesammt-
.zahl von 756 Seelen in io6 Hausern eingepfarrt ist.
Der Ort Altmannsdorf, welcher gegenwärtig 61 Hauser
mit einer Bevölkerung von mehr als 3oo Seelen zahlt, hatte
schon im XIII« Jahrhunderte die Ritter von Attmannsdorf zu
Besitzern. Einen nriles de Altmannesdorf fin-
den wir unter den adeligen Geschlechtern Oesterreichs im Jahre
1263 und 1276. Ein anderer Friedrich v. Altmannsdorf kömmt
i3i5 und 1822 als Zeuge in Urkunden vor. Dieser selbst, oder
vielleicht sein Sohn gleiches Nahmens (er nennt sich Frie-
drich, Sohn des Friedrichs v. Altmannsdorf), kaufte einen Ze-
hent, der ein Passauisches Lehen war, von Bernhard, dein
Sohne Bernhards von Melch, und von Gottschalk, dem Sohne
Friedrichs des Harlanter von Standerstorf, worüber der Ver-
kaufsbrief zu St. Pölten am Phintztage in der Pfingstwoche
»844 ausgefertigt wurde. Erhärt v. A l t m a n n st 0 r f be-
stimmte »887 seiner Gemahlin Gisela Aygnerin zur Widerlage
ihres Heirathgutes 60 Pfund Pfennige, und führt dabey seinen
Bruder Peter und seinen Oheim Otto den Cherspekh in
dem Dorneich (Dornau) als Zeugen auf. »402 versicherte er
») Aus dse im Jahre 1814 von dem Herrn A ugustinSchmid, Ex-Au-
gustiner und Local-Capkan daferbst verfügten Beschreibung dieser Localie;
aus den Acten derselben im erzbischöslichen Consiftorial-Archive ht. A.
N*o.YVun& s, und aus SenftwtxäQen des k. k. Hofkammer-Archivss.
N 2
ii)6
seiner zweyten Gemahlin Mandela die nähmliche Summe»
Sein Wappen zeigt eine Kugel zwischen zwey Büffelhörnern l)>
Später sind uns keine Glieder dieser Familie vorgekommen.
Im Jahre 1434 erscheint hier als Grundherr und Hausbe-
sitzer Erhard Griesser, welcher in diesem Jahre AltmaNns-
dorf den beschuhtenAugustinern zu Wien mit der Verbindlich-
keit schenkte , daß sie in seinem Hause zu Wien auf dem Gra-
ben in der Capelle der heiligen Barbara eine tägliche Messe,
welches auch seine Gemahlin 1470 bestätigte, lesen sollten. Fast
zu gleicher Zeit ist auch nach Schriften der aufgelassenen Car-
thause Mauerbach für Kaiser Friedrich den Schönen ein jähr-
liches Seelengera'th durch eine Besitzung allhier gestiftet gewe-
sen. Die Augustiner besaßen hier, nebst der Orts- und Grund-
herrlichkeit, auch einen Hof, zu welchem, laut den Visitations-
Protokollen von 1643 und 1544/ in diesen Jahren noch bo
Joch Aecker und Tagwerk Wiesen gehörten, und dessen Auf-
bauung, nachdem ihn 1629 die Türken verbrannt hatten, den
Augustinern über 200 Pfund Pf. kostete. Dennoch wurde dieser
Hof in der Folge eine geraume Zeit öde liegen gelassen, und
weil die damahligen Augustiner, meistens aus Italien kommend,
weder der Landessprache, noch der deutschen Oekonomie kun-
dig waren,, der Aufenthalt mancher, sowohl ihnen als dem Staate
unbekannter, nicht selten verdächtiger Jnleute. Daher reichte
der k. k. Nieder-Oesterreichische Kammer-Rath, Christoph
Zoppel, im Jahre 1670 die Bitte ein, ihm den Augustiner-
hof zu Altmannsdorf sammt dem Dörfchen unter gewissen Be-
dingungen auf Leibgeding zu verleihen. In der von den Kam-
mer-Räthen unter dem 10. Februar 1670 an den Kaiser ge-
machten besondern Vorstellung wurde angerathen, den Hof mit
allen Zugehörungen, wie auch das Bergrecht von Lainz mit
seinen Unterthanen, in die Gült zu Enzerstorf zu beschreiben,
und dann dem Herrn Zoppel zu übergeben. Da den Com-
missären zugleich befohlen wurde, die Einkünfte dieses Hofes
im kaiserlichen Grundbuchs zu erörtern, so ließe sich vielleicht
1) Hanthaler Recensus dipl. P. I p. 2/jy. Duell, axcerpt. geiieal. hist,
lih. I. p. 72 UNd Uh. XI. p. 194 UNd 215.
*97
daraus schließen, daß er ursprünglich vkcedonnsch war und
dann vom Hofe aus den Augustinern geschenkt wurde. Bey
dieser Zurücknahme des Gutes war es keineswegs darauf an-
gesehen, die bisherigen Besitzer zu verkürzen, sondern nur, wie
es scheint, dasselbe besser zu benützen, und die Augustiner auf
eine andere Art zu entschädigen. Es ist uns nicht bekannt,
welchen Erfolg diese Verhandlungen gehabt haben, aber aus
spateren Acten vom Jahre i5go mb 1691 erhellet, daß der
katserliche Rath und Kuchelmeister Daniel Rehling, diesen
Leibgedingnißweise zum Lehen gehabten Hof (freywillig oder
gezwungen, da er ein Protestant war, wissen wir nicht) heim-
gesagt, und hierauf mit Erzherzoglichem Consens und Verwit-
ligung des Augustiner-Provincials Martin de Gusman, Doc-
tors der Theologie, und des Priors im Convente zu Wien, Jo-
hann Dikius, denselben Sebastian Sonner v. Rot-
tenberg, des Erzherzoges Mathias Kammerdiener, dessen Ei-
fer in der katholischen Relrgion und treue Dienste gerühmt
werden, gegen einen jährlichen Bestand von 100 fl. und einer
auf drey Jahre bestimmten Vorauszahlung einer Summe zur
Erhaltung des hiesigen Gotteshauses, nebst der Versicherung,
den Hof bey gutem Baue zu erhalten, als Leibgedin.g bekom-
men habe. (Hofkammer-Archiv.) Demnach blieben die Augu-
stiner im vollen Besitze und Genusse dieser Herrschaft. Als die-
ses Kloster der beschuhten Augustiner auf der Landstraße den
i3. Aprill 1812 aufgelöset wurde, ward Altmannsdorf zum
Religionsfonde eingezogen, und unter die k. k. Staatsgüter-
Administration gesetzt.
Ob die kleine, aber gut gebaute Kirche, die fast in der
Mitte des Dorfes auf dem Platze steht, etwa von der Ge-
meinde selbst oder von andern frommen Christen erbaut wurde,
laßt sich eben so wenig angeben , als die Zeit, in welcher sie
ihr Entstehen erhielt. Im Jahre 1^29 von den Türken, welche
Wien belagerten, ganz verwüstet, wird sie im Visitations-
Protokolle der österreichischen Pfarren und Klöster vom Jahre
»644 nur eine Capelle genannt, die als eine Filiale zur Pfarre
Atzgerftorf gehörte. Bey den Religionsunruhen in Oesterreich,
wo so manche fromme Stiftung in Verfall gerieth, scheint auch
*C)8
diese Capelle in schlechtem Zustande gewesen zu seyn, brs sie
an dem k. k. Waldmeister / Sebastian Sonner v. Rot-
tend erg *), einen Wohlthäter fand/ welcher den i. März
1626 fünfJoch Aecker für die Abhaltung einer jährlichen Messe
zur Capelle stiftete. Dieses Beyspiel ermunterte die Gemeinde
zur Erhebung ihrer Capelle und zur Erhaltung einer Messe auf
alle Sonn - und Feyertage/ welche die Augustiner zu Wien ge-
gen jedesmahlige Vergütung des Fuhrlohnes zu lesen übernah-
men. Kaum hatten sich aber die Spuren der ersten Zerstörung
verloren; kaum fing die Capelle an/ zu einiger Aufnahme zu
gelangen/ so wurde sie im Jahre i683 von den vor Wien ge-
lagerten Türken zum zweyten Mahle verwüstet und in Brand
gesteckt/ und mehrere Jahre verflossen/ bis die hiesige Gemeinde
an die Herstellung ihrer Capelle denken konnte. Nur durch Auf-
kündung eines 1621z geretteten Satzbriefes auf dem Hause deS
Gotthard Kurz in Wien/ und durch gesammelte milde Beyträge
sah sie sich im Stande/ den Bau zu beginnen/ welches nach
dem hiesigen Pfarr-Protokolle den 2i.Junius 1689 geschah.
Zur großen Freude der Gemeinde erklärten sich die Augustiner
nicht nur zur ferneren Abhaltung der Messen bereit, sondern be-
freyten dieselbe auch von den bisher entrichteten Beyträgen für
die Fuhren, indem sie dem, bey dem i653 erkauften Sonneri-
schen Hofe zur Besorgung der Wirthschaft angestellten Augu-
stiner Ordenspriester die Besorgung der Messen auftrugen.
Nicht volle hundert Jahre waren nach dieser Wiedererhe-
bung vorüber, als eine Merkwürdige Veränderung mit der hie-
sigen Kirche vor sich ging.^Schon unter der Regierung der Kai-
serin Maria Theresia muß der Antrag gewesen seyn, ein Be-
neficium hier zu errichten, weilein edler Wohlthäter, Johann
Georg Kromer/ 400 fl. zur Erbauung einer Benesiciaten-
Wohnung vermachte, welches Capital seine Erben mit anderen
zu einer Meßstiftung bestimmten 400 fl. vermehrten (1773).
Allein das Jahr 1783 gab endlich den Bewohnern von Alt-
mannsdorf einen eigenen, beständig im Orte wohnenden Seel-
0 Die Familie Sonner v. Rottenberg hatte schon 1606 ihr Begräbnist
in der St. Stephanskirche zu Wien. Ihr Mappen enthält drey Sonnen,
m
sorger, indem auf Befehl Kaiser JosephsH. diese bisherige
Filiale von der Pfarre Atzgerstorf getrennt, zu einer für sich
bestehenden Local-Capellaney erhoben wurde. Damahls
zahlte das Dorf 87 Hausnummern mit einer Bevölkerung von
800 Seelen. Das Patronat mit der Vogtey übernahmen
die Augustiner auf der Landstraße als Dorf- und Grundherr-
schaft, bauten mit Verwendung des Kromerischen Legats das
Pfarrhaus, und stellten einen Priester aus ihrem Convente zur
Ausübung der Seelsorge an. Der erste Local-Caplan war Jo-
hann Baptist Elsnigg. Durch die im Jahre 1812 er-
folgte Auflassung dieses Klosters kam mit der Verwaltung sei-
ner gesummten Realitäten auch das Patronats - Recht an die
f. k. Staatsgüter - Administration, und wurde daher Camera-
lisch. Seit dem Jahre 1804 ist durch ein k k. Hofdecret dieser
Localie der Ziegelofen, welcher rechts an der Neudorfer
Straße liegt, und sonst nach Meidling gehörte, und seit 1807
auch Hetzendorf, eingepfarrt worden.
Die heutige Kirche ist mit zwey Altären versehen , wovon
der Hochaltar zur Ehre des heil. Oswald, der Seitenaltar
dem heil. Kreuze geweiht ist.
So dürftig die ganze Einrichtung dieser Krrche ist, so ge^>
ring sind auch ihre Einkünfte. An Realitäten besitzt sie durch
die erwähnte Sonnerische Schenkung fünf Joch Aecker; allein
diese hat vermöge des Testamentes ein jeweiliger Pfarrer von
Atzgerstorf gegen Lesung einer Jahresmesse und Ablieferung
yon jährlichen zwey Metzen Korn zu genießen, und selbst diese
geringe Natural-Abgabe ist, leider zum Schaden der Kirche! ver-
möge eines in älteren Zeiten mit der Vogtey- und Patronats-
Herrschaft geschlossenen Vertrages, in eine höchst unbedeutende
Geld-Reluition von jährlichen 2 fl. 3c> kr. verändert worden. Es
bleiben also der Kirche bloß zwey Wiesen in der Altmannsdor-
fer Freyheit, die nicht mehr als ein Tagwerk ausmachen, und
theils dem jeweiligen Kirchenvater für seine Bemühung, theils
dem Schullehrer für die Kirchenwäsche zur Benützung überlas-
sen worden sind. Die Capitalien machen in sieben Obligationen
zusammen einen Betrag von i58o fl. aus. Doch finden sich ei-
nige kleine Stiftungen auf Messen.
200
Die hiesige Schule entstand zugleich mit der Localle. Nicht
am schicklichsten ist das Erdgeschoß deS ohnehin kleinen Pfarr-
hauses dem Schullehrer zur Wohnung angewiesen. Das Schul-
zimmer befindet sich in einem gleichfalls dem Rellgionsfonde
gehörigen Gebäude, dem Pfarrhause gegen über.
Zu Altmannsdorf gehört die
Filiale Hetzendorf *).
Ein Dorf von 55 Hausnummern, mit beyläufig 400 See
len, einem herrschaftlichen Schlosse und einem k. k. Lustschlosse,
in geringer Entfernung von Altmannsdorf, hinter dem Schön-
drunnergarten, am niedrigsten Abhange des Wienerberges.
H e tz e n d 0 r f, das seinen Nahmen entweder von dem
Worte hetzen, oder wahrscheinlicher von dem deutschen Vor-
nahmen Ez o, der oft auch Hezo geschrieben wurde, erhalten
hat, war schon im XII. Jahrhundert vorhanden; denn Her-
rn icuö von Hetzendorf wird in Gesellschaft des Herrand
vonWildon (aus einem uralten, angesehenen steyermarkischen
Geschlechte) in ernem Vergleiche des Abtes von Admont, Rudolph,
im Jahre 1190 angeführt (Bernard Pez), und besaß wahrschein-
lich das Gut Hetzendorf als ein landesfürstliches Lehen. Das
hiesige Bergrecht schenkte 1297 Jrenfried von Eckartsau dem
Johanniter-Orden zu Laa, zu welchem noch jetzt einige zwan-
zig Joch Grundstücke in Hetzendorf dienstbar sind. Sophia,
Wittwe Herrmanns von Chranichberg, stiftete sich im Jahre
1309 mit den ihr zu Hetzendorf gehörigen Gülten einen Jähr-
tag bey den minderen Brüdern zu Wien *)♦ Noch um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts haben auch das Stift Klo-
sterneuburg und die Herrschaft Jnzersdorf hier einige Grund-
herrlrchkeit gehabt. Im Jahre -669 geschieht dieses Ortes in
einem Kaufbriefe des Erasmus Praun, Obergespan und Haupt-
1) Nach der eigenen sehr fleißig gearbeiteten Beschreibung des hochtvür-
digen Herrn Propstes, Jacob Stern, Beneficiaten daselbst; nach
den Acten dieser ehemahligen Localie in dem erzbischöflichen Consisto-
rial-Archive lit. H. Nr. XII. und 12; und nach Auszügen aus dem
k. k. Hofkammer-Archiv.
2) Siehe die Hausgeschichte des Minoritenklosters in Wien.
201
mann von Ungerisch - Attenburg, Meldung, der sein Haus Ln
Purkersdorf und drey Weingärten in Hetzendorf nebst anderen
Realitäten in besagtem Jahre verkauft hat. (Hofkammer-Ar-
chiv.) Schon im XV.Jahrhunderte finden wir den deutschen
Orden im Besitze dieses Dorfes. Das k. k. Hofkammer-Ar-
chiv verwahret eine Ponthädung von Hetzendorf, im Jahre 1490
aufgerichtet/ von den Herren des deutschen Ordens im deutschen
Hause zu Wien. Erst im Jahre 1744, den 3o. May, hat die Kai-
serin Maria Theresia das dem deutschen Orden als Dorf-
obrigkeit zuständige Hetzendorf mit 22 Häusern, tauschweise/
gegen Ueberlaffung der vicedomischen Unterthanen zu Stadelau,
Asparn an der Donau und Untergänserndorf, an sich gebracht»
Nun kam dieses Gut, als ein Camerale, unter vicedomische
Administration, unter welcher es so lange blieb, bis Kaiser
Joseph II. dem damahligen Präsidenten der obersten Justiz-
stelle, Christian August Grafen v. Sailern, dieses Gut
sammt der Schießstätte, mir Ausnahme des k. L Schlosses,
bann dem Gollhofe, verkaufte, dessen Sohn Joseph Graf v.
Sailern es im Jahre 1802 dem jetzigen Besitzer, damahli-
gen Großhändler in Wien, Herrn Jacob v. Bärenklau,
käuflich überlassen hat.
Nebst dem erst vom Grafen Christian August v. Sailern
im einfachen Style erbauten herrschaftlichen Schlosse,
welches der in demselben den 27. Julius »801 erfolgte Tod des
Erzherzoges Maximilian, Churfürsten von Cötn und
Hoch- und Deutschmeisters, jüngsten BrudersJosephs H., merk-
würdig gemacht hat, verschönern Hetzendorf Mehrere Landhäu-
ser mit Gärten, worunter sich das gräflich Zichysche, in
welchem das erzbischöfliche Ordinariat 1790 eine Haus-Capelle
zu errichten erlaubte, und das des Freyherrn Sigismund
v. Bronay mit seinem botanischen Garten, besonders aus-
zeichnen.
Aber den ersten Rang unter den Gebäuden des Ortes be-
hauptet das k. k. Lustschloß, dem herrschaftlichen Schlosse
gegen über, und durch einen von Seitengebäuden umschlossenen
Hof vom Dorfe geschieden. Dieses noch jetzt zur Herrschaft He-
hendorf dienstbare Schloß entstand aus drey der eben genann-
302
ten Herrschaft unterthänigen Höfen, welche Sigismund
Graf v/Thun 1694 den Augustinern auf der Landstraße ab-
kaufte *), und in ein kleines Jagdschloß oder Sommergebäude
verwandelte, das von ihm den Nahmen Thunhof, so wie
der dabey angelegte Garten den Nahmen Thu nwerd erhielt,
und im Jahre 1709 durch Vergleich an Eleonora Bar-
bara Fürstin v. Lichten stein, geborne Gräfin v. Thun,
von dieser durch Substitution an ihren Sohn, Johann
Adam Fürsten v. Lichtenstein, dann an dessen Schwe-
ster Caroline, verehelrchte Gräfin v. S a l m, und endlich an
deren Sohn, Anton Grafen v. Salm, erblich gekonunen
ist, worauf Fürst Joseph Wenzel v. Lichtenstein, als Vor-
mund des Grafen Anton v. Salm, diesen Thunhof mrt den
dazu gehörigen Grundstücken, Gebäuden, und der auf dem Gar-
ten lastenden Stiftung einer täglichen Messe, laut Kauf-Con-
trats vom 22.October 1742, um 22000 fl. an die k. k. Hof-
kammer im Nahmen der Kaiserin Maria Theresia verkaufte,
welche diese Besitzungen für ihre Mutter, Elisabeth, Wittwe
Kaiser Carls VI., bestimmte, der die medicinische Facultät m
Wien die gedeihliche Lage von Hetzendorf zur Herstellung ihrer
von Anfällen der Wassersucht zerrütteten Gesundheit empfoh-
len hatte. Durch den Hof-Architekten, A nton Freyherrn v. P a-
cassi, wurde nun aus dem kleinen Landsitze mit Verwendung
einiger nahen vicedomischen Häuser, das heutige schöne, große
Gebäude in einfachem aber richtigen Verhältnisse erbaut.
Obschon die meisten der angeschafften prächtigen Tapeten
untep Joseph II. 1781 in die k. k. Burg nach Wien, und das
chinesische und japanische Porzellan, so wie die herrlichen Ge-
mählde, womit zwey Cabinette geschmückt waren, von der Erz-
herzogin Maria Christina in das Lustschloß Laken in den Nie-
derlanden abgeführt worden sind, so ist die Meublirung des
Schlosses noch immer, wo nicht prächtig, doch sehr niedtlch;
und noch bewundert man den Saal, dessen Deckengemählde,
die Zeit im Gefolge des Sonnenwagens vorstellend, und die
pier Elemente an den Wänden, ein Werk des berühmten D a-
}) Siehe die handschriftliche Hausgeschichte dieses Klosters«
2o3
niel le Grand sind/ und das so genannte chinesische Cabinett,
das mit Frketmholz getafelt, reich vergoldet und mir Speckstein
eingelegt und verziert ist, und 88000 fl. gekoster haben soll,
da der Werth dieses kostbaren Steines ohne Arbeit dem Silber
gleich geschätzt wird.
Nach ElisabethsTode (21.December 175.0) kam das Schloß
an die Kaiserin Maria Theresra. Im Jahre 1802 wurde
das Schloß erneuert und ganz mit Kupfer gedeckt, auch nach
dem Abzüge der Franzosen 1809 von mancher erlittenen Be-
schädigung hergestellt.
Der große Lustgarten an der Südseite, im französischen
Style angelegt, empfiehlt sich durch angenehme Scharren und
reihende Aussichten. Er enthält einen Brunnen, dessen Quelle
Schwefel und etwas Eisentheile mir sich führt, und nach der
chemischen Untersuchung des k. k. Regierungsrathes Dr. Ferro,
das Mittel zwischen den Mineralwässern von Baden und Meidling
haltend, stärker als dieses, schwächer als jenes ist. An der östlichen
Seite des Schlosses befindet sich der so genannte Garten i n
der T i e f e, der mit Zwergbäumen bepflanzt ist. An ihn gränzt
der Küchengarten mit den Treibhäusern. Der Carls garten
an der Westseite, der Lieblingsaufenthalt des Erzherzoges Carl/
des Bruders Josephs H., liefert vortreffliches Obst.
Nach dem Tode der Kaiserin Elisabeth blieb es lange ver-
lassen, diente aber in der Folge wieder der Erzherzogin
CH r i st i n a und ihrem Gemahle, dem Herzoge Albrecht von
Sachsen- Teschen, dem Prinzen Carl von Lothrin-
gen (Bruder des deutschen Kaisers Franz I.), der Erzherzogin
Maria Anna (Tochter der Kaiserin Maria Theresia), die
hier vollkommene Genesung fand, dem Churfürsten von
Trier, Clemens, und mehreren anderen vornehmen Perso-
nen bald länger, bald kürzer zum Aufenthalte. Als die wohl-
thätige Kind erb lattern-Jmpfung nach der Erfindung
des Dr. Jngenhouß in den k. k. Staaten bekannt wurde, ließ
die Kaiserin Maria Theresia (1762) hier diese Operation zuerst,
unter der Leitung des k. k. Leibarztes, Baron v. Stork, durch
den Wundarzt von Ahgerstorf, Joseph Miller, an vielen ade-
ljgen und in der Folge auch an anderen Kindern öfter vornehm
204
men. Im September »769 wählte der Kaiser Joseph II.
Hetzendorf zu seinem Aufenthalte, weil alle übrigen k. k. Lust-
schlösser durch Wassergüsse sehr beschädigt worden waren. Da
er hier die wohlthätigste Wirkung auf seinen geschwächten Kör-
per fühlte, so faßte er den Entschluß, künftig jeden Herbst hier
zuzubringen. Er ließ für sein Gefolge die Vorder- und Seiten-
gebäude anlegen, so daß das Schloß jetzt über i5o Zimmer
zählt.
Seit dem Jahre 1792 wurden in diesem Lustschloffe meh-
rere Prinzen und Prinzessinnen k. k. Hoheiten mit dem glück-
lichsten Erfolge inoculirt. Den 6. September 1814 verschied
Maria Carolina, die Gemahlin des Königes beyder St-
ellten, Ferdinands IV., auf diesem Schlosse.
Die Hof-Capelle zu Hetzendorf.
Einen Theil der östlichen Hälfte des Schlosses nimmt die
k. k. Hof-Capelle ein. Den Plafond, die Taufe und die Ver-
klärung Christi, und das Bekenntniß des Apostels Petrus vor-
stellend, hat der berühmte Engländer Widon al freseo ge-
mahlt. Der Hochaltar, von schwarzem Marmor mit vergoldeter
Bronze verziert, trägt das Bild der heiligsten Dreyeinigkeit
von dem Pinsel des k. k. Kammermahlers Carl Auerbach.
Auf den vormahligen zwey Seitenaltären waren die Blätter,
zwey vortreffliche Stücke, von Lu ca Jordani, die Geburt
und den Tod Mariens vorstellend; die aber durch die Feuchtig-
keit Schaden gelitten hätten, und daher 1787 in die k. k. Bil-
der-Gatterie unter andere Meisterwerke dieses Künstlers übersetzt
worden sind. An ihre Stelle kamen zwey Gemählde von einem
unbekannten pohlnischen Meister, die Geißelung und Krönung
Christi. Den erst im Jahre 1784 über dem Haupteingange er-
bauten Musikchor hat die verstorbene Kaiserin Maria Theresia
1806 vergrößern lassen. Ueber demselben ist das die ganze Breite
der Capelle einnehmende k. k. Oratorium, an das sich rechts
zwey kleinere anschließen. Drey vom Papste Benedict XIV.
der Kaiserin Maria Theresia gemachte Geschenke ziehen in dem-
selben die Aufmerksamkeit auf sich: ein Kreuz mit Pertenmut-
ter eingelegt; ferner ein Weihbrunnkessel von Silbsrund
2o5
vergoldet, der ein Portal vorstellt; endlich ein Christus mit
dem Kreuze im linken Arme, von Buchsbaumholz, auf einem
schwarzen Postamente. Rückwärts liest man die Worte: Co-
pia de Michael Angelo. Zum Kirchenschatze gehört auch
eine sehr schöne Monstranze.
Wir kommen nun zur Geschichte der Capelle. — Schon
Eleonora Barbara Fürstin v. Lichtenstein, geborne
Gräfin von Thun, hat ihren Garten, Thunwerd genannt, mit-
telst letztwittiger Anordnung vom Jahre 1720 mit der Stiftung
einer täglichen, in der Capelle beym Thunhofe abzuhaltenden
Messe für alle lebenden und verstorbenen Glieder des fürstlich
Lichtensteinischen und gräflich Thunischen Hauses belastet. Diese
Capelle stand da, wo jetzt das Haus Nr. 12 ist, und wurde
durch ein apostolisches Breve vom 6. December ij\5 zu einer
öffentlichen Capelle erklärt. Vermög Kaufbriefes vom 22. Oct.
174.2 verpflichtete sich die k. k. Hofkammer, die besagte Messe
auf sich zu nehmen, mittelst einer ordentlichen Stiftung zu ver-
sichern , und nach der Meinung der Stifterin auf ewige Zeiten
lesen zu lassen. Die übernommene Verpflichtung zu erfüllen,
erlegte die Kaiserin Maria Theresia sogleich nach Abschlie-
ßung des Kauf-Contractes 6000 fl. zur k. k. Hofkammer zur
Stiftung eines Beneficiums, wie die Liquidations-Bücher im k. k.
Universal-Cameral-Zahlamte ausweisen. Nach dem Inhalte
des Stiftbriefes dieses fürstlich Lichtensteinischen Beneficiums
war der Beneficiat verbunden- in der Capelle täglich eine Messe
für die lebenden und abgeschiedenen Angehörigen der Familie
der Stifterin zu lesen, wofür er jährlich 3oo fl., freye Woh-
nung, Holz und Licht, und bey Anwesenheit der Herrschaft
auch freyen Tisch nebst einigen anderen Bequemlichkeiten erhal-
ten sollte. Zu dieser einfachen Pfründe wurde schon ij3g der
Weltpriester Johann Waldegger bestimmt, der später Titel
und Rang eines k. k. Hof-Capellans erhielt, und den 27. Sep-
tember 1784 als ein 84jähriger Greis im Pensionsstande starb.
Nebst diesem gestifteten Beneficiaten war aber gewöhnlich noch
ein anderer k. k. Hof-Capellan hier. Anstatt der abgebrochenen
vorigen Capelle wurde zugleich mit dem k. k. Lustschlosse die heu-
tige Kirche erbaut, welche von dem Cardinal und Erzbischöfe
Lob
zu Wien, Sigismund Grafen v. Kollos itz, 1745 am dnt^
Len Sonntage nach Pfingsten (damahls 7. Junius) zur Ehre
des heil. I 0 h a n n des Täufers, die Einweihung erhalten hat.
Obgleich Hetzendorf anfänglich nicht unter den Ortschaften
begriffen war, welchen nach der neuen Josephinischen Pfarrein-
richtung ein eigener Seelsorger zu Theil werden sollte/- so wurde
doch aus mehreren Ursachen dieses Dorf, das bisher stets eine
Filiale der Pfarre Atzgerstorf gewiesen war, 1783 von der Mut-
terkirche getrennt und zu einer eigenen Local-Pfarre erklärt,
die k. k. Schloß-Capelle der Gemeinde als Pfarrkirche überlas-
sen, und mit allen Erfordernissen zum Pfarrgottesdienste einge-
richtet. Als Local-Pfarrer wurde der auf den Venefi'ciaten Jo-
hann Waldegger gefolgte damahlige k. k. Hof-Capellan, Herr
Jacob Stern *), mit Beybehaltung seines Ranges und
Gehaltes, durch ein Oberhofmeisteramts-Decret vom 16. Julius
1784, ernannt.
Die jährlichen Einkünfte des neuen Pfarrers bestanden
in dem ihm zugetheilten Lichtensteinischen Benefieium von 3oo fl.,
in der normalmäßigen Zulage von 60 fl., freyer Wohnung und
zwölf Klaftern Holz. — Nach 22 Jahren machten sehr wichtige
Ursachen die Aufhebung dieser Pfarre nothwendig, worauf
Hetzendorf den 15. Februar 1807 ein Filial von Altmannsdorf,
und wieder, was es vorher gewesen war, ein e in faches Schloß-
Benefieium wurde, worüber der Landesfürst das Pa-
tronat behielt, und welches der'Herr Propst Stern noch ge-
nießt. Zur Zeit der Auspfarrung hatte Hetzendorf 817 Seelen
in 45 Häusern, Altmannsdorf aber 5o Häuser mit 3o6
1) Herr Jacob Stern, geboren zu Wien 17^9, trat daselbst in das erz-
bischöfliche Alumnat ein, wurde 1776 Doctor der Gottesgelehrtheit,
hierauf Beichtvater der Salesianerinnen und Prediger, dann k. k.
Hof-Capellan, 1794 Decan der theologischen Facultät, 1796 k. k. Exa-
minator aus per Kirchengeschichte und dem Kirchenrechte, und '800
den 23. September von Sr. Majestät dem Kaiser zum Propste vön
I*vantia, Prälaten und Landstand des Königreiches Ungarn ernannt,
und am 20. Qctober in Gegenwart beyder k. k. Majestäten, des Groß-
herzoges von Toscana und der k. k. Familie, in der hiesigen Hof-Capelle
durch den Cardinal Grafen Hrzan, Bischof zu Stein amAnger, feyer-
lich infulirt. , . .
Seelen. Der jeweilige k. k. Hof-Capellan allhier übt zugleich
auch bey der Anwesenheit der allerhöchste» Herrschaften die
pfarrliche Jurisdiction im Schlosse, im Nahmen des Hof« und
BurgpfarrerS, aus.
Die Trivial-Schule in Hetzendorf, zunächst dem Herr-
schaftsgebäude, ist ein einfaches klemes Haus mit der passenden
Aufschrift: »Lasset die Kleinen zu mir kominen,
und hindert sie nicht.« Sie besteht aus zwey Classen,
dankt der großen Kaiserin Maria Theresia ihre Errich-
tung , und zählt auch den Kaiser Joseph II. unter ihre Be-
förderer. Der im Jahre 1777 angestellte Lehrer war Anton
R u h i t l. Er bekömmt seinen Gehalt theils von der Gemein-
de, theils aus dem Religionsfonde.
Hetzendorf hat auch einen eigenen Gottesacker, den die Ge-
meinde mit einer Mauer umgeben, mit einer Leichenkammer
versehen, und den der Herr Propst Stern am 2. November
1784 eingeweiht hat. Er ist ohne Merkwürdigkeit.
Ueber dem Gemeindebrunnen erhebt sich ein steinerner Obe-
lisk, fünf bis sechs Schuh hoch, mit der Aufschrift:
MDCCLXXXXII. FRANCISCO II. CAESARIS MVNIFICENTIA.
AüZ deck Fußgestelle fließt reines, gesundes Wasser hervor.
Äm Ende des Dorfes bis-an die Lainzer Anhöhe, und hin-
über bis an die Straße nach Hietzing, sieht man eine große Heide
mit vielen Hügeln und Vertiefungen — die Grabstätten zahl-
reicher Bewohner der umliegenden Gegend, und vielleicht auch
von Wien, welche die Pest 1713 dem, Leben entriß.
xViil Liesing ').
Eine kleine Meile südystwärts von der Schönbrunner- oder
HundSthunnerünie Wiens liegt Liesing, umgeben von den
t) Nus dem ungemein fleißig bearbeiteten Berichte des Pfarrers daselbst,
Marti n I ofep h R ü d ; verglichen mit den Pfarr - Acten rm ty
lfischöfsichen G»nsist-rial - Archive Kt. L. JVr. XII. und
2o8
Ortschaften Atzgerstorf, Mauer, Kalchspurg, Rodaun, Perch-
tholdsdorf, SLebenhirten und Erla, in einer angenehmen und
gesunden Gegend, in welcher nebst den gewöhnlichen Feldfrüch-
ten auch viel Wein erzeuget wird. Durch das Dorf geht die
sogenannte Waldstraße, und gibt demselben einige Lebhaftigkeit.
Der Reichliesingbach (einst Liznicha) entspringt eine
Meile davon bey Breitenfurt im Wienerwalde, im Forste Reich-
liesing, und theilt das Dorf in das obere, Kleinliesing,
und untere, Großliesing, und vereinigt sich dann oberhalb
Schwechat mit dem Flusse dieses Nahmens. Da dieser Bach im
Gebirge entspringt, so lauft er bey Regengüssen oft so heftig
an, daß er die Bewohner des Dorfes in Furcht versetzt.
Der Ursprung dieses Dorfes läßt sich geschichtlich nicht be-
stimmen , und bisher hat sich das Daseyn desselben noch nicht
früher nachweisen lassen, als es eine einzelne Stelle im Kto-
sterneuburgischen Saalbuche bestimmt. Dort erscheint um das
Jahr ii3o ein Engelbrecht de Lüzino. Ob er Eigenthümer
oder nur Bewohner dieses Ortes gewesen, sagt die angeführte
Stelle nicht.
Nach der Mitte des XIV. Jahrhundertes erzählt uns eine
Urkunde vom Jahre 1387, daß Heinrich v. Pottendorf
Herrn Georg v. Lichtenstein, Herrn zu Nikolspurg, um
5oo Pf. Pfennig Gülten und Güter zu Liesing verkauft habe,
welche in drey Fuder Weingelds Bergrecht und dem dazu gehö-
rigen Voigtrecht in 10 Pf. und 76 Pfennige Wienermünz Gel-
des auf behausten Gütern, und in 2 Pf. Pfennig Gelds auf
einem Hof zu Liesing bestanden. In dem Kaufe war auch noch
begriffen der Weinzehent, den der Verkäufer von dem Fürsten
zu Paffau zu Lehen hatte, und sich über die Weingärten im
Greut und in den Jungreißbergen erstreckte.
Herzog Albrecht IV. hatte zu der alten Dorothea-Capelle
zu Wien einige Gülten gestiftet, die in 5 Pf. und 40 Pfen-
nige auf behausten Gütern zu Nieder- und Oberliesing, nebst
noch einigen zu Speising, Kalchspurg und Rodaun bestanden,
und sein Sohn Albrecht V. bestätigte diese Schenkung am
Sonntag nach Lichtmeffen 1418. Zwey Jahre später vermachte
des Herzogs Albrecht Kellerschreiber, Conrad Straffer,
2 Oy
den man auch Gentzl nannte, dem Gotteshause St. Dorothea
einen Weingarten zu Liesing, der Durchweg genannt, und
i00 Pf. Pfennige auf einen Jahrtag. Die Besitzungen der
Capelle St. Dorothea gingen natürlich an das bey selber 1414.
gegründete Stift der regulirten Chorherren über, wie sie auch
in dem Stiftbriefe vom 16. August 1414 ausdrücklich aufgezäh-
let werden, und dann dadurch erwiesen wird, daß der Herzog
Albrecht »417 eine Streitigkeit beylegte, welche zwischen
dem Stifte St. Dorothea, dem Ritter Alexius Grad ne r
eines Theils, und dem Hanns Würfl andern Theils, über
eine Fischwaid in dem Liesingbach entstanden war. Das Stift
St. Dorothea und Alexius Gradner waren um diese Zeit, wo
nicht allein, doch die Haupteigenthümer der beyden Liesing, und
bezogen nach Aussage des Grundbuches 142g das Bergrecht
und den Zehent allda. Zu eben dieser Zeit hatte das Stift
neben der gemeinen Straße einen Tufsteinbruch, dessen fernere
Bearbeitung Kaiser Friedrich IV. dem Stifte 1444 erlaubte.
Im Anfange des XVH. Jahrhundertes kam das Stift St.
Dorothea in mißliche Umstände, und versetzte das Gut
Liesing gegen die dargeliehene Summe von 6800 Gulden an
Adam Hager, Sr. kaiserl. Majestät Hofdiener, von wel-
chem es doch bald wieder nach Abzahlung der Schuld zurück-
gestellet wurde.
Wie es dem Dorfe in der ersten türkischen Belage-
rung Wiens ergangen, darüber sind keine sichern Angaben vor-
handen, aber desto deutlicher sind dessen Schicksale zur Zeit der
zweyten Belagerung i683 beschrieben. Oberliesing zählte da-
mahls 8 Häuser, Unterliesing iy, von welchen nicht eines den
Flammen entging. Die Bewohner wurden theils niedergehauen,
theils gefangen; einige entflohen und retteten dadurch ihr Le-
ben. Zur Wiederaufbauung des Dorfes vertheilte das Stift
die Brandstätten um geringe Preise an die neuen Ankömmlin-
ge, leistete nach Möglichkeit Geldvorschüffe, und brachte es auf
diese Weise dahin, daß das ganz ruinirte Dorf wieder erbauet
wurde.
Als bald darauf 1718 die Pest zu Wien und in der Um-
gegend wüthete , blieb Liesinq von diesem Uebel verschont.
O
i
Späterhin vergrößerten sich beyde Theile des^ Dorfes, so
daß Oberliesin.g im Jahre 1760 10, Unterliesing 34 Hauser
zahlte. Gegenwärtig ist das Dorf um vieles noch bedeutender,
und Oberliesin.g zahlt 24, Unterliesing 48 Hauser, in welchen
129 Familien wohnen, die zusammen bey 700 Menschen zah-
len , unter welchen sich einige Fabriksarbeiter befinden, die
theils der augsburgischen, theils der helvetischen Confession zu-
gethan sind.
Im Jahre 1789 kam Liesing an Herrn Joseph Edlen v.
K u r z b ö ck, und spater an die Frau Gräfin I 0 s e p h a v.
Breun er, geborneKhevenhüller, die sich als Ortsbesitzerin die
Vergrößerung des Dorfes sehr angelegen seyn ließ, und die
nothwendigen Professionisten nach Liesing zu ziehen bemüht
war. Zu diesem Ende überließ sie solchen Ansiedlern Bäuplatze
von dem herrschaftlichen Grunde, und in kurzer Zeitfrist ent-
stand am so genannten Seinmeiffel gegen Kalkspurg hin eine
neue mit wohlgebauten Häusern besetzte Gaffe» Zu Liesing ge-
hören auch drey mit Mauern umfangene Mühten, die einen
schloßähnlichen Anblick gewähren. Aus einer derselben, der so
genannten Heidemühle, welche eine Viertelstunde vom Orte
entlegen ist, entstand im Jahre 1806 eine Wollen spinn-
fabrik, deren Eigenthümer, Herr v. Elz, das Jahr hindurch
70 bis 90 Menschen beschäftiget. Zu Unterliesing ist eine eng-
lische Lederfabrik, welche im Jahre 181 o errichtet wur-
de, und gewöhnlich über 20 Menschen den Lebensunterhalt ver-
schafft. Der Inhaber, ein fleißiger Geschäftsmann^ heißt Ignaz
Huber» Der übrige Theil der Einwohner nährt sich durch
Feld - und Weinbau; der Haupterwerb aber ist der Milchhandel
in die nahe Hauptstadt.
Zu Oberliesing befindet sich das herrschaftliche Schloß,
zwey Stockwerke hoch von neuerer Bauart, welches viele Zim-
mer enthält. Es liegt mitten in einem englischen Garten, und
ist zur Hälfte von einem fischreichen Teiche umgeben. Den Ein-
gang ziert ein massiver viereckiger Thurm mit einer runden Kup-
pel , der ein Ueberbleibsel des alten Schloßgebäudes ist. Trotz
seines festen.Ansehens wurde er doch durch den gewaltigen Sturm
am 3o. September 1607 so sehr beschädigt, daß der obere Theil
t
21 1
desselben abgetragen werden mußte, und er- also ein Beträcht-
liches von seiner Höhe verlor. In diesem Thurme war vor-
mahls im ersten Stocke eine Capelle, in welcher der Geist-
liche des Stiftes St. Dorothea, der als Verwalter hier an-
gestellt war, Messe zu lesen pflegte.
Links am Eingänge des Schlosses wurde 1789 von dem
damahligen Besitzer, Joseph Edlen v. K u r z b ö ck, eine kleine
niedliche Capelle errichtet, in welcher sich ein einfacher Altar
befindet. Als im Jahre 1818 die Renovation der Pfarr-
kirche geschah, wurde mit erzbischöflicher Erlaubniß der Got-
tesdienst durch drey Monathe in dieser Capelle gehalten.
Dieses Schloß entstand aus einem Hause, welches einst der
Hausgraben genannt wurde, und dessen erster bekannter Ei-
genthümer Michael Topler war. Seine hinterlassene
Wittwe Katharina, welche sich mit einem Manne, Nahmens
Putz, verehlichte, und ihr Sohn, Paul Topler, waren an
den Juden Hetschlein, einen Sohn des Juden Eysacks von
Weyburg verschuldet, und mußten ihm selbes aus Zahlungs-
unfähigkeit überlassen, worüber sie auch i435 am 4. Januar
Verzicht leisteten. Von dem Juden kaufte es alsogleich Georg
Zeitlas, Richter zu Liesing, der es nach einigen Tagen a\%
Herrn Andreas Plank, Pfarrer zu Gars und des Her-
zoges Albrecht Kanzler, um 40 Pf. Pfennig mit aller Ein-
und Zugehör, als: Weingärten, Gärten re. verkaufte. Die 3o
Pfennige jährlichen Dienstes, welche auf diesem Hause hafte-
ten, gehörten halb dem Stifte St. Dorothea, halb dem
edlen, festen Alexander Gradner. Nach der Hand erhielt der
Hausgraben den Nahmen Auhof, und Probst Georg ver-
kaufte 1678 denselben an Leopold St e in t ü ll n e r, des
Stiftes St. Dorothea Schaffer und Diener, um 286 fl., nach-
dem der Hof feit der Türken Einfall durch 44 Jahre öde und un-
gebauet gelegen hatte. Doch bald kam das Stift wieder zum Be-
sitze dieses Hofes, da ihn ein folgender Besitzer, Lorenz Schankers,
i5g4 als Stiftung eines Jahrtages, zu diesem Gotteshause
vermachte». Daß das Schloß i683 abgebrannt und selbes verwü-
stet worden, warein trauriges Ereigniß, welches Liesing allgemein
O 2
betraf/ und vielleicht die schönere Herstellung des Schlosses her-
beyführte.
In den letzteren Jahren der Existenz des Stiftes kauften
die Vorsteher desselben die zu andern Herrschaften untenhä-
nigen Unterthanen an, so die Starhembergischen und Hetzen-
dorferischen 1775, die Jesuitischen 1776. Nach der Auslösung
des Stiftes wurde dieses Gut 1789 öffentlich versteigert, und
gegenwärtig besitzet es Ritter Leopold v. Hinsberg, königl.
bayerischer Gesandtschaftsrath; feit den Dorotheern der fünfte
Besitzer.
Liesing gehörte vielleicht feit seiner Entstehung zur Pfarre
Ätzgerstorf, und blieb in selbe auch bis aus Kaiser Io sey HU.
eingepfarrt. Aber schon frühe wurde zu Niederliesing zu Eh-
ren des heiligen Bischofes Servatius *) eine kleine Capelle
erbauet.
Der Anfang dieser Capelle fallt zwischen die Jahre i43ö
und 1482, weil im Grundbuche von 1429 noch keine Meldung
derselben geschieht, und 1488 der ersten Stiftung zu selber er-
wähnet wird. Der Bau derselben wurde entweder im Jahre
,482 erst angefangen, oder war noch nicht vollendet, da Her-
zog Albrecht IV. den damahligen Einnehmern der Juden-
steuer zu Ober- und Niederliesing befahl, daß sie das Geld,
welches die dort ansässigen in der Urkunde benannten Leute an
der Judenschuld dem Herzoge noch restiren, einnehmen, und
zum Bau einer Capelle, die man zu Niederliesing bauet, ge-
ben sollen. Schon das folgende Jahr 1488 fanden sich Wohl-
thäter, nähmlich Christian Klauber, welcher zu dieser
neuen Capelle Weingärten vermachte, und vom Jahre ,489 sagt
das Grundbuch: die neugestiftete Capelle zu Niederlie-
sing steht Nutz und Gewähr an einem Weingarten, das Jüdl
0 Servatius lebte im IV. Jahrhunderte, und war der ro. Bischof zu
Tongern, einer kleinen Stadt am Flusse 2ecker, 5 Meilen von Lüt-
tich, wohin er den bischöflichen Sitz verlegte, aber, auch bald wieder
nach Mastricht versetzt wurde. Er war ein besonderer Freund des hei-
ligen Atbanasius, wohnte mehreren Concilien bey, als denen zu Sar-
dis, Kölln, Runini gegen die Arianer bey, und beschloß seine Le-
benslage ant i3. May 384.
2r3
genannt , in den Steinfeldern gelegen. A n n a N u ß d o r f e-
rin vermachte 1448 ihren Weingarren in der Soß auf eine
ewige Messe. Nach der Hand kamen als Stiftung noch einige
Weingarten dazu, so daß sie 1627 ungefähr 3 Joch ausmach-
ten. 1760 wurden, als der Kirche zuträglicher, mehrere Wein-
gärten verkauft, und für selbe ein Capital von 1028 fl- an-
gelegt. Zum Bau dieser Capelle trugen aber die Chorherren
des Stiftes Sr. Dorothea das Meiste bey, und ihr Propst,
N i e 0 l a u s v. Landskron, verwendete sich bey dem Bischöfe von
Paffau, Leonard, für die Consecration derselben, welcher zu
diesem feyerlichen Act den Bischof von Salona, Sigmund, de-
legirte, der die Capelle im Jahre 144b einweihte. Nochim nähm-
lichen Jahre bestätigte I 0 h a n n P 0 l z m a ch e r, der geistlichen
Rechte Doctor und Coadjutor des Propstes bey Sr» Stephan zu
Wien, des Grafen A l b r e ch t v. S ch a u m b u r g, die Stiftung,
Erbauung und Einweihung dieser Capelle, und bezeugte zu-
gleich, daß die benannten Chorherren als Hauprstifter der Ca-
pelle für immer das Recht haben, daselbst Messe zu lesen, und
allen jenen Gottesdienst zu halten, der den pfarrlichen Rechten
nicht zuwider läuft. Der Pfarrer von Atzgerstorf wird ange-
wiesen , den Gottesdienst am Patrocinio und Kirchweih zu
halten, aber dafür müsse er und seine geistlichen Gehülfen an
diesem Tage mit anständiger Kost versorget werden.
Sehr bald, »462, wurde diese Capelle von dem Cardinal-
Priester und Legaten Nicol aus, für das Kirchweihfest und
Patrocinium mit einem Ablasse beschenkt, und sein Nachfol-
ger, der Cardinal Bassari on, vermehrte die Gnadenbezeu-
gung noch dadurch, daß er 1461 allen jenen Ablaß ertheilte,
welche zur Erhaltung und Verbesserung derselben hülfreiche
Hand darbiethen würden. Noch im nähmlichen Jahre bestä-
tigte er die Capelle aus apostolischer Vollmacht, incorporirte
selbe dem Stifte St. Dorothea, und ertheilte demselben die
Erlaubniß, den Gottesdienst daselbst entweder durch einen
Stlftsgeistlichen oder Weltpriester besorgen zu lassen; nur
sollten sie sich der pfarrlichen Verrichtungen enthalten. Diese
Gnadenverleihungen waren aber später dem Atzgerstorfer Pfar-
rer Martin nicht willkommen, und es entstand darüber Wischest
ihm und dem Stifte ein Strert, der aber durch die Darle-
gung der Privilegien sich zu Gunsten der Capelle endigte. In-
zwischen hatte der Propst Stephan, um das Jahr 1460 das
Gebäude der Capelle gebessert, und ein Gleiches mag nach dem
Jahre 1629 geschehen seyn, da die Türken dieses Gotteshaus
vermuthlich eben so wie alle andere Dorfkirchen behandelten.
Ein Gleiches mußte die Capelle i683 erfahren, wie die aus-
gebrannten Ziegeln zeigten, als man vor einigen Jahren die
Kirche renovirte.
Das Stift St. Dorothea hielt gewöhnlich zu Liesing ei-
nen geistlichen Verwalter, der im Schlosse, wohl auch in der
Servatius-Capelle Messe las; aber c-ie andächtige Gemeinde
wollte, daß auch ihre alten und preßhaften Leute an Sonn-
und Feyertagen des pfarrlichen Gottesdienstes nicht verlustigt
seyn möchten, da für selbe und die Kinder zur Winterszeit und
bey schlechter Witterung der Weg nach Atzgerstorf sehr be-
schwerlich ist.
Im Jahre 1777 trug die Gemeinde diesen Wunsch ihrem
Pfarrer'vor, und bathen mit seinem Einverständnisse bey dem
Consistorium, daß betn Pfarrer Anton Fritzl ein Cooperator
beygegeben werde, welcher gegen Reichung von jährlichen 140 fl
in der Lresinger-Capelle alle Sonntage um 8 Uhr die Messe
lesen und das Evangelium erklären, an Feyertagen aber Pre-
digt, Messe und Segen halten, und in der Woche öfter eine stille
Messe halten möchte. Diese Bitte wurde der Gemeinde mit
der Ctausel bewilliget, daß dem pfarrlichen Gottesdienste kein
Eintrag geschehe.
Bey der neuen Pfarreintheilung unter Kaiser Joseph II.
bath die Gemeinde -788, daß auch ihr ein eigener Pfarrer
gegeben werden möchte, und sie war so glücklich, die Bewilli-
gung dieser Bitte zu erhalten. Da die.Gemeinde dem Stifte
St. Dorothea unterthänig war, so wurde der Herrschaft auf-
getragen, einen Geistlichen ihres Hauses auf diese Pfarre zu
stellen, und den Unterhalt mit 55o fl. für selben zu bestreiten.
Propst Floridus zu Klosterneuburg, als Administrator des Do-
rotheer-Stiftes, präsentirte als ersten Pfarrer Herrn Ignaz
Sailler von St. Dorothea, der dann am 7. Aprill 1784
die Pfarre bezog. Da die Pfarrwohnung noch nicht hergerich-
tet war, so wurde ihm inzwischen seinAufenthalt im Schlosse
angewiesen. Durch einen Hofbescheid vorn 24. November 1787
wurde die Con.grua des Pfarrers auf 600 fl. festgesetzt. Spä-
terhin wurde die Pfarrwohnung aus einem von einem Priva-
ten erkauften Hause bequem, und für einen Geistlichen geräu-
mig genug , zugerichtet.
Saillers Nachfolger war Romuald EinfalL, aus dem
Orden der unbeschuhten Karmeliten. Nach dem 'Abgänge die-
ses Mannes wurde eine kreisämtliche Commission über die.Be-
setzung der Pfarre gehalten, welche zur Folge hatte, daß sich
die Gemeinde verreversirte, ihren jeweiligen Pfarrer zur besse-
ren Subsistenz jährlich 10 Metzen Getreide, und 5 Eimer Wein
zu verabfolgen, und alle nöthigen Fuhren zu leisten. Das Pa-
tronat übt die jedesmahlige Ortsherrschaft aus; der Gehalt
des Pfarrers, in 600 fl. bestehend, wird ihm aber vom Reli-
gionsfonde verabfolgt.
Die Kirche wurde in der ersten Hälfte des XV. Iahrhun-
dertes nach dem Baugeiste derselben Z/it aufgeführt, und hat
im Presbyterio ein gothisches Gewölbe. Das Schiff der Kirche
aber hat ein anderes, welches von einer neuern Bauart zeigt,
und auf den sechs an der Wand stehenden Pfeilern ruht.
'Als sie zur Pfarrkirche erhoben wurde, erhielt sie die nöthi-
gen Pfarr-Requisiten aus verschiedenen aufgehobenen Kirchen
und Klöstern. Der Hochaltar stand vorher in der Kloster-
kirche der Clarisserinnen bey St. Nicolaus zu Wien, die Kir-
che nstuhle kamen aus der Pfarrkirche des wienerischen Bür-
gerspitals , das Positiv aus der alten nun abgetragenen
Pfarrkirche zu Herrnals, die Kanzel aus der Freydhofkirche
auf der Landstraße, die reichen und prächtigen M e ß k l e i d e r,
die Ornate, Attarpölster und Kelche aus dem genannten Ni-
-colaerktoster, woher auch die Kelheitnerplatten genommen wur-
den, um das Presbyterium damit zu belegen.
Der gegenwärtige Pfarrer, Martin Joseph Rü d, bemühte
sich gleich bey seinem Antritte der Pfarre, die Kirche, und vor-
züglich das Gebäude, in einen noch bessern Zustand zu versetzen;
und da er bey dem geringen Vermogensstande der Kirche diesen
2l6
Wunsch unausführbar sah, nahm er seine Zuflucht zur Wohl-
thätigkeit seiner Gemeinde. Am Neujahrstage forderte er
durch eine Predigt seine Pfarrkinder zur Mildthätigkeit für
ihre Pfarrkirche auf, und es that die herrlichste Wirkung. Bey
der darauf vorgenommenen Sammlung, wozu sich alle Ge-
meindegtieder, Akatholiken, ja sogar Juden nicht ausgenommen,
herbeyließen, wurde eine Summe von gg5 fl. erworben, und aus-
wärtige Gutthäter erhöhten selbe bald auf i86ifl. 4kr. Am
Osterdienstage (24. März 1818) wurde nun der Anfang zur
großen Renovation gemacht; und durch die thätige Aufsicht des
Ortsrichters, Joseph Härtel, legte Alles mit solchem Ei-
fer und Fleiße Hand an die Arbeit, daß die Erhöhung des
Kirchengewölbes — die Erweiterung der Kirche — die Aus-
setzung des neuen Dachstuhleö — die Erbauung der neuen Sa-
cristey — die Verzierung des Hochaltars mit dem neuen Bilde
(die Geburt Christi, nach Rubens), die Herstellung des neuen
Tabernakels, schon am si.Junius des nähmlichen Jahres vol-
lendet war.
Die größten Wohlthäter bey diesen wichtigen Verän-
derungen waren Herr Ignaz Huber, Inhaber der Leder-
fabrik, und beyde Müllermeister, G eorg Pötzelberger,
und Georg Kikkinger.
Auch die beyden Seitenaltäre sind ganz neu, und stehen
im Persbyterio gegen einander. Rechts prangt auf selbem
das Bild der heiligen Anna, links das des heiligen Johann
vonNepomuk; beyde gut, erstes vortrefflich, von der Hand
emes jungen akademischen Mahlers, Nahmens Langhirt.
Das Vermögen der Kirche besteht gegenwärtig mit dem
oben genannten Ertrage von den verkauften Weingärten pr.
1020 fl., da die Gertraud Kikkinger, Thomas
Leonhard, Adam und TheresiaLechner, Martin
Reiber, Böhm, Hausruck, Brückma yer und The-
resia P ötzelb erg er-Stiftungen dazu gekommen sind, in
öffentlichen Fondsgeldern in 4901 fl.
Liesing hatte vor Errichtung der Pfarre keine eigene be-
stehende Schule, sondern die Kinder mußten dem Unterrichte
tn der Pfarrschule zu Atzgerstorf beywohnen. Da aber die
217
Kinder im Sommer wegen des öfter austretendem Baches,
und zur Winterszeit der Witterung wegen, oft verhindert wur-
den, den Unterricht zu besuchen, so nahm die Gemeinde einen
verabschiedeten Officier auf, der ihre Kinder im Gemeindehause
unterrichtete. 'Als aber die Pfarre errichtet wurde, so baute
das Stift St. Dorothea eine eigene Schule mit einem Lehrzim-
mer. Bey Errichtung der Schule belief sich die Zahl der un*
ter,rechtsfähigen Kinder etwa auf 20, aber gegenwärtig sind sie
auf 80 angewachsen, ungerechnet die Fabrikskinder, die 20 an
der Zahl, durch den Lehrer eigens im Fabriksgebäude unterrichtet
werden. Dieser Ursachen wegen wurde 1817 dem Lehrer ein
Gehülfe bewilliget.
xix. Pfarre Mauer
Oesterreichs Fürsten aus dem Hause Babenberg vergnügten
sich oft in den Schattenhainen des Wienerwaldes mit der Iagd^
Entfernt von den Burgen ihres gewöhnlichen Aufenthaltes, bau-
ten sie sich Jagdschlösser, zu welchen sie durch Ausrottung ei-
nes Theiles des Forstes erst Platz gewinnen mußten. So ent-
stand zuerst das Schloß »im Gereut,« auch Möwe r, M a u e r
genannt (welchen zweyten Nahmen Einige von der dieses Schloß
umgebenden Mauer herleiten), ohne daß der Nahme des Er-
bauers aus unsere Zeiten kam. Der fromme Sinn der Für-
sten errichtete neben dem Schlosse , nun das Haus Nr. 117,
eine Capelle, dem heiligen Erhard geweihet; der sie beglei-
tende Capellan verrichtete dort bey ihrer Anwesenheit den Got-
tesdienst, und nach und nach siedelten sich Bewohner in der
Nähe des Jagdschlosses an, und bildeten endlich eine eigene
Gemeinde»
0 Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial-Archive
lit. M. JNr. VIII. und 8; nach einem noch eben daselbst vorhandenere
und von dem Exjesuiten und Pfarrer daselbst, Georg Maximi-
lian Wechinger, verfasiten Protokolle; nebst den ansehnlichen
geschichtlichen Beyträgen des gegenwärtigen Herrn Pfarrers, Jacob
Neinberger, und des k. k. Hoskammer-Archives.
2*8
Wenig ist uns von den Schicksalen dieses Dorfes aus der
Vorzeit bekannt. Otto Heym v. Neu bürg hatte die Herr-
schaft Mauer schon am Ende des XUL. Jahrhrmderres zu Le-
hen, obwohl er das Jagdschloß, das in den stürmischen Tagen
der damahligen Zeit eine ernstere Bestimmung mag erhalten
haben, nicht besessen zu haben scheint, indem er auf einem na-
hen Berge ein neues Schloß erbaute, und um 1262 eine Ca-
pelle zur Ehre des heiligen ApostelsAndreas gründete, von
der in der Folge noch mehr die Rede seyn wird. Auch er und
sein Sohn, der 1800 in den Johanniter-Orden trat, ver-
schwinden in der Geschichte von Mauer, und eine Linie deS
alten und berühmten Geschlechtes der Herren v. Eckartsau
erscheinet, nach dem Zeugnisse des Landes-Catasters, auf ihrem
Platze, und behalt ihn bis zu dem Erlöschen der Familie.
Wohlthätig wirkte dieses Geschlecht durch 200 Jahre in
so mancher Hinsicht für Mauer. Die vermehrte Urbarmachung
der Gründe, emsig betriebener Weinbau wird in diesem Zeit-
räume angetroffen, wie Schenkungen und andere Urkunden be-
weisen. So erscheint C h a d 0 l d v. G e r e u t, der Bruder C h a-
tolds v. Eckart sau, als friedliebender Mann, der sich mit
d§m Stifte Lilienfeld gewisser Streitigkeiten wegen i356 ver-
gleicht *). Als väterlich denkender Freund der Armen, glänzt
Chadold der Jüngere v. Eckarts au, der i368 dem Ca-
plan Jans zu Mauer, das Bergrecht vom Maurerweinge-
birge im obern und untern Sauzügl mir der Bedingniß schenkt,
daß er und seine Nachfolger jährlich zwey Faden a) grünes
Tuch kaufen, und alle Jahre den Nochleidenden zu Mauer aus-
theilen sollten 3); nur der Ueberschuß gehörte dem Caplan
für seine Mühe.
Die Herren von Eckartsau suchten ihre Herrschaft zu ver-
größern; 1359 kauften sie Chatchsberg (Kalchspurg) von Frie-
drich v. Pettendorf; und Leopold v. Eckart sau brachte den
1) Hantlialer Recensus Diplomatico - Genealogicus,
2) Ein Faden ist eine Länge von sechs Schuhen. Wachterus.
Z) Gesammelte Familien-Nachrichten deren von E ck a r t $ a u aus Urbanen
und andern Schriften durch den Domherrn Smitmen
2H)
einen Theil der Herrschaft, der vor ihm noch immer in andern
Handen war, und die Veste im Gereut genannt wurde, durch
Kauf von den Brüdern H a n n s und Michael d e n Z i n k e n
an sich, und vereinigte so 1418, mit Bewilligung Herzogs A l-
b rechts Y., dessen Hofmeister er war, das eigentliche Mauer
mit dem von Heym v. Neuburg erbauten Schlosse und dessen
zugehörigen Gütern, von Chadold dem Aeltern die »Engel-
d u rg« geheißen. (K. K. Hofkammer-Archiv.) Beym Verlöschen
der männlichen Linie um 1607 mitWil Helm v. Eckartsau,
kam das Gut an die weibliche, und durch Marg aretha, ge-
borne v.Eckart s au, an ihren GattenW 0 lfgang v. Eb er-
st 0 r f, der von Maximilian!, damit belehnt wurde *).
In der Folge kam Mauer an mehrere Pfandinhaber ; so
*527 an Adam Schweinbecken, von dem vorigen Pfand-
inhaber Helfried v. Meckgau; i534 an Marcus Beb von
Leopoldsdorf. Aber Ferdinand!, brachte es als sein Eigenthum
wieder an sich; und i5^2 wurde es dem Otto v. Tiska,
Obersten und Befehlshaber von Pesth, pfandweise verschrie-
ben. 1649 erhielt es nach unmittelbar vorhergegangenen zwey
Pfandinhabern, desI ac0b Walch, und des Doctors Ger-
hard Bucoldian 0, der Oberst-Stallmeister GrafSig-
m u n d v. L 0 d r 0 n ; 1556 Herr Hanns Pr 0 cken, und
1678 von Rudolph!!., Claudius Tribulz, Graf zu
Mölz, der »691 zu Prag kinderlos starb. Seine hinterlassene
Wittwe machte viele Ansprüche an den Hof , der ihr dann
die Herrschaft Mauer eigenthümlich i6o3 übergab. Aus dem
Hause Lasso de CaDia geboren, eilte sie nach Madrit, wo
sie starb. Früher, 1609, machte sie das Gesuch, Mauer den Je-
suiten schenken zu dürfen, das ihr auch Kaiser Mathias
bewilligte. (Alles aus dem k. k. Hofkammer^Archive, der Origi-
nal-Schenkungsbrief befindet sich noch bey der Herrschaft Mauer.)
Dieser immerwährende Wechsel der Herrren, konnte nur
nachtheilig auf das Gut selbst wirken, und war keinesweges
geeignet, die harten Wunden zu heilen, die der Einfall der
r) Lehen - Archiv. Der Lehenbrief vom Jahre r5ir.
Türken 1529 den Unterthanen schlug. Nur langsam hob sich
der Ort aus seinem Verfalle ; denn nach 80 Zähren waren
noch 60 Brandstätten vorhanden; und kaum hatte der Orr sich
gänzlich erhöhtet, so schwang 1679 die Pest ihre verheerende
Fackel, und raubte binnen 3 Monathen 294 Menschen das Le-
hen; der Ueberrest der Gemeinde hatte 4 Jahre darauf das
herbe Schicksal, neuerdings von den Türken um Gut und
Habe gebracht zu werden. Der Fleiß der sich nach und nach
wieder Sammelnden, unterstützet durch die Vatersorge ihrer
Herren, der Jesuiten, verbesserte des Krieges harte Schläge.
Die abgebrannten Häuser und Schlosser wurden hergestellet,
letztere von den Jesuiten zur Aufnahme adeliger und wohlha-
bender Menschen eingerichtet, die unter Leitung der Väter der
Gesellschaft Jesu geistliche Uebungen machten, wodurch nicht
nur die Erzeugnisse der Landleute einen besseren Abgang fan-
den, sondern selbst mehrere Reiche angelockt wurden, sich Wohn-
stätten und Gärten anzulegen. Bald stand Mauer blühend da,
die Anzahl der Bewohner mehrte sich, als nach Aufhebung der
Jesuiten 1778 ihre beyden Schlösser in Militär-Casernen um-
gestaltet wurden. Die Herrschaft wurde durch die Jesuiten-
Güter-Direction verwaltet, bis sie im Jahre -778 Franz,
Edler v. Mack, an sich kaufte, nach dessen Tode sie auf
seinen ältesten Sohn, Valentin Edlen v. Mack, k. k.
Truchseß, überging.
Mauer liegt erhaben, ist gleichsam die Vormauer des ceti-
schen Gebirges, aus dem reine stärkende Luft, und vortreffli-
ches Wasser strömt. Der Rücken des Gebirges trägt einen
Wein, der, 3o Jahre alt, dem edelsten Rheinweine an Güte
gleich gehalten wird. Der Handel mit diesem, wie mit Obst
und Milch, ernähret die Einwohner. Dem Freunde der schö-
nen Natur biethen sich hier eigene Freuden dar; er findet zwey
Mineral-Quellen, eine in dem Garten des Magistrats-
Rathes v. Kiennast, die andere an der untern Caserne.
(Beyde sind durch Herrn Professor Cranz bekannt gemacht
worden»)
Am Ende des Dorfes sind die zwey Casernen, die obere
und die untere; letztere war einst die Residenz der Herrschaft,
22L
ohste daß die Zeit der ersten Erbauung angegeben werden kanm
Viel glücklicher ist in dieser Hinsicht die obere, weil sie auf
dem Platze sich befindet, auf dem zuerst O t t o H e y m v. Neu-
burg sich ein Schloß am Ende des XIII. Jahrhunderts baute,
das mehrmahl zerstört, wieder erneuert wurde. Zu seiner, dem
Andenken des heiligen Apostel Andreas geweihten Capelle,
soll er Manches gestlftet haben. Sein Sohn Otto, in den
Orden der Johanniter tretend, verbesserte die Stiftung seines
Vaters mit zwey Pfund Burgrecht im Jahre i3oo *). Ihre
Nachfolger im Besitze dieses Schlosses, die Vorgänger über--
treffend, beeiferten sich, die Einkünfte der Capelle zu vergrö-
ßern. C h a d o l d v. E k a r t 6 a u , der Alte genannt, begabte
die Capelle des Schlosses, dem er den Nahmen »E n g e l s b u r g«
beylegte, mit einem Grundbuche zu Simonsfeld, einem Ze-
hent zu Kollenbrun, i/2 Joch Weingarten zu Perchtholdstorft
einem Hof zu Mutmanstorf, und 12 Eimer Bergrecht in gro-
ßer Neustadrer Maß. Dieß that er i343'* 2), und schien ihm
noch nicht genug, denn er fügte i3% eine Stiftung zur Er-
haltung des ewigen Lichtes dazu, zu der er 64 Krautgarten, und
seine Gattin Kunegunde die Zinsen von 20 Pfund Geldes zu
Mauer und Erla gelegen, widmete. Wann die Capelle einen
Priester zu ihrem Dienste erhielt, ist nicht bekannt; i363 kommt
zuerst einer mit Nahmen I a n s, das ist, I 0 h a n n vor, dem
Chatold der Jüngere einige Gülten zu Leopoldstorf ver-
kaufte. Leopolds v. Eckartsau Sohn, Georg, im Gei-
ste der Voreltern handelnd, schenkte dem Beneficium des hei-
ligen Andreas 1461 einen Hof zu Penzing, und 1464 vier Fu-
der Brennholz. Die ferneren Wohlthäter des Beneficiums
sind unbekannt, es müssen aber noch viele andere gewesen seyn,
da das Beneficium St. Andrä eines der vorzüglichsten Oesterreichs
war, und Bischöfe und Domherren es besaßen, die in der En-
gelsburg wohnten, und sich mitunter Pfarrer, und die En-
gelsburg den Pfarrhof nannten und schrieben. Das Patro-
») Lazius, Archiv des Iohanniter- Ordens, Geschichte von St. Salva-
tor in in Wien.
2) Familien-Nachrichten deren v. Eckart sau durch den Domherrn
Smitmer; und altes Uxbarium.
222
nats - Necht übten die Herrn v. Eckartsau, nach ihrem Ztbster-
ben die Landesfürsten; endlich verleibte Ferdinand der H.
das Benesiciunr mit allen Gerechtsamen dem Probehaus der
Jesuiten bey St. Anna zu Wien den 20. November 1629 ein,
die es auch nach dem Tode des letzten Beneficiaten 1640 in
Besitz nahmen. (Das Jncorporalions-Diplom im Original ist
bey der Herrschaft.)
Das Do-rf durchwandelnd, zeigt sich Nr. 114 der alte Frey-
singerhof, so genannt, weil ihn als ödes Gebäude einer
der Pfandinhaber der Herrschaft, Ritter Helfried v.Meckau
1527 dem Bischöfe von Freysingen überließ *). Gegen über steht
die 1760 von dem Freyherrn Gottlieb v. Engelshofen
neu erbaute Capelle und Statue des heiligen Johann
v 0 n N e p 0 m u k. Früher hatte Sebastian C i ch i n i schon
für eine gesorgt, die aber die Zeit und der neue Bau zerstörte.
Mehrere Schritte weiter finden wir das Haus Nr. »17 einst
das Jagdschloß der B abenberger, und in geringer Ent-
fernung die P f a r r k i r ch e zur Ehre des heiligen E r h a r d ge-
weiht. Das Gebäude stammt zum Theile aus den Zeiten der
Babenberger; das Presbyterium nähmlich ist noch die alte Ca-
pelle, in der Oesterreichs Fürsten ihrer Andacht pflegten. Die
Bauart beurkundet ihr Entstehen aus dem XI. Jahrhunderte.
Dle Sage berichtet, ^ie Capelle sey schon in den ältesten Zei-
ten mit Wiesen, Weingärten und einer Mühle zu Atzgerstorf
bestiftet gewesen. Die fernere Geschichte dieses Erbauungsortes
ist in Dunkel gehüllt; nur vom Jahre 1414 wissen wir, daß
der Benefieiat von St. Andrä alle Freytage gehalten war, die
heilige Messe bey St. Erhard zu lesen.
Mit dem Laufe der Zeit hörte auch dieses auf; dem Pfar-
rer von Atzgerstorf, der eigentlich der Seelsorger für Mauer war,
wurde die Pflicht auferlegt wöchentlich zwey Messen zu hal-
ten, weil die Erhards-Capelle durch den Einfall der Türken
,Z2L) zur Abhaltung derselben unbrauchbar gemacht worden war.
Wer sie gestiftet und wann, ist nicht bekannt. Eine fernere
Verbindlichkeit desAtzgerstorferPfarrers war, in seiner Filiale
r) Herrschaftliches Grundbuch lit. B- Io!. 517,
223
bey St. Erhard zu Mauer am Kirchweihfeste Gottesdienst zu
halten *)> Die so seltene Möglichkeit/ im Orte selbst die Pflich-
ten des Christen erfüllen zu können, fachte in den Bewohnern
von Mauer den sehnlichsten Wunsch nach einem eigenen Pfar-
rer an. Sie glaubten ihren Wunsch leicht erreichen zu können,
verkauften die zu St. Erhard gehörige Mühle, um mit dem
dadurch erlangten Gelde die St. Erhards-Capelle wieder her-
zustellen, und bathen den Landesfürsten, dem vorhandenen Be-
neficiaten von St- Andrä die Seelsorge als eigenem Pfarrer
zu übergeben» Sie erhielten nicht mehr, als daß der Pfarrer
von Atzgerstorf beauftragt wurde, gemeldete zwey Messen wö-
chentlich bey St. Erhard wieder zu verrichten. Als aber die Je-
suiten Mauer erhielten, vergrößerten und zierten sie die Ca-
pelle, in der sie dürch einen aus ihrer Gesellschaft Gottesdienst
halten ließen» Nach ihrer Aufhebung zitterte die Gemeinde
neuerdings, und fürchtete, ohne Priester leben zu müssen. Die
bekannte Frömmigkeit der hochstieligen Kaiserin Maria The-
resia ermuthigte aber die trauernden Landleute, ihre Schritte
zu der Herrscherin zuzeiten, flehend, man möge ihnen doch ei-
nen Priester für beständig geben. Sie wurden erhört, aus dem
Jesuiten-Fonde wurde ein neues Beneficium errichtet, und sel-
bes dem Exjesuiten, Georg Maximilian Wechinger,
1775 verliehen, mit dem jährlichen Gehalte von 400 fl», und der
Verbindlichkeit, in der St. Erhards-Capelle an Sonn- und
Feyertagen Messe zu lesen, Predigt und Christenlehren zu hal-
ten. 1788 hörte das Beneficium auf; denn es wurde zum Ju-
bel der Bewohner Mauers, zur Pfarre erhoben, dem Pfarrer
der systematisirte Gehalt von 600 fl. angewiesen, ihm eine
Wohnung in einem Theile des herrschaftlichen Amtshauses, ein
Garten und eine Wiese gegeben. Wirklich bezieht der Pfarrer
588 fl. aus dem Religionsfonde, und als Congrua-Erga'nzungs-
beytrag von der Patronats-Herrschaft 10 Klafter Holz. Das
Patronat war anfangs landesfürstlich, wurde aber ,796 auf
den Besitzer der Herrschaft, Franz Edlen v. Mack, übertragen.
<) PfarruntersuchulWhericht im Jahre i*44*
2L4
Der erste Pfarrer war der damahlige Benefieiat Johann
Georg Maximilian Wechinger.
Die Kirche St. Erhard hat außer dem Hochaltars noch
zwey Seitenaltäre, des heiligen Aloys und des heiligen Jo-
hann von Nepomuk; sie ist reinlich, und groß genug, um
die 982 Pfarrkinder zu fassen, auch gut eingerichtet mit Para-
menten und heiligen Gefäßen. Auch hier haben sich die Edlen
v.Mack, der Krappfabrikanr Franz Schmidler, der Baron
v. Engelshofen, und der Juwelier Prohaska von Wien
als Wohlthäter bewiesen.
Neben der Kirche steht das Schulhaus, aus dem Jesui-
tenfonde *780 um 1884 fl. erbaut, in dem i5o Schüler Un-
terricht empfangen; und gegen über ein schönes Denkmahl be-
glückender Menschenliebe, em Armenhaus, von dem bereits
rühmlich genannten Fabrikanten Franz Schmidler und
seiner Gattin errichtet, in dem Nothleidende die Interessen
milder Stiftungen und die wöchentlich gesammelten Beytrage
genießen. Einige hundert Schritte von diesem redenden Zeug-
nisse ihrer schönen Denkart, ruhen diese erst angeführten Edlen,
mit dem ihnen durch Milde ähnlichen Herrn Wenzel Prohaska,
des äußeren Rathes, Juwelier und Armenvater Ln Wien, in
dem 1785 errichteten F r i e d h 0 f e.
XX. Pfarre Kalchspurg '>
einem Thale von waldumgrä'nzten Bergen, eingeschlossen
am Liesingbache, liegt Kalchspurg. Noch sieht man auf ei-
nem Berge die Ruinen eines längst verfallenen Schlosses Kahts-
burg, Kalksburg, Colochesberg genannt, von dem sich
schon nach dem cod. tradit. Claustroneoburg. im XII. Jahr-
hunderte ein adeliches Geschlecht den Beynahmen gab. Mit ei-
1) Aus den Pfarr-Acten des erzbischöflichen Gonslftorial-Archives lit. K.
Nr. V. und 5; aus dem Berichte des ehemahligen Herrn Pfarrers da-"
selbst, P. Greipl. Verglichen mit Gaheis Wanderungen und Spatzier-
fahrten um Wien.
225
nem der Kritik verdächtigem »es soll« erzählt uns die Geschich-
te, daß Otto Heym von Neuburg, Kalchspurg wie Mauer
als Lehen besessen *), wegen Felonie aber an seinem Landesherrn
dieß Lehengut verloren, welches Albrecht I. einem, aus der
um ihn so hoch verdienten Familie der Puch ei me gegeben
habe.
Je weiter die Zeit vorrückt, desto sicherer werden auch die
Nachrichten. Mit voller Gewißheit ist uns bekannt, daß Kalch-
fpurg i35() von einem Herrn von Pottendorf dem Chadotd von
Eckartsau Hindangegeben wurde, der ohnehin schon im Besitze
des benachbarten Gutes Mauer war, und das Dorf Kalchspurg
auf immer mit Mauer vereinte. Die Burg auf dem Berge zer-
siel, weil die Eckartsauer zu Mauer wohnten; aber schon ver-
ödet, spielte sie noch eine Rotte in jener sturmbewegten Zeit, in
welcher der ehrgeitzige verschwenderische Albrecht VI. in seinem
Vaterlande die Fackel des Bürgerkrieges wider seinen Bruder
Kaiser Friedrich IV. schwang. Der Söldner Hauptmann
Schweizer befestigte die Reste dieser Burg, und plünderte die
Gegend rings herum, bis Albrecht die Wiener gegen ihn sandte,
die seinen Aufenthalt bekannten und erstürmten, und ihn selbst
gefangen nach Wien brachten a). Dieß ereignete sich 1468, und
von nun an litt Kalchspurg nicht mehr und nicht weniger als die
Umgegend; auch die von der Gemeinde gebaute und mit Dien-
sten, Wiesen und Weingärten befristete Capelle wurde hier
I' ein Gegenstand der Verwüstung, die i52c) durch den Erzfeind
’ der Christenheit über Oesterreich hereinbrach. Nur ein Mahl
im Jahre, am Festtage des heiligen Jacob, las der Pfarrer von
Atzgerstorf, der ihr Seelensorger war, in der verfallenen Ca-
pelle Messe, wie der Untersuchungsbericht der Pfarren von 1644
aussaget. Erst, als die Jesuiten um 1609 Herren von Mauer
lind Kalchspurg wurden, konnten sich die frommen Landleute
wieder des Einblickes einer kleinen Kirche erfreuen, die ihnen ihre
neue Herrschaft auf einem Weinberge, zum Andenken der Be-
freyung des heiligen Apostels Petrus aus dem Kerker, weihen,
9 Siehe Geschichte der Pfarre Mauer.
») Anonymus histof, re rum austmearum apud Hauch.
P
226
und durch Priester ihrer Gesellschaft von Zeit zu Zeit besorgen
ließ.
1716 erboth sich ein Priester, nur unter der Benennung
»der fromme Tyroler« bekannt, alle Sonn - und Feyertage ge-
gen Darreichung von 3o Kreuzern von Wien nach Kalchspurg
zu kommen, um dort Messe zu lesen, und besorgte durch vier
Jahre dieses Geschäft, was der Gemeinde sehr willkommen war,
da sie schon 1718 dem Pfarrer zu Atzgerstorf für eine wö-
chentliche Messe zu Kalchspurg 60 fl. angebothen hatte. Hierauf
bestimmten die Jesuiten einen zu Kalchspurg wohnenden Prie-
ster für die tägliche Messe. 172g erscheint Johann Pichler,
vormahliger Cooperator von Atzgerstorf, als Meffeleser zu Kalch-
spurg , und nach ihm Anton Riemer.
Die Gefahr, wegen der Geringfügigkeit dieses Beneficiums,
gar keinen Priester mehr zu bekommen, ging glücklich vorüber,
weil sich Gutthärer fanden, welche die Einkünfte vermehrtem
1788 legirre das Fräulein Maria Clara v. Beussse.rn
1000 fl. auf 24 Messen und ein ewiges Licht, 1786 Andreas
Grub er 6<>fl. auf eine wöchentliche heilige Messe, und 178g
Ursula H oberin i5oo fl. auf wöchentliche zwey heilige
Messen. Nun sah sich das Consistoriuln veranlaßt, einen Welt-
priester, Franz A n t 0 n L i n k h, hierher zu setzen, den F r i e-
drich Schober ablösete, welchem dann Franz Sedes,
und Joseph Er n est Puckel folgten, mit denen die
Gemeinde jederzeit contrahirte, und für sie die Wohnung be-
zahlte. Doch war alles dieses nicht hinlänglich, einen Priester
standesmäßig zu erhalten, und schwerlich hätte sich mehr einer
gefunden, wenn nicht für dieses Beneficium, so wie für ganz
Kalchspurg ein Umstand eingetreten wäre, der für beyde Gele-
genheit einer glänzenderen Periode wurde.
Herr Franz Edler v. MaH, k. k. Hof- und Kammerjuwe-
liex, brachte Kalchspurg mit der Herrschaft Mauer käuflich 1778
an sich. Diesen Mann nennen heißt ihn loben , und erzählen,
daß er Besitzer von Kalchspurg ist, eben so viel, als sagen, daß
Glück und Freude, Frömmigkeit und Segen sich dort gelagert
haben. Er, der durch Fleiß und anspruchlose Redlichkeit das
Zutrauen der Herrscherfamilie und der ersten Diener des Staa-
I
327
kes, tmb durch Gottes Segen in großen Unternehmungen sich
ein bedeutendes Vermögen erwarb/ verwendete es mit seltener -
Milde zum Wohle seiner Unterthanen.
Er ließ sich von der Gemeinde das Präsentations-
Recht zu dem vorhandenen geringen Benesicium im Jahre
»778 abtreten, und stiftete es mit jährlichen 35c» fl. Auf sein
Verreiben wurde diese Localie, die bereits 1783 errichtet ward,
im Jahre i8o5 zur ordentlichen Pfarre erhoben; zu diesem
Zwecke legte er noch jährlich 260 fl. zu, damit der für die neu
errichteten Pfarren systemisirte Gehalt von 600 fl. einem jewei-
ligen Pfarrer aus den Renten der Herrschaft Mauer bezahlt
werde. Auch baute er den Pfarrhof und die Schule/ zu der er ei-
nen beständigen Schullehrer mit 200 fl. Gehalt dotirte.
Vergnügen muß es für einen jeweiligen Seetensorger seyn,
seinen Gottesdienst in einer Kirche halten zu können/ die als
Dorfkirche keine ihres gleichen in Oesterreich hat / ein bleibendes
Denkmahl der Gottesfurcht ihres Erbauers/ Franz Edlen v.
Mack/ ist/ und daher wohl eine nähere Beschreibung verdienb.
Er ließ die vorhin bestandene kleine und baufällige Kirche ab-
brechen/ und mit einem Kostenaufwande, den man über i3oooo fl.
schätzte/ durch den Baumeister Johann Zobel ein von Au- .
ßen und Innen prachtvolles Gotteshaus herstellen, das ganz
leicht die Pfarrgemeinde, aus 3o5 Menschen bestehend, die in
42 Häusern wohnen, in sich faßt. Ueber Abreite steinerne Stu-
fen steigt man zu diesem Heiligthume hinan; das Kirchendach
und der Thurm sind mit Kupfer gedeckt, letzterer mit sechs Glo-
cken und einer Uhr geziert, auch mit einer Inschrift auf einer
Mormorplatte versehen, die mit folgenden Worten schließt:
Soli Deo ter Optimo Maximo sub Patrocinio S. Petri
ad vincula dicatum. 1801.
Das Innere der Kirche athmet den reinsten Geschmack.
Pracht ohne Ueberladung, 28 schöne grau marmorirte hellge-
schliffene Pilaster zieren die Wände. Die drey Kuppeln, vonJo-
seph Keller gemahlt, und besonders die mittlere, das Gericht
vorstellend, ergreifen auf den ersten Anblick jeden Beobachter.
Auf dem Hochaltare wird der heilige Petrus in Ketten, wie ihn
der Engel davon befreyet, vorgestellt. Dieß Blatt ist von der
P *
W6
Meisterhand des Herrn Professors Maurer. Die zwey Blätter
der Seitenaltäre stellen den heiligen Franz und die heilige He-
lena vor; die zwey kleineren Kunstwerke des gedachten Herrm
Professors, womit er die Kirche beschenkte, stellen die Mutter
Gottes und die heilige Anna dar. Nebst diesen hangen noch drey
schöne Bilder des heiligen Johann von Nepomuk, Cyrus und
Leonhard an den Wänden, letzteres von Anton Spreng gemahlt.
Der Tabernakel ist mit alabasternen Säulen umgeben. Die
sehenswürdige Kanzel, die große Orgel und der Taufstein aus
Marmor vollenden den herrlichen Eindruck des Ganzen. Der wohl-
thätige Erbauer stattete über dieß noch sein Werk mit neuen Pa-
ramenten und den heiligen Geräthschaften aus, die zum Theile
sogar kostspielig und prächtig sind. Ein Jubelfest war der Tag
für alle Anwesenden, an dem der selige Weihbischof, Graf v.
Arzt, diesen geschmackvollen Tempel des Höchsten weihte. (1801.)
Dankbar müssen wir hier auch noch anderer Gutthäter
Erwähnung machen, unter denen Frau Juliana Schwarz
mit 3ooo fl. sich auszeichnete.
Das herrschaftliche Schloß ist mit der Kirche durch einen
Schwibbogen verbunden. Die Gärten sind durch den Liesingbach
abgetheilt. Der größere Theil ist ein angenehmer Park, durch
dessen mannigfaltige Schönheiten man ohne Ermüdung aus
dem Thale bis zum Gipfel des Berges gelangt. Man findet
darin ein altes Gebäude: Mon Perou, einst der Fürstin Trau t-
so h n gehörig, neu umgestaltet von dem späteren Besitzer. Mit-
ten m einem Teiche ragt das so genannte Monument her-
vor, ein frommes Denkmahl kindlicher Liebe, das die 3 Söhne
des Herrn v. Mack ihrem verehrten Aelternpaare, Franz und He-
lena, setzen ließen. Der Künstler F. Kähsmann verfertigte es.
Nebst andern gewöhnlich in Parken angebrachten Partien fin-
det sich unter einem Kalkfelsen ein einfaches Grabmahl der Erz-
herzogin Maria Christi n a.
Der kleinere Garten enthält sehenswürdige Gebäude.
Alles, ist niedlich, schön, geschmackvoll angeordnet, und Denk-
mahls an Personen, die der ganzen Welt theuer waren, spre-
chen den Wanderer an. ,
Des Lebens froh, gedächte Franz v. Mack doch seiner Sterb-
SS«)
lichkeit. Mitten im Leichenhofe der Gemeinde erwählte er
sich den Ruheplatz für seine Hülle, und baute sich eine Fami-
liengruft.
Der Leichenstein gibt uns die Kunde, daß Franz, Edler v.
Mack, 1780 geboren, im Jahre »8«>S in seine wahre Heimath
hinüber ging. Diese Familiengruft ist ein capellenartiges Ge-
bäude. In der Halle ist über dem Grabsteine ein Crucifix errich-
tet, und in der Kuppel das jüngste Gericht vorgestellet.
XXI. Laa ').
§)en Nahmen Laa führen zwey am Liesingbache liegende Dör-
fer-/ welchen der so genannte Wienerberg die Aussicht nach der
Haupt- und Residenzstadt benimmt/ und die nach ihrer physi-
schen Lage an dem benannten Bache/ Ober- und Untertaa ge-
nannt werden.— Der Ursprung dieser beyden Dörfer geht viel-
leicht bis auf jene Zeiten zurück/ in welchen Oesterreich nach
Vertreibung der Ungarn neu angesiedelt wurde; und es laßt
sich über ihr Daseyn bis jetzt keine frühere diplomatische An-
gabe nachweisen/ als die Stelle im Klosterneuburgischen Saal-
buche/ wo der sterbende Graf Gebhard von Rebegau dem Gra-
fen Conrad v. Rötz ein Lehen zu Laa mit der Bedingniß über-
antwortete/ daß er selbes für sein Seelenheil der Kirche zu
Klosterneuburg als Stiftung übergebe. (Ma§. Fischer. II. 68.)
Graf Gebharb starb um das Jahr 1140 am 10. Februar / und
so erfahren wir/ daß Laa wenigstens zu Anfang des XII. Jahr-
hundertes ein Dorf gewesen/ da in der Urkunde desselben ei-
nes Ortes gedacht wird. Daß sich die Stelle auf Oberlaa be-
ziehen möge/ scheint daraus sich zu bestimmen/ weil das von
seiner Wittwe Hildegard und ihrem Sohne Hermann gegrün-
dete Stift Altenburg bis auf die letzteren Zeiten zu Oberlaa be-
*) Nach einer vollständig ausgearbeiteten Geschichte des dermahligen
Herrn Pfarrers, Johann Baptist Zott, verglichen Mit den Acte«
des erzbischöflichen Consistorial-Archives.
s3o
deutende Besitzungen in ne hatte. 1248 wurde dem Stifte St.
Polten ein zu Laa gehöriges Lehen durch den Passauer Bischof
Rudger bestätigt. (VideMadernahist. S.Hypp. 1.129 seq. 1.)
Bey Philibert Hueber kömmt 1287 ein Heinrich von Laa vor;
allein dieser scheint in dem bey Mölk gelegenen gleichnahmigen
Orte seßhaft gewesen zu seyn, da die Urkunde, in welcher er
als Zeuge auftritt, zu Mölk gefertigt und von Männern be-
stätiget wurde, die in der Nähe des Stiftes ihre Wohnsitze
hatten.
Zu.Ende des XIII. Jahrhundertes besaß Chalhoch von Eber-
storf, Kämmerer in Oesterreich, Güter zu Oberlaa, indem er
Mit seinen Söhnen Rudolph und Reinprecht dem Bruder Eber-
hard, Commenthur, und den Brüdern St. Johannes Ritteror-
den (Malthesern) vier Pfund Pfennige jährlicher Einkünfte zu
Oberlaa im Wiederwechsel übergab. Die Urkunde ist gefertigt
am Freytag nach St. Veit i3oi, und ihr Vetter, Herr Mar-
chart v. Mistelbach, und Herr Albert v. Polhaim, ihr Oheim,
hingen ihre Siegel an den Brief. (Wißgrill II. 3o5.) Die Her-
ren von Eberstorf gaben um diese Zeit ihre noch übrigen Besi-
tzungen zu Oberlaa einem adeligen Geschlechte, das dann den
Nahmen von Laa führte, zu Lehen. Aus der nähmlichen Fa-
milie verkauften Christoph und Jacob i3q3 dem Johannitter-
Orden, mit Bewilligung ihres Lehensherrn, eine Hofmark und
Baumgarten zu Oberlaa. 1429 besaß Oberlaa mit Schwechat
Herr Sigismund von Eberstorf, und verlieh Heinrichen von
Lichtenstein zwey Höfe zu Oberlaa und Niederlanzendorf.
Zu eben dieser Zeit besaß Georg der Scheck vom Walde
als landesfürstliches Lehen Gülten, Dienste und Zehente zu Ober-
laa, die er dem Propste Heinrich von St. Dorothea gegen an-
dere Güter zu Kalchspurg, Winklarn u.s.w. mit Bewilligung sei-
nes Lehensherrn übergab, und wodurch das Stift den halben
Weinzehent auf den zwey Berglein zu Neusiedel, genannt in
der engen Lucken und St. Gilgenberg, und zu St. Johann,
dazu den Weinzehent von den Sätzen bey Neusiedel zu Ober-
laa und Niederlaa , dann den halben Theil aller kleinen Dorf-
zehente in diesen drey Dörfern, und zu Lanzendorf auf viert--
halb Lehen den ganzen Zehent (1426) erhielt.
Im Jahre 1464 gehörte Haus und Dorf in Oberlaa dem
Maltheserritter Wahuneck (Yicke V. 3oo), den
der Karftr zum Meister von Mailberg gemacht hatte. Dieser
war ein unordentlicher Mann, und versetzte das Schloß einem
Wiener Bürger, Nahmens Thanhauser; dieser hielt die Partey
des Kaisers, und war während der Belagerung mit ihm in der
Burg. Die Wiener zogen auch seine Güter ein, und da er nach-
hin durch voreilige Gewaltthätigkeiten sein Eigenthum zurück
zu bekommen suchte, so überfielen ihn die Wiener im Schlosse
zu Laa, das sie eroberten, und dann von der Besatzung 17 ent-
haupteten. Thanhauser war aus der Veste entkommen. Die
andern tagen eine Zeitlang gefangen im Käcntnerthurm. i55()
kömmt als Besitzer Christoph Puthy vor, von dessen Familie
Oberlaa i656 Balthasar Graf v. Stahremberg kaufte, und sei-
nem Gute Rothneusiedel unter dem Nahmen der Herrschaft
Conradswerd, einverleibte.
Daß Laa durch die Unruhen, welche durch Albrecht YI. in
Oesterreich entstanden, vieles werde gelitten haben, ist wohl
vorauszusetzen, da seine Lage am Fuße des Wieneröerges den
vielen Kriegsbewegungen dieser Zeit nicht entgehen konnte, welche
zwischen Wien und Neustadt, und besonders in der Umgebung
dieser beyden Städte, so lange Statt hatten. Aber das größere
Uebel erfuhr es erst, als die Türken 1621) vor Wien zogen, und
alles in dessen Gegend, wohin sie immer gelangen konnten,
durch Feuer und Schwert zu Grunde richteten. Wie sie den Ort
beschädigten mag schon daraus hervorgehen, daß das daselbst
bestandene Schloß und die Kirche gänzlich zu Grunde gingen,
und daß ersteres gar nicht mehr, letztere nur nach vielen Jahren
ärmlich wieder aufgebauet wurde. Inzwischen erlitt der Ort
auch einen großen Verlust an seinen Einwohnern, da die Pest
*633 3oo derselben hinwegraffte. Als sich dieses Uebel 1679
wieder zeigte, so machten sie Verlöbnisse zu Ehren des heiligen
Sebastian, begingen jährlich dieses Fest auf das Feyerlichste, und
errichteten eine Brüderschaft unter dessen Schutze. Als das Dorf
wieder in Aufnahme gekommen, so mußte es durch die nähmli-
chen Feinde ein gleiches Schicksal erfahren; jachey dem zweyten
Einfalle der Türken i683, scheint die Verwüstung Laa's noch
s3a
einen hohem Grad erreichet zu haben, da die inzwischen ent-
standenen oder wieder hergestellten größeren Häuser und Höfe
so zernichtet wurden, daß man heut zu Tage nur aus den zu-
fällig außerhalb des Ortes ausgegrabenen Grundfesten auf de-
ren einstige Lage rathen kann.
Doch wurde nach dem Abzüge der Feinde das Dorf durch
die übrig gebliebenen Bewohner, welche sich in die Wälder bis
nach Steyermark geflüchtet hatten, wieder bezogen, und da ihre
Anzahl zu geringe war, durch Colonisten aus Steyermark,
Schwaben und Bayern ersetzt, und sehr bald wieder zu einem
bedeutenden Orte gemacht.
Graf Starhemberg verkaufte Rothneusiedel sammt Ober-
laa an Michael Fink, und dieser bald wieder an den Ober-
Postmeister zu Wien, Ritter. Gegenwärtig zählet Oberlaa
162 Häuser mit einer Bevölkerung von 900 Seelen. Das
Dorf zählet mehrere Grundobrigkeiten, als : a) Zur Herrschaft
Conradswerth (Starhembergisches Freyhaus in Wien) 3i Häu-
ser, welche einst dem Stifte Altenburg gehörten, und gegen-
wärtig im gemeinen Leben noch die Altenburger genannt wer-
den. b) Zur Maltheserritter Ordens - Commende St. Johann
zu Wien, als Herrschaft Unterlaa 46 Häuser. 0) Zur landes-
fürstlichen Pfarre Medling 3 Häuser, d) Zur Pfarrkirche Ober-
laa u Häuser, e) Zur Herrschaft Rothneusiedel 66 Häuser,
i) Zur k. k. Staatsgüter-Administration, von dem aufgelösten
Stifte Himmelpforten, 5 Häuser. Außer diesem ist im Orte
der erzbischöflrche Zehenthof ein Freyhof. Auf dem Laaerberge
ist das k. k. Jägerhaus, welches als Hofgebäude frey ist. Die
Einwohner treiben größten Theils Feld- und Weinbau, aber das
Haupterträgniß für sie ist die Erzeugung der grünen Waaren,
die sie in die nahe Residenz bringen, und dort> reichlich absetzen.
Daher ward es auch möglich, daß sie sich von den Unglücks-
fällen der vorigen und des jetzigen Jahrhundertes so bald wie- *
der erhohlten, und zu einem bedeutenden Wohlstände empor-
brachten.
Zu welcher Zeit die erste Capelle oder Kirche in Oberlaa
erbauet wurde, darüber lassen sich nur Vermuthungen aufstel-
Z33
len, da alle historischen Belege darüber, wenn ja welche existir-
ten, verloren gegangen sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß
die Bewohner Oberlaas sich schon in dem ersten Jahrhunderte
ihrer Dorf-Existenz ein Gebäude zur Uebung der gemeinschaft-
lichen Gottesverehrung erbauet haben, da sie, so weit die Ge-
schichte reichet, immer eine zahlreiche und vermögliche Gemein-
de waren, ja in ihrer Mitte auch eine adelige Familie ihren
Wohnsitz aufgeschlagen hatte. — Ueber den Platz aber, wo die
erste Kirche gestanden, schweigt gleichfalls die Geschichte, und
nur der Zufall des Jahres 1820 gibt uns einen Fingerzeig,
den Platz derselben an die Stelle des heutigen PfarrhofeS zu
setzen. Als nähmlich daselbst in der Stallung eine Verbesse-
rung vorgenommen, und die Erde drey Schuhe tief aufgegra-
ben werden sollte, fand sich, daß dieser Platz nur angeschüt-
tet wav, und so kam man auf eine starke Mauer, an welcher
vertical, Todtengerippe in unverrückter Stellung lagen, wel-
che fast deutlich zeigen, daß sie hier in der Gruft begraben
waren. Gleichfalls fand man einen Haufen Todtengebeine auf-
geschichtet, welche vermuthlich bey einem früheren Baue des
Pfarrhofes aufgefunden, und sogleich wieder eingegraben wur-
den. — Wie lang jedoch diese Capelle oder Kirche bestanden,
wessen Gedächtnisse sie geweihet, ob sie Pfarrkirche gewesen,
wie sie zu Grunde gegangen, das läßt sich nun zur Zeit noch
nicht beantworten, ja vielleicht nie mehr, da sich über ihr Be-
stehen alle Sage verloren hat.
Die zweyte, dem heiligen Aegydius geweihte Kirche, stand
auf dem Platze der heutigen neuen Kirche, jedoch nach der Queere,
wie noch die im Grunde sich findenden Fundamente beweisen.
Ob diese Kirche schon bey dem ersten Türkenüberfalle abge-
brannt, und so wieder späterhin erneuert, oder ob erst die alte
Kirche durch diese, Verheerung gänzlich verfiel, und diese zweyte
dafür erbauet wurde, ist nicht auszumitteln; wohl aber gewiß,
daß sie 1683 ein Raub der Flammen und Türkenwuth wurde,
und bey der neuen Ansiedlung des Ortes wieder aus dem Schutte
hervorgehoben ward. Schnell und ärmlich mag ihre Erneue-
rung geschehen seyn, wozu i685 260 fl. und 1700 266 fl. ver-
wendet wurden. Das 1698 gemachte Legat der Regina Rein-
ä,34
holdin von 600 fl. für die Pfarrkirche/ wurde 1711 zum neuen
Bau des Kirchthurmes verwendet/ der aber mit dem ganzen
Kirchengebäude 1744 wieder abgebrochen wurde, als die heu-
tige prachtvolle Kirche sammt dem herrlichen Thurme an der
Stelle der alten Kirche erbauet ward. Die Kirche sammt dem
Thurme ist durch den Wiener Baumeister Gerl, von Grund
aus in einem neuern Style, 20 Klafter lang 6 1/2 Klafter
breit, gebauet, gewölbt, mit Ziegeln gedeckt, und der mit ei-
ner kupfernen schönen Kuppel gezierte Thurm 24 Klafter hoch.
Zu beyden Seiten im Presbyterio sind Oratorien angebracht,
und der prächtige.von schwarzem Lilienfelder-Marmor erbaute
Hochaltar, vor dem marmorne Cancellen stehen, erhebt diese
Kirche zu einer der'schönsten Landkirchen. Der Bau der Kirche
kostete bey 20000 st., der des Hochaltars über 6000 fl. Zum
Bau der ersteren hat der Wiener Erzbischof als Pfarrpatron
2100 fl., der Pfarrer des Ortes, Franz Anton Donari bey
6000 fL, zum letzteren hat Cardinal Kollonitsch 1000 fl. ver-
machet, und Anton Donatl, ein Vetter und Nachfolger des
vorigen Pfarrers und Wohlthäters, die übrigen Kosten getra-
gen. Das Bild des Hochaltares stellt als Kirchenpatron den
v heiligen Aegydius vor; der Altar auf der Evangelienseite, so
wie der gegen über stehende von Kalkmarmor, durch eine Wohl-
thäterin Jungfrau Appollonia Hoferin, aufgeführet, hat
ein Hauptbild, die heilige Dreyeinigkeit, über derselben die hei-
lige Appollonia; der auf der Epistelseite (durch die beyden Jung-
frauen Barbara und Katharina von Pruner erbaut) den heili-
gen Sebastian, über demselben die heiligeKatharina, und unter-
halb in einem Aufsatzbilde die heilige Barbara Die Schnitz-
arbeit der Altäre, der schwarzgefaßten Kanzel, des Chores und der
Orgel, sammt den Rahmen der schönen großen Bilder, welche
die Seitenwände zieren, sind vergoldet. Rechts am Eingänge der
Kirche befindet sich eine mit einem Gitter verschlossene Tauf-Ca-
pelle mit einem Taufaltare und roth marmornen Taufsteine.
An Kirchen-Paramenten besitzet die Kirche noch großen Reich-
thum, und hatte früher auch viel Sübergeräthe aufzuweisen.
Die Kirche wurde für die Abhaltung des Gottesdienstes bene-
dicirt, und ihre feyerliche Einweihung oder Consecration geschah
i ■ ' ^ ^ \ ■ . ; ,
235
erst bey Gelegenheit der Zojährigen Priesterfeyer ihres Pfarrers
Anton Donari, am 2. September 1781/ durch den Hochwürdi-
gen Bischof zu Teja, Edmund Maria, Grafen von'Arzt und Vas-
seg , Suffragan und Official des Wiener-Erzbischofes. Dieser
Greis, welcher schon bey seinem Vetter und Vorfahrer Franz
Anton Donati, 18 Jahre als Cooperator, und nun als Pfarrer
28 Jahre auf diesem Platze gearbeitet hatte, lebte nach dieser
Feyerlichkeit noch bis zum 1. August 1786. Beyde Donati
hatten also der Pfarre seit 1712 durch 74 Jahre vorgestanden.
Beyde gehören unter die großen Wohlthäter der Pfarre, da
ersterer den Bau des Pfarrhofes und der Kirche unterstützet,
letzterer den Altar erbauet, und durch viele Paramente, ja erst
bey seiner Jubelfeyer durch eine silberne Monstranze und der-
ley Kelch nebst andern Geschenken die Kirche bereichert hat.
Wo die ersten Bewohner des Dorfes Oberlaa ihren geist-
lichen Hirten hatten, wissen wir nicht, und möchten vielleicht
durch aufzustellende Vermuthungen eben so wenig Licht dar-
über erhallen; daher enthalten wir uns lieber derselben, und
wollen uns damit begnügen, daß wir sagen können : Magister
Heinrich, ein Oheim des Pfarrers Heinrich zu St. Stephan
in Wien, erscheint in den Urkunden des Stiftes im Jahre
1324 als Pfarrer zu Laa. Ueber dieß wissen wir auch, daß er
i334 nicht mehr am Leben war. Von dieser Zeit an ist über
die Schicksale dieser Kirche wieder nichts vorfindig, als der
Visitations-Bericht vom Jahre i544, in welchem es heißt,
die Pfarre sey so zerstöret, daß seit dem Jahre 1529 der Pfar-
rer die Kirche, den Pfarrhof und seine Stiftungen von Zehen-
ten, 9 Joch Aecker und 33 Tagwerke Wiesen verlassen mußte.
Ein ähnliches Schicksal traf den Beneficiaten an der Agnes-Ca-
pelle gegen Neusiedel gelegen, welche ein Bürger von Wien,
Friedrich Purkhard, mit drey Achtel Weingarten zu Hernals
und einem Hause zu Wien bey Maria Stiegen gestiftet hatte.
Auch die Reformation mag das ihrige beygetragen haben, daß
sich niemand ernstlich um die Wiedererhebung der Pfarre an-
genommen^ hatte.
Die Einkünfte mögen früher sehr bedeutend gewesen seyn,
da sie aber bey Errichtung des Wiener-Bisthums zur Dotation
s36
desselben gezogen wurden, und der jeweilige Pfarrer seine Su°
stentation von dem Bischöfe, der nun die Pfarre zu vergeben
hatte, Ln geringerem Maße erhielt, so wurde diese Pfarre durch
das im Jahre 1529 von den Türken erlittene Unglück so her-
abgebrachr, daß zur Emporbringung derselben die Pfarre Lan-
zendorf, deren Kirche noch im Schutte lag, und die Capelle
auf der dortigen Heide, mit der Pfarre Laa vereinigt wurde.
Nun findet sich seit »558 bey der Pfarre wieder ein blei-
bender Pfarrer, Lambrecht, der mehrere Jahre diese Stelle be-
kleidete, da er die Vereinigung mit der Pfarre Lanzendorf
erlebte, welche erst nach dem Jahre »568 zu Stande gekommen
seyn mag. Außer den Rahmender beyden Pfarrer, Jacob Seel,
der in der Visitation »682 als verheirathet, katholisch, und al-
les Lobes würdig befunden wurde, und Daniel Regner, welcher
um das Jahr »682 und »690 erscheinet, ist nun wieder alles dun-
kel, und wir können nur anführen, daß »648 wegen des all-
gemeinen Marigels an Priestern dem Pfarrer zu Laa auch die
Seelsorge der Pfarre Hennerstorf anempfohlen wurde. Bey
dem zweyten Türkenüberfalle »683 war Joseph Garzarol
Pfarrer, welcher sich mit den Ortsbewohnern über Medling in
die Gebirge flüchtete, aber nicht zurück gekommen zu seyn
scheint. Aus Mangel der Priester wurde nun die Pfarre von
den Capellcmen des Bischofes versehen, die von Wien an Sonn-
tagen heraus kamen. Von »685 bis »698 waren drey Pfar-
rer angestellt; der erste ist durchgegangen, der zweyte hat sich
Schulden halber geflüchtet, der dritte, Nahmens Valentin Fleisch-
hacker, har Armuths halber resignirt. Soweit wurde die Pfarre
herabgebracht, von der 1698 auch Hennerstorf wieder getrennt
wurde. Nun wurde Peter Walther Pfarrer, der die Erbauung
des Franciscanerklosters zu Lanzendors mit beförderte, mit Vor-
behalt seiner pfarrlichen Rechte. Sein Nachfolger, H. Henke-
rnus, starb »712, und nun folgten die beyden oben erwähn-
ten Pfarrer Donati. Ersterer versah wieder eine Zeitlang die
Pfarre Hennerstorf, und hielt sich, mit Beytragen der Gemeinde
unterstützt, einen Cooperator. Auch wurde unter ihm die
schon von dem Richter Grundl gestiftete Sebastians-Brüder-
schaft mit der Christenlehr-Brüderschaft vereiniget. Als der
237
zweyte Donati 1786 starb, folgte ihm Joseph Winkler, wel-
cher 1797 nach Prabstorf übersetzt wurde, und Joseph Rieger,
Pfarrer von Wienerherberg zum Nachfolger hatte. Als dieser
1804 nach Mannswörth kam, so zog nach Laa der noch gegen-
wärtig lebende Pfarrer Johann Zott, vorher in Atzgerstorf.
Die Einkünfte der Pfarre Laa sind, wie schon gemeldet,
heut zu Tage geringe, und beschranken sich auf einen kleinen
Kraurzehent, »4 Joch Aecker, welche dem Pfarrer von der Ge-
meinde überlassen werden, 12 Tagwerk Wiesen, sb fl. für die
reluirte Roboth und den so genannten Hausgulden. Zur bessern
Subsistenz tragen die Einkünfte der Güter der Pfarre Lan-
zendorf bey, die ungeachtet der erneuerten Ansprüche der wie-
der errichteten Pfarre Lanzendorf dem Pfarrer von Laa zuge-
sprochen wurden. Nebst diesen hat er die Stiftungen auf Got-
tesdienst zu genießen, deren Capital sich auf 8000 fl. erstrecket.
Die Schule ist vielleicht mit dem Entstehen der Pfarre
gleichzeitig; nur kennen wir keinen Lehrer derselben bis auf
Daniel Zelter im Jahre »670, welcher seine deutsch- und latei-
nischen Bücher der Pfarre vermachte, und also kein gewöhn-
licher Schulmeister gewesen ist. Im Jahre 1798 wurden zwey
Lehrzimmer errichtet, so daß die Kinder der nähmlichen Classe
Vor-und Nachmittags Unterricht erhalten.
Der gegenwärtige, mit einem Stockwerke versehene Pfarr-
hof wurde über den alten »724 durch den Pfarrer Franz
Anton Donati erbauet, da er selben als ein baufälliges und
an Raum Mangel leidendes Haus, wie es nur in Eile und zur
Noth nach der türkischen Verwüstung hergestellt wurde, ange-
troffen hatte. Er liegt der Kirche gegen über, steht aber nicht
mehr auf demselben Platze, auf dem der erste Pfarrhof gestan-
den haben mag. Dieser war vermuthlich auf der Stelle der
jetzigen Halblehen Nr. i5 und rb, da diese Häuser schon in
ihrer Form zeigen, daß sie nicht als Bauernhöfe erbauet wur-
den. Solide Gemäuer mit Steinmassen, mit einem unterir-
dischen Gange, der bis in die Felder ausläuft, und seiner
Stickluft wegen noch nicht ganz untersucht werden konnte; die
ehemahlige Benennung dieser Häuser, »geistliches Haus«, und
ihre Lage auf dem Kirchenplatze, scheinen diese Meinung zu
a38
begründen. Nach diesen Voraussetzungen könnte inan also an-
nehmen, daß der heutige Pfarrhof auf den Ruinen der ersten
Kirche, der Ersparniß wegen erbauet worden, indem man eine
neue Kirche auf dem gegenwärtigen Platze aufführte, und so-
dann den alten Pfarrhof zu Bauernhäusern hindangab, da
er gleichfalls bey dem allgemeinen Ortöunglücke zu Grunde ge-
gangen war.
xxil. Unterlaa.
9?ahe an Oberlaa, nur durch den Liesingbach geschieden, über
welchen eine hölzerne Brücke die Verbindung erleichtert, liegt
Unterlaa, ein Eigenthum der Wiener Commende St» Johann
der Maltheserritter. Paltram, ein Bürger von Wien, ver-
kaufte den Johannitern oder Malthesern 1273 sein Haus oder
Veste sammt seinen Besitzungen. Späterhin, 1277, trat er aber
mit Beystimmung seiner Ehewirthin, dem Bruder Leopold,
Meister zu Mailberg, das Schloß mit den Besitzungen gegen
die Bedingnisse ab, daß nach seinem Tode in diesem Hause
zwey Priester wohnen und sechs Arme pflegen, auch daß sie
im Orient drey bewaffnete Männer zur Vertheidigung des hei-
ligen Landes halten sollten. Dieses Kloster oder vielmehr Ho-
spitium der Maltheser dauerte auch bis zum Jahre i683, wo
es durch die Türken zum zweyten Mahle zerstöret und nicht
mehr errrichtet wurde. Die Maltheser gaben nun dieses ver-
fallene Kloster oder Schloß, das vermuthlich mit einem durch
den Liesingbach bewässerten Teich umgeben war, als Rustical-
hof an eine gewisse Pfandlin, und diese wieder an andere Be-
sitzer hinweg. Verschiedene Gemäuer, welche sich noch in der
Nähe dieses Hauses beym Aufgraben finden, beweisen, daß
hier ein ansehnliches Gebäude gestanden habe.
Die Kirche, eine Filiale von Oberlaa, ist eine ziemliche
Strecke vom Dorfe entfernt, gegen das Ufer des Liesingbaches
gelegen, und bey großem Austreten desselben der Ueberschwem-
mung ausgesetzt. Vor dem Jahre 1529 mag sie größer gewe-
seyn, da die um die heutige Kirche laufenden Grundfesten
23h
deutlich ihren größeren Umfang bestimmen lassen. Die Kirche,
wahrscheinlich aus den Ruinen der vorigen aufgeführt, ist
vom Grunde auf aus Quadersteinen gebauet, und oben durch
Schiefersteine vollendet. Sie ist gewölbt, und mir einem 1776
erbauten Thurme geziert. Sie ist von mäßiger Größe und hat
drey Altäre, wovon der Hochaltar dem heiligen Johann dem
Täufer geweihr ist, der, so wie die Seitenaltäre, von Holz nach
der zweyten türkischen Zerstörung neu erichret wurde. Uebrigens
ist diese Kirche mit Kanzel, Orgel, Kelchen, Monstranze und allen
nöthigen Paramenten versehen, welche freylich durch die Plün-
derung der Franzosen im Jahre 1809 vermindert wurden. In
einiger Entfernung von der Kirche steht das hierosolimitanische
Grab, das aber jetzt im Verfalle ist.
Die Sage läßt hier Tempelherrn gewesen seyn, allein der
Besitz der Maltheser von 1277 an, streitet gegen diese Mei-
nung, da das gemeine Volk die Ritter des Tempels, und die
Johanniter des deutschen Ordens, so gerne mit einander verwech-
selt, und am liebsten die Templer im Munde führet. Paltram,
vermuthlich derselbe mit Vatzo dem Bürgermeister, hatte mit
den Malthesern schon 1278 die Uebergabe dieser seiner Be-
sitzung abgeschlossen, und Ottokar, als damahliger Landesherr,
dieselbe bestätigt. Da aber 'die Veränderung der Regierung
in Oesterreich, durch die Besitznahme Rudolphs von Habspurg
bewirkt, auch in dieser Hinsicht eine Erneuerung erforderte,
so trat die Verabredung 1277 in Wirklichkeit, und der Kaiser
bestätigte dieses Geschäft in einer zu Wien am 22. September
1277 gefertigten Urkunde. Ob Unterlaa dem Orden im allge-
meinen oder der Commende zu Wien gleich anfangs besonders an-
gehörig geworden, wissen wir nicht, da eS 1842 heißt: »Hein-
rich der Priester Herrn Heinrichs Sun von Baden verkauft
dem erbaren Bruder Chunraden den Hauspecken Commenthur
zu Loch und Bruder Orten dem Tozenbecken Commenthur zu
Ebenfurth S. Johannes Ordens einige Gülten zu Vösendorf.«
Gewißheit darüber gibt uns erst das Jahr »601, wo es im
Grundbuche heißt: Die 8ad. ante Dom. Palmar. Incipit
Über fundi censuum et juris montani Domus Diyi Joan-
nis' in strata Caritbana Yienne Impensa excellentis Yiri
(2l\0 '
fratris Philippi Flachberger Petovii juris pontißcii v.
(Doctoris) Preceptoris domus et Nyderlach eidem in-
corporatae. Späterhin, i5i6, erscheint Christoph Waldner,
Commendator des Hauses St. Johann zu Wien und Niederlach.
Der Ort besteht heut zu Tage aus 3y Häusern^ und ge-
hört noch den Johannitern oder Malthesern bey St. Johann
zu Wien. Außer demselben auf der Anhöhe ist ein Steinbruch,
von dessen Ausbeute sowohl der Calvarienberg zu Lanzendorf,
als die Johanniskirche zu Laa erbauet sind.
XXlli. Neusiedel.
^eusiedel, zum Unterschiede von den vielen gleichnahmigen Or-
ten in Oesterreich (weil die Hauser einst roth angestrichen waren),
Rothneusiedel genannt, ist ein Dorf von 21 Hausern oberhalb
Oberlaa, gleichfalls am rechten Ufer des Liesingbaches gelegen,
mit einem herrschaftlichen Schlosse und einer Kanzley. Der Ort
ist auch eine Filial der Pfarre Oberlaa, von der es beynahe
eine halbe Stunde entfernt ist. Das Schloß, 1689 erbauet,
das mit einem Stockwerke versehen ist, hat nichts beson-
ders Merkwürdiges an sich, da es größten Theils Wirth-
schaftsgebäude enthält, eben so wenig der daran liegende Gar-
ten, der höchstens durch seine Größe sich auszeichnet. Im
Schlosse befand sich ehedem oberhalb des Thores eine zur Ehre
der heiligen Magdalena gewidmete Capelle, in der jährlich die-
ses Fest feyerlich begangen wurde, und in welcher der Pfarrer
von Oberlaa wöchentlich zwey Messen zu besorgen hatte. Da
Fürst Starhemberg dieses Schloß einem Israeliten zur Miethe
gab, wurde diese Capelle cassirt, und die wenigen Paramenten
und das Kreuz (welches nun in der Tauf-Capelle zu Oberlaa auf-
gestellt ist) mit Genehmigung des Fürsten an dre Pfarrkirche
abgegeben.
Wann der Ort entstanden, das wissen wir nicht; nur
scheint der Nahme anzudeuten, daß er als eine neue Ansied-
lung durch Bembarung oder Gründe, oder durch die Hintan-
gabe der dem Gutsbesitzer überflüssigen Felder, Wiesen und
24l
Weingärten emporgekommen , und so auch.den, keine weitere
Beziehung habenden Nahmen, angenommen habe. Als wäh-
rend den Unruhen unter Kaiser Friedrich IV., die ihm sein un-
gestümer Bruder Albrecht VI. erregte, Fronauer, diese trau-
rige Lage des Landes benützend , die ganze Gegend um Wien
durch Raub und Brand in Schrecken setzte, so ist wohl zu ver-
muthen, daß auch Neusiedel, wenn es schon existirte, zu
Grunde gegangen sey, oder vielleicht durch diese allgewaltigen
Verheerungen sein Daseyn erhalten habe. Bey den türkischen
Einfallen hat Neusiedel dasselbe Loos getroffen, welches seine
nächsten Umgebungen erfahren mußten. Seit langer Zeit be-
saß es die Familie der Starhemberge, bis es in den neuesten
Zeiten von derselben an Michael Fink, und von diesem an den
Wiener-Ober-Postmeister Ritter verkauft wurde.
XXIV. Pfarre und Kloster in Lanzendorf1).
Zwey Stunden von Wien, zwischen Laa und Himberg, ist
die Pfarre Lanzendorf^ zu deren Bezirk Maria Lanzen-
dorf, Ober- und Unterlanzendorf, mit einer Bevölkerung von
6L2 Menschen, gehören. In Oberlanzendorf, auch das mitt-
lere genannt, ist das herrschaftliche Schloß. Diese Orte liegen
in einer schönen Flache; die kornreichen Felder dieser Gegend
werden durch den Schwa'chatssuß und den Neustädter-Canal
mit regem Leben erfüllt.
Daß Lanzendorf von dort ausgegrabenen Lanzen seinen
Nahmen erhalten habe, ist wohl möglich, obgleich hier-
über nichts Urkundliches vorhanden ist; denn daß die Römer
einst in dieser Gegend waren, macht die Nähe von Vindobona
i) Nach den Pfarr-Acten im erzbischöflichen Archive Kt. L. Nr. X. und
10; nach einem der Pfarre Laa und ihrer Filiale Lanzendorf gemein-
schaftlichen Protokolle nach dem Berichte des gegenwärtigen Herrn
Pfarrers, verglichen mit WeiSkern; Marian F i d l e r S Ge-
schichte der österreichischen Clerifey; Pl. Herzogs Cosmographia
Aust, franeiseana ; Gr ei de rer Germania franciscana; und Facies
.prcymcUe £ er apKi c o» Austri a c ae per archivarios provinciae.
Q
"ß4ö
und dem so nlerkwürbigen Carnuntum (nun die Gegend vön
Haimburg) mehr als wahrscheinlich, und wird durch spätere
daselbst aufgefundene römische Denkmahle bestätigt. Was in
der Folge der Zeiten sich hier bey den Zügen der Völkerwan-
derung, bey der Ueberschwemmung durch die Horden der Hun-
nen , bey der Wiedereroberung durch Carl des Großen sieg-
gewohntes Schwert zurrug, lehrt uns die Geschichte nicht.
Erst im XU. Jahrhunderte erscheint ein adeliges Geschlechy
das sich »von Lanzendorf« nannte; Vernarb v. Lanzen-
dorf unterfertigte als Dienstmann, Ministeriale des Herzogs
Heinrich Ja so m irg ott, den Stiftungsbrief des Klosters
zu den Schotten in Wien, ausgestellt im Jahre i.i58. Auch
erscheint er im Klosterneuburgischen Saalbuche an fünf ver-
schiedenen Stellen, aus denen geschloffen werden könnte- er sey
im V. U. W. W. änsäßig gewesen. Doch selbst hier haben wir
noch keine volle Gewißheit, ob Vernarb seinen Beynahmen
von. unserem Lanzendorf bey Wien, oder von jenem bey Mi-
stelbach an der Zaya gelegen, geführt habe.
Noch nach dem Einfalle der Türken 1529 besaßen bey
Himberg und an der Fischa die Herren Hanns, Wolf und
Thomas v. Lanzendorf einige Gülten, bestätiget von
Ferdinand!, den 10. August 1664 *);
Kaum bedarf es einer Bemerkung, daß Lanzendorf alle
harten Schläge des Schicksals, die Oesterreich trafen, mit em-
pfand; denn wie hätte es / so nahe bey Wien, der Verwü-
stung, die unter Friedrich dem Streitbaren, und nach
seinem Tode in der kaiserlosen schrecklichen Zeit, Oesterreichs
Wohlstand auf lange Zeit zertrümmerte, entgehen können?
Wie hätte es nicht mitfühlen müssen, den Jammer des Va-
terlandes , und die Wunden, die während der Minderjährigkeit
Ladislaus des Nachgebornen, und des verderblichen
Bruderzwistes Albrechts YL und Kaiser Friedrichs IY.
Oesterreich zerfleischten? Auch die Gräuelscenen der nach Zer-
störung lechzenden Erbfeinde der Christenheit, trafen 162g und
i683 Lanzendorf schwer.
*) Oefterreichischee Adels-Schauplatz.
243 .
Im Besitze dieser Herrschaft waren verschiedene Herren,
die aufeinander folgten, ohne "daß wir das Jahr ihres An-
trittes derselben mit Genauigkeit anzugeben im Stande wa-
ren. Es kommt schon vom Jahre 1646 (in den Pfarr-Acten)
»ein Verlaß der Edlen Frau Sophia Eyslerin, Wittwe, als
Grundfrau daselbst« vor, nnd aus einer Urkunde Ferdi-
nands I. vom Jahre 1649 (im k. k. Hofkammer-Archive) er-
hellet, daß Thomas Eys l er ein lanzendorfisches Lehen von
den Stoppeln, die es schon *533 inne hatten, käuflich an
sich gebracht habe. Im Jahre i558 ist Herr dieser Herrschaft
Leonard Eißler, und in der Kirchenrechnung Lanzendorfs
vom Jahre 1669 kommt Wolf Eißler vor. Vielleicht besa-
ßen sie alle nur einige vom Kaiser ihnen bestätigte Gülten. Nach
diesen kommen als Besitzer vor: Heinrich Freyherr v. L am-
berg; nach ihm, im 'Anfange des XVII. Jahrhundertes um,
1622; W olf Andreas Händl *), gegen das Ende Da-
niel Christian v. Pänniz. Im XVIII. Jahrhunderte
kam das Äut an die Grafen von K ö n ig s eg g - Au t e n d 0 r f.
Auch der Landesfürst hatte zu Lanzendorf Lehen zu verge-
ben. So belehnte noch Joseph I. 1707 den Freyherrn v.
Fünfkirchen mit einigen Zehenten. Die Herrschaft Leo-
po l d s d 0 r f, der I 0 h a n n i t e r - O r d e n haben hier Besi-
tzungen gehabt ^), und einer Urkunde des Erzherzogs Ernest
von i568 zu Folge, hatte das Stift Seitenstetten hier Unter-
thanen.
Lanzendorf hatte vor Zeiten schon eine Pfarrkirche, de-
ren Schicksal sehr traurig war. Wann sie gegründet wurde, ist
unbekannt, nicht so aber, daß der Propst von St. Stephan zu
Wien über sie Lehensherr war. Die erste uns bekannte urkund-
liche Erwähnung eines Pfarrers geschieht 1896, in welchem
Jahre dem damahligen Pfarrer Otto, durch Oßwald, einen
Grundholden von Lanzendorf, eine beträchtliche Stiftung ge-
macht wurde, die ihn verpflichtete, einen Jahrtag zu begehen,
wöchentlich in der Pfarrkirche drey heilige Messen zu besorgen,
0 Höfkammer - Archiv.
2) Weiskern- Topographie.
O. 2
244
und zu diesem Zwecke einen Capellan zu halten. Gerne ging
der Pfarrer mit Wissen seines Lehenherrns, des Propstes von
St. Stephan^ Anton Wachinger *), dieses ein. Nur ein
Pfarrer ist uns noch bekannt/ Johann Stherubt, dev
1425 einen Weingarten zu Medling kauft a); dann verschwin-
det die Pfarre/ und nur niederschlagende Nachrichten werden
uns von ihr durch die geistliche Untersuchungs-Commission von
1644 zu Theil, die erzählet/ daß Kirche und Pfarrhof seit dem
Einfalle der Türken verfallen und nicht mehr aufgebaut worden
seyen/ daß durch 3o Jahre schon kein Priester hier war, daß die
Gemeinde sich in die traurige Nothwendigkeit gesetzet sah / in
den Gottesdienst nach Laxenburg oder Fischamenk zu gehen/ und
die Kirchengüter zersteuet und verloren gegangen seyen.
Dieser traurige Zustand bekümmerte den Herrn des Gutes,
Eiseler/ sehr; bittend wendete er sich an den Bischof von
Wien, Friedrich Nausea, um Abhülfe des Uebels/ der,
leider! aus Mangel der Priester/ sich gezwungen sah, die Last
der Seelensorge der Lanzendorfer auf die Pfarre Laa zu wäl-
zen. Die schöne Hoffnung der Morgenröthe des .Besserwerdens
verschwand bald wieder. Laa, durch sich selbst sehr beschäftigt,
konnte nur weniges für Lanzendorf thun, und doch war gerade
jetzt die Noth um einen eifrigen Priester am höchsten gestiegen,
da die neue Lehre, die Martin Luther predigte, den alten
lang bewährten Glauben zu verschlingen drohte. Der Bischof
that, was er konnte, für die Kirche und Gemeinde; die weni-
gen noch übrigen Stiftungen der ersten mußten von den Zech-
leuten verwaltet und ihm verrechnet werden 3), und der letzteren,
um sie nicht ganz der Verführung hinzugeben, schickte er Prie-
ster, die abwechselnd von St. Stephan nach Lanzendorf gin-
gen, um den Gottesdienst in der kleinen Kirche auf der Haide,
die der Wuth der Türken entgangen war, zu halten, da die
Pfarrkirche im Schutte lag. Endlich erscheint 1662 Jacob
Forgätsch, einst Schulmeister bey den Schotten, als Capel-
i) Fischer notitia urbis Yindobonae. 2sucl) dev pfarrliche Revers vom,
Iahre i3g5 ist in den Pfarr-Acten.
Siehe die Copie des Kaufbriefes in den Pfarr - Acten ♦
.3) Kirchenrechnungen bey der Propstey Voten bis. *614.
2 4®
lan von Lanzendorf/ dessen Eifer es aber nicht mehr gelang, die
ihm anvertraute Gemeinde beysammen zu halten; denn die
Glieder derselben waren schon zu sehr gewöhne, in andere Kir-
chen und ju fremden Predigern zu laufen. Es kommt zwar in
der Lanzendorfer Pfarr- Kirchenrechnung vom Jahre i568 ein
alter Pfarrer Philipp vor. Aber eben dieser Zusatz scheint an-
zuzeigen, daß er wenigstens mit Kraft und Thätigkeit schwerlich
im Stande war, sich der Neuerung zu widersetzen. Eben da-
selbst kommt der Pfarrer Eberhart vor, der des vorigen
Nachfolger gewesen zu seyn scheint. Die Einnahme der Kirche
von ihren Aeckern und Weingärten wird um diese Zeit auf
i2o fl. in der genannten Kirchenrechnung angegeben, ohne erst
die Ausgaben in Anschlag zu bringen. Auch Wolf. Eißler
sagt in seinem Berichte an das Consistorium, daß um diese
Zeit wegen schlechten Einkommens kein ordentlicher Pfarrer ge-
halten werde.
Immer kleiner und kleiner-wurde endlich die Zahl der Ka-
tholischen, und Wiens Bischof, Anton Mugliz, fand es
nöthig, die wenigen treuen Anhänger des Glaubens ihrer Vä-
ter dem Pfarrer von Laa, Lambrecht, sammt den Einkünf-
ten der Lanzendorfer Kirche zu übergeben, und somit die Pfarre
Lanzendorf aufzulösen.
Auf diese Weise wurde auch die kleine Capelle auf
der Haide wieder verlassen, die vor und nach diesem Zeit-
raume immer so hemerkenswerth gewesen ist, daß ihre Geschichte
genauere Forschung allerdings verdient.
Um die Entstehung der Capelle auf der Haide uns beküm-
mernd, verwirren wir uns in eine Nebelwelt von Sagen, die
sie zum ältesten Gotteshause Oesterreichs machen. Diese S a-
gen, die vorhin nur von Mund zu Mund gingen, suchte man
in der Folge durch den Pinsel zu verewigen; ihr Inhalt ist an
den Außenwänden der Capelle gemahlen zu erblicken *).
*) Nähere Auskunft über diese Sagen findet man in einem eigenen Buch-
sein, welches den Titel führt: Bericht von dem muthmaßlichen Ursprung
des gnadenreichen Kirchleins der schmerzhaften Mutter Gottes, vor Zei-
chen auf der Haid unweit Wien und Himberg, anjetzo aber zn Mariä
L-anjendorf genannt.
S4b
Das erste Gemählde stellt den heiligen Lucas vor, wie er
gerade auf diesem Platze, von Dalmatien nach Italien reisend,
um das Jahr 70 den Markomannen das Evangelium verkündet.
Auf dem zweyten zeigt sich der Kaffer Marcus Aurelius
Antoninus, wie er auf diesem Platze den Markomannen und den
Quaden ein Treffen lieferf. Aus der Gefahr, vor Hitze
schmachten zu müssen, rettet ihn das Gebeth der Christen in
seinem Heere, auf deren Fürbitte Gort den Römern erquicken-
den Regen sendet, die Feinde aber durch Blitz und Donner,
Hagel und Wolkenbruch in die Flucht treibt.
Auf dem dritten bauet Prinz Arthur aus Brittanien 5o8
für seine Krieger, dem Andenken des heiligen Lucas gewidmet,
eine Capelle, weil er hier einen Stein gefunden, auf dem ge-
schrieben war, daß dieser Heilige hier gepredigt habe.
Auf dem vierten erblickt man Erntrud, eine Fürstin aus
dem Stamme fränkischer Könige, wie sie 089 in dieser Capelle
die Mädchen vor einem Marienbilde den englischen Gruß mit
dem auf der Kirchenversammlung zu Ephesus beschlossenen Bey-
satze: »Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns,« bethen
lehrt.
Auf dem fünften schlagt Carl der Große die Hunnen,
läßt die von ihnen zerstörte Capelle neuerdings erbauen, und
setzet 791 mit eigener Hand das Bild der schmerzhaften Mutt
ter Gottes in dieselbe.
Auf dem sechsten schenkt 1191 Herzog Leopold der Tu-
gendhafte sein blutiges Kleid, sein Schwert und seine Lanze
der schmerzhaften Mutter des Herrn zum Danke, daß er glück-
lich aus Palästina nach der Eroberung von Ptolomais zurück-
gekehret sey.
Das letzte stellt uns Lucas Kilian Rausch vor, der obge-
nannten Herzog nach Palästina begleitet hatte. Er stiftete 1198
eine Gesellschaft, die jährlich von ihm angeführet, zur Capelle
Mariens wallfahrete.
Um zu beurtheilen, was von diesen Sagen zu halten sey,
darf man nur die trübe Quelle wissen, aus der sie flößen. Nach
einer ebenfalls sich dort befindenden Inschrift hat 1146 Leopold
Kuenring, Herr von Lichtenstein, die Geschichten, die auf den
*4?
fünf ersten Gemählden vorgestellt sind/ Ln Erz eingegraben aus
dem Schutte hervorgezogenals er die verwüstete Capelle neu
erbaute. Abgesehen von dem, daß im angezeigten Jahre gar
kein Leopold Kuenring von Lichtenstein lebte/ so gründet sich
die ganze Erzählung dieser Dinge auf Sagen viel späterer Jahr-
hunderte/ die/ wenn gleich in der Folge zusammen geschrieben/
unmöglich einen Beweis über Ereignisse liefern können/ die bis
zum ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung hinaufreichen.
Wahr ist es allerdings/ daß Mark Aurel zwischen Wien
und Haimburg auf einer Schiffbrücke wider die Quaden und
Markomannen auf das linke User der Donau zog; daß sein
Heer sich einst in unbekannten Gegenden/ von den Feinden be-
droht/ von der Hitze bis zum Verschmachten entkräftet/ von dem
glühendsten Durste gequält/ in einer höchst mißlichen Lage be-
fand; daß dieses Heer durch Regen erquicket wurde/ und die
FKude geschlagen wurden. Dieß beweiset die Siegessäule An-
tonins zu Rom / auf deren Basreliefs der Uebergang über die
Donau, und die Armee durch Regen aufgefrischt sammt dem
Jupiter Pluvius noch zu sehen ist / dem die Römer diese uner-
wartete Hülfe zuschrieben und verdankten. Ja auch/ wenn wir
die auf die späteren Zeugnisse des Apoll inarius beym Eu-
sebius und des Tertullian 1) gebaute Meinung anneh-
me«/ daß das Gebeth der Christen unter den Legionen die Wohl-
that des Regens und Sieges von Gott erflehet habe, so wird
hoch durch dieses so wenig wie durch die Triumphsäule bewiesen,
daß sich die Schlacht bey Lanzendorf ereignet habe / weil Denk-
mahl und Geschichtschreiber von dem Orte keine Meldung ma-
chen/ unb die Sage sinkt zum Mährchen herab, die Lazius
getreu sammelte / und ohne sie zu sondern und zu lichten ver-
breitete. Daß der heilige Lucas hier auf dieser Heide geprediget
hahe/ darüber sollte doch ein historischer Beweis geführet wer-
den/ und ob Carl der Große hier ein Mutter Gottes-Bild auf-
gestellet habe/ dürfte nicht weniger zu bezweifeln seyn/ da man
weiß, daß die Franken über die Entscheidungen des zweyten
Nicänischen Conciliums über die Verehrung der Bilder, erst
belehret werden mußten.
») In Apologet.
24$
Andere setzen die Gründung der Capelle in das IX. Jahr-
hundert, und behaupten, der Ruf dieser Capelle wäre so ver-
brettet worden, daß im X. Jahrhunderte aus entfernten Gegen-
den schon des Trostes Bedürftige mancherley Art dahin wall-
ten. Sie berufen sich auf ein Rechenbuch der Kirche zu Brunn
im Gebirge, in welchem beym Jahre qo5 angemerkt wird, daß
der Pfarrer unter dem Rentmeisteramte des Philipp Auer für
die Führung der Proceffion nach Lanzendorf 4.0 Münzen (nurn*
mos) und der Fahnenträger 6 bekam *). Doch auch dieser Be-
richt ist von der Art, daß er nichts beweiset; denn um nichts
von der Unwahrscheinlichkeit einer aus dieser Zeit aufbewahr-
ten Kirchenrechnung zu sagen, wie kann 906 ein Wattzug nach
Lanzendorf gewandert seyn, da zu jener Zeit noch die Ungarn
bis Molk hinauf Oesterreich in Besitz hatten, bey denen Christi
Lehre noch nicht verbreitet war? Und so geht es uns mit allen
übrigen Denkmählern, welche, auf den genannten Bildern an-
gezeigt, Beweise für das Alter dieser Capelle liefern sollen.
Ueberall stößt man auf historische Schwierigkeiten, welche der
Schärfe der Kritik weichen.
Gerne wollen wir zugeben, daß die Capelle der schmerzhaf-
ten Mutter zu Lanzendorf alt sey; aber auch nicht läugnen wol-
len wir, daß der ernste Griffel der Geschichte die Zeit ihres
Werdens nicht bezeichnet hat: und mit diesem freymüthigen
Bekenntnisse wenden wir uns wieder zu der Periode, in der
Wiens Bischof, Anton Mugliz, die Pfarre Lanzendorf aufließ,
und die Capelle auf der Haide geschloffen werden sollte.
Vielen Menschen war es schmerzlich, daß sie ihre. Andacht
an dem gewohnten Orte nicht mehr verrichten konnten; denn
der Ruf von diesem Gnadenorte verbreitete sich allgemach, be-
sonders da bey der großen Sterblichkeit 1679 viele dem
Tode entgingen, die die Mutter des Heilandes um Schutz an-
flehten. Vier Jahre darauf brachte die Belagerung von
Wien durch die beutelustigen Söhne des Ostens der ganzen
Gegend neue Drangsale; was die Flucht ergreifen konnte/ver-
ließ die hartbedrängte Wohnung und suchte in der Ferne Heil
>) Herzog, eosmograpiiia Franciscana.
249
und Rettung. Verwüstend fielen die rohen Horden über die ver-
lassene Capelle her, raubten oder, wahrscheinlicher, verbrannten
das Gnadenbild.
Unter den Flüchtlingen hatte sich nebst andern Bürgern von
Medling der Marktrichter daselbst, Wolfgang Fiechtl,
befunden. Da er nun unversehrt zurück kam, und das in Kupfer
gestochene Bildnifi des Gegenstandes seines Vertrauens an dem
alten Orte antraf, wurde das Verlangen, die Verehrung der
heiligen Maria zu befördern, immer reger Ln ihm, und er war-
tete nur auf eine schickliche Gelegenheit, seinem brennendsten
Wunsche. Genüge zu leisten. Diese both sich ihm bald dar. Ein
Bruder des dritten Ordens des heiligen Franciscus hatte seine
Wohnung bey der Capelle aufgeschlagen, sie zu öffnen, zu spei>
ren und zu reinigen übernommen, darob erfreute sich die Um-
gegend , und besuchte sie häufiger; bald kamen ganze Proceffio-
nen von Gumpoldtskirchen, Brunn, den Schotten in Wien,
selbst aus Ungarn, und verehrten die seligste Jungfrau vor einem
aus Holz geschnitzten Bilde, das der Bildhauer von Gumpoldts-
kirchen, Fiechtl, statt dem durch die Türken weggekommenen,
in der Capelle aufgestellt hatte. Die Zahl der Ankommenden
vermehrte sich so, daß die Geistlichkeit von Laa nicht mehr im
Stande war, allen die heiligen Sacramente der Buße und des
Altares zu reichen. Nun wendete sich der Marktrichter Fiechtl
an die Kaiserin E l e o n o r a, Gemahlin Leopolds I., bittend,
es möchte ihm erlaubt werden, eine Wohnung zu Lanzendorf
zu bauen, urn mehrere Priester dort aufnehmen zu können, wel-
che dem Verlangen der Gläubigen Genüge leisten würden. Die
Kosten dazu werde er und andere Gutthäter bestreiten *). Bey
der Wahl, woher man die nöthigen Priester nehmen sollte, fiel
man auf die Franciscaner (von denen schon früher mehrere, so
wie auch die Capuziner von Schwechat zu Zeiten ausgeholfen
hatten). Der Grundherr von Lanzendorf, Daniel Christian
v. Panniz, trug sich an, einen Grund herzugeben, um das
nöthige Gebäude aufzuführen, der Pfarrer von Laa und Lan-
zendorf, Johann Peter Walther, erklärte dem Consisto-
0 Siche seine Bittschrift an die Kaiserin Cleonora in den Pfarr-Acten.
rtum, daß er nicht im Stande sey, ohne Aushülfe anderer Prie-
ster den geistlichen Bedürfnissen bey der Lanzendorfer- Capelle
Folge zu leisten, und daß er nicht im geringsten etwas wider
die Errichtung eines Klosters habe, wenn er anders in seinen
Rechten und Einkünften nichts verlieren würde. Solchen Bit-
ten, Antragen und Erklärungen willfahrten sowohl Kaiser Leo-
pold, und Er ne st Graf v. Trautsohn, Bischof zu Wien,
und wirklich wurde den 21.November 1696 den P» P. Fran-
cis eanern die Kirche unter gebührenden Feyerlichkeiten für
*2 Priester übergeben.
Schnell both man Alles auf, um das Angefangene der Voll-
endung zuzuführen. Den 28. Aprill hatte der Provincial Franz
Laccia das angenehme Geschäft, den Grundstein des Klosters
zu legen, dessen Baues Leitung der Layenbruder, Felix Nü-
xing, übernommen hatte. Zur neuen Kirche legte der Kaiser-
selbst den i5. September 1699 im Beyseyn seiner Gemahlin
und der Erzherzoge Joseph und Carl, des Bischofes und des
Hofstaates den ersten Stein; sie wurde so gebaut, daß die alte
Capelle in dieselbe zu stehen kam. Nebst der kaiserlichen Frey-
gebigkeit trugen viele andere Wohlthäter so viel bey, daß das
Gotteshaus fest und zierlich aufgeführt werden konnte. Dank-
bar nennet die Hausgeschichte der P. P.Franciscaner den Gra-
fen E r n e st R u d i g e r v. Stahremberg, H 0 n 0 ratus,
Freyherrn v. Oppel, H e r r m a n n K l ö ck e r, Dompropst zu
Wien, und Andere. Durch ihre bedeutenden Gaben wurde die
Kirche so geschmückt, daß ihr Anblick Ehrfurcht gebiethet, und
den Gedanken an die Majestät dessen, der hier angebethek wird,
in den oft schlummernden Herzen aufregt. Der Chor ruhet
über dem Eingänge auf zwey Säulen von Marmor, und ist mit
einer Uhr versehen, der Boden der Kirche durch Güte des Gra-
fen Philipp Grafen v. Sinzendorf mit Marmor
belegt. Anfangs befanden sich in ihr, nebst dem Altare der se-
ligsten Jungfrau, noch 6 andere Altäre, welche durch die Bey-
träge verschiedener Wohlthäter, besonders aber der Fürstin Eva
Esterhazy, gebornen Töckeli, errichtet wurden. 1701 ließ Fürst
Paul Esterh a zy, der Gemahl der erstgenannten Fürstin,
die alte Capelle renoviren, einen neuen Altar darin errichten,
$5i
und Frontispieium der Capelle mit Marmor überziehen.
Von Außen machen die zwey Thürme ein schönes Ansehen.
Graf Anton v. Harr ach, Bischof von Wien, weihte end-
lich den 24. Aprill 1/708 die Kirche zur Ehre der s ch m e r z h a f-
t e n Mutter, des heiligen F r a n c i s c u s S e r a p h i c u s,
und des heiligen Königes Em eri ch ein. Die Schönheit des
Hauses Gottes, der Eifer der Priester im Beichtstühle, und
das Erbauliche der 40 hier lebenden Söhne des heiligen Man-
nes von Assist, zog noch immer mehr Menschen nach Lanzen-
dorf, so, daß die Kirche sie nicht mehr fassen konnte, sondery
1727 ansehnlich erweitert werden mußte. Diese. Erweiterung
unternahm man hinter der Mariannischen Capelle, so, daß
diese in die Mitte der Kirche zu stehen kam, und so entstanden
drey neue Altäre; der Hauptaltar stellt den Heiland auf ber\t
Oehlberge, zu seinen Vater bethend, dar; der zweyte hat den
heiligen Franciscus mit den Wundmahlen; der dritte den hei-
ligen Anton den Wunderthäter, als Alrarblatt; alle diese, sowie
dieDeckengemählde, sind aus der Künstlerhand Rottmayers
hervor gegangen. Der Cardinal, Graf y. K 0 ll 0 ni ts ch,
weihte die Altäre 1781. Früher, 1729, wurde eine Gruft
unter der Kirche von Carl Stummer, Bürgermeister zu Him-
berg, errichtet, in welche zuerst die Gebeine der oben genann-
ten Fürstin Esterhazy, gebornen Tökely, gelegt wurden.
Auch ließ die Herzogin von Savoyen, geborne Fürstin n.
Lichtenstein, MariaTheresia - in der Gnaden-Capelle
einen ganz neuen Altar von Salzburger Marmor verfertigen,
den 1788 der Erzbischof von Wien, Graf v. Kollonitsch,
einweihte. Merkwürdig sind noch in der Kirche vier türkische
Fahnen, welche Prinz- Eugen 1716 den Feinden abgenom-
men, und Kaiser Carl VI. nach Lanzendorf schenkte.
Ueber der Sacristey befindet sich die Schatzkammer, die einst
an heiligen Gefäßen, Monstranzen, Kelchen, und andern aus
dem heiligen Lande mitgebrachten Heiligthümern, sehenswürdig
war. Neben der Kirche aber befindet sich ein Calvarien-
berg, schon 1690 angelegt, dessen Bau der oben genannte
Klosterbruder Fel ix Nürimg leitete. In den verschiedenen
Capellen befinden sich drey Altäre, welche den 12. Aprill 1726
Mit Erlaubniß des Cardmals Kollonitsch, von Nicolaus Sta-
nislavich, aus dem Orden des heiligen Franciscus, Bischof von
Nicopolis, geweiht wurden. Sparer wurden noch die Marter-
Stationen , die heilige Stiege und das heilige Grab, voll von
Reliquien, beygefüget. Orte genug, wo einst über 80000 Men-
schen Andacht pflegen konnten ! Da er vieles durch Zeit und
Witterung gelitten hat, fo ist er durch Gutthäter im Jahre
recht niedlich wieder hergestellet worden. Das Innere des
Klosters ist geräumig, hat eine Bibliothek, die früher um so
nothwendiger war, weil hier Easuistik und Moral gelehrt wur-
de, und einen sehr schönen Garten.
Das Jahr 1718 brachte große Trauer in diese Kloster-Ge-
meinde. Im Anfange des August zeigten sich zu Lanzendorf
Spuren der Pest, die auch drey Priester und zwey Layenbrü-
der wegraffte. Die Regierung sah sich dadurch veranlaßt, Kir-
che und Kloster vom 22.October bis 24. December zu sperren.
Gegenwärtig ist die Zahl der Individuen im Kloster sehr
geringe, und nicht im Stande, den weitläufigen Garten, wie
er es verdiente zu bearbeiten. Die Seelsorge hat seit »788
ein Pfarrer über, der vom Provincial und Consi'storium ge-
wählt, der Regierung zur Bestätigung vorgelegt wird, und
§uS dem Religionsfond So fl. zu beziehen hat. Erster Pfar-
v e r, seit sie neu errichtet ist, war P. Felici an Reschauer,
Guardian und gewesener Lector.
XXV. Himberg').
cOwey Stunden von Wien, zwischen Lanzen-und Pellendorf,
in einer schönen Ebene am K a l t e n g a n g, wo dieser sich mit
der T r i e st i n g vereiniget, und dann in die S ch w ä ch a t
0 Nach dem gefälligst mitgetheilten Berichte des sel. Herrn Bernhard
v. Iaßwitz, Consistorial-Raths, emeritirten Dechants und Pfar-
rers zu Himberg; und nach den Acten des k. k. Hofkammer - Archives,
der k. k. Nieder - Oesterreichischen Negierungs-Registratur, und des
fürsterzbifchöflichen Gonsistorial-Archives lit. H. Nr. II. und dann
auch nach S m i t m e r und W i S g r i l l.
s5S
fällt, liegt der vormahlige Vicedomische, seit dem Jahre
»7ssy aber freye l an d e s fü r st liche M a rk t Himberg,
mit ,3o Häusern und 898 Bewohnern.
Er ist ein schöner, ziemlich weitläufiger Ort, zwar nicht mit
Mauern umfangen, aber doch, nach Art mehrerer freyen
Markte, mit einem Thore versehen, über welchem ein Thurm
mit einer llhr gebauet ist. Auf deni Marktplatze steht eine
DreyfaltigkeitSs.äule, von einem gewissen Teufel
errichtet; und außer dem Markte dieSchießstärte.
Im Orte selbst prangst die alte Stt Lorenzi-Pfarr»
kirche, zu der die beyden Filialen Pellendorf und G ut-
tenh vf, mit 175 Personen, doch ohne Kirchen, gehören; fct*-
ners findet sich hier ein Spital mit einer Capelle des
heiligen Johann des Täufers ; ein kaiserliches M a u t h h a us;
ein SchulhauS auf ivc» Kinder; mehrere Freyhöfe und Fa»
briken; das Rathhaus; zwey Mühlen, und auch ein
Brauhaus, welches ein sicherer Hieronymus 33cna-‘
cina im Jahre 1621 erbauet hatte.
Die Bewohner ernähren sich von ihren Gewerben, von
Fruchtgründen, vom Handel mit Früchten, und ihren Fabriks-
Arbeiten, womit sie von der großen Cattun - Fabrik der Her-
ren Fries und Compagnie, Arnsteiner und Eskeles, Holzmann
und Schwarz, und dann von einer Krapp- u n d F a r b m a-
terialien-Fabrik, reichlich versehen werden.
In Vorzeiten hieß dieser Ort Hint-Hynd, oder auch
Himp erg, und soll seinen Nahmen von einem altadeligen
Geschlechte erhalten haben, das schon unter den babenbergl'-»
schen Regenten bekannt, mit den Herren von Eberstorf und
Thierstein verwandt war, und als Besitzer dieser Gegend bis
an den Schwechatfluß, sich hier ein Schloß erbaute, welches
von den vielen Damhirschen in der Umgegend, Hyndperg
genannt war, und diese Benennung auch der ganzen Familie
mittheilte.
So erscheinen schon im Jahre 1094 in einer Bulle Ul-
richs , Bischofs zu Passau, riber die Befreyung und Erhebung
der Capelle zu Perchtoldstorf zu einer Pfarre, als Zeugen,
Marchard v. Himperch, und sein Sohn Jrnfried.
*2o>4
<Philibert Hueber) Z ein M ü r ch w a r L v. H t n t p e r g e kömmt
auch um das Jahr 1120 als Zeuge einer Schenkung vor, die
die Markgräfinn Agnes dem Stifte Klosterneuburg gemacht
hatte. In der nähmlichen Eigenschaft erscheint auch um das
Jahr n35, n36 und 114° ein M arch ard v. Hintper-
ge, der die Schenkungen 2ldelberts, eines Sohnes Leopold
des Heiligen, und die fromme Gabe Leopold des Freygebigen,
an das nähmliche Stift, feyerlich bestätigte. Um das Jahr
1187 gaben auch die zwey Brüder Marchard und Oulrik
v. Hintperch, Ministerialen Herzog Leopolds des Tugend-
haften, nebst ihrer Mutter Tou ta und ihren Schwestern, am
Begräbnißtage ihres Vaters Oulrik, ihren Meierhof zu
Wolkerstorf dem Stifte Klosterneuburg, nachdem sie schon um
das Jahr 1178 einige Schenkungen an dasselbe bestätiget hat-
ten. Ulrich v. Hintperch erscheinet auch schon im Jahre
1171 in den Urkunden des genannten Stiftes, als erbethener
Zeuge. (Mar. Fischer.)
In einer Urkunde vom Jahr 1207, worin Leopold VH. dem
bayerischen Kloster Raitenhaslach die Mautfreyheit in Oester-
reich auf der Donau ertheilet, kömmt gleichfalls als* Zeuge ein
Mar qua rd v. H i n p e r ch vor; (Momim. Loica. Yol. III.
pag. 122.), und in eben dieser Eigenschaft erscheinet um 1114
ebenfalls ein Markwart v. Hi mp erk oder H y n t v e r-ch
nebst seinem ungenannten Sohne, als der nähmliche Herzog
dem Stifte Klosterneuburg die Freyheit der Wassermauth im
Auf- und Abfahren bis Enns ertheilte, und dann einen Streit
zwischen diesem Stifte und Poppo v. Spangenberg schlichtete.
K u n r a d und U l r i k, die Brüder v. H y m p er ch, bestä-
tigten im Jahre 1228 für das nähmliche Stift eine Schen-
kung; undJrnfried v. Hlntpert war Zeuge, als Her-
zog Friedrich der Streitbare im Jahre 128» Klosterneuburg in
dem Besitze der Mauthfreyheit auf der Donau befestigte, und
demselben das Recht verlieh, in der Stadt Enns Wein auszu-
schenken. Noch im nähmlichen Jahre 128* bezeugten auch
Irnfried, Cuonrad und Ulrich v. Himperch die
Beystimmung Herzog Friedrich des II. , als Herzog Heinrich
LH5
von Medling demselben Stifte für 2vo Talente Wiener-Münze
Kogelbrunn überließ. (Max. Fischer.)
Nicht weniger trafen auch im Jahre 1232 Jrn fried und
Cunrad v. Himperg, der Herzog Friedrichs II. Kammermei-
ster war, mit Rudigern v. Radeck- Bischöfe zu Paffau, selbst
einen Vergleich, der das.Fischwasser auf der Schwechat be-
stimmte. Endlich kommt noch in den Jahren »248 und 12b»
Chunrad v.Hinperch in den Bestätigungsbriefen vor, die
Herzog Friedrich der Streitbare, und König Ottokar, dem
Stifte Klosterneuburg über einige seiner Besitzungen gaben.
Vom XI. bis in das XIV- Jahrhundert liest man die Nah-
men dieser edlen Herren von Hiniberg in den vaterländischen
Urkunden; und immerdar gehörten sie unter die ansehnlichsten
Geschlechter in Oesterreich, und waren Dienstherren am Hofe
deS Landesfürften (ex oräine Ministerialium). Mit Wolf-
kern v. Himp erg, der noch im Jahre »33, Reiscnberg und
Schranewand von den Herzogen Albert und Otto zu
Lehen erhielt, starb aber im Jahre ,34v die ganze Familie
aus, und die Herren v. Eberstorf und Thierstein erb-
ten, als ihre nächsten Verwandten, die weitläufigen Besitzun-
gen und Güter dieses edlen Geschlechtes,
In ihren Händen war nun auch H i m b e r g, das aber erst
im Jahre ,4, » etwas wichtiger zu werden begann. Als
nähmlich in diesem Jahre die österreichischen Stände nebst
den Wienern, auf Reinprechts v. Wallsee Veranlas-
sung, den jungen Herzog Albrecht V. mündig erklärt, und
der Vormundschaft Herzog Ernst d e s E i se r n e n in Steyer-
mark entzogen hatten; da setzte sich dieser letztere zu Himberg
fest, bekriegte von hieraus die Wiener, und that ihnen so
lange Schaden, bis endlich im Jahre ,4,2 diese Streitigkei-
ten beygelegt wurden. (Panorama.)
Lange blieb Himberg ein Eigenthum der Herren v. Ebers-
dorf, obschon der Landesfürst den so genannten Falkenhof
schon vor vielen Jahren, mit reichen Wein-und Getreide-Ze-
henten daselbst, besaß, welchen Zehent aber im Jahre ,4,8
I 0 st H au se r von A lb r ech t Y. als Lehen empfing, und dann
a» AndreasHvtz en d 0 r f verkaufte. Späterhin, daS ist
a56
s549/ erhielt nach Absterben des Thomas Elßler ein ge-
wisser Johann v. T h a u vom Könige Ferdinand I. darüber
die Lehen. Indischem hatte aber im Jahre 1499 Veit v.
Eberstorf das ganze Himberg, nebst Eberstorf und Schwe-
chat , gegen die Güter Mauer und Ernstbrunn, an Kaiser
Maximilian l. abgetreten, um die Ungnade von sich zu
entfernen, die er einst durch; seine Anhänglichkeit an König
Mathias Corvinus sich zuzog.
Nicht lange besaßen Oesterreichs Regenten den Ort, so
wurde er im Jahre 1629 durch den türkischen Einfall gewal-
tig beschädiget. Um nun die Bewohner desselben für die aus-
gestandene Angst und ihre Treue zu lohnen, so ertheilte ihnen
Ferdinand!, bald darauf die Märktfreyheit, und
erlaubte ihnen, alle Freytage einen Körnermarkt, und all-
jährlich um das Fest des heiligen Laurenz, einen Jahrmarkt
abhalten zu dürfen. Seit dieser Epoche erscheint also Him-
berg in der Geschichte des Landes als Markt, und zwar als
einer der bedeutenderen der damahligen Zeit, indem er nach ei-
nem Urbar-Extracte bereits im Jahre >537 schon 80 bis 90
Häuser zählte, und ein so reichliches Taz-und Umgeld trug,
daß es im Jahre i533 von Ferdinand!, dem Marcus
Bekh von Leopoldsdorf, kaiserlichen Vicedom, gegen ein Be-
standgeld verschrieben wurde. Als dieser aber dem Kaiser zum
Festungsbaue in Wien ein Anlehen von 3ooc» Gulden machte,
und sein Sohn Hieronymus dieses Darlehen verdoppelte,
so wurde dem Letzteren im Jahre i56o dieses Taz- und Um-
geld vom Kaiser auf Lebenslang verschrieben.
Währcmd. der Zeit hatte aber die hiesige Gemeinde einen
Theil ihrer Marktfreyheit eingebüßt. Um nun vor jedem Scha-
den bewahrt zu seyn, bath sie im Jahre ,598, den nach Schwe-
chat transferirten O chsenmar kt ihr wieder gegen ein Ent-
gelt, von 170 Gulden zu belassen, und versprach dabey zugleiA
ihre Straße zu bessern. *
Gleich wie sie aber von jeher für des Marktes unbeschränkte
Freyheit'besorgt war, sd trug sie auch nicht weniger für das
Unterkommen ihrer verarmten oder sonst verunglückten Bür-
ger die menschenfreundlichste Sorgfalt. Lange mag daher die
267
Erbauung eines eigenen Spitals der Bewohner Wunsch
und Wille gewesen seyn, und sreywillig schenkte zu diesem schö-
nen Unternehmen ein hiesiger Bürger und Müllermeister,
Hanns Keymb, im Jahre 1600 seinen Stadel und Grund
her, nachdem schon ein Jahr früher eine gewisse Rosina Jt-
sing 26fl. dazu gegeben hatte.
Nicht lange konnte diese fromme Anstalt bestanden haben,
als bereits im Jahre i6o5 die Ungärn und Siebenbür-
ge r unter Boczkays Anführung in Oesterreich einfielen, Him-
berg, nebst andern benachbarten Orten verheerten, und erste-
rem Orte einen Schaden zufügten, der nach einer eigenen
Specification auf 80000 Gulden angegeben ward.
Bald mag sich Himberg von allem Unglücke erhohlet, und
in der Reihe der kaiserlichen Herrschaften keinen geringen Platz
behauptet haben. Denn wie ansehnlich überhaupt diese
Herrschaft selbst nach dem zweyten zerstörenden Einfalle der
Türken im Jahrei683 gewesen seyn muß, erhellet daraus, daß.
im Jahre 1689 nur die Mauth, das Heu und der Frschhof zu
Himberg, dem Herrn Johann Bernhard v. P inte rs ho-
sen, anstatt der von 86,000 fl. Capital abfallenden Inte-
ressen, auf 6 Jahre in Bestand gegeben wurde.
Um diese Zeit suchte auch Himberg neuerdings die Bestä-
tigung seiner Marktfreyheit an. Als daher Kaiser Leo-
pold!. im Jahre 1699 ihre Bitten erfüllte, so folgte er zwar
dem Beyspiele seiner gütigen Vorfahren; allein der Ochsen-
markt, der schon einmahl für Himberg verloren war, wurde
in dieser letzten Befreyung nach Wien übersetzet, und die
Mauth zur Hofkammer eingezogen.
Dem ungeachtet blieb Himberg noch ein besuchter gewerb-
samer Ort, dessen Taz allein im Jahre 1716 an Herrn
Johann Niklosch um 720 Gulden in Bestand verlassen
wurde. Das nähmliche zeuget auch die Stiftung des Herrn
C arl S.tu b n er und seiner Ehefrau, die im Jahre 1718 ein
Capital von 4000 Gulden zum Spitale hergaben, für wel-
ches der Markt, der das Geld übernahm, laut einer eigens
ausgestellten Urkunde, und mit Anzeige der Hypothek, jährlich
^00. Gulden als Interessen zu geben versprach.
R
358
Bis zum Jahre 1746 war auch ein kaiserliches Ge-
stüte allhier; denn mit der Herrschaft war großer Wiesenbau
verbunden/ wovon ehedem die kaiserlichen Ställe und die Thier-
gärten versorgt wurden. Doch muß der Nutzen dieses Gestü-
tes sehr sparsam gewesen seyn, weil dasselbe im obbenannten
Jahre verkauft wurde.
Dieser Verkauf war gleichsam der Anfang zur gänzlichen
Hintangabe der Herrschaft. Da nähmlich durch stille sorg-
same Wirthschaft braver ökonomischer Richter der Markt Him-
berg immer vermöglicherund wohlhabender wurde: so schloß
endlich im Jahre ,749 Richter und Bürgerschaft von Himberg
mit dem Landesfürsten einen K a uf-Co ntr act, der aber
erst im Jahre 1776 in Wirksamkeit trat, und vermöge wel-
chem sie ihren eigenen Markt, dessen Erträgniß vor dem Ver-
kaufe von dem kaiserlichen Vicedom - Amte nur etwas über
1100 Gulden angeschlagen war, um 4o,i oS dulden an sich
kauften, und sich so zu Bürgern eines freyen Marktes
erschwangen.
Zur Ergänzung der Ortsgeschichte erwähnen wir hier folgen-
der, theils bestandener, theils noch bestehender Höfe.
1) Der Falkenhof. Seiner geschieht im XIV.Jahrhun-
derte bereits die erste Erwähnung, als ihn nähmlich Michael
L e e b von Wien, des Herzogs A l b r e ch t s II. Falkner, zu Lehm
hatte. Von dieser Lehenschaft befreyte ihn gedachter Herzog im
Jahre 1823, und eignete ihn dann zurFrauen-Capellein
der kaiserlichen Burg, mit dem Befehle, daß Leeb und
alle folgenden Besitzer an diese Burg-Capelle alljährlich f>o
Pfennige abreichen sollten. Albrecht III. bestätigte diese fromme
Stiftung im Jahre 1898.
Im XVI. Jahrhunderte erscheint mit obigem Nahmen, ein
ganz anderer Hof. Kaiser F er d i n a n d I. machte r) im Jahre
1528 mit Markus Beckh, seinem Rathe und Vicedom, ei-
nen Tausch, vermöge welches dieser seinen Edelmannshof zu
Himberg, im Baumgarten genannt, mit allein Zugehör an
0 Siehe -die nachfolgende Pfarrgeschichte von Hermerstorf und Leepoldstorf.
. 2§q
den Kaiser abtrat; dagegen aber die Gülten und Güter zu
Hennerödorf mit der Pfarr-Vogtey daselbst/ übernahm. F e r d i-
n an d bauete nun in seiner neuen Besitzung ein großes Hans,
errichtete dort eine Falknerey/ widmete das Gauze dem
Oberst-Falkenmeister-Amte/ und nannte von dieser Zeit an
diesen Hof gleichfalls den F a l k e n h o f.
Nach der großen Verheerung im Jahre *629, die er nebst
dem ganzen Markte von den Türken erlitt/ hatte Ferdinand I.
im Jahre 1649 dem Pedro v. Rada diesen Hof (nebst
Vettenhof) auf Lebenslang eingeräumt/ jedoch so, daß er
nach dessen Tode dem Kaiser wieder anheimfalle. Nach seinem
Hinscheiden hatten daher nach einander Alphons v. Mar-
ka d 0 — Hanns Hager zu Altensteig — Georg v.
Puchheim zu Göllerstorf, und Johann Freyherr
v. Sau rau, als kaiserl. Oberst-Jägermeister (diesernoch im
Jahre 1696) den Falkenhof innegehabt. Im Jahre 1607 erhielt
zwar P e t e r P a u l d e l l a G r a n g i a, als Oberst - Falken-
meister diese Besitzung; allein der Hof blieb unbewohnt, und
die Grundstücke an Andere verlassen , bis er endlich im Jahre
1610 von seinem Verfalle wieder aufgebauet wurde.
Im Jahre 1620 verschrieb Ferdinand II. diesen Hof
dem Ulrich Roth, Falkner in Himberg, jedoch mit Vorbe-
halt der Wiedereinlösung. Im Jahre ib83 wurde er von den
Türken verwüstet;, und im Jahre 1724 verkaufte der damah-
lige Besitzer, Thomas Wahl, den Falkenhof an Peter
Ant 0 n H illebrand v. P r an d au, k. k. Hofkammer- und
Bancalitäts-Rath, um 6000 Gulden, welchen Kauf Kaiser
Carl VI. sogar mit Verzichtleistung auf das obengedachte Ein-
lösungsrecht/ förmlich bestätigte. Seit dem Jahre 1811 be-
sitzt diesen Hof Herr Jakob Mauritius Holler.
2) Der F i schh of. Er verdankt seinen Ursprung jenen Fi-
schern, denen die Aufsicht über die hierher gehörigen Teiche in
Himberg und Guntramstorf, und anderen Orten anvertraut
war, deren Nutzung schon im Jahre i58i auf 180 Gulden
angegeben wurde. Kaiser Max i m ilian der 1. hatte diesen
damahls noch auf dem Anger gestandenen, und so genannten
Angerhof im Jahre ,490 an sich gekauft, und ihn dadurch
N 3
sbo
landesfürstlich gemacht. Damit ward dann auch ein Teiche
und Badhaus, eine LandmauLh, das Fisch-und Heumeister-
Amt, 40 Joch Aecker und 890 Tagwerk Wiesen verbunden.
Am ersten wurde von diesem Hofe die Mauth getrennet,
indem sie F erd in and I. im Jahre i533 den Bürgern von
Himberg als einen kleinen Ersatz für ihren, durch die Türken
erlittenen Schaden, bis zum Jahre i585 verlieh, wo dann dar-
aus eine Filial-Mauth nach Schwechat gemacht wurde.
Der Fischmeister handhabte sie auf Verrechnung, und gab den
Himbergern jährlich 80 Gulden als Schadloshaltung. Im
Jahre 1601 wurde dem damahligen Fisch-und Heumeister, L a m-
b e r t d e M 0 n i a u, diese Mauth um jährliche 170 Gulden in
Bestand überlassen; doch mußte er die Unterhaltung des Perso-
nals und der Wege hiermit übernehmen. Um das Jahr 1626
lesen wir den Fisch - und Heumeister, Sebastian Kr e sse-
lius, als Bestandinhaber der Mauth, für die er aber schon
ein drey Mahl größeres Quantum bezahlte; ein Zeichen, daß
sich selbst diese Filial-Mauth sehr müsse gehoben haben. Sein
Nachfolger im Jahre i633 war Mang Stimpfte, Kam-
merdiener Kaiser Ferdinand des II. Im Jahre i65i wurde
die Mauth dem Johann Friedrich Grafen v.Traut-
m a n n s d 0 r f wegen gegebenen Darlehen, um ein jährliches Be-
ftandgeld von 1600 Gulden auf 6 Jahre Pfandweise überge-
ben, und so das Fisch-und Heumeister-Amt von der Mauth gänz-
lich getrennet.
Trautmannsdorf mußte im Jahre 1864 dieses Recht dem
Otto Heinrich, Marquis v. Caretto und Grana,
überlassen, und dieser genoß dann die Mauth, bis sie endlich
im Jahre 1681 dem Marktrichter zu Himberg auf 3 Jahre Ln
Bestand übergeben wurde.
Während dieser Zeit war auch der eigentliche F i s ch h 0 f, den
ein gewisser P isäni im Jahre 1667 von Johann Pesta-
lu zi gekauft hatte, nebst dem damit verbundenen Fisch- und
Heumeister-Amte, öfters Ln Bestand verlassen worden. Im
Jahre 1681 wurde aber den bisherigen Bestandinhabern, dem
Frey Herrn v. Kirchbaum und dem Philipp Gu li-
ier, aufgekündet, und beydes dem Vicedom-Amte wieder ein-
sb i
verleibt. Doch war schon wieder i. I. ib85 Johann Bern-
hard v. Bindershofen, unter welchem die Herstellung
des durch die Türken verheerten Fischhofes geschah, Bestandin-
haber desselben, und der mit ihm neuerdings vereinigten 'Aem-
ter. Nur vom Jahre 1667 bis 1689 hatte Graf Sinzen-
dorf und Pottendorf, k. k. Kämmerer, denselben inne.
Dann aber verlieh Kaiser Leopold I. den Fischhof, die Mauth,
das Fisch - und Heumeister-Amt, sammt den hierher gehörigen
zwey Teichen, für dargeliehene 3b,000 Gulden dem nähmlichen
obgedachten Herrn v. Bindershofen pfandweise auf acht
Jahre, nach deren Verlaufe im Jahre 1897 der indessen Wittwe
gewordenen Dorothea, durch den Herrn Johann Bene-
dict v. Weissenegg, kaiserlichen Hofkammerrath und Vi-
cedom in Oesterreich, die genannte Capitals- Summe ausbe-
zahlet, ihm selbst aber dieser Hof sammt allem Zubehör auf
vier Jahre verpfändet wurde.
Bey Beendigung dieser Zeit wurde dann mit dem nähmli-
chen Besitzer im Jahre 170: ein ordentlicher Contract aufge-
richtet, vermöge welches er um ein jährliches Bestandgeld von
4510 Gulden dieses ganze Gut benützen könnte.
Nachdem hierauf kurze Zeit hindurch Franz Wilrich,
Edler v. Menshengen, Bestandinhaber geworden war,
löste ihn schon im Jahre 1711 der Ritter Johann Ale-
xander v. Schmidlin, unter allen vorhergehenden Be-
dingniffen ab, und behielt dieses Gut, bis es endlich im Jahre
1719 von dem Wiener-Stadt-Banco-Amte ausgelöset wurde,
und der Fischhof, die Mauth und die zwey Teiche neuer-
dings in landesfürstlichen Besitz kamen.
'3) Der Schwerthof, auch Thiern- oder Präxen-
hof genannt. Dieser Hof war ursprünglich nichts weniger als
ein Freyhof, indem er noch im Jahre 1627, als ihn Andreas
Schäfer, Bäcker von Himberg besaß, ins kaiserl. Vicedom-
Amte pflichtschuldigst diente. Vor diesem hatte ihn Hanns
Kirch Hofer, Richter von der Schwechat, innegehabt, von dem
er, weil er vorher schon lange öde gelegen, neuerbauet, und um
Z 3o Pfund Pfennige an obgedachten Schäfer überlassen wurde.
Schäfers nachfolgende Besitzer/ besonders der Herr v. Ho-
2k>2
chenfeld, und Philipp Freyherr v. Breun er, hatten
von diesem Hofe, als wenn er ein Freyhof wäre, nie die Ge-
wehre gelöftt, und ihn wahrscheinlich dadurch verloren. Nach-
dem ihn also im Jähere 1669 Wolfgang Habereder, und
'im Jahre i5b<) Wilhelm Zehentner besessen hatten, und
wahrend dieser Zeit der Hof bereits auf 900 fl. geschätzt wor-
den war, wurden endlich die Breunerischen Erben,
auf inständiges Bitten, im Jahre 1669 von Kaiser Maxi-
milian H. noch an die Gewöhre gelassen, und ihnen dieser
Hof neuerdings verliehen. Doch erst Hieronymus Bona-
zina, kaiserl. Rath und Besitzer des Schwerthofes, hatte von
Ferdinand II. im Jahre 1621 die Hoffreyheit dessel-
ben empfangen, die aber dann im Jahre ,628 vom nähmlichen
Kaiser auch auf den nachfolgenden Käufer, Wolf Sprin-
ger, kaiserl. Hofkriegsrath-Secretär, unwiderruflich übertra-
gen ward.
Im Jahre 1778 hat Frau Theresia Gräfin v. Hei-
ße n st e i n diesen Freyhof erkaufet.
4) Der Zehenthof, oder Getzenh>of. Zu diesem adeli-
gen Freyhofe gehörte (wenigstens vormahls) nebst vielen Aeckern
und Wiesen, auch die Lehenschaft über eine vor diesem Hofe
gestandene, aber nicht mehr existirende Capelle nebst Wei-
her; dann eine Fleischbank im Markte, und ein großer Baum-
garten über den Kaltengang gelegen.
Einst hatte Christoph v. Lichten stein zu Nikols-
burg, Landmarschall in Oesterreich, den Zehenthof, der da-
mahls noch Götzenhof genannt ward, vom Hause Oesterreich zu
Lehen; allein er verkaufte ihn im Jahre ,496 an Ulrich
Stoppet, Kaiser Maximilians I. Kammerschreiber, von
dessen Familie er dann (nebst anderen Gütern) im Jahre 1682
an Thomas Eißler, des inneren Rathes der Stadt Wien
Mitglied, vergeben wurde, bey dessen Nachkommen er noch im
Jahre 1554 zu finden war.
Im Jahre 1724 hatte Peter A n t 0 n v. H i l l e b r a n d,
Freyherr v. Prandau, kaiserl. Hofkammer- Vice-Präsi-
dent, den Zehenthof (welcher mittlerweile der deutschen Ritten
Ordens Commenthurey zu Wien unterrhänig gewesen war)
a63
an sich gebracht, im Jahre 1759, dann von diesem Orden alle
darauf haftenden obrigkeitlichen Rechte um 400 fl. erkaufet,
und dadurch das freye Eigenthum desselben erworben. So ge-
hörte jetzt der Zehenthof zu der nächst Himberg am Kaltengang
liegenden Prandauischen Herrschaft Felling (Felm), und
wurde endlich von Joseph F r e y h e r r n v. P r a n d a u, ei-
nem Sohne des vorigen Besitzers, sammt Felling verkaufet.
Schon im Jahre >683 hatten die bedeutenden Zugehörun-
gen dieses Freyhofes manche Veränderung erlitten.
5) DerLängh 0 f, ehedem Plankenhof, auch nach-
mahls der lange Hof genannt, mit einem gegen über liegen-
den zum schwarzen Elephanten genannten Edelhof, und
mit einem öden, späterhin abgetragenen Thurme, zunächst dem
Kaltengange gelegen, und mit vielen Aeckern und Wiesen be-
gabt, wurde schon im Jahre >3y3 vom Herzoge Albrecht Hl.
von aller Lehenschaft und Heerforderung befreyet, und mit
Schank- und Fischrecht gegen die einzige Bedingniß begabt,
in die Burg-Capelle jährlich 60 Pfennige Grunddienst zu reichen.
Durch Heirath kam dieser Hof an Rupert Drap»er,
zu Sarasdorf an der Leytha, und dieser verkaufte ihn iM Jahre
,4.97 an Ulrich Stoppel, Kammerschreiber Maximi-
lian s l. — ThomasEißler, Bürger und Rath zu Pest,
brachte ihn von Narzissen Stoppel, tyrol. Kammerrathe,
im Jahre >532 durch Kauf an sich; und Andreas Eißler,
der diesen im Jahre 1678 erbte, nannte ihn Länghof.
In der Folge hatte A n n a K r e n n e r «.Königshofen,
eine geborne Eißler zu Oberlanzendorf, und Besitzerin des vor-
her erwähnten Getzen- oder Zehenthofes, diesen Länghof im
Jahre >597 ihrem Anverwandten Adam Eißler, kaiserl.
Rath und Landschafts-Hauptmanne verkauft, dessen Gemahlin
Katharina aber schon im Jahre 1600 denselben wieder an
die vorige Besitzerin veräußerte.
Im Jahre >65o war Johann Caramuel, Vorsteher
des Stiftes Montserrat in Wien, und Vicarius des Cardinal-
Erzbischofes in Prag, Besitzer des Hofes, welchen aber noch
vor >655 Thomas Naupp, kaiserl. Vicedom-Amts-Gegen-
handser, an sich brachte.
264
Von dieser Zeit an zählte er noch mehrere Besitzer, aus de-
nen ein sicherer Leopold Lechthal er denselben im Jahre
1742 an die Jungfrau Maria Magdalena Stumerinn,
um 83oo fl. verkauft.
6) Der Menshengerhof, ehemahls Rum pl Hof, ein
adeliger ^Freyhof mit vielen Aeckern und Wiesen in Himberg.
Leopold Kaufmann schenkte diesen einst dem"Semi-
nar zum heil. Pancraz und Ignaz in Wien, und Kaiser Fer-
dinand II. befreyte ihn im Jahre 1627 von allen Diensten
und Steuern, und erhob ihn zu einem Freyh 0 fe. Auch die
dazu gehörige Mühle im Sigeth wurde zum Unterhalte
zweyer Studenten im Seminario gewidmet. Im Jahre 1664
verkaufte der Regent des Seminariums, mit Bewilligung Fer-
dinands HI. diesen Hof an Leopold Ernest Mährl, von
welchem er durch Kauf an Franz Martin v. Menshen-
gen, Reichs-Hofraths-Secretär, und an seine Nachkom-
menschaftkam, die dann im Jahre 1694 durch Leopold I.
und im Jahre 1706 durch Joseph I. in dem eigenthümlichen
Besitze, sowohl bey männlicher als weiblicher Descendenz, be-
stätiget wurde.
Noch im Jahre 1763 war diese Familie im Besitze des Gu-
tes, und gegen neuere Eingriffe in ihre Freyheiten durch den
Spruch der Regierung geschützet.
7) Der Guttenhof, eher auch Vetrenhof oder. Ut-
tendorf genannt, ist ein altes, wahrscheinlich seit dem Jahre
*629 verödetes Dorf, welches ursprünglich ein kaiserl. Kam-
mergut war, zum kaiserl. Gestüte gebraucht, zuerst dem Pe-
tro de Rada, kaiserl. Bereiter, von Ferdinand I. im
Jahre 1649 geschenkt, dann aber dem Peter Heniau, Kam-
merdiener, lehenweise verliehen worden war. Von dessen hinter-
lassenen Erben brachte es der Hofkammerrath Hieronymus
B eckh im Jahre 1664 käuflich an sich, und empfing hierüber
von Maximilian II. die gewöhnlichen Lehen. Heutiges Ta-
ges zählt Gutenhof 3i Bewohner.
8) Der Springenlackische Hof. Aus einem Be-
richte des Vicedom-Amtes vom Jahre 1611 erfährt man, daß
zur Zeit d^r ungarischen Rebellen im Jahre i6o5, dieser Hof
265
im Besitze des Hanns Spring lacken gewesen, dieser aber
von den Rebellen niedergehauen, sein Weib Barbara in die
Gefangenschaft geführt, und nur ein armer Waise zurückgelast
sen wurde, welcher dann Besitzer des Hofes ward.
9) Der Sinzendorfische Hof. Im Jahre »686 hatte
diesen Graf Georg v. Sinzendorf an Herrn Jacob
Vincenz Aarioutz (jedoch mit Vorbehalt der dazu gehöri-
gen Ueberländgründe.) verkauft, welcher selben dann wieder im
Jahre 1698 dem Freyherrn Jacob Friedrich v. Ram-
schüßl und seiner Gemahlin Susan na, gebornen Brassi-
ca ni, um 3ooo fl. veräußert hatte.
10) Der Sanutihof. Von einem gewissen Sanuti,
einem wälschen Kaufmanne, kaufte im Jahre 1604 Gilbert
v. Saint Hilaire, Haupmann im kaiserl. Arsenale, und Erz-
herzogs Mathias Kämmerer, diesen Hof in Himberg, um
1000 fl.
11) Der Pisanische Hof. Johann Pestaluzi hatte
diesen Hof im Jahre 1667 ctn einen sicheren Pisani veräußert.
12) Der Starhembergrsch e Hof gehörte einst zum
Grundbuche des deutschen Ordens, und scheint im Jahre
1649 lm Besitze des Grafen Wilhelm v. Starhemberg
gewesen zu seyn.
13) Der Lopezische Hof war seit dem Jahre 1646 ein
Eigenthum des kaiserl. Hatschier-Oberstlieutenants MarcuS-
L 0 p e z. Er wurde aber im Jahre 1688 um 1860 fl. abgeschätzt.
14) Der Rossetische Hof. Ihren Antheil an diesem
Hofe verpfändete im Jahre 1627 Frau Anna Eva v. Rost
seti, eine geborne Lopez, an Maria Jacobe Schmi-
d au er in von Oberwalsee.
15) Der Hörbertische Hof, welchen einemActenstücke
vom Jahre 1661 zu Folge, Doctor Hueber von dem Ober-
sten Hörbert überkommen hatte.
ib) Der Puribische Hof, den Freyherr Julius
v. Breuer im Jahre 1666 von Herrn Christian Purib
an sich gebracht hatte.
17) Endlich der Anton de Totis-Hof, welcher im
Jahre 1666 im Besitze eines gewissen Jacob de Totis,
kaiserl. Lichtkämmerers, gewesen war.
&66
Nebst diesen Hofen, die zur Aufnahme und Vervollkomm-
nung Himbergs so vieles beytrugen, kommen auch noch biswei-
len der Geyerspergische, — Dr. Hueber — und Prum-
bische Hof, und dann das Marx Manusche.Haus vor,
von denen aber gegenwärtig nichts mehr als der Nahme be?
kannt ist.
Himberg war aber lange noch kein Markt, weder exi-
stiere einer der angeführten Höfe, als bereits eine Pfarre
Ln diesem Orte zu treffen war. Dieses wird nicht nur durch die
Bauart der Kirche, die augenscheinlich aus dem XIII. Jahrhun-
derte ist, sondern auch durch das Verzeichniß der hiesigen Pfar-
rer bestätiget, welches mit einem gewissen Doctor von Wien,
Magister Jacob, beginnet, welcher nach Aussage der Tab.
hosp. Civ., zu Wien außer dem Karnerthvre auf dem Freydhofe
eine Capelle zu Ehren des heil. Colomanus erbaut, und selbe
im Jahre 1828 oder i338 dem diesem Freydhofe gegen über
Liegenden Bürgerspitale geschenkt Hat-
Viel erlitt diese Kirche zu Himberg im Jahre 1529 durch
die stürmenden Türken, die zugleich auch die Pfarrwohnung
so verwüsteten, daß nach einem Berichte des Herrn W0lf-
gang Ran er, Pfarrers atthier, vom Jahre 1644, »ber
Pfarrhof seit dem i52yften Jahre nie aufgebauet wurde, und
im Grunde niedergefallen war; auch der Pfarrer seit dieser
Zeit in einem Bauernhause wohnen mußte,« da doch schon da-
mahls die Pfarre mit 100 Tagwerk Wiesen, 20 Joch Aeckern,
r6 Grundholden, mit Ueberländegründen, Getreide- und Wein-
zehent gestiftet war.
Bald fanden sich jedoch zum Wiederemporkommen der Kirche
mehrere Wohlthäter, die sie fort und fort im aufrechten Stande
erhielten.
Auch war die Pfarre schon damahls , eben so wie jetzt,
mit Wiesen, Aeckern, Wein- und Getreid-Zehent, und mit
Dienstholden gestiftet, und in einem alten Inventarium
pom Jahre 1693, in welchem die Paramente ziemlich ärmlich
erscheinen, und außer einem silbernen Kelche nichts Merkwür-
diges angegeben wird, kommen dennoch ausdrücklich nebst dem
Meßbuche, ein Gradual, Antiphorrarium, Psalterium und eine
2(>7
Agenda vor; ein Zeichen, das? in dieser Zeit und an dieser
Pfarre mehrere Priester angestellt waren, bey denen der
Choralgesang in Gewohnheit mußte gewesen seyn. Daselbst
kommen auch mehrere Grund - und Dienstbücher vom Jahre
i534 bis 1678, und endlich der ganze Fundus instructus der
damahligen Pfarr-Bibliothek angemerkt vor.
Unrer den ungarischen Unruhen war aber während dieser
Epoche bereits im Jahre i6o5 der Pfarrhof völlig zerstö-
ret worden. Zwar hatte ihn wahrscheinlich der Pfarrer, Mag.
Tobias Oeterer, wieder erbauet, indem er im Jahre 1622
Se. Majestät um Hülfe zum Baue des Pfarrhofes bath, und
ihm diese bewilliget wurde; allein im Jahre 1683 wurde .
Unter dem Pfarrer, Mag. F r a n z I 0 a ch i m O st e r m a y r,
die Kirche und der Pfarrhof von den Türken abermahls zerstört.
Bey dem ersten Anfalle der Feinde hatte er sein Leben durch
die Flucht sich erhalten; weil er aber doch fernerhin bey sei-
nen Pfarrkindern bleiben wollte, so wandte er sich an die kai-
serliche Hofkammer, und bath um Unterstützung zur Repari-
rung nur eines Zimmers seiner Wohnung, und zur Beyschaf-
fung der benöthigten Paramente, indem der ganze geistliche
Vorrath in feindliche Hände gerathen war. Wirklich erhielt
er auch im Jahre 1684 die Anweisung, von dem Vicedom-
Amte 200 Gulden nach und nach zu erheben, und dann an
benannte Hofkammer Rechnung zu legen, wozu das Geld wäre
verwendet worden. Ueber dieß wurde er auch an die Edelleute,
die im Markte Himberg Freyhöfe hatten, angewiesen, sie um
einen frommen Beytrag zu diesem Zwecke zu bitten.
Durch diese und dergleichen erhaltene Unterstützungen wurde
schon im Jahre 1684 die Kirche wieder hergestellt, und mit
den nöthigsten Paramenten versehen; allein der Pfarrhof
blieb noch lange in seiner Verwüstung. Zwar hatte, nach
einer Anzeige des Pfarrers Ignatz, Baron v. Gaugler
von und zu Zeitthofen, vom Jahre 1719/ sein Vor-
fahrer Otto Johann Baptist Gottlieb, des heiligen
römischen Reichs Graf V olckhra, 6 Jahre nach der tür-
kischen Invasion, von Kaiser Leopold dem 1. das Verspre-
chen erhalten, auch zur Erbauung des Pfarrhofes 200 Gulden
s68
aus der Hofkammer zu bekommen. Dem ungeachtet hatte aber
doch erst der Pfarrer Ignaz Joseph Anton Maria
B r ü g l e r v. H e r k u l s b erg, zwischen den Jahren 1781 und
1788 den gegenwärtigen Pfarrhvf an die Stelle des zerstörten,
gegen Baubrief, von Grund aus erbauet.
So wohlhabend aber und reich an Besitzungen um diese
Zeit die Pfarre war, so dürftig und arm an liegenden Grün-
den und Gütern war im Gegentheile d ie Kirche. Zwar sollte
sie, nach dem Protokolle vom Jahre 1768, alle Reparationen
selbst tragen;- indeß bathen doch noch im Jahre 1746, Richter
und Bürgerschaft, im Nahmen derselben, um Mecall zur Gie-
ßung einer benöthigten größeren Glocke. In diesen Umständen
setzte sie also der Pfarrer Laurentius Zach im Jahre 1768
durch sein Testament zur Univerersalerbinn ein; doch war sie
nichts destoweniger noch im Jahre 1769 ohne Grundstücke und
anderen Besitzungen.
Gleichwie aber dieser edle Pfarrer seine Kirche bedachte,
so vergaß sein Nachfolger, Maximilian v. Goldegg auch
des Pfarrhofes nicht.
An frommen Stiftungen fehlte es um diese Zeit
der Kirche wohl auch nicht; denn in einem General-Stifts-
briefe vom Jahre 1768 und 1766 kommen 48 eingetragene
Stiftungen vor, die im Durchschnitte jede zu 100 Gulden Ca-
pital können angenommen werden. Alle heiligen Gefäße waren
daher von Silber, und so reichlich, daß man unfehlbar auf
die Vermuthung gera'th, selbst die beyden hiesigen Versamm-
lungen der Christe n leh r- B r ude rsch aft, und jene vom
h eil igsten S aera m ente, haben dazu freygebigst beyge-
tragen.
Die Pfarrkirche enthält nunmehr in ihrem Innern, nebst
dem Hochaltare, zwey Seitenattäre, deren Anzahl aber nach
dem Pfarr-Protokolle vom Jahre »768 einst auf 8 gestie-
gen war. 'Auch prangt sie mit einer Kanzel, dem gewöhnlichen
Chore, und einer Tauf- Capelle.
Ueber dieß ist im Markte das Schulhaus ganz neu er-
bauet, und von dem Herrn Pfarrer Joseph Fabritzy um
das Jahr 1782 die Lehrart in selbem nach Vorschrift verbessert
ä
26s)
worden. Der erste bekannte Vorsteher der Schule war um
das Jahr 167^ PaulFreyunst, der, als Schullehrer und
Marktschreiber, das alte Grundbuch und Dienst-Register für
den damahligen Pfarrer verfertigte.
Auch war hier einst eine Katharinen - Capelle, welche mit'
Bewilligung der beyden herzoglichen Brüder, AlbrechtsHI.
und Leopolds IH. von Oesterreich, der Hofrichter Nico-
las Fischamündlim Jahre 1869 erbauet und mit einem
Weingarten zu Enzerstorf gestiftet hatte. Die Lehenschaft
über diese Capelle hatte Cathold v. Eckartsau, der dann
im Jahre 1876 in einen Satz des Berchtold Kirchdörfer für
dieselbe einwilligte. Um aber diese stets zu erhalten, ver-
sprach im Jahre 1411 ein sicherer Hanns Gneuß, dem
Untermarschall von Oesterreich, Jobsten Hauser, für die
St. Katharmen-Capelle eine jährliche Summe zu geben. Noch
besser aber gedachte letzterer Wolfgang Fischamünderl,
der im Jahre 14^2 der St. Katharinen-C aplaney ei-
nen Hasengarten zu drey Tagwerk verschaffte, welcher jedoch
dem Pfarrer allhier dienstbar seyn sollte. Im Jahre 1624
wurde die ganze Stiftung der vielleicht damahls schon ganz ver-
wüsteten Capelle dem Seminarium der armen Stu-
denten bey den Jesuiten in Wien zum Unterhalte angewie-
sen. Gegenwärtig ist von allem keine Spur mehr vorhanden.
Auf dem Felde soll auch eine Kirche ad SS. Trinita-
t e m, und andere Bildsäulen befindlich seyn, deren Ur-
sprung aber ganz unbekannt ist. Jrn Markte selbst waren end-
lich drey Privat - Oratorien, nähmlich im Rumpel-
hof — Schwerthof — und im Freyhaus vorhandene
XXVI. Pfarre Hennersdorf, mit dem Schloße
Leopoldsdorf *)■
Eine Meile von Wien, in einer ebenen und fruchtbaren Ge»
gend, zwischen Jnzersdorf, Achau und Lanzendorf, liegt das
I
1) Nach der sehr fleißigen Ausarbeitung des Herrn Wenzel Oberte,
Eonsistorial-Naths und Pfarrers daselbst; und nach den Acten dieser
£7°
aus 3t) Häusern bestehende Pfarrdorf Hennersdorf, oder
auch H ö n i g st o r f, mit 4<) Familien und 253 Personen. Nur
eine halbe Stunde von hier befindet sich Leopoldsdorf,
oder, im gewöhnlichen Provinzial-Ausdrucke, Loipersdorf
genannt, das als Filial-Dorf dazu gehört, und gleichfalls
aus 3() Hausnummern, und 228 Seelen besteht.
Beyde Ortschaften liegen zwar im ebenen Lande, aber
doch etwas tief, daher denn auch die Wege dahin zu gewis-
sen Zeiten beschwerlich, ja in nassen Jahren sogar gefähr-
lich sind, wie aus dem pfarrlichen Todten-Protokolle zu ent-
nehmen ist , in welchem wirklich einige Verstorbene mit der
Bemerkung eingetragen sind, daß sie zur Nachtszeit versunken
waren, und todt gefunden wurden. Doch ist das Trinkwasser
in hiesiger Gegend nicht ungesund, obschon es weich ist; und
reichlich leben die Einwohner vom Felhbaue, mit dem sie zu-
gleich, auf ihren guten Aeckern, den Bau von mancherley
Küchengewächsen verbinden, die sie nach Wien häufig zu Markte
bringen.
In Hennersdorf befindet sich gegenwärtig die Pfarr-
kirche zum heiligen Andreas, der Pfarrhof und die Schu-
le; alles unter dem Patronate der Herrschaft Leopolds-
dorf, und der gegenwärtigen Frau Besitzerinn, Victoria
v. Beckh»
In Leopoldsdorf aber ist das herrschaftliche Schloß mit
seiner Capelle zur heiligsten Drey faltig keit, das Land-
gericht, Brauhaus, der Ziegelofen, und das Wohngebäude für
den Aufseher des neuen hier vorbey gehenden Wiener - Canals,
bemerkenswerth.
Das Schloß ist mit einem gemauerten Zwinger und
Graben umgeben, und mit vier Thürmen versehen. Wer der
Erbauer dieses Schlosses, und welches die Zeit der Ent-
Pfarre im. erzbischöflichen Consistorial-Archive lit. H. JNr. XXL und 7*
Verglichen mit dem Memorabilien- oder Pfarrbuche des Herrn Pfar-
rers Michael Streß, vom Jahre *77°, und mit dem Panorama
von Wiens Umgebungen »807. Hierher gehören endlich einige gesam-
melte Notitzen aus dem k. k. Hofkammer - Archive.
*7*
Ziehung von Leopoldsdorf und Hennersdorf war: dieß ist wirk-
lich ganz unbekannt. Einige glauben zwar, und P. Mathias
Fuhrmann gibt im I. Theile seines »Alt-und Neu-Oester-
reich« sogar ausdrücklich Leopold d e n E r l a u chtt e n, den
ersten Markgrafen in Oesterreich in der zweyten Hälfte des
X. Jahrhundertes, als Urheber des Schlosses an, das von
ihtn auch den Nahmen Leopoldsdorf oder/L e u p o l d s d o r f er-
halten haben soll. Doch diese Sage ist unverbürgt, und be-
weist nur so viel, daß dieses Dorf zuverlässig unter die alten
österreichischen Ortschaften gehöre, von dem ein altes längst
ausgestorbenes Rittergeschlecht auch den Nahmen führte. Wir
kennen aber nur einen Ortulf v. L eup oczdorf, der im
Jahre 1293 gelebt hat. (Hueber.)
Weil nun das Schloß vor Alters von Teichen umgeben,
und mit Mauern und Wassergräben befestiget war, so hatte
es in manchen unruhigen Zeiten zur guten Schutzwehre gedie-
net, wie im.»österreichischen Ehrenspiegel« des Grafen v. Fug-
ger oftmahl gerühmt wird. Während des Bruderzwistes zwi-
schen Kaiser F r i ed r i ch IH. und Herzog Albrecht VL,- nahm
Johann v. Rohrbach im Jahre 1463 mit seinen Räu-
bern dasselbe hinweg; allein ein Einwohner des Ortes, Nah-
mens Schrott, überfiel dip Räuber, verjagte sie, und unter-
warf Leopoldsdorf alsobald wieder dem Herzoge Albrecht YL Um
diese Zeit wurde das Schloß auch von einem Kriegsmanne,
Nahmens Rupert Kreuzer, eingenommen, der dann von
hier aus der Gegend um Wien viel Schaden zufügte, und den
Ort erst alsdann räumte, als ihm der damahlige Eigenthümer
(dessen Nahme aber unbekannt ist) 5oo Gulden auszahlte.
(Link, Annal. Zwettl.)
Schwerlich gehörte dieser Rupert Kreuzer zu jener Familie'
der Herren v. Kreuzer, die in den ersten Jahren des
XVI. Jahrhundetrs bie Veste und Herrschaft Leopotdsdorf als
wahres Eigenthum inne hatten; beydes aber sehr bald an ei-
nen Bürger von Wien, Hanns Haracher abtraten, der
es hernach im Jahre i5i4 neuerdings an einen Bürger vott
Wien, Nahmens Han ns Graf (Gräffe) verkaufte, von wel-
chem es endlich, laut des bey der Herrschaft vorhandenen Kauf-
272
briefes, im Jahre Marcus Beck/ ein Mann von gro-
ßem Vermögen und Ansehen, käuflich an sich brachte.
Dieser Marcus Beck war zwischen den Jahren 1624 und
1537 Doctor der Rechte, Ritter, Vicedom in Oesterreich un-
ter der Enns, und nachher Kaiser F e r d i n a n d s I. Rath
und Regierungs - Kanzler. Ansehnliche Kosten verwendete er,
um Leopoldsdorf zu einer ansehnlichen Herrschaft zu erheben.
Er kaufte daher 64 Unterthanen zu Laa, 4 zu Jnzerstorf,
einige zu.Biedermannstorf und mehrere andere. Er machte
auch einen Wald hinter Kalchspurg der Veste Leopoldsdorf ei-
genthümlich, und brachte es im Jahre 1627 sogar dahin, daß
Leopoldsdorf von der Pfarre Lanzendorf, wohin es als
Filiale gehörte, getrennt, und zu einer selbstständigen
Pfarre erhoben wurde. In der nähmlichen fortdauernden
'Absicht traf er auch im Jahre 1828 mit dem Landesfür-
sten Ferdinand I. einen Tausch, wodurch er, für das
Dorf Hennersdorf sammt Vogtey über Kirche und Pfarr-
hof, seinen Edelhof sammt Zugehör in Himberg, im Baum-
garten genannt, und eine Summe Geldes hergibt, worauf
dann das k. k. Kastenamt auf alle in Hennersdorf ihm zugehörigen
Güter Verzicht thut. Er brachte auch einige Holden, welche
zu Hennersdorf waren, und zur Pfarre Gaden gehörten, an
sich, und kaufte im Jahre i532 eben daselbst einen Hof, wel-
cher als ein landesfürstliches Lehen der Kunig unde Traun- >
steinerin zugehörte, und dem Landesfürsten 14 Schilling
Pfennige und 38 Metzen Hafer Dienst zahlte.
Bedeutend hatte Marx Beck jetzt die Herrschaft Leopoldsdorf
vergrößert, eine neue Pfarre errichtet, und auch das Pa-
tronats-Recht der alten bischöflichen Pfarre Hen-
nersdorf sich eigen gemacht. Nur das hohe Gericht und die
Wildbahn - Gerechtigkeit hatten sich der Erzherzog Ferdi-
nand!. in diesem weitläufigen Burgfrieden vorbehalten. Da
starb Marcus Beck um das Jahr i553 auf diesem seinem
Gute, ward zu Wien bey den Minoriten beerdigt, und über-
ließ,die Herrschaft über Leopoldsdorf und Hennersdorf seinem
Sohne Hieronymus Beck, einem gelehrten und vieler
Sprachen kundigen Manne, der fast ganz Europa und einen
2-3
Theil von Asien durchreiset war / und dessen kostbare Bücher,
und Manuscripten-Sammlung gegenwärtig ein Eigenthum der
k. k. Bibliothek ist. Er hatte laut eines vorfindigen Lehen-
briefes von Rudolph II. den halben landesfürstlichen Zehent
auf den Feldern seiner Herrschaft als Lehen genossen, und war
auch Besitzer der Herrschaft Ebreichsdorf, die er im Jahre 1572
von Carl Ludwig von Zelking erkauft hatte.
Als er im Jahre i5<)6 starb, hinterließ er aus seiner Gemah-
linn Maria v. P ach l e b, die er nach dem Tode seiner ersten
Gattin Barbara v. S a n g st e i n, t i558, geehlichet hat-
te , drey Söhne, die im Jahre 1697 in den Freyherrnstand er-
hoben wurden, und aus denen der ältere, Joachim Frey-
herr v. Beck, die Veste Leopoldstorf, die sein Vater im Jahre
i58i mit Thürmen und Wassergräben befestiget hatte, zu sei-
nem Erbtheile erhrelt. Doch dieser wirthschaftete leider so un-
glücklich, daß er Schulden halber, anfangs die Unterthanen zu
Laa undJnzersdorf, und endlich sogar die, von seinem Großva-
ter durch Hennersdorf ansehnlich vermehrte Herrschaft Leo-
po ldstorf, veräußern mußte *). Er verkaufte also im Jahre
1600 mit Einwilligung seiner Gemahlin Anna, die Veste
und Herrschaft Leopoldsdorf, mit allen Gütern die dazu ge-
hörten, dem Freyherrn Christoph Pettheö de Gerse,
von welchem aber schon im Jahre 1606 diese nähmliche Be-
sitzung an die verwittibte Frau Maria v. Tyriach, ge-
borne Türschin, Gräfin zu Zyps und Freyin auf
Wenitz, wegen ihrer Forderungen übergeben wurde. Da-
mahls noch wurde die Herrschaft auf 20,000 Gulden angesetzt,
und die sogenannte Pock st 0 rf er- Mühle, die auch dazu
gehörte, mit ihren Gründen und Zugehör, noch besonders auf
mehr mehr als 6000 Gulden geschähet. Tyriachs Tochter K a-
tharina verehelichte sich mit dem Grafen Ferdinand
v. Co nein, bekam vom Kaiser Ferdinand II. das Land-
gericht für das Leopoldsdorfer-Reisegejaide, und machte in ih-
1) B e ck vonLeopoldstorf soll im Jahre 1698 auch Schöntzrabern
besessen haben; und ein L e om h a r d, Freyherr v. B e ck, im Jahre 1607
Eigenthümer von Biedermannsdyrf gewesen seyn.
S
2?4
rem Todesjahreib4» ihren Vetter Johann Sigismund,
Freyherrn v. Fünfkirchen, zum Universal-Erben, der
dann noch zur Veste Leopoldsdorf den Zehent zu Ober- und Un-
ter-Lanzendorf kaufte. Ihm folgte als Herr zu Leopoldsdorf
sein Sohn Hanns Carl, nach dessen Tode aber die ganze
Herrschaft, weil er ohne Leibeserben starb, seinem Vetter
Hanns Joseph, Freyherrn v. Fünfkirchen, zu Theil
wurde, der sich dann mit Rosalien, gebornen Gräfin v.
Rothal vermählte.
Unter diesen Besitzern wurden alle um Wien liegenden Dör-
fer im Jahre i683, wie bekannt, von den Türken verheeret,
und der allgemeinen Sage nach, auch Hennersdorf gänz-
lich zu Grunde gerichtet und seiner Einwohner beraubet. Nur
drey Hausbesitzer kamen nach dem Abzüge des Feindes wieder
zu ihren Wirthschaften zurück; alle übrigen wurden durch
fremde Ansiedler ersetzet.
Um das Jahr 1718 war Rosälia, Gräfin v. Rothal, be-
reits nach dem Tode ihres ersten Gemahles, mit Ern st Frie-
drich, Grafen v. Windischgrätz, wieder vermählet; doch
erscheint sie im Jahre 1788.das zweyte Mahl als Wittwe, und
stiftet, auf das wiederhohlte Bitten ihrer Unterthanen, die
Pfarre zu H e n n e r s d 0 r f, nachdem die zu Leopoldsdorf schon
lange unbesetzt war.
Erst im Jahre 1768, als die alte Gräfin von Rothal mit
Tode abging, erbte Anna Maria, Gräfin v. Dietrich-
stein, geborne Gräfin v. Rothal, die ganze Herrschaft,
welche dann im Jahre 1770^ an den Grafen von Sau-
rau, welcher die einzige Tochter der letzteren geheirathet hat-
te, gekommen ist. Dieser hinterließ nur zwey Töchter. Als
daher die jüngere, Maria, welche die Herrschaft Leopoldsdorf
geerbet hatte, sich im Jahre 1797 mit Graf Christian v.
Stubenberg vermählte, so kam Leopoldsdorf auch an diese
letzte Familie, von der endlich das Schloß im Jahre 1799
an Constantin, Reichsritter v. Beck, k. k. Regierungs-
rath in Vorderosterreich verkauft wurde, dessen Wittwe Vic-
toria seit dem Jahre 1812 Schloß und Herrschaft noch
gegenwärtig besitzet.
2-76
So viel sagen unS die alten und neueren Schriften der
Herrschaft. Unbedeutend ist die Rolle, die Hennersdorf
darin behauptet; doch bedeutender wird dieser Ort in der eigent-
lichen Geschichte der Pfarre.
Daß die Kirche deS heiligen Andreas zu Henners-
dorf schon vor mehreren Jahrhunderten eine Pfarrkirche
war, ist außer allem Zweifel; denn schon die Bauart dersel-
ben verkündiget ihr Alterthum. Sie hat aber im Jahre ,628
aufgehört eine Pfarrkirche zu seyn, weil unter dem Wie-
ner-Bischöfe Johann v. Revellis, kein Pfarrer zu Hen-
nersdorf ferner angestellt, sondern die Pfarr-Einkünfle der neu
errichteten Pfarre zu Leopoldsdorf überlassen wurden.
Diese Veränderung trug sich auf folgende Weise zu.
Markus Beck harte (wie wir oben erzählten) die Veste
und Herrschaft Leopoldsdorf im Jahre iSs3 käuflich an sich ge-
bracht, und war sehr darauf bedacht, diese neue Besitzung zu
einer ansehnlichen Herrschaft zu machen '). Er erneuerte daher
unter andern das Schloß, welches durch die Länge der Zeit
wahrscheinlich verfallen war, und errichtete sogar aufs neue die
im Schutte liegende alte Schloß-Capelle, welche dann, nebst
dem darin errichteten Altare, mit Erlaubniß des damahligen
Diöcesan-Bischofes von Wien, den 10. November 1627 durch
Theodorik Kanner, Ord. 8. Franc., Bischof zu Wiene-
risch-Neustadt, zu Ehren der allerheiligsten Drey-
faltigkeit, der Gottes-Gebärerin Maria und der
Heiligen, Leopold, Marcus,Georg undChristoph,
feyerlichst eingeweihet wurde.
Damahls gehörte nun ganz Leopoldsdorf zur bischöfli-
chen Collations - Pfarre Maria Lanzendorf. Weil aber
den hiesigen Einwohnern zur Winterszeit und bey schlechtem
1) Dieser MarcusBeck, ein Sohn desJohannBeck und A n n a, ge-
dornen Lauterfeer, war aus Bayern nach Oesterreich gekommen, und
hatte sich zu dreymahlen verehelichet. Seine erste Gattin war Elisabe-
tha v. Rottenburg; die zweyte Margaretha v. Heuperger, f i543 ; die
dritte endlich Barbara v. Wartenstein, Wittwe des Schneckenreitter.
Schon im. Jahre i^4 wurde er Regierungs-Kanzler, »537 Dicedom;
und im Jahre 1642 wurde ihm von dem römischen Könige Ferdinand 1.
Erlau (vormahls Azeslau) zu Lehen verliehen.
S 2
27&
Wetter, im Hingange zu ihrer Pfarrkirche viele Gefahr drohte;
auch überdieß Leopoldsdorf als eigene Pfarre viel ansehnlicher
wurde: so brachte Markus Beck es durch seine Bitten dahin, daß
oben erwähnter Bischof von Wien noch im nähmlichen Jahre
1627 Leopoldsdorf von der Pfarre Maria Lanzendorf (ge^
gen eine jährliche Entschädigung von einem Talente Pfen-
nige, der gewöhnlichen vaterländischen Münze) immerwährend
trennte, und die neugeweihte Schloß-Capelle allhier zur eige-
nen P f a r r k i r ch e erhob.
Zum ersten Seelsorger und Pfarrer dieser neuen Pfarrge-
meinde bestimmte der Bischof den Leonard Strahacker;
nach dessen Tode aber Markus Beck, oder seine Erben und
Nachfolger, dem jeweiligen Bischöfe von Wien einen from-
men und tauglichen Seelenhirten vorstellen sollten. Weil aber
noch keine bestimmten Einkünfte für den bestehendem Pfarrer
festgesetzt waren, so sollte Beck denselben indeß von seinem Ei-
genen anständig erhalten; und wirklich wies er ihm auch ein
Joch Acker, anderthalb Tagwerk Wiesen, und einen Garten
zum Unterhalte an.
Nachdem er aber im Jahre 1628 durch obbemeldten Tausch
das Dorf Hennersdorf sammt Vogtey über Klrche und.
Pfarrhof an sich gebracht hatte *), so suchte er auch das Loos
seines gegenwärtigen Pfarrers zu Leopoldsdorf nach Möglich-
keit zu verbessern. Auf sein inständiges Bitten vereinigte
also im nähmlichen Jahre Bischof Johann von Wien die
Pfarrkirche des heit. Andreas zu Hennersdorf mit der
Pfarre Leopoldsdorf; überließ dem Besitzer das Patro-
nats-Recht von Hennersdorf, und erlaubte ihm, nach dem Hin-
scheiden oder anderweitigen Abgänge des damahligen Pfarrers
zu Hennersdorf, den Pfarrer zu Leopoldsdorf in den Besitz
aller wirklichen Rechte einzuführen, damit er die Einkünfte, den
Genuß und die damit verbundenen Vortheile , zu seinem eige-
nen, und zum Besten beyder anvertrauten Kirchen haben und
r) Noch im Iahre 1627 standen Kirche, Pfarrer und Pfarrhof unter der
kaiserlichen Dogtey, und waren auch ein kaiferl. Lehen. Zu Folge dev
nähmlichen Berichtes von der Kammer gehörten zum Pfarrer von Hen-
nersdorf damahls vier Grundholden.
ö77
genießen könne. Doch sollte/ nach seinem ausdrücklichen Willen,
die Pfarrkirche zu Hennersdorf auf diese Weise weder um die
schuldigen Dienstleistungen gebracht, noch bte Seelsorge in sel-
ber vernachlässiget, sondern im Gegentheile alle dazu gehörigen
Lasten genau und gerne ertragen werden.
Dem Pfarrer von Leopoldsdorf, LeonhardStrahacker,
wurde nun alsobald der Pfarrhof zu Hennersdorf als Wohn-
sitz angewiesen, und ihm die pfarrlichen Realitäten allda
zum anständigen Unterhalte überlassen *). Sie bestanden da-
mahls : In den Grundbuchsgefällen von Hennersdorf und He-
Hendorf, in 5j Joch Aeckern und 3 Krautgärten; in 26 1/2
Tagwerk Wiesen an verschiedenen Orten; und 5/4 Weingärten
zu Petersdorf.
Kaum war aber diese Pfarrvereinigung zu Stande gebracht,
so fielen im Jahre 1529 die Türken in Oesterreich ein, be-
lagerten Wien, verwüsteteten die umliegenden Gegenden auf
zwey Meilen in der Runde, und richteten auch bey dieser Ge-
legenheit den Pfarrhof zu Hennersdorf gänzlich zu Grunde.
Noch im Jahre 1644 war nach dem Berichte der Visitations-
bücher kein bleibender Pfarrer hier; Leonhard Strahacker
war verschwunden, der Stiftsbrief von der Pfarre verloren,
und der Lehensherr behalf sich in seiner vergrößerten Schloß-
Capelle mit einem Pauliner - Mönche, welchen er bis zum
Jahre i538 vierteljährig für die Seelsorge vier Schilling Pfen-
nige abreichte.
Weil die alte Schloß-Capelle als Pfarrkirche nicht ge-
räumig genug war, so hatte sie der Herrschaftsbesitzer schon
im Jahre i533 erweitern, und nebst einem neudrrichteten Al-
tare, von Johann Faber, Bischof in Wien, neuerdings
consecriren lassen. Jetzt zog er im Jahre i538 mit bischöflicher
Einwilligung alle pfarrlichen Realitäten an sich, baute auf sei-
ner Hofstätte zu Hennersdorf einen neuen Pfarrhof, und stif-
tete zum Lebensunterhalte eines jeweiligen Pfarrers 5o Pfund
Pfennige, ein Joch Acker, ein und ein halb Tagwerk Wiesen,
nebst einem kleinen Hausgarten.
1) Beynahe immer erscheinet daher die neuerrichtete Pfarre Leopolds-'
dorf auch in den ältesten Schriften mit dem Nahmen: Hennersdorf.
27Ö
So lange MarkusBeck, der Gutsherr und Gründer dek
Pfarrkirche/ lebte, mag er getreulich die Kirche als Lehens- und
Vogtherr vor allen Unfällen geschützt, und sie im blühenden
Zustande erhalten haben. Als er aber nur zu frühe, im Jahre
i553, verblich, so mußten die Pfarrer allein ihre Kirche ver-
theidigen, in deren Nachbarschaft sich bereits zu Jnzerstorf
und Vösendorf Jrrlehrer niederzulassen anfingen. Erfreulich
wäre es uns, die Nahmen der Seelsorger anzugeben, die muth-
voll und kühn dem Andränge der Widersacher entgegen standen;
aber alle gingen, bis auf Einen, in dem Strome der Vergessen-
heit unter, und dieser Eine ist auf das Jahr 1682 Antonius
Nell, bekannt aus dem Visitations-Examen im Bischofhofe
zu Wien.
Aus diesem Documente ergibt sich, daß damahls seine Gemein-
de aus i5o Seelen in 32 Hausern bestand, daß die drey Altare,
die Gefäße und übrigen Einrichtungen seiner Kirche *) äußerst
mangelhaft und so abgenützt waren, daß nicht einmahl Corpo-
ralien, und nur ein einziges Meßkleid mit einem schmutzigen
Kelche vorhanden waren, und daß auch keine Schule gehalten
wurde. Auch ersieht man daraus, daß er selbst bereits i3 Jahre
auf dieser Pfarre, und schon das zweyte Mahl verehelichet war;
daß er nicht einmahl die Absolutions-Formel wußte, mit sei-
nen Nachbarn zuweilen zankte, und sich gar nicht bekümmerte,
ob die Kinder im katholischen Glauben wohl unterrichtet wä-
ren. Bey solch' bewandten Umständen wurde ihm also die Seel-
sorge abgenommen, und diese nebst dem Genusse der ganzen
Stiftung dem Pfarrer zu Atzgersdorf anvertrauet.
Lange blieb nun Leopoldsdorf ohne eigenen Pfarrer, und
0 Die Einkünfte des Gotteshauses wurden damahls auf fol-
gende Art angegeben: »Der Kirrhen einkhommen; Andethalb Leger.
»Vier Weingarten, von welchen man jarlich zalt. 3o fl. Die Acker ha-
lben, i5 Ioch. Don amen Joch gibt man 2 Metzen. Zwelff Tagwerkh
Wißmat, gibt man von Ain 20 kr.« Dom Pfarrer aber heißt es:
Parochus habet qualibet septimana 12 ß. Ex stola annuatim 2 fl. Di-
cit se ex sepultura paruuli habere tantum i5 Cruciferos. DaNN kömmt
noch vor: »Der Pfarher hatt ains selbst (ein Tagwerk Wiesmahd nähm-
lich) das er fexet.« Endlich liest man noch: Sumptus Ecclesiäe quan-
eloque ad 3a aut 4° ü. extenduntur.
»7Y
jedes Bemühen der späteren Besitzer, zu ihrer Schloß-Pfarre
wieder einen beständigen Priester zu bekommen, wurde durch
den auffallenden Mangel an katholischen Seelsorgern vereitelt.
Endlich glückte es doch nach dem Jahre ,641 dem HerrschaftS»
Besitzer, Hanns Sigismund, Freyherrn v.Fünfkirchen,
einen kroatischen Priester zu erhalten, der als Pfarrer
hier installiret wurde, aber schon im Jahre 1648 auf Orth ge»
zogen war.
Nach ihm wurde sie dem Pfarrer zu Laa anempfohlen;
aber noch im nähmlichen Jahre erhielt ein sicherer Minorite,
mit Nahmen P. Maximilian Loacina, Lector 8ac.
Canonum, und Prediger zu Grätz, die Erlaubniß, zu Henners-
dorf (oder besser zu Leopoldsdorf) im Schlosse Messe zu lesen,
zu predigen, und sowohl die damahlige Frau Besitzerin, als
auch die Unterthanen Beichte zu hören. Doch auch dieser ver»
ließ, gleich seinen Vorfahren, bald wieder die Seelsorge, welche
nun fortan, da sie kein eigener Priester fernerhin übernehmen
wollte, in der Verwaltung und Obhuth der Pfarrer zu Laa,
und seit 1698 zu Vösendorf blieb, und von diesen treulich
versehen wurde.
Allein es gab manche Streitigkeiten zwischen der Herrschaft
und diesen auswärtigen Pfarrern, indem ihnen die zu dieser
Filial-Pfarre gestifteten Grundstücke entzogen, und die von der
Herrschaft Leopoldsdorf ausgesprochenen jährlichen So fl. verwei-
gert wurden. Johann Joseph, Freyherr v. Fünfkirchen,
und Herr zu Leopoldsdorf hatte daher schon im Jahre ,70»
im Sinne, die Administrirung der Seelsorge dem Pfarrer zu
Vösendorf abzunehmen, und die verfallene Kirche und den i»t
Jahre »683 zerstörten Pfarrhof zu Hennersdorf, mit einem
eigenen gestifteten Pfarrer wieder herzustellen. Doch der Tod
übereilte ihn mitten in diesem Unternehmen, im Jahre »70g;
und der Stiftsbrief, der, vermöge seines letzten Willens, durch
seine Wittwe Theresia Rosalia, geborne Gräfin v. R0»
t h a l, bekannt, und von FranzFerdinand, Freyherrn v.
Rumel, Fürstbischöfe zu Wien, bestätiget wurde, sagt nichts
anders, als daß »schon vor 200 Jahren, Kirche und Pfarre zu
Leopoldsdorf, mit So Joch Acker, mit sS 1/2 Viertel Wein-
s8o
garten, einem Grunddienst zu Hennersdorf mit 2 Pfund 14
Pfennige und mit 3 Krautgärten gestiftet war, dieses Alles
aber im Jahre i52y verderbet worden; und, obgleich der Gutsbe-'
sitzer Markus Beck im Jahre i638, mit Bewilligung des Wie-
ner-Bischofes, einen Pfarrer mit einem Joch Acker, 1 1/2 Tag-
werk Wiesen und einem Gärtchen neu gestiftet hatte, sich doch
kein Priester als Pfarrer gefunden habe, auch diese Stiftung
inzwischen theils in den Religionsspaltungen, theils im Jahre
r683 durch die Türken verloren gegangen sey. Aus dieser Ur-
sache nehme nun Er, als Patron, Vogt- und Lehensherr der
Pfarre, und aus Pflicht gegen seine Unterthanen, mit Vorwis-
sen und Uebereinstimmung des Bischofs von Wien, das zur
Kirche Gestiftete in Schutz, und verspreche statt diesem, dem
die Pfarre Hennersdorf administrirenden Pfarrer zu Vö-
sendorf, für Abwartung des Gottes- und Seelendienstes,
jährlich i20 fl. abzureichen, und nahe an der Kirche unent-
geldlich ein Zimmer zum Beichthoren der Unterthanen, und
zum Religions-Unterrichte der Kinder, mit Heitzung gegen dem
zu besorgen, daß er alle Sonn- und Feyertage, und dann an
den Festtagen des heil. Andreas und Georgius, in der Kirche
zu Hennersdorf; am Josephs-, Leopolds-und andern höhen
Festtagen aber, in der Schloß-Pfarre zu Leopoldsdorf
ein feyerliches Hochamt begehen, in beyden Gotteshäusen auf
Kosten der Herrschaft ein ewiges Licht erhalten; alle pfarrlichen
Gerechtsame in selben ausüben , und gemeinschaftlich mit der
Herrschaft, jederzeit einen Schulmeister bestellen und hat-
ten solle.«
Bis zum Jahre 1718 wurde dieses von der Pfarre Vosen-
dsrf immer genau beobachtet. Jetzt riß aber im Lande jene be-
kannte wüthende Pest ein, und fesselte den Pfarr - Admini-
strator Peter Suanuth zu sehr an seine eigene Pfarre, als
daß er zugleich auch die in Hennersdorf erkrankten i38 Perso-
nen (von denen 82 verstarben) gehörig besorgen konnte. Um
also den übten Nachreden, und so manchem entstandenen Zanke
mit der Gemeinde zu entgehen, entsagte er noch in diesem Jah-
re dem mit der Herrschaft eingegangenen Dienst-Contracte,
und übergab sie wieder dem Pfarrer zu Laa, zu welchem sie
$81
vormahls gehörte. Doch dieser behielt sie das zweyte Mahl nur
bis zum Jahre 1722, und überließ selbe dann neuerdings dem
Pfarrer zu Vösendorf, Johann Michael M 0 schnigg, der
gleich allen vorhergehenden Pfarr - Verwesern, von der Ge-
meinde Hennersdorf alljährlich 60 fl. noch besonders empfing.
Wenige Jahre darnach machte endlich die Frau Rosalia
Theresia, des heiligen römischen Reichs-Gräfin v. Win-
disch gr ätz, auf Bitten ihrer Unterthanen diesem schädlichen
Pfarrwechsel durch Wiederherstellung eines eigenen
perpetuirlichen Pfarrers ein Ende. Weil aber dazu
keine hinlänglichen Realitäten mehr vorhanden waren, so stif-
tete sie, getrieben vom Gefühle für die Ehre Gottes und das
ewige Seelenheil ihrer Unterthanen, denselben im Jahre 1788
(und zwar, größerer Bequemlichkeit halber, zu Henners-
dorf) mit der gewöhnlichen canonischen Portion von 3oo fl.,
wozu sie aus ihren herrschaftlichen Renten und Einkünften jähr-
lich 240 fl. anwies, die Gemeinde aber jene oben erwähnten
60 fl. willig und mit Ausfertigung eines eigenen Reverses bey-
zutragen versprach. Auch verpflichtete sich die edelmüthig gesinnte
Wiederherstellerin der Pfarre zur Erbauung eines PfarrhofeS
zu Hennersdorf, wozu sich der neu Lnstallirte Pfarrer, 'An-
dreas Christopherus Resch, aus eigenen Mitteln ent-
schlossen hatte, einen bequemen Grund und Boden zu verschaf-
fen, und die Sarta tecta und übrigen Haupt-Reparationen stets
zu bestreiten. Auch verhieß diese edle Wohlthäterin dem neuen
Pfarrherrn, um sich wegen des versprochenen Baues des Pfarr-
Hofes gegen ihn erkenntlich zu zeigen, ihm alljährlich, so lange
derselbe die Pfarre besitzen wird, von ihrer Herrschaft aus ein
Deputat in Natura, jedoch ohne Consequenz der nachfolgenden
Pfarrer, abreichen zu lassen. Auch sollte er und seine Nachfol-
ger von allen gemeinschaftlichen Lasten befreyet seyn, und nur
für dieses Alles von ihnen ein ewiger Jahrtag und Hochamt
zum Seelenheite der frommen Stifterin gehalten werden.
Der erste Pfarrer hielt richtig sein gegebenes Wort und
baute den Pfarrhof. Weil er aber immerdar mit seiner Ge-
meinde in großer Uneinigkeit lebte, so wurde er im Jahre ,788
wieder seines Pfarramtes entsetzt, und dasselbe dem Joseph
/
28s
Lechner, Schloß - Capellan zu Trautmannsdorf, übergeben.
Doch zog sein Vorgänger durch anderthalb Jahre vom Pfarrhofe
nicht aus, und blieb so lange in selbem, bis ihin die verwende-
ten Baukosten von der Frau Pfarr-Patronin, und zum Theile
auch vom neuen Pfarrer ersetzet waren.
Damit Lechner, dem die Pfarre durch Zugabe einer thu
mn Wirthschaft in Etwas verbessert wurde, künftig in den
Stand kommen sollte, einen Vicar zu erhalten, so stiftete
im Jähre 17Z3 die damahlige Herrschafts-Besitzerin, Frau Ma-
ria Anna, des heiligen römischenReichs Gräfin v. Dietrich-
stein, geborne Gräfin v. Rothal, eine tägliche heilige
Messe, welche sonst nirgends als in der Pfarrkirche zu Hen-
nersdorf gelesen werden soll, und legte dazu auf ihre eigene
Herrschaft Leopoldsdorf ein Capital von 6000 fl. dergestalt an,
daß dieses Capital niemahls abgezahlt, und die Interessen pr.
Zoo fl. einem jeweiligen Pfarrer aus den herrschaftlichen Ein-
künften verabfolget werden.
Bis zum Jahre 1758 genoß Joseph Lechner die Früchte
dieser heilsamen Stiftung. Da starb er, und vermachte seine ganze
kleine Bibliothek von 887 Büchern zum Gebrauche seinen
künftigen Nachfolgern. Auch wurden nach seiner Anordnung
400 fl. zur Herrschaft angelegt, um für die abfallenden Inte-
ressen acht arme Kinder, welche der jeweilige Pfarrer hier zu
ernennen hat, in der Schule unterrichten zu lassen; und sein
Universal-Erbe gab noch besonders 1987 fl. 3o kr. als frommes
Legat zur hiesigen Kirche.
Sein Nachfolger, Anton Florian Katschker, hielt
sich, auf das Verlangen der Herrschaft und Pfarrgemein-
de, die im Jahre >762 eine eigene Frühmesse an Sonn - und
Feyertagen stiftete, und dafür alljährlich z5 Metzen Korn und
sechs Klafter Holz zu liefern versprach, einen besonderen C o o-
perat 0 r.
Weil überdieß die Pfarrkirche nach seiner eigenen Anmer-
kung und der Aussage aller seiner Zeitgenosse», mehr einer
Mördergrube als einem Hause des Herrn ähnlich sah, so gab
er sich alle mögliche Mühe, mit Bewilligung des Consistoriums
dieselbe in einen besseren Stand zu versetzen.
283
Er verfertigte auch, unter den hiesigen Pfarrern der Erste,
ein p f a r r l i ch e s E L n t r a g b u ch, worin eine kurze Pfarr-
beschreibung, andere Urkunden der beyden vereinigten Pfarr-
kirchen, und ein Verzeichniß der Pfarr-Bibliothek enthalten
sind. Er starb voll Verdienste den 7. Februar 176^, und ver-
machte von seinem Vormögen zur Kirche u)2o fl., damit sei-
ner und aller Verstorbenen mit heiligen Messen gedacht werde.
Sein unmittelbarer Nachfolger, Michael Leopold Streß,
verewigte sich durch ein Capital von 600 fl., womit er bey sei-
nem Tode 1799 eine Stiftung zur jährlichen Holzvertheilung
unter die Armen des Ortes gemacht hatte.
Im Jahre 1809 hat Hennersdorf durch Plünderung und
Zeuersbrünste vielen Schaden gelitten. Der Pfarrhof ward
damahls vollends zu Grunde gerichtet, und sogar das Kirchen-
geld, welches der Ortsrichter in Verwahrung hatte, von den
Plünderern aufgefunden.
Unter den traurigsten Umständen trat demnach der gegen-
wärtige Herr Pfarrer und Consistorialrath, Wenzel Ober-
le, 1810 die erledigte Pfarre an, und trug 5oo fl. zur Wie-
derherstellung des zerstörten Pfarrhofes bey. Dgfür über-
fieß ihm dann die gegenwärtige Frau Patronin, der Zusage
ihres verstorbenen Gatten getreu, 4 1/2 Joch Aecker, nebst drey
Tagwerk Wiesen um 40 fl. jährlichen Pachrschilling.
Dem Verarmen eines jeweiligen Pfarrherrn zu Henners-
dorf war nun auf diese Weise vorgebeugt, und zwar durch die
Bemühung dieses würdigen Mannes. Eben so unterblieb aber
auch die angedrohte Ueber trag ung der Pfarrenach
Leopoldsd orf. Als Herr Wenzel Oberle nähmlich, bald
nach seiner Ankunft, dem Herrn Pfarr-Patron vorstellte, daß
solch' eine wiederhohlte Uebersetzung weder gerecht noch ausführ-
bar sey, indem die neuem Stiftungen nur für Hennersdorf ge-
macht wurden, und zu Leopoldsdorf kein Pfarrhof, kein Schul-
haus, und auch kein Fond zur Haltung des nöthigen Gottes-
dienstes vorhanden wäre; da ließ letzterer das Presbyterium
in seiner Schloß-Capelle, welches in alten Zeiten, da sie die
Pfarrkirche zu Leopoldsdorf war, hinzugebaut wurde, und jetzt
ohne Dachung stand, endlich gänzlich hinwegnehmen.
284
Gegenwärtig gehören zur Kirche 25 1/2 Joch Aecker, und
3 Tagwerk Wiesen; sie sind aber an Pachtlustige hintange-
geben. Nebst diesen besitzet .die Pfarrkirche auch ein Capital
von 3100 Gulden, das aus den Messen-Stiftungen mehrerer
gottesfürchUger Seelen entstanden ist.
Zu Hennersdorf befindet sich auch noch die Schule. Die
Herrschaft Leopoldsdorf hat erst im Jahre 1608 das jetzige
Schuthaus erbauet, denn sie besitzet das Patronats-Recht; dem
ungeachtet wird aber der Schullehrer nur von der Gemeinde
und dem Pfarrer jederzeit aufgenommen. Eines solchen Leh-
rers geschieht bereits im Jahre 1709 bestimmte Erwähnung.
XXVii. Pfarre Vösendorf').
einet schönen und reihenden Fläche außer dem Wienerberge,
liegt zwischen der Schönbrunner- und La^enburger-Allee, der
aus 112 Häusern bestehende Pfarrort Vösendorf oder Fe-
sendorf, mit einem k. k. Schlosse, und einer den Heiligen
Simon und Judas geweihten Kirche, unter der Herrschaft
gleiches Nahmens und dem Patronate des erzbischöflichen Or-
dinariates. Weder der Nahme des Ortes, noch die Entste-
hung desselben, läßt sich aus Mangel vorhandener Urkunden
entziffern; doch ist des Dorfes und der Kirche Daseyn be-
reits durch 5oo Jahre gewiß. Denn schon im Jahre 1269 hatte
der Münzmeister Chuno in Wien 'dem Johanniter-Orden
einen Hof hier geschenkt, zu welchem der obenerwähnte Orden
im Jahre 1828 von Herrmann dem Tanner, abermahls
einen Hof erkauft hatte. Im Jahre i3n erscheint Wernhard
de Vesendorf, Truchseß; (Arch. magni Prioratus ord. 8. Joh.
Prag.) Und ein gewisser Rudolph Nnt seiner Hausfrau Mar-
garetha verkauften im Jahr 1819 zur hiesigen Kirche ihr Leib-
1) Aus der fleißig gearbeiteten Beschreibung, womit uns der selige Herr
Pfarrer, 2) incenz Müller, im Jahre »820 beehrte. Hierher gehö-
ren auch die Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Consiftorial-Ar-
chive, lit. V. Nr. I. und r, und dann einige Beyträge aus dem k. k.
Hofkammer - und dem Kloster-Archive bey der hochlöbl. Ni. Lest. Le-
gierung.
»85
geding auf einen Hof. Diese Kirche war/ nach dem Verzeich-
nisse der Pfarren in der k. k. Hofbibliothek/ bereits im XV.
Jahrhunderte eine ordentliche Pfarrkirche / wozu auch als Fi-
liale, Siebenhirten mit etwa 3o Hausern gehörte. Wirk-
lich kommt beym Duell. Mgeell. Hb. II. pag. 334 schon im
Jahre 1404 IUidei?i6U8 Dvinler notäring publicus , et
ecclesiae parochialis in Vösendorf rector, als Zeuge
yor. In einem Extracte der geistlichen Lehen vom Jahre
r558 findet sich eine Präsentation des Herrn Ludwig Puch-
ler, oder wie ihn Chrysostomus Hanthaler nennet, Pichler,
für die St. G e org e n - Pfarr e zu Vösendorf, welche
durch den Tod des Herrn Hansen Miller im Jahre 1492
erlediget war.
In dem traurigen Türken kriege 1529 ward Schloß
und Dorf, und hauptsächlich die Kirche so sehr verwüstet, daß
letztere nach dem Pfarr-Visitationsbuche noch im Jahre 1645
ganz öde war, und die Gemeinde eine Stunde weit nach Brunn
am Gebirge zum Gottesdienste gehen mußte. Damahls wurde
wahrscheinlich auch die hiesige Pfarre, als eine Filiale, der
Pfarre zu Atzgerstorf incorporirt, so daß lange Zeit hin-
durch der dortige Pfarrer auch Pfarrer zu Vösendorf war.
Alles dieses mag, leider! beygetragen haben, daß das Dorf
auf 21 Häuser und 20 Bewohner herabsank, daß die Kirchen-
Sriftungen mit Aeckern, Weinzehenten, kleinem Zehent, dem
Bergrechte zu Hetzendorf rc. rc. verloren gingen, und die pro-
testantischen Prediger Gelegenheit fanden, sich im hie-
sigen Schloße festzusetzen, und unter dem Schutze der Schloß-
und Herrschaftsbesiher, eben dieses Vösendorf zu einem ih-
rer vornehmsten Sammelplätze zu machen.
Caspar Erlbeckh, hiesiger Herrschaftsbesitzer, und zu-
gleich Herr von Schönau und Zwölfaving, war,599 ihr
erfriger Unterstützer; und ihm folgte im Jahre i5yi Wil-
helm v. Hofkirchen, der, verbunden mit seinem hiesigen
Prediger, Rudolph Michael, und der Familie Geyer
v. Osterburg, Besitzer von Inzer storf und Hernals,
sch gegen die Ermahnungen des Landesfürsten, und gegen die
Rückkehr zu dem katholischen Glauben gewaltig sträubte. Um
286
seinen Prediger allhier, Hanns Behe mb, ordetttlich zu er-
halten, nahm er im Jahre ,678 nach ungebührlicher Vertrei-
bung des Pfarrers daselbst,Georg B ybeckher, die zehn Un-
terthanen, Grundbücher, Aecker, Wiesen und Weingärten,
welche einst von frommen alten Stiftern, zu unserm lieben
Frauen-Altar in der katholischen Pfarrkirche zu Vösen-
dorf gewidmet, und damahls rechtlich von dem Inhaber dieses
Filials, dem Pfarrer zuAtzgerstorf besessen wurden, hin-
weg, und beraubte noch über dieß dieKirche ihrer Kelche, Bil-
der, Bücher, Leuchter nnd aller andern Kirchen - und priesterli-
chen Ornate.
Unter seinem Schutze hatten im Jahre i58o, wie uns Bern-
hard Raupach, Prediger zu St. Nicola in Hamburg, in sei-
nem evangelischen Oesterreich erzählet, 5protestantische
Prediger gestanden, von denen aber nur Einer, RudolphMi-
chael zu Vösendorf genannt wird. Kaiser Rudolph derII. ließ
zwar im Jahre »58y die zwey Prediger von Jnzerstorf und Vö-
sendorf vor sich fordern, und befahl ihnen, sich binnen 6 Wochen
und 3 Tagen aus dieser Gegend und dem ganzen Lande wegzube-
geben. Doch diese Entfernung hatte, ungeachtet ihres gezeigten
Gehorsames, doch keine Dauer, denn gleich im Jahre i5g2 ka-
men wieder zwey Andere, welchen aber ihr Amt dahin einge-
schränkt wurde, daß sie Nicht mehr in der Kirche, sondern allein
auf den Schlössern predigen, und in Wien in den Häusern ihrer
Herrschaft taufen dursten.
Bis zum Jahre 1625 setzten sie nun ihre Religionsübungen
fort. Endlich machte Kaiser Ferdinand ll. denselben ein Ende;
allein demohngeachtet scheint sich der P r 0 t e st a n t i s m u s hier
länger als anders wo, besonders aber unter den Bauern, erhal-
ten zu haben. Noch im Jahre >644 berichtet Georg Andreas
v.Strasvldo, Pfarrer in Atzgerstorf und Vösendorf, in sei-
ner Vorstellung an Kaiser Ferdinand Hl., daß noch bey
187 Anhänger der neuenLehre, meist Bauern, in Vösendorf an-
zutreffen seyen, welche in keinem Stücke, weder der Kirche Ach-
tung, noch den ergangenen kaiserlichen Verordnungen, Gehor-
sam erzeigen, und mit,dieser Widerspänstigkeit bey ihren Äit-
nachbarn noch groß thun.
2s7
Nur die Wiedererrichtung einer eigenen und selbstständigen
Pfarre wäre vielleicht das beste Mittel gewesen, dem Uebel gründ-
lich abzuhelfen, zumahl, da nach Strasoldos eigener Bemerkung,
der Ort bey 800 Seelen, mithin mehr als heut zu Tage, schon
zählte. Doch das war eben ein Werk, welches Zeit und Gutthä-
ter forderte, und daher noch länger verschoben blieb.
Zwar hatten schon die frommen Gebrüder, Paul und E he-
tz ard Sch ach ing er, den Weg dazu gebahnet, indem sie um das
Jahr 1628 die Kirche hergestellt, und sie neuerdings mit Haus-
diensten und Grundstücken bestiftet hatten, die einige nachfolgende
katholische Schloß-und HerrschaftsbesitzEso sehr verbesserten, daß
das Eigenthum der Kirche sich damahls, laut Urkunden, auf 58
Pfund Weingärten belief. Allein der Besitzendes OrteS, Hein-
rich K i e l m a n n, der demLutherthum äußerst geneigt war, erlaub-
te sich viele Unbilligkeiten gegen die Kirche, verkaufte gewaltthäti-
ger Weise und ganz unbefugt, die Kirchenweine um ein Spott-
geld, mischte sich aus eigenem Antrieb in die Kirchenrechnun-
gen, theilte die Wiesen, Aecker und Jmmerkühe der Kirche für
eine Kleinigkeit, unter sich und seine protestantischen Untertha-
nen, und fügte auf diese Weise derselben jeden möglichen Scha-
den zu, obschon ohnehin um diese Zeit (es mag um das Jahr
,(>45 gewesen seyn) ihre Altäre nackt und bloß standen, und
sie selbst mehr einem Holzgewölbe, als einem Gotleshause ähn-
lich sah.
Im Jahre >646 reichte der damahlige Pfarrer von Atzger-
storf und Vösendorf, der obgedachte Strasoldo, über die Be-
schaffenheit der hiesigen Pfarre einen langen und genauen Be-
richt dem Wiener-Consistorium ein, und widerspricht der An-
zeige, daß in Vösendorf 800 Seelen seyn sollten, wenn man
anders nicht die Kinder und die Juden nebst ihrem Anhange da-
zu rechnet, indem zur österlichen Zeit kaum 3o oder 40 Perso-
nen der heiligen Communion sich theilhaftig machen.
Doch die Zeit und die Zurückstellung der durch Herrn Hein-
rich v. Kiel mann besessenen Pfarrgründe machten endlich
dasjenige möglich, was der eifrige und öfters zu hitzige Stra-
soldo immer für unmöglich hielt. Seine beyden Nachfolger
zu Atzgerstorf, Herr Johann Friedrich Mayer, und
283
Jacob Michelsperger, besaßen auch Vösendorf noch ru-
hig und unangefochten. Endlich wurde aber im Jahre 1673, dem
Pfarrer von Atzgerstorf, der ohnehin durch mehrere Filialen
im Dienste überladen war/ die Sorge über Vösendorf abge-
nommen/ diese Kirche neuerdings zu einer eigenen Pfarre er-
hoben/ von dem Pfarrherrn zu Atzgerstorf Alles/ was zu die-
ser Kirche an Realitäten gehörte / nähmlich 24 Pfund Wein-
gärten / 4 Tagwerk Wiesen / und das dermahlige pfanttche
Grundbuch abgetreten/ und von dem Bischöfe von Wie»/ Wil-
de r i ch/ Freyherrn v. W a l t e r s d 0 r f, Herr Johann Pi-
tt e t, als besonderer Pfarrer bestellt.
Von der damahligen Ortsherrschaft/ Margaretha Grä-
fin v. Buquoy/ geborne v. Abensberg und Traun/
wurde ihm nun ein Bauernhaus mit i5 Joch Aeckern und 25
Pfund beyliegenden Haussätz-Weingärten angewiesen/ und
ihm dieses Haus im Jahre 1674 theils von Seiten der Herr-
schaft / theils aber auch von der hiesigen Gemeinde, zur an-
ständigen Wohnung zugerichtet.
Fest und sicher schien jetzt die Existenz der Kirche/ des Pfarr-
herrn und der hiesigen Gemeinde gegründet zu seyn; allein schon
im Jahre i683, während des kurzen Vorsteheramtes des Pfar-
rers Johann Christoph (Zunders heim er, vernich-
tete dre traurige Türken-Belagerung der nahen Residenzstadt,
jede fröhliche Aussicht. Der Feind verjagte nähmlich den Pfar-
rer von der Kirche, steckte diese, den Pfarrhof und das ganze
Dorf in Brand, und verwandelte ganz Vösendorf in einen
Schutthaufen.
Des obgedachtenPfarrherrns Nachfolger, Johann Georg
Mayr, hatte nebst seinen Seelsorge-Verrichtungen nichts
Angelegentlicheres zu thun, als den abgebrannten Pfarrhof
neuerdings empor zu bringen, den er auch wirklich mit einem
Stockwerke vergrößerte. Nach seinem 1697 erfolgten Tode,
wurde er Ln der Pfarrkirche beerdiget, die bereits schon wieder
hergestellt, und im Jahre 1687 dem Bischöfe zu Wien,
Ernest, Grafen v. Trautsohn, der im Jahre 1666 das
Patronat dieser Kirche übernommen Hatte, mir einem neuen
Hochaltar, und einer Kanzel geziert worden war.
s8i)
Peter Suanuth übernahm die hiesige Pfarre. Er
bauete an die Kirche die noch vorhandene Capelle, und verbes-
serte noch über dieß die Wohnung im Pfarrhofe. Auch die Kirche
ward unter ihm im Jahre 1709 durch Franz Anton, Gra-
fen v. Har rach, Bischof zu Wien, und, gleich seinen Vor-
gängern, Patron dieser Kirche, bedeutend vergrößert, indem
die dazu gekommenen Filialen dieses nothwendig machten.
Wegen unermeßlicher Unbequemlichkeiten wurden nähmlich
die DörferHennersrorf und Leopoldsdorf, nebst einigen
Häusern zu Maria Lanzendorf, im Jahre 1698 von der
Pfarre Laa getrennet, und auf ihr eigenes Ansuchen der Pfarre
Vösendorf einverleibt. Nachdem aber im Jahre 1718 jene grau-
same Pest entstand, die 82 Menschen aus diesen Filial-Ge-
meinden hinweg raffte, und über dieß aus wichtigen Ursachen
manche Streitigkeiten zwischen Pfarrer und Gemeinde sich er-
eigneten, resignirte der nähmliche Pfarrherr nach i5 Jahren
diese Filialen, und gab sie wieder nach Laa zurück, woher er-
sie empfangen hatte.
Indeß hatte er während dieser Zeit, im Jahre 1710, 6 Un-
terthanen zu Untertanzendorf um 5oo Gulden erkaufet, und
so die Einkünfte der Pfarre bedeutend verbessert.
Unter seinem Nachfolger, Johann Michael Mosch-
nigg, ließ Herr Ubald Terry 1717 den jetzigen Hochal-
tar mit dem schönen Bilde der heiligen Simon und Juda auf-
setzen, und der Pfarrer selbst besorgte 1746 die Erbauung des
heutigen Kirchthurmes.
Unter ihm wurden auch im Jahre 1722 H enn erstorf und
und Leop oldsdorf das zweyte Mahl von Laa ausgepfarret,
und mit Vösendorf als Filialen verbunden. Doch im Jahre
1733 wurde endlich Hennerstorf zur eigenen Pfarre erhoben,
Leopoldsdorf ihr zugetheilt, und die hiesige Kirche dadurch wie-
der von dieser beschwerlichen Sgelsorge befreyet. Er starb »749
und setzte die Kirche zum Universal-Erben ein.
Unter dem Pfarrer Thaddäus Heinrich Reitzer
wäre bald durch das im Jahre 1768 entstandene Erdbeben, die
Kirche und der Pfarrhof zerstöret worden; denn die Mauern
wurden in beyden Gebäuden gewaltig erschüttert, die Kirchen-
3Q0
Hauptmauer zersprang, und viele Munde zerrissen. Die neue
Herstellung derselben ward unter ihm im Jahre 1769 bewerk-
stelliget.
Franz Anton Holzhäuser, Vorsteher dieses Pfarr-
vrtes und allhier geboren, fing alsogleich noch jm Jahre ,772
mit Herstellung des heutigen Pfarrhofes an, indem weder für
den Pfarrer noch für einen Vicar unständige Wohnungen vor-
handen waren. Er bauete daher auf eigene Kosten, und er-
hielt darüber im Jahre -776 von dein erzbischöflichen Consi-
storio einen eigenen Baubrief, der ihn großentheils für die
gehabten Auslagen entschädigte. Vorzügliche Sorgfalt ver-
wendete er auch auf die Obstbaum - Cultur, und starb endlich
allhier im Jahre >792.
F r an z L ippiNg e r, sein Nachfolger, verbesserte als Pfar-
rer die Wirthschaftsgebäude, hatte aber im Jahre 1809 das
traurige Schicksal, bey dem Einfalle der Franzosen zusehen zu
müssen, wie Alles, was Muthwillen, Bosheit und Zerstörungslust
auffinden konnte, mit teuflischer Freude im Gotteshause und im
Dorfe vollbracht ward/ Zum Ueberflusse wurde noch in dem
ausgeplünderten Pfarrhofe Feuer angelegt; die feindlichen
Krieger zerstörten dadurch noch einen Theil seiner Dachung,
und ließen zwey Häuser nebst dem Schulhause rein ausbren-
nen. Ja selbst die Kirche würde richtig ein Opfer der Flammen
geworden seyn, wenn nicht das Zwgeldach Schutz, und das
rastlose Arbeiten der herbey eilenden Nachbarsleute dem Feuer
Einhalt gebothen hätte.
Durch so viele schnell aufeinander folgende Schläge des
Mißgeschickes gebeugt, fand sich der 70jährige Mann noch im
nähmlichen Jahre bewogen, seine unbedingte Pfarr - Resigni-
rung seinem fürsterzbischöflichen Oberhirten einzureichen, und
die Beneficiatenstelle in Traiskirchen zu übernehmen. Wie elend
der Antritt seines Nachfolgers, VincenzFerrerius Mül-
ler, beschaffen war, kann man aus der vorhergehenden Schil-
derung hinlänglich abnehmen. Erst nach und nach kam durch
großmüthige Wohlthäter wieder alles in Ordnung.
So ließen Se. k. k. Majestät auf seine Bitte eine schöne
neue Orgel um 2000 fl. herstellen, und selbst die verarmte Ge-
291
kneinde trug 1000 Gulden zun, nähmlichen Zwecke bey, und
alle übrigen verursachten Zerstörungen und Mangel wurden
von den Einkünften und dem Vermögen der Kirche ersetzet.
Endlich ließen auch Se. fürstliche Gnaden, der Herr Erzbischof
von Wien, als Patron dieser Kirche, mit einem Kostenauf»
wände von 4.000 fl. das ganze Kirchendach neu herstellen, und
so alle nöthigen Verbesserungen vollenden.
Die Pfarrkirche, die mitten im Orte, hoch, und von den
übrigen Hausern etwas abgesondert steht, ist gegenwärtig im
modernen Style gebaut, licht, geräumig, und für die jetzige
Seelen-Anzahl von 664 Personen hinlänglich groß. Von
Außen erhebt sich ein mit Blech gedeckter Thurm, und im In-
nern ist sie mit einem Hochaltare und zwey Seitenaltären ge-
schmückt. Auf den» Hochaltare befindet sich das große Bildniß
der beyden Kirchen- Patrone, Simon und JudaS ThaddaüS.
Die beyden Seitenaltäre sind das Geschenk eines verstorbenen
Pfarrers. Noch im Jahre 1778 waren aber vier derselben vor-
handen, die (dem Kirchen-Protokolle zur Folge) zu Ehren der
seligsten Jungfrau — des heiligen Josephs — des heiligen
Kreuzes — und Maria Einsideln, eingeweiht waren. Auch hat
sie eine ordentlich hergerichtete Seiten - Capelle, seit i8i5, ei-
nen neuen Laufaltar sammt einen Taufsteine; und wurde im
Jahre »621 mit einem ganz neuen Hochaltare und übrigen or-
dentlich hergerichteten Bestandtheilen geziert.
Noch befinden sich in der Kirche ein Sacramentarium (ein
sicherer Beweis ihres bedeutenden Alters), und die Grabmäh-
ler eines Sohnes des Herrn D a v i d U n g n a d, Freyherrn zu
Sonneg, dann des Herrn Andreas Dadius, und endlich
der Frau M. Anna, Freyinn v. F l e i s ch m a n n.
In, Innern ver Kirche sieht man sonst keine Denkmähler;
wohl aber findet sich von Außen an der Kirchenmauer, rückwärts
des Hochaltares, ein mit besonderem Fleiße in einer Höhe von
7 Schuhen eingemauerter Grabstein, worauf zwey Köpfe ein-
gehauen sind, und diese Inschrift, doch ohne Jahrzahl zu le-
sen ist:
dyL
CATEIVS
SCALI. F. ET
VERECVND
VS. CATEI. F.
H. 8. 8.
APIA CVMA
PATRI. SVO, ET.
FRATRI. POSVI.
Diese Nahmen sind den einstmahligen römischen Benennun-
gen nicht unähnlich, und gaben oftmahls Veranlassung, auf
ein sehr hohes Alter der hiesigen Kirche zu schließen. Wer aber
eigentlich diese zwey Scali, und diese genannte Apia Cuma
gewesen, ist noch nicht ausfindig gemacht worden.
Gegenwärtig bestehen die Einkünfte der Kirche, aus dem
Pachrschillinge der noch vorhandenen Wiesen und Weingärten,
aus den Opfer- und Sammelgeldern, aus den nach der Stoll-
vrdnung bemessenen Funeralien, und endlich aus den Interes-
sen der öffentlichen Fonds-Obligationen, zu welchen letzteren
verschiedene Guithäter durch fromme Stiftungen daS meiste
beytrugen.
Gleich dieser Kirche, ist auch der Vorsteher derselben größten
theils auf Realitäten, besonders auf den Weinbau, fundiret.
Im Jahre >776 bestanden die pfarrlichen Realitäten in 16 Joch
Aeckern zu Vösendorf, 4 Tagwerk Wiesen zu Himberg, und
Weingärten zu Vösendorf, undzu Lichtenstein 32, Dazu ge-
hörte noch ein Grundbuch von 3o Unterthanen und io8Ueber-
länd-Grundstücken zu Vösendorf, Brunn am Gebirge, Enzer-
storf, Medling, Mingendorf, Unterlanzendorf, Ober- Und
Unrerkrizendorf, nebst den gewöhnlichen Stolleinkünften, und
den Interessen von der Savoyischen Stiftung pr. 400 ff.
Zur Unterhaltung eines Aushülfspriesters für den zweyten
Gottesdienst zahlt die Gemeinde alljährlich 800 fl., sammt dem
Natural - Deputate von Seite der Ortsherrschast.
Der Anfang der Schule, die im guten, stets zunehmenden
Stande sich befindet, ist gänzlich unbekannt. Im Jahre 1820
wurde sie von Grund aus gebauet, und das Schulzimmer in
den noch mangelhaften Theilen nach der k. k. Vorschrift verbessert.
Noch besteht im Orte selbst/ zur Ehre der Gemeinde / eine
Vorsorgungsanstalt für Arme und Kranke/ deren Fond die Ge-
meindeglieder einst gebildet hatte» / und welcher jetzt auf öffent-
lichen Staatsobligationen beruht. Zu dieser wohlthätigen Ein-
richtung gesellten sich auch noch die Brüderschaften des schwar-
zen Scapuürs der sieben Schmerzen Maria — die Christenlehr-
Bruderschaft — und die Bruderschaft von der ewigen Anbe-
thung des allerheiligsten Altars-Sacramentes. welche ebenfalls
reichliche Almosen an die Armen spendeten, aber auf Kaiser
Joseph II. Befehl sämmtlich aufhören mußten.
Dieß find die Merkwürdigkeiten Vösendorfs in kirchlicher
Hinsicht; in profaner Hinsicht wird dieser kleine Ort nicht we-
niger bemerkenswerth durch das herrliche k. k. Parrimonial-
herrschaftliche Schloß, das mitten im Dorfe steht, und von
drey ziemlich großen Gärten mit hohen und soliden Mauern
umfangen wird,
Von der ursprünglichen Erbauung desselben und seinen er-
sten Besitzern läßt sich gar nichts Bestimmtes angeben; daß es
aber schon sehr alt seyn mag, bestätiget selbst die äußere Form,
und die ersteren Nachrichten, hie bereits aus dem XVI. Jahr-
hunderte sind, und auf das Jahr *545 Herrn Hanns Mat-
seber, und i55<) Herrn Caspar Erlbeck, als Grund- und
Lehensherren der Herrschaft und des Schlosses Vösendorf nennen.
Um i565 haben die Herren v. Hofkirchen, österreichi-
sche Lehensherren von Drössldl und Kollnitz, auch diese Herr-
schaft frey eigen (vermuthlich durch Kauf) in Besitz gehabt.-
Unter diesen war W i l h e l m v. H o f k i r ch e n, kaiserl. Rath
und Hofkriegsraths-Präsident. Dieser vermachte in seinem Te-
stamente seiner Frau Gemahlin Eva, gebornen Pögl, dip
Herrschaft Vösendorf, welches Gut, nach der Schätzung vom
Jahre *584, jährlich etwa 2000 fl. abwarf, zu ihrem Wittib-
sitze; seine drey ^öhtn, Wolfgang, Georg und Adam,
sollte» die übrigen Schlösser und Herrschaften bekommen Da-
mahls enthielt die Herrschaft Vösendorf 7Q Unterthanen, das
gutgebaute Schloß, dqs Dorf sammt der Pfarre allda, die Dorf-
herrlichkeit, Vogtey und Lehenschaft, 3q Viertel Weingärten,
}5o Joch Aecker, 48 Tagwerk Wiesen, das Gehölz im Lainz-
*94
graben genannt, b<*6 Umgeld zu Langenlois, und emige Zehente
in der Nachbarschaft.
Nach der Theilung vom Jahre »584 waren die vereinigten
Herrschaften Drössidl, Kollnitz unb Vösendorf, auf den jüng-
sten der Familie, Adam v. Hofkirchen, übergegangen.
Weil aber dieser den N. Oesterr. Landschafts-Verordneten,
Freyherrn Nielas v. Puchaim, im Jahre 169» auf seinem
Schlosse zu Raps ermordet, sich flüchtig gemacht, und nahm-
hafte Schulden zurück gelassen hatte, so verblieb zwar diese
vereinigte Herrschaft bey seinen zwey noch lebenden Brüdern,
doch mußten sie sich die Bedingniß der Schuldentilgung gefal-
len lassen. Georg Andre v. Hofkirchen ward demnach
Besitzer von Vösendorf, und zwar um das Jahr iSqi* Da er
aber im Jahre 16*9 dem Kaiser Ferdinand II. die Huldi-
gung verweigerte, so wurde auch er als Rebell aller seiner Gü-
ter verlustig erkläret, und Vösendorft an Herrn v. -Krau-
seneck, einen Kaufmann, käuflich überlassen, der aber diese
Herrschaft gar bald und noch im nähmlichen Jahre an Herrn
Lazarus Henkel v. Donner sw ald zu Gfäll übergab.
Ihm folgten im Jahre »63o Johann Baptist SUt-
ting er, und z64» Maria Prenner. Im Jahre 1642 war
Heinrich Kielmann v. Kielm annsegg, Besitzer der
Herrschaft, die späterhin seine (Nemahlin Maria, eine ge-
borne Unverzagt, und nach ihr Ignaz Schindler inne
hatte. Um das Jahr 1667 weiß man zuverlässig Herrn Jo-
hann Sigmund Stadler als Ortsherrschaft; und im
Jahre 1670 Frau Gräfin Margaretha v. Longeval und
B u q u 0 i, geborne Traun. Drückend waren unter dieser Be-
sitzerin für die Bewohner des Ortes die Plagen des Türkenkrie-
ges im Jahre »683. Das ganze Dorf sammt seinen Bewoh-
nern ging bis auf sechs Familien (welche tief in die Steyermark
flüchteten) gänzlich zu Grunde. Diese sechs Familien hießen
Staufer — Weinknecht — Rauchenberger — Schmid — Stür-
mer und Knogl; sie fanden bey ihrer Rückkehr in die verwü-
stete Heimath, von den übrigen Bewohnern Vösendorfs nicht
eine Person mehr am Leben. Die ganze Population belief sich
also höchstens auf 5o Köpfe, und unmöglich war es daher, die
s<)5,
hierher gehörigen Gründe gut zu bearbeiten. Fremde aus Schwa-
lben, Bayern, Pfalz und Steyermark siedelten sich dann im
Orte an, erhielten von der Orrsherrschaft zur Beförderung der
Population und des Erwerbes Grund und Gewöhr unentgeld-
lich, und bauten sich elende von Erde und Lehm zusammenge-
setzte Hütten, von denen noch heutiges Tages, trotz deS verbes-
serten Baulandes der hiesigen Häuser, einige vorhanden sind.
Durch sie und die sechs oben erwähnten Famrlien kam Vösen-
dorf allmählich wieder in Aufnahme.
Während dieser Epoche war aber Herrschaft und Schloß in
die Hände verschiedener Besitzer gerathen. Im Jahre 1686 hatte
Constantin v. Sonau, 1687 Johann Heinrich Eh-
ren re ich, Freyherr v. Oppl, und »696 Frau Maria Jo-
sepha Gräfin v. Starhemberg, geborne Gräfin v. I ö r-
g e r, Vösendorf besessen. Während ihres Besitzthumes wurde im
Jahre 1696 die Capelle im Schlosse (welche aber dermahlen
nicht mehr bestehet) von Franz Ferdinand Freyherrn v.
Rumel, Bischof zu Tinnan und Lehrmeister Kaiser Josephs I.
(späterhin Fürstbischof zu Wien), zu Ehren des heiligen Nähr-
vaters Joseph, feyerlichst consecrirt. Als während dieser Zeit,
vom Jahre 1706 bis *707, Rebellionen in Ungarn und Sie-
benbürgen ausbrachen, und streifende Räuber-Corps bereits
Lanzendorf und Himberg durch Feuer verheerten, so flüchteten
sich alle Bewohner des Dorfes ins Schloß, und Vösendorf wurde
unter der Anführung eines hiesigen Müllermeisters Stauf-
fer, durch aufgeführte Kanonen und gemachte Verhaue in
solchen Vercheidigungsstand gesetzt, daß sich dieses Streif-Corps
gar nicht zu nähern wagte.
Unter eben dieser gräflichen Besitzerin brach auch im Jahre
»788 ein fürchterliches Feuer zu Vösendorf aus, wodurch 63
Häuser sammt allen herrschaftlichen Wohn- und Wirthschafts-
-gebäuden, mittelst eines sehr heftigen Sturmwindes, in die
Asche gelegt wurden.
61 Jahre war diese Herrschaft in den Händen der Gräfin.
Da fiel sie endlich im Jahre 1746 auf die Frau Maria Ga-
briela, Gräfin, dann Fürstin v. Colloredo, bey welcher
sie gleichfalls durch 4^7 Jahre verblieb, und erst mit ihrem Tode
im Jahre 1798 ihren sämmtlichen Erben zu Theile ward.
Drey Jahre nach ihrem Antritte/ im Jahre 1749, war die
durchlauchtige Besitzerin Zeuge jenes großen Zuges von Heu-
schrecken , die in so ungeheurer Menge und Größe nach Vö-
sendorf geflogen kamen/ daß sie die Sonne verfinsterten/ und
nur durch Glockengeläute / durch Schießen / Schlagen und
Schreyen von den hiesigen Einwohnern verjagt werden konn-
ten. Ueber dieß erlebte die Fürstin auch eine große Feuers-
brunst/ die im Jahre 1767 das Dorf schrecklich verheerte.
Von ihren Erben wurde dann im Jahre »794 Vösendorf
durch Se. k. k. Maj./ dem dermahl regierenden Kaiser Franz I./
als Patrimonial-Herrschaft erkauft/ und von Höchstdemsel-
ben zur Verschönerung und Erneuerung des alten bereits in
allen Zweigen verwilderten Schlosses/ bald nahmhafte Kosten
verwendet. Dem Schlosse selbst wurde alsobald eine neuere
Und moderne Gestalt mitgetheilt/ und viele Wirthschaftsge-
bäude vom Grund aus errichtet.
Da bereits Ln den Jahren 1810— 1811 und 1812 hier eine
practisch - ökonomische Lehranstalt und ein Institut für jene
errichtet worden war/ welche sich der Oekonomie zu widmen/
und auf k. k. oder anderen herrschaftlichen Bedienstungen an-
gestellt zu werden wünschen; so haben Se. Majestät das ganze
Schloß dieser Lehranstalt zu widmen geruhet/ mtd den Zöglin-
gen oder Practikanten der Oekonomie dasselbe zu ihrer Woh-
nung eingeräumt. Höchstdieselben ließen auch deßwegen ein
sehr schönes Gebäude ganz neu f doch nur rmt einem Erdge-
schosse/ aufführen/ allwo sich jetzt die herrschaftlichen Werk-
stätten der Schmiede/ Drechsler / Wagner und Tischler befin-
den/ in welchen alle nothwendigen/ nützlichen und neu erfunde-
nen Ackergerärhschaften/ theils zum Gebrauche der Ortsherr-
schaft/ theils zum Ankäufe für Auswärtige verfertiget/ und
mit reichlichem Absätze und Beyfalle veräußert werden. Auch,
wurde im Jahre 1617' zur Beförderung der Oekonomie/ noch
ein ganz neuer Meier- oder Kälberhof/ eigends für die Zucht
des jungen Rindviehes, erbauet/ welcher in einer schönen ganz
dazu geeigneten Lage/ sammt der damit verbundenen Wirth-
schaft/ eine halbe Stunde außer Vösendorf sich befindet/ und
nebst dem herrschaftlichen Ziegelofen zur hiesigen Pfarre gehört»
4
297
Dieser ganzen Anstalt ist gegenwärtig der k. k. Regierungs-
Rath, Peter Jordan, vorgesetzt, der zugleich Direktor
der Oekonomie zu Larenburg ist . und als Lehrer seiner an-
vertrauten Zöglinge die gute Sache schon so sehr beförderte,
daß in dieser kurzen Zeit bereits 18 derselben, theils als Pro-
fessoren, theils in k. k. Diensten, theils auf anderen Herrschaft-,
lichen Oekoitomien, sehr gut angestellet wurden.
XXVIII. Jnzersdorf.
Inzerödorf, zum Unterschiede von den beyden andern im
Lande unter der Enns gleichnahmigen Orten mit dem Beysatze,
am Wienerberge, ist ein großes am Fuße des genannten Ber-
ges an dem Liesingbache liegendes Dorf. Im Dorfe befindeil
sich ein herrschaftliches Schloß, ein Paar Freyhöfe, eine Mühle
sammt einer neugebauten Pfarrkirche. Zum Dorfe gehört auch
ein Ziegelofen , und der eine halbe Stunde entfernte, einst den
Jesuiten gehörige Steinhof. Es zählt zusammen i3b Häuser,
in denen 2,00 Menschen leben.
In der österreichischen Geschichte ist Jnzersdorf schon seit
dem XIII. Jahrhunderte bekannt, da sich eine adelige Familie
davon schrieb, die entweder ihren gewöhnlichen Wohnsitz im
Orte aufgeschlagen hatte, oder doch wegen des größer» Besitz-
standes daselbst, den Ortsnahmen in Urkunden und Siegeln
führte. Die ersteren derselben hat uns Chrysostomus
Hanthaler bekannt gemacht, der in seinem Werke Neoensus
äixlom. geneal. II. 47. folgende anführt: Ritter Meinharch
von Jnzersdorf, der als Zeuge auftritt, da Leopold VII. die
zweyte Stiftungs-Urkunde für Lilienfeld am i3. Aprill 1209
zu Klosterneuburg ausfertigte. W ich a r d von Jnczersdorf, wel-
cher bey der Schenkung Heinrichs des Streun von Schwarzenau
1.271 einen Zeugen abgab. Dietrich , genannt vonJnczerS-
dorf, ein Ritter, und feine Ehegattin Margarets), und
sein Sohn L e 0 pold und seine TöchterDietm ud und Re in-
sin na, die dem Stifte Lilienfeld gewisse Dienste von dem
wienerischen Hause der Judith Smerwerinn, wie die darüber
<*93
am i3. November 1287 zu Wien gefertigte Urkunde bezeuget,
verkaufen. Ru e g er von Jnzersdorf, der im XIII. Jahrhun-
derte Spitalmeister im Bürgerspitale zu Wwn war. — Ra-
pot von Jnzersdorf, welcher 1298 dem Srifre Lilienfeld mit
Votwiffen seiner Hausfrau Judith und seiner Töchter Ger-
traud und Kunegund, dann seiner Schwestern Kune-
gund und Gertraud/ einen Weingarten zu Grinzing
hintangab; und in der Mitte des XIV. Jahrhundertes ler-
nen wir bey Philibert Huber (Aust, ex archiy. Mellic. 79.)
einen Friedrich vqn Jnzersdorf / den Kämmerer des Her-
zogs Albrecht II. / kennen / der eine Frau Margareth zur Ehe
hatte, und von einem Priester, Nahmens Conrad zuge-
nannt der Stecher, und zu derselben Zeit Vicar zu Haimburg,
Zehente zu Medting kaufte. Der Brief darüber wurde zu Wien
am »2. May >35t gefertigt.-— Wann dreseFamilie ausgestor-
ben, oder ob Jnzersdorf noch, während der-Stamm dieses Rit-
rergeschlechtes blühte, in andere Hände gekommen, ist blsher
noch unbekannt, und es ist nur so viel am Tage, daß vor
Ansgang des XV. Jahrhundertes, W e n zel v. Wy n d ten,
Besitzer von Jnzersdorf war, weil seine hinterlassene Wittwe,
Veronica v. Cambitz, »49h von ihres Gatten Gütern zu
Jnzersdorf eine Stiftung auf eine Frühmesse machte; dann daß
Jnzersdorf »669 ein Ergenthum desHier 0 nymus Beck von
Leopoldsdorf war, und sich 1675 in dem Besitze A d a m Geyer
v. Oster bürg und seiner Erben befand. Christoph GeyerS
Wittwe, Rosrna, geborne v. Gatter, verkaufte Jnzers-
dorf »652 an Virgil v. Ung r e ch t sb e rg. »677 war
Herr des Dorfes Peter v. Aichen, und seine Erben; von
welchen 1698 Carl v. Aichen bekannt ist. Späterhin, 1717,
erscheinen als Herrschaft zu Jnzersdorf, R 0 s i m u n d a F r a n-
cisea, Freyin v. Königsacker; und die Reichshofräthinn
v. Steininger auf den andern halben Theil. Der Freyin
v. Königsacker Tochter, Maria Antonia v. Auersberg,
besaß Jnzersdorf »744, und 1765 Ferdinand, Graf v.
Har rach. Dieser hinterließ die Herrschaft »788 seiner Tochter
Rosina, Gräfinn v. Kinsky, und schon »6o3 erscheint
Jacob Joseph v. Simonis, als Besitzer, welcher es
^99
1807 an den Fürsten Jacob, Herzog v. Saluzzo Eori-
g l i a n o , verkaufte.
Der freye S p Leg elh of/ welcher einige Unterthanen hatte,
stand vormahls im heurigen Schloßgarten, und war ein Ei-
genthu,m der Familie Geyer. Bey den damahligen trauri-
gen Religlonsfpaltungen, weiche auf Jnzersdorf mächtigen Ein-
fluß hatten, rissen die Besitzer des Spiegelhofes mehrere Pfarr-
und Kirchenbesitzungen an sich, und erhöhten dadurch ihren
Besitzstand im Orte. i652 besaß den Spiegelhof Virgil
Ungrechtsberg, und drey Jahre spater Matthaus W a-
gerle v. Walsperg. »687 war er ein Eigenthum Leon-
tz a r d s S ch u b e rt v. Blau en fe ls, 1689 aber des Simon
Siplo v.Schiphofen. 1699 verkaufte Anton Franz/
Graf v. Stractmann, k. k. Kämmerer, seinen Spiegelhof
an den Oberstjagermeister, Leopold Grafen v. Lamberg,
von dem er 1717 an Maria Steinakerin kam. Spä-
terhin, 1787, hatte selben Johann JacobRa m b a ch, bis
ihn 1766 Ferdinand, Graf v. Harrach, mit dem Gute
vereinigte.
Außer diesen befindet sich zu Jnzersdorf noch der freye
Rambachhof, der gegenwärtig ein Eigenthum des Doctors der
Rechte, Herrn Payers ist. Die Jesuiten hatten einen Hof vom
Baron Kielmannsegg, den sie 1726 an Herrn Augustin
v.B0ttiglia verkauften. DerGariboldische Hof wurde
*7/1.7 dem Sinzendorfischen Fideicommiß eingeantwortet.
Wie alt die Kirche zu Jnzersdorf sey, und wann sie zur
Pfarrkirche geworden, das könnten uns vielleicht Urkunden sa-
gen, die bey dem Bisthume Passau aufbewahrt seyn dürften;
wir wissen aber keine bestimmtere Zeitperiode ihrer Existenz an-
zugeben, als das Jahr 1446, da Veroniea v. Cambitz
einen Frühgottesdienst in derselben auf dem St. AchatiensalLare
stiftete. Aus dem Geiste dieser Stiftung geht hervor, daß schon
damahls ein bleibender Priester höchst wahrscheinlich als Pfar-
rer bey der Kirche angestellet war, und so gehört Jnzersdorf
allerdings unter jene Pfarrkirchen, welche sich eines bedeuten-'
den Alters zu rühmen haben. Sie war aus Quadersteinen ge°
baut, wenig ansehnlich und klein/ und der Bau bewies deut«
lich, daß sie für eine eben nicht zahlreiche Gemeinde aufgefüh-
ret war.
Diese Kirche wurde nun bey dem türkischen Einfalle i52y,
da Hanns Keßler Pfarrer war, ein Raub der Flammen,
und lag noch im Jahre 1644 in ihrem Schutte. Da die Woh-
nung der Priester ebenfalls nicht hergestellet ward, so ver-
ließen die beyden Gastlichen den Ort, zogen nach Wien und
wohnten daselbst im Klagbaume. Da dieselben gestorben, oder
befördert seyn mochten, so wurde von Wien von St. Stephan
aus an Sonn- und Feyertagen ein Priester zum Messelesen nach
Jnzersdorf geschickt. Weil aber auf diese Art der Unterricht
in der katholischen Lehre nicht immer und wirksam ertheilt wer-
den konnte, so suchten sich jetzt die allenthalben herumstreifen-
den Lehrer aus Luthers Schule auch in diese Gemeinde einzu-
drängen, was ihnen um so leichter gelang, da die Familie des
Gutsbesitzers sich ohnehin für Luthers Lehre erkläret hatte.
Geyer v. O st e r b u r g, Besitzer Jnzersdorfs und Hernals, that
den neuen Lehrern am erster» wie am letzter« Orte mächtige^
Vorschub, und so geschah es, daß zu Jnzersdorf, Johann
Fehler zum Besitz der Pfarre kam, dem zu seinen Amtsge-
schäften noch ein anderer protestantischer Prediger, Leonhard
Hosius, beygegeben wurde. Als 1679 die Ausübung und
Verkündigung der Lehre Luthers zu Wien abgestellet wurde,
so liefen die Anhänger der neuen Lehre von der Stadt fleißig
zu den Reformations-Predigern, welche sich auf den Schlössern
nächst Wien, zu Hernals, Vösendorf und Jnzersdorf, unter
dem Schutze der dortigen lutherischen Gutsbesitzer festgesetzt hat-
ten. Zu Jnzersdorf dauerte dieser Unfug bis *585, woGeyern
auf kaiserlichen Befehl angedeutet wurde, daß der lutherische
Prediger bloß ihm zugestanden seye; daß aber keineswegs dem-
selben geduldet werde, fremde Unterthanen bey seinen Predi-
gen und Austheilen der Sacramente zuzulassen. Da der Pre-
diger nicht Folge leisten wollte, so wurde er mit Arrest bedro-
het; aber, weil Wolf v. Lichten stein und Franz v. Ge-
ra sich für ihn verbürgten, daß er sich bis zu Ausgang der
Sache der Predigten und Kirchenübungen enthalten werde/
3öi
wieder auf freyen Fuß gestellt. Doch die Prediger führen in
Verkündigung der neuen Lehre fort/ und da abermahliges Ab-
mahnen nichts fruchtete / so wurden sie endlich durch Erzher-
zog Ernst »5gc> des Laüdes verwiesen. Doch dieß fruchtete
wenig; und schon »5y2 erschien zu Jnzersdorf, unter der Herr-
schaft Begünstigung/ ein neuer Prediger/ der zwar nicht in
der Kirche, aber auf dem Schlosse die neue Lehre vortrug, und
damit auch so lange fortfuhr, bis Kaiser Ferdinand II. 1627
alle sogenannten evangelischen Prediget aus Oesterreich ver-
bannte, und den unkatholischen Landständen befahl, die Pfar-
ren bey Verlust ihres Präsentations-Rechtes mit katholischen
Priestern zu bestellen. Da der Gutsbesitzer Geyer, wegen
seines zu weit gegangenen Eifers für die Ausbreitung der neuen
Lehren büßen sollte, so erhielt et den Befehl, Jnzersdorf zu
verkaufen, was dann auch späterhin geschah. Virgilv.Un-
grechtsberg präsentirte den ersten katholischen Pfarrer,
Johann Hallwig Settelein, einen Weltpriester, der
die Kirche reinigen, und durch Sammlung das Bauliche der-
selben herstellen ließ, auch beflissen war, die verlornen Kirchen-
und Pfarrgründe zurückzubringen, und den Gutsbesitzer zu
einem jährlichen Sustentätions- Beytrage von 200 fl. bewog.
So war die Pfarre wieder in Aufnahme gekommen, und hatte
sich bald erhohlet, wenn nicht der ungückliche Türkeneinfall
»683 selbe neuerdings an den Rand des Verderbens gebracht
hatte; denn Jnzersdorf wurde durch die Türken nicht nur ge-
plündert, sonder» auch sammt der Kirche abgebrannt/ und alle
Bewohner, die nicht ihr Heil durch die Flucht fanden, ermvrdek
Der Pfarrer und der Schulmeister hatten die Kirchenpara-
mente, Kelche, Monstranzen, Grund- und Pfarrbücher geket-
tet, indem sie selbe nach Wien in die Verwahrung deS Grund-
herrn brachten, aber das Kirchengeld, h6ofl., ging verloren, weil
der Pfarrer ertappt wurde, und nach dem Abzüge der Türken
nicht mehr in Vorschein kam. Der neue Pfarrer, Sixtus
Jacob Grodhaus, .traf »684 nichts als die leeren ausge-
brannten Kirchenwände, und den Pfarrhof als Brandstätte
an, und sah sich daher gezwungen, seine Wohnung in Wien
zu nehmen; Von dort aus ging er täglich nach Jnzersdorf, um
Jo:i
die bey ihren Brandstätten angekommenen Bewohner zu trö-
sten , und für die Wiedererbauung der Kirche und seiner Woh-
nung zu sorge». Die Kirchenparamente, Monstranze und Kel-
che brachte der Pfarrer bald von dem Gutsherrn zurück, aber
die Grundbücher wurden nicht mehr herausgegeben. Zn dieser
Lage wurden nach langen Verhandlungen zur Herstellung der
Kirche und Pfarre, die Kirchengründe theils verkauft, theils
verpachtet, und ein Geldbetrag von 640 fl. geleistet. Ueber die
der Kirche noch übrigen, von der Herrschaft aber in Besitz ge-
nommenen Realitäten, die seit den Türken verödet, von der
Herrschaft Andern zum Bau gegen Entrichtung eines Grund-
zinses übergeben wurden, wurde nun zwischen beyden Theilen
ein Vergleich geschlossen, wodurch die Kirche auf die Grund-
herrlichkeit dieser Güter Verzicht that, und dagegen ein Capi-
tal von i5o fl. erhielt. Dieser Vergleich wurde auch vom Pas-
sauer - Consistorium bestätiget.
Da es mit der Sustentation des Pfarrers jedoch nicht bes-
ser ging, so resignirte Gcodhaus ,byr die Pfarre, starb bald
daraufzu Wien, und setzte die Kirche zum Erben der sieben-
jährigen ausständigen Sustentation ein. Seine Nachfolger,
Franz Magg und Johann Marchese, hatten kein bes-
seres Schicksal, und erst »711 machte Franz Zacharias
Plank mit der Herrschaft einen Vergleich, wodurch die alte
Cambitzische Frühmeß-Stiftung zu Grunde ging, und die von
der Herrschaft zu leistende Sustentation wieder gegeben wurde.
Nun wurde 'auch auf die Verbesserung der Kirche gedacht, und
Johann Jo acht, n v. Aichen, k.k.Ni.Oest. Regierungs-
Rath, ein Enkel des P e t e r v. A i ch e n, und Vormund der Kin-
der seines verstorbenen Bruders Carl, zugleich Administrator
der Herrschaft Jnzersdorf, ließ einen Altar fassen und schaffte
mehrere Kirchcngerathe und Paramente an. Der folgende
Pfarrer, Lambert G e r st u n g, hatte mit der Gutsbesitzerin,
R 0 s i m u n d a F r a n c i s c a, Freyfrau v. K ö n i g s a ck e r,
Wittwe, beständige Streitigkeiten, da das Kirchenvermögen
durch viele Jahre vernachlässiget, und keine Rechnung darüber
aufgenommen wurde. Dieser Verdrießlichkeiten müde, resi-
gnirte er > 74»- Sein Nachfolger, Th 0 mas FranzHöcker,
3o3
ward aber viel glücklicher in seiner Bemühung, da die seit
1744 zur Gutsbesitzerin gewordene Gräfin Maria 'Antonia
v. Auersperg, eine große Wohlthäterin der Kirche ward.
Die Kirche sah, nach Angabe deS Pfarr-Protokolls, mehr
einer Mördergrube als einem GotteShause gleich, indem in der-
selben kein rechtes Fenster, sondern bloße Schießlöcher waren;
der Hochaltar war zusammengefallen, so auch die Kanzel und
Stühle; der Fußboden voll Gruben und ohne, Pflaster.
Diesem Gebrechen wurde nun durch die Freygebigkeit der
Herrschaft und die Thätigkeit deS Pfarrers nach Möglichkeit ab-
geholfen; ja die Kirche erhielt viele Geschenke, welche ihr zur
Zierde und Reichthums dienten. Dieser wohlthätige Geist ging
auch auf die nachfolgenden Gutsbesitzer, Carl, Grafen v. H ar-
rach, und seine Erbin und Tochter Rv sin a, Gräfin v. Kinsky
über, und das Kirchenvermögen wuchs zu eineist Capitale von
i5()cyj fl. Dieser Wohlstand der Kirche verringerte sich zwar
durch die beyden französischen Invasionen, da die Feinde Kir-
che, Pfarrhof und Gemeinde, ja selbst den Gutsbesitzer plün-
derten ; aber sie würde sich doch erhalten haben, wenn nicht eine
am 8. Junius 1817 in der Kirche ausgebrochene Feuersbrunst
sie in einen Steinhaufen verwandelt hätte. Um die Abhaltung
des Gottesdienstes nicht zu rntterbrechen, bestimmte der Guts-
besitzer, Herzog von Corigliano, einen Theil des Schlosses
hierzu, und erklärte sich »8>8, von Grund aus eine neue Kirche
zu bauen. Gerade als der Bau begonnen hatte, starb derselbe,
und nach seinem Tode wurde das Unternehmen von seinem Sohne
Philipp fortgesetzt, und 1820 beendigt.
Die Kirche ist eine Rotunde, zwar Nicht an Größe/ doch
an gefälliger Form sich auszeichnend. Den Hochaltar ziert das
Bild des heil. Kirchenpatronö Nicolaus, auch sind die Stellen
für die beyden Seitenaltäre bereits angezeiget. Der viereckigte
Thurm und die Kirchenkuppel sind mit gewalzten Zinkplatten
gedeckt, und letztere mit einem Wetterableiter versehen.
Das Innere der Kirche ist grünlich bemahlen.
In den Pfarrbezirk von Jnzerstorf gehört die merkwürdige
Martersäule auf der Spitze des Wienerberges, Spinnerkreuz,
genannt, verschiedene Erklärungen, Sagen und Erzählungen
8o4
über ihren Ursprung sind in einer eigenen darüber geschriebenen
Abhandlung gesammelt. Die Erklärung, daß der Nahme eine
verdorbene Zusammenziehung aus »das Wienerkreuz« entstan-
den/ ist nicht unwahrscheinlich. Die Sage/ daß ein reicher Bürger
von Wien/ Nahmens Spinner/ oder seiner Profession ein
Gold- oder Silberspinner/ welcher an dieser Stelle von Räu-
bern ergriffen/ bis nach Neustadt geführt/ und dort außer der
Stadt von ihnen freygelassen worden/ der Erbauer dieser Säu-
le, so wie der außerhalb der Neustadt kleinern aber ähnlichen
gewesen sey, wird bis auf den heutigen Tag noch erzählet. Bey
ihrer Erbauung hat sie noch im Walde gestanden, der sich von
Schönbrunn bis gegen Simmering auf dem Bergrücken fort-
zog, und so zugleich zum Wegweiser der Hauptstraße nach Neu-
stadt gedient. Jetzt ist der Wald gänzlich abgeräumt, da er den
Reisenden öfters gefährlich geworden, indem er Räubern zum
Schlupfwinkel zu dienen geeignet war.
Wahrscheinlich entstand sie um das Jahr iSgb, als unter
Rudolph II. allenthalben auf den Straßen Kreuze und Säu-
len zur Vermehrung der Andacht errichtet wurden. Als zwey
Jahre später durch Schwarzenberg dieVestung Raab in kaisert.
Hände kam, wurde zur ewigen Dankbarkeit auch auf diese Säule
eine Platte gesetzet, an welcher folgende Inschrift zu lesen war:
Sag Gott dem Herrn Lob und Dank, daß Rab ist kommen
in Khristpn Hand 29. Martz i5g8. Als der 3ojährige Krieg
beendiget war, ließ Ferdinand auf die noch gut erhaltene Säule
noch folgende Worte hinzusetzen: Lob undPreiß und Dankdem
Friedensgott, der uns geführet hat aus Krieges Noth.. Nach
der Hand wurde diese Platte durch diebische Leute gestohlen, die
Säule aber durch Wind und Wetter gewaltig beschädigt, so
daß sie ihrem Verfalle nahe war; daher ließen selbe die N. Oest.
Landstände ausbessern und erneuern, so daß sie jetzt nicht nur
haltbar, sondern auch schön genannt werden kann.
In den Wiesen gegen Altmannstorf steht eine herrliche Sta-
tue des heil. Stephan, mit einem dem Verfalle nahen Brun-
nen, welcher der Sage nach mitten in einem Dorfe gestanden
haben soll, das durch die Feinde zu Grunde gegangen sey. Al-
lerdings gräbt man zuweilen an dieser Stelle Grundfesten aus,
3o 5
und Me Wiesen und Aecker dieser Gegend gehören noch gegen-
wärtig zum Burgfrieden von Steinhof. ,
?Luf dem Steinhofe stand ehedem eine eigene Capelle mit
einem Thürmchen, die aber durch eine Feuersbrunst vor weni-
gen Jahren zu Grunde ging und nicht mehr hergestellet wurde.
Zu Jnzerstorf befindet sich eine Cattunfabrik/ welche die
Frau v. Kielmannsegg zur Kirche vermachte, und die der je-
weilige Pfarrer zu verwalten hatte, sie wurde aber an den Mül-
lermeister des Ortes verkauft.
Der Freydhof ist gegenwärtig ganz mit Mauern umfangen,
und mit einem großen hölzernen Kreuze geziert, das der Wie-
nerbildhauer Schrott verfertigte.
Die Schule des Ortes wird von beynahe 200 Kindern be-
sucht, und auf dem Neusteinhofe, ehedem Rosadorf, von sei-
ner Erbauerin, der Fürstin Rosa Kinsky so genannt, sind 40
schulfähige Kinder.
Noch muß angemerket werden, daß sich im Brunnen des
Hauses Nr. 104, dessen Besitzer gegenwärtig Herr Baron Bley,
Adjutant Sr. kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Johann ist, eine
Mineralquelle befindet, die durch ihren Schwefel und Eisenge-
halt zu einem Gesundbade geeignet wäre.
XXX. Pfarre Simmering ').
'w'immcfing oder Simoning, ein Dorf mit 2i3 Hausern,
einer Seelenzahl von mehr als 2100 Bewohnern, und mit-ei-
ner alten dem heiligen Lorenz geweihten Pfarrkirche, unter
dem Patronate des Fürst-Erzbischöflichen Metropolitan-Capi-
tels zu Wien, liegt gleich außer der Sanct Marxer-Linie, eine
1) Aus der ungemein fleißig bearbeiteten Parochologie, welche der ehe-
mahlige Herr Ortspfarrer, Ignaz Bugl, verfaßte, und aus den
Acten der gedachten Pfarre im erzbischöflichen Consistorial - Archive
Lit. S. Nr. II., verglichen mit dem Pfarr-Protokolle des Herrn Pfarrers
von Simmering, Johann Jacob Trinkhaus, vom Jahre 1767,
und ergänzt durch die Beyträge des k. k. Hofkammer-Archives, und des
gegenwärtigen Herrn Pfarrers, Nikolaus Jvantschitsch, »8»7.
U
3o6
halbe Stunde von Wierr, zwischen Erdberg und dem Neuge-
bäude, zum Theile auf einer Anhöhe, über welche die Post-
straße nach Ungarn läuft, zum Theile aber in einem Thale, in
welchem einst die alte Donau von Erdberg her nach Eberstorf
floß, und wo sich noch gegenwärtig eine größten Theils sandige
Haide befindet, welche der L k. Artillerie zu einem Laborato-
rium für das im zunächst gelegenen Neugebäude befindliche
Pulver-Depot und zu ihren Kunstübungen verpachtet ist.
Der Hauptnahrungszweig der Bewohner besteht dermahl
im Gartenbau, wodurch den benachbarten Wienern ein Theil
der mannigfaltigsten Küchengewächse geliefert wird. Die übri-
gen hierher gehörigen Grundstücke aber sind Aecker und Wiesen.
Hier ist auch ein ansehnliches Brauhaus, eine Scheidewas-
ser- und chemische Producten-Fabrik, und eine andere Fabrik
von Gold- und Silberplattrrten und Bronce-Waaren. Auch be-
findet sich im Orte selbst, wozu stets das so genannte Neudörfel
gerechnet wird, eine hübsche Schule, und ein noch schönerer
Pfarrhos mit einem Stockwerke und einem kleinen Wirthschafts-
gebäude.
Die Entstehung des Ortes und seines Nahmens leitet man
urkundlich von einem alt-adelichen Geschlechte her, welches
sich einst S i m a n i n g e n oder S i m o n i n g e n geschrieben
hat, und seinen Edelsih atthier gehabt haben soll.
Aus ihnen schenkte schon im Jahre 1028 der edle Herr
G 0 t tschalch und seine Gemahlin Hali ka ihr Eigenthum
Simaningen, »in finibus orientalis regni« dem Kloster St.
Emmeran (zu Regensburg); und ein sicherer Heinrich von
Simmanningen kömmt schon im Jahre 1136 als Zeuge in
jener merkwürdigen Urkunde vor, durch welche der heil. Mark-
graf Leopold IV. alle Besitzungen des Stiftes Klosterneu-
burg bestätigte. Um die nahmliche^Zeit erscheinet auch in dem
Saalbuche des Stiftes ein Jsinrich v. Simmaningen.
(Max. Fischer.)
Im XIII. Jahrhunderte finden sich aus dem nähmlichen Ge-
schlechte , ein Rudolph v. Sim 0 ning — Albert v. Si-
mon i n g und H e r b 0 r d v. S y m 0 n i n g. Aus diesen lesen
wir im Jahre 1201 den ersten, als Zeugen in einem Schenkbriefe
3o7
des Herzogs Leopold VII. (oder des Glorreichen) an das Klo-
ster Admont rn Steyermark; den zweyten in einer Urkunde des
Schottenklosters zu Wien vom Jahre 1265 (ap. Bern. Petz.
Cod. dipl.P. I. col.317); den dritten endlich in einem Revers
Heinrichs v.Als, welchen dieser im Jahre 1279 dem Stifte
Klosterneuburg ausgestellt har. (Max. Fischer.)
Im Jahre »822 findet sich endlich noch ein Mitglied dieses
Geschlechtes, Nahmens Philipp v. Simonig oder S i-
m 0 ningen als Zeuge in einem Documente des Bürgerspi-
tal-Archives von Wien; denn auch' dieses hatte hier einige Be-
sitzungen. (Tab. hosp. civ. Yien.)
Mit dieser Ableitung des Nahmens Simmering, von dem
Geschlechte der Herren v. Simoning, stimmt auch die allge-
meine Volkssage überein, daß zwey Brüder, mit Nahmen Si-
moni, sich zuerst in dieser Gegend angesiedelt, die heut zu
Tage mit Nr. 64 und i36 bezeichneten Häuser in Simmering
erbauet, und so die Benennung und Entstehung des Ortes ver-
anlasset hätten.
Im XII. Jahrhunderte besaßen Simmering die Herren v.
Capellen, deren Geschlecht aber im Jahre 1408 ganz erlosch,
und deren Güter durch Heiräth an das Haus Lichten stein
kamen. (Panorama.)
In einer Klagschrift des XVI. Jahrhundertes wird der Vi-
cedom im Nahmen Sr. Majestät des Kaisers, »Inhaber der
Dorfobrigkeit von Simoning,« genannt, wiewohl aus andern
geschichtlichen Daten erhellet, daß noch viele andere Herrschaf-
ten Grundobrrgkeiten von Simmering waren, und Simme-
rings Bewohner, meistens Hauer und Weinzierl, erlf solchen
verschiedenen Herren einst unterworfen waren. Einige Grund-
stücke und Weingärten *) besaß auch im Jahre das Erzstift
Salzburg, das aber unter seinem Vorsteher Wolfgan.g Die-
trich v. Raitenau dieselben verkaufte, und wovon die neue
Gewähr in das kaiserliche Grundbuch geschrieben ward. Daß
überhaupt noch im Jahre i63i die ganze Gegend um Simme-
ring und Ebersdorf landesfürstlich gewesen seyn müsse, geht
r) Gegenwärtig wird fast gar kein Wein mehr gebauet.
U 2
3ö8
au$ zwey Gewöhren von Wiesen hervor, die Ln diesem Jahre
an das kaiserliche Grundbuch geschrieben wurden.
Helena v. Ursenböck war im Jahre i636 dre Besitze-
rin des Dorfes Simmering. Ihr folgte Maria Elisabe-
Lha v. Fels, geborne v. Scherfenberg, welche dann im
Jahre 1677 diesen Ort dem Jungfrauenkloster der ehrwürdi-
gen Himmelpfortnerinnen in Wien zum Geschenke gab.
Unter dieser Herrschaft brannten im Jahre 1786 durch eine
zufällige Feuersbrunst 63 kleinere und größere Hauser ab, und
die Unglücklichen bathen das kaiserl. Vicedomamt in einem Ge-
suche, worin Simmering ein Markt genannt wird, um drey
Freyjahre, indem noch im XVHX. Jahrhunderte Sr. Majestät
eigene Hofstätten, Grund- und Robothholden und Tag-
werk Wiesen angehörten»
Bey der im Jahre 1782 erfolgten Auflösung dieses Chor-
Frauenklosters ward das Dorf dem k. k. Religionsfonde über-
geben. und stehe hiermit unter der Verwaltung des k. k. Staats-
güter - Administrations- Grundbuchamtes in Wien»
Vpn der Ortsherrschaft war jedoch das Patronat über Kirche
und Pfarre schon von jeher getrennt; denn über diese, unter
die früheren Kirchen des Paffauisch-Wienerischen Pfarrspren-
gels Sr. Stephan gehörige Kirche, stand ursprünglich dasVer-
gebungsrecht dem letzteren zu. Dieses Recht wurde aber später-
hin an die Propstey, von dieser aber an das Bisthum Wien,
und endlich an das Dom-Capitel der nähnllichen Kirche verge-
ben. Uedrigens findet sich in allen betreffenden Documenten
keine einzige Spur, daß diese am Ende des Dorfes auf einer
kleinen Anhöhe liegende Kirche je eine Filiale von einer ande-
ren Pfarre gewesen wäre. Ein sicherer Beweis ihres Alterthums.
In dem frühesten bey der k. k. Hofbibliothek aufbewahrten
Pfarren-Verzeichniffe aus dem XV. Jahrhunderte kommt Sim-
mering bereits als eine Pfarre vor, welcher vom Jahre 1440
bis 1646 das ganze Erdber.g, und die weitere Gegend von Sanct
Marx, Rennweg und Landstraße untergeben waren. Auch ist
noch aus dieser letzten Zeit ein Verzeichniß der Communican-
ten vorhanden *).
0 In der von A. v. V. iöi3 herausgegebenen Geschichte der Porftädt'k
3o<)
Wahrend der öfteren Einfalle der feindlich hausenden Un-
garn und Türken in Oesterreich wurde Krrche und Dorf, we-
gen der Nahe der Residenzstadt Wien,, immer durch Verwü-
stung hart »litgenommen.
So ward dieser Ort im Jahre i/*85 bey dem Kriegs-
zuge des ungarischen Königes Mathias Corvinus, von
Eberstorf her bis auf die Anhöhe bey Sr. Marx gänzlich ver-
wüstet; und im Jahre 1529 durch den türkischen Sultan So-
le y man, der in Simmering und St. Marx sein Lager auf-
schlug, mit gleichem Elende heimgesucht. Im Jahre i683
that der türkische Großvezier, Kara M ust ap ha, das Nähm-
liche; und im Jahre *704 raubten und verwüsteten die unga-
rischen Rebellen, bis an die aufgeworfenen Gräben und Wälle
der Hauptstadt (bie heutigen Linien Wiens), in der ganzen hie-
sigen Gegend, beynahe Alles.
Kein Wunder ist es daher, daß in diesen Epochen der Lan-
desverwüstung die meisten Nachrichten über den Zustand der
Kirche zu Simmering verloren gegangen sind, und nur wenige
geretter wurden, die in den Pfarr-Visitations<Büchern vom
Jahre 1644 enthalten sind. Diesen Nachrichten zur Folge, be-
fand sich seit dem Jahre 1629 bey dreser baufälligen und öden
Kirche und in dem Pfarrhofe kein Pfarrer mehr, obgleich ein
solcher hierher gestiftet war; und nur ein Beneficiat aus Wien,
Hanns Mülbner, las an Sonn- und Feyertagen allhier
die heilige Messe.
i55v kommt Step Han Statzer, Beneficiat allhier zu
St. Michael vor. Walther führt endlichen seinen Consue-
tudinibus Austriae unter dem Jahre i558 einen sicheren I 0-
hann Kobel als Pfarrer zu Simmering an.
Nach den beyden ersteren Unfällen scheint sich die Kirche
wieder so ziemlich erhöhtet zu haben, weil ihr, wie es scheint,
ein ausgedehnterer Kirchsprengel zugetheilt wurde; denn es fin-
det sich im Wiener-Stadt-Archive eine Urkunde vom Jahre
Wiens wird ausdrücklich gesagt, daß die erst um das Zahr 'M6 nach
und nach mit Häusern besetzte Straße (Landstraße) von der Pfarrs
Simmering getrennt, und ihr dann von der Kirche St. Nicola auH
dem Stephans-Freydhofe ein Gaplan gesetzet worden sey.
31 o
»604 /vermöge welcher die Kirche zu Simmering mit jener zu
St. Marx vereiniget, und über beyde Thomas Nöge als
Pfarrer gesetzet war. 'Aus dieser Zeit, und zwar vom Jahre
1(48, ist etn Ausweis der Orts - Communicanten vorhanden,
woraus nur zu deutlich erhellet, daß über 3o Einwohner daselbst
die pflichtmäßige Oster-Communion vernachlässiget haben, und
also auch unter sie Luthers Lehre eingeschlichen war.
Bey der zweyten schon erwähnten Belagerung der Haupt-
stadt im Jahre »683 war das Dorf Simmering ein Opfer der
tollen grausamen Wuth des in die Flucht geschlagenen osmani-
schen Heeres, und nur die nacheilenden Rächer verhinderten die
Barbaren an der gänzlichen Verwüstung der Kirche *).
Daher kam denn auch der vertriebene Pfarrer, Conrad
Molitor, im Jahre »684 wieder zu seiner Kirche zurück, und
stellte durch die Unterstützung des hochwürdigsten Kirchen-Pa-
trons, dann des Himmelpfortenklosters als Herrschaft und an-
derer Gutthäter sein Gotteshaus, das aber bey dem letzteren
Emfalle alle seine Urkunden verloren hatte, wenigstens m Be-
zug aus das Nothwendigste alsobald her. Daher sprechen die
noch vorhandenen Kirchen-Rechnungen vom Jahre »6g» bis
»6s)3 von erheblichen Reparationen der Pfarrkirche.
Bey dieser Gelegenheit verdienet unter den größeren Wohl-
thätern der gedachten Kirche, I vHannes Qualterus Bür-
gießer, Dom Custos in Wien, eine vorzügliche Erwähnung,
indem er in seinem letzten Willen vom Jahre 1700 sein auf
9010 fl. anzuschlagendes Vermögen der Kirche zu Simmering
und dem jeweiligen Pfarrer zu seinem Unterhalte, unter der
einzigen Bedingniß hinterließ, daß das Patronats - Recht von
dem Ordinariate dem Domcapitel förmlich übertragen werde.
Die ganze Stiftung stellte er sodann unter die Aufsicht des neuen
Patrons, und behielt sich für sich selbst und seine Freundschaft
täglich eine heit. Messe bevor.
Trotz der erhaltenen Verbesserungen wurde aber die hie-
1) So meldet und zeigt der von dem Ingenieur Suttinger als Au-
genzeuge beschriebene Entsatz Wiens im Iahre »683 ; und der beyle-
gende Plan des Schlachtfeldes, herausgegeben auf Kosten der N. Oeft.
Herren Stände im Iahre 1688.
3ii
sige Pfarrkirche von Lag zu Tage schlechter und lebensgefähr-
licher. Man riß daher Lm Jahre 1746 die ganze Kirche bis
auf die Hauptmauern zusammen, und legte unter dem Pfar-
rer Johann Jacob Trinkhaus, noch im nähmlichen
Jahre, den Grundstein zu einem fast ganz neuen und merk-
lich größeren Gebäude, das dann im folgenden Jahre vollen-
det wurde. Die sämmtlichen Baukosten überstiegen die Summe
von 7700 fl., größten Theils von der Kirche bestritten, welche
deßwegen auch 3i Joch kirchlicher Aecker veräußern mußte.
Gleichwie nun auf diese Weise für die Kirche gesorgt war,
so sorgte späterhin, im Jahre 1768, Frau Maria Francis-
ca, Freyin v. Engelsh offen, aus angebornem Edelmuthe
auch für eine neue Pfarrwohnung, und bestimmte dazu, ver-
mög hinterlassenen Testamentes, ihre eigene Behausung, heut
zu Tage Nr. 4, welche etwa 100 Schritte von der Krrche ent-
legen war. Da aber der damahlige Pfarrer Trink Haus dem
ungeachtet seine alte Wohnung, Nr. 26, der neueren vorzog,
obschon sie beynahe in Mitte des Dorfes lag; so wurde dieses
ererbte Haus im Jahre 1764 dem Universal-Erben dieser gro-
ßen Wohlthäterin um i5on fl. verkauft, von dieser Summe
alsogleich 1000 fl. zur Reparation des alten Pfarrhofes ver-
wendet, und der Nest zu dessen künftiger Erhaltung angelegt.
Als jedoch Johann Georg Pachhoffer die Pfarre
antrat, so wünschte er, das einst Engelhoffische Haus, wegen
ferner näheren Lage an der Kirche, doch zu erhalten. Nach
hierzu empfangener Erlaubniß vertauschte dr also im Jahre
»^767, unbeschadet des zur Reparation anliegenden Geldes, den
alten Pfarrhof gegen dieses Gebäude, das noch gegenwärtig
das pfarrliche Wohnhaus ist.
Bis zum Jahre 1774 hatte die Pfarrkirche Simmerings
nebst andern Realitäten und liegenden Gründen auch die
Grundherrlichkeit über 19 hierortige Häuser und 140 Ueber-
ländgründe, unö die Pfründe das nähmliche Recht über 3 Häu-
ser, und 34 dergleichen Ueberländgründe. Beyde Herrlichkei-
ten wurden aber in diesem Jahre unter dem genannten Pfar-
rer um 7800 fl. an die damahlige Ortsherrschaft, Stift Him-
Metpforre, mit RegierungS - Bewilligung abgetreten, und der
3l2
Kirche nichts als die liegenden Gründe gelassen. Ein hefti-
ger Sturmwind, der Ln der Nacht des i« Octobers 1807 in den
meisten Gegenden Oesterreichs wüthete, richtete auch hier zu
Simmering die fürchterlichsten Verheerungen an Dächern, Ge-
bäuden und Bäumen an, verursachte vorzüglich großen Scha-
den an Kirche und Thurm, und veranlaßte späterhin bedeu-
tende Reparationen an beyden letztem.
Bevor aber diese unternommen wurden, besetzten im Jahre
1809 die französischen Truppen zum zweyten Mahl die Resi-
denz unsers Kaisers, und die ganze weite Umgegend derselben
wurde ihres MuthTvillens Schauplatz.
Aus dem Tagehuche des damahligen Herrn Pfarrers, Ignaz
B u g l, der während dieser Schreckenszeit mit seinem Cooperator
treu bey seiner'Gemeinde ausharrte, ergibt sich, daß nebst der
Plünderung des ganzen Ortes, auch der Kirche dabey nicht ver-
gessen ward ; denn mehr als 100 Mann brachen bey Fackelschein
wüthend Ln selbe ein, raubten und plünderten auch hier, und ent-
wendeten alle Prätiosen und Paramente, die nicht schon früher in
Wien verborgen waren. Selbst Altar und Heitigthum verschonten
sie nicht, sondern sprengten den Tabernakel gewaltsam auf, leer-
ten das Ciborium, zerstreueten die heiligen Hostien in der gan-
zen Kirche, und traten dieselben ohne Rücksicht in den Staub.
Nur mit Mühe konnten die beyden Pfarrgeistlichen des an-
dern Tages dieselben aufsammeln, und sie, in Ermanglung ei-
nes andern sicheren Ortes, im Kamine unter der Asche verwah-
ren. Mehrere Wochen mußte nun selbst der nothwendigste Got-
tesdienst unterbleiben; denn die Verwüstungen in der Kirche
dauerten fort, und die Gemeinde zerstreute sich in verschiedene
Kirchen der Stadt. Auch die Ruhe des Pfarrhofes wurde bald
gestöret, indem wüthende Soldaren, den Säbel in der Faust,
nur Gewalt eindrangen, die Sauvegarden desselben nicht achte-
ten, und so eine halbe Stunde ihr Unwesen forttrieben.
Eine der letzteren feindlichen Einquartierungen war eine Com-
pagnie Portugiesen, welche alle Sonn - und Festtage Kirchen-
parade hier hielt, und einen eigenen Feldcaplan, einen Welt-
priester aus Lissabon, Nahmens Philipp Braganza hatte,
der ihr jedes Mahl Messe las.
3i3
Erst in der Mitte des Octobers zog der Feind von hier weg;
die zerstreuten Gemeindeglieder kehrten wieder in ihre Woh-
nungen zurück, und der Gottesdienst, der seit dem Monathe
Juny nur immer in Girier stillen Messe bestand, konnte arn
r. November zum ersten Mahle wieder in der gehörigen Ord-
nung gefeyert werden.
Gleich im folgenden Jahre nach des Feindes Abzüge wur-
den alsobald die äußerst nöthigen Reparationen der Kirche
besorget, die Dachung derselben ausgebessert, der baufällige
Kirchenthurm abgetragen, und das Mauerwerk desselben mic
Ziegeln neu eingedeckt. Zugleich wurden auch in der Kirche
selbst bedeutende Verschönerungen bewerkstelliget, eine ganz
überflüssige Vorhalle niedergerissen, und das vormahlige Bild-
niß der Empfängnis Mariä von der Spitze des Thurmes her-
abgenommen, und durch ein so genanntes spanisches Kreuz
aus Messing ersetzet.
Der ganze Bau verursachte dem Gotteöhause einen Kosten-
aufwand von mehr als 6000 Gulden Banco-Zettel, und ward
vorzüglich durch die Thätigkeit des schon angegebenen Orts-
pfarrers herrlich ins Werk gesetzt.
Die Kirche ist nunmehr mit einer Mauer umgeben, welche
auch den Leichenhof einschließt. Sie ist im neueren Geschmacke,
in der Gestalt eines Kreuzes/ aus solidem Materiale erbauet,
und mit Ziegeln gedeckt. Ober dem Eingänge erhebt sich der
gemauerte viereckige Thurm zu einer Höhe von ungefähr 16
Klaftern, und ist nach französischer Form gleichfalls mit Zie-
geln gedeckt1).
Im Innern selbst hat die Kirche nebst dem Hochaltare auch
noch zwey Seitenaltäre und eine Tauf-Capelle. Der Hochal-
tar ist von Stein und in römischem Style; das Altarblatt, von
einer ziemlich geschickten Hand, stellt den heiligen Lauren-
tius in einer zahlreichen Versammlung des Volkes vor, als
0 Zwey Tabellen, welche der hochwürdige Herr Pfarrer Ignaz Bugl
seiner Parochologie vom Jahre *8i3 beyfügte, enthalten schön gezeich-
net und illuminirt, den Plan der Pfarre Simm'ering, und die Ab-
bildungen der Kirche (von zwey verschiedenen Seiten), des Pfarrhofes
und auch der Schule.
3i4
er eben zum Feuertode verurtheilt, und ganz entkleidet an den
Rost gebunden wird. Der Tahernakel ist von weißem, reinem,
polirtem Marmor mit goldenen Verzierungen, und wurde erst
im Jahr 1777 aufgestellte Die beyden Seitenaltäre sind ge-
mauert und marmorisirt; der erste rechts enthalt das Bild der
heiligen F r a n c i s c a R 0 m a n a; der zweyte jenes der heili-
gen Anna. In der so genannten Tauf-Capelle befindet sich
nebst dem Taufsteine auch ein kleiner Altar, gleichfalls der
heiligen Anna geweiht.
Dieß ist das gegenwärtige Aussehen der Kirche. Sie verdankt
vieles davon frommen Wohlthätern, und ihr gegenwärtiges
baares Vermögen von 7969 fl. Capitalien entstand theils durch
gottselige Vermächtnisse, theils durch die Stiftungen heiliger
Messen, zu denen allhier.42 edelmüthige Familien beytrugen.
Wir nennen aus diesen vielen nur den schon bekannten Herrn
Johann Qualterus Bürgießer, mit 90,0fl.
Mit der Kirche war schon in früheren Zeiten die Schule
verbunden, die damahls von einem Cantor oder Ludimagister
versehen wurde. Im Jahre 1794 wurde diese Trivialschule
ganz neu erbauet, wobey dann die Gemeinde die Bauführung
übernahm, die Herrschaft aber über 10^0fl., die beyden Mit-
besitzer, nähmlich das Bürgerspital und die Herrschaft Jnzers-
dorf über 70 fl., das Patronat endlich über 800 fl. beysteuerten.
Sie wurde damahls auf 200 Kinder eingerichtet, und wird ge-
genwärtig wirklich von »76 lehrfähigen Kindern besuchet.
XXX. Lachsenburg.
2achsenburg, vormahls Larendorf oder Lachsendorf, heut
zu Tage ein Markt, eine Poststation von Wien auf der
Straße nach Oedenburg entfernt, ist ein landesfürstliches Ei-
genthum mit einem herrlichen Schlosse und Garten, welches
zur Sommerszeit von dem allerhöchsten Hofstaate bewohnet und
besuchet wird. Der Ort hat eine Pfarrkirche zum heil. Kreuz,
zählt ohne den Hofgebäuden 93 Häuser und 762 Einwohner.
Die Lage des Schlosses und des Marktes ist in einer großen
Ebene, die rings von Ortschaften besetzt ist, und durch die Ge-
birgswa'sser, als die Putten, Schwachat, durchschnitten wird.
Diese Wasser, welche der Ebene wegen, oft Pfützen und Süm-
pfe veranlaßren, wozu besonders der Schloßgraben das Sei-
nige beytrug, machten die Gegend früher ungesund; doch jetzt
ist diesem Uebel abgeholfen, da das Bett der Putten regu«
lirt, und ein Theil der hiesigen Wässer in den Canal ge-
leitet wurde, der hier vorüber sich von Neustadt, nach Wien
ziehet.
Lachsendorf gehöret gewiß unter jene Orte des Landes, wel-
che bald nach der Besitznahme Oesterreichs durch die Babenberger
entstanden, und so dürfen wir sicher annehmen, daß es schon im
XII. Jahrhunderte vorhanden war. Bald zu Anfang des XIII.
Jahrhundertes lesen wir in Urkunden Männer, welche sich von
Lachsendorf nannten, und gewiß zu den Adeligen Oesterreichs
gehörten. Der erste, den wir von selben bisher kennen, ist Al-
brecht v. Lachsendorf, welcher bey einer für Herrn Ul-
rich v. Ca pell geleisteten Bürgschaft um das Jahr 1224 er-
scheint (Hoheneck III. 62.) Bald darauf 1281 erscheint B e r-
rhold v. Lachsindorf, in einer Klosterneuburger-Urkunde,
unter des Herzogs Ministerialen als Zeuge, da Friedrich der
Streitbare seine Einwilligung zu dem Kaufe des Dorfes Ko-
gelbrunn gab, welches das Stift von H e i n r i ch v 0 n M ö d l i n g
erstanden hatte (Max. Fischer. 2. ,88.). Gundold v. Lach-
se ndorf lesen wir als Zeugen 1268 in einer Zwettler-Urkunde
(Link annal. Claravall. I. 386), da Hertlin und seine Ehe-
wirthln Elleis mit ihren Kindern und Geschwistern über das Ei-
genthum eines Hofes zu Gundramsdorf zu Gunsten des Stif-
tes Zwettel sich verzichteten.
HeinrichStreunv. Schwarzenau und seine Kemah-
linAgnes, besaßen zu Lachsendorf einen Heustadel, und diesen
schenkten sie 1271 dem Stifte Lilienfeld (Hanthaler rec. dipl.
II. 25<)). Abt Gerung von Mölk überließ , 276 Otto von
B e r ch t 0 l d s d 0 r f, des Böhmenkönigs Kämmerer, einige Le-
hen in der Pfarre Medling, und unter den dabey aufgeführten
Zeugen erscheint Albe r t von Lassendorf, vermuthlich eine
von dem obigen Albert verschiedene Person (Hueber). Dieser Al-
bert besaß einen Wald in der Gegend von Burkersdorf, und ver-
3i6
kaufte selben 1284 Ortolph, dem Commenthur des deut-
schen Ordens.
Albero v. Pohlheim schrieb sich »288 v. Lachsen-
d 0 r f , und das folgende Jahr findet man P e r t 0 l d v. L a ch-
se n d orf. Ob diese genannten Männer Eigenthümer des Ortes
gewesen^ oder ob sie nur einzelne Theile desselben besessen, oder
wohl gar nur Bewohner Lachsendorfs gewesen, darüber man-
geln zu dieser Zeit noch vollgültige Gründe. In der ersten
Hälfte des XIV. Jahrhunderts erscheint Herzog Alb r echt II.,
der Lahme oder Weise genannt, als Eigenthümer Lachsendorfs,
und stiftete »338 zu der vermuthlich von ihm erbauten Schloß-
Capelle der heiligen Maria, am Thore neben dem Teiche gele-
gen, Dienste von Aeckern zu Niederleiß. Sein Sohn, Her-
zog Albrecht III., mit dem Zopfe genannt, erweiterte bald
nach dem preußischen Heerzuge »877 den alten Bau des Schlosses,
und zierte ihn mit den von dem Schlosse Kahlenberg hierher ge-
brachten marmornen Säulen, Statuen und künstlichen Stein-
und Erzarbeiten. Er bedachte die Capelle seines Varers reich-
lich mit Grunddiensten, Zehenten, Gründen, Bergrechten,
Aeckern und Wiesen, welche zu Medlmg, Berchtoldsdorf, Bie-
dermannsdorf, Achau, Neudorf, Brunn, Vösendorf, Jnzers-
dorf, Siebenhirten und Traiskirchen, gelegen waren. Ueber-
dieß verordnete er in seinem letzten Willen, d?.ß aus der Burg-
Capelle zu Wien alle seine Heiligthümer, Kleinodien und Mon-
stranzen dahin gebracht werden sollten. Albrecht starb am
29. August »3c)5 in seinem Schlosse Lachsenburg. Er hatte seine
eigenenSchloß-Capläne, von denen Albrecht »890 undJo-
h an n S re r ch n e r »898 bekannt sind. Die Sage erzählt auch,
Lachsenburg habe sammt Perchtholdsdorf zum Witthum seiner Ge-
mahlin B e a t r i p von Nürnberg gehöret, welche am letztern Orte
verstorben. Nach A l b r e ch t des IV. Tode, welcher »404 den
»4. September erfolgte, stritt die herzoglich steyerische mit der
österreichischen Stammlinie um den künftigen Besitz des besag-
ten Witthums, und Kaiser Sigmund entschied \l\\\ für
Herzog Albrecht V., den nachfolgenden Kaiser. Unter die-
sem Albrecht war der Pfarrer Philipp zugleich Schloß-
Caplan.
- 3iy
Die vielen Kriege mit Böhmen und Ungarn brachten 'Al-
brecht Y. in große Geldnoth/ und zwangen ihn, Lachsenburg,
Medling, Stahremberg und Wartenstein, an seine Vettern
Friedrich und Sieg mund, zu verpfänden, von welchem
Pfande aber Sigmund seinen Theil 144.5 ganz an Friedrich
abtrat (Schatzbuch. Gratz Nro. 2. Fol. 462. 466.) Friedrich
ließ während dieser Zeit die Jahreszahl 1440 mit den fünf Vo-
calen A E I O Y über das Schloßrhor setzen.
Während Friedrich in Rom war, bestätigte sein Bruder
Albrecht YI. am 19.Januar 1462 im Nahmen des Regen-
ten die Kirchenstiftung, und schon damahls gefiel ihm Lachsen-
burg, das er späterhin auch seinem Bruder abzudringen suchte.
Im Jahre 1461 stellte sich Albrecht, nicht genügsam mit
den Ländern, die ihm Friedrich abgetreten hatte, vor Lach-
senburg ins. Feld, und zog die Hülfstruppen an sich, die ihm
der hungarische Palatin, Michael Ursin, zugeschickt hatte,
um den Kaiser zu bekriegen. Der Kaiser suchte' seinen Bruder
zum allgemeinen Landfrieden zu bewegen, und die böhmischen
Gesandten vermittelten am 6. September einen Waffenstill-
stand. Albrecht zog sich nach Ebersdorf und Schwechat zurück,
Friedrich aber ließüm Schlosse Lachsenburg seinen Hauptmann,
Lorenz Khribitsch auch Tri st ram genannt, und ging
nach Wien, um den dortigen Aufstand zu dämpfen. Albrecht
folgte dem Kaiser nach Wien, wo er nun belagert wurde, und
sich gezwungen sah, Oesterreich mit dem Rücken anzusehen.
Unterdessen Lauerte eine auf Lachsenburg gierige Schaar um
Ebersdorf, Schwechat, Laa und Leopoldsdorf, und rückte end-
lich mit Kolben, Hacken, Spießen , Dreschflegeln re. bewaffn
net vor diesen Ort. Khribitsch brach mit seinen Reitern aus
dem Schlosse hervor, zersprengte das Gesindel, und behaup-
tete Friedrichen den Besitz des Schlosses. Khribitsch, ein treuer
'Anhänger des Kaisers, ließ sich von dem Friedrichen und Al-
brechten gleich meineidigen Wolfgang Holzer 1463 verlei-
ten, mit seinen Reitern in das aufrührische Wien zu ziehen,
wo er aber auf dem Hofe enthauptet wurde» Nun besetzte
Lachsenburg Johann v. R 0 h r b a ch mit seinen Räubern, die
von hier aus auch Leopoldsdorf einnahmen, und vielen Scha-
3i8
den anrichteten, biß sie Veitv. Ebersdorf und Hanns
v. Schrott daraus vertrieben.
Nach Albrechts VI. am 2. December 1463 erfolgtem
Tode trat Ruhe in Oesterreich ein, und so kam nun auch Lachsen-
burg wieder in Kaiser Friedrichs Hände, der es auch 14^0 besaß,
als sein Picedom, Conrad H olz (er, das Pfarr-Grundbuch
neu ordnete. Allein das war für jetzt vergebliche Arbeit, da M a U
thias C 0 rvinus Oesterreich ferndtich überzog, und in dieser
Hinsicht nichts bis zu dessen rm Jahre 1490 erfolgten Tode gesche-
hen konnte. Zu dieser Zeit scheint durch einen Diener Frie-
drichs die im Schloßhofe zu Lachsenburg sich befindliche Stein-
schrift aufgesetzt worden zu seyn: Friedericus tertiusRoma-
norum Imperator semper Augustus etc. A. D. Austrie
Stirie, Rarinthie et Carniole dux, Comesque Tirolis etc.
rerura irrecuperabilium summa felicitas est oblivio.
Als nach Matthias Tode der römische König M a x i m i l i a n
die hungarrsche Besatzung aus der Burg zu Wien verjagt harte,
nahm die Besatzung zu Lachsenburg heimlich ihren Abzug, und so
war Lachsenburg am 3i. Januar 1491. wieder in österreichischen
Handen, und wurde wieder der Obhuth des k. Vicedoms übergeben,
dessen erste Sorge war, das Schloß und die Kirche wieder her-
zustellen, worauf Kaiser Maximilian letztere mit einem
neuen Stiftbriefe beschenkte. Dieser ruhige Zustand dauerte aber
nicht lange, da Lachsenburg 1629 eine Beute der Türken wurde.
Zum Glücke scheint dieser Ort weniger als andere ihre Zerstö-
rungswuth empfunden zu haben, da nach der Aussage des
Pfarrers, G e 0 rg Fu ch s, und seines Schulmeisters vom Jahre
, 544 die Gebäude schon wieder hergestellet, und die Gründe
bebauet wurden. Den Landesfürsten aber erschöpften diese
traurigen Ereignisse, und das Schloß sammt der Herrschaft
wurde Wolf Sigmund, Freyherrn v. Auersperg, als
Darleiher und Pfandinhaber übergeben. Von dem Geschlechte
der Auersperge erkaufte Bruno v. Mannsfeld 1628 den
Pfandschllling, welcher nach zehn Jahren von Eleonore v.
Mantua, der zweyten Gemahlin Kaiser F e r d i n a n d s II. ein-
gelöset wurde. Sowohl von dieser Kaiserin Ele on 0 re, als
der Kaiserin Eleonore, dritten Gemahlin Kaiser Ferdi-
3i9
nands Hl. wurde Lachsenburg in ihrem Wittwenstande oft
bewohnt.
Zu dieser Zeit war daS Schloß Lachsenburg mit einem
Teiche und Mauern umgeben, und erne flache geschlagene
Brücke führte in dasselbe z links stand ein altes Gebäude, rechts
ein neues zugebauet, jedes ein Stockwerk hoch. Zwischen bey-
den stand ein alter Thurm, durch welchen die Einfahrt ging,
und auf welchem im dritten Geschoße eine hölzerne Gallerie
angebracht war. Im Hofe befand sich das neuere Ferdinandei-
sche Hauptgebäude mit zwey Thürmen. Rechts gegen den
Teich standen die Wirthschaftsgebäude, in deren Mitte ein
kleines Thürmlein befindlich war. Von diesem Thürmchen ging
ein gedeckter Gang über den Teich auf einem in demselben ste-
henden Steinpfeiler, auf dem ein Gloriett prangte. So war
dieses Schloß beschaffen (Fischer Topographie), als es sammt
dem Markte i683 durch die Türken gänzlich verwüstet und
abgebrannt wurde.
Oede und größten Theils eingestürzt, übernahm es nach
Eleonorens Tod iö8b Kaiser Leop old 1 , und begann 1698
den neuen Schloß und Kirchegbau, wozu ihm die Ni° Oest.
Stände xoooo fl. überreichten. Am n.Junius d.Z. wurde
durch den Kaiser der Grundstein zur Marktkirche gelegt, und
da der Bau derselben vollendet war, durch den Wiener-Bi-
schof Ernst, Graf v. Trautson, zu Ehren des heiligen
Kreuzes geweiht. Der Pfarrer, Joseph Haller, über-
nahm zugleich die Verbindlichkeit, wöchentlich zwey Messen
in der Schloß-Capelle zu lesen.
Unterdessen wurde die Wiederherstellung des Schlosses und
die Verzierung des Gartens fleißig betrieben, und von der
Linie Wiens bis nach Lachsenburg eine Allee angelegt. Leopolds
Sohn, Joseph I., setzte das Werk seines Vaters fort, und
sein Bruder und Nachfolger Carl VI. bewohnte Lachsenburg
zur Frühlingszeit. Hier arbeitete er an dem Plane einer festen
Erbfolge in seiner Monarchie, und nachdem selbe »724 von
den Mächten Europens garantirt ward, unterzeichnete er hier
am »4. Aprill 1726 den Frieden und die Abtretung Spaniens.
Lachsenburg wurde immer verschönert, und Kuchelbecker
320
erwähnt desselben in seiner Beschreibung des kaiserl. Hofes mir
folgenden Worten:
Laxenburgo non c Castello,
Laxjgnburgo non e Citta,
IVla e im luogo bello,
Clie piace a Sua Maestä.
Der Pfarrer hatte seine Wohnung bisher in einem Bauern-
hause. Cardinal Kollonitsch erbaute aber 1760einen Pfarr-
Hof, was vielleicht die Vermuthung herbeyführen dürfte, daß
die Schloß-Capelle bis auf Kaiser Leopold zugleich zur Pfarr-
kirche diente, und der Pfarrer, zugleich Schloß-Caplan, seine
Wohnung im Schlosse gehabt habe.
Die Kaiserin Maria Theresia kaufte dann 1764 von dem
Feldmarschall Grafen v.D a un den blauen Hof, baute auf des^
sen Stelle ein ganz neues Schloß, ließ das alte erweitern/ den
Grabenausschütten, und das vorhin erwähnte Gloriett auf dem
Steinpfeiler sammt demselben wegräumen. Auch baute diese
unvergeßliche Monarchin das neue "schöne Schuthaus, und
brachte durch ihren öftern Aufenthalt in diesem Schlosse den
Markt in immer bessere Aufnahme, so daß sich jährlich die schö-
nen Gebäude in selbem vermehrten. Kaiser Joseph LI. lebte
besonders gerne zu Lachsenburg, und ließ daher den Garten er-
weitern und das Schloß noch mehr verschönern. Was unter
Franz, dem gegenwärtigen glorreichen Regenren, fürLachsen-
burg geschehen, das läßt sich nur in einem eigenen Werke beschrei-
ben. Hier kann nur angedeutet werden, in wie vielen Stücken
dieses Lustschloß an Verzierungen und Erweiterungen gewon-
nen habe. Zur ausführlicheren Kenntniß dient unter andern
das Pan 0 rama v 0 n Wiens Umgebunge n. Wien 1807,
S. 143—i63. Der ohnehin große Garten wurde beträchtlich
erweitert, auf englische Art zugerichtet, und alle Aussichtspuncte
durch Alleen und Durchschlage so benützt, daß kein schöner Punct
der Gegend für die Aussicht vorn Garten vergessen wurde. Ein
Ritterschloß im Geschmacke des Mittelalters in beträchtlicher
Größe, befindet sich auf der Insel des seegleichen Teiches, in
dem die Ueberbleibsel der Ritter-Jahrhunderte aus ganz Oester-
reich gesammelt, in ein Ganzes vereiniget zu sehen sind.
321
So ist die marmorsteinerne Capelle des heit. Johann des
Läufers von Klosterneuburg hierher gebracht, und zur Schloß.
Capelle, zum Saale und einigen andern Gemächern verwendet
worden; der wundersame Tabernackel, vielleicht ein Steinguß,
ist von Zwettel, und eben von dorther die Oberdecke des Saa-
les, mit Thüren, Figuren u.s. w. Der Tempel der Eintracht,'das
Fischerdörfchen, die Einsiedeley, die Rittergruft, der Meierhof,
die Ruinen Habsburgs, die vielen, den Garten durchschneiden-
den, selbst schiffbaren Canäle, sind eines kaiserlichen Lustschlos-
ses würdige Schönheiten. Diese Verschönerungen werden noch
immer fortgesetzt, und beweisen, daß Laxenburg sich immer noch
der Vorliebe seines Monarchen zu erfreuen hat.
Bey den letzten beyden französischen Invasionen litt Laxen-
burg weniger als andereOrte in der Umgegend, da die alsogleich
dahin geschickte Sicherheitswache den möglichen Excessen vor-
beugte. Ein unglücklicherer Tag für Laxenburg war aber der
7. Äprill 1818, an welchem der Ort in große Feuersnoth ge-
rierh; denn von den Hofgebäuden wurde die Gärtnerswohnung,
die Glashäuser, das Holz- und Baumaterialien-Magazin, und
vom Markte 19 und ein halbes Haus ein Raub der Flammen.
Die Kirche kam dabey in die größte Gefahr, dg das Feuer die
kaiserl. Oratorien ergriff und selbe ausbrannte. Durch viele
Anstrengung wurden die Flammen vom Innern der Kirche, in
welche sie schon hineinschlugen, abgetrieben. Der Rauch be-
schmutzte und beschädigte aber die Wände und Altarblätter, die
Se. Majestät mit großem Kostenaufwande wieder herstellen,
und zugleich auch den Thurm von Außen übertünchen ließen.
Für die Verunglückten spendete der gütige Monarch aus seiner
Privat-Caffe 20,000 fl., wodurch sie in Stand gesetzt wurden,
ihre Häuser wieder aufzubauen und den unglücklichen Tag zu
vergessen. Auch 1820 mußte der Markt ein ähnliches Unglück
befürchten, da das große für die Wittwen gewidmete Hofge-
bäude, welches an den Markt stößt, vollends eingeäschert wurde.
Laxendorf war anfänglich eine Filiale der Pfarre Medling,
und scheint erst eine Kirche erhalten zu haben, als Herzog
Albrecht II. jene der heiligen Maria erbaute. Ob und wann
im Orte eine eigene Pfarrkirche erbauet wurde, können wir
X
322
noch nicht sagen, und vermuthen daher, daß Albrecht HL, wel-
cher i388 dem Orte die Marktgerechtigkeitund fürstliche Freyung
verlieh , seiner Kirche am Schlosse die pfarrlichen Rechte werde
erworben haben. Ob die oben genannten bey den Jahren 1890
und i3()3 vorkommenden beyden Schloß-Capelläne Alber und
Johann Sterchner eben so zugleich Pfarrer waren, wie
Philipp 1411, ist gleichfalls nicht zu entscheiden. Unter den
vielen bekannten Pfarrern Lapenburgs verdient besondere Er-
wähnung Johann Baptist Mayr, ein Tyroler, anfangs
Lehrer der Edelknaben bey dem Erzherzoge Sigismund, dann
Priester und Hof-Caplan, Almosenier und Edelknaben-Hofmeister
bey der Kaiserin Eleonora, der Wittwe Ferdinands HL,
dann Pfarrer.zu Laxenburg, 1673 Domherr, 1675 Domde-
chant, 1676 Generalvicar und Official, 1684. Dompropst zu
Wien. Er starb 1699*
Die heutige schöne Pfarrkirche, welche, wie schon gesagt,
Kaiser Leopold I. 1698 zu bauen anfing, ist im schönen
Style gebaut, groß, hoch und licht. Am Portal steht ein zier-
licher mit einer kupfernen Kuppel versehener Thurm, in dem
sich ein starkes Geläute sammt einer Uhr befindet. Der Hoch-
altar zu Ehren des heil. Kreuzes hat statt des Bildes ein aus
Holz geschnitztes vergoldetes Crucifix. Die beyden Seitenaltäre
haben in ihren Blättern auf der Evangelienseite die Geburt
Christi, gegen über die seligste Jungfrau Maria. Die Schloß-
Capelle hat im Hauptaltare die Geburt Jesu, am Seitenaltare
die Begebenheit zu Ernaus. In der Capelle des RitterschlosseS
ist kein 'Altarblatt, statt dessen ist über dem Tabernacket, in wel-
chem der Heiland mit seinen Jüngern beym Ostermahle versam-
melt, in Stein herrlich vorgestellt ist, die unbefleckte Empfäng-
niß gleichfalls aus Stein gehauen, aufgestellt.
Die Dotation der Pfarre besteht gegenwärtig in einer Wal-
dung, einem Zehent, Grundbuche und einem Aequivalent für
die schon früher an den allerhöchsten Hof abgegebenen Wiesen
und Aecker, in Stiftungen, deren Capital sich auf 7000 fl. be^
läuft, und der Stola. Für den Cooperator bezieht der Pfarrer
aus den herrschaftlichen Renten 100 fl.
328
Der Schullehrer erhält vom Pfarrer jährlich so fl. und eine
Klafter Holz.
Ehemahls stand der Freydhof zu Anfang der Allee nahe am
Orte, und mußte also 1786 von da entfernt werden. Die Frauen-
Capelle, welche auf demselben stand, und deren Ursprung unbe-
kannt ist, wurde abgebrochen, und das Materiale derselben zur
Erbauung eines Hauses verwendet. Auf dem gegenwärtigen
Friedhofe sind keine bemerkenswerthen Grabmähler, in der
Kirche aber findet sich gar keines derselben.
Berichtigungen»
«Seife 25, Zeile 4, statt den Weinzeheni, lies einen Weinzehenf.
--- 25, Note i) füge hinzu, S.Hueber^ust. ex ar<Llr. Mellic.
illustr. p. 6.
— 36, Zeile 12 und 13, statt die Urkunde — in welchen, lies
die Urkunde des Bischofs Ulrich von Passau vom Jahre
1120, in welcher über ein Zehentrausch die Worte vor-
kommen.
— 36, Note 2), statt noch ungedruckt im Archive des Stiftes Melk,
lies Hueber l.c. p.6*
— Z7, Note 1), statt nach einer ungedruckten Urkunde u. s. w»
lies S. Hueber 1. e.
— Anstatt Molk, lies Melk»
HiefzinC/
Schöiib^tm.
^Favorit™
Tazteind
J
Jiichetöertjs.
Simwieijmcr
.-- cyHmt: S
lYotfst/rctj
§diwa ditf
Sreifenfurf
(ochrolherdt
Rannersdor.
IB ertlio.
lersdorr
. aHenl “ilKf?1> en.
^Linden
jCichfansiein
Ueuweg
\Wildeck
Hblzhack: H. j
c7aRctnnesi>'lein
in der UrdKl
seudorf
Kalender^
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