Historische und topographische
Darstellung»»»Klosterneuburg
UNd
seiner Umgegend
dießseits der Donau,
mit
besonderer Rücksicht
auf
Pfarren, Stifte, Klöster,
milde
Stiftungen und Denkmähler.
Herausgegeben
von
einigen Freunden der Geschichte.
Mit zwey Abbildungen»
Wien 18 24.
In Commission bey Anton Doll.
Mit zwey Abbildungen,
Historische und topographische
Darstellung
der
Pfarren, Stifte, Klöster,
milden
Stiftungen und Denkmähler
E r z h e r z o g t h u m e Oesterreich.
Herausgegeben
von
einigen Freunden der Geschichte.
E r st e r B a u d.
Klosterneuburg mit seiner Umgegend dießseits der Donau,
oder:
des Decanates von Klosterneuburg der-Wiener-Diöcese _
Erste Abtheilung.
‘ V d
Wien 1824.
In Commission bey Anton Doll.
Seiner fürstlichen Gnaden
dem Hochwürdigsten Hochgebornech Herrn Herrn
Sigismund
aus dem Hause der Grafen von Hohenwart in
Gewachstem,
Fürst-Erzbischofe zu Wien,
Magnaten in Ungarn, Großkreutz und Prälaten des österrei-
chischen kaiserlichen LeopoldoroenS.
Seiner bischöflichen Gnaden
dem Hochwürdigsten Herrn Herrn
Joh. Nep. Rttter von Dankesreiter,
Sr. k. k. apostol. Majestät wirkl. Hofcathe,
Bischöfe zu St. Pölten.
Seiner bischöflichen Gnaden
dem Hochwürdigsten Herrn Herrn
Sigismund von Hohenwart
Bischöfe zu Linz,
Domherrn von Gurk und des hohen LeopoldordenS
Commandeur
und
dem übrigen ehrwürdigen Clerus Österreichs.
Welche Nahmen, als gerade die Ihrigen, Hoch-
würdigste Hirten unserer Kirche, und Ehrwürdige
Diener derReligion! verdienten es, an der Spitze
eines Werkes zu stehen, das jetzt unter ihren Au-
spicien beginnt! Sie haben uns ja durch Ihre Un-
terstützung und Beyträge in die Lage gesetzet, wel-
che uns ein Unternehmen möglich macht, das
ohne Ihre thätige Mitwirkung nie zu Stande
kommen würde.
Aber noch ein anderer Grund ermuntert uns,
Ihnen ein Werk zuzueignen, auf welches Sie ei-
nen so großen Anspruch haben. Sie sind es, die
in den Kirchen , welche wir beschreiben, die Ehre
des Allmächtigen befördern, und daselbst große
unaussprechliche Geheimnisse seyern. In diesen hei-
ligen Hallen ertönet Ihre Stimme, bald das Mort
der Versöhnung und Gnade zu verkünden, bald
die Gerichte des Herrn anzudrohen, nun zu trösten
und aufzurichten, dann wieder zu bitten und zu er-
mahnen. Quam speciosi pedes evangeJizantium pa-
cem, evangelizantium bona ! Born, X. i5.
Die guten Menschen finden sich zwar überall,
aber vorzüglich in der Kirche Jesu, und es muß
Ihnen, verehrungswürdige Arbeiter in dem Wein-
berge des Herrn! zu einem ganz besonderen Troste
in so mancher heißen Stunde Ihres Berufes die-
nen, wenn Sie Sich in der Gesellschaft oder wenig-
stens als Nachfolger so vieler erblicken, die jenes
Land, an dessen religiöser Bildung Sie nun fort-
arbeiten, schon ehedem mit Ihrem Schweiße, und
wohl auch mit Ihrem Blute befeuchtet haben.
Die mühevolle Verwaltung Ihres heiligen
Amtes, und das daraus hervorgehende große Ver-
dienst ums Vaterland wie billig erwägend, glaubten
wir daher unseren herzlichen Dank und unsere schul-
dige Hochachtung gegen Sie nicht besser an den
Tag legen zu können, als wenn wir Ihnen ein
Werk zueignen, das voll gutmüthiger Bereitwil-
ligkeit den heimathlichen Schauplatz Ihres wohl-
thätigen Berufes in seinem Beginnen und Fort-
schreiten darstellet.
Empfangen Sie daher, Hochwürdigste und
Hochwürdige Herren! diese ehrfurchtsvolle Aner-
kennung Ihrer Verdienste mit ermunternder Huld
und Gewogenheit von den
untertänigsten
Verfassern und Herausgebern.
D - »
Decanates Klosterneuburg
Erste Hälfte.
V o r r e d e.
Einer meiner theuersten Wünsche geht endlich in Erfül-
lung. Seit geraumer Zeit trug ich mich mit dem Gedanken,
eine kirchliche Topographie Österreichs liefern zu können.
Unentwickelt lag anfänglich , wie alles in der Welt, auch
Liese Idee in meiner Seele; — Zeit, Nachdenken und
Mittheilung brachten sie zur Reife. Ich überdachte die
Wichtigkeit meines Unternehmens, den Umfang desselben
und die mir entgegenstehenden Hindernisse; bis endlich nach
manchem Kampfe mein Vorsatz alle Schwierigkeiten besieg-
te. Der erste, dem ich meine Zdeen mittheilte, war Herr
AloyS Edler von Bergen stamm, nied. österr.
ständischer Secretäc, dessen Kenntnisse in der österreichi-
schen Geschichte mir durch seine vielen Schriften und reich-
haltigen Sammlungen gerade über diesen Gegenstand be-
reits bekannt waren. Dieser würdige Mann, den mein
Vorhaben mit wahrer Freude erfüllte, both sich selbst
zum Mitarbeiter an, und machte mich sogleich mit zwey
patriotischgesinnten Männern bekannt, welche meinem
Unternehmen großen Vorschub thaten. Der eine ist Herr
Joseph Freyherr vonHeinke, kaiserl. königl. wirklicher
Rcgierungsralh und österreichischer Lehenpropft. Durch
seine gütige Erlaubniß, wofür ihm den herzlichsten
Dank zu sagen mich das rege Pflichtgefühl antreibt, kann
ich jetzr von den äußerst wichtigen Visitation^ Protokollen
der -Stifter, Klöster und Pfarrkirchen (verfaßt um das Jahr
und rotir) vollen Gebrauch machen, und es stehen
mir noch überdieß 6t große Faszikel im Mänuscripte über v
B
Österreich- Bisthümer, Propsteyen, Stifter und Klöster,
nebst beynahe eben so vielen über landesfürstliche Pfarren
zu Geboche. Der andere Gelehrte ist Herr Hieronymus
Alram, aus dem Premonstratcnser- Stifte zu Geras,
ehedem Stiftsbibliochekar und gegenwärtig Pfarrer zu Blu-
mau. Er hat nicht nur die Geschichte seines Stiftes und
jene von Pernegg und St. Bernhard ausgearbeitet, sondern
viel früher als ich, die nähmliche Idee bereits zu realisircn
angefangen. Allein, Schwierigkeiten ohne Zahl, unter
welchen Mangel an literarischer Verbindung und Unter-
stützung wohl obenanstehen dürften, hinderten ihn an der
Ausführung seines patriotischen Vorhabens. Mit einer bey-
spiellosen Resignation übermachte er mir auf die erste Nach-
richt von meinem Unternehmen Alles, was er Geschicht-
liches von Pfarren aus seiner sowohl als aus unserer Diö-
cese aufgezeichnet hatte, und kündigte sich mir als einen
meiner thätigsten Mitarbeiter an.
Inzwischen führten mich glückliche Ereignisse an die west-
liche und südliche Gränze von Österreich; nach Braunau
und Schottwien. Ich benützte die kostbaren Augenblicke,
welche mir diese erwünschte Gelegenheit an die Hand gab,
mehrere sehr achtungswerthe Geistliche unseres Vaterlandes
kennen zu lernen, denen ich alsogleich meine Ideen und
Wünsche entdeckte. Es bedurfte nur solcher mündlicher Er»
öffnungen, um eine allgemeine Theilnahme für dieses va»
terländische Unternehmen zu erwecken. Sie versprachen
mir literarische Beyträge zu liefern, und ich erfahre es
durch die einlaufenden Arbeiten, mit welcher Thätigkeit
sie dieses Werk unterstützen.
Da sich mir so schöne Aussichten eröffneten, so ließ
mich nichts mehr an dem glücklichen Erfolge meines Un-
ternehmens zweifeln. Zcb wendete mich zu gleicher Zeit an
die hochwükdigsten drey Ordinariate Österreichs^ um ein
HI
Umlaufschceiben zu bewirken, das zum Zwecke hatte, die
hochwürdigen Herrn Pfarrer, ohne deren Mitwirkung solch
ein wichtiges Werk nicht zu Stande kommen kann, zur
Bearbeitung kleiner Pfarrbeschreibungen einzuladen. In
dieser Absicht legte ich ein gedrucktes Schema vor, in wel-
chem die Hauptmomentc enthalten waren, aufwelche bey
dieser Arbeit vorzügliche Rücksicht genommen werden soll-
te. Ich bath nicht vergebens, denn die häufig einlaufen-
den Pfarrbeschreibungen beweisen mir hinlänglich, wie
gerne man mir zu willfahren trachtet. Mein heißester
Dank sey hier den drey hochwürdigsten Consistorien von
Österreich dargebracht für die Bereitwilligkeit und Thätig-
keit, mit welcher insbesondere die hochwürdigen Herren
Kanzler derselben, Herr Augustin Turzan, Ehren-
Domherr und erzbischöflicher Consistorialrath in Wien, die
chochwürdigen Herrn Anton Buchmayr undBartho-
lomäusEhrlicher, Consistorialräthevon St. Pölten,
endlich der hochwürdige Herr Ehren-Domherr, Johann
Schwerdling in Linz, die gute Sache bisher unter-
^iützten. Seine hochfürstliche Gnaden, unser hochwürdig,
sier Herr Erzbischof haben ganz im Geiste ihres großen Vor-
fahrers *) bereits im Jahre 1811 dem Clerus dieserErz-
diöcese eröffnet, wie sehr Sie wünschten, daß in jeder Pfarre
eine ordentlich bearbeitete Geschichte derselben vorhanden seyn
möchte. Und diesem höheren Winke haben wir in der That
mehrere wohlgerathcne Pfarrbeschreibungen zu verdanken,
*) Seine fürstliche Eminenz der höchstselige Cardinal und Erzbi-
schof von Wien, GrafMigazzi, hat im Jahr in der gan-
ze» Erzdiöcese befohlen, daß in jeder Pfarre ein Gedenkbuch
errichtet werde, welches die Geschichte der Pfarre, die Rech-
te und Verbindlichkeiten der Pfarrer, die geistlichen und weit,
lichen Verordnungen u. s. w. enthalte. Dieser schönen Ver-
ordnung haben wir so manches gut geschriebene Gedenkbuch
zu verdanken, das wir für unser Werk benützen.
iv
von welchen in der Folge die Rede seyn wird. Ja, Seine
fürstliche Gnaden haben mir sogar die besondere, wirklich
unschätzbare Erlaubniß ertheilet, das Consistorial Archiv zu
benützen, welches ohne allen Vergleich die reichhaltigste
Quelle für die Pfarrbeschreibungen enthält. Eine eben ss
ergiebige Ausbeute liefert das daran stoßende Paffauer-
Archiv, welches nebst vielen Protokollen auch die Faszikel
von allen Pfarren in ganz Unterösterreich in sich schließt,
wie sie bis 1787 unter der Diöcese von Passau standen,
in welchem Jahre sie auf Befehl Kaiser Joseph H. vollkom-
men abgetreten, und mit allen schriftlichen Acten überge-
ben wurden.
Zu gleicher Zeit habe ich mich auch an die löblichen
Stifte und Klöster in Österreich gewendet, um von ihnen
die Geschichte ihres Stiftes oder Klosterö und der von ih-
nen abhängigen Pfarren zu erhalten- Ich glaubte, daß
Niemand so tauglich sey, uns hierüber etwas Entsprechen-
des zu liefern, wie sie selbst. Mit vieler Bereitwilligkeit und
mit wahrem patriotischen Sinne gewährten mir die hoch-
würdigen Herren Prälaten meine Bitte. Mögen Sie
meinen verbindlichsten Dank mit ihrer gewohnten Güte
annehmen! — Nun hat die Geschichte eines jeden Stif-
tes seinen Bearbeiter, und die Nahmen ihrer Verfasser
werden zu seiner Zeit dieses Werk zieren. Ich kann mich
aber nicht enthalten, hier der hochwürdigen Herren U d a l-
rik H artenschncider, aus dem Stifte Kremsmün-
ster, und Franz Kurz, aus dem regulirten Chorherren-
stifte von St. Florian, dieses um Österreichs Geschichte so
verdienten Schriftstellers vorzüglich zu erwähnen. Jener be-
arbeitet die Geschichte seines Stiftes sammt allen von den-
selben abhängenden Pfarren; dieser hat mir nichtnur wich-
tige Ausschlüsse und Winke dieses Werk betreffend gege-
ben , sondern seine Billigung und Theilnahme dadurch be-
wiesen, daß er nM der Beschreibung seines Stiftes und
der von demselben abhängigen Pfarren eine Total-Revi-
sion der Pfarrberichte des Enser-Decanates, und des gan-
zen ihm besonders bekannten Mühlviertels übernommen
hat. Seiner thätigen Unterstützung versicherte mich auch
der hochwürdige Herr Johann Fräst, aus dem Cister-
zienser - Stifte von Zwettl, auch ein patriotischer Liebhaber
unserer vaterländischen Geschichte. Er hat ein großes Stück
Arbeit übernommen; denn wir werden von ihm die Be-
schreibung seines StisteS, und aller Pfarren, die davon
abhängen, sammt jener der Decanate Gerungs und Weitra
lesen. Welch ein schätzbarer Gewinn für ein Werk, das der
geschickten und sieißigen Arbeiter nicht genug zählen kann!
An diese würdigen Männer schloffen sich bisher noch
folgende an: HerrVincenz Eduard Milde, Dom-
herr und Dechant von Krems, mein vieljährigcr Freund,
übernahm die überaus wichtige Beschreibung von dieser
Stadt und des ganzen Decanates. Herr Baron von H o r-
mayr, Hofrath und kaiserl. österr. Historiograph, hat
nicht so bald von meinem Unternehmen gehört, als er mich
auch schon seines literarischen Beystandes versicherte. Er
arbeitet an den Decanaten St. Pölten und Neustadt. Der
emeritirte Professor der Geschichte, Herr Regierungsrach
Wilhelm Riedler, hat das wichtige und schwierige
Decanat Haimburg übernommen. Diese Gelehrten sind
meinen Lesern zu bekannt, als daß sie sich von ihnen nicht
etwas Vorzügliches versprechen dürsten. Herr M. A. Ei ß l,
fürstlich Prosper Sinzendorsischer Ökonomie - Dirertor zu.
Ernstbrunn, welcher sich durch mehrere historische Aufsätze
bereits rühmlichst ausgezeichnet hat, gehört unter die thä-
tigsten Beförderer dieses Werkes. Er versprach die Bear.
bcitung dreyer Decanate im B. U. M. B. Herr Ma-
ximilian Fischer, regulirter latcranischer Chorherr von
VI
Klosterneuburg, der Verfasser der so schätzenswerten Ge-
schichte seines Stiftes, hat sich zu meiner nicht geringen
Freude auch als ei-nen Mitarbeiter angekündigt. Er wird
unter andern das Decanatder oberen Schmida liefern. Un-
ser verehrungswürdiger Herr Greg. Ziegler, Doctoc
der Theologie und Professor der Dogmatik an der hiesigen
Universität, welcher durch mehrere Jahre in Linz das theo-
logische Lehramt begleitete, wird gleichfalls mehrere topo-
graphische Arbeiten aus dieser Umgegend, da sie ihm so be-
kannt ist, übernehmen. Herr Joseph Weisbacher,
Eonsistorialrath, Dechant und Pfarrer zu Peuerbach, beehr-
te mich mit der unvergleichlichen Beschreibung seines gan-
zen Decanates, und ich darf hoffen , aus der Feder die-
ses geschickten Mannes auch das Dexanat von Altmün-
ster zu erhalten. Erst kürzlich ward ich angenehm überrascht,
als sich der hochwürdige Herr Franz Ertl, Dompropst von
Linz, überzeugt von der Wichtigkeit dieses Unternehmens,
von dem Wunsche beseelt zeigte, es nach Kräften zu
befördern , und mir mit dem freundschaftlichen Verspre-
chen entgegen kam, die Revision aller Secularpfarren sei-
ner Diöcese zu übernehmen. Auf gleiche Weise hat die
Gesellschaft meiner Herren Mitarbeiter erst neuerlich an
zwey geschickten Priestern der Metropolitankirche, an den
hochwürdigcn Herrn JosephAdler, Eooperator und
Prediger daselbst, und an Herrn Ignaz Rein Har-
rer, Katecheten bey St. Anna, einen neuen Zuwachs er-
halten. Jener übernahm nebst der Bearbeitung des De-
kanates an der March , die mir bereits unmögliche Cor-
rectur des Druckes, jener die Sammlung und Ordnung
archivalischer Manuscripte. Ich schließe einstweilen die Rei-
he dieser verdienstvollen Männer mit Herrn Megerlc
von Mühlfeld, Direktor des k. k. Hofkammer-Archives,
der, ich kann wohl sagen, mein Unternehmen krönte.
Ich wußte, daß der reiche Manuscripten-Schatz dieses Ar-
chiveö eine glückliche Ausbeute für die Geschichte aller der-
jenigen Pfarren geben müßte, die mit dem Staate in ir-
gend einer Verbindung waren und noch sind. Ich trug
demnach in Vereinigung mit Bergenstamm unsere gemein-
scbaftliche Bitte, dieses Archiv benützen zu dürfen, Sei-
ner Excellenz dem Herrn Präsidenten der k. k. Hofkammer,
Grafen von Chorinsky,k. k. geheimen Rath, Kämme-
rer , und Mitglieds der k. k. Landwirthschafts- Gesellschaft
in Wien, diesem großen Verehrer der Künste und Wis-
senschaften , vor, und unsere Bitte wurde uns nicht nur
unter sehr gnädigen Ausdrücken gewähret, wofür wir den
schuldigsten Dank hiermit gebührend abzustatten uns für
verpflichtet halten, sondern wir erhielten auch an dem erst-
genannten Herrn Director einen sehr thätigen Theilnehmer
und Beförderer unseres Unternehmens, indem er von je-
dem Artikel die im Archive vorfindigcn historischen Daten
sammelt, und uns auf das freundschaftlichste mittheilet.
Wir werden sie immermit der Parenthese (Hofkammer-Ar-
chiv) bezeichnen-
Es war nöthig in dieses Detail einzugehen, um meine
verehrten Leser mit dem Ursprünge, Fortgange, und mit
den Quellen und Hülfsmitteln dieses Werkes bekannt zu
machen, das, wie sie wohl leicht zugeben werden, nicht
die Arbeit eines Menschen seyn kann. Wie hätte ich es
wagen dürfen, mich ohne Mitarbeiter zu solch einem Unter-
nehmen anheischig zu machen, da mir noch überdieß meine
schwächlichen Gesundheitsumstände wenig Hoffnung zur
Ausdauer geben! Dieses mein Gefühl und die Wichtig-
keit meines Unternehmens, nebst der Hochachtung, die
ich meinen Lesern schuldig bin, haben mich veranlaßt, auf
einen li tera r ische n Bere in zu denken, der meinen
Plan verfolgen wird, und seine Ausführung verbürget.
Vlil
wenn schon der Tod mich hindern sollte, die Vollendung
desselben zu bewerkstelligen. Er existirt nun wirklich dieser
Verein, ein weiterer, von dem ich so eben gesprochen
habe, und ein engerer von einem Ausschüsse dreyer
Mitglieder ; dem schon obengenannten Edlen von Ber-
ge n st a m m und dem Hrn.A loysSchütze n berge r, re-
gulirten lateranifchen Chorherrn von Klosterneuburg, einem
jungen und talentvollen Manne, von dessen Vorliehe und
Kenntnissen in der österreichischen Geschichte ich vollkommen
überzeugt bin. Diese bilden mit mir in der Haupt - und
Residenzstadt einen Centcalpunct, von welchen aus die
Redaction und der Druck des Werkes besorget wird.
Um aber meinen verehrten Lesern gleich im Eingän-
ge dieses Werkes eine richtige Idee von demselben mitzu-
theilen, so muß ich ihnen lieber zum Voraussagen, was
sie hier zu erwarten und nicht zu erwarten haben. Zuerst
sollen sie demnach in dem vorliegenden Werke keine U r-
kundensammlung suchen. Zwar bin ich nicht abge-
neigt, hie und da eine wichtige, zumahl noch ungedruck-
te Urkunde aufzunehmen, aber es wird nur sparsam ge-
schehen. Denn dieses Werk soll, seiner nächsten Bestimmung
zufolge, nur die Resultate aus Urkunden liefern, es soll
das Interessanteste aus der vaterländischen Staats- und
Kirchcngefchichte, aus der Alterthumskunde und Literarur
Österreichs enthalten. Was nicht diesen Endzweck fördert,
schließt dieses Werk als fremdartig aus. Eben so wenig
darf es eine vollständige Pfarrgeschichte in sich fassen,
nicht nur, weil dieses unmöglich ist, (denn man kann
glicht geben, was man nicht hat) sondern auch, weil es
dem erst angegebenen Zwecke nicht zusaget. Denn um eine
solche Geschichte zu liefern, würde ich jeden Acker und je-
de Wiese der Kirche und ihres Pfarrers, und nichr nur
dieses, sondern auch jede darüber entstandene Streitigkeit
IX
erzählen , ich würde die Inventarien aller Kirchen und
Psarrhöfe aus allen Zeiten aufnehmen, alle Kirchenrech-
nungen durchgehen, zahllose Nahmen von Eooperatoren
anführen, und noch viele andere Gegenstände berühren
müssen, die ganz für den Leser ohne Interesse bleiben.
Mögen sie wie immer für den jeweiligen Pfarrer eines be-
stimmten Ortes wichtig seyn, sie gehören inseine Hausge«
schichte, in unsere Pfarrgeschichte gehören sie nicht.
Dagegen werde ich mich nacl> Maßgabe meiner Hülfs-
quellen über folgende, wie mir scheint, für jeden Leser in-
teressante Objecte ausbreiten; und zwar gleich anfangs
über die topographische Lage des Ortes selbst.
Zch halte es nähmlich für sehr zweckmäßig, den Schau-
platz zu kennen, von welchem aus die Erzählung begin-
net. Dazu gehört dann nothwendig die möglichst genaue
Angabe von der Lage und Temperatur des Ortes, die Zahl
der Einwohner, ihr Hauptnahrungszweig und Charakter,
dann, ob dort ein herrschaftliches Schloß sey, dessen Alter
und Merkwürdigkeiten zu beschreiben wären, so wie der
„ Nahme, das Alter und die merkwürdigsten Schicksale des
Ortes selbst; denn dieses alles ist mit der vaterländischen
Geschichte zu sehr verflochten, als daß es gänzlich mit
Stillschweigen dürfte übergangen werden. Da es jedoch die
Hauptsache nicht ausmacht, so wird davon, wie sichs von
selbst versteht, nur kurze Nachricht gegeben werden.
Weitläufiger wird jedoch schon von der Pfarrkiv-
ch e. gehandelt werden, denn sie macht einen Hauptgegen-
stand dieses Werkes aus. Hier ist der Ort, von ihrem Ur-
sprünge, von ihrer Bauart, gegenwärtigen Beschaffen-
heit und Einrichtung, Don ihrem Patrocinium, merk-
würdigen Grabmälern, von Filialen und Nebenkirchen zu
reden. Wenn ich so glücklich bin, dem Ursprünge der Kir-
chen einiger Maßen auf die Spur zu kommen, so haben wir
%
schon die Directionen, in welchen sich das Christenthum in
Österreich verbreitete; ein Resultat, das uns in mehr als
einer Hinsicht wichtig seyn muß. Die Beschreibung derKir-
cheu wird uns zugleich mit schätzbaren Alterthümern bekannt
machen, und diese werden dadurch dem verzehrenden Zah-
ne der Zeit und der Verwüstung, wenigstens ihrem Andenken
nach, entrissen werden.
Die Geschichte der Pfarre wird eben so unser In-
teresse und Augenmerk erregen. Man soll doch wissen,
wie die Pfarre das geworden ist, was sie ist. Mit der Ge-
schichte der Pfarre ist auch die desPatronateö verbun-
den. Die Veränderungen desselben werden hier an keinem
unrechten Orte stehen. Dagegen wird man sich schon kür-
zer über die Einkünfte der Kirche fassen können. Fürwahr!
in was für ein kleinliches Detail müßte man sich einlassen,
um hier weder zu wenig noch zu viel zu thun!
Die F-o l g e r e i h e der P f a r r e r ist ein Gegenstand,
den man nicht unberührt lassen kann. Er hat in die Geschich-
te der Pfarre selbst oft einen sehr großen Einfluß und nicht
selten kann man , wenn uns alle Urkunden verlassen, durch
dieses Mittel das Alter einer Pfarre bestimmen. Man-
cher Pfarrer wird dadurch in den Stand gesetzt werden,
die Reihe seiner Vorfahren, besonders der früheren zu er-
gänzen, und uns dafür Dank wissen. Wir werden daher
der Pfarrgeschichte ein Verzeichniß ihrer geistlichen Vorste-
her anhängen, und derjenigen ganz besonders erwähnen,
welche etwas weiter hinaufreichen, auf die Geschichte der
Pfarre einen Einfluß haben, oder unter irgend einem an-
deren Gesichtspunct merkwürdig sind.
Doch ja, würdige Männer, seyen sie au§ dem
Weltpriester oder Regular-Stande, wenn sie sich um Reli-
gion,- um Kirche und.Staat, um feie Menschheit im Allgemei-
nen, um Erziehung der Jugend, um Literatur oder wie im-
XI
mcr verdient gemacht haben, solche Männer verdienen hier
ihren vorzüglichen Platz. ES sind Blumen von der dankbaren
Nachwelt auf das Grab dieser Edlen gefireuet, ein immer-
grünendes Vergißmeinnicht, ein sanfter beständiger Zuruf
an uns alle: „Brüder, seyd meine Nachfolger!" Ich dachte
es wohl, es könnte nicht fehlen- daß wir im Verlaufe un»
serer historischen Untersuchungen auf mehrere solche nachah-
mungswürdige Beyspiele stoßen müßten. Diesen Edlen sind
auch die Wohlthäter der Kirche beyzuzählen, denn in
ihnen regte sich das lebendige Streben, die innere Religion
äußerlich darzustellen, und fortzupflanzen. Ich bedaure, daß
ich nach einem historischen Gesetze, das mir verbiethet, in
ein gar zu kleines Detail einzugehen, hier nur der vor-
züglichsten Wohlthäter erwähnen kann, übrigens wohl wis-
send , Laß die arme Witwe, die nur Einen Heller in den
Schatzkasten warf, großgeachtet war in den Augen unseres
Herrn.
Endlich werden wir auch der Schule, dieser zärtli-
chen Mutter der Kleinen nicht vergessen. Was sich immer
für Spuren über ihr Alter und ihren Ursprung auffinden
ließen, ist gesammelt worden, und was von ihrem Fort-
gange und gegenwärtigen Zustande bekanntwurde, soll un-
gesäumt unseren Lesern mitgetheilet werden.
Ob aber gerade nichts anders, als das eben angezeig-
te, und ob es nur in gedachter Ordnung erzählet werden
wird, das kann ich eben nicht verbürgen. Die Natur des
Gegenstandes leidet hier keine systematische Ordnung, und
die oft gleichartigen Materien verlangen nicht selten eine
Verschiedene Bearbeitung, damit der Leser nicht ermüde.
Auch war es mir hier nur darum zu thun, vorläufig und
im Allgemeinen die Hauptgegenstände zu bezeichnen, welche
- im Verlaufe dieses Werkes unsere Aufmerksamkeit vorzüg-
lich beschäftigen werden. Wenn wir aber hie und da eini-
XII
ges berühren, was fremdartig zu seyn scheint, oder in den
angezeigten Rubriken nicht enthalten ist, so muß uns dieses
der geneigte Leser schon vergeben. Pflückt doch auch der Wan-
derer manche Blume am Wege, wie sie ihm auffällt, war-
um sollte es auch nicht mir und meinen Mitarbeitern ver-
gönnet seyn, auf unserer topographischen Reiseroute man-
chen Seitenblick zu werfen? Wir werden schon trachten,
bald wieder einzulenken, und Sorge tragen, daß unsere
Leser dabey eher gewinnen als verlieren. Denn so manche
nebenher angebrachte Notiz, zumahl wenn sie nicht ge-
sucht und unerwartet ist, spricht das Gemüth freundlich
an, wecket die Aufmerksamkeit und erhöhet dgn Reitz,
das ganze Werk zu lesen.
Mit dem gegenwärtigen Werke stehen noch zwey
andere in Verbindung, welche zu seiner Zeit nachfolgen
werden. Das ei n e wird die Beschreibung aller bestehen-
den und bestandenen Kirchen, Stifte, Klöster und
Capellen Wiens in der Skadt und den Vorstädten, das
andere aber eine zusammenhängende Geschichte des Chri-
stenthumes von Österreich in geordneten Perioden enthal-
ten. Ich glaubte, daß der vollständigen Entwicklung mei-
ner Hauptidee noch etwas mangeln dürfte, wenn die Be-
schreibung der Kirchen in der Haupt- und Residenzstadt
vermisset würde, und eben so schien es mir nicht weniger
wünschenswerth, ja sogar erforderlich, aus den einzelnen
Pfarrbeschreibungen eine Übersicht des Ganzen zu liefern ,
welche den Ursprung und die Ausbreitung des Christen-
thumes in unserem Baterlande nach allen Direktionen zei-
gen , und die merkwürdigsten Schicksale desselben bis auf
unsere Zeiten in einer wohlgeordneten Darstellung vor Au-
gen legen wird. Es kann dabey nicht an Gelegenheit feh-
len, die wichtigsten Puncte unserer vaterländischen Ge-
schichte zu berühren, das große Heiligthum der Mensch-
XIII
Heit, die Religion mit allenihren Segnungen auf unserem
vaterländischen Boden zu entwickeln,, den edlen würdigen
Menschen, die eS befördern halfen, ein dankbares An-
denken zu weihen, und unser Gemüth durch die lebendige
Vorstellung von dem segenreichen Einflüsse der Bemühungen
unserer Vorfahren zur fruchtbaren Nachahmung für uns
und unsere Nachkommen erwärmen zu lassen. Glücklich
derjenige, dem es bey Durchlesung dieses Werkes öfters
beyfallen wird: Das haben unsere Boifahren gethan, soll-
ten wir weniger oder gar nichts für die Nackwelt thun? —
Vielleicht wäre es angemessener gewesen, diese bey-
den Werke der Topographie derLandesdecanate voranzuschi-
cken . weil fle derselben gleichsam zu einer Einleitung die-
nen könnten. Allein, ohne die verschiedenen Ansickren, in
die man sich deßwegen theilen kann, zur Entschuldigung
anzuwenden, so gestehe ich lieber, daß diese beyden Wer-
ke noch unter der Arbeit, und ihrer Vollendung so-
bald nicht nahe sind, während viel leichter ein Dekanat
nach dem andern geliefert werden kann. Hätten meine Leser
die Erscheinung der kirchlichen Landdecanate bis zur Voll-
endung der zwey erstgenannten Werke abzuwarten, so hät-
ten wir ihre billige Erwartung rege gemacht, ohne im
Stqnde zu seyn, sie auch bald zu erfüllen. Es geht also
die kirchliche Topographie der Landesdctanate voraus, und
dann werden die zwey anderen Werke n 'chfolgen. Daher
sollen sie auch eigene für sich geschlossene Werke bilden, und
als solche separat hintangegeben werden.
Wir find nicht gleichgültig gegen den Beyfall unse-
rer verehrten Leser, und deßwegen haben wir aus Ack-
tung gegen sie uns alle Mühe gegeben, ihren billigen
Erwartungen zu entsprechen Aber da wir nickt nach eitlem
Ruhme geitzen, so haben wir auch nicht Ursache, die Ur-
theile derjenigen zu fürchten, denen man nichts recht ma-
xtv
chen kann. Wir begnügen uns mit dem Bewußtseyn, nicht
ohne große Anstrengungen dasjenige gesammelt zu haben,
was an tausend Orten zerstreut vorhanden ist, und wir
freuen uns, wenn unsere Arbeiten die Liebe zum Studium
der vaterländischen Kirchengeschichte anregen, oder zur
Beseitigung einer Zeit und Sitten verderbenden Lectüre
beytragen sollten. Za wir hoffen mit Zuversicht, daß der
Versuch, den wir hiemit liefern, nicht ohne Nachahmung
bleiben, und daß die Pfarrgeschichte auch der übrigen
Provinzen dieses weitschichtigen Kaiserthumes ihre Bear-
beiter erhalten werde.
Wien, den r. September 1618.
Darnaut.
Inhalt.
Klosterneuburg.
I. Geschichte der Stadt .
II. Geschichte des Stiftes ....
HI. Geschichte der oberen Stadtpfarre
IV. Geschichte der unteren Stadtpfarre von St. Martin
V- Geschichte der Klöster und Capellen Klosterneuburgs
Weidling
Kierlmg
Kritzendorf
Höflein
Kallenbergerdorf
Leopoldsberg
Zofephsberg. Die eh
Heiliqenftatt
Grmzjng
Nustdorf .
Döbling
Slvering
Neustjft .
Währing
Meinhaus
Gersthof
Pötzlernsdorf
maligen Camaldulenfer
Seite
. L
- rA
• 87
. 96
. 114
. i33
»
. i5a
. iSj
. i65
• 17t
• 180
. 190
. 305
. 210
» 2x5
c 222
• a3i
. »4®
• 25«
• A§r
• SZf
Klosterneuburg.
I. Geschichte der Stadt Klosterneuburg *),
§-
^art ander Donau/ zwey Stunden nordwestwärts von Wien/
in einer durch Weinbau reichlich gesegneten Gegend/ und mit
der herrlichsten Aussicht auf das gegenüberliegende Land / befin-
det sich gegenwärtig die landesfürstliche Stadt Klosterneuburg /
welche von dem hier erbauten Chorherrnstifte ihren Vornah-
men erhielt / und einstens in der Geschichte Österreichs unter der
Benennung: Nivinburg/ Nuhinburg und Neunburc/ eine be-
deutende Stelle behauptete.
Schon damals/ als Markgraf L e o p o l d der Heilige
sich auf dem Kahlenberge (in ora comagenis) eine Burg / und
im Jahr 1106 auf dem waldigen Vorhaupte dieses Berges eine
Kirche mit einem Collegiatstifte/ und den sogenannten Fürsten-
hof zu seiner eigenen Wohnung erbauet hatte/ war Nivinburg
mit einer Kirche zum heil. Martin und einem Rector versehen.
Als nun dieser Ort durch den öfteren Aufenthalt des Landes-
fürsten / und durch die Ansiedelung der Landedeln und Ministe-
rialen bedeutend vergrößert und volkreicher wurde: so sollen die
Bewohner um die Kirche St. Martin den Nahmen der un-
teren; jene hingegen / die um das neugestiftete Kloster sich an-
siedelten/ den Nahmen der oberen Bewohner von Nivenburg
angenommen haben. Doch war sowohl das unterb als obere
Neuburg / mit Ausnahme der Stiftsbesitzungen / ein kaiserliches
Eigenthum ; bis endlich Heinrich I a so m i r g 0 t t im Jahre
n56 unabhängiger Herzog vom Reiche/ das ganze Land ihm
erblich und eigenthümlich/ und Neuburg ein landesfürstlicher
Markt (lorum) wurde. Herzog Heinrich war den Bürgern die-
*) Aus den Acten des Magistrates von Klosterneuburg; und Max. Fischers
Can. CIau8t.-merkwürdigeren Schicksalen dcö Stn'teä und der Stadt
Klosterneuburg. Wien 1815.
Topogr. v. Osterr. 1. Abth, A
ses Ortes besonders gewogen, und da er von ihnen jährlich ei-
nen gewissen Weindienst (Umgeld) zu fordern hatte, so erließ
er ihnen im Jahr 1168 diesen Dienst gegen dem, daß sie ihm
zwey Weingärten bey der Kirche des heil. Martins entgegen-
gaben. Nicht weniger günstig dachte für diesen Markt auch Her-
zog L e 0 p 0 l d der G l 0 r r e i ch e, der hier im Jahr 1199 in
dem ersten Landesgesetzbuche, die Landtheidungen (Gerichtstage)
so wie in Tulln und Mautern, eine offene Schranne (Ge-
richt) anordnete, und eben dadurch Neuburg zu dem Range ei-
ner Ding-oder Gerichtsstadt erhob *).
§> 2.
Unter Ottakar von Böhmen wurde diese Stadt bald ein
wichtiger Ort. Er hatte sich in Österreich i2Öi als Landesfürst
eingedrungen, und von Klosterneuburg Besitz genommen. In
ihre Mauern rief er nun die Wiener zur Huldigung, in ihr
übte er die Landeshoheit gegen die Herren von Starhemberg
aus, welche die den Landesfürsten zugehörige Kirchen -Advo-
catie über das Kloster Lambach an sich reißen wollten. Um
die Bewohner Neuburgs ganz an sich zu fesseln, und zu Ver-
theidigern zu gewinnen, da des Ortes Lage an der Donau und
am Fuße eines Berges seine Sicherheit begründete, verlieh er
den Bürgern vorzügliche Freyheiten und Rechte, indem er zu-
gleich Neuburg zu einer Veste erhob, in welcher die Bewoh-
ner ihre eigenen Gerechtsame und seine Ansprüche auf das Land
vertheidigen sollten. Heinrich II. von Chunringen, Oberst-Mar-
*) Davon spricht auch eine merkwürdige Stelle in dem zu Kaiser Albrechts I.
Zeiten verfaßten deutschen Gedichte, das noch gegenwärtig als eine spä-
tere Abschrift auf der k. k. Wiener Hofbibliothek zu finden, und unter
dem Titel: »»Seyfried Helblings Satyren" bekannt ist. Die betreffenden
Verse find folgende:
ft ei ainem Leupoldt cs geschacb,
Der dits Landes Herre waz;
Sich füget, das man vor ihm lassz
Des Landesrecht — e% -was sein bett —*
Man nannt irn drei Sfcelt
Da er die gerichte nit solle sparn ;
IN e u e n b u v eh, Tulln,. 1VI a u t a r n
Da sold er haben offenbar
Drei Landl aidinch in dem Jar
schall und Haupkmann/ gewöhnlich der Hllnd genannt/ sott die
Mauern / Zwinger / Graben und Thürme hier aufgeführet/ und
jener Thurm gegen das untere Ort/ bey welchem wie in alten
Städten und selbst in Wien / der sehr enge Eingang sich erst
nach und nach wie eine Hundskehle erweitert/ entweder von
dieser Form / oder wohl auch voll ihm/ da er sich Canis (der
Hund) zu schreiben pflegte / den Nahmen Hundökehle erhalten ha-
ben. In dieser neuen Veste stellte sich Ottakar im Jahre 1276
mit seinen böhmischen und den ihm von dem Bischof von Ollmütz
zugeführten mährischen Kriegsleuten gegen Kaiser R u d 0 l p h I.
auf/ der zur Befreyung Österreichs im Anzuge war. Aber Ru-
dolph rückte an der Landseite von Wien her mit seinen Rhein-
ländern an. Ottakar rettete sich mit schneller Flucht über die Do-
nau; seine zurückgelassenen ^Kriegsleute wurden von dem Sie-
ger in Fesseln gelegt/ die Bewohner/ welche durch Ottakars
Freyheiten nur eingeschläfert/ gleich beym Anrücken Rudolphs
erwachten/'und ihm durch Eröffnung des Wienerthors den
Kampf erleichtert haben sollen/ erhielten zur Belohnung / daß
ihnen der Kaiser die verliehenen Rechte nicht nur erneuerte/
sondern auch alle jene/ die andere Städte und Märkte genos-
sen/ hinzufügte.
Einen wichtigen Schutz gab Neuburg Albert dem I.
Herzoge von Österreich/ Kaiser Rudolphs Sohne. Schon als
Verweser des Landes hatte er sich im Jahre 1268 am Abhange,
des Berges neben der Hundskehle links eine. Burg / in Form
der alten Veste zu Habsburg erbauet/ die zwey Stockwerke
hoch war/ eine Capelle zu Ehren des heiligen Achatius/ sammt
einem Thurme hatte/ und durch Aufzugbrücken / Zwinger/
Vertheidigungsmauern/ versteckte Ausfälle und Gräben/stark
genug war / sich bey einem feindlichen Überfalle zu hatten. Wirk-
lich gewährte sie ihm diesen Schutz im Kampfe gegen die Auf-
rührer/ wobey sich Land und Wieneradel durch treue Anhäng-
lichkeit an den Fürsten / vorzüglich aber die Bürger Neuburgs
im richtigen Bogenschießen auszeichneten. Zum Lohne ihrer Ge-
schicklichkeit befreyte er sie am 8. Februar 1298 nicht nur von
dem Gerichte zu Korneuburg und erlaubte ihnen aus ihrer Mit-
te einen Richter/ (Otto Kreuzer war der erste) / und Räthe zu
A 2
Mi
wählen, solidem er stiftete auch/ um sie zur Übung im Bo-
genschießen anzufeuern — unter Leitung des Marschalls Her-
mann von Landend erg eine eigene Schützengesellschaft/
die Alberts Gattin Elisabeth im Jahre i5o5 durch ausgesetzte
Preise von jährlichen drey großen Salzstöcken aus ihrem / eben
aufgefundenen Heilsalze zuH^il noch mehr erhöhete. So wurde
Klosterneuburg der Geburtsort der ersten Schützengesellschaft
in Österreich.
§.3.
Eben so gnädig war Kaiser Friedrich III. der Schöne/
im Jahr i5i8 gegen die Burger/ indem er ihnen das landes-
fürstliche Bergrecht mit der Abgabe von jährlichen i6 Eimer
Wein zu eigener Benützung überließ. Das Emporschwingen der
Bürger hemmten zwischen den Jahren i3i8 und 1822 Feuers-
brünste; bey letzterer wurde die Hälfte der Häuser und das
Stift in Asche gelegt.
Bald nach diesem Unglücke suchten die L 0 l a r d e n / die
den Ad a m i t e n ähnlich waren / im Jahre i356 sich unter die/
durch den letzten Brand Verunglückten und Dürftigen mit der
Lehre/ daß man auch unthätig und müßig leben könne/ zu drin-
gen — aber der Ruf zu einem solchen Leben lockte Niemand.
Bedürftige fanden in Arbeit und Fleiß eher noch Linderung
als in Unthätigkeit und Müssiggange / und verjagten eilends
diese Gleichheits - und Freyheitsprediger. Im Jahre 1840 trafen
die Bürger mehrere Unfälle/ — die Pest warf viele von ih-
nen in die Todtengruft / — ein großes Heer von Hafer-oder
Heuschrecken verwüstete alle Äcker und Weingärten / und raubte
ihnen nicht nur den lohnenden Ertrag für ihre Mühe und ih-
ren Fleiß/ sondern auch den Kranken und Dürftigen die nö-
thige Nahrung. Viele von ihnen lehnten sich gegen Ordnung
und Gesetze auf/ so daß Herzog A l brecht II. der Weise ge-
zwungen wurde/ fünfzehn der vorzüglichsten Ruhestörer im Jah-
re 1841 in Ketten zu legen / deren Befreyung erst König Lud-
wig von Hungarn/ der Große genannt/ durch seine Fürbitte
bewirkte.
Im Jahre 1879 waren die herzoglichen Brüder Al-
brecht III. und Leopold III. in Neuhurg/ und machten
unter sich jene Theilung der österreichischen Lander/ die in der
Folge so viele Zwistigkeiten unter ihren Erben hervorgebracht
hat. Inzwischen wurden die Neuburger durch die nachfolgen-
der: reichen Frucht-und Weinjahre / und den angewachsenen
Wohlstand übermüthig/ vertrieben im Jahre i3<}6 ihren Rich-
ter/ seine Räthe und Stadtdiener vom Rathstische und von der
Verwaltung der Kammer/ und setzten eine neue Verwaltung ein.
Dieser Eingriff in die landesfürstlichen Rechte entging der Stra-
fe nicht ; mehrere Mahle wurden von den Herzogen W i l h e l m
und Albrecht IV. die Rädelsführer in Kerker geworfen/ die
im Rathe Eingedrungenen abgeschafft/ die alte Verwaltung ein-
gesetzt/ jenen hingegen/ die ihr Vergehen erkannten / Gnade zu-
gesichert ; aber die Strafe ihres Mermuths war nur verschoben /
sie führten diese selbst durch ihre Unvorsichtigkeit herbey; — ein
schreckliches Feuer legte am 18. August i3g8 die Wasserzeile
und einen großen Theil der unteren Stadt in Asche.
Den Ausgang dieses Jahrhundertes machen die Herzoge Al-
brecht und W i l h e l M/ durch eine Verordnung im Jahre 1897
am Psingstag vor St.Mathes Tag zu Wien gegeben/ merkwür-
dig. Sie bestätigen die in Neuburg befindliche Zech/ Verein oder
Bruderschaft von 23 Männern / deren Pflicht mai4/ die Würde
des Gottesdienstes in der St. Martinskirche zu erhalten und
täglich die Armen zu betheilen. Albrecht V. erneuerte diesen Ver-
ein i4i3/ K. Friedrich IV. i445/ Maximilian I. i5oo
und Ferdinand I. i555.
tz. 4-
Gleich mit Anfang des fünfzehnten Jahrhundertes wäh-
rend der Regierung Maximilians I. / wurde Richter und
Rath/ das Kloster und die Stadt/ in alle/ im Lande vorgefallenen
Ereignisse verflochten. Im Jahre 1404 mußten sie/ wie alle Lan-
des -Sassen/ vom Pfund.Gölt 12 Pfennige (die erste Steuer)
zur Heerfahrt Albrechts IV./ der dem Markgrafen Jode
c u s von Mähren gegen seinen Bruder P r 0 c 0 p zu Hülfe kam/
und/ um die Einfälle des Zucker scheid oder Geispiz (auch
Därteufel genannt) von Österreich hintanzuhalten / erlegen.
Der Zug dahin entsprach nicht ihren Wünschen / Österreichs Her-
zog erkrankte vor der belagerten Stadt Znaym und wurde m
6
diesem Zustande über die Donau nach Klosterneuburg in die
Burg zurückgebracht/ in der er am 10. August des nähmlichen
Jahres an einer schmerzlichen Kolik (man sagte/ er hätte Gift
bekommen) verschied.
Nach seinem Tode übernahm sein Vetter Herzog Wil-
helm über seinen zurückgelassenen siebenjährigen Sohn Alb-
rechts. von Österreich die Vormundschaft. So lange Wil-
helm der ältere unter den Herzogen von Steyer lebte/ trauten
sich die Brüder Leopold IV*. und Ernest III. von Steyer/
weder den Theilungsvergleich der Länder zwischen Österreich und
Steyer vom Jahre 1579/ no$ Gerhabschaft anzusprechen;
aber kaum war am i5. July 1406 Wilhelm gestorben: so tra-
ten sie beyde mit Ansprüchen auf Österreich und die Gerhabschaft
hervor; die Landschaft/ die Geistlichkeit/ der Adel und die Bürger
traten vergebens als Vermittler auf; die Kloster - und Markt-
holden beglaubigten zwar wegen ersteren den Brüderverein / Über-
wegen der Vormundschaft über Albrecht konnte nichts ausgeglichen
werden. Der erste angetragene Vergleich vom 12. September
1406 wurde von beyden verworfen/ doch gab am 9. December
1407 Ernest nach und erklärte Leopold als älteren Bruder zum
Rechtlichen Vormund. Die Landschaft und Städte blieben unent-
schlossen/ob sie für Ernest oder für den stolzen Leopold stim-
mensollten. Aber die grausame Todesart Friedrichs von Wallsee/
der ErnestS Rath und Freund gewesen war/ machte sie Leopold
abgeneigt; alle Zechen / der Bürgermeister und Rath von Wien/
selbst Klosterneuburg rüsten Ernest nach Wien/ diesen Mord
zu rächen/ und erklärten Leopold der Vormundschaft ledig.
Bey solchen Umständen mußte das Recht auf die Vormund-
schaft mit den Waffen ausgetragen werden, Ernest kam im
Jänner 1406 mit seinem Anhange von Edlen / dem von Maiffau/
Rrrnhart, Wattsee/Puchaimb Pottendorfer/ Eberstorfer und
mehreren Rittern / Prälaten und Städten nach Neuburg / *um
mit Leopold/ der mit seinen Leuten zu Korneuburg aufge-
stellt war , zu handeln oder zu streiten. Das dießseitige Donau-
ufer wurde eine Schanze / Klosterneuburg stärker befestiget/ die
Marktschützen unter die Soldaten eingetheilt. Zwölf Tage be-
obachtete man von der Burg und vom Wachtthurme (das Thor
an der Hundskehle wurde um einen Stock erhöhet und zu dier
sem benützt/ den Angriff des streitfertigen Leopold von der Do-
nau her— aber die Kalte stoßte die Donau und der starke Eisgang
verhinderte dort wie hier den Übergang / daher sich beyde Strei-.
tende zurück zogen/ — Ernest nach Steyermark und Leopold
gegen Wien. Inzwischen wurde von Beyden zu Neustadt und zu
Pölten an einem Vergleiche gearbeitet und dieser am 2. Juny
1406 zu Stain zu Stande gebracht. Am 27. July war Er ne st
zu Steyer/ und verlangte von dem Bürgermeister/ dem Rathe
und den Zechen der Stadt Wien die schriftliche Verantwortung/
wer an dem Tode der frommen Leute: des Bürgermeisters Con -
rad Vorlauf/ und der Räthe Kurz Ramperstorfer und HanS
Rab/ die keine so schwere Strafe verdient hatten/Schuld habe.
Leopold hatte sie als Anhänger Ernests am 7. July zu Pur-
kersdorf gefangen/ in Ketten auf das Schloß Kogel/ von da
nach Greifenstein führen/ und 1408 am Pfingsttag nach St. Mar-
garetha auf dem Schweinmarkte (heut Burgerspiralplatz) ent-
haupten lassen.
Auf dieses allgemeine Elend folgte im Jahre 1409 auch
noch die Pest/ die zu Klosterneuburg mit solcher Heftigkeit um
sich griff/ daß binnen 3 Monathen/ von der Weinlese bis Weih-
nachten in der unteren Staht allein 400 Menschen begraben
wurden.
Vieles Elend und Unglück hatte Klosterneuburg theils durch
Unfälle / theils durch äußere Feinde erlitten/ jetzt drohte sogar
von innen Verwirrung und Schrecken. Ein gewisser Seitz
von Ingolstadt war um diese Zeit Unterrichter zu Klosterneu-
burg und hatte falscher Urtheile wegen den Tod verdient/ von
dem er aber durch die Verbitte mehrerer mitleidigen Personen
losgesprochen wurde. Kaum war er in Freyheit/ so zerschlug er
sich mit den Bürgern / sandte ihnen einen Fehdebrief/ und sor^
derte eine Summe Geldes / mit welcher sie die Fehde einlösen
sollten. Die Bürger meldeten diesen Vorfall Herzog Albrecht V./
der ihnen verboth sich mit Geld oder Gut abzufinden/ ja im Gegen -
theile befahl/ alle Mühe anzuwenden diesen Undankbaren zu fan-
gen/ damit er zur verdienten Strafe gezogen werden könnte/
denn er hatte inzwischen das, dem hiesigen Stifte gehörige
8
Dorf Bierbaum auf dem Tullnerfelds abgebrannt/ und selbst m
der Stadt Klosterneuburg mehrere Male Brennzeug versteckt/
damit auch sie vom Feuer ergriffen werden möchte. Acht lan-
ge Jahre entging er dem Bemühen der geängftigten Bürger;
endlich glückte es ihnen doch / dieses Bösewichtes habhaft zu wer-
den / und sie ließen ihn dann zu Friedberg bey Augsburg ent-
haupten.
tz. 5.
Gleich nach dem Tode Leopold IV. des Stolzen den 3.
Jänner 1411 trat in Österreich und so auch für Klosterneuburg
die Ruhe ein. Herzog Albrecht V. und Ernest waren schon
im Jahr 14.09 mit den wüthigsten Herren in Österreich und
Steyer / in Kaiser Sigismunds Gesellschaft/ Mitglieder des Dra-
chenordens geworden/ dessen Pflicht war/ jedem nach dem Aus-
spruche des Kaisers gekränkten Mitgliede zu seinen Rechten zu
verhelfen. Nun wurde Albrecht V. nach dem Ausspruche des
Kaisers „da dieselben Ernest und Albrecht in unserer Gesell-
schaft sind" (am Freytage vor Allerheiligen Tag i4n) im 14.
Jahre seines Alters vogtbar erklärt/ und als rechtlicher Erbe
und Herr Österreichs eingesetzt.
Vier Jahre darauf machte Albrecht V. am 11. Jänner
i4i5 einen allgemeinen Landfrieden bekannt; am 14. Sep-
tember 141Ä folgte von ihm die Bestätigung der Freyheiten von
Klosterneuburg/ worin er selbe eine Stadt nannte / und am
21. May 1417 räumte er dem Stifte daselbst/ um alle Strei-
tigkeiten mit der Stadt zu verhindern / die Jurisdiction über
seine eigenthümlichen Stiftshäuser ein.
Nun schien es/ daß sich die/ durch so viele Jahre ge-
schwächten Kräfte Neuburgs wieder , erhöhten würden; allein
die drohenden Einfälle der Hussiten von Mähren 142b über
die March und Donau riefen die Stadtbewohner zu dem allge-
meinen Landesaufgebothe nach Korneuburg/ Kreutzenstein bis
Laa/ 1439 geboth zwar die Pest den Waffen Stillstand / aber
der Tod des Kaisers und Herzoges Albrecht V. (als Kaiser
der II.) am 27. October 1489 und sein letzter Wjlle hielt noch
lange die Ruhe für das Land ab. Zwar suchte er diese in seinem
letzten Willen durch die Erklärung herbeyzuführen / daß, wenn
-9
seine schwanger zurückgelassene Witwe Elisabeth, Kaiser
Sigismunds Tochter/ einen Sohn gebühren sollte/ zwar auS
den Vornehmsten der Erblande Vormünder über ihn bestellet
würden / der Herzog Friedrich von Steyer aber/ Sohn des
Ernest III./ die Oberaufsicht bis zu seiner Volljährigkeit führen
sollte. Allein da durch dieses der Herzog sich in seinen Rechten
gekrankt fand/ so erklärten ihn die 14^9 zu Berchtholdsdorf
versammelten Stände zum Vormund und Landesverweser. Der
gehoffte Sohn Ladislaus wurde am 22. Hornung i44o ge-
boren und Friedrich übernahm die Vormundschaft mit der Pflicht/
dem Mündel den Besitz des/ schon seinem Vater vom Kaiser-
Sigismund zugesicherten Eigenthumes/ Österreich zu bewah-
ren/ da sein Bruder Albrecht VL. von Steyer auf die Vor-
mundschaft und er sowohl als sein Vetter Sigismund von
Tyrol auf Österreichs Besitz Ansprüche machten.. Wider sie
traten zwar die Länder Österreich / Hungarn und Böhmen/
um die Gerhabschaft zu behaupten / in Verbindung mit Friedrich
auf; allein im Jahre 1^2 ward er selbst von den Ländern in
Neustadt mit den Waffen angriffen und gezwungen sein i2jäh-
riges Mündel aus seiner Vormundschaft in die ihrige zu ent-
lassen.
In wie weit die Stadt Klosterneuburg in diesen innerli-
chen Krieg verwickelt war/ erzählt die Geschichte nicht/ doch
ist gewiss/ daß ihr Ladislaus sehr gewogen war / und sie seiner
Güte schon im Jahre i453 jährlich zwey Markttage / am Feste
der heiligen Margaretha und des heiligen Martin zu danken
hatte.
tz. 6.
Nach Ladislaus Tode (erstarb 1457 im 18. Jahre sei-
nes Alters/ und war der letzte der Albrecht-österreichischen
Linie) traten Albrecht VI. und Sigismund sein Vetter
mit ihren Ansprüchen auf das Erbe von Österreich / das auf die
österreichisch - steyerische und tyrolische Linie"gefallen war/ gegen
Friedrich auf. Schon den 3i. März i458 mußte Friedrich
mit ihnen die Burg in Wien theilen / das Land ob der Enns dem
Albrecht abtreten/ und 1461 ergriff dieser auf's neue die
Waffen, um Friedrich auch Österreich unter der Enns
abzubringen. Seine HaupLleute besetzten die Städte, und Klo-
sterneuburg wurde dem Nabuchodonosor A n. k e l r e u t o r
zur Bewachung angewiesen. Dieser hauste hier/ während Albrecht
selbst 1462 seinen Bruder den Kaiser Friedrich 111. (H. IV.)
in Wien belagerte/ und ihn am 3. December zwang/ Wien
abzutreten/ so unbeschränkt/ als wenn er selbst Herzog und
Herr der Stadt wäre/ und trieb seine Erpressungen nach-der
Nachricht/ daß die Theidigung zuKorneuburg zwischen den Brü-
dern fruchtlos gewesen/ Albrecht dem Kaiser die bedungenen
Städte und Märkte/ unter denen auch Klosterneuburg begriffen
sey/ nicht zurückgestellet habe / auch HansH 0lzer s Versuch/
Wien durch Aufruhr an den Kaiser zurückzubringen mißlungen
war / — so weit/ daß die Anhänger Friedrichs ihre Herde ver-
ließen/ sich auf die Anhöhen gegen die Neusiedler-Gasse und
Weidling flüchtete»/ und aus Verzweiflung ihre leeren Häuser
selbst beschossen. Dieses dauerte bis Albrecht am 3. December
i463 in Wien starb/ an eben dem Tage/ an welchem er im
.Jahre zuvor Wien seinem Bruder dem Kaiser abgenommen hatte.
Zehn Jahre nach dem Abzüge/ zog 1478 ein neues Un-
gewitter von Hungarn herauf über Klosterneuburg. König Ma-
thias C 0 r v i n u s führte ein Corps Königbrüder gegen Fried-
rich nach Österreich/ er mußte aber diese selbst vertilgen/ weil er
von ihren Grausamkeiten alles zu befürchten hatte. Im Jahre
1477 kam er mit einem neuen Heere / näherte sich Wien/ be-
setzte Klosterneuburg/ Tulln und Korneuburg/ und errichtete zwey
Schanzen an derDonau/ um den Wienern die Zufuhr abzuschnei-
den. Doch ein Vergleich zwischen dem Kaiser und dem Könige
führte den Frieden und den Abzug der Hungarn am 21. De-
cember schleunigst herbey.
Mißverständniß und Mißtrauen erregte 1482 zwischen
Beyden einen neuen Krieg. Am 16. April i485 mußte Klo-
sterneuburg mit Gewalt hungarische Kriegsleute aufnehmen.
Enzerstorf und Stockerau mußten sich ergeben / und sehen / wie
zur Bezwingung Wiens Schanzen bereitet wurden. Unter ih-
ren Augen wurden die/ mit Lebensmitteln mach Wien abgehen-
den Schiffe sammt den Schiffern in den Grund geschossen /
Korneuburg vom Feinde mit Sturm erobert/ die untere Stadt
Klosterneuburg selbst angezündet / aus allen Umgebungen bis
Braitenfte die Bewohner verjagt/ und Dörfer und Weingärten im
Jahre 1484 verwüstet. Dieses Wüthen / Plündern und Ab-
brennen dauerte nun/ bis sich das ausgehungerte Wien am 1.
Jänner i486 an den König Mathias ergeben hatte. Nachsichtlicher
und schonender verfuhr jedoch Mathias mit der oberen Stadt/ wel-
ches seiner Verehrung der hier ruhenden Gebeine Leopolds zu-
geschrieben wurde/ dessen Heiligsprechung er schon 1470 bey dem
Papste Paul III. betrieb/ und zu deren Verehrung er selbst
gleich nach der Besitznahme hierher kam.
Diese mißlichen Umstände wurden erst am 5. April 1490
mit dem Tode Mathias gemildert/ und am 9. September end-
lich Klosterneuburg vom Könige M a.r i m i l i a n I. durch Sturm/
nach dem Einsturze der festen Bollwerke und Mauern / erobert.
Von dieser Zeit war das Schicksal müde Klosterneuburg
noch ferner zu drücken/ und einige freudige Ereignisse schienen die-^
ft Stadt für das ausgestandene Ungemach entschädigen zu wollen.
Im Jahre i5o6 geschah in dem hiesigen Stifte die seyer-
liche Erhebung des h e i l ig e nMarkgrafen und Landespatrons von
Österreich/ Leopold IV. aus dem Babenbergischen Hause. Kai-
ser M axim ili an I. / die Herzoge von Jülich und Cleve / der
Erzbischof von Salzburg / die Bischöfe von Passau und Gurk/ der
sämmtliche österreichische Adel und viele Prälaten kamen bey dieser
Gelegenheit nach Klosterneuburg. Auch das gemeine Volk strömte
so zahlreich herbey / daß man ungeachtet der noch kalten Jahres-
zeit (es war den i5. Hornung) gezwungen war/ Zelte auf of-
fenem Platze aufzuschlagen/ um die Menschen unterbringen zu
können.
§- 7-
Nicht weniger merkwürdig war für Klosterneuburg das Jahr
i52o. Denn zu Anfang des Monaths July kamen Casimir
Churfürst von Brandenburg und Carl Fürst von Otting e n
als Gesandte der Erzherzoge Carl V. und Ferdinand I.
der Herrscher Österreichs hierher/ und riefen in diese alte Hof-
und Landtheidigungs (Gerichts) - Stadt die Landstände und die
Wienerische Universität zur Ablegung des Huldigungseides auf
den 6. July.
Jhllen folgte am r2. Iuly i522 Ferdin an d l. Unverrnu-
thet kam er nach Klosterneuburg. Von da reiste er, ohne Wien
zu berühren, nach Neustadt, um dort über die Untreue der ein-
gedrungenen Regenten Gericht zu halten, die so viele Unruhen
in Österreich veranlaßt hatten, und ihre Verwegenheit mit bem
Leben bezahlen mußten.
Klosterneuburgs Freudentage waren nun schon wieder zu
Ende; denn bald darauf im Jahre i528 fing Luthers Leh-
re an, sich auch hier zu verbreiten und große Besorgnisse zu
erregen. Doch hieß der Türken Einfall in Österreich und ih-
re Besetzung der hiesigen Stadt am 27. September 1629 die
Religionshandel schweigen. Von diesen wurde die untere Stadt
mit aller Grausamkeit geplündert und mit Feuer verheeret; die
Bewohner mußten, um nur das Leben zu retten, mit der mög-
lichsten Schnelligkeit fliehen, da Verwüstung und Mord hier
um so starker wütheten, weil die Feinde in jedem, gegen die Stadr
unternommenen Sturme durch den Muth des kais. Stadt-Com-
mandanten Melchior von Lamberg und des Stiftshofmei-
sters Hans S to llp ekh, zurückgeworfen, und dadurch im-
mer mehr zur Rache entflammet wurden.
Die Türken wurden nun freylich von hier und aus ganz
Österreich bald verjagt: allein man besorgte doch, daß sie wieder
mit neuer Macht vordringen könnten. Kaiser Ferdinand I.
suchte daher die Vertheidigung der Bürger für künftige Noth-
fälle durch weise Anstalten sicherer zu begründen. Klosterneuburg
wurde daher stärker befestiget und den Bürgern von Ferdinand
i538 die baufällige und sehr beschädigte Atbrechtsburg zum Ei-
genthums überlassen, die sie zu einem Zeughauft und Getrei-
dekasten verwendeten.
Weil die Zurichtung große Kosten verursachen mußte, so
befahl der Kaiser den Bürgern, selbe genau zu verzeichnen, da-
mit sie ihnen ersetzt werden könnten, wenn die Landesfürsten
von dem vorbehaltenen Rechte der Zurücknahme einst Gebrauch
machen sollten. In der Folge verwendeten die Bürger den nächst
gelegenen Platz zur Schießstätte, das Gebäude aber, welches
dermaßen verfiel, daß sich endlich nur in einigen Mauerstückender
Umfang und die innere Abtheilung der Gemächer in etwas erra-
then ließ/ gaben sie 1817 käuflich hintan/ worauf es abge-
brochen und seine Trümmer weiter verwendet wurden.
Seit dem Jahre 1629 genoß nun Klosterneuburg einer be-
neidenswerthen/ aber schon lange verdienten Ruhe/ die erst im
Jahre 1602 durch eine große Feuersbrunst/ welche in der untern
Stadt 270 Häuser nebst dem größeren Theile des hiesigen Fran-
ciscaner-Klosters verzehrte/ und dann durch den Schrecken/
welchen die im Jahre 1645 unter T 0 rstensohn bis an die Do-
nau vorgerückten Schweden verursachten/ wieder einige Zeit un-
terbrochen wurde. Da diese Krieger bereits Korneuburg ero-
bert hatten/ so errichtete man hier und zu Nußdorf mehrere
Schanzen/ welche jeden Angriff/ den sie vielleicht auf das dieß-
seitige Land beabsichtigen möchten / nach Möglichkeit abhalten
sollten.
§. 8.
Im Jahre 1G79 fingen schon wieder allgemach traurige
Zeiten an; denn in diesem Jahre verbreitete sich die Pest aus
Ungarn über Österreich und wüthete in diesem Lande entsetzlich.
Zu Klosterneuburg zeigte sich dieses Übel im Monath July/ und '
nahm bald so überhand/ daß man beynahe allen menschlichen
Umgang aufgeben mußte. Über 1118 Personen wurden in bey-
den Pfarren/ in der des Stiftes und bey St. Martin / eine Beute
dieses schrecklichen Würgengels.
Doch keines dieser Übel/ welche die Stadt bisher erdul-
det hatte/ ist mit jenen Leiden zu vergleichen / die sich bey dem
zweyten E i n f a l l e der T ü r k e n in Österreich / im Jahre
1682/ ülftr die unglücklichen Bürger ergossen.
Schon am 7. July dieses Jahres verließ Kaiser Le 0 p 0 ld I.
seine Hauptstadt/ übernachtete zu Korneuburg und beschleu-
nigte mit Tagesanbruch seine Reift/ weil das in Flammen ste-
hende Camaldulenser - Kloster auf dem Kahlenberge bereits die
Ankunft der Türken verkündigte. Noch war um diese Zeit kein
Soldat in Klosterneuburg vorhanden/ und immer näher kam die
Gefahr; da übernahm Fr. Marcellin O rtner / ein Laien-
bruder des hiesigen Chorherrnstiftes / die Vertheidigung der
Stadt / und ordnete alles/ um den feindlichen Streifparteyen /
wenigstens in der oberen Stadt eine Wehre entgegen zu steft
*4
ten. Am i5. Jusy rief er alle stiftlichen Dienstleute und.die
Bürger zusammen / ließ sie schworen / Gut und Blut zur
Vertheidigung der Stadt und des Stiftes zu wagen/ und ver-
sah nun die Mannschaft mit Waffen aus dem stiftlichen Zeug-
hause , so gut es nur immer seyn konnte. Gleich am folgenden
Tage hatten sie Gelegenheit ihren Muth gegen die Türken zu er-
proben. Ein großer Haufe dieser wüthenden Menschen kam den
16. July Nachmittags nach Klosterneuburg und richtete sein
Hauptaugenmerk gegen die untere Stadt/ der er sich auch
bald bemächtigte und sie darauf in Brand steckte. Schnell und un-
gehindert griff das Feuer um sich/ und wüthete mit solcher Hef-
tigkeit/ daß mehr als 200 Hauset/ die Pfarrkirche zum heil. Mar-
tin sammt der Kirche und dem Kloster der Franciscaner in Asche
verwandelt wurden. Während des Brandes versuchten die Fein-
de bey der alten Burg einen Sturm gegen die obere Stadt/
doch wurde dieser durch die angestrengte Tapferkeit der Verthei-
diger zurückgeschlagen. Bald aber wäre das Feuer der unte-
ren Stadt auch der oberen gefährlich geworden; ein ungestü-
mer Wind trug brennende Schindeln und Stroh in dieselbe/
und schon fing das hiesige Stift an vier Puncten zu brennen
an. Nur Fr. Marcellins Vorsicht und der Abzug der Türken/ der
auf das fruchtlose Stürmen erfolgte / konnte das Feuer unschäd-
lich machen/ da die Belagerten Zeit erhielte»/ die Löschanstat-
ten zu unterstützen. Am 18. July wurden die muthigen Bürger
durch einen Lieutenant und 46 Mann unterstützt/ die um so
nöthiger waren / da gerade am nähmlichen Tage 35o zaghafte
Männer von der Besatzung heimlich die Flucht aus der Stadt
ergriffen hatten. Der Herzog von Lothringen harre die Solda-
ten gesendet und den Lieutenant beauftragt/ den Ort und die
Mannschaft wohl zu besichtigen/ damit er wüßte/ ob die Ver-
theidigung dieser Stadt möglich sey. Der Officier sah die treff-
lichen Anstalten Marcellins / berichtete dem Herzog: Klosterneu-
burg sey im haltbaren Stande/ und erhielt nun neuerdings 40
Mann zur Verstärkung. —
So weit waren die Sachen gediehen/ als die Türken am
26. July das zweyte Mahl/ aber mit stärkerer Macht/ vor Klor
sterneuburg erschienen. An diesem Tage kamen 39 Fahnen Spa-
ID
hi und 9 Fahnen Zanitscharen / die alsogleich die obere Stadt
heftig zu bestürmen anfingen/ und nachdem sie eine Öffnung in
der Ringmauer erzwungen hatten / die Sturmleitern anlegten.
Wie Verzweifelte wehrten sich aber die Belagerten; sie warfen
mit Ziegeln und Steinen auf die stürmenden Türken/ tödteten
eine große Anzahl derselben und verwundeten sogar den Bas-
sa/ der den Sturm befehligte/ und mm alsogleich das Zeichen
zum Rückzüge gab. Ihren Abzug bezeichneten sie mit Abbrennung
der Wiener-Vorstadt und des dort gelegenen Stiftspitals. Jung
und Alt arbeitete nun/ nach glücklich abgeschlagenem Sturme/ mit
doppeltem Eifer an der Herstellung der stark beschädigten Stadt-
mauer/ unter deren Schutze sie sich noch öfter vertheidigen wollten.
Am 8. August setzte General H e i ß l e r über die Donau /
und schlug ein Commando Türken in die Flucht/ welches das
rechte Ufer vertheidigen sollte. Bey dieser Gelegenheit machte
er viele Gefangene und erbeutete 248 Kamehle/ die er in
diese Stadt brachte. Am nähmlichen Tage kam auch General
Veceio nach Klosterneuburg / um als Commandant bey der Be-
satzung zu bleiben / und erhöhte dadurch um Vieles den Muth
der Belagerten.
Nun kamen am 22. August die Türken zum dritten Male
nach Klosterneuburg und besetzten die untere Stadt/ wo einige
unvorsichtige Bewohner bereits ihre Häuser bezogen hatten;
diese wurden nun theils von ihnen gemordet / theils in die
Gefangenschaft geschleppt/ und nur wenige hatten das Glück ih-
nen zu entkommen. Als aber am folgenden Tage den 25. Au-
gust abermahls 6000 Türken erschienen / um das vom Feuer
und der ersten Plünderung Übriggebliebene hinweg zu nehmen:
da machte die Besatzung der oberen Stadt/ durch ein scharfes
Kanonenfeuer unterstützt/ einen Ausfall/ wobey viele Türken
getödtet/ die übrigen aber gezwungen wurden/ die untere Stadt
zu verlassen.
Kurze Zeit darauf kamen endlich gar i3/ooo Türken mit
dem festen Vorsatze / sich durch Sturm der oberen Stadt zu be-
mächtigen/ es koste auch / was es wolle. Zum guten Glücke für
Klosterneuburg hatte gerade am vorhergehenden Tage der Her-
zog von Lothringen 200 pohlnische Soldaten zur Unterstützung
hierher gesendet- die zur Nachtszeit in die Stadt unentdeckt
eingelassen wurden und nun alsogleich ihren Muth erprobten.
Soldaten und Bürger/Inwohner und Dienstleute fochten gleich
tapfer gegen den beynahe zehnfach überlegenen Feind/ brüder-
lich unterstützten sie sich in diesem schweren entscheidenden Kampfe/
und so geschah es durch Gottes Beystand / daß eines der schwer-
sten Ungewitter/ so ziemlich glücklich über das äußerst bedrängte
Klosterneuburg hinweg zog.
Von diesem Tage an war die obere Stadt von dem Schre-
cken der stürmenden Türken befreyt- und die Belagerten konn-
ten sich mit Recht einer Standhaftigkeit rühmen - durch welche
sie der Plünderung und dem Brande entgangen waren. Meh-
rere Gefechte- die am 28. August- am 7. und 8. September in
der Gegend der Stadt zwischen General Heißler und den
Türken vorfielen- endeten sich jederzeit mit der Niederlage der
letzteren - die überdies; noch zweymal ansehnliche Beute zurück
ließen.
Am 9. September endlich gab General Veceio dem
Constabler Hans Georg Keller den freudigen Auftrag - sich
auf die Spitze des Kahlenberges zu schleichen- dort drey Feuer
anzuzünden - einige Handgranaten zu werfen und 6 Racketen
steigen zu lassen - um der Stadt Wien die Ankunft ihres Ent-
satzes anzukünden- der dann auch wirklich den i2. September
erfolgte. Die Macht der anrückenden christlichen Hülfsarmee
schreckte die Feinde aus ihren Verschanzungen - sprengte sie in
die Flucht und befreyte Wien mit der ganzen Umgegend von
diesen grausamen Unmenschen zum zweyten Male.
Klosterneuburg hätte in dieser Epoche zwar sehr viel ge-
litten; allein- gerne verschmerzte es jeden Verlust- weit nur das
Vaterland wieder befreyet war. Glücklich und still - doch unbe-
kannt der Geschichte, verlebten nun seine Bürger viele der kom-
menden Jahre- in denen sich ihr Wohlstand wieder nach und
nach emporhob. Sie hatten bald die untere Stadt und die
Wienervorstadt von allen traurigen Erinnerungen der türkischen
Zerstörung gereinigt - sich wieder neue Häuser erbaut- und er-
zählten nun freudig ihren staunenden Enkeln die Proben des
Muthes- mit welchem sie einst für Herd und Eigenthum kämpf-
*7
Len. Fröhlich und heiter beschlossen sie das 17. und 18. Jahr-
hundert/ ruhig gingen alle Stürme der damaligen Kriege über
Klosterneuburgs Scheitel hinweg/ und nur wenige/ aber desto
erfreulichere Ereignisse machten den Schluß des letzteren Jahrhun-
dertes seinen Bürgern auf immer unvergeßlich.
§- 9-
Zm Jahre 1782 am 20. April hatte Klosterneuburg das
seltene Glück/ das Oberhaupt der römischen Kirche in seinen
Mauern bewillkommen zu können / denn Papst Pius VI.
kam an diesem Tage hierher/ um den heil. Landespatron Öster-
reichs zü verehren und das hiesige Chorherrenstift zu besehen. Bey
dieser Gelegenheit ertheilte der heil. Vater von einem Fenster
des Stiftes einer Menge von 6000 Menschen feyerlich seinen
apostolischen Segen.
Im Jahre 1765 erwies Kaiser Jose pH II. den hiesigen
Bürgern die Gnade/ dem jeweiligen Scadtrichter/ den Nah-
men eines Bürgermeisters ertheilen und den alten Rath in ei-
nen städtischen Magistrat verwandeln zu dürfen. Herr Carl
B 0 ß n i g g wurde der erste mit jenem Ehrentitel geziert.
Im Jahre 1797 endlich/ bey dem Vordringen der Fran-
zosen gegen die österreichische Gränze/ griffen auch die Stu-
dierenden der hohen Schule zu Wien/ gleich anderen Vater-
landshelden zu den schützenden Waffen/ und als sie Wien ver-
ließen / verlegte ihr Anführer / Herzog Ferdinands on
Würtemberg/ das Hauptquartier nach Klosterneuburg / wo
er selbst seine Wohnung im Stifte aufschlug und Ordnung und
Sicherheit thätig beförderte.
Damals verschonte der / über diese Anstalten staunende
Feind/ voll Achtung für den gezeigten Patriotismus, Öster-
reichs Gränze; doch gleich einem wilden Waldstrome ward sie
von Frankreichs und seiner Verbündeten Heeren in den Jahren
i8o5 und 1809 überschritten.
Schon lange hatten Klosterneuburgs friedliche Bürger die
Schrecken eines feindlichen Einfalls nicht mehr empfunden-/ und
kannten Leiden dieser Art nur aus den Erzählungen ihrer Vor-
eltern oder anderer Städtebewohner: da rückte Abends den n.
Nov. i8o5 der französische General Sebastiani mit seinem
To^oge, v. Öfterr. I, Abth. B
i8
Chore um anderthalb Tage früher ein, als die feindliche Haupt-
armee über Krems und Dürnstein in Wien eintraf. Er for-
derte Einquartierung und Verpflegung für seine Soldaten/
für sich selbst 6000 Silbergulden Brandsteuer von der Stadt /
begnügte sich aber mit 5ooo Gulden Papiergeld und zog mit
seinen Leuten am 10. des nähmlichen Monathes nach Wien.
Gleich nach seinem Abzüge kam der französische General
Milhaud mitdem Pontonier -Corps hierher. Dieses schlug am 2.
December bey Nußdorf über die Donau eine Schiffbrücke/
welche aber schon am 6. dieses Monathes des starken Eisgan-
ges wegen / wieder abgetragen werden mußte.
Zu gleicher Zeit wurde von dem französischen Oberarzte
Bourdet die städtische Pontonier - Easerne zu einem Spitale
für die Kranken und Verwundeten auf Kosten der Stadt um-
geschaffen / und am 6. December nach der Schlacht bey Auster-
litz reichlich angefüllt. An der-Seite Bourdets mußte der stän-
dische und Scadt - Physicus Sebastian von Taffara den Kran-
ken die nöthige Hülfe leisten. Am 20. December Mittags um
halb ein Uhr erschien Napoleon selbst im hiesigen Stifte/ und
erkundigte sich angelegentlich durch einen seiner Officiere um die
Wartung und Pflege der Verwundeten und Kranken.
Am 8. Jänner 1606 zog das feindliche Pontonier-Corps
hier weg/ und am i5. desselben folgten ihm alle übrigen
Franzosen.
Nicht mit gleicher Mäßigung wurde die Stadt im Jahre
1809 von den nähmlichen Feinden behandelt. Die Bürger er-
litten bis auf das Beschießen / alle Arten der Bedrückung /
gleich dem benachbarten Wien. Ihr Vermögen wurde durch ge-
waltsame Requisitionen/ durch Verpflegungskosten und Steuern
vermindert/ und ihr Wohlstand/ der sich durch einige glückliche
Weinjahre bedeutend vermehrt hatte/ auf sehr lange Zeit wie-
der zurückgesetzt.
Diese sind die Schicksale der Stadt Klosterneuburg seit ih-
rer Gündung bis zum Jahre 1810. So manchen harren Schlag
des Vaterlandes hat auch sie mitgefühlt/ so manchen Anfall von
außen her rühmlich mit abgeschlagen r und ihre Anhänglichkeit
an^Fürst und Vaterland erprobt. Ost litten ihre Bürger in den
19
Zeiten allgemeiner Noth bedeutende Verluste/ nicht selten sahen
sie ihre Wohlfahrt und ihre Blüthe zerknickt. Doch die segnen-
de Hand des Allmächtigen heilte die Wunden / und durch Thä-
tigkeit und Fleiß hob sich in sieben Jahrhunderten Klosterneuburg
zu einer bedeutenden Stadt des Vaterlandes empor/ deren
Werth sogar die erhabenen Herrscher Österreichs durch deutliche
Beweise ihrer Huld und Vorsorge anerkannt haben.
Gegenwärtig theilet sich Klosterneuburg in.die obere und
untere Stadt/ die jedoch beyde unter einem Bürgermeister und
einem gemeinschaftlichen Magistrate stehen. Die obere Stadt
gehört unter die Stiftspfarre/ die untere aber zur uralten St.
Martinspfarre. Von beyden Pfarren/ von der hier befindliche!:
Haupt - und einer Trivialschule und von dem Bürgerspitale
wird in einem eigenen Abschnitte der Vollständigkeit wegen ge-
handelt werden.
Unter den 479 Häusern beyder Städte bemerkt man meh-
rere Höfe österreichischer Stifte/ eine Pontonier - Caserne/ das
k. k. Fuhrwesen-Depot/ vormals ein Freyhof des Fürsten
de Ligne / und außerhalb der oberen Stadt / hart an der Do-
nau/ den sogenannten Schiffbauhof/ wo die zur k. k. Armee
gehörigen Pontons verfertiget werden.
II. Geschichte des Stiftes Klosterneuburg*).
Zunächst der oberen Stadt Klosterneuburg / auf dem Ber-
ge gegen die Donau/mit der herrlichen reitzvollen Aussicht aus
das jenseitige Land und die gegenüberliegenden Ortschaften / be-
findet sich die Canonie der regulirten lateranischen Chorherren
des heiligen Augustins/ welche Leopold den Heiligen/ Mark-
grafen von Österreich / als ihren Stifter verehret.
Markgraf Leopold der Heilige hatte sich schon im
Jahre 1101 auf der äußersten Spitze des Kahlenberges (dem
heutigen Leopoldsberge) ein neues Schloß erbauet und befesti-
get. Am i.May 1106 vermählte er sich zuMölk mit Agnes/
*) Nach Maximilian Fischers, 6, R. G. merkwürdigere Schicksale des Stif-
tes und dev Stadt Klosterneuburg. Wien 1815. Verglichen mit dem Klo?
sterneuburger Stift und Pfnrraeten im erzhischöfl. Consiftorial- Archiv-
Lit. K. Nro. IX und X.
B 2
.20
einer Tochter Kaiser Heinrichs IV. und Wittwe Herzog
Friedrichs von Hohenstaufen / zog gleich nach geendigten -
Hochzeitsfeyerlichkeiten mit seiner Gemahlinn in sein neues
Schloß/ und bestimmte dasselbe zur Residenz/ um als Mark-
graf der gefährlichen Gränze seines Landes näher zu seyn.
Die beyden Ehegatten beschäftigte auf ihrem Schlosse bald
der fromme Gedanke/ in der Nähe desselben / zur Ehre Gottes
unb zum Besten des Landes / ein Gotteshaus zu erbauen /
und sich durch dieses Opfer Gott wohlgefälliger zu machen. Eben
berathschlagten sich beyde / (nach der Erzählung des gleichzeitigen
Geschichtschreibers Rikards von Neuburg) an einem Fenster des
Schlosses über den Ort/ wo der beschlossene Bau ausgeführet
werden könnte: da führte zufällig / wenn man ja unter Got-
tes weiser Fürsehung etwas zufällig nennen kann/ ein heftiger
Wind den Schleyer der Markgräfin in den Wald an der Do-
nau/ und Leopold / der ihn nach einiger Zeit bey Gelegenheit
einer Jagd/ wieder auffand/ bestimmte nun den Ort/ wo die
Haselstaude stand/ auf welcher der Schleyer gehangen hatte/ zum
Platze für das zu erbauende Stift und Gotteshaus.
Noch im nähmlichen Jahre 1106 scheint Leopold den ver-
abredeten Bau der Kirche und der Wohnung für die Priester be-
gonnen zu haben. Freylich konnten beyde nur klein und dürftig
seyn / weil sie innerhalb eines Jahres schon fast vollendet waren/
und Leopolds Wunsch noch lange nicht in Erfüllung gegangen
wäre/ wenn er sogleich einen großen Bau unternommen hätte.
Kirche und Stift standen bereits im Sommer 1106 voll-
endet ; denn von diesem Jahre fangen im Saalbuche (Besitzbu-
che) des Stiftes die Schenkungen an/ die durch die Freygebig-
keit des Bischofs Herr mann von Augsburg / des Markgra-
fen Leopold / und mehrerer seiner Ministerialen/ dem neuen
Collegiatstifte/ das nur aus einem Propste/ Otto dem I.
und vermuthlich zwölf Chorherren bestand / zuflössen.
Leopolds sehnlichstes Verlangen war nun wenigstens zum
Theile erfüllt; er hatte sein kleines Stift möglichst schnell er-
baut/ und erwartetenun einen günstigen Zeitpunct / um seinen
gefaßten Vorsatz noch feyerlicher lösen zu können. Am 12. Innr-
erer July des Jahres 1114 ließ Markgraf Leopold / durch den
Probst der kleinen Collegiatkirche , dem er aus Demuth dieses
Geschäft übertrug, den Grundstein zur großen/noch heutiges
Tages stehenden Stiftskirche legen , und betrieb nun den Bau
derselben nach Kräften.
Mitten unter diesen Bemühungen' starb Otto, der erste
Propst, der bereits an Jahren bedeutend vorgerückt war; und
Markgraf Leopold bestellte nun seinen drittgebornen Sohn,
einen Jüngling von 14 Jahren/ Otro den zweyten/ im
Jahre 1122 zum Vorsteher des Stiftes. Damit sich Otto die/
zu der Würde / die er bekleiden sollte/ nöthigen Kenntnisse er-
werbe/ schickte ihn sein Vater nach Paris auf die- Schule/ und
übertrug indeß die Obsorge des Stiftes und die geistlichen Ver-
richtungen dem Chorherrn Op olden, der schon unter dem
ersten Propste (wegen dessen kränklichen Umständen) / die-
ses Geschäft übernommen hatte. Nach zwey Jahren kam Otto
nach Österreich/ um seinen Vater so wie sein Stift zu besu-
chen/ und beschenkte bey dieser Gelegenheit die Kirche mit vie-
len Reliquien / die feyerlich in die Kirche übertragen/ auf dem
Altare der seligsten Jungfrau Maria verwahret wurden.
Unermüdet sorgte Leopold für die Aufnahme seiner Stif-
tung Klosterneuburg / und beschenkte selbe mit immer mehreren
Gütern. Seinem Beyspiele folgten seine älteren Kinder/ die
schon eigene Besitzungen hatten/ eine große Anzahl Adeliger/
nebst and'eren wohlhabenden Österreichern / und so vergrößerte
sich fortwährend das Eigenthum der hiesigen Kirche.
Der Bau der neuen Kirche war noch nicht vollendet, als
Propst Otto II./ der im Jahre 1126 zu Morimund m den
Cisterzienserorden getreten war, alldort züm Abte erwählet wur-
de, und Leopolden in die Nothwendigkeit versetzte, für sein
hiesiges Stift einen anderen Propst zu bestimmen. Weil nun
ohnedieß die weltlichen Chorherren den Gottesdienst nicht mit
gehörigem Eifer, so wie Leopold wünschte, verrichteten, so woll-
te er bey dieser Gelegenheit zugleich sein Stift in ein Regular-
haus verwandeln, und bestimmte dasselbe nun auf Anrathen
mehrerer Bischöfe, für regulirte Chorherren des heilrgen Augustin.
H a r t m a n n, Propst zu Chiemse e, war zu der Zeit im all-
gemeinen Rufe einer ausgezeichneten Frömmigkeit, und diesen
22
wünschte nun Leopold zum Vorsteher seines neu umgeschaffenen
Stiftes. Auf das Zudringen des Erzbischofs Conrad von
Salzburg/ eines Sohnes des heiligen Leopold/ nahm Hart-
mann im Jahre n53 wirklich den Ruf nach Österreich an / und
wählte sich aus mehreren geistlichen Häusern fromme Begleit
ter. Sowohl von Chiemsee / als auch von Salzburg und St. Ni-
cola folgten Einige seiner Einladung/ wahrscheinlich begaben sich
auch zu Klosterneuburg manche der weltlichen Chorherren unter
des Neuangekommenen Leitung. Markgraf Leopold empfing ihn
mit Freude und Ehrfurcht/und wollte das Stift wiederhohlt mit
Gütern und Pfarren bereichern; doch Hartmann schlug jedes
Geschenk aus/ gab selbst die beyden Pfarren der weltlichen
Chorherren/ St. Agatha und Falkenstein/ Leopolden zurück/
und entschloß sich nur auf vieles Zureden/ die Pfarre des hei-
ligen Martins zum Stifte zu nehmen/ um jede Irrung zu
vermeiden / die in der Folge zwischen diesem Pfarrer und dem
Stifte entstehen konnte.
Diese Veränderung/ welche Leopold zu Klosterneuburg vor-
genommen hatte / berichtete er nun nach Rom / bath den Papst
hierüber um seine Bestätigung / und empfahl das Stift seinem
besonderen Schutze. Jnnocenz II./ der gerade damals im Jah-
re n34 zu Pisa ein Concilium hielt/ als der Gesandte mit
Leopolds Aufträge nach Rom reisen wollte/ freute sich über die
Ehrfurcht des frommen Markgrafen / erfüllte gerne seinen geäu-
ßerten Wunsch / und stellte einen eigenen Schutzbrief aus / den
alle dort gegenwärtigen Bischöfe unterzeichneten.
So weit waren die Sachen gediehen / als endlich im Jah-
re ii36 Klosterneuburg gänzlich vollendet wurde. Beynahe 3.o
Jahre hatte Leopold auf die Vollendung dieses Stiftes verwen-
det/ und ein Gotteshaus bey selbem aufgeführt/ dem an Große
und Festigkeit wenige jener Zeit an die Seite gestellt wer-
den konnten. Nun sollte die feyerliche Einweihung dieser gro-
ßen Kirche geschehen/ und der Stifter bestimmte dazu seinen
Geburtstag/ den 29. September. Er lud den Erzbischof C o n-
rad von Salzburg/ die Bischöfe Regin mar von Passau
und Roman von Gurk ein/ damit sie die Einweihung des
Gotteshauses verrichteten / und auf seine Veranstaltung erschie-
nert auch Ottaka r, der steyrische Markgraf/ nebst dem
größten Theile des österreichischen Adels und einer unüberseh-
baren Menge des Volkes. Bey dieser Gelegenheit opferte Leo-
pold neuerdings zwey Unterthanen auf die feyerlichste Weise/
und bestätigte alle Besitzungen des Stiftes durch eine eigene
Urkunde/ welche noch vorhanden ist/ und in der alle adeligen
Gäste als Zeugen aufgeführet werden.
Als diese große Feyerlichkeit nach dem Wunsche des from-
men Markgrafen beendiget war/ begab er sich wieder in sein
Schloß auf dem Kahlenberge zurück/ verlebte dort seine übrigen
Tage in stiller Ruhe / und vollendete noch im nähmlichen
Jahre ii36 am i5. November seine irdische Laufbahn/ nach-
dem er volle 65 Jahre gelebt hatte. Drey Tage blieb sein Leich-
nam öffentlich in der Burg ausgesetzt; dann aber brachte man
ihn nach Klosterneuburg/ wo er vom Bischöfe Reginmar von
Passau am 19. November im Capitel (der heutigen Leopolds-
Gruft) beerdiget wurde.
Bald nach dem Absterben des seligen Stifters schickte Papst
Jnnocenz II. dem Stifte einen eigenen Schutzbrief/ den er
am 3o. November 1157 zu Rom ausfertigen und von mehreren
Cardinälen unterzeichnen ließ. Er bestätigte darin alle Besitzun-
gen des Stiftes/ ertheilte demselben das Recht/ sich seine Pröpste
selbst zu wählen/ verordnete/ daß Niemand als die Nachkom-
men Leopolds das Vogteyrecht über dieses Stift ausüben sollte/
und wies die Geistlichen an den Bischof zu Passau als ih-
ren Diöcesan / um die kirchlichen Bedürfnisse zu erhalten.
Für< alle diese Begnadigungen und Freyheiten mußte das Stift
alljährlich einen Goldgulden nach Rom überschicken/ zu dessen
leichteren Beförderung der alte Castellan von Gars/ Erchenbert/
dem Stifte eine Wirthschaft zu Egenburg schenkte.
Klosterneuburgs Besitzungen wurden im Jahre n5o durch
Kaiser Conrad NI. mit einer Kirche auf dem Berge zu
Krems/ die Altenburg hieß/ vermehret; und Leopold V.
der Sohn und Nachfolger des seligen Stifters beschenkte
die Stiftung seines Vaters mit Einkünften zu Egenburg/ ei-
ner Mühle zu Krems/ und einem Landgute zu Pirawart.
So vermehrte sich allmählich des Stiftes. Eigenthum /
als unvermuthet Propst Hartmann / der rastlos das zeitliche und
ewige Wohl seiner untergebenen Brüder beförderte/ zum Bi-
schöfe von Brisen in Tyrol/ im Jahre ji4i erwählt wurde/
und die Propstey/ Marquard dem I./ einem Bruder des
berühmten Propstes zu Reichersberg Gerh o h / überließ.
Kaum hatte Hartmann den bischöflichen Stuhl zu Brixen
bestiegen/ so fing er in dessen Nähe ein Stift für regulirte Chor-
herren zu bauen an / nannte es Neu zell/ und begehrte vom
Propste Marquard/ seinem hiesigen Nachfolger/ den Dechant
Heinrich zum Vorsteher dieser neuen Stiftung. Ungern ent-
schloß sich Marquard/ Heinrichen reisen zu lassen / denn er
war eine Perle für Klosterneuburg ; doch das unermüdete wieder-
hohlte Begehren des Bischofs/ seine eigene Hieherreise/ und
die Verwendung Erzbischof Conrads von Salzburg/ bewo-
gen ihn endlich / diesen nebst anderen Priestern und Larenbrüdern
nach Neuzell zu entlassen.
Schon damals scheint das Stift Klosterneuburg im vor-
züglichen Rufe gestanden zu haben/ denn der päpstliche Legat
und Cardinal - Diacon Peter/ der sich Geschäfte halber in Öster-
reich aufhrelt/ ertheilte den hiesigen Chorherren in einer eigenen
Urkunde das Recht / jede Pfarre / die ihnen angetragen würde/
anzunehmen und zum Nutzen des Stiftes zu verwalten; auch
erlaubte er / fast zur nähmlichen Zeit/ dem Propste Marquard /
sich wegen des Ansehens der Stiftskirche / und der genauen Be-
obachtung ihrer Ordensregel/ des Krummstabes zu bedie-
nen / und geistliche Kleider zu weihen.
Unter diesem Propste verließ endlich auch Agnes/ die
Gemahlin des heiligen Stifters Leopold / am 24. September
12 7 in einem Alter von 81 Jahren / dieses Zeitliche. Sie wur-
de im Capitel zu Klosterneuburg an der Seite ihres schon lan-
ge verblichenen Garten beygesetzt / und verdient in den Jahr-
büchern Österreichs ein dankbares Gedächtniß; denn nach ihrem
Ra ge war sie die Urenkelin/ Enkelin/ Tochter/ Schwester/
Mutter und Großmutter deutscher Kaiser / und durch ihre Töch-
ter die Stammfrau vieler Könige und Fürsten. Sie zeichnete
sich durch eine sorgfältige und gottesfürchrige Erziehung ihrer
vielen Kinder/ durch Demuth und Eingezogenheit/ und durch
25
Mildthätigkeit gegen die Armen aus/ dergestalt/ daß auch ihr
das Volk bald den Nahmen einer Seligen schenkte.
Noch war die Trauer/ um ihre gute Stifterin Agnes/
keinesweges in dem Herzen der Stiftsbewohner entschwunden:
als eine .unglückliche Begebenheit dieselbe neuerdings anfachte.
Im Jahre n58 nähmlich wurde das Stiftsgebäude zum ersten
Male durch eine Feuersbrunst zu Grunde gerichtet/ und da-
durch dem Stifte/ welches erst vor 22 Jahren seine Vollendung
erhalten hatte/ ein empfindlicher Schade verursacht/ den nur
die edle Freygebigkeit mancher Gutthäter in etwas wieder er-
leichterte.
Schon hatte Propst Marquard im Jahre 1146 vom Prop-
ste Eug e n 111. und im Jahre 114.7 vom Kaiser Conrad II.
die Bestätigung der Besitzungen und Gerechtsame des Stiftes
erhalten; nun gab ihm auch Herzog Heinrich Jasomir-
gott/ der indessen seinem Bruder Leopold V.gefolgt war/ im
Jahre 1162 einen Bestätigungsbrief über alle Besitzungen und
Freyheiten des Stiftes/ nahm es in seinen besonderen Schutz/
und befreyte es von den Unterdrückungen der Untervögte. Sol-
che Begünstigungen erwies er deßwegen dem Stifte / weil es die
Grabstätte seiner geliebten Ältern war. Auch diese drey Urkun-
den befinden sich im Stifts-Archive.
Marguard endigte im Jahre 1167 sein thätiges Leben; und
ihm folgten nach kurzen Zwischenräumen in der Propstwürde sein
Stiefbruder Ru dg er/ und nach dessen im Jahre 1168 erfolg-
ten baldigen Tode Wern her/ unter welchem diesem Gortes-
hause viele Schenkungen gemacht wurden. So übergab Herzog
Heinrich dem Stifte ein Haus zu Korneuburg, und verwal-
tete das Amt eines obersten Schirmvogtes / als Alb er 0 und
Hadmar von Chunring mit dem Stifte einen Tausch zu Kah-
lenberg / und die Grafen von S ch a l a / Schenkungen an das-
selbe machten.
Die traurige Kirchenspaltung / die nach dem Tode des
Papst Hadrians IV. durch die uneinige Papstwahl zwischen
Alexander III. und V i c r 0 r III entstand / und vom Jahre
1109 bis 1177 dauerte/ hatte die Priester des Stiftes so
verringert/ daß selbst Wernher/ als Dechant nur Diacons-
' 2Ö
würde hatte/ und im Jahre 1167 mit 3o Clerikern nach Frie-^
fach reiste / um dort von dem vertriebenen Erzbischöfe Conrad
-von Salzburg / welcher dem schismatischen Papste nicht hul-
digte/ dre betreffenden Weihen zu empfangen. Auch das Stift
Klosterneuburg wird um diese Zeit in alten Chroniken als ein
besonderes Muster der Standhaftigkeit aufgeführt/ weil es sich
ungeachtet der Verfolgungen Bischof Ruperts von Paffau/ und
dessen Nachfolgers, welche dem Gegenpapste beypflichteten / kei-
nesweges von der Partey Alexander HI. getrennt hatte.
Sobald nach Aufhebung der Kirchenspaltung / auch die dar-
aus entstandenen Kriege aufhörten / und Österreich wieder der
Ruhe genoß / wuchsen dem Stifte durch neue Schenkun-
gen beträchtliche Vortheile zu / die späterhin den Propst Wern-
her veranlaßten/ im Jahre 1181 zu Verdun einen Altar ver-
fertigen zu lassen/ der seiner schönen Arbeit wegen noch heut zu
Tage Bewunderung verdient. Er enthält nebst so manchen an-
deren Inschriften auch folgende:
Anno miileno centeno septnageno
Nec non undeno, Wernherns corde sereno
Sextus Praeposilus tibi Virgo Maria dicavit
Quod Nicolaus opus Verdunensis fabricavit.
Auch machte er bald darauf mit Einstimmung des Capitels die
Veranstaltung: jährlich am Sterbetage des Stifters den Armen
eine rerchliche Spende zu reichen / damit sich dieselben des from-
men Markgrafen dankbar erinnern möchten.
Wernher wurde nicht lange darnach im Jahre 1186 von
seinem Stifte abgerufen / um wahrscheinlich anderswo eine neue
Versammlung regulirter Chorherren einzurichten. G 0 L t sch a lk
kam nun an seine Stelle/ und sorgte väterlich für die Bestäti-
gung und die Vermehrung der stiftlichen Güter.
Es wäre zu langwierig und für unsere meisten Leser nicht
interessant genug, alle kleineren Geschenke / Vermächtnisse und
Stiftungen/ so wie alle bischöflichen/ päpstlichen oder landes-
fürstlichen Bestätigungen/ die dem hiesigen Chorherrnstifte so-
wohl unter diesem als den folgenden Pröpsten gemacht wurden/
nahmentlich anzuführen; die Auszüge aus dem alten Saalbuche
des Stiftes/ und die übrigen Schenkungsurkunden/ die Herr
2 7
M ax. Fischer in der zweyten Abtheilung der angeführten Ge-
schichte so reichhaltig liefert/ bürgen für ihre Menge/ und bezeugen
die Freygebigkeit der stiftlichen Wohlthäter. Nur der einzigen
Stiftung wollen wir hier erwähnen / welche Agnes die Gemah-
linn Alberts von Pfaffstätten zur Beleuchtung des Grabes des
heiligen Leopold machte. -
Gottschalk verließ schon im Jahre 1192 das Leben/
und seine Würde wurde nun zum zweyten Male W e r n h e r' n /
der indeß sein Geschäft vollendet hatte/ zu Theil; aber schon
nach zwey Jahren wurde er zum Gurkischen Bisthume berufen/
und konnte also so wenig wie seine beyden NachfolgerO t to III.
und Rudolph 1/ die kaum zwey Jahre dem Stifte vorstanden/
demselben einen merklichen Nutzen verschaffen.
Endlich kam Dietrich P u r g e r im Jahre 1196 zur
Propstwürde/ und erhielt einige Jahre vor seinem Tode/ vom
Bischof Man eg old zu Passau / die Pfarre Stockerau/ da-
mit sein Stift eine Unterstützung in seiner Gastfreyheit hätte.
Selbst Inn 0 cenz III. bestätigte auf die Bitte des Propstes
diese Schenkung im Jahre i2i5; allein durch unbekannte Zu-
fälle wurde diese Pfarre wieder vom Stifte getrennt.
Wisinto wurde im Jahre 1216 Dietrichs Nachfolger;
entsagte aber schon im Jahre 1219 der Propstey/ die dann
Walther erhielt/ der Dechant zu St. Florian war / und nur
wenige Jahre zum Besten des Stiftes verlebte. Schon im Jah-
re 1223 bedurfte es eines neuen Propstes/ wozu M a r q u a r d II.
erwählet wurde. Auch er bekleidete diese Würde nur kurze Zeit.
Bald nach ihm 1227 endigte auch Herzog Heinrich der Grausa-
me das Leben. Diesen traurigen Zunahmen erhielt er von der
Empörung gegen seine Mutter Theodora; aber er bereute diese
That noch vor seinem Tode/ und wurde im hiesigen Stifte beer-
diget. Marquarden folgte Conrad I.mit dem Beynah-
men Gold stein/ der vom Herzoge Heinrich von Möd-
ling/ das Dorf Kogelbrunn/ welches auf der Südwestseite
des Kahlenberges lag / um 200 Talente Wienermünze kauf-
te / aber erst viele Jahre darnach den wirklichen Besitz des-
selben alltreten konnte/ indem die kriegerischen Zeitläufe unter
Friedrich dem Streitbaren ganz Österreich in Verwir-
rung gebracht hatten.
28
Nach dem Tode der Herzogin Theodora/ die bey der
Nachricht von dem unglücklichen Lode ihres Sohnes / des eben-
genannten Friedrich des S t r e i t b a r e n und letzten Regen-
ten Österreichs aus den Babenbergern/ im Jahre 1246 gleich-
falls von der Erde hinweggerafft wurde/ erhielt das Stift als
ein frommes Vermächtnis;, das von ihr bewohnte Schloß auf
dem Kahlenberge/ welches aber späterhin die Ursache langwieri-
ger Streitigkeiten wurde.
Noch unter dem Propste Conrad schenkte Leopo ld Graf von
Ha rd eck sein DorfH ö fl e i n an der Donau/ sammt -dem Pa-
tronatsrechte über die dortige Pfarre-. im Jahre 124 ) dem Stifte/
von welchem er nur ii5 Pfund Pfennige als Bezahlung ein-
forderte.
Mitten unter diesen Bemühungen zum Besten des Stiftes
starb der thätige Propst Conrad 1. und überließ Würde und
Sorgen seinem Nachfolger D ie t ma r. Dieser war ein Mitglied
der österreichischen Gesandtschaft nach Meissen / um dem ver-
waisten Vaterlande einen neuen Beherrscher auszumitteln / und
wurde mit den übrigen bey ihrer Durchreise in Prag vom Könige
Wenzel solange festgehalten/ bis sie versprachen/ seinen Sohn
Przimisl Ottakar den österreichischen Ständen als Regen-
ten anzuempfehlen/ der übrigens das Land ohne weiteren in
Besitz nahm.
Nur zwey Jahre scheint Dietmar sein Vorsteheramt beglei-
tet zu haben / denn bereits im Jahre 1282 erscheint als Propst
Conrad II. Die Stiftsbesitzungen hatten seit dem Tode Fried--
richs des Streitbaren durch die ungarischen Kriege großen
Schaden gelitten ; der Propst wandte sich also an J n n o-
cenzlV./ stellte ihm die traurige Lage des Stiftes vor/ klag-
te ihm- daß durch die oftmaligen Einfälle der Ungarn/ die
Grundstücke und Unterthanen des Gotteshauses so sehr gelitten
hätten / daß die Geistlichen kaum den nöthigen Lebensunterhalt
mehr erhielten; und der Papst erließ am 27. Juny i253 eine
Bulle/ worin er dem Abte zu Heiligenkreutz den Auftrag gab/
den König von Ungarn durch Vorstellungen zu bewegen / daß
er in Zukunft das Stift Klosterneuburg verschone / und demsel-
ben einen Schadenersatz nach Billigkeit leiste.
29
Unter wiederhohlten Bemühungen / das gesunkene Stift
nach Möglichkeit aufzurichten/starb Co n rad LI.den 12.März.
1257 und ihm folgte Nicolaus I./ dessen erste Sorge es war/
sich in die genaueste Kenntniß der damaligen Rechte und Be-
sitzungen des Stiftes zu setzen/ ein eigenes Urbarium (Grund-
buch) verfertigen / und alles durch König Ottakar bestätigen
zu lassen. Obschon durch seine Thätigkeit der Zustand des Stiftes
sich etwas verbesserte: so zwangen rhu doch bald die häufigen Un-
glücksfälle/ die sein Gotteshaus durch die Krieaesvorfälle dieser
Zeit und di? öfteren Donauüberschwemmungen erleiden mußte /
manche Besitzungen zu veräußern und viele Schulden zu ma«
chen. Dadurch kam nun das Stift in sehr dürftige Umstände/
die durch die Kriege Kaiser Rudolphs von Habsburg und
König Ortakars von Böhmen immer trauriger wurden / und
denen Propst Pabo/ der indeß im Jahre 1279 dem vorigen
gefolgt war/ durch so manche erhaltene Schenkung oder Begün-
stigung nur wenig abhelfen konnte. Propst Nicolaus i. war
auch auf dem Concilium zugegen / welches Papst Gregor X.
zu Lyon im Jahre 1274 zur Vereinigung der griechischen mit der
lateinischen Kirche veranstaltete.
Dieß war der Zustand des Stiftes/ als eine der feyerlich-
sten Ceremonien in Klosterneuburg den Anfang nahm. Zwar
hatte Papst Urban I V. schon im Jahre 1264 durch eine eige-
ne Bulle verordnet/ daß die Feyer des sogenannten Fron-
leichnamsfestes überall begangen werden sollte; doch die
damals herrschenden Kriege und Europens zerrüttete Lage hat-
ten der Erfüllung dieses Gebothes bisher im Wege gestanden.
Jetzt aber/ in ruhigeren Zeiten führte Elisabeth / Gemahlin
Herzog Alb er ts I. die Feyer dieses Festes in Österreich ein /
und machte den Anfang zu dieser Andacht im hresigen Stifte.
Sie erbaute in der Stiftskirche einen Gotrs - Leichnams - Al-
tar/ verordnet?/ daß am Donnerstage nach der Pfingstoctave
der feyerlrche Umgang gehalten / und an jedem Donnerstage des
Jahres von einem Chorherrn wiederhohlt werden sollte/ machte
zu diesem Ende eine Stiftung von 80 Pfund Pfennigen zum
3o
Ankaufe liegender Gründe/ und ließ alles dieses im Jahre 1288
durch die Bischöfe von Paffau und Seckau bestätigen.
Unter Propst P abo gewann auch die Kirche mehrere Ab-
lässe/ die ihr verschiedene Bischöfe gelegenheitlich ertheilten. Das
Stift wurde unter ihm mit einem neuen Kreutzgange-. zu dessen
Erbauung der Propst 100 Pfund Wienerpfennige borgte/ gezie-
ret, und das Kirchengeräthe mit einem noch vorhandenen (aber
1337 umgearbeiteten) Kelche und elfenbeinernen Krummstabe
vermehret.
Pabos Nachfolger/ Hadmar im Jahr 1292 hatte zwar
für sein Stift/ vom Herzoge Albert I. das einst verpfändete
Dorf Stoizendorf und einen Weingarten/ Vilz genannt/ als
Geschenk wieder zurück erhalten / allein durch seine Verschwen-
dung waren andere Güter verloren gegangen. Da er nun noch
überdieß auch in Hinsicht der Klosterzucht äußerst saumselig war:
so wurde er im Jahre i3oi Don den bischöflichen Visitatoren
der Propstey entsetzt und Rudger II. einmüthig erwählet/ der
aber von dem abgesetzten Hadmar und seinen Brüdern vieles zu
dulden hatte. Am iA. April i3o3 drangen sie mit ihren Freun-
den und vielen Bewaffneten Abends in das Stift/ überfielen
Propst Rudgern/ der eben mit einigen Geistlichen zu Tische
saß / mißhandelten ihn / entrissen ihm die Schlüssel/ und plün-
derten nun alle Vorrathskammern aus. Hierauf ernannten sie
Hadmarn neuerdings zum Propste / Rudgern aber hielten sie ge-
fangen/ und trieben diesen Unfug so lange/ bis durch Hülfe der
Herzoginn Bla n ka Propst Rudger wieder befreyet/ und Had-
mar sammt seinen Mitverschwornen aus dem Stifte vertrieben
ward. Späterhin wurden diese Räuber/ die auch die stiftlichen
Ortschaften verheerten/ vom Herzoge Rudolph III. (dem
Sanftmüthigen) so in die Enge getrieben/ daß sie durch einen
eigenen Revers dem Stifte für die Zukunft Ruhe versprechen
mußten.
Schon Rudger der II. bewarb sich mit allem Fleiße/
die Besitzungen deS Stiftes zu sichern; nicht weniger thätig
war Berthold der I. sein Nachfolger/ der unermüdet ar-
beitete/ die durch Hadmarn verlornen Sriftsgüter wieder zu er-
werben. Unter ihm geschah im Jahre i3c>7 durch Bernhard
5i
Bischof von Passau/ die endliche Einverleibung der Pfarren
HeiligenstadL und St. Martin mit dem hiesigen Stifte ; bey
welcher Gelegenheit der Propst mit den Domherren zu Paffau/
die damals unter der Regel des heiligen Augustins lebten, ei-
nen ewigen Freundschaftsbund errichtete. Um diese Zeit besaß
das Stift ein eigenes Haus Ln der Stadt Enns/ in Oberöster-
reich./ der Neuburgerkeller genannt / welches Propst Berthold
einem gewissen Ulrich den Voln/ mrt der B.edingniß zu Le-
hen gab / daß er den Propst / Oberkellerer / (Kanzleydirec-
tor) und jeden der Chorherren / der nach Enns kommen würde/
in diesem Hause beherberge; und fast mit denselben Bedin-
gungen überließ er auch Heinrich dem Chäser und sei-
ner Ehewirthinn Willibirg/ das dem Stifte gehörige Haus
zu St. Polten.
So rastlos Propst Berthold in Besorgung des zeitlichen
Nutzens seines anvertrauten Stiftes sich zeigte: eben so thätig
sorgte er auch für die Verbesserung der klösterlichen Ordnung
und Zucht. Bischof Bernhard von Paffau fand sich dadurch
veranlaßt/ ihn aller jener harten Einschränkungen und Verord-
nungen zu entheben/ die einst die Visitatoren bey Hadmars'Ab-
setzung dem jeweiligen Propste vorgeschrieben hatten; verwendete
sich sogar im Jahre i3i2 bey El em en s V./ daß er dem Propste/
da Klosterneuburg die geistlichen Satzungen genau beobachte / die
dott befindliche Kirche hoch angesehen sey / und von geistlichen und
weltlichen Fürsten öfters besucht werde/ den Gebrauch der bischöf-
lichen Insignien zugestehen möchte. Ob Berthold aber
diese Auszeichnung wirklich erhalten habe/ läßt sich/ aus Mangel
aller schriftlichen Belege/ nicht bestimmen. Immer beschäftiget
durch Kauf- und Tauschverträge die Einkünfte des Stiftes. zu
verbessern/ endigte dieser Propst im Jahre 1Z17 sein thätiges •
Leben/ und erhielt zu seinem Nachfolger Stephan von
Sierndorf/ von dem das älteste bekannte Wahlinstrument :
des Stiftes vorhanden ist / und der getreulich so wie seine bey--
den Vorfahren für das Beste des Stiftes und für die Zurück-
bringung des verlornen Eigenthumes besorgt war.
Unerwarteter Weise wurde er aber in dieftm Bemühen ge- '
stört/ und nebst dem Stifte in eine nicht unbedeutende Verte-
5 2 -
genheit gestürzet. Propst Stephan wurde nähmlich durch den
päpstlichen Legaten A d e m a r Targa/ wegen einer geforderten
Steuer/ die zwischen beyden Uneinigkeiten erregte/ mit dem
Banne belegt/ und das Eigenthum des Stiftes in der Hitze
des Streites / förmlich jedem Preis gegeben. Nur die Stands.
Hastigkeit des Propstes/ der im Bewußtseyn seiner Unschuld/
eine genaue Untersuchung aller ausgestreuten Verleumdungen
forderte/ worauf er atsogleich die Absolution und den Widerruf
des Legaten erhielt/ konnte das drohende Ungewitter von Klo-
sterneuburgs Scheitel entfernen.
Unaufgehalten setzte nun Stephan seine Anstrengungen für
das Wohl seines Canonicatstiftes fort. Er erneuerte im Jahre
i32o die mit dem Stifte B e r th o l d s g a d e n schon früher
eingegangene geistliche Verbrüderung/ und erwarb sich manche
einzelne kleine Schenkung/ wodurch jedoch die Güter des Stiftes
bedeutend vermehret wurden. Dieß war aber auch um so nöthiger/
weil gerade um diese Zeit das Stift ein Unglück erlitt/ wie es
bisher noch keines erfahren hatte. Den 14. September nähmlich
zwischen den Jahren i3i8 und i322 brach in der Stadt Feuer-
aus/ legte mehr als die Hälfte der dortigen Häuser in Asche/
ergriff dann das Stift/ und richtete dasselbe so zu Grun-
de/ daß Propst Stephan genöthiget war/ die Mehrzahl der
Geistlichen in andere Ordenshäuser zum Aufenthalte zu schicken/
bis die Wohnung wieder hergestellet wurde. Das Stift hatte
zwar schon im Jahre n58 einen beträchtlichen Feuerschaden
erlitten / allein da es erst ein halbes Jahrhundert seines Da-
seyns zählte/ so war das Unglück in literärffcher Hinsicht sehr-
wenig bedeutend. Dieses Mal hingegen verlor Klosterneu-
burg / welches bereits großen Reichthum an Büchern und Ur-
kunden besaß/ einen beträchtlichen Theil besonders der letzte-
ren. Nur die wichtigsten Bücher und Urkunden wurden geret-
tet/ und selbst die Handschrift Rickards von Neuburg / des
ersten Biographen des heiligen Leopold / ging bey diesem Bran-
de zu Grunde.
Kaum waren die in anderen Häusern untergebrachten
Chorherren wieder zurückgekommen / so entstanden große Miß-
helligkeiten zwischen der Mehrzahl derselben und dem Propste/
35
die selbst Albert Bischof von Passau, der im Jahre 1822
nach Klosterneuburg kam, keinesweges beylegen konnte. Seine
Visitatoren, die unvorsichtig genug waren, den Propst Ste-
phan, ohne reife Überlegung seiner Würde zu entsetzen, und von
seiner Gegenpartey den Chorherr,, Ulrich erwählen zu lassen,
fachten die Erbitterung noch mehr an, und zerstörten gänzlich
Ruhe und Ordnung. Da appellirte Stephan an Papst Johann
XXII. und dieser ernannte drey geistliche Commiffäre, die nach
genauer Untersuchung, Ulrichs Wahl zernichteten, Stephan aufs
neue als Propst einsetzten, und so durch ihre Beschlüsse, und
Festigkeit, dem von innen und außen zerrütteten Stifte die
verlorne Ruhe wieder verschafften.
Manche Gnadenbezeigungen der Herzoge versüßten Ste-
phans letzte Lebensjahre; allein nicht lange freute er sich die-
ses Glückes, denn schon im Jahre ,335 starb er. In welcher
Achtung er stand, erhellet daraus, daß der Herzog sammt dem
Landadel seinem Leichenbegängnisse beywohnte.
Nico laus II. Neid hark, sein Nachfolger, überließ
schon ,536 seine Würde Rudwin von Knappen, der
durch die von den Herzogen Albert und Otto gemachte Schen-
kung der schönen marmornen Capelle zu Klosterneuburg im
Jahre ,389 und durch die bestätigte Jncorporation der Pfar-
re Korneuburg, dem Stifte bedeutenden Nutzen verschaffte.
Zur Zierde der Kirche ließ er im Jahre 1844 eine Glocke gie-
ßen, die j3i Centner wog, uni) für deren Verfertigung er
45 Gulden bezahlte. Die im Jahre i34g wüthende Pest entriß
Rudwin dem Stifte, welches nach ihm O r t 0 l p h e n von Vol-
kerstorf zum Vorsteher erhob. Dieser war ein sehr andäch-
tiger und unermüdeter Mann, voll Eifer für die Beförderung
wahrer GotteSverehrung und für das Beste des Stiftes. Von I n-
n 0 c e n z VI. erhielt er der erste aus Klosterneuburgs Pröpsten,
im Jahre ,358 die Erlaubniß, sich nebst den übrigen bischöfli-
chen Insignien, mit denen sich schon seine Vorfahren seit Ber-
tholds Zeiten schmückten, auch der Jnful bedienen zu dür-
fen ; und im folgenden Jahre dehnte der heilige Vater dieses
Privilegium auch auf alle seine Nachfolger aus. So errang Or-
tolph allenthalben das Beste seines Stiftes, vermehrte das Ansehen
Topogr, v. Hsterr- I. Abtl>. C
34
desselben und die Besitzungen nach Kräften. Kleine Ankaufe unb
Tauschverträge beschäftigten ihn bis an seinen Tod/ der endlich im
Jahre erfolgte.
Colomann v o n L a a folgte ihm in seiner Würde und
Thätigkeit. Er vermehrte des Stiftes Besitzungen in verschiede-
nen Gegenden / und wandte auch seine Sorgfalt auf das seit der
letzten Feuersbrunst noch unvollendete Stift. Er ließ die Stifts-
kirche vollends erneuern/ den Kreutzgang mit Ziegeln decken/
neue Glocken gießen / und in der aus Marmor erbauten Johan-
nescapelle neue Altäre errichten. Bald darauf baute er für seine
Chorherren ein neues Refectorium/ und ließ ein vergoldetes
Grab verfertigen/ das am Charfreytage gebraucht wurde. Um
die Frohnleichnamsandacht hier zu befördern/ ordnete er noch
den sey erlichen Zug an / der bis zur Zeit Kaiser Josephs II.
jährlich am Sonntage in der Frohnleichnams -Octave begangen
wurde/ und entsagte dann müde und lebenssatt/ zu Gunsten
Peter Lehnhofers seiner Vorsteherwürde / im Jahre i3g4.
Das Stift hatte der großen Gastung wegen / bedeutende
Auslagen; daher hatte Propst Peter nichts angelegentlicheres
zu thun / als Papst Bon isazIX.zu bitte» / daß er zur leich-
tern Ertragung derselben seinem Gotteshause die Pfarre Höf-
lein an der Donau incorporiren möchte; und gerne willfahrte
dieser 1899 der Bitte des Propstes. So wie sein Vorfahrer/
arbeitete auch Peter an der Herstellung der Stiftsgebäude. Er fing
den Bau des noch stehenden großen Thurmes an- errichtete das
Gebäude für die stiftliche Pfisterey (Bäckerey) / und vermehrte
bedeutend die Güter des Stiftes. Doch mitten unter diesen Be-
mühungen wurde er dem hiesigen Gotteshause im Jahre 1899
durch den Tod entrissen> und Bartholomäus v 0 n P i e r-
baum zu seinem Nachfolger bestimmt.
Nach Albrechts IV. Tod kam viel Unglück über Öster-
reich ; denn die Brüder des Verstorbenen stritten sich um die
Vormundschaft seines hinterlassenen siebenjährigen Sohnes Al-
brecht V./ und ihr Zank ging in blutigen Kampf über/ der mit
Landesverheerung und verschiedenen anderen Unfällen verbunden
war. Das Stift litt bey diesen Unordnungen nicht wenig Scha
55
den/ besonders da Mißwachs/ Überschwemmungen und eine
schlechte Weinlese sich dazu gesellte. Vier Dörfer des Stiftes
gingen durch die Befehdungen und Plünderungen auf dem lin-
ken Donauufer verloren, und die meisten Unterthanen wurden
zu Bettlern. Ungeachtet dieser betrübten Lage setzte Bartholomaus
den angefangenen Thurmbau fort/ erkrankte aber vor Gram
über die erlittenen Unfälle/ und überließ die Propstey freywil-
lig im Jahre 1409 seinem Nachfolger Albert Stock/ der
sogleich große Schulden machen mußte / um nur den nöthigsten
Hausbedarf herbeyzuschaffen. Doch das Elend sollte noch vermeh-
ret werden; am Peterstage 1410 traf der Blitz den Thurm des
benachbarten Frau-enklosters/ legte das ganze Haus in Asche/
und nöthigte Alberten auch aufdeffen Wiederherstellung bedacht zu
seyn. Mit diesem Unglücke vereinigte sich überdieß die Wider-
spänstigkeit der hiesigen Bürger/ die sich weigerten den Grund-
dienst zu zahlen / und den gewöhnlichen Zehent zu leisten; erst
nach drey Jahren i4*7 wurden diese Streitigkeiten durch
den Ausspruch des Herzoges beendiget/ und dem Stifte sei-
ne alten Gerechtsame gesichert. Albert sorgte getreu für die Be-
stätigung aller Besitzungen des Stiftes / und erhielt sie so-
wohl vom Herzoge Albrecht V. als auch vom Concilium zuCon-
stanz/dem er selbst beygewohnt hatte. Der Wunsch / unge-
stört den geistlichen Übungen obliegen zu können / brachte in
ihm den Entschluß hervor, der Propstey zu entsagen/ den er
dann auch im Jahre 1418 in Gegenwart der Visitatoren aus
führte. Diese ernannten nun mit Einwilligung des Capitels
Georgen!. M ü st i n g e r zum Vorsteher des Stiftes/ der einen
seyerlichen Eid ablegen mußte/ stets für das Beste des ihm an-
vertrauten Stiftes zu sorgen.
Unter ihm bekam die Stiftskirche einige Ablässe durch den
päpstlichen Legaten und Cardinalen Johann/ so wie durch
den Erzbischof Bartholomäus von May land //die
Georg I. gleich im ersten Jahre seiner Würde zu bewirthen die
Ehre hatte. Erzbischof E der har d III. von Salzburg er-
nannte ihn seiner Klugheit und Bescheidenheit wegen zum Ge-
neralvisitator aller Chorherrenstifter in seiner Erzdiöcese. Die
h u ssi tischen Unruhen verhmdertenihn leider/ das Wohl des
C2
36
Stiftes nach Wunsche zu befördern ; denn dasselbe verlor bey dem
Eindringen dieser grausamen Feinde fast alle Dörfer jenseits der
Donau/ und wurde dadurch auf's neue in die traurigsten Umstän-
de versetzet / besonders da Mißwachs / außerordentliche Steuern
und Beyträge zum kriegerischen Aufgebothe/ den Schatz bald
gänzlich erschöpften. Ohne dem Übel ganz abhelfen zu können/
ging Georg im Jahre 1442 in ein besseres Leben und erhielt
Simon I.'von Thurm zu seinem Nachfolger.
Bey den unausgesetzten Beunruhigungen und Beeinträchti-
gungen/ welche die geistlichen Häuser in den unglückseligen Fa-
milienstreitigkeiten zwischen Kaiser Friedrich IV. und seinem
Bruder Al brecht dem Verschwender erleiden mußten/ hatte
Simon ohne Aufhören zu sorgen/ daß sein ihm anvertrautes
Srift nicht alles verliere; und weil er späterhin besorgte / daß
bey seinem kränklichen Zustande die Kräfte nicht hinreichen
möchten/ seinem Amte würdig vorzustehen / so entschloß er
sich im Jahre i4&i der Propstey zu entsagen/ und dieseSi-
m 0 nII. Heindl zu überlassen / der so wie sein Vorfahrer bey
Friedrichs und Albrechts unruhigen Zeiten in die unglücklichsten
Begebenheiten verwickelt wurde. Das Stift wurde dabey hart
mitgenommen ;Fr 0 naue r / der berüchtigte Anhänger Albrechts
in dessen Erbstreite gegen Kaiser Friedrich / setzte sich / da er sei-
ne Räubereyen im V. U. M. B. trieb/ in den Besitz Pira-
warts und anderer dort gelegenen stiftlichen Orte / ging dann
bey Stockerau über die Donau / brannte das Dorf Höftein
ab / und führte den Pfarrer mit den übrigen Priestern in die
Gefangenschaft. Hierauf zog er nach Klosterneuburg/ eroberte die
Stadt/ nahm Nußdorf hinweg / und raubte in der ganzen
Gegend bis Hüttldorf. Durch diese häufigen Erpressungen /
Plünderungen/ Verheerungen und Feuerschaden/ die erst mit
Al b r ech t s Tode am 2. December 1463 sich endeten / und die
das Stift und dessen Unterthanen so lange erdulden mußten/
war Propst Simon II. in immerwährender Geldnoth/ und muß-
te beträchtliche Schulden machen/ um nur seine Untergebenen
vom Hungertode zu retten/ und das Stift bey den andringenden
Kriegern durch Geschenke vor Plünderung und Brand .zu bewah-
ren. Herzog A l b r e ch t war dem Propste Simon II. besonders ge-
57
neigt/ und zu einigem Entschädigung machte er. kurz vor seinem
Tode dem Stifte eine Schenkung mit 200 Fuder Salz/ die es
jährlich von der Salzpfanne zuHallstadt bekommen sollte/ führ-
te auch in seiner ausgefertigten Urkunde im Allgemeinen die Lei-
den an / die das Stift bey den durch ihn entstandenen Unru-
hen erduldet hatte. Doch eben dadurch scheint Kaiser Fried-
rich I V. dem Propste abhold geworden zu seyn; denn er klag-
te ihn bey dem Papste an / und bath ihn die Sache zu untersuchen.
Der heilige Vater erachtete für das beste/ dieser weitläufigen
und schwierigen Untersuchung auszuweichen / wenn Simon der
Propstey freywillig entsagen würde; und dieser/ der Kränkun-
gen müde/ erfüllte den Wunsch des Kaisers und Papstes/
und resignirte im Jahre i^65 seine. Propstwürde/ die nun I o-
Hann Hechtl erhielt.
- Grofi war der Schade / den das Stift in den verflos-
senen Jahren erlitten hatte/ und Ruhe und Erhohlung wä-
ren dem verarmten Stifte äußerst nothwendig gewesen; allein
das Kriegesfeuer loderte noch sehr oft auf / und machte es
Johann unmöglich / das Stift in bessere Umstände zu versetzen /
vielmehr zwangen ihn die späterhin eintretenden Ereignisse Schul-
den auf Schulden zu häufen.
Unter diesem Prälaten wurde endlich durch Papst Inn o-
eenz VIII. das Canonisationsgeschäft Markgraf Leopolds
des Heiligen/ Stifters des hiesigen Gotteshauses / wirklich
beendiget/ nachdem es durch mehr als zwanzig Jahre von meh-
reren Päpsten und Landesfürsten/ den Pröpsten und Äbten Öster-
reichs/ und dem ganzen Adel von Böhmen und Mähren betrie-
ben worden war. Jnnocenz VIII. hielt am Dreykönigsfesteden6.
Jänner i485 ein feyerliches Consistorium/ in welchem F ra n z
von Pavia eine Rede für die Heiligsprechung Leopolds hielt/
worauf der Papst mit den gewöhnlichen Feyerlichkeiten den from-
men Markgrafen in die Zahl der Heiligen setzte/ und den i5.
November zum Tage seiner Verehrung bestimmte. Das Stift
ließ es sich besonders angelegen seyn/ seine öffentliche Vereh-
rung zu verbreiten: es machte freundschaftliche Einladungen /
publicirte die Heiligsprechung in den Diöcesen zu Salzburg/
Gran und Prag/ und bewirkte / daß Propst und Capitel zu Pas-
58
sau dieses Fest als ein feyerliches Kirchenfest annahmen. (Alle
hieher gehörigen Actenstücke findet man in der Lebensbeschrei-
bung des heiligen Leopold/herausgegeben von Hieron. Petz).
Diese Anstalten und Festlichkeiten/ wozu auch noch die
feindlichen Überfälle gezählt werden müssen / welche die Soldaten
des ungarischen Königes Mathias Corvinus/ (veranlaßt
durch die Mißhelligkeiten zwischen ihm und Kaiser Friedrich)
öfters in Österreich machten/ und die nie ohne Gelderpressungen
abliefen / zwangen Propst Johann die Schulden seines Vorgän-
gers zu vergrößern und sogar einige Stiftsbesitzungen zu veräu-
ßern/ die freylich keinen großen Werth haben konnten/ da sie
entweder durch die Kriege vieles gelitten hatten / oder doch
der Gefahr einer großen Verwüstung ausgesetzt waren. Six-
tus. IV. sah das gegenwärtige Elend des Stiftes und incor-
porirte demselben die Pfarre Kahlenberg / zum Lebensunterhalte
des Prälaten.
Johann Hechtl starb noch im Jahre der Heiligspre-
chung/ und Jacob I. P amperl wurde nach seinem To-
de zum Propste erwählet. Während der ungarischen Kriege muß
es im-hiesigen Stifte ziemlich arg zugegangen seyn / denn nicht
lange nach seiner Wahl begehrte Propst Jacob eine neue Ein-
weihung der Kirche/ des Klosters/ der daselbst befindlichen Ca-
pellen und des Freydhofes / die Bischof Albert von S a l o n a /
als Passauischer Suffrag an feyerlich verrichtete. Er
weihte zugleich sieben neue Altäre in der Stiftskirche/ und ver-
legte das Kirchweihfest vom Feste des h. Michaels auf den folgenden
Sonntag. Jacobs I. Gelehrsamkeit/ Klugheit und Religions-
eifer verschafften ihm die Liebe und Achtung seiner Landesfürsten/
Friedrich IV. und Maximilian!./ die beyde die Gerecht-
same des Stiftes bestätigten/ und ihn zu ihrem Rathe und
Caplane ernannten. Auch in Rom kannte und schätzte man ihn;
A l e r a n d e r VI. bestimmte ihn daher im Jahre 1499 zu seinem
Nuntius und Inquisitor gegen die Waldenser in Böhmen
und Mähren / und incorporirte die Pfarre Sivering dem Stifte.
Obgleich die Heiligsprechung Leopolds schon unter seinem
Vorfahrer im Jahre i485 vot sich gegangen war/ so geschah doch
die feyerliche Erhebung seiner Gebeine erst im Jahre i5o6. s
59
Kaiser F r i e d r i ch IV. wartete nur auf die Befreyung des
Vaterlandes von der ungarischen Herrschaft/ um die Überreste
des heiligen Markgrafen aus der unterirdischen Ruhestätte zu er-
heben / und sie mit großem Gepränge an einen erhabenen Ort
zu setzet!. Allein er mußte die Ausführung dieses seines inni-
gen Wunsches seinem Sohne Maximilian I. überlassen, der
diese Feyerlichkeit allenthalben für das Jahr 1494 verkünden
ließ. Weil er aber durch die Menge seiner Geschäfte vorhin
dert ward/ um diese Zeit selbst nach Österreich zu kommen/
so verschob er diese Erhebung / ließ indeß im Jahre i4y5
dem Propste Jakob neunzig Mark Silber zur Verfertigung
des Sarges überliefern/ und bestimmte endlich den i5. Fe-
bruar/ als den Sonntag Sexagesimae i5o6/ zu dieser außer-
ordentlichen Feyerlichkeit. Zur Verrichtung der kirchlichen Ce-
remonien erschienen der Erzbischof Leonard von Salz-
burg/ die Bischöfe von Pa ssau und Gurk/ 27 , tnfuftvfce
Prälaten / nebst einer unzähligen Menge von Priestern und
Cterikern aus verschiedenen Diöcesen. Als man die Gebeine aus
der ersten Ruhestätte in den silbernen mit Gold verzierten Sarg
gelegt hatte/ und dann die feyerliche Proceffion begann/ trat
Kaiser Maximilian I. im erzherzoglichen Ornate/ mit ei-
ner Krone auf dem Haupte/ voll Würde uno Andacht hinter
dem Sarge einher. Ihm folgte der Herzog von Jülich und
Cleve/ darauf der sämmtliche österreichische Adel nebst vielen
Vornehmen aus den benachbarten Ländern. ,
Zu dieser feyerlichen Erhebung/ ließ Propst Jacob durch
Ladislaus Sundheim/ einen Priester der Constanzer
diöcese die Lebensgeschichte der Babenberger und ihre Geschlechts-
folge verfassen / und leistete ihm bey dieser Arbeit manche Hülfe.
Wir werden weiter unten davon reden. Auch wurde dieser Feyer-
lichkeit wegen der große Stammbaum verfertiget/ der noch
jetzt im Kreutzgange des Stiftes befindlich ist/ aber leider! so
manche Unrichtigkeiten enthält/ die ihn/ ungeachtet der dabey
aufgewandten Kunst und Schönheit/ für Babenbergs Geschichte
unbrauchbar machen. Man kann hierüber Marquarclus Her-
gott monumenta dqmus austr. Tom. III part, r. und
Hier. Pez Script, rer. austr. Tom. I. nachlesen.
4o
Obschon Jacob unter den traurigsten Umständen zur Prä-
latur kam/ und noch kurz vor seinem Tode/ der den 12. Au-
gust i5og erfolgte / auch das Unglück erlebte/ durch eine in der
Stadt aüsgebrochene Feuersbrunst einen Theil des Stiftsge-
bäudes eingeäschert zu sehen/ wodurch er in die Nothwendigkeit
versetzt wurde / den Speisesaal und andere kleine Gebäude wie-
der herzustellen; obwohl ihm die Auslagen der Heiligsprechung Leo-
polds/ als auch die feyertiche Erhebung große Kosten verursachten:
so brachte er es dennoch durch seine Thätigkeit und Klugheit dahin/
daß er nicht nur den größten Theil der Schulden/ welche seine bey-
den Vorgänger/ der kriegerischen Zeiten und anderer Unglücks-
fälle wegen/ gemacht hatten / gänzlich tilgte/ sondern auch das
Stift in weit besseren Umständen seinem Nachfolger Georg II.
H a u s m a n n st ä t t e r zurückließ.
Dieser wandte gleich anfangs alle möglichen Mittel an/
um dem Stifte die in den vorigen Unruhen verloren gegangenen
Besitzungen wieder zu verschaffen. Er schrieb die zwey großen
Urbarien (Grundbücher) / die noch gegenwärtig ein bleibendes
Denkmal seiner rastlosen Thätigkeit sind/ suchte theils auf ei-
gene Kosten/ theils durch Verträge die stiftlichen Schlösser und
Wirthschaften herzustellen/ verschönerte die Stiftskirche/ baute
in selber-drey Altäre / und war voll wohlthätiger Entwürfe/ als
der Tod des Kaisers Maximilian I. seinem Stifte große
Unannehmlichkeiten verursachte. Weil nähmlich Propst Georg
IX. zu den von dem verstorbenen Kaiser aufgestellten Regenten
gehörte/-waren Michael Eizinger/ Johann Puchaim
und die übrigen Rebellen / die sich der Regierung bemächtigten /
gegen das hiesige Stift so sehr erbittert/ daß sie um Maria Ge-
burt i5ig mit Gewalt in dasselbe eindrangen/ die Prälatur
und die übrigen Wohnungen der.Officralen durchsuchten/ und
alles vorfindige Gold und Silber hinwegnahmen. Mit diesem
Raube noch nicht zufrieden/ stürzten sie auch in die Kirche / be-
meisterten sich hier der Kelche/ Rauchfässer und anderer Klei-
nodien/ ja sogar des silbernen Sarges/ in dem die Gebeine des
heiligen Leopold ruhten/ und ließen ihn späterhin einschmel-
zen. Dieses verübten Gottesraubes und anderer Gräuelthaten
wegen wurde die Stiftskirche am Feste der Himmelfahrt Ma-
riens^durch den Passauer - Weihbischof Bernard neuerdings ein-
geweiht.
Kaum waren einige Jahre nach diesem Unglücke verflossen/
so drohte dem Stifte/ ja dem ganzen Österreich/ ein viel be-
deutenderes. Nach der unglücklichen Schlacht bey Mohacz
drangen die Türken immer starker gegen unser Vaterland vor.
Freudig trugen alle Stande das Ihrige bey/ um diesen Erbfeind
der Christenheit von den Gränzen hintanzuhalten. Allein dem-
ungeachtet nahm die Gefahr bald so sehr überhand/ da.ß man
nur auf eilige Rettung bedacht seyn mußte. Propst Georg II.
flüchtete sich daher im Jahre i52^ mit den Reliquien des heili-
gen Leopold und anderen Kostbarkeiten des Stiftes nach Paffau/
die übrigen Habseligkeiten wurden eiligst nach Wien geschafft/
wo aber der Stiftshof vor dem Schottenthore / mit den Vor-
städten/ zum Vortheile der Vertheidigung abgebrannt wurde/
bey welchem Brande der Eile wegen viele Schriften zu Grunde
gingen. Die Geistlichen und Nonnen der oberen Stadt flüchte-
ten gleichfalls nach Passau/ nur Melchior von Lamberg
blieb mit einer kleinen Besatzung bey den hiesigen Bürgern/ und
nahm von dem Stifte Besitz.
Kaum war diese Gefahr durch Gottes Hülfe ttnb den Muth
der Vertheidiger von Klosterneuburg entfernet / so schickte Propst
Georg seine Geistlichen in das -Stift zurück/ von dessen Besitz-
nahme sie aber durch Melchior von Lamberg so lange abgehalten
wurden/ bis König Ferdinand I. selbst einen ernstlichen Be-
fehl an den Commandanten erließ / dem Propste und Capitel
unweigerlich das Stift einzuräumen.
Georg hatte nun unzählige Geschäfte/ um das durch den
Einfall der Türken hart mitgenommene Stift wieder emporzu-
bringen ; er errichtete auf Ferdinands Geheiß zur künftigen,
Vertheidigung seines Gotteshauses/ eine eigene Rüstkammer/
und versah sie mit Kanonen/ Flinten und anderen damals ge-
wöhnlichen Waffen; auch versah er den Thurm/ der im Jah-
re i537 nebst einem großen Theile der Stiftsgebäude/ von
einem Blitzstrahl getroffen / abgebrannt war / mit neuen Glo-
cken ; und nahm endlich mit Bewilligung des Capitels / Alters
wegen einen Coadjutor/ um seine übrigen Tage in stiller Ruhe
42
verleben zu können. Im Jahre 1641 beschloß Georg II. voll
Verdienste sein unermüdetes Wirken / nachdem er das Srift
durch 32 Jahre unter vielen traurigen Ereignissen nicht nur
erhalten / sondern noch überdieß durch treffliche Einrichtungen
in bessere Umstände gebracht hatte. Sein Coadjutor/ Wolf-
gang Hayden/ wurde sein Nachfolger / der nach dem Wun-
sche des Königes das angefangene Zeughaus des Stiftes mit
vielen Kanonen und Flinten vermehrte/ das ganze Gebäude
mehr befestigen ließ/ Thürme und Bastionen baute/ und stets
Sorge trug / daß das ganze stiftliche Dienstpersonal im Kriegs-
dienste unterrichtet wurde / um im Falle der Noth das Stift
vertheidigen zu können.
Um das Jahr *547 ergriff der Reformationsgeist auch ei-
nige Mitglieder des Stiftes / und Wolfgang hatte nun nichts
Angelegentlicheres zu thun/ als diese Neuerungssucht bey seinen
Untergebenen nach Möglichkeit zu unterdrücken. Doch machten
ihm diese häuslichen Unannehmlichkeiten und die Sorge für die
Sicherheit des Stiftes gegen einen wiederholten Einfall der
Türken so vielen Kummer / daß er seine Propstwürde freywillig
und gerne Christoph I. Starl im Jahre i55i abtrat,
der noch als Propst die Verkündigung des göttlichen Wortes
fortsetzte/ und in eigener Person die obere Stadtpfarre zu Klo-
sterneuburg besorgte. Leider hatte die Reformation bereits be-
deutende Fortschritte in Österreich gemacht/ und nur König
Ferdinands Klugheit und Wachsamkeit konnte verhindern/ daß
sie nicht allgemein wurde. So lebten zu Klosterneuburg zwey
Weltpriester/ Michael und Leonhard/ von welchen die Sage
ging/ daß sie heimlich verglichet/ und in Hinsicht der Lehre ab-
gewichen seyen. Sobald dieses zu Ferdinands Ohren kam / for-
derte er alsogleich/ obschon keine dieser Angaben erweislich war,
daß beyde ihres Amtes entlassen würden. Überdieß ordnete er
auch in Hinsicht der Klöster einen eigenen Kirchenrath/ dem alle
Stiftungen/ sowohl auf Kirchen als Altäre / vorgelegt/ und die
'Verbindlichkeiten der Stiftungen aus einander gesetzt werden muß-
ten ; da zeigte es sich nun/ daß damals zu Klosterneuburg al-
lein 12 Beneficien waren/ die größten Theils von Welrpriestern
versehen wurden.
43
Dergleichen verdrießliche Geschäfte/ mir denen Christoph I.
ununterbrochen belästiget war/ zogen ihm körperliche Gebrechen
zu/ die schon im Jahre i558 das Stift ihres Vorstehers beraub-
ten / und selbes manchem Elende neuerdings entgegen führten.
Beynahe alle Früchte der Bemühungen so mancher thätiger
Prälaten wären mit Christophen zu Grabe getragen worden /
als ein Theil der Chorherren / von dem Neuerungsgeiste er-
griffen/ Peter II. Hübner/ zum Propste erwählte.
Wenig bekümmerte sich Peter um die Erhaltung der katho-
lischen Lehre/ wenig um klösterliche Zucht und Ordnung; sein
Hauptaugenmerk richtete er nur auf die Vermehrung des Zeug-
hauses/ das er in einen so glänzenden Zustand versetzte/ daß
selbst Kaiser Ferdinand I. es der Mühe'werth fand/ dasselbe
im Jahre i36i zu besehen. Außer diesem ging aber alles Übrige
zu Grunde/ und durch Peters Verschwendung wurde das Stift
an den Rand des äußersten Verderbens gebracht. Um nun den
unvermeidlichen Untergang des Stiftes nach Kräften zu hin-
dern/ bestellte der bessere Theil der Chorherren den Stiftsdechant
Leo poldH inte rmayr und einen Weltlichen zur Besorgung
der Geschäfte/ und ließ Petern/ um seiner zu schonen / den Titel
und die äußere Würde des Propstes. Doch jede Ermahnung war
bey diesem Manne vergebens; er rügte es nicht/ daß die beyden
Pfarrer zu Klosterneuburg sich Pastoren schrieben / und sich sogar
verehlichten ; er ahndete es nicht/ daß im benachbarten Frauen-
kloster Zucht und Ehrbarkeit vernachlässiget wurden; ja er war
leichtsinnig genug/ sich selbst zu verehlichen. Dieses nachlässigen
und sträflichen Betragens halber wurde Propst Peter 11. von
der Regierung zur Verantwortung gezogen/ seiner Würde ent-
setzet/ seine Ehe getrennt/ zu jeder priesterlichen Verrichtung unfä-
hig erklärt/ zur Einsperrung im Kloster verurtheilt/ und Leopold
Hintermayr im Jahre i565 zum einstweiligen Admini-
strator des Stiftes/ späterhin aber zum wirklichen Propste erwählet.
Das Stift war durch Petern in eine traurige und ver-
wirrte Lage gekommen. Leopold mußte also / noch als Dechant
und Administrator/ ein vollständiges Inventarium alles beweg-
lichen und unbeweglichen stiftlichen Gutes aufnehmen; nach sei-
ner Erwählung aber sich an eine ihn sehr beschränkende Wirth-
schaftsordnung halten/ die ihm von Seite des Hofes .vorgeleget/
aber bald wieder vonKaiser Maximilian II. abgeändert wur-
de / weil Leopold von der Verbesserung der Disciplin und des
Stiftsvermögens ausgezeichnete Beweise gab. Der Paffauer Bi-
schof bestätigte ihm dann auch seine Propstwürde/ und der Kai-
ser die Besitzungen und Freyheiten des Stiftes.
Als sich bald darauf wieder eine Türkengefahr zeigte / und
der Landesfürst gezwungen war/ das stehende Heer zu vermeh-
ren: so versprach Propst Leopold im Nahmen des Stiftes 12
wohlgerüstete Männer zu stellen / und Maximilian II. gestattete
ihm und allen Prälaten/ von'ihren Pfarren/ Beneficien und
Lehen Steuern zu sammeln/ damit sie die bestimmte Summe
zur Erhaltung derselben jährlich entrichten könnten.
Während dieser Zeit kannte Leopold kein wichtigeres
Geschäft/ als die in dem Stifte eingeschlichenen Neuerungs-
Ideen zu unterdrücken / und die verfallene Disciplin gänzlich
herzustellen. Er verfaßte eine neue Gottesdienstordnung/ und
da diese den Zeitumständen angemessener war / so geschah
es bald/ daß Ordnung/ Ruhe und Zufriedenheit wieder zu-
rückkehrten.
Unter ihm ereignete sich im Jahre 1669 das Unglück/
daß in seiner Abwesenheit durch die Unvorsichtigkeit seiner Dienst-
leute in der Prälatur Feuer entstand/ wodurch dieses Gebäude
so zerstöret wurde / daß es nur mit großen Kosten wieder her-
gestellet werden konnte.
Nicht weniger Kosten verursachten ihm auch die Jagdhunde/
deren Erhaltung für den höchsten Hof/ damals im Stifte be-
gonnenhaben mag; denn Kaiser Maximilian II. war ein großer
Jagdliebhaber/ und gerne trat ihm das Stift eine Donauinsel/ der
Prater genannt/ zu seinem Vergnügen ab. Eben so bereitwillig
unterhielt es für ihn eigene Hunde; und daher beruht die Sa-
ge/ daß diese Jagdhunde zum Andenken des gefundenen Schleyers
der seligen Markgräfin Agnes gerlähret wurden/ auf gar keinen
historischen Grund/ sonderNdSrhielt nur durch die Länge der Zeit
einen solchen Anstrich von Wahrheit/ daß man sie noch zu den
Zeiten Maria Theresiens glaubte. Unausgesetzt bemüht/ dem
45
Stifte seinen Vorfahrer vergessen zu machen / starb Leopold un-
vermuthet bey St. Dorothea zu Wien den 10. April 1577/ und
wurde in seinem Stifte beerdiget.
Klein war damals die Zahl der Klosterneuburger Chor-
herren/ und sie fanden sich daher genöthiget, die Propstey durch
eine auswärtige Person zu besetzen. Einmüthig postulirten sie
also den wienerischen Domdechant/ Caspar Christian t,
zum Propste des Stiftes/ den Papst Gregor XIII. im Jahre
1578 bestätigte.
Seine erste und wichtigste Angelegenheit war die Vermeh-
rung der Stiftsgeistlichen / die sich während der Reformation
so sehr verringert hatten/ daß sie kaum mehr hinreichten/ den
Gottesdienst zu besorgen / viel weniger die incorporirten Pfar-
ren mit tauglichen Seelsorgern zu besetzen. Es wurden auch bald
einige Priester herbeygezogen/ die sich unter seine Leitung bega-
ben. Da er aber trotz seiner Wachsamkeit nicht verhindern konn-
te/ daß Einige/ von den Neuerungs-Ideen ergriffen/ den Orden
wieder verließen / so mußte er vom Kaiser und Bischof/ die sich
von seinem Religionseifer zu viel versprochen hatten/ manche
Vorwürfe erdulden/ die ihm vielen Gram und Kummer ver-
ursachten/ und im Jahre i584 seinem Leben ein Ende machten.
Balthasar P 0 l z m a n n / der vor vier Jahren als Abt
nach Geras berufen wurde/ folgte ihm nun in der Propstwürde
.zu Klosterneuburg / und bezeichnete die Jahre seines Vorsteher-
amtes durch rastlose Thätigkeit. Die häufigen Zerrüttungen/
welche durch die Reformation im Stifte entstanden waren/
hatten das Vermögen desselben bedeutend vermindert; doch
jetzt kamen fruchtbare Jahre/ und mancher Schaden ließ sich
gut machen, manche Summe Geldes auf die Verbesserung und
Verzierung des Stiftes verwenden. Zur Erhohlung der Geist-
lichen "kaufte Balthasar eine Mühle zu Weidling mit einem Gar-
ten ; dann vollendete er den schon vom Peter dem I. angefange-
nen Bau des Thurmes / der über 200 Jahre unvollendet gestanden
hatte/ und versah ihn mit einer Uhr; ferner ließ er den Kreutz-
gang mit den Bildnissen seiner Vorfahren zieren / und sein
eigenes Grabmahl verfertigen/ worin er im Jähre i5g6 bey-
gesetzt würde, nachdem er sich wenige Jahre vorher durch eine
L\ß
Biographie des heiligen Leopold auch als Schriftsteller be-
kannt gemacht hatte. Er war ein Freund der Wissenschaften /
und der soliden Pietät. Den Eifer für beyde machte er in sei-
nem Stifte wieder erblühen.
Sein Tod führte indessen mancherley Drangsalen für das
Stift herbey. Die kaiserlichen Commiffäre versiegelten nach
seinem Absterben die Prälatur, und nahmen alles daselbst vor-
handene Geld. Als sich das Capitel darüber beschwerte/ über-
häufte man das Stift mit Verleumdungen / und nahm sei-
ne Zuflucht zu allerley schändlichen Kunstgriffen / um diese
Klage zu unterdrücken; vorzüglich aber wollte man den Chor-
herren die Wahl eines neuen Prälaten gar nicht erlauben. Nach
langer Verzögerung endlich und nach erhaltener Erlaubniß / wähl-
T ten die neun Stiftsherren den i8. December i5g6 ihren gelehr-
ten Mitbruder Andreas Weissenstein zum Propste des
Stiftes/ der aber aller Bemühungen ungeachtet/ dre kaiserliche
Bestätigung niemals erhalten konnte/ daher er auch durch so manche
Widerwärtigkeiten ermüdet / nach seiner Zurückkunft vom Kaiser
RudolphII. aus Prag / seiner Erwählung entsagte/ und dem
Capitel/ den wienerischen Domherrn Th o m a s Rue ff/ zum
Vorsteher anrieth/ welchen er dann / nach dem Wunsche der 14
Wählenden / von Stadt Steyr/ wo Thomas gegen die Luthera-
ner predigte/ abhohlte / und im Stiftsfeyerlich einführte.
Der ungarischen Unruhen wegen / welche StephanB 0 cz-
kay zu Gunstender Protestanten erregt hatte/ flüchtete Tho-
mas im Jahre i6o5 den Stiftsschatz sammt.den Reliquien des
heiligen Leopold nach Melk/ wo sie so lange aufbewahret blie-
ben / bis die Gefahr vorüber war. Er baute auch während sei-
ner Propstwürde die sogenannte Thomasprälatur / wo sich ge-
genwärtig die Hauptschule befindet; und starb im Jahre. 1612
nachdem er noch vorher vom KaiserR u d 0 l p h II. / vom Könige
Mathias/ vom Erzherzoge Leopold/ dem Bischof zu
Passau/ die Rathswürde erhalten hatte.
*) Compendium vitae miraeulorum S Leopoldi , Sexli Mai clnonis Au-
striae , cognomento Pii eto. ln Archiducalr Neuburgensi Monasterio ,
Excudebat Leonhaidus Nassingerus 4. Anno CID. ID. X<Sl.
Neuerdings blieb nun durch beynahe vier Jahre die hiesige
Propstey unbesetzt, und sechsmahl kamen die hiesigen Chor-
herren zum Wahlgeschäfte / um einen neuen Vorsteher des Stif-
tes zu erhalten. Joachim Eichler starb noch vor seiner Be-
stätigung ; Balthasar P r ä t o r i u s wurde eben so schnell
dem Stifte durch die Pest entrissen ; I o h a n n C h r y s o st o m u s
Sarioth, ein geborner Klosterneuburger/ war dem Landes-
fürsten mißfällig , und erhielt keine Bestätigung ; I o h a n n
Brenner/ der als Paffauischer Officialzur Propstey postulirt
worden war/ wurde vom Kaiser und Papste verworfen; Bi-
schof Melchior Klesel^der diese Propstey anfangs gesucht
hatte/ und nun von den Chorherren dazu bestimmt wurde / schlug
dieses Anerbiethen jetzt aus; und so wurden also die Wählen-
den in die Nothwendigkeit versetzt/ ihren ehemahligen De-
chant / den Propst bey St. D o r o t h e a zu Wien / Andreas
Mos mü ll er/ zu ihrem Vorsteher zu postuliren/ der nach
des Kaisers Wille seine vorige Propstey noch zwey Jahre bey-
behielt.
Andreas hatte sich schon als Propst bey St. Dorothea
den ungetheilten Beyfall der dortigen Stiftsgeistlichen erwor-
ben/ indem er ihr Gotteshaus in einen blühenden Zustand ver-
setzte^ Gleichen Fleiß verwandte er nun auch auf Klosterneu-
burg/ das durch die letzten oftmahligen Propstwahlen / durch die
Reformationsunruhen und andere mißliche Umstände in eine
traurige Zerrüttung und Lage versetzt worden war. Den Anfang
seiner Verbesserungen machte er bey dem Stiftsgebäude selbst,
das durch die Länge der Zeit und die vorausgegangenen Unfälle
merklich gelitten hatte. Um dem kaiserlichen Befehle gemäß mehr
Individuen in selbem unterzubringen/ baute er eine neue De-
chantey nebst mehreren Wohnungen/ und errichtete für den aller-
höchsten Hof ein eigenes Gebäude/ das noch heutiges Tages die al-
te Prälatur genannt wird. Er führte auch mehrere Wirthschafts-
gebäude beym Stifte auf/ wie die Pfisterey (Bäckerey) / Müh-
le/ Kellnerey u. d. gl. und sorgte auch für entfernte stiftliche
Baue/ von welchen die Mühle zu Weidling/ der Getreideka-
sten im Tllttenhpft/ die Schafflerey zu Rohrbach und die Veo
4Ö
größerung der Schlösser Stoizendorf und Atzenbrug ihn viele
Jahre beschäftigten. Überdies; kaufte er auch das'Schloß Ha-
ge nbrunn/ verzierte die Stiftskirche/ vermehrte die gol-
denen und silbernen Kirchengefäße/ ließ neue Ornate verfertigen/
und würde noch viel mehr zum Nutzen und Ansehen des Stif-
tes gewirket haben / hätten nicht die durch den Zojährigen Krieg
auf's neue entstandenen protestantischen Unruhen seine Thätig-
keit gehemmt.
Am nächsten Leopoldsfeste nach seiner Erwählung zum
Propste im Jahre 1616 machte der Hoch - und Deutschmeister
Erzherzog Maximilian / ein Bruder der Kaiser Rudolph
II. und Mathias/ dem heiligen Markgrafen zu Ehren/ kost-
bare Geschenke/ die in einem Brustbilde des Heiligen von Sil-
ber/ und dem Erzherzoghute bestanden/ der in steter Verwah-
rung des Stiftes verbleiben / und zur jedesmaligen Erbhuldi-
gung eines neuen Erzherzoges gebraucht werden sollte. Kaiser
Mathias und Papst Paul V. bestätigten diese Willens-
meinung des Erzherzoges durch eigene Briefe / und das Stift
verpflichtete sich durch einen Revers zur genauesten / heiligsten
FolgeleistuUg.
Propst Andreas endete sein verdienstvolles thatenreiches Le-
ben im Jahre 1629/ und das Stift war so glücklich/ an sei-
nem Nachfolger Bernhard I. Waiz/ einen Mann zu er-
halten/ der nicht weniger für das Beste seines anvertrauten
Gotteshauses besorgt war.
Kaiser Ferdinand II. gab.im Jahre i6Zi Bernharden
den ehrenvollen Auftrag/ die verödeten böhmischen Stifte der
regulirten Chorherren W i t t i n g a u und Bvrowany im Be-
chinerkreise wieder zu errichten und mit Ordensmännern aus sei-
nem oder anderen stiften neuerdings zu besetzen; auch machte
er ihn zum Visitator aller Ordenshäuser der regulirten Chor-
herren in Österreich. Beyde Geschäfte vollführte Propst Bern-
hard I. mit unermüdetem Eifer; doch erlebte er nicht die voll-
ständige Erhebung der beyden Stifte/ sondern mußte die ganz?,
liche Beendigung der Administration seinem zweyten Nachfolger
Bernhard II. überlassen.
Inzwischen vernachläßigte Bernhard I. keineswegs sein eige
4g
rieö Mutterstift; er wandte vielmehr seine besondere Aufmerk-
samkeit auf die Documente des Stiftes, die er ihrer natürli-
chen Bestimmung gemäß, in ein systematisches Verzeichniß
ordnete; er setzte auch die von seinem Vorfahrer begonnene
Verschönerung der Stiftskirche im Jahre i634 fort/ unter-
stützte die alten Hauptmauern mit starken Pfeilern/ ließ den
leeren Raum zwischen den Säulen und der inneren Kirchenwand
durch Steine ausfüllen/ und die ganze Kirche bis an das Ge-
wölbe mit Gyps - Arbeit verzieren. Der kleine Thurm ober dem
Presbyterio wurde/ seiner Baufälligkeit wegen/ ganz abgetra-
gen/ jener auf der Evangelienseite der Kirche aber mit den er-
haltenen Bausteinen erhöhet; die beyden alten Orgeln ver-
wandte er zu jener großen / die noch heutigen Tages der Stifts-
kirche zur Zierde gereicht; und den baufälligen Theil des Klo-
sters befahl er nieder zu reißen/ damit ein neuer von Grund
aus aufgeführet würde. Er verbesserte auch die Gebäude im Tut-
tenhofe/ zu Hiezing und Hagenbrunn/ kaufte vom Herrn von
Volkra den heutigen Stiftshof in der Renngasse zu Wien / und
beschloß/ mitten unter diesen Verbesserungen sein Leben den 7.
April 1643.
Sein Nachfolger Rudolph II. Müller/ erlebte im
Jahre 1643 den Einfall der Schweden in Österreich / und war
gezwungen den Stiftsschatz nach Seckau zu flüchten/ wo er lan-
ge aufbewahret blieb. Obwohl diese Unruhen dem Stifte und sei-
nen Unterthanen einen wesentlichen Schaden zufügten/so folg-
te doch Rudolph unausgesetzt dem Beyspiele seiner thätigen Vor-
fahren. Die Capelle des heiligen Leopold wurde mit Marmor
gepflastert / eine neue Kanzel in der Stiftskirche errichtet/ eine
zweyte Orgel auf dem Seitenchore gebauet/ und die große Glo-
cke gegossen/ die er zu Ehren des heiligen Markgrafen weihte.
Ebenso vermehrte er auch durch manche angekaufte Besitzungen das
Eigenthum des Stiftes. Unter ihm wurde den Weihbischöfen von
Passau/ die mit den Wienerischen Bischöfen in Streitigkeiten
gerathen waren/ einige Male die Stifskirche eingeräumet/ damit
sie rhre bischöflichen Ordinationen verrichten konnten; doch stell-
ten sie dann jederzeit einen Revers aus/ der das Stift vor jeder
nachtheiligen Folge bewahrte.
Topogr. v. Asterr. I. Abth. D
5o
Rudolph starb schon im Jahre 1648 und Bernard II.
Schmeding, von Münster in Westfalen gebürtig, über-
nahm Insul und — Sorgen. Der westphälische Friede gab den
Staaten die nöthige Ruhe und endigte einen Krieg, der so man-
che stistliche Ortschaften zu Grunde gerichtet hatte. Bernard wand-
te daher alle Mittel an, um diese Orte wieder emporzubrin-
gen, und verrichtete beynahe herkulische Arbeit, da nicht bloß ein-
zelne Bauern gelitten hatten, sondern ganze Dörfer verödet wa-
ren. Zu diesem kostspieligen Unternehmen kam noch die Erneue-
rung schon langst veralteter Forderungen, die alsogleich getilgt
werden mußten, und viele Streitigkeiten mit dem Bürgerspi-
tale in Wien und den Jesuiten, die er aber alle durch Klugheit
und Nachgiebigkeit beendigte.
Im Jahre 1663 drohte neuerdings dem Vaterlands von
Seite der Türken Gefahr, und Propst Bernhard flüchtete
daher den Kirchenschatz nach St. Nicola bey Passau. In diesem
Jahre wurde auf kaiserlichen Befehl der Festtag des heiligen Leo-
pold zu einem Feyertage erhoben., und der fromme Markgraf
zum Landespatron von ganz Österreich erkläret. Die Heiligthü-
mer des Stiftes wurden nicht lange darauf durch die Gebeine der
drey heiligen Märterer Eugen,Claudius und Gregor ver-
mehret, die ein Chorherr des Stiftes, Adalbert Olitorius
von Großwitz, aus Rom mit sich gebracht, und in der Pfarr-
kirche zum heiligen Martin zu Klosterneuburg hinterlegt hatte,
bis sie endlich am dritten Sonntage nach Pfingsten 1666 feyer-
lich in das Stift übertragen wurden, wo sie in einer eigenen
Capelle unter dem großen Thurme aufbewahret sind.
Propst Bernard II. machte während seiner Lebenszeit
manche häusliche und gottesdienstliche Anordnung, und suchte
vorzüglich durch Kauf- und Tauschverträge die Wunden zu hei-
len, die dasStift während des dreyßigjährigen Krieges erlitten
hatte. Auch war er so glücklich im Jahre i663 die Administra-
tion der beyden schon erwähnten Stifte W i t t i n g a u und B 0-
r 0 w a n y zu beendigen, worauf beyde vom Kaiser Leopold!,
ihren unmittelbaren damaligen Vorstehern überlassen wurden.
Bernard entließ die Chorherren, deren sich sieben in Wit-
tingau und drey in Borowany befanden, ihrer im Mut-
5i
tevstifte zu Klosterneuburg abgelegten Profeffron; worauf Nor-
bert H e r m a n n und Georg I a u d, beyde Mitglieder des
Stiftes zu Klosterneuburg/ und damals gerade Administrato-
ren obiger Stifte/ jener zur Prälatur von Wittingau/ und
dieser von Borowany befördert wurden.
Im Jahre 1675 beschloß Bernard II. ruhmvoll sein Leben/
und der Stiftsdechant /Adam Scharrer/ der sich schon ftü-
her als Schriftsteller bekannt gemacht hatte/ folgte ihm in Her-
Würde eines Propstes.
Aus Verehrung gegen den heiligen Stifter-/ ließ er die
ihm geweihte Capelle verschönern / mit einem neuen Altare ^erse-
hen/ zur Schatzkammer einrichten / und die Wände durch Chri-
stoph Brandet mit mehreren Wundern dieses Heiligen ziehen.
Schon im Jahre 1681 ward er eine Leiche und Sebastian
M a y e r sein Nachfolger.
Bereits unter seinem Vorgänger hatte das Stift durch die/
von 1679 bis 1680 wüthende Pest vieles gelitten / indem erl
einen großen Theil seiner Unterthanen verlor-/ und aus Mangel
der Menschen die Grundstücke unbebauet liegen blieben; doch war
dieses Unglück nicht mit jenem zu vergleichen/ welches mit dem
Jahre *683 über Klosterneuburg hereinbrach.
Die Türken/ noch im furchtbaren Andenken vom Jahre i52g,
drangen jetzt zum zweyten Male durch Ungarn nach Österreich
vor-/ und nöthigten alle Bewohner auf die schnellste Rettung zu
denken. Der Propst nahm die Kostbarkeiten aus der Schatzkam-
mer- und zog mit einigen Geistlichen nach St. Nicola bey Pas-
sau; der Dechant Christoph Matthäi aber-/ mit der größeren
Zahl der hiesigen Chorherren nach Ranshofen ; nur Wil-
helm Lebsaft/ ein Priester / und der Laienbruder M a r c e t-
lin O rtne r blieben im Stifte zurück/ um die Seelsorge und
die Vertheidigung des Stiftes zu übernehmen / die letzterer auch
mit solchem Muthe führte/ daß er ungeachtet der Verwü-
stung der unteren Stadt/ und mehrerer Stürme / dennoch das
Stift und die obere Stadt von den -Feinden glücklich errettete.
Erst am 5. October kehrte Sebastian mit mehreren Geistli-
chen nach Klosterneuburg zurück/ und sogleich lag ihm die traurige
D 2
x
Ö2
Verrichtung ob, dm Tages vorher verstorbenen StiftspriesterWil-
helm, die letzte Ehre zu erweisen. Wilhelm hatte während der
ganzen Belagerung alle Pflichten der Menschenliebe als Prie-
ster und Bürger redlich erfüllt, dabey seine Kräfte erschöpft, und
gab nach einem kurzen Krankenlager seinen Geist auf; nun
begleiteten ihn alle Bewohner der Stadt weinend zur Ruhe-
stätte , und wohnren dem feyerlichen Todtenopfer bey, das der
Propst für sein Seelenheil darbrachte.
Nach seiner Rückkehr hatte Sebastian vollauf zu thun, um
den Schaden des Stiftes nach Möglichkeit gut zu machen. Durch
den feindlichen Einfall waren viele Unterthanen verunglückt, viele
stiftliche Dörfer abgebrannt, die Bürger der unteren Stadt gänz-
lichverarmt. Er kannte daher keine angelegentlichere Pflicht, als
nach Kräften zu helfen; und ungesäumt nahm er beträchtliche
Summen auf, um die Nothleidenden mit Geld, Samenkorn
und den nöthigen Baumaterialien unterstützen zu können. Der-
gleichen wohlthätige Bemühungen füllten seine übrigen Tage
aus, die er nur zu bald im Jahre *686 beendigte.
Sein Nachfolger im Vorsteheramte, ChristophII. Mat-
thäi, war auch sein Nachfolger in diesem edlen Bestreben,
dem er unausgesetzt mit solchem Eifer oblag, daß das Stift die
tiefen Wunden des türkischen Einfalles bald weniger fühlte, und
er sogar auf die schon angefangene Verschönerung der Stiftskir-
che sein Augenmerk richten konnte, der er durch acht Altäre,
und die Kanzel aus Marmor, so wie durch Mahlerey das heu-
tige majestätische Ansehen zu verschaffen suchte.
Sogar sein Alter und seine kränklichen Umstände hinderten
ihn nicht für das Wohl seines untergebenen Stiftes ununterbro-
chen zusorgen, ersetzte die angefangenen Arbeiten fort, kaufte die
Herrschaft H a s e n d o r s im V. O. W. W., erneuerte die Stifts-
spitalkirche , welche von den Türken im Jahre *665 abgebrannt
worden war, und erwarb so manche Kostbarkeiten, die zur Zierde
des Stiftes gereichten.
Weil er aber, ungeachtet seiner körperlichen Gebrechen,
vom Consistorio die Erlaubniß nicht erhalten konnte, sich einen
Coadjutor zu wählen : so resignirte er freywillig seine Wür-
de, und erhielt noch im nähmlichen Jahre *706 Jacob II.
55
Cini zu seinem Nachfolger / von welchem man sich die erfreu-
lichsten Hoffnungen machte. Er war Doctor der Theologie,
Protonotarius apostolicus, miles etEques aureatus, ac
sacri palatii Lateranensis Comes. Gleich nach seiner Wahl
ließ er einen Plan entwerfen, nachdem ein neues und bequemes
Stiftsgebäude von Grund aus aufgeführet werden sollte. Doch er-
starb noch im nähmlichen Jahre, wenige Tage früher, ehe sein
Vorfahrer Christoph das Leben endete. Die Chorherren machten
nun beyden folgende Grabschrift:
Christopherus pater hic, ibi filius ecce «tacobus;
Quos pia vota dabant, pessima fata negant.
Filius ad mortem patris praevenerat annos;
Cini nunc cinis est, sed pater ipse cinis.
Ernest Perger, Jacobs einstmaliger Schulgefährte,
wurde nun zur Propstwürde statt seines Mitschülers erhoben,
und begleitete während seines 41 Jahre langen Vorsteher - Am-
tes die Stelle eines Decans der theologischen Facultät, und im
Jahre 1710 eines Rector Magnificus an der Universität zu
Wien. Im folgenden Jahre ernannten ihn die Landstände zum
Verordneten des Prälatenstandes, und späterhin zum immer-
währenden Ausschuß und Reitherrn (Rechnungsherrn).
Im Jahre 1714 waren gerade 600 Jahre verflossen, seit
dem der heilige Markgraf den ersten Stein zur größeren Colle-
giatkirche und zu seinem Stifte gelegt hatte; und Propst Ernest
feyerte das Andenken dieser Begebenheit mit der möglichsten
Pracht.
Die Kirche wurde mit Vorstellungen aus dem tugendhaf-
ten Leben des heiligen Leopold verzieret; auf dem Platze außer-
halb derselben drey Triumphpforten errichtet; und für diese Feyer-
lichkeit eine Monstranze von Silber verfertiget, die, vergoldet
und mit Edelsteinen verzieret, die Begebenheit des wiedergefun-
denen Schleyers darstellt, und noch heut zu Tage als eine pracht-
volle Arbeit viele Bewunderer findet. Am Vorabende des be-
stimmten Festtages erschienen die Chorherren zur Vesper zum er-
sten Male in schwarzer Kleidung, die ihnen Ernest bey dieser
Gelegenheit gab / da sie vorher weiß gekleidet und nur mit einer
schwarzen Binde umgürtet waren. Acht Tage dauerte diese fest-
liche Feyer, und täglich erschien eine andere der herumliegenden
Pfarrgemeinden in feyerlicher Procession / um dem Gottesdien-
ste beyzuwohnen.
Die ganze Zeit seines Vorsteheramtes verwandte Ernest
unausgesetzt für das Wohl und Emporkommen des Stiftes.
Sein Geist beschäftigte sich rastlos/ dem Wunsche seines Vor-
fahrers und der Baulust der damaligen Zeit zu entsprechen /
und durch manche neue Gebäude sein Andenken unter den Chor-
herren zu verewigen. So ließ er aus dem benachbarten längst
eingegangenen Frauenkloster die Kellerey und einen Getreide-
kasten Herstellen; auf dem Platze des alten Fürstenhofes/ der
durch Schenkungen theilweise ein Eigenthum des Stiftes ge-
worden war/ und nun ganz abgetragen wurde/ das heutige
Kanzleygebäude erbauen ; einen neuen Leichenhof mit einem schö-
nen Portale errichten / und für seine Geistlichen einen Speise-
saal erneuern / der gänzlich verfallen war.
Vorzüglich aber war er darauf bedacht/ ein ganz neues
Stift ^u erbauen. Daher legte er/ mit Genehmigung Kai-
ser Carl s VX. / zu dessen Ehren dieser große Bau unternommen
ward / am 25. May 17^0 den Grundstein zu jenem herrlichen
Gebäude/ von welchem innerhalb 10 Jahren nicht einmal der
vierte Theil zu Stande gebracht wurde/ und das/ dem noch vor-
handenen Plane nach/ an Größe/ Pracht und Bequemlichkeit
schwerlich seines Gleichen gehabt hätte. Zu diesem Zwecke ließ
Ernest auch den vorderen Theil der Kirche um mehrere Klafter
erhöhen/ einen neuen Hochaltar von Marmor/ mit einem Altar-
gemählde von Schmidt aufsetzen / und die Wände des Pres-
byteriums marmoriren / was zusammen genommen mehr als
20/000 Gulden gekostet hat. Uberdieß zierte er noch die Kir-
che mit silbernen Leuchtern und Kreutzen/ versah sie mit dem
prachtvollen sogenannten Leopolds - Ornate / und bereicherte sie
mit anderen Geräthschaften / die noch gegenwärtig den guten Ge-
schmack dieses Propstes beurkunden.
Während Ernestens Vorsteherwürde wurde das Bisthum
zu Wien zu einem Erzbisthume erhoben/ die beyden Decanate
55
Baden und Klosterneuburg dem nleuen Erzbischöfe unterworfen/
und dadurch im Jahre 1729 das hiesige Srift sammt den
n.ächstgelegenen Pfarren, von dem Paffauer Bisthume getrennt.
Zehn Jahre später trat Propst Ernest in die Congregation der
regulirten Chorherren von Lateran, und erhielt dadurch den Ti-
tel eines lateranensischen Abtes/welchen nun alle seine
Nachfolger führen; dieChorherren aber wurden nun lateranensische
genannt. Auch beehrte ihn um die nähmliche Zeit Kaiser Carl VI.
mit dem gnädigen Antrage, die neuerbaute Carls ki rch e zu
Wien mit hiesigen Chorherren alsogleich zu besehen; doch der da-
malige Mangel an Stiftsgliedern nöthigte ihn, diese hohe
Gnade ehrfurchtsvoll abzulehnen.
Unter dergleichen Verrichtungen und Vorfällen erreichte
Propst Ernest sein 82. Lebensjahr. Er hatte bereits im Jahre 1736
seine vor'fünfzig Jahren abgelegten Ordensgelübde feyerlich er-
neuert; imJahrei742 das Jubelfest seiner Priesterwürde began-
gen ; und im Jahre 1746 den festlichen Tag seiner fünfzigjährigen
Doctorwürde erreicht: da starb dieser edle Greis mit voller Geistes-
gegenwart den 24. December 1748/ nachdem er beynahe 42 Jah-
re dem Stifte mit vielem Ruhme vorgestanden, und durch vie-
le und schöne Bemühungen sein Andenken in demselben verewiget
hatte. Ihm folgte B e r th 0 ld II. Staudinger, der iw
Jahre 1783 zum Administrator des Stiftes St. Pölten, und
zum provisorischen Erbhofcaplane ernannt wurde.
Schon den Propst Ernest zwangen die nach dem Tode
Carls VI. ausgebrochenen Kriege den angefangenen Bau des
Stiftes einzustellen, auch Berthold fand sich nicht in der gün-
stigen Lage denselben weiter fortzusetzen ; doch ließ er den Stifts-
Hof in der Nenngasse zu Wien von Grund aus neu aufführen,
unb kaufte 1751 von den Camaldulensern auf dem Josephsberge,
das Gut Prinzendorf um 80,000 fl. Schon 1750 hatte er
die Besitzungen des Stiftes durch den Kauf des Berghofes zu
Klosterneuburg und aller vicedomischen Weingärten zu Kloster-
neuburg , Nußdorf und Kahlenberg vermehret.
Nicht weniger als Berthold II. sorgte auch Godefried
v 0 n R 0 l l e m a n n, der im Jahre 1766 des Verstorbenen Nach
folger wurde, für das Beste des Stiftes. Er errichtete für sei
56
ne jüngeren Geistlichen die theologischen Studien im Stifte/
und wollte den angefangenen Stiftsbau in kleinerer Form fort-
setzen/ wurde aber davon durch manche dabey eintretende Hin-
dernisse zurückgehalten. Er kaufte die Altenburgischen Untertha-
nen zu Kritzendorf/ verkaufte das damals aus 16 Hausern be-
stehende Reindorf/ und starb 1772 als ein Opfer thätiger
Nächstenliebe / als er die Kranken im Militärspitale besuchte.
A m b r 0 si u s L 0 r e n z erhielt nun die Jnful / und erfüll-
te bald die Erwartungen / die man sich von ihm zu machen be-
rechtiget glaubte. Er kaufte den Wirthschaftshof zu Kagran/ trat
hingegen das sogenannte Gatterholzel/ oberhalb Meidling/ an
die große Kaiserin Maria Theresia ab/ von der er im
Jahre 1775 die Erlaubniß erhielt/ in das sogenannte Neuge-
bäude des Stiftes/ welches eigentlich nur für den allerhöchsten
Hof bestimmt war/ seine Prälatur zu verlegen/ und in dem-
selben mehreren Chorherren taugliche Wohnungen anzuweisen.
Er änderte manche veraltete Klostergebräuche / und führte im
Stifte den Gebrauch der Mozetten ein/ da schon Papst
Nico laus V. den Chorherren die Erlaubniß Almuzen (Chor-
kleidung) zu tragen ertheilt hatte. Auch für die Stiftsbiblio-
thek sorgte er freygebig/ und stellte sie/ da sie bereits bis auf
20/000 Bände angewachsen war/ in vier großen Zimmern des
Neugebäudes auf. Er veranstaltete auch überdieß kleine Samm-
lungen von Gemählden der altdeutschen Schule/ von Naturalien
und Münzen/ ließ das alte Zeughaus gefälliger ordnen/ und
zierte die Kirche mit einem silbernen Tabernakel und einer neu-
verfertigten Orgel.
Als am 26. Juny 1779 der Pulverthurm nächst der Nuß-
dorfer Linie in die Lust sprang/ fuhr Propst Ambros eben
auf der Anhohe außer der Linie/ verlor eines seiner vorgespann-
ten Pferde durch eine Kugel/ und sah mit Schrecken viele Hun-
derte derselben über sich hinwegsiiegen. Glücklich und unbeschä-
digt entkam er zwar dieser großen Gefahr / wofür er auch zur
Dankbarkeit gegen den göttlichen Retter die Leopoldssäule vor-
der Linie errichten ließ/ doch hatte durch diese fürchterliche Bege-
benheit seine Gesundheit gelitten. Er starb am 9. November 1781
und wurde durch den Weihbischof von Wien / denGrafenArzt/
5?
in der von ihm selbst auf dem Freydhofe errichteten Chorherren-
Gruft feyerlich beygesetzt.
Wenige Monathe nach seinem Tode besuchte Se. Heilig-
keit PapstPius VI. am 20. April 1782 von Wien aus / das
hiesige Seist. F l 0 r i d u s L e e b / der indeß zum Propste der
Chorherren erwählet worden war / empfing ihn mit tiefester Ehr-
furcht/ und zeigte sowohl durch kirchliche als profane Feyerlich-
keiten/ daß er das Glück/ das Oberhaupt der Christen in sei-
nem Stifte begrüßen zu können/ gehörig zu schätzen wisse. Ein
Marmorstein mit der einfachen Inschrift: HIC. PontlfeX.
MaX. PlVs. SeXtVs. BenedIXIt. PopVLo. XX. AprlMs.,
ist noch gegenwärtig an jenem Fenster befestiget/ aus welchem
damals Pius VI. einerMenge von 6oooMenschen/ denfeyer-
lichen Segen ertheilte.
Noch im nähmlichen Jahre 1782 starb am 3i. August
Ignaz Müller/ der letzte Propst von St. Dorothea zu
Wien / worauf Kaiser I 0 s e p h II. dieses Stift mit Klosterneu-
burg vereinigte. Propst Floridus wurde zwar dem dortigen Ca-
pitel im Geistlichen und Weltlichen als Vorsteher dargestellt:
allein verschiedene wichtige Ursachen führten im Jahre 1786
die gänzüche Auflösung des einverleibten Stiftes herbey / und dem
Propste blieb nichts als die Verwaltung der Stiftsgüter übrig/
vermöge welcher er sich noch vor wenigen Jahren/ einen Admini-
strator des Stiftes St. Dorothea nannte.
Um die nähmliche Zeit änderte Kaiser Joseph II. die
bisherige Kirchenordnung / er errichtete neue Bisthümer/ ver-
theilte die Diöcesen in gleichere Districte/ und machte aus den
allzugroßen und weitläufigen Pfarren mehrere kleinere. Diese
letztere Anordnung setzte das Stift vorzüglich in große Unkosten.
So wurden aus der Pfarre Heiligenstadt / die Pfarren Grinzing
und Nußdorf errichtet; die Kirche zu Hiezing/ die Dorfcapelle
zu Meidling / Götzendorf/ Stoizendorf/ Kritzendorf und Weid-
ling zu Pfarrkirchen erhoben; die Kirche auf dem Michaelsberge
oberhalb Haselbach V. U. M. B. abgetragen/ und dafür im Orte
selbst eine neue Pfarrkirche/ der Pfarrhof und das Schulhaus
erbauet. Die Pfarren Kahlenberg und Höflein / die bisher vom
58
Stifte aus versehen wurden / erlMten nun eigene Seelsorger/ bie
in der Gemeinde wohnten; und da indessen aus den Zellen des
aufgehobenen Camaldulenserklosters auf dem Josephs-oder Kah-
lenbergs ein Dörfchen entstanden war/ so wurde die entweihte
Klosterkirche vom Propste Floridus im Jahre 1788 neuerdings
eingeweiht / und mit einem Pfarrer versehen.
Bey dieser Einrichtung und Kirchenreform sah das Stift
sich genöthiget/ zwey Kirchen/ nähmlich zu Nußdorf und Ha-
selbach/ mehrere Pfarrhöfe und viele Schulhäuser ganz neu zu
erbauen; während andere Kirchen eingerichtet/ mehrere Häuser
zur Wohnung der neuen Pfarrer angekauft / und mit vielem
Kostenaufwande zum gehörigen Gebrauche hergestellet werden
mußten.
Ungeachtet dieser bedeutenden Auslagen / die das Stift
gerne und willig zur Aufnahme der Religion und des Schul-
unterrichtes spendete/ kaufte Propst Floridus dennoch manche
Besitzungen / die dem Stifte bequem lagen; vertauschte mehrere
einzeln liegende Unterthanen; legte bey der Abgabe der herr-
schaftlichen Gründe/ nächst der Donaubrücke/ ein Dorf an/ das
gegenwärtig den Nahmen Fl 0 r idsd 0 rf führt; und machte
bedeutende Veränderungen in der Verwaltung des Stiftes / da
der neue Geschäftsgang von Seite des Staates dieselben er-
heischte.
So thätig und unermüdet Propst Floridus für das Beste
des Stiftes war/ eben so thätig und unermüdet bewies er sich
auch für Religion und Vaterland.
Österreichs Heldensöhne hatten das Jahr 1797 auf ewig
unvergeßlich gemacht/und der Nachwelt für alle Zeiten ein Bey-
spiel hinterlassen/ was echter Muth/ Entschlossenheit und reine
Vaterlandsliebe binnen wenig Wochen zu bewirken im Stande
sey. Bey dieser Gelegenheit griffen auch die Studierenden der
Wiener Universität zu den Waffen/ und ihr Anführer/Herzog
Ferdinand von Würtem berg/ verlegte das Hauptquar-
tier nach Klosterneuburg / und schlug seine Wohnung im Stifte
auf. Freudig ergriff der würdige Vorsteher desselben diese Gelegen-
heit/ seinen Patriotismus neuerdings zu erproben/ d?n er schon
früher durch die freywillige Ablieferung des entbehrlichen Kir
59
chensilbers bewiesen hatte. In dieser stürmischen Zeitepoche,
kamen auch viele ausgewanderte französische Priester nach Öster-
reich , mehrere von ihnen versorgte das Stift durch längere Zeit
mit Kost / Wohnung und Kleidung/ und den übrigen Bedürf-
nissen ; ja die ganze C o n g r e g a t i o n du 8. Sulpice erhielt
das damalige Schloß Hagenbrunn zu ihrem Aufenthalte / bis sie/
erst nach einigen Jahren/ wieder nach Frankreich zurückkehrte.
Um den Wunsch Sr. jetzt regierenden Majestät Kaiser
Franz i, zu erfüllen/ übernahm Propst Floridus gegen das
Ende seines Lebens / die Herstellung der Kirche auf dem Leo-
poldsberge. Er ließ sie reinigen / mit drey Altären im
neueren Geschmacke versehen / mit neuen Stühlen besetzen/
und verrichtete selbst am Vorabende des Leopolds-Festes 1798
die feyerliche Benedicirung derselben. Auch zur Verschönerung
des k. k. Lust-und Ritterschlosses zu Laxenburg trug
er freudig das Seinige bey / und überließ Sr. Majestät die ent-
weihte marmorne Capelle / welche dann im Jahre 1799 auf kai-
serliche Kosten abgetragen/ und zur Burgcapelle im Ritterschloffe
verwendet wurde.
So verwandte Propst Floridus die ganze Zeit seiner
Vorsteherwürde nur dazu / die ihm obliegenden Pflichten ge-
gen sein anvertrautes Stift redlich zu erfüllen. Er hatte das-
selbe mitten in den Stürmen der damaligen Zeit aufrecht er-
halten/ durch sein würdevolles Benehmen und seine Klugheit in An-
sehen gebracht; nun entschlief er müde und matt von den An-
strengungen des Tages / am i3. August 1799/ nachdem er län-
ger als 17 Jahre dem Stifte vorgestanden hatte. Während sei-
nes thatenreichen Wirkens war er im Jahre 1786/ zum Rec-
tor Magnificus der Universität zu Wien erwählet worden / und
vomKaiser Leopold II. erhielt er im Jahre 1791/ die Erb-
hofcaplans - Würde/ welche durch den Tod des Propstes
von St. Pölten in Erledigung gekommen war/ für sich und
seine Nachfolger.
Ihm folgte in dieser Würde und als Vorsteher des Stiftes/
der gegenwärtige Hochwürdigste Herr Prälat/ Gaudenz
Dunkler/der Theologie Doctov/ vorher Bibliothekar und
oo
Novizenmeister/ der als provisorischer Vorsteher den 18. März
1600 „zum wirklichen Propste erwählet wurde.
Hatten schon unter seinem Vorfahrer/ die kriegerischen Be-
gebenheiten der Zeit das Stift zittern und wanken gemacht: so
waren die jetzt hereinbrechenden Tage noch weniger im Gran-
de / das Glück und die Ruhe des Stiftes zu fördern; denn die
Stürme des Vaterlandes trübten wiederhohlt Klosterneuburgs
friedlichen Himmel; und nur kurze Zeit blickte die Sonne des
Friedens segnend auf des Stiftes Gefilde.
Noch im Jahre der Propstwahl 1800 wurde nach der un-
glücklichen Schlacht bey H 0 h e n l i n d e n / das ganze alte Stifts-
gebäude zu einem k. k. Militär - Hauptspitale verwendet/ und
die Geistlichen genöthiget/ sich in die Zimmer des vom Propste
Ernest erbauten Neugebäudes zu theilen / wo sie bis zum Abzüge
der Kranken / der erst den 14. July 1601 erfolgte/ verweilten.
Damals blieb Klosterneuburg vom Besuche der Feinde/
die bereits ganz Oberösterreich überschwemmet hatten und schon in
Unterösterreich eingedrungen waren/ glücklicher Weise verschont;
doch nicht so erfreulich war ihr Schicksal im Jahre i8c>5.
Den 11. November gegen 6 Uhr Abends kam der franzö-
sische General Sebastiani mit zwey Regimentern/ Jäger zu
Pferde und Dragoner/ von der Avantgarde unter MuratS
Befehle/ in hiesiger Stadt an/ und forderte von dem Stifte
eine bedeutende Brandschatzung. Den 23. November zog der
Stab vom Straßburger-Pontoniers-Bataillon in das Stift
ein / und verweilte hier bis zum 10. Jänner 1806/ an welchem
Tage das Stift und die Sradt von den feindlichen Truppen
geräumet wurde. Selbst der damalige französische Kaiser wür-
digte während dieser Zeit Klosterneuburg seiner Aufmerksamkeit/
er besuchte am 20. December das Stift/ und verweilte in dem-
selben eine halbe Stunde.
Viel Unheil und Schaden hatte dieser feindliche Einfall
dem Stifte und dessen Unterthanen verursachet; doch bald hätte
das Stift diese Wunde geheilt/ wäre das Vaterland nicht zum
zweyten Male im Jahre 1809 der Schauplatz des französischen
6i
Krieges und der Wittkühr des siegenden Feindes überlassen
worden; denn damals erfuhr Stadt und Stift alle Schrecknisse
eines verwüstenden Krieges und übermüthiger/ ausgearteter
Feinde.
Schon am 9. May wurde der silberne Sarg mit den Ge-
beinen des heiligen Leopold nach Wien in die Metropolitan-
kirche gebracht / und dort bis zum Abzüge der Feinde verwah-
ret. Am folgenden Tage befand sich das Stift bereits in feind-
lichen Händen/ und mehrmalen in der Gewalt des berüchtig-
ten französischen Generals Band amme/ der jedoch hier ein
gemäßigteres Betragen beobachtete. Erst zu Ende Novembers ver-
ließen die französischen Truppen das Stift/ welches durch den
langwierigen Aufenthalt/ und durch die Verköstungen unzähli-
ger Officiere und Gemeinen / durch oftmalige Brandschatzungen
und Lieferungen / durch die Hinwegführung des ganzen vorräthi-
gen/aus mehreren tausend Eimern bestehenden Weinlagers/ und
durch andere Zahlungen / einen Schaden von dritthalb Millionen
Gulden erlitt. Noch blutet das Stift an dieser erhaltenen Wun-
de; denn die folgenden Jahre waren keinesweges geeignet/
die Umstände der Canonie zu verbessern. Die Einlieferung alles
vorhandenen Kirchensilbers/ ja sogar des silbernen Sarges unseres
heiligen Landespatrones/schlechte Weinjahre/ und die Armuth der
Unterthanen/ verbunden mit dem Drange der nachfolgenden Zei-
ten/ rissen nur zu oft die Wunden aufs neue auf/ welche durch
weise Einschränkungen/ und durch die Thätigkeit des würdigen
Propstes bereits zu vernarben begannen.
Mehrere Ereignisse und Unternehmungen in den Tagen der
Ruhe beurkunden sein rastloses Streben. Schon Propst Flori-
dus hatte bald nach Kaiser Josephs II. Tode die ersten beyden
Jahrgänge der theologischen Studien im hiesigen Stifte errichtet;
Propst Gaudenz trug daher alle Sorge/ durch die Einführung
der beyden letzten/ den ganzen theologischen Lehrcurs vollstän-
dig zu machen. Diesen erhob er zu solch einem Grade der Voll-
kommenheit/ daß seit dem Jahre 1801/ die jungen Cleriker des
regulirten Chorherrnstiftes H e rz 0 g e n b u r g / und seit 1614 /
die studierenden Chorherren des Stiftes V orau in Steyermark
an dem gegebenen Unterrichte Theil nehmen können. Mt reger
62
Thätigkeit hatte er auf der Universität die Procurators - Würde
bekleidet. Dieser und anderer Verdienste wegen wurde er auch im
Jahre 1802 von der hohen Schule zu Men zu ihrem Rector
erwählet. Im folgenden Jahre, baute er auf allerhöchstes Ver-
langen auf dem Grunde des alten Dorotheer - Hofes zu Wien/
zwey ganz neueHöfe, welche binnen wenig Jahren vollendet
wurden , und als Werke neuerer Baukunst verdiente Bewun-
derung einernten.
Einige frohe Begebenheiten der neuesten Zeit schließen die
Geschichte des Stiftes.
Im Jahre r808 nahmen Se. fürstliche Gnaden, der Herr
Erzbischof von Wien, S i g i s m und Anton Graf von H 0-.
henwart, hier und in der ganzen Umgegend/ die canonische
Visitation vor/ verrichteten in eigener Person jede der pfarrlichen
Functionen / und beehrten bey dieser Gelegenheit vom 14. bis
2i. May das hiesige Stift mit ihrer Gegenwart.
Nicht minder angenehm waren die allerhöchsten Besuche,
die in den Jahren 1814 und i6i5, zur Zeit des Wiener - Con-
greffes, dem hiesigen Stifte zur Ehre gereichten. Ihre Maje-
stät, die jüngst verstorbene Kaiserin Maria Ludovica;
Dänemarks König; August Prinz von Preußen mit
dem englischen Vice-Admiral Sidney Smith; seine könig-
liche Hoheit der Kronprinz von Baiern; der preußi-
s ch e Prinz Carl Wilh elm Fried rich, ein Bruder des re-
gierenden Königs; Se. Majestät der König von Preußen
in Gesellschaft seiner durchlauchtigsten Frau Schwägerin T h e-
resia Mathilde, Fürstin von Taxis; Se. kaiserliche Ho-
heit, Erzherzog Palatin us als Begleiter der damaligen
Großfürstin, gegenwärtigen Königin von W ü rt e m b e rg,
Catharina, Herzogin von Oldenburg; Ihre Majestät, die
Erzherzogin Maria Ludovica, Herzogin von Parma rc.
mit mehreren Prinzen des erlauchten Kaiserhauses und anderen
hohen Standespersonen, würdigten Klosterneuburg ihrer erhabe-
nen Gegenwart, und erinnerten wehmüthig an längstverflossene
Zeiten, in denen sich Stift und Stadt, als erwählte Residenz
derBeherrscher Österreichs, solcher Besuche öfters erfreute.
Gegenwärtig besteht das regulirte Lhorherrenstift zu Klo-
sterneuburg aus 61 Mitgliedern/ von denen drey/ nähmlich
Herr Peter F o u r e r i u s Ackermann/ der Theologie Doc-
tor/ Theobald Fritz/ und Jacob Ruttenstock/ als
Professoren an der Universität zu Wien / und sieben Chorrherreg
als Professoren an der theologischen Hauslehkanstalt angestellt
sind. Dreyßig derselben versehen die Seelsorge auf den stiftlichen
Pfarren / die übrigen aber sind zu Hause entweder als Stifts-
Officialen verwendet/ oder bereiten sich durch die vorgeschriebe-
nen Studien zu ihrem künftigen Berufs
Die Herrschaft des Stiftes umfaßt mehrere Dörfer und
einzelne Unterthanen / in allen vier Vierteln des Landes; nicht
weniger ausgebreitet ist das Patronatsrecht desselben/ denn es er-
streckt sich über 25 Pfarren/ von denen allein Hauskirche^r im
V. U. M. B. als ein Veneüeium Saeculare mit einem Welt-
priester/ die übrigen aber alle mit Chorherren des Stiftes von
dem Propste besetzet werden / der als Patron / im Nahmen des
Stiftes/ auf die Erhaltung der dazugehörigen Kirchen / Pfarrhö-
fe und Schulen jährlich bedeutende Summen zu verwenden hat.
Dieß ist nun die Geschichte des Gotteshauses Klosterneu-
burg/ eines Stiftes/ welches bereits durch sieben Jahrhunderte
den Stürmen der Zeit trotzet/ und nicht nur durch seine Bege-
benheiten/ sondern auch durch seine gegenwärtige Gestalt und die
noch vorhandenen Denkmäler die Aufmerksamkeit eines jeden
Geschichtsforschers verdient.
Wie weitläufig dieses alte Kloster einst war/ und welche
vielfache Veränderungen mit demselben zu verschiedenen Zeiten
vorgegangen sind/ sieht man an den alten Überbleibseln des-
selben. Hier ist ein hohes/ hier ein niedriges Gebäude/ hier
mit/ hier ohne Vorsprung/ bald mit regulären, bald mit unor-
dentlich angebrachten Fenstern und Treppen. Manche derselben
unterscheiden sich auch noch durch Wappen, Bilder / Jahrzah-
len / Mahlereyen und Inschriften/ die größtentheils die Zeit
der Erbauung bemerken.
So schauerlich der Eindruck ist/ welchen dieses alte Ge-
bäude gewähret: so herrlich und erfreulich ist im Gegentheile
64
der Anblick/ den das neue Gebäude darbietet/ zu wel-
chem Propst Ernest im Jahre 1780 den Grundstein gelegt
hat/ und das durch einen schmalen Gang mit dem alten Stif-
te verbunden ist. Architekt davon war Herr von Allio/ k. k.
Oberstlieutenant beym Ingenieur - Corps ; den Bau selbst aber
führte der damalige Stiftsmaurermeister Kaiserlich. Dieser
Theil ist nicht nur sehens-/ sondern auch bewundernswerth/ in-
dem hier alles/ was die Regeln der Baukunst an Stärke und Dauer,
an Pracht und Majestät verlangen/ mit dem größten Auf-
wands angebracht wurde. Man hat zwar nur den östlichen und
nordöstlichen Flügel zu Stande gebracht; doch schon diese ver-
mögen / in jedem Besichtiger das Gefühl des Erhabenen rege zu
machen.
Wir wollen nun durch beyde Theile des Stiftes eine klei-
ne Wanderung beginnen/ und begeben uns zuerst in den soge-
nannten Kreutzgang / der im Innern des alten Gebäudes her-
umläuft. An seinen Wänden befinden sich die Bildnisse der ver-
storbenen Pröpste / deren Zahl sich bereits auf 55 beläuft; und
gleich bey dem Eingänge in das ehemalige Capitelhaus (jetzt
die Leopoldsgruft genannt) steht an der Wand die Abbildung
des Stammbaumes des Babenbergischen Hauses / der zwar
sehr mühevoll ausgearbeitet/ allein hier und da unrichtig ist.
Auch finden wir hier zwey Capellen/ wo noch zu bestimmten
Zeiten Messe gelesen wird. Die Agnescapelle wurde wahr-
scheinlich unter Propst Pabo errichtet/ und diente damals
zum Waschhause für die weiße Kleidung der Geistlichen. Spä-
terhin wurde dieses Gebäude zur beständigen Capelle ungeformet/
ein Altar zu Ehren der heiligen Märtyrin Agnes erbauet/ dieser
mit einem päpstlichen Jndulgenzbriefe, und mehreren kleinen
Schenkungen begabt/ so daß der Gottesdienst dabey durch einen
eigenen Priester/ der immer ein Stiftsherr war/ besorget wer-
den konnte.
Noch später / vielleicht im Anfange des i5. Jahrhunder-
tes / erbauten die Herren von Wähingen / die in Klosterneu-
burg ansäßig waren/ in einer Ecke eben dieses Kreutzganges eine
andete Capelle/ die noch heut zu Tage/weit einer dieser Erbauer
auf dem Bischofstuhle zu Freysing saß / die F r e y s i n g e r C a-
65
pelle genannt wird. Dieser Bischof BerLh otd von Freysing
errichtete in Gesellschaft seiner beyden Vettern, Leopold und
Berthold von Wähingen, in dieser Capelle auch,zwey Altare, einen
zu Ehren Mariens, den andern zu Ehren der Apostel; hierauf
stifteten sie auf beyde Altäre für sich und ihres Vaters Seelen-
heil mehrere h. Messen, die noch jetzt durch die Stiftsgeist-
lichen besorget werden. In ihr wurde auch Reinhard von Wä-
hingen, ein Bruder des erstgenannten Bischofs, und oberster
Thürhüter von Österreich, der schon am 5. May i3g4 verstor-
ben war, begraben, und mit einem prächtigen Leichensteine bede-
cket, welcher die Aufschrift hat: Anno Domini M.CCC.XCIV.
obiit Dominus Reinhardus de Wehinghen. Supremus
Magister Janitorum in die invencionis Sancte Crucis. re-
quiescat in pace.
Später wurde auch Bischof Berthold in dieser Capelle bey-
gesetzet, wo ein von Marmor erhabenes Grabmal, in welchem
er ruhet, hinlänglich sein Ansehen und seinen Reichthum be-
weiset. Man findet darauf folgende Umschrift: Anno Domini
MCGCCX. VIIraa Die Septembris obiit Reuerendus in
Christo Pater Dominus Bertholdus Episcopus Frisin-
gensis.
Noch gibt es außer den erwähnten Grabmälern, eine große
Menge anderer Leichensteine in diesem Kreutzgange, der einst zu
einem allgemeinen Begräbnißorte vieler Edlen Klosterneuburgs
und der verstorbenen Chorherren gedient hatte. Nur einige aus
ihnen verdienen eine besondere Erwähnung.
Gleich beym Eintritte in die Leopoldsgruft zeigt sich auf
der Erde ein grauer Stein, mit einem einfachen Kreutze uud
den Worten: Da liegent die Herren von Medhling. Er
scheint ein Familiengrabstein, nicht der regierenden, sondern
der zweytgebprnen Herzoge von Medling gewesen
zu seyn, und in der Leopoldsgruft selbst gelegen zu haben, wo
er die Asche Heinrichs des Grausamen, Heinrichs des jungen,
Heinrichs des älteren und seiner Gemahlin Richza oder Reyza
bedeckte. Neben diesem Denkmale befindet sich auch der Grab-
stein der Herren vonMeissau, der gleichfalls von grauer Far-
be ist, und folgende Inschrift zeiget: Otto Gertrudis de
Topogr. v. Österr. I. Abth. E
66
Missowe. Otto Aloldus filii eoruni, hic sepulti sunt,
requiescant in pace. Sie wurden im dreyzehnten Jahrhun-
derte hier zur Erde bestattet.
Neben diesen beyden Leichensteinen liegt ein dritter aus ro-
. them Marmor verfertiget / mit folgender vaterländischer In-
schrift: Weiland Carl Freyherr von Pallant. Hochfürst-
lichen Braunschweigischen Lvneburgischen Obersten
der Leibgvarde ist geblieben bey der Schlacht vor Wien
gegen den leidigen Tvrhen den 14* September im Jah-
re vnsers Heilandes Jesu Christi i685*
Außer biefen Denkmälern findet man auch noch einige
Trümmer alter Leichensteine von den hier haussässigen ritterli-
chen Familien von Wiesent und Stubiar/ nebst anderen
adeligen Geschlechtern. Manche andere Leichensteine mit vollstän-
digen Umschriften/ oder auch nur mit einzelnen Buchstaben
erinnern an längst verstorbene Chorherren des Stiftes.
In der Agnescapelle deS Kreutzganges findet man auch
den Grabstein einer Chorfrau und Oberin des ehemaligen
Frauenklosters/ welche den 18. December 14^7 starb/ mit fol-
gender Inschrift: anno 1467. obiit nobilis ac religiosa
Dna. AnnaMitterndorfferinnM—stra Monialium. cujus
anima requiescat in pace.
Verlassen wir nun diese Ruhestätte der Todten/ und treten
wir durch ein großes eisernes Gitterthor in die sogenannte Leo-
poldsgruft/ dem einstmaligen alten Capitelhause/ worin
wir die Grabstätte des heiligen Leopold/ seiner Gemahlin
Agnes und einiger seiner Kinder erblicken. In der Mitte dieses
Gewölbes/ welches durch Pfeiler unterstützt/ und an den Wän-
den bemahlt ist/ befindet sich ein Altar/ der zu Propst Goti-
sch a l k s Zeiten dem heil. Nicolaus geweiht wurde/ und rück-
wärts desselben das einstmalige Grab des heil. Stifters/ welches
nun mit einem Gitter umgeben ist. Zur Seite steht an der
Wand die in blechernen Röhren aufbewahrte Hohlunderstaude,
auf welcher der Schleyer der frommen Markgräfin Agnes ge-
sunden wurde. Zwey steinerne Treppen neben der Schatzkam-
mer führen uns unter die Erde zu dem eröffneten Grabe des
Markgrafen/ wo sich gegenwärtig zwey Wasserkrüge und eine
6?
dleyerne Tafel mit folgender Inschrift befinden : In bis ampbo-
ri5 65t ablutio sacrarum Reliquiarum Divi Leopoldi Fun-
datoris nostri facta in ejus translatione per Reverenduni
Patrem Wigulaenm Episcopum Pataviensem , Anno
M. D. VI. Dominica Sexagesimae.
Neben diesem Grabe zur rechten Seite befindet sich die
Aufschrift: Die est sepulta Domina Agnes Marchionissa
Uxor S. Leopoldi. Zur linken Seite lesen wir: Die est se~
pultus Primogenitus 8. Leopoldi, Adalbertus Dux Au-
striae, pius Advocatus bujus Alonasterü. Mitten über dem
Grabe steht folgendes: Die sunt sepulti innocentes pueril-
li S. Leopoldi.
Offenbar sind alle diese Grabschriften erst nach der. Heilig-
sprechung des seligen Stifters gemacht worden/ und gewiß ist
eS nur ein Versehen/ daß Adalbert der Erstgeborne/ Dux,
d. i. Herzog genannt wird / da er doch nur die Würde eines
Markgrafen (Marchio) bekleidete.
Der eigentliche Grabstein aber des heil. Leopold soll jener
gewesen seyn / der noch gegenwärtig zur Stufe bey dem hiesi-
gen Gruftaltare dienet/ und auf welchem man noch in der Mit-
te des vorigen Jahrhundertes die Worte bemerkte: Marcbio
pius Luipald AnnoM C. XXXVI. Auch von dem Leichen-
steine der seligen Agnes sind noch Überbleibsel vorhanden/erliegt
am Eingänge in die Schatzkammer/ und enthält noch folgende
zwey Worte: III Angnes uxor —
Schreiten wir über diesen hinweg/ so befinden wir uns in
der Capelle des heil. Leopold/ die auch den Nahmen der
Schatzkammer führet. Hier ruhen auf dem Altare die Gebeine
des heil. Stifters in einem rothsammtenen Sarge ; und in den
hier befindlichen Kästen werden die Schätze des Stiftes verwah-
ret. Unter diesen bemerken wir das mit einem Herzoghute ge-
zierte/ mit Perlen/ Gold und Silber geschmückte Haupt des
heiligen Markgrafen/ welches auf einem rothsammtenen Pol-
ster ruhet. Auch zeigt man eine kostbare/ silbern-vergoldete/mit.
Edelsteinen und Perlen besetzte Monstranze/ die zur Zeit des
Propstes/ Ernest Perger/ verfertiget wurde. Sie hat die Gestalt
einer Hohlunderstaude / um welche sich ein silberner Schleyer
E 2
68
schwingt/ der auf den Ursprung des hiesigen Gotteshauses deutet ;
die Blüthen sind von kleinen Perlen zusammen gesetzt. Das rück-
wärts angebrachte Stifts-und Prälatenwappen hat die einfache
Umschrift: An. fundationis saeculo sexto MDCCX1V.3n
dem Reisealtare des heiligen Leopold/ welcher aus Jaspis und
alabasternen Figuren bestehet/ und 1785 neu in Silber gefaßt
wurde/ wird in der Mitte noch der verhängnifivolle Schleyer
der seligen Agnes verwahret. Auch wird hier die erzherzogliche
Krone als Reichskleinodium aufbehalten/ welche der Hochmeister
des deutschen Ordens/Erzherzog Maximilian/ im J. i6i6hieher
geopfert hat/und die man seit dieser Zeit zur jedesmaligen Erbhul-
digung des Landesfürsten gebraucht. Nebst diesen Kostbarkeiten
bemerken wir auch noch die Brautkleider des markgräflichen Paa-
res/ Leopold und Agnes/die späterhin in einen Kirchenornat um-
geändert/ und bey Gelegenheit eines allerhöchsten kaiserlichen Be-
suches gebraucht wurden ; ferner ist auch noch ein fein gearbeitetes
Pastoral von Elfenbein / ein alter Kelch aus dem vierzehnten
Jahrhunderte/ zwey neuere/ wovon der ältere aus arabischem/
der andere von Donauwaschgolde im Jahre 1742 verfertiget
wurde / und ein alter Altar merkwürdig / welcher/ wie wir frü-
her erzählten/ schon unter dem sechsten Propste des Stiftes/
Wernher / angeschafft worden ist.
Von dieser Capelle des heil. Leopold gelangen wir durch
die Gruft in die Kirche/ die bedeutend groß , vorzüglich lang/
aber bey dem ersten Einblicke etwas zu schmal zu seyn scheint.
Ursprünglich war ihre innere Gestalt gothisch / mit zwey Reihen
freystehender Pfeiler/ und so fiel auch die Breite leicht in die
Augen. Allein als das Gewölbe den Einsturz drohete/ und der
Thurm über dem vorderen Chor abgebrochen werden mußte/ so
entstand nach und nach im 'siebzehnten Jahrhunderte die gegen-
wärtige innere Gestalt/ welche zwar die Festigkeit sicherte/aber
die Geräumigkeit und das ehrwürdige Alterthum dem Auge ent-
zog/ wofür es indeß durch die schöne Stucaturarbeit und Mah-
lerey hinlänglich entschädiget wird.
Das ganze Presbyterium/ die prächtigen Chorstühle nebst
dem kaiserlichen Oratoriv/ so wie der majestätische Hochaltar/
welcher jm Jahre *781 vom Cardinal und Erzbischof Kollo-
69
nitsch eingeweihet wurde/ verdanken ihr Daseyn dem unermü-
deten Propste Ern est. Das ?lltarblatt desselben/ die Geburt
Mariens vorstellend/ ist ein Werk des berühmten Mahlers
Schmidt/ der im Jahr 1801 zu Stein sein Leben endete.
Am Fuße des Chores befindet sich in der Mitte der Kirche
der sogenannte Frühalter/ auf welchem der pfarrliche Gottes-
dienst immer verrichtet wird/ und der zum Andenken/ daß hier
bey der Gründung des Stiftes die Hohlunderstaude mit dem
Schleyer gestanden habe/ seinen alten Platz von je her behauptet.
Die beyden Altäre in den zweySeitencapellen der Heiligen
Petrus und Paulus/ und der heiligen Afra/ so wie die
übrigen sechs Seitenaltäre der Kirche sind von verschiedenen
Marmorarten erbauet/ und mit schonen Altarblättern geziert/
aus denen die erstem vier / welche die Heiligen: Petrus und
Paulus — Afra — Anna und — Augustin darstellen / von
Pelluci 0/ die letzteren aber/ nähmlich Christus amKreutze —
St. Michael — Sebastian und Barbara — von Baron Stru-
d e l gemahlet sind.
Die Kanzel ist von schönem weißen Marmor / und ihre
kupferne Kuppel im Feuer vergoldet. Die große Orgel im Hin-
tergründe der Kirche / deren Pfeifen aus Zinn gegossen sind/
hat ein PassauerBürger/ Nahmens Freund / im siebzehnten
Jahrhunderte verfertiget; die kleine Orgel aber auf dem Seiten-
chore/ erhielt erst unter dem Propste Ambros die jetzige in
* zwey Flügel getheilte Gestalt.
An der rechten Seite des Hochaltars befindet sich gegen-
wärtig die obere Sacristey/ die vielleicht schon im zwölften Jahr-
hunderte eine Capelle zu Ehren des heiligen Ägidius war/
späterhin aber auch unter dem Nahmen der heiligen Geistcapette
bekannt ist. In ihr erbaute schon im vierzehnten Jahrhun-
derte Johann Freysinger einen Altar zu Ehren der heiligen
Dreyeinigkeit/ und stiftete auf selben eine ewige Messe / die
bis zum Ende des sechzehnten Jahrhundertes dauerte. Nun
werden hier die prächtigen Kirchenornate/ und seit dem 27.
Juny 1787 die Gebeine des Stifters der regulirten Chor-
herren der aufgehobenen Canonie St. Dorothea zu Wien auf-
bewahret/ welche auf Befehl der N. O. Landesregierung hieher
7°
überbracht wurden. Die kupferne Platte auf dem kleinen höl-
zernen Sarge hat folgende Inschrift: Hic quiescunt ossa
Piissimi Fimdatoris Canoniae S. Dorotheae Venerabi-
lis Patris Domini Andreae Planke Plebani in Gars*
Serenissimi Principis Domini Alberti quinti Dncis Au-
striae Cancellarii. Qui obiit Anno Domini i455, nona
die mensis Junii.
Bey dem Eingänge an der Seite der Kirche/ neben dem Thur-
me zur Rechten/ befindet sich eine kleines Capelle / die gleichsam
eine Vorhalle der Stiftskirche bildet/ und in dieser ein kleiner
Altar mit einer hölzernen Statue der seligsten Jungfrau.
Unter dem Thurme auf der linken Seite/ ruhen in einer
eigenen Capelle die Gebeine der drey heiligen Marterer/ Eu-
gen/ Claudius und G r eg o t> welche ein hiesiger Chorherr
Adalbert Olitorius im Jahre 1666 von Rom mitgebracht hat.
Erst Propst Adam gab dieser Capelle die heutige Form.
Schon mehrere Jahrhunderte hindurch diente die hiesige
Stiftskirche den Pröpsten des Gotteshauses / und anderen ade-
ligen Rittern zur Ruhestätte; doch klein ist die Zahl der Denk-
mäler/ die sich aus jenen Zeiten erhalten haben. Nur folgende
biethen sich dem forschenden Auge dar.
Zur rechten Seite der großen Kirchenthure liegt ein sehr
stark ausgetretener Grabstein/ doch kann man noch immer ei-
nen in Pontificalkleidung dargestellten Prälaten / und fol-
gende sehr stark beschädigte Inschrift erkennen : Anno Do-
mini M. CCC. LXXXX. VIIII obiit dns petrus pptus
liuius mo. — Er war Peter I. mit dem Zunahmen Lehnho-
fer/ der am 17. July seinen Lebenslauf endigte.
Gerade neben diesem liegt der Leichenstein eines aus Prag
geflüchteten Propstes der regulirten Chorherren von Carlshof/
und zeiget folgende Worte: Anno Domini M. CCCC. XXX.
VI! L Kak Octobris obiit in exilio propter perfidiam
Hussitarum Ven. pater Dns Martinus. Abbas mostii
Sancti Karoli in civitate pragensi.
Noch finden wir hier einen großen rothen Stein mit der
Inschrift: Anno Domini M. CCCC. in XLIII. iar starb
der erber, man Leonhart Stubier. an Sant' Giligen abent
und leit hier begraben. Daß dieser Leonhard Stubier edlen
Herkommens und ritterlich war/ bezeuget der ihm imJ. 1428
von Bernhard/ Bischof zu Paffau/ ertheilte Lehenbrief; im
Jahre i45i erscheint er als Lantschreiber in Steyr. Diese Fa-
milie war zu Klosterneuburg ansoßig/ und führte ihr eigenes
Grundbuch.
Gleiche Bewandtniß hatte es mit der ritterlich Wiesentischen
Familie/ von der sich hier gleichfalls mehrere Grabsteine finden.
Unfern des Einganges an der Seite der Kirche raget aus der Wand
ein halber Stein hervor/ der zwey kreutzweise gelegte Fische im
Schilde führet. So viel die alten Siegel bezeugen/ war die-
ses das Wisentische Wappen; doch ist -die Umschrift sehr alt/
und nirgends mehr leserlich. Diese Familie war eine der edel-
sten zu Klosterneuburg.
Begeben wir uns von hier hinweg in den Vordertheil der
Kirche/ so sehen wir bey dem Eingänge in den Chor / links an
der Wand einen runden Marmorstein / worauf mit vergoldeten
Buchstaben geschrieben ist: 8. N. V. Rite hinc ad Stiperos
die XII. Mensis Junii An. MDCIX. migrasse credimus
Reverendum in Christo Patrem, Excellentem ac cla-
rissimum Virum D. Andream Weissenstain Claustroneo-
burgensem, Art. Lib. Phliae. V. J. ac SS. Thelogiae
Doctorem eximium, hujus Sacrae Aedis Canonicum.
Parochum acDecanum Vigilantissirnum. Qui et in ce-
lebri Viennensi ArchigymnasiopublicoDocendo Remp.
et ex praeclaro praesentis Templi Suggestu religiöse
concionando coelum Multorum Accessione locupletavit.
Aeternam o! Pie Jesu, ei requiem Tribue, cui hoc ho-
noris et Amoris Monumentum Reverendissimus Domi-
nus Thomas Praepositus etc. totusque Sacer F. F. Con-
ventus B. M. P. C. MoriturDoctus similiter, ut indoc-
tus. Et unus utriusque est interritus. Eccl. II. Cap. Die
Schicksale dieses Mannes sind aus der Geschichte bekannt/ die
seiner als erwählten/ aber nicht bestätigten Prälaten des hiesigen
Stiftes ehrenvoll gedenket.
Noch ist uns die Seitencapelle der heil. Afra übrig/ ifl
der so manche Leichensteine entgegenblinken/und wo noch gegen-
7*
wärtig der Trauergottesdienst für die verstorbenen Pröpste)
Wohlthäter / Ältern und Mitbrüder von den Chorherren gehal-
ten wird.
Propst Balthasar P o lzman n ließ sich noch bey seinen
Lebzeiten jenes herrliche Grabmal setzen/ welches/ aus grau-
lichtem Steine verfertiget/ an der rechten Seitenwand befesti-
get/ und mit folgender Grabschrift geziert ist: -j- Reverendus
admodum in xto Pater ac Yenerabilis Dominus D.
Balthasar Polzmannus Austriacus, Sacrae hujus aedis
Deiparae Virginis a piissimo Marchione D. Leopoldo
dicatae prepositus Vigilantissimus, cum eidem annis
XII. Singulari in Deum pietate et fratrum amore et
Bmi P. AugustiniRegulae observantia laudabiliter prae-
fuisset provecta jam aetate placida tandem morte Die
Sexta Junii Anno a Virgineo partu M. D. XCVI. Subla-
tus/ corpus hic terrae,, Spiritum Deo reddit.
Gleichfalls in dieser Capelle auf der Epistelseite des der
heiligen Märterin geweihten Altares / befindet sich das herrliche
Grabmal des Propstes / Thomas Rueff/ der hier in Pontifi-
calkleidungjund in Lebensgröße dargestellt ist. Zu seinen Füßen
bemerkt man sein eigenes Wappen mit der Helmdecke und daS
Wappen des Stiftes; das Ganze umgibt folgende Inschrift:
Rdmsus hujus claustri Praepus Dris Thomas Rueff
Vien. J. D. Imp. Rudolphi et Leopoldi Archid. Austr.
consiliarius illustr. Austr. Stat. Ordinarius obiit XII.
xbris M. DG. XII. Deo et Patriae \ixit annosXLI. Die-
ser Stein scheint anfangs in der Mitte des Chores auf seinem
Grabe gelegen zu haben/ doch bald hieher übertragen/ und viel-
leicht schon unter seinem Nachfolger Andreas Mosmüller an der
Mauer befestiget worden zu seyn.
Eben dieser Propst Andreas ließ/ wahrscheinlich noch bey
seinem Leben/ diesem Leichensteine gegenüber auf derEvangelien-
Seite/ ein eben so schönes Denkmal errichten/ worauf er/
wie sein Vorfahrer/ in Pontificalanzug abgebildet/ und von
folgenden Worten umgeben ist : Rdshiuset AmplissinmsDns
Dns Andreas Mosmiller Praeposit. Claustroneoburg.
illustr. Stat. Austr. Ordinarius^ Qui multas exstruxit
73
fabricas contentus est hoc marmore. Doch gelangte An-
dreas hier keineswegs zur Ruhe/ sondern seine Gebeine liegen
in der Gruft des heil. Leopold auf der Evangelien-Seite begra-
ben/ wo ein kleiner Stein folgende Grabschrist weiset: Andreas
Mosmüller Praep. Claust. obiit 1629. 1. Deeemb. et
liic sepultus. Cujus anima Deo vivat.
Auch auf dem Fußboden dieser Capelle bemerket man auf
den Steinplatten verschiedene Grabschriften / so z. B.: Die
quiescit Gotfridus De Rollemann P. Ptüs Claustr. obiit
die 8. Martii 1772.
Nicht weit davon liest man: Pertholdus Staudinger.
Praep. Claustron. obiit 16. Mart. 1766.
In der Mitte zwischen diesen beyden liegt Propst Ernest
mit der einfachen Aufschrift: Ernestus Perger Praep.
Claiistron. obiit 24.. Deeemb. An. 1748* Er bedurfte kei-
nes auffallenderen Denkmales; denn ihn verewiget das Neu-
gebäude/ und das dankbare Andenken der Nachkommen.
Nebst diesen finden sich hier die Grabschriften dreyer Herren
Sriftsdechante / die hier zur Erde bestattet sind. Sie lauten:
Siste Viator j lege et luge virum , olim nemininon
pretiosum A. R. R. et Clar. Dominum Gilbertum Wall-
ner* SS. Theolog. DoremProt. Apost* et Can. hujusDe-
canum meritissimum^XXVI. Sept. an. CI3IDCCXXIX.
Pi£ in Dno defunctum, cui Lux perptua luceat,, precare.
Eine andere sagt uns: Hac in fossa quiescunt ossa.
Ven. et optimi Viri A. R. R. et Clar. Quarini Künzl-
mann; J. U. D. supr. Celar. et Decani hujus Canoniae
XIII. April, anno CI0I3CCXLVI1I. Piissime defuncti.
Gleich neben diesem Steine heißt es : Leopoldus Pitney
Decanus Claustron. obiit 21. Mart. 17H4.
Endlich liegt noch in dieser Capelle bey dem Eingänge zu
dem Musikchor ein weißer Marmorstein mit folgender Auf-
schrift: Anno Dominieae Incarnationis MDLXXXVI.
pridie S. Andreae Apostoli. nobilis. egregius ac Mag-
nificus Dominus Adamus Reichard Bonnensis AA. ac
Philosoph. Magister longe doctissimus. Scholae et au-
lae Monasterii Neuburgae Glaustralis quondampraefec-
74
ins, et civitatis ejusdem Judex aequissimus. Cujus Cor-
pus sub hoc tumiilo requiescit. Animae vero in supero
Beatorum Coetu bene sit. Dieser Mann war anfangs der
lateinischen Schule hier vorgestanden, wurde dann zum Stifts-
Hofmeister (Hofrichter) bestimmt/ und bekleidete endlich vom
Jahre i585 bis zu seinem Tode das ehrenvolle Amt eines hie-
sigen Stadtrichters (Bürgermeisters).
So manche Merkwürdigkeiten/ so manche Denkmäler der
Andacht und der Vergänglichkeit/ both die hiesige Kirche mit
ihren Nebencapellen dem fleißigen Beobachter dar; nun trifft
sein Blick beym Austritte aus diesem Tempel, des Herrn un-
willkührlich die majestätischen Kuppeln des Neugebäudes/ und
seine ganze Aufmerksamkeit wendet sich nun rasch in das Inne-
re desselben.
Dieses schließt in einem eigenen Stockwerke die sogenann-
ten Kaiserzimmer ein / welche ehedem/ als die höchsten Herr-
schaften am Leopoldsfeste Klosterneuburg besuchten/ bloß für diese
Bewohner bestimmt und zubereitet waren. Mir Bewilligung der
höchstseligen Kaiserin/ Maria Theresia/ hat her Propst nun einen
Theil dieser Kaiserzimmer bezogen/ und zu gleicher Zeit sind
in anderen Stockwerken dieses Flügels mehreren Stiftsherren
Mohnungen eingeräumt worden. Nur der Tract von derProp-
stey hinein ist noch für .den kaiserlichen Hof vorbehalten und
meublirt.
Gerade unter diesen Zimmern befindet sich die ansehnliche
Stiftsbibliothek/ die in vier geräumigen Zimmern auf-
gestellt/ bey zwanzig tausend Bände umfasset. Sie enthält auch
alte Handschriften / deren Zahl sich wohl auf vier hundert belau-
fen mag. Unter ihnen zeichnen sich die schon in derGeschichte erwähn-
ten Klosterneuburgischen Tafeln / die alte lateinische Bibel/ wel-
che Leopold der Heilige bey der Stiftung den hiesigen Chor-
herren schenkte/ und sein eigenes von ihm sehr oft gebrauchtes
Psalterium., vorzüglich aus. Die ersteren gelten als ein schätzbares
Denkmal des unermüdeten Fleißes/ enthalten aber viele Un-
richtigkeiten/ und eine so gedrängte Kürze/ daß sie nur ein
schwacher Umriß der Geschichte Österreichs unter den Babenber-
gern genannt werden können. Sie sind auf Pergament geschrie-
?5
ben, mit vielen buntfarbigen und vergoldeten Bildern und Ein-
fassungen geziert/ und in acht Tafeln abgetheilt/ welche auf
Holz aufgespannt/ und in Rahmen gefaßt wurden. Nicht we-
niger merkwürdig ist ein vom Mag. Martin / reg. Chorherrn
des Stiftes im Jahre i35o genau verfertigtes Verzeichniß al-
ler damals in der Stiftsbibliothek vorhandenen Handschriften.
Nebst diesem verwahrt man hier auch viele Bücher aus
dem ersten Jahrhunderte der Buchdruckerey (Primi Typi oder
Incunabwla)/ unter denen die deutschen Bibelübersetzungen/ vor
Luthers Zeiten / besonders bemerkt werden. Die merkwürdigste
aus denselben ist jene/ welche zu Mainz 1462 von Johann
Fust (Faust) gedruckt wurde/ und die in Rücksicht., der älteren
deutschen Sprache sehr wichtig ist.
Ferners besitzt die Bibliothek eine ansehnliche Sammlung
der lateinischen Claffiker/ und enthält nebst den theologischen/
noch sehr viele historische/ diplomatische/ numismatische und
archäologische Werke, Auch wird man sich keinesweges um grre- .
chische/ italienische/ französische und deutsche Belletrrsten / oder um
andere Kunstwerke und Prachtausgaben vergebens erkundigen.
Drey Zimmer im höchsten Stockwerke des Gebäudes sind
einer Gemählde Sammlung aus der alt-deutschen Schule/einem
kleinen / fleißig geordneten Mineralien- Cabinete / und einigen
aus Elfenbein verfertigten Kunstwerken gewidmet. Ober diesen
Zimmern und an der entgegengesetzten Seite wölben sich zwey
künstliche Kuppeln/ die statt der Knöpfe mit der Kaiserkrone
und dem Erzherzoghute gezieret sind. Diese Kronen bilden im In-
nern zwey mit Kupfer gedeckte Pavillons / die so geräumig sind/
daß zehn bis zwölf Personen hinlänglichen Raum haben/ sich
nach allen Seiten zu bewegen/ und der herrlichen Aussicht
zu genießen/ welche die nahen vortrefflichen Weingebirge und
die vorbeyströmende Donau gewähren.
Einen nicht minder interessanten Anblick gewähren auch
endlich die unterirdischen Gemächer des Stiftes/ nehm-
lich die Weinkeller/ deren labyrinthische Gänge jedem Uner-
sahrnen Gefahr bringen können. Von diesen sind jene des
Neugebäudes die merkwürdigsten/ weil sie dreyfach über einan-
der stehen/ und in dem untersten die Kälte bis zu einemuuer-
7Ö
traulichen Grade steigt / daher er auch zur Aufbewahrung desWei-
nes nicht gebraucht werden kann. In einem der Keller des alten
Stiftes befindet sich das große Faß/ die Seltenheit des österrei-
chischen Weinlandes, das 999 Eimer in sich faßt/ und auf wel-
chem eine Gallerte angebracht ist/ zu der man mittelst einer
Treppe hinaufsteigt. Dieses bereits über hundert Jahre alte
Kunstwerk brachte dem Stifte bey dem Pöbel den Nahmen des
rinnenden Zapfens zuwegen.
Von der Stadt sind alle einzelnen Theile des*Stiftes
durch eine Mauer abgesondert/ welche jeden unwillkommenen
Eintritt verhindert. Dadurch bildet sich nun im Stiftsraume
ein eigener Kirchenptatz und mehrere Hofe. Mitten auf dem
ersteren vor der Kirche steht eine alte gothisch - durchbrochene
Säule/ das ewige Licht genannt/ auf welcher rings herum/
tief in die Quader eingehauen ist: Anno Domini M.
CCC, LXXXI. hoc opus perfectum est., mox post pe-
stilentiam,, in die 8. Nicasii Martyris., quando et duo
Papae fuerunt (nehmlich der rechtmäßige Urban VI. und
der Gegenpapst unter dem Nähmen Clemens VII.) Michael
Tutz/ ein edler Ritter/ und reicher Bürger von Klosterneu-
burg/ der späterhin auch ein Wohlthäter des Stiftes ward / er-
baute selbe/ und stiftete in ihr eine ewige Lampe. In diese
Säule wurden auch viele Reliquien eingemauert/ und sie daher
in der Folge von einigen Bischöfen mit Ablässen beschenket. Die
Machwelt erinnert sie an den religiöseren Sinn ihrerVorfahren.
Da der ganze Platz vor der Kirche vormals zum Got-
tesacker diente / so wurden auch viele Bürger der Stadt au-
ßerhalb der Kirche begraben. Die wenigen Grabsteine/ die noch
an der Kirchenmauer befestiget sind/ verdienen aber weder ihres
Inhalts / noch ihrer Form nach/ eine besondere Erwähnung.
Unbillig wäre es allerdings/ bey dieser Gelegenheit der
Chorherren des Stiftes ganz zu vergessen. Unter den vielen wa-
ckeren Männern/ welche das Stift seit seiner Gründung freu-
dig unter seine Mitgliederzählet/ haben sich nicht wenige durch
Frömmigkeit/ Wissenschaften und Kenntnisse rühmlichst bey ih-
ren Zeitgenossen bekannt gemacht; gerne verweilet der For-
77
scher in ihrem heiligen Zirkel/ denn er wird hier mit dem bes-
seren Theile der Menschheit bekannt.
Vor allen prangen in Klosterneuburgs Geschichte drey Prop-
ste/die zu bischöflichen Würden erhoben wurden. Otto II./
Propst/ kam im Jahr nS*] auf den bischöflichen Stuhl nach
Freysing / und erwarb sich dort durch sein Chronicon Ottonis
Frisingensisunvergänglichen Ruhm *). Hartm ann/ der
erste regulirte Propst/ wurde im Jahre 1141 zum Bischof
von Brixen erwählet/ stiftete in seiner Diözese das Kloster Neu-
zell/ und starb im Rufe der Heiligkeit den 23. December 1164.
Wernher endlich ward im Jahre 1194 durch Adalbert III.
Erzbischof in Salzburg/ zum Bisthume Gurk befördert/ starb
aber schon im folgenden Jahre.
Mehrere Mitglieder traten auf Begehren in andere Stif-
te / und zeichneten sich dort/ theils durch die begleitete Propst-
würde/ theils durch Gelehrsamkeit aus. Das regulirte Chor-
herrnstift Neuzell bey Brixen in Tyrol wurde mit Geist-
lichen von Klosterneuburg besetzt/ und ihnen Heinrich/ vor-
mals Dechant/ zum Vorsteher gegeben/ der diese Würde durch
21 Jahre rastlos und thätig begleitete. Als er endlich 1164
sein Leben endigte / setzten ihm seine dankbaren Mitbrüder
folgende Worte auf sein Grab:
Hac jacent in fossa, Hainrici corpus et ossa ?
Primi Prelati, de dote digne Beati
Hartmäimus, quem in propria
De JNeuburga adduxit persona.
Auch Herrmann/ der noch als hiesiger Chorherr das
Leben des seligen Hartmann beschrieb/ wurde im Jahre 1210
zum Propste des oben erwähnten Stiftes begehret/ und im Jah-
re 136^ erscheint Conrad R a m u n g in der nehmlichen Wür-
de/die er nur bey seinem Tode im Jahre i3yg ablegte. Noch ge-
denken wir hier Rikards von Neu bürg/ der unter die
ersten Chorherren gehört/ welche sich nach Neuzell begaben/
und bald nach Leopold des Heiligen Tode/ dessen Biograph
wurde. Seine Schriften gingen bey dem großen Brande des
Stiftes gänzlich zu Grunde/ und nur geringe Überreste hat Leo-
*) Dieses Werk erlebte mehrere Auflagen; drey derselben besitzet die Bi-
bliethek des hiesigen Stiftes.
78
pold von Lilienfeld / der um die Mitte des vierzehnten Jahr-
hundertes lebte, aus Richards Chronik aufbewahret.
Dem neugegründeten Chorherrenstifte Gries bey Bo-
tzen in Tyrol, wurde Heinrich im Jahre n65 als erster
Propst vorgesetzt/ nachdem er schon vorher die Dechanrswürde
zu Neuzell begleitet hatte, (-j- n8g.)
Zur Propstey des regulirten Chorherrenstiftes Reichers-
berg im Jnnviertel/ wurde nach Gerhohs Abdankung im Jahre
nc)4Ott0/ ein Anverwandter des Bischofs von Passau Wolf-
ker, und von vornehmen Geschlechte/ befördert/ aber noch im
nähmlichen Jahre zur hiesigen Propstwürde berufen.
Friedrich begleitete im Jahre 1206 die Würde eines
Dechanrs in dem regulirten Domstifte zu Salzburg; —
Wisent0 vo n Stoizend orf wurde im Jahre i3i8 zum
Propste des Chorherrenstiftes Waldhausen in Oberösterreich
begehret. Der Cathe.dralkirche zu Seckau standen im
Jahre i55o P e t er der F r e y si n g e r / und r58g Seba-
stian Kühler als Pröpste vor/ letzterer bekleidete zugleich
durch 35 Jahre die Wurde eines Officialen zu Laybach mit vie-
lem Ruhme/nachdem er früher Administrator des Klosters Bul-
garen in Oberösterreich gewesen war. Sein thatenreiches Wir-
ken begann er als Weltpriester / wurde unter dem Propste Ca-
spar Christiani zugleich mit Balthasar Polzmann in das Stift
aufgenommen / mit diesem vom Noviziate dispensirt/ doch nur
zu bald seinen Mitbrüdern entrissen.
Auch das regulirte Chorherrenstift St. Dorothea zu
Wien zählt die hiesigen Chorherren: Johann Weiß/ auch
Albinus genannt (f i563)/ Andreas Mos müller, aus
Baiern (vom Jahre 1610—1618)/ der das Stift von drückenden
Schulden befreyte — und den Propst Floridas L e b/ geboren
zu Nikolsburg / unter welchem es im Jahre 1786 aufgehoben
wurde/ unter ihre Prälaten.
Eben so'standen auch im I. i563 Christoph Raynn
— i5go Johannes Fux, vorher Administrator des Stif-
tes St» Pölten/ und im Jahre 1612 P hilipp Jaco b Hüt-
te n d 0 r f e r (-j- 1.628) dem regulirten Chorherrenstifte St. A n-
dreä an der Trafen/ als Pröpste vor. Georg Sum-
79
perer (f i586) blieb als Abt des Prämonstratenserstiftes Per-
ne g g inUnter oster reich/ stets in gesegnetem Andenken;
und gleichen Nachruhm erwarb sich B a l t h a sa r P o l z m a n N/
der vom Jahre i58o bis i584 dem Stifte der Prämonstraten-
ser-Chorherren zu Geras/ als Abt vorgesetzt war.
B e r n h a r d W a i z/ ein Hesse von Salsund und hiesiger
Propst/ erhielt im Jahre r63i die Administration der beyden
verödeten Chorherrenstifte Wittingau und Borowany in Böh-
men ; und als sie beyde wieder hergestellt / und mit Chorherren
versehen waren/ wurde im Jahre i663 Norbert Herr-
mann/ ein Magdeburger/ zum Propste des Stiftes Wit-
tingau; GeorgJaud aber/ ein geborner Nußdorfer/ zum
Propste von Borowany ernannt/ welche Stelle späterhin um
das Jahr *680 auch Conrad Fischer, aus Schwarzwald,
begleitete.
Noch im vorigen Jahrhunderte endlich, wurde Paul
Bernhard, von Langenenzersdorf in Unterösterreich gebürtig,
als Administrator nach St. Pölten gesandt, und verwaltete
das dortige regulirte Chorherrenstift, welches in sehr mißliche
Umstände gerathen war, vom Jahre 1741—1747 mit allgemeinem
Beyfalle.
Doch nicht in fremden Stiften allein, im eigenen Hause
und in der Seelsorge, zeichneten sich so manche Mitglieder des
Stiftes Neuburg durch rastlosen Eifer, durch Muth und Fröm-
migkeit aus. Wir erwähnen hier aus den Zeiten des dreyzehnten
Jahrhundertes einen gewissen Ditmar, dessen das älteste
Nekrologium (Sterbregister) des Stiftes mit folgenden Wor-
ten gedenket: X. Calend. Junii: Ditmarus inclusus. Man
ist zwar der Meinung, daß mir diesen Worten der zu Prag
eingeschlossene Propst Ditmar von dem Schreiber bezeichnet wur-
de: allein wenn man bedenkt, daß die österreichischen Gesand-
ten, unter welchen sich Ditmar befand, vom Könige Wenzel
nur aufgehalten, keinesweges aber eingeschlossen wurden; wenn
man ferners erwägt-, daß die ältesten Todtenbücher, aller ande-
ren, auch resignirten Prälaten, stets mit dem Titel: Praeposi-
tus., gedenken, so findet man keine Ursache, warum gerade bey
diesem Ditmar eine Ausnahme gemacht wurde, und stimmt da-
8o
her gerne denjenigen bey , welche in diesem Ditmar einen
frommen heiligen Mann erblicken/ der/ nach dem Geiste deS
damaligen Zeitalters den gewiß bedenklichen Entschluß faßte,
um frommen Betrachtungen ungehindert und ohne Zerstreuung
obliegen zu können / ferne von der Welt / vom Umgänge
mit seinen Brudern in einem wohl verschlossenen Orte / wie in
einem Kerker/ sein Leben zuzubringen. Da lebte nun der Ein-
gekerkerte in einem sehr kleinen Raume / sah keinen Menschen /
bekam dreymal in der Woche Wasser und Brot/ die übrigen Ta-
ge Fastenspeise / Obst oder Milch / schlief auf dem bloßen Boden/
verrichtete täglich eine gewisse Anzahl Gebethe/ nachdem er
sich vor der Schließung mit einem Eide verbindlich gemacht / die-
ses alles pünctlich und genau zu beobachten. Dergleichen Män-
ner wurden lnclnsi genannt. Auch das aufgehobene regu-
lirte Chorherrenstift Baumburg in Baiern/ gedenket eines sol-
chen in einem alten Nekrologio mit folgenden Worten: IV.
Nonas Aprilis Frater Henricus Inclusus obiit. Eine in
Marmor gehauene Grabschrift verewiget sein Andenken *). Soll-
te also der erwähnte Ditmar nicht auch zu dieser Classe from-
mer gottseliger Menschen gehöret haben %
Wir verschweigen hier eie Nahmen aller derjenigen Prie-
ster/ die sich von Zeit zu Zeit furchtlos und voll Vertrauen auf
Gott/ den Gefahren der wüthenden Pest Preis gaben/ und
in ihren Berufspflichten als gute Hirten für ihre Schafe zum
Opfer wurden, denn ihrer gedenken wir in der Reihe der Pfarr-
herren; wir übergehen auch Wilhelm Lebsafts und M a r-
z ellin Ortn er's Anstrengung und Ausdauer, womit sie al-
le Gefahren der zweyten türkischen Belagerung überwanden, und
wollen nur des Chorherrn Wilhelm Häzls, eines gebor-
nen Schönbrunners erwähnen, der sich im Jahre 1760 als Mis-
sionär nach Weiffensee in Kärnthen begab, und dieses schwere
Geschäft durch zehn Jahre mit solcher Bescheidenheit, Llebe
und Sanftmuth versah, daß er selbst das unzweydeutige Lob
der Akatholiken einerntete. 1760*)
*) FC. G. Hirschinas Historisch-Geographisch-Topographisches Stifts- und
Klosteelexrcon. I. B. S. Ziö»
8i
Nicht weniger rühmlich zeichneten sich auch einzelne Chor-
herren des Stiftes durch ihre Kenntnisse in der Literatur/ durch
ihre Wissenschaften/ und durch manche schriftstellerische Arbei-
ten aus.
So traten schon im fünfzehnten Jahrhunderte I o h a n n
von Rußbach und Wolfgang Windhager/ und zu
Ende des sechzehntenJahrhundertesThomasRueff, als öf-
fentliche Lehrer an der hohen Schule zu Wien auf. Johann von
Rußbach gehört unter die Zahl der ersten Doctoren, die aus
dieser Schule hervorgingen / im Jahre i366 wurde er Procu-
rator der österreichischen Nation/ 1407 Decan der theologischen
Facultät, und erwarb sich als Redner auf der Universität großen
Ruhm (ch 1424)*). Wolfgang Windhager war Doctor der
freyen Künste, und ein würdiger Jünger echter Beredsamkeit./
die er nicht nurim hohen Grade übte, sondern auch aufder hohen
Schule zu Wien in Ansehen und Aufnahme zu bringen suchte
(f 1467) **). Der letzte endlich, Thomas Rueff, bekleidete von
i5g4 die Würde eines öffentlichen Lehrers, wurde noch im nähmli-
chen Jahre bey St. Stephan feyerlich zum Doctor beyder Rechte
erhoben, und versah im J. 1^99 die Stelle eines Procurators der
österreichischen Nation. Als Propst des hiesigen Stiftes ernannte
man ihn im Jahre 1602 zum Decan der juridischen Facultät,
und 1608 zum Rector an der hohen Schule zu Wien ***).
Diesen Männern zählen wir noch den Chorherrn Colo-
mann Knapp von Hip per lein bey, der als Doctor der
Decretalen, vom hiesigen Propste Georg I. Müstinger, zu dem
Concilium nach Basel geschickt, und zum Orator und Procu-
rator vieler Chorherrenstifte bestimmt wurde. Im Jahre i435
hrachte er und sein Mitarbeiter , Martin v 0 n W a l d h a Il-
sen , das herrlichste Zeugniß ihres Fleißes und Eifers, von den
*) Seine Reden sammt seinem Commentar über das Buch Eeclesiasticus
sind noch heutiges Tages in der Stiftsbibliothek aufbewahret.
**) Er schrieb aus Ansuchen der Wiener Universität einen Eommentar über
mehrere Komödien des Terentius - der Noch gegenwärtig im Manufcripte
vorhanden ist.
***) Bon ihm ist noch eine Leichenrede auf den Tod des Erzherzoges Ernest
Übrig , welche bey Leonhard Formika 1695 gedruckt wurde.
Topogr. v. Österr. I. Abth. §
62
zu Basel versammelten Vatern zurück (ch 1443).' Seiner Per-
son geschieht auch Erwähnung in den Söript Vniversil. Yienn.
Part. II. pag. i3i.
Nebst diesen gelehrten Männern trugen auch Nebri-
d i u s M ü U e x> A u g u st t n W eiste H b e r und P a t r i tius
Aichinger durch ihre ascetischen Arbeiten/ zum Ruhme des
Stiftes ihr Möglichstes bey. Nebridius, zu Mündelheirn in
Schwaben geboren/ trat im Jahr 1612 zu Diesten in Baiern
in den Orden der regulirtenChorherrest/ vönda er als Dechant
in das Stift Gars versetzt/ und-endlich 1628 zum Propste des
Stiftes St. Zeno in Neichenthal bestimmt wurde. Um dieser
Würde zu entgehen/ floh er nach Diesten zurück/ übernahm dort
dir theologischen Vorlesungen/ und dann zur Pestzeit die Seelsorge
zu Schondorf und in der Stiftspfarre. Als die Schweden Dies-
sen erobert hatten/ begab er sich im I. 1682 in das Chorherrenstift
Aü; dann nach Ränshofen imJnnviertel/ und endlich nach Klo-
sterneuburg/ wo er 1640 seinen beständigen Wohnsitz aufschlug..
Hier lehrte er/ wie in den beyden vorigen Stiften/ die Theo-
logie/ wurde dann Novizenmeister und Stiftspfarrer/ zuletzt
Administrator des Gotteshauses zu Hiezing (wo sich damals
eine kleine'Residenz von sechs bU'st?bMSttftspriestern befandD
und setzte hier seine im Stifte begonnenerxliterarischen Arbeiter!
unausgesetzt fort (ch 1654). Seine Werke sind: Fa8eionlü8
myrrhaeYi- e. gladius Simeonis> qui pertrarisivit ani-
mam Mariae Yirginis. Lücernae 1648. 16. —• De vitaS.
Augustini libri duo. j2. Yiennae 1648. —Antiquarium
monasticum. Fol. Yiennae i65o. -— Philosophia S. Au-
gustini üdei inysteriis per omnia consentiens ^ ac pröin-
de Christiana. Ex ejusdem 8. Patris genuinis operibiis.
4. Yiennae i654- Die beyden anderen Chorherren machten sich
durch zahlreiche Predigten bekannt/ die sie der christlichen. Welt
mittheilten. Von A ug usti nW eil l en der erschien: Erwünsch-
te reiche Erndte des evangelischen Ackers/ welche aus so vielen
Garben als sittlichen Lehrstücken durch den ausgeworffenen Sa-
men des Wort Gottes gesamblet^ Sonntagspredigten. 4» Mün-
chen i6gg.—Dann folgte als Fortsetzung : Übergebliebene Eher
des evangelischen Ackerst Feyerragspredigten. 4. München 1701.
v 85
Patriz Aich in g er aber war der Verfasser des: Geistlichen
Ehrenfest, d. i. Vier und zwanzig Lob- und Ehren-Predigen/ in
verschiedenen Orten gehalten. 4. Wien 1711.
Auch zur Staaten-Geschichte Österreichs und Böhmens
lieferten Adam Sch arre r- geboren zu Krems, I 0 ha ri-
tt es Keß aus F x an ke n, und Alexander St ach e l/ geh.
von Wien/ verschiedene Beytrage. Ersterer schrieb ein kleines /
dem Kaiser Leopold zugeeignetes Werk/ mit dem Titel: Öster-
reichische Marg-Graffen Von Leopold den Durchleuchtigen und
Ersten/ bis auf Heinrich/ letzten Marggraffen vnd I. Herzo-
gen zu Österreich. Mit Kupferstichen geziert. 8. Gedruckt zu
Wienn in Österreich/ 1670.
Der zweyte verfaßte zur Feyer des sechsten Stifts- Säen-,
lums: Trifaria domus Austriacae gloria^ Marchionuiii,,
Dücurn^ ac Imperatorurn Archiducum ordinatissima
successionis series., emblematicis A nec non Historien.,
morali ac symbolico Poemate Honoribus divi Leopoldi
in jubilaeam festivitatem digesta ac illustrata. Fol.
Viemiae Austriacae * 714.
; Der letzte endlich lebte zweymal alsGast in demChorherrenstifte
Carlshoven zu P.ag/ und schrieb wahrscheinlich dort folgendes
Werk : Cronfakulum des Königreichs Böhmen / oder kurze Le-
bensabfassung 6aro1i IV. Weyland Römischen Kaisers . und
eilften Königs in Böhmen. 6. Wien 1747.
Nicht minder fand die Geschichte des dem Stifte angehö-
rigen Gnadenortes H ie zin g ihre Bearbeiter an Er n e st
Sauer aus Wien/ und Augustin Ristt/ von Korneuburg
gebürtig. Von Ernest erschien: Maria Hiezingensis, seu mi-
raculorum multitudo famosissimae imaginis Hiezingen-
818 beatae et gloriosae Virgims Mariae. Viemiae 1662*).
Augustinus Werk trägt den Nahmen: Maria Voll der
Gnaden zu Hietzing/ das ist: Ausführlicher Bericht von dem
uralten Gotteshaus der Regulirten Chorherrn des heil. Augu-
stins zu Hietzing ohnweit Wienn in Österreich/ und daselbst
*) Späterhin wurde im Jahre 1717 dieses Buch in das Teutsche übersetzt,
und neuerdings aufgelegt. E.s enthält manche Data zu Hiezings ältester
Geschichte.
84
sonderbar verehrten Gnaden-Bildnus Mariä. 8. Wien/gedruckt
1788. Zweyte Auflage 1789.
Zu einer Stiftsgeschichte lieferten B en e d i c t P r i ll von
Wien/ und Willibal dBey re raus Egenburg/ sehr brauch-
bare Materialien/ die späterhin Maximilian Fi sch er/ ge-
genwärtig Archivar und Bibliothekar des Stiftes/ zu einer voll-
ständigen Geschichte von Klosterneuburg bearbeitete. Der erste
hat sich als Katechet an der Stiftskirche allgemeine Achtung und
Liebe erworben/ zur Erhohlung in den Stunden der Muße M'
terthumskunde getrieben/ und so Zeichnungen nebst Schriften hin-
terlassen/ die noch gegenwärtig imArchive vorhanden sind (ch 1789).
Der zweyte hat als Archivar mehrere diplomatische und histo-
rische Gegenstände bearbeitet *)> die Materialien zu einer
Stiftsgeschichte von mehreren Jahrhunderten gesammelt/ und sich
durch das chronologische Ordnen der Urkunden des zwölften und
dreyzehnten Jahrhundertes unvergängliche Verdienste erwor-
ben (ch 1814)., Der letztgenannte unternahm auf höhere Veran-
lassung die Ausarbeitung einer allumfassenden und vollständigen
Stiftsgeschichte/ und befriedigte die allgemeine laut ausgespro-
chene Erwartung durch folgendes Werk *): Merkwürdigere Schick-
sale des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg. Mit 882 Bey-
lagen / 7 Kupfertafeln und einer Tabelle. 2 Theile. 6. Wien /
1818. Überdieß verfertigte er noch ein stientifisch - systematisches
Verzeichniß aller in der Stiftsbibliothek gegenwärtig vorhande-
nen Manuscriyte/ Inkunabeln (Primi typi) und der übrigen
sehr zahlreichen Bücher.
Noch verdienen / als besondere Beförderer der Wissenschaf-
*) Obschon er keine seiner Arbeiten dem Drucke überlieferte, so werden doch
die angeführten Titel derselben seinen Fleiß und seine Kenntnisse beur-
kunden : „Was ist Diplomatik? — Etwas von Sitt- und Gewohnheiten
voriger Zeiten. — Specimen rei vestiariae. — Wer war Euphemia ?
genannt Regis lilia? — Sphragiftische Beyträge zum österreichischen
Wappenhelm. — Etwas von den Tempelherrn hier zu Lande.— Geschich-
te des Schlosses Greifenstein. — Geschichte der Hundskelte zu Klosterneu-
burg. — Von alten Epitaphien des Stiftes 1804. — Des Stiftes Klo-
sterneuburg gleichsam oberflächliche Geschichte nach der Reihe der Herrn
v Vorsteher 1806. — Die Geschichte Klosterneuburgs nach alphabetischer Ord-
nung rc.
*) Man lese: Archiv für Geographie, Historie, Staats-und Kriegskunst.
Jahrgang 1815. Nr. u5.
85
tcn und schönen Künste keinesweges mit Stillschweigen über-
gangen zu werden: der gegenwärtige Herr Prälat Gaudenz
Dunkler, zu Piesling in Mähren geboren/ welcher sich durch
die Unterstützung und Herausgabe der im Jahre 1806 erschiene-
nen hebräischen Bibel des zu früh verstorbenen Domherrn und
Professors/Joh. Jahn/ und der obgenannten Geschichte des Stiftes
von Max. Fischer/ unbestreitbare Verdienste erworben hat; dann
der gegenwärtige Stistökämmerer /Ambros Conrad/ ein
Wiener / dessen Kenntnissen das Stift eine wohlgeordnete Ge-
mähldesammlung aus der altdeutschen Schule/ und einen kri-
tisch- ausgearbeiteten Münzkatalog von 5 Foliobänden verdan-
ket/ ferner der jetzige Professor des A.-.T» ander theologischen
Hausschulanstalt / Andreas Mock/ der durch eigene Über-
setzungen aus dem Arabischen die unter der Aufsicht des Hofrathes
Freyherrn von Hammer erscheinenden Fundgruben des Orients
bereichert/ und die Correctur dieses vorzüglichen Werkes be-
sorget.
Wir wollen nun die Reihe dieser ausgezeichneten Chorher-
ren des Stiftes Klosterneuburg mir dem Veteran der Wiener-
Universitär und Subsenior des Stiftes /Daniel Tobenz/
geboren zu Wien / beschließen. Schon im Jahr 177b lehrte er
an der hohen Schule seiner Vaterstadt als öffentlicher Professor die
Patristik und die Polemik. Als dieser schrieb er für seine Vorlesun-
gen die In8titution65 dectrinae Patrum. Pars theoretica.
6. Viennae 1777 ^ und die: Institutiones, usus etdoctri*
nae Patrum. 6. Viennae 1779/ welche als eines der er-
sten Lehrbücher in diesem Fache gebraucht wurden. Späterhin
übernahm er die Lehrkanzel der Dogmatik/ wurde als Doctov/
Decan der theologischen Facultät/ und im Jahre 1806 von Sr.
Majestät Kaiser Franz I. zum geistlichen Rathe und theologi-
schen Professor Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Rudolph/ da-
maligen Coadjutor des Erzbisthumes ^Olmütz bestimmet/ nach
beendigtem Geschäfte über im Jahr 1811 zum Propste der selig-
sten Jungfrau zu Adony in Hungarn ernannt. Nebst den oben-
erwähnten schkieb er in den neuerer; Zeiten noch folgende Werke:
Paraphrasis Psalmorum exHebraieo adornata cum
iiotis^ Clericorum usui adcomniodata. 4. Ein Buch- das
66
zum Verstehen der Psalmen sehr brauchbar und nützlich ist. Fer-
ner: <^ommeutariu8 in 8aeram Leripturarnl^. F. auima-
rum curatoribus elucubratus. 4 ^ i^nuae 1806. Dann:
Operum omnium Tomus I. etil, complectens insti-
tutionum Sacrae Scripturae partes II 8. Yindobonae
1814. Und endlich:
In8titutionurn Fbeolo^iae mora1i8^ parte8tre8^ N8ui
examrnaudorum pro eura animarum elucubratae. 8.
Yindobonae 1818. Ein Werk, das erst jüngsthin von dem
hochwürdigsten Consistorium allen Seelsorgern anempfohlen wur-
de. Für solche Arbeiten verwendet der edle Greis seine-Lebens-
tage/ welche nach einer rühmlichen Thätigkeit eigentlich der
Ruhe geweiht seyn sollten. Gegenwärtig lebt er im Stifrshofe zu
Wien/ wo §r im Stillen Gutes wirkt/ und unermüdet mit
der Herausgabe seiner Schriften beschäftiget ist. Freudig und
mit gerechtem Stolze zählet Klosterneuburg einen Mann unter
seine Mitglieder/ aus dessen Schule Priester hervorgegangen
sind/ die bereits die höchsten geistlichen Würden bekleiden.
Verzeichn iß der Pröpste des Stiftes Klo-
sterneuburg.
1107. Otto I. i22o. Walther.
1122. Otto II. Sohn des hei- 1228. Marquard II.
ligen Leopold. 1226. Conrad I. Goldstein.
ii33. Hartmann (der Selige). i25o. Dietmar.
1142. Marguard I. i255. Conrad II.
1167. Rudger I. 1257. Nicolaus I. -
1168. Wernher/ zum ersten 1279. Pabo.
Mal. 1298. Hadmar.
1186. Gottschalk. r3oi Rudger II.
1192. Wernher/ zum zweyten i3o6. Berthold I.
Mal. ' 1817. Stephan von Siern-
1194. Otto III. dorf.
1194.- Rudolph I. i335. Nicolaus II. Neythart.
1^96. Dietrich oder Theodorich i336. Rudwin von Knappen.
Burger. i3$g. Ortolph von Volker-
i2\6f Wisinto. storf.
8?
i37i- Colomann von Laa. 1600. Thomas Rueff.
i3g4- Peter I. Lehnhofer. 1612. P r 0 p st e y v a ca n z.
r3gg. Bartholomäus von Pier- 1616. Andreas Mosmüller.
bäum. i63o. Bernhard L Waiz.
1409. Albert Stock. 1645. Rudolph II. Müller.
r4i6. Georg I. Müstinger. 1648. Bernhard II. Schme-
1442. Simon I. von Thurn. ding.
i45i. Simon II. Hcyndl. 1675. Adam Scharrer.
i465. Johann Hechtet. 1681. Sebastian Mayer.
i485. Jacob I. Pamperl. 1666. Christoph II* Matthäi.
i5og. Georg II. Hausmann- 1706. Jacob II. Cini.
stätter. 1707. Ernest Perger.
i54r. Wolfgang Hayden. 1749. Berthold II. Staudin-
r55r. Christoph 1. Start. - ger.
i558. Peter II. Hübner. 1766. Gottfried von Rolle-
i563* Leopold Hintermayr. mann.
1578. Caspar Christian!.. 1772. Ambros Lorenz.
i584. Balthasar Polzmann. 1782. Floridus Leeb.
P r 0 p ste y v a ca n z. 1800. Gaudenz Dunkler.
III. Pfarre der 0 b e r e n Stadt z u Klosterneuburg *).
In welchem Jahre diese ob er e S ta dt- oder Stifts-
pfarre ihren eigentlichen Anfang nahm/ kann wohl Niemand
mit Gewißheit bestimmen/ weil alle Urkunden und Documente
des Alterthums derselben niemals erwähnen. Doch scheint es/
wenn anders Vermuthungen da etwas gelten dürfen/ daß die
Collegiatkirche der heit. Maria zu Neuburg gleich bey ihrer
Gründung zu einer Pfarre erhoben ward. Sey es auch/ daß
anfänglich die pfarrlichen Rechte derselben sich nur auf die Stifts-
Herren und ihre Dienstleute erstreckten: so gab doch-die allmäh-'
lige Vergrößerung des Stiftsraumes/ und die Ansiedlung der
Ministerialen um den Fürstenhof des heil. Leopold / Gelegen-
heit genug/ ihre Gränzen weiter auszudehnen/ und so eine
förmliche Gemeinde zu bilden/ deren geistliche Vorsteher schon ,
*) Nach den eingeschickten Ausarbeitungen des gegenwärtigen Hrm Stifts
und .Stadtpfarrers , A lb in B n k0 w s ky. C. R. C,
88
im zwölften Jahrhunderte unter dem Nahmen Custos/ ick vier-
zehnten Säculum aber/ als Güster oder Küster erscheinen.
Eine umständliche Aufzählung ihrer gehabten Schicksale
wurde/ mit Ausnahme der letzt verflossenen Jahre/ nur eine un-
nöthige Wiederhohlung der Geschichte des Stiftes Klosterneuburg
werden/ weil von jeher die Stiftskirche auch zur Pfarrkirche
diente / und der jeweilige Pfarrer derselben / gleich den übrigen
Chorherren/ Unterhalt und Wohnung im Stifte fand.
Ob mit der hiesigen Pfarre alsogleich Schulen verbun-
den wurden/ läßt sich zwar nicht mit Gewißheit/ wohl aber
mit vieler Wahrscheinlichkeit allerdings bejahen. Leopold der Hei-
lige/ der so vieles für die religiöse Cultur und Sittlichkeit sei-
ner Unterthanen gethan hat/ und von allen gleichzeitigen
Schriftstellern als ein Muster der Regenten aufgestellt wird/
ließ ös gewiß nicht an der wissenschaftlichen Ausbildung seiner
Untergebenen mangeln. Nicht nur erhielt im väterlichen Lande
seine zahlreiche Familie Unterricht/ sondern mehrere Glie-
der derselben wurden auch auf auswärtige hohe Schulen ge-
sandt/ um sich dort Kenntnisse zu sammeln/ und zu ihrem schö-
nen Berufe tauglich zu machen. Man kann also mit Grunde
behaupten/ Leopold stiftete nicht nur Kirchen und Klöster/son-
dern auch Schulen.
Die erste Meldung/ daß sich zu Klosterneuburg Schulen
befanden/und Unterricht ertheilt wurde/ geschieht unter Leo-
pold dem Glorreichen. Der Herzog/ heißt es/ schickte sei-
nen Erstgebornen / Leopold/ einen Knaben von neun Jahren in
die S ch u l e nach Klosterneuburg/ wo er zugleich einen
eigenen Hofmeister hatte. Der Knabe fiel sich aber am i5. Au-
gust i2i6 von einem Baume todt / und wurde im Capi-
telhause des Stiftes begraben. Im Jahre 1279 erscheint ein
Chorherr Pa bo / der noch im nähmlichen Jahre zum Propst-
erwählet wurde/ als Vorsteher der Schule zu Klosterneuburg/und
noch zwischen den Jahren i564 und i5g6 bestanden hier öffent-
liche Schulen / deren damaliger Vorsteher/ I 0 h a n n e s W a t-
tev/ Baccalaureus der freyen Künste und der Philosophie wur-
de. Mir diesen Schulen scheint auch eine eigene Buchdruckerey
in Verbindung gestanden zu haben, weil nebst anderen kleineren
69
Werken, z. B.Caiioi,tafeln, mich das vom Propste Balthasar
herausgegebene Cornpendium vitae et rniraculorum 8.
Leopoidi, im erzherzoglichen Stifte Neuburg durch Leonhard
Naßinger gedruckt wurde.
Gewiß sorgte also Klosterneuburg schon in den frühesten Zeiten
für die Bildung und den Unterricht der Jugend. Nimmt man
ferners noch cm , daß das Stift schon in den ältesten Zeiten welt-
liche Choralisten oder Cantoren, die zugleich Lehrer waren (und
unter denen sich selbst der nachmalige Propst, Andreas Mosmüt-
ler, vor seiner Einkleidung befand), besoldet hat, so rst auch der
Zweifel gehoben, ob auch für den Unterricht der Kinder ge-
meiner 2eu|e Anstalten getroffen waren.
Der ferneren Schicksale dieser uralten Schulanstatt wollen
wir in der Reihe der hiesigen Pfarrer gedenken, die uns freylich
schon aus dem zwölften Jahrhunderte bekannt sind, aber außer
ihren Nahmen wenig Ausbeute verschaffen.
So erscheint schon um das Jahr 1179 bey Gelegenheit ei-
nes Kaufes: Marquard, custos, dann: Richer, unter
dem Nahmen: Parochianus noster; ferners: Rudger,
custos. Um das Jahr 1220 Herbordus, custos. 1222
Nudolphus, custos. 1226 erscheinet Leituin us als cu-
stos in einer Urkunde. Vom Jahre 1229 bis 1248 Wern-
Her u s, custos. Ihm folgte dann W a l t h e r in der nähmli-
chen Würde. Unter Propst Conrad I. erscheinet Heinrich
von Eb erg össin ge, und nach ihm unter dem nähmlichen
Propste wieder Wern her. Unter Propst Nicolaus I. erscheint
Pabo, dessen oben als Schulvorsteher erwähnet wurde, auch
als custos , und endlich im Jahre 1279 als Propst. 1267 kommt
Otto von Harnsperk als custos vor, der zugleich das
Spitalmeisteramt (Hospitalarius) begleitete. 1268 und 1279
findet man wieder einen Otto als custos. 1289 und 1291 er-
scheinet Hertwikus der Custer, und da er im nähmlichen
Jahre noch Dechant wurde, so begleitete Heinrich auchschon
im Jahre 1291 die Stelle des Güsters.
i3o3 ist Eberhard der Güster bekannt. Er erscheint
1817 als Dechant. r3o6 erscheinet Ulrich von Neid au als
k^ekamts civitatis superioris; mb ,817 kommt Joha n-
90
nes .uo.it Tulna vor/ aB custos Dominorum et Domi-
31a rum. i333 Ebenes Custor. i355 Ortolph/ custos.
j34i Ud a ls ik/ custos. i355 Colomann von Laa/ der
dann i365 als Dechant und endlich ioq i als Propst bekannt
ist. 1871 Johannes/ cusws. i3gi Johannes von
Ernsbrun/ der auch im Jahre 1897 als custos wieder gele-
sen wird/ obschon im Jahre i3g4 Heinrich v 0 n Mange-
freit ter/ als custos Oominorurn erscheinet.
14.07 stirbt als custos Chunradus / und 14*8 er-
scheint Johannes in dieser Würde. 1424 Simon von
Thurm/ Dechant und custos. Schon als Kanzleydirector
schrieb er sich im nähmlichen Jahre Gusterey-Verweser; im Jahre
1442 wurde er als Dechant zum Propste erwählet. 1438 Ma-
thias/ custos/ und noch im selben Jahre folgte Ludwig
Herzog. Nach dem Jahre 1442 erscheint Andreas Wall-
n er. i45i Johannes. i453 Co lo ry an n. 1466 starb
Ambros F U'.e t e r e r / Can. et Custos hujus Cenobii^ der
schon im Jahre i443 als custos Monasterii btissime Virgi-
iiis in INewburga Claustrali bekannt wird. 1468 T h 0 mas
Harder/ custos L. Mariae Virgiuis in^leuburga clau-
strali. Seiner erwähnen in dieser Würde: Balthasar Polz-
mann. Cornpeudiurn vitac 8. Leopoldi; Cap. III. pag.
3i, und Chrysostomus Hanthaller: käst. Carnpil. lom. I.
Llog. VI. §. IV. n. 10. Sie erzählen, daß er nebst zwey an-
deren Procuratoren wegen der Heiligsprechung Leopolds / als
Redner nach Rom gesandt wurde. 1480 ist Gallus Händl
als Pfarrer bekannt. i485— 1492 Sigismun dP ruckn er.
1498 Mag. Simon Kn 0 d el von Pulkau. Er kam später als
Pfarrer nach Heiligenstatt. i4g4— i5og LeopoldHertzog-
b urger/ welcher dann als Stadtpfarrer nach Korneuburg über-
setzt wurde.
i5og erscheint zwar der Dechant Bincenz W eissen-
berger als custos/ doch i5io kömmt neuerdingrxL e 0 p 0 ld
Hertzogburger vor / der von Korneuburg zurückberufen
wurde/ und im Jahre i5i6 Stiftsdechant ward. Von i5i2—
i5i5 findet man Mag. BalthasarSchottel/ custos. i5i8
Mag. Georg Katterer. iö2i starb Mag. Johannes
9*
P (ank ( oder P l a n k n e r / Plebanus Neuburgensis, auch
custos genannt. 1622 wurde der vormalige Dechant/ Wolf-
gang Gaunersdorffer/ Pfarrer der Collegiatkirche/ und
nach i524 verwaltete )k ch ati us Reyndl diese Stiftspfarre
als Provisor. i528— i533 erscheint das zweyte Mal Baltha-
sar Schottel. Von i535—1887 AugustinEnzenweis/
der bann zum Dechante erwählet wurde. Von r538—i54o ch a-
tius Reyndl/ nun wirklicher Pfarrer/ f 1&40. Im Jahre
i54* ließ man Christoph Reyn> der erst zum Dechant er-
wählet/ i563 aber zum Propste nach St. Andre an der Trafen
begehret ward. 1^42 Florian G e ig e r. 1644 Colomann
Schweitzer/ der späterhin als Dechant erscheinet/ um das
Jahr i547 aber dieser Würde entsagte. Um 1062 scheint C h r i-
stoph Start/ Pfarrer der Collegiatkirche gewesen zu seyn.
Er wurde im Jahre 1648 Sristsdechant / und als er vier
Jahre später zum Propste erwählet wurde/ so nahm er diese
Würde nur unter der Bedingung an / daß er seine Predigten
fortsetzen könne, ch i558. Nach ihm erscheint Leopold/ als
custos. i55g Ma r cus K l 0 ß/ und noch im nähmlichen Jah-
re F r i e d r i ch W 0 l f s a e ty als Pfarrer der oberen Stadt. i56o
war Sebastian Norimbeirgeiisis INoricus, Pfarrer in der
Collegiatkirche / und ch 1570/nachdem er Vestiarius, Maior,
Kantor und Dechant gewesen war. i56i kommtSebästian
Eisen in diesem Amte vor/ und erscheinet als Dechant und
Pfarrer noch im Jahre i568. i56g findet man Nicolaus
Mulzer in beyden Würden. 1^72 schrieb sich der hiesige Pfar-
rer Franz Kämmerling/ vom Reformationsgeiste irre ge-
leitet/ Pastor zu Klosterneuburg. 1677 stirbt als Pfarrer der
oberen Stadt: Christoph Göfelius/ aus Ried in Baiern
gebürtig. 1078—i58o stand der hiesigen Pfarre Balthasar
P o lzm an n vor/ der gleich nach abgelegter Profession zu die-
ser und zur Dechankswürde berufen wurde. i58o kam er als
Abt nach Geras/ und i564 als Propst in das hiesige Stift zu-
rück. 1687 erscheint Albert Rock. ingo Adam Sachwitz.
Von dieser Zeit an verschwindet der Nahme eu8tc»8 ^ der
-sonst immer dem Pfarrer der Collegiatkirche zukam/ in dieser
Bedeutung gänzlich und die Benennung: Pfarrer der oberen
g.2 »
Stadt, wird desto gewöhnlicher und'allgemeiner. So kömmt 1602
— 1606 Franz Möller, ein Wiener/ als Pfarrer vor.
1609 starb Andreas Weissenstein, der mit der Dechants-
würde zugleich das Amt eines Pfarrers verband/ und ihm folg-
te Wolfgang Schmidt/ ein Österreicher, der n6i3 als
Pfarrer in Sivering erscheinet. i6i5 starb Laurenz Wag-
ner, nachdem er die Stiftspfarre, St. Martin und Korneu-
burg, verwaltet hatte. 1617 kommt Aug ustin H 0 d n i ck, aus
Kärnthen, der 1614 Pfarrer in Kierling war, auf der Stifts-
pfarre vor, und ch 1619. 1622 Michael Haseckhe, von
Wien. 1618 war er Pfarrer zu Höflein, und i63o kam er als
Pfader nach St. Martin. Ihm folgte Rudolph Müller,
von Köstenhols in Elsaß, der i3 Jahre der hiesigen Pfarre
rühmlichst vorstand, und 1648 zum hiesigen Propste erwählet
wurde. Nach ihm kam Rebridius Müll er, von Mündel-
heim in Schwaben, der vorher Novizenmeister war, und beyde
Stellen bis 1649 beybehielt, wo er als Administrator nach Hiezing
ging. 1.649 HartmannKayser, von Klosterneuburg gebür-
tig, Pfarrerund zugleich Novizenmeistevdis i65i, wo er die Pfar-
re Heiligenstatt übernahm. i65i Carl Lestner, geboren zu
Wien. Er versah bis 1653 zugleich die Novizenmeisterstelle, dann
1660 die Vicedechantswürde, und vertauschte 1661 die Stifts-
pfarre mit Langenenzersdorf und Eupoltau. 1661 Adam
Scharrer, von Krems, wurde als Stiftspfarrer 1667 zum
Dechant und 1675 zum Prälaten erwählet. 1667 Christian
Pfister, von Breslau in Schlesien, stirbt hier durch einen
gähen Fall über eine Wendeltreppe im Jahre 1669, unh ihm
folgt Bernhard Grafs, ein Wiener, vorher Pfarrer von
Kierling, und dann 1676 Pfarrer zu Sivering. 1676 Joa-
chim P i r st im g e r, geb. zu Wien, Magister der Philosophie
und freyen Künste, ch von der Pest ergriffen in der Ausübung sei-
nes Berufes 1679. Laurenz Mayr, zu Klosterneuburg ge-
boren, übernahm nun als Novizenmeister noch während der
Pestzeit die hiesige Pfarre, entsagte dann 1681 dem Novizen-
meisteramte, und versah 1684, als die Pest aufs neue wüthe-
te, die beyden hiesigen Pfarren, in deren Dienste er aber auch
als guter Hirt, 1664 sein Leben opferte. Nach seinem Tode
s»
übernahm die Seelsorge beyder Städte und der dazu gehörigen
Dörfer Weidling und Kritzendorf Joseph Ertl/ von Horn
in Österreich geboren/ der aber noch im nähmlichen Jahre als
Pfarrer nach Tattendorf zog. Nun erhielt Adam Pfaff/
gleichfalls von Horn gebürtig/ die Stiftspfarre/ und verwech-
selre sie 1688 mit der Pfarre Heiligenstatt. Nach ihm kam Gau-
denz Frisch/ geb. zu Poysdorf in Österreich/ von der Pfarre
Heiligenstatt auf die Stiftspfarre / und blieb hier bis 1698/ da
er die Pfarre Eupoltau antrat. In diesem Jahre wurde Au-
gustin Weilender/ zu Nußdorf geboren/ als Novizen-
meister auf die hiesige Pfarre befördert/ und vertauschte sie erst
1699 mit der Pfarre Heiligenstatt. Christoph Stöcker/
aus Neustadt in Österreich/ Magister der Philosophie undBac-
cataureus der Theologie/ war sein Nachfolger. Er war vorher
Stiftskellermeister/ und verließ diehiesige Pfarre 1706/ indem
er sich als Beichtvater nach Hiezing begab.
170.6 folgte ihm G ilb e rt W a lln e r> aus Jps in Öster-
reich , und Doctor der Theologie. Er war vorher Pfarrer in
Kierling, wurde aber schon im folgenden Jahre zum Stiftsdechante
erwählet. 1707 erhielt also Thonras von Flecken stein/
von Brun in Österreich gebürtig/ als Novizenmeister die Pfar-
re. Er war Magister der Philosophie und Baccalaureus der
Theologie / und verwaltete diese Stelle fast durch igJahre/Und
starb endlich ^780 als Administrator zu Hiezing. 1726 folgte
dann Eugen Pürklbaur/ ein Klosterneuburger/und vor-
her Novizenmeister / welches Amt er bis zum Jahre 17Z0 bey-
behielt. f als hiesiger Pfarrer 1781. Unter ihm scheint der
Stiftspfarre ein eigener Katechet zugetheilt worden zu seyn/
der dann immer aus den jüngeren Chorherren genommen / und
Kinderlehr-Pater genannt wurde.
1781 kam Dunstan Marold / ein Wiener/ als Pfar-
rer von Sivering zur hiesigen Pfarre, und verließ diese als Ad-
ministrator von Hiezing. 1740 folgte ihm M axi m il i a n Di-
schendorffer/ von Stockerau, der dieser Pfarre entsagte/
und i^oPhilipp Paumgartner/ aus Krems, vorher
Gustmesster / zum Nachfolger erhielt. Dieser schrieb iy5i das
-loch vorhandene Diarium Parochiae zusammen, und kam
94
dann 1^58 auf die Pfarre nach Sivering. Ihm folgte Joä-
ch i m K n a b / zu Klosterneuburg geboren/ als Bibliothekar und
Schatzmeister zur hiesigen Pfarre berufen/ die er dann 1761.
mit Langenenzersdorf wieder vertauschte. In diesem Jahre kam
C o n ra d W e ig e t h / ein Wiener/ von Kierling zur Srifts-
pfarre/ und verließ dieselbe 1766/ weil er zum Pfarrer von
Sti Martin ernannt wurde. Marzellin I an y / von Gars
in Österreich / erhielt nun als' Schatzmeister von Hiezing die
Stiftspfarre/von der er sich 1771 nach St. Martin begab.
Durch seine Sorgfalt entstand das noch gegenwärtig vorhandene
Verzeichnis) der Stiftspfarrer/ aus welchem wir die Folge derselben
entlehnten. Ihm folgte 1771 Michael ll b. l/ ein geborner Klo-
sterneuburger/ und bisher Pfarrer von Kallenberg und Höflein.
Er versah die hiesige Pfarre bis 1782/ da er seinem Vorgänger/
der Dechant geworden war/ auch in St. Martin nachfolgte..
Unter diesem Pfarrer wurde'die hiesigeLeutsche Schule (denn
von der lateinischen war ohnedies) schon lange keine Spur mehr
vorhanden) im Jahre 1776 zu einer Hauptschule eingerichtet/
welcher der jeweilige Pfarrer .immer als. Direetor vorsteht / und
zu der noch überdieß ein Katechet/ drey von dem-Stifte besol-
dete Lehrer/ nebst einem Gehülfen gehören. Auchwurde mit der-
selben gleich bey derEröffnung ein Lehrcurs für angehende Schul-
candidaten verbunden / der alljährlich vom i. May'bis zu Ende
Augusts abgehalten wird/ zu dem vorzüglich Unterthanssöh-
ne/ oder andere, die sich über ihre Armuth ausweisen kön-
nen/ aufgenommen / und vom Stifte mit Kost und Unterricht
unentgeltlich betheilet werden. Da aus dieser Hauptschule von ihrer
Errichtung bis zum J> 1617 bereits 38i geprüfte Schulgehülfen
hervorgingen/ die alle auf Kostendes Stiftes erhalten und gebil-
det wurden / so verdient diese wohlthätige Anstalt allerdings
eine rühmliche Erwähnung.
1782 erhielt nun diese Pfarre zu ihrem Vorsteher W il-
h e l m M i st e l st e i g e r-, aus Frclinn in Mähren. Er war vor-
her Pfarrer in Kahlenbergerdorf/ versah aber diese Pfarre vom
Stifte aus. 178-? kam er auf die Pfarre zu Eupoltau. Unter ihm
wurde 1782 auf dem Platze der oberen Stadt/ von den Stifts-
Herren und hiesigen Bürgern eine steinerne Säule mit dem Bild-
95
nisse der ohne Sünde gebornenJungfrau errichtet/ als derenVereh-
rer Klosterneuburgs Bewohner sich öffentlich bekennen wollten.
Am 22. September geschah die feyerlicheEinweihung dieses schönen
Denkmales. 1783 änderte Kaiser Joseph II. die bisherige Kir-
chenordnung / und machte vorzüglich aus den allzu großen und
weitläufigen Pfarren mehrere kleinere. Daher geschah es auch/
daß in Rücksicht der Stiftspfarre eine ganze neue Einrichtung
getroffen / das Dorf Weidling/ welches bisher zur oberen Stadt
gehörte/ zur eigenen Pfarrkirche erhoben/ und der ungeachtet
dieser Einschränkung noch beträchtlichen Seelenzahl wegen / dem
hiesigen Stadt- und Stiftspfarrer/ zwey Cooperatoren zugetheilt
wurden/ deren einer zugleich das Geschäft eines Kirchen- und
Schrll-Katecheten auf sich nahm.
1787 wurde die Pfarre Severin Walter/ einem
Klosterneuburger/ der vorherCooperator zuKorneuburg war/ über-
geben/ und befand sich in dessen Obsorge bis 179^ / wo er nach
St. Martin übersetzt wurde. GabrielDietri ch/ aus Wien/
erhielt nun die Stiftspfarre / nachdem er schon vorher die Coo-
perators- und Katechetenstelle an selber bekleidet hatte/ und behielt
sie bis zur Übernahme der Pfarre Nußdorf/ wohin er 1798
kam. Ihm folgte Alipius D i e r z e r / aus Linz / vorher Pfar-
rer in Weidling. Schon 1800 übernahm er die Pfarre zu Tat-
tendorf/ und überließ die Stiftspfarre Norberten Stei-
ner'/ einem Wiener / der als Cooperator von Hiezing zu diesem
Amte berufen wurde. Doch schon 1802 erhielt dieser die Pfarre
Götzendorf / und überließ die hiesige Aquilin v 0 nHabe r-
m a nn / aus Znaym gebürtig/ der gleichfalls Cooperator in
Hiezing war'/ und als Vorsteher der hiesigen Pfarre und
Hauptschule 1811 zu Wien sein thätiges Leben beendigte.
Nun übernahm die Pfarre Jacob Nuttenstock/ von
Wien/ Professor an der theologischen Hausschul-Anstalt. Weil
aber" dieser noch im nähmlichen Jahre als supplirender Professor
der Kirchengeschichte auf die Universität zu Wien berufen wur-
de/ so ward Albin Bukows ky / von Ebenthal in Österreich
gebürtig/ als Stifts-Katechet zum Provisor ernannt/ bis er end-
lich i8*5/ als Jacob Rutrenstock zum öffentlichen und ordentli-
chen Professor an der Universität ernannt wurde/ als mU
HÜ
sicher Pfarrer eintrat. Er verband damrr r8itz die Professur
der Erziehungskunde / die der hiesigen Hausstudienanstalt bey-
gefügt wurde / und führte 1617 bey der hiesigen Pfarre auch eint
Sonntagsschule ein/ die nun sehr zahlreich und emsig besucht wird.
Ehemals war der Umfang dieser Stiftspfarre sehr ausge-
breitet/ und nur von den Pfarren St. Martin/. Kierling/Mauer-
back und Kallenbergerdorf eingeschlossen. Vorzüglich weit erstreckte
sich ihre Ausdehnung gegen Weidling und Weidlingbach/ wo noch
neun Waldhütten dazu gerechnet wurden. Als aber Weidling
mit seiner ganzen Umgebung unter die Obsorge eines eigenen
Pfarrers kam / so wurden die Gränzen der hiesigen Pfarre um
vieles zurückgesetzt/ und nur die obere Stadt/ nebst einigen / au-
sser derselben gelegenen Mühlen/ blieb ihrer Jurisdiction unterwor-
fen. Gegenwärtig beläuft sich die Anzahl der hieher gehörigen
Häuser auf 194/ die Zahl der Familien auf 548/ die Summe
der ganzen Bevölkerung aber auf 1424 Seelen/ unter denen sich
im letzteren Jahre 60 Sterbfälle/ 55 Taufen und 6 Trauun-
gen ereigneten. Merkwürdig ist es/ daß/ obschon die Bevöl-
kerung/ die größten Theils aus Beamten und Hauern besteht/
seit dem Jahre 1810 wenigstens um 3oo Seelen zugenommen
hat/ doch die ehelichen Verbindungen mit jedem Jahre seltener
werden / und bereits auf 6 herabgesunken sind/ da sie noch 1810
auf 27 sich beliefen. Der Drang der Umstände/die Theurung
der Lebensmittel / und vorzüglich die durch mehrere Jahre miß-
rathene Weinlese (der Hauptnahrungszweig der Bewohner)
scheinen diese beklagenswerthe Erscheinung bewirket zu haben.
In der Mitte des großen Platzes befindet sich eine von
dem BildhauerK ögler verfertigteMarien-Säule aus gewöhn-
lichem Steine.
IV. Die Pfarre St. Martin in der unteren Stadt
Klosterneuburg*).
Schon zu jener Zeit / als Markgraf Leopold der H e i-
lige im Jahr 1106 sein Chorherrenstift zu Neuburg gründete/
*) Nach dem eingeschickten und gehaltreichen Berichte des gegenwärtigen
Herrn Stadtpfarrers, F ri g d i a n B l a k 0 r a , Can. Reg. Claust. und
dem im 2ahr 1764 von dem Chorherrn Marzellin sehr gut verfaßten
Gedenkhuche der Pfarre. .
9?
war dieser Ort unter dem Nahmen Nivvenburg bekannt / und
mit einer Pfarrkirche zum heil. Martin versehen; denn eine
vom Kaiser Heinrich III. im Jahr io44 ausgestellte Schen-
kungsurkunde über 5 königliche Huben an der Laitha zu Sa-
rers»dorf (in einer kurz vorher den HuncjarN entrissenen Gegend)
ist schon zu Nivvenburg ausgefertiget.
Sey es nun gleich / daß die hiesige Kirche St. Martin
nicht unter die zwölf von Kaiser Carl dem Großen errichteten
Pfarren gehöre / obschon Haselbachs Angabe dieses zu bekräfti-
gen scheinet: so beweiset doch selbst der alterthümliche Bau der
Kirche/ und ihre Dedication zu Ehren des heil. Martin / Bi-
schofs zu Tours/ eines gebornen Pannoniers / daß sich der Ur-
sprung dieser Pfarrkirche wenigstens bis in das n. oder auch
io. Jahrhundert erstrecket.
Der heil. Martin wurde schon früher zu Salzburg neben
dem heiligen Landesapostel R u d p e r t verehret/ und wahrschein-
lich auch von den Christen in unserer Gegend still und heimlich
als Landesheitiger angerufen ; bis endlich um das Jahr 975
der Bischof von Passau / Piligrin- das Bekehrungsgeschäft
auch unter den Hungarn mit so gutem Erfolge angewandt hatte/
daß er dem Herzoge Geisa mit 5ooo seiner Unterthanen die heit.
Taufe ertheilen konnte. Dadurch wurden nun die verborgenen Chri-
sten den neuen Glaubensbrüdern vereiniget/ und für die hiesige Ge-
meinde an der Kirche St. Martin ein eigener Rector aufgestellet^
dessen Stelle und Pfarre im Jahr 1133 Markgraf Leopold der Hei-
lige dem ersten regulirten Propste des hiesigen Chorherrenstiftes/
Hartmann / übergab / von welcher Zeit an die Seelsorge daselbst
immer Stiftsgeistliche versahen.
Bon den Schicksalen dieser Kirche ist uns aus diesen Zei-
ten nichts/ gar nichts bekannt; denn der zerstörende Zahn des
Alterthums hat alle Documente vernichtet/ die ln dieser Sache
Licht und Aufklärung würden verschaffet haben. Nur das ein-
zige Factum / daß hier einstens Altäre zu Ehren des heiligen
Adalbert/ der it/ooo Jungfrauen / des heiligen Königes und
Märterers Sigismund/ und der 12 Apostel / errichtet wa-
ren ; dann eine alte / noch jetzt in dieser Gegend herrschende
Sage / daß noch vor der Einführung der Stiftsgeistlichen /
Topotzr. v. Osterr. I Abth. ®
98
nebst dem Plebanus / oder vielmehr Präpo situs/ hier auch Chor-
oder Gesang-Priester angestellt gewesen : dieß ist alles/ was
uns aus jenen Tagen noch übrig ist.
Bis zur Entstehung des hiesigen Stiftes / hatte diese
Pfarre sehr ausgedehnte Gränzen / die ungefähr die jetzigen
Pfarren Korneuburg / Höflein an der Donau / Kritzendorf/
Kierling/Weidling/ Kallenberg/Nußdorf/ Heiligenstatt/ Döb-
ling/ Grinzing / Sivering und Neustift einschlössen/ von wel-
chen aber/ schon zur Zeit Herzog Heinrichs I a so m irg o t fc,
die Filiale Korneuburg zuerst / zuletzt aber zu Kaiser I o s e p h II.
Zeiten / die Kirche zu Kritzendorf / getrennet wurde / und
eigene Seelsorger erhielt. Auch die Zehenden dieser ausgedehn-
ten Pfarre waren sehr bedeutend und reichlich ; doch genossen
dieselben / ungeachtet aller Einwendungen des Diöcesan-Bischofs
zu Paffau / ruhig die österreichischen Markgrafen / bis sich
endlrch hierüber Leopold der Heilige im Jahr n35 mit dem
Bischof Reg in mar ausglich / worauf sie letzterer dem hiesigen
Stifte übergab.
Auch nach der Einverleibung der St. Martinspfarre mit
dem Chorherrenstifte zu Klosterneuburg schweigen die Urkun-
den bis zum Jahre 1291 von der hiesigen Kirche/ und nur we-
nige leere Nahmen ihrer Vorsteher biethen sich aus diesem Zeit-
raume dar. So erscheint um das Jahr n5o Hermann de
S. Martino — um 1200 Diep 0 ldus de 8. Martina —
1253 Reinbert/ ein Weltpriester/ der als Capellan der Her-
zogin Theodora / anfangs die Pfarre Heiligenstatt/ dann die
hiesige Kirche erhielt; vom Jahre 1267 — 1276 der Chorherr
Pab 0 / später Prälat des hiesigen Stiftes ; -289—i5o5
Dietrich oder The 0 d 0 rich.
Unter diesem baute im Jahre 1291 ein edler Ritter/ U d a l-
rich von Chritzendorf/ Hofmeister Herzog Alberts von
Österreich an der rechten Seite der Kirche / eine Capelle zu
Ehren des heil. Bartholomäus und der heil. Maria Magdalena/
stiftete mit 100, Pfund Pfenningen eine ewige Messe/ die ein
eigener Priester täglich lesen sollte / und verordnete späterhin/
wo er die Stiftung verbesserte/ auch ein ewiges Licht. Als diese
Capelle aber durch Unglücksfälle und andere Ilmstände so weit
99
herab,gekommen war, daß st> ganz unbrauchbar wurde und
jene Stiftung ihr Ende erreichte: so erbaute die hiesige B äcken-
zeche/ auf ihre eigene Kosten / neuerdings diese Capelle nebst
einem Alrare, stlfteredazu einen eigenen Beneficiatpriester, und
bestimmte diesen Ort zu einer besonderen Begräbnißstätte der
Bäcker.
Die folgenden Zeiten / deren Ereignisse bereits in der Ge-
schichte der Stadt Klosterneuburg berührt wurden / hatten auch
auf die hiesige St Martinskirche einen traurigen Einfluß/ unb
bis zum Jahre 1723 füllen größten Theils Feuersbrünste / die in
den Jahren 1849 / *4^5, i52g, i537, i56g und i683 nebst
der unteren Stadt auch öfters die Kirche und die Pfarrgebäude
einäscherten; oder Pest und andere Krankheiten / wie im Jahre
134.9/ *563, 1409, ,4*0 / i558/ 1624 / 1659/ 1679 und
1713.; oder auch endlich Mißwachs/ Ketzer-Unruhen und Kir-
chenraub / die Geschichte der hiesigen Pfarre aus. Vorzüglich
erlitt Sr. Martin im Jahre 1842 durch einen nächtlichen Ein-
bruch sehr bedeutenden Schaden/ indem alles / was in ihr auf-
bewahret war/ Kelche / Meßgewänder und Bücher / daraus entwen-
det wurde. Damals war ein gewisser Conrad von Wien
Pfarrer der hiesigen Kirche/ der ein geschickter Bildhauer gewe-
sen seyn mag; denn er schnitzte nun / nach Angabe der Stifts-
Chronik, die 12 Apostel/ (die freylich jetzt nicht mehr vorhan-
den sind) und zierte damit die geplünderte Kirche. Sie scheint
damals in großem Ansehen gewesen zu seyn / weil noch im
Jahre 1846 Meldung geschieht, daß, nebst dem Pfarrer./ 6 andere
Priester bey ihr angestellt waren , welche alle im Pfarrhause wohn-
ten, und an einem gemeinschaftlichen Tische gespeiset wurden.
Durch die Feuersbrunst von 1849 muß die Kirche sehr be-
deutend gelitten haben; denn um das Jahr i36o sah sich der
damalige Pfarrer'Conrad Ramung genöthiget, den Thurm
dieser Kirche zu bauen, welcher noch gegenwärtig durch seine
Festigkeit, und seme Bauart, das ehrwürdige Äußere derselben
erhöhet. Bald wurde aber durch die sich stets mehrende Gemeinde
die alte Kirche zu klein; damit daher auch die neuen Ankömmlinge
an dem Gottesdienste Theil nehmen könnten, entschloß sich der
Propst des hiesigen Stiftes, Georg Müstinger, die Pfarrkirche
100
zu erweitern, und legte daher unter dem Pfarrer Johann
Godinger imJahri42i den Grundstein zu jenemTheile des
Gebäudes/ welcher das Schiff genannt wird / und noch jetzt den
größten Theil der Kirche einschließt.
Was damals Propst Georg in Hinsicht der Kirche gethan
hat/ that späterhin unter dem Pfarrer Bernhard Waizim
Jahre 1627 Propst Andreas Mosmüller für den Pfarrhof/
indem er denselben / da er durch die öfteren Unglücksfälle sehr-
baufällig geworden war / erneuerte / und beträchtlich erwei-
terte. Doch ist der östliche Theil desselben nebst der Stiege/
einer dort angebrachten Aufschrift zu Folge/ ein Werk des un-
vergeßlichen Propstes Ernestus Perger.
Während diesem ganzen Zeitraume/ der seitdem Jahre 1291
wenig Erfreuliches enthält/ und außer den benöthigten Bauan-
stalten/ nur Unglücksfälle darbiethet / wurde St. Martin unaus-
gesetzt durch eifrige Seelsorger verwaltet / deren Nahmen beynahe
ohne Unterbrechung auch noch unseren Zeiten aufbehalten wur-
den. So lesen wir/ nach dem oben angeführten Pfarrer Dietrich/
um das Jahr i323 Ulrich de St. Martino. Im I. i323
Philipp/ Rector der hiesigen Kirche. Im I. i335 Johan-
nes/ Plebanus S. Martini. Im I. i54i Otto/genannt
der Parzenbruner/ der dann später als Spitalmeister des
Stiftes erscheint. Jüi I. 1842 Conrad von Wien/ dessen
wir schon oben erwähnten.
Im Jahre i35o stand Petrus/ ein Bruder des Propstes
Rudwin von Knappen / der Pfarre vor. Im I. i356 Co n r a d
Ramungi/ der dann späterhin Propst zu Neuzell wurde. Im
I. 187* Bartholomäus von Pierb aum/ dann Dechant/
und endlich Propst des hiesigen Stiftes. Im I. i38i I 0 ha n-
nes von Ruß bach / einer der größten Gelehrten seiner Zeit
auf der Universität zu Wien.
Im Jahre i4,5Hans Godinger/ Pfarrer zu Sand
Merten. Im I. 1422 Johannes Waicz. Er und Johan-
nes von Berchtoldsdorf visitirten auf Befehl des Propstes das
hiesige Frauenkloster bey St. Jacob. Im I. 1426 Johannes
von Berchtoldsdorf/ Doctor derDecretalen. Im1.1442
Johannes/ mit dem Zunahmen: Cremser.
101
Im Jahre i4$* Johann es Pellendorfer; er über-
ließ noch in dem nähmlichen Jahre - die Kirche seinem Nachfol-
ger Caspar; vielleicht Caspar Graßer. Im I. 1474
Christian Baumgartner, Magister; hernach Pfarrer zu
Heitigenstatt. Im I. 1477 Paulus P arrer/ der hernach
Stiftskämmerer wurde / und vorher Pfarrer zu Hoflein war.
Im I. 1481 Caspar Puff. Noch im nähmlichen Jahre er-
scheint auch Wolfgang Ryetentaller. Im I. 1482
kommt Paulus Parrer zum zweyten Male vor. Im I.
i485 Gallus H ä n d l / der dann Kanzleydirector des Stif-
tes wurde. Im I. 1487 Thomas List- 1489 Thomas
Wermschimel - nachher StiftSdpchant. Im I. 1490 S i-
g i s m un d P ruckn er — 149) Petrus Hyrsser oder
Hyeers/ der zugleich Pfarrer in Hoflein war.
Im Jahre i5oi Wolfgang Mosheimer- vorher
Kellermeister des Stiftes. Im I. 1^09 Johannes Zim-
mer m an n / Magister. — i5io C 0 n r a d Paur oder
Päwr. Im I. i5n Magister Johannes. — Noch im
nähmlichen Jahre kömmt auch Vincenz Meissen bergex,
vormaliger Stiftsdechant/ als hiesiger Pfarrer vor. Jm J. i5i 4
Hieronymus Lichtenberger- späterhin Pfarrer zu Hei-
ligenstatt und Stiftsdechant. I^och im nähmlichen. Jahre folgte
ihm Jaco b Korn Huber- vorher Pfarrer zu Höflein an der
Donau. Im I. i52o finden wir bey St. Martin Seba-
stian Sieben richtet/ vorher Pfarrer zu Korneuburg /
dann aber zu Heiligenstatt. i525 Sigismund oder Si-
mon Kauffennagel—i53i Joch.an ne s Engelger.—
i532 Johannes Eck h olzham e r. —- i54o Michael
Gerge- ein Weltpriester. — 1559 Michael Be Harm /
Pfarrer bey Sanct Martin.
Im Jähr i563 Bartholomäus Fab er- aus Hir-
schau in der Pfalz - der sich- nach dem Geiste der damaligen
Zeit/ Pastor bey St. Martin nannte. Im I. 1569 Johan-
nes Ziegler/ Pfarrer dieser Kirche. JmJ. i585 Nico-
laus Arnold/ vorher Dechant des hiesigen Stiftes. Im I.
r5go Johannes Ro r b a ch e r- ein Weltpriester.
Im Jahr 1600 Nico laus Gacke oder Kak - vorher
102
Pfarrer zu Tattendorf. Im I. 1604 Martin Hreber oder
Hueber. — 1611 Valentin Steiger, hernach Pfar-
rer zu Sivering. Im I. 1614 Petrus Martini / ein Span-
dauer/ vorher Pfarrer zu Heiligenstatt / dann Administrator
der beyden hiesigen Pfarren. Im I. 1615 Laurentius
Wagner/ vorher Stiftspfarrer / dann Stadtpfarrer zu Kor-
neuburg. Im I. 1616 Magister Leopold Steiger/ ein
Wiener/ hernach Bibliothekar des Sriftes. >— Im November
des nähmlichen Jahres 1616 folgte: Vitalis Gieng e r von
Memingen aus Schwaben/ vorher Kanzleydirecror und Stifts-
pfarrer. (f 1621.) Im I. 1621 Andreas P a l m i l l e x ,
auch Taber genannt / ein Weltpriester. Im I. 1622 B e r-
u a r d W a i z> ein Hesse von Salsund/ wurde im I. i63o als
Pfarrer zu St. Martin / Propst des hiesigen Stiftes. Im I.
i63o Michael Haseke/ aus Wien/ vorher Stiftspfarrer/
dann Dechant des Stiftes. Im I. 1684 Melchior Pen-
ner/ von Langenenzersdorf; vorher Pfarrer zu Kierling /
dann Administrator zu Hiezing. JmJ. 164.3 Heinrich Kh el-
ner/ Conventual von Wettenhausen. JmJ. 1644 Alexan-
der Röckler/ von Straubing/ vormals Pfarrer zu Hoflein
an der Donau. JmJ. 1647 Wen zes laus Melzer/ aus
Prag, Magister der freyen Künste und der Philosophie ; wurde
im I. i65o als hiesiger Pfarrer zum Stiftsdechanten erwählet.
Im Jahre i65o Albin Nagl > aus Wien / Magister
der Philosophie und Baccalaureus beyder Rechte, (-j- i654.)
Im I. i654 Augu stin Mathäi/ ein Franke/ und Doctor
der Theologie ; vorher Administrator der böhmischen Stifte Wit-
tingau und Borowany / dann Stadtpfarrer zu Korneuburg.
Im I. r655 Leonhard G a l l u ciu s / aus Wien / vorher
Pfarrer in Kierling; starb hier an der Pest it>55. Im I. i656
Andreas Traber / von Fünfstätten aus Schwaben/ vor-
mals Pfarrer zu Kierling. (f i658.) Im I. i658 Wolf-
gang Hueber/ ein Wiener/ vorher Pfarrer in Langenen-
zersdorf ; späterhin Administrator in Hiezing. Im I. 1669
M a l a ch i a s Fl e i sch m a n n/ aus Prag / vorher Pfarrer in
Kierling; dann Stiftskellermeister. Im I. i683 Laurentius
Wayv/ eist Klosternenburger / vorher Pfarrer im Stifte.
ioa
(f 1684.) Z-rn-A r 664 I 0 seph Ertl/ aus Horn ; verwal-
tete nach den türkischen Unruhen / bis zur Rückkehr aller Stifts-
herren die beyden hiesigen Pfarren/ und wurde dann selbst
Pfarrer zu Tattendorf. Im I. 1684 Elias Hille/ von
Reichsstadt aus Bohmen; vorher Pfarrer zu Höflein und Kah-
lenberg/ dann Kanzleydirector des Stiftes. Im I. 1687 ^ a-
spar Kl u eg / von Grünenberg/ aus Wien / vorher
Pfarrer zu Sivering/ dann Pfistermeister (Aufseher der Bäcke-
rey) im Stifte. Im I. »668 Ivo F ö r g / ein Wiener/ vor-
her Beichtvater in Hiezing. (ch 1694.) Im I. 1694 Hart-
mann Steinmüller/aus Frauken; vorher Stiftsküchen-
meister / dann Pfarrer zu Heiligenstatt.
Im Jahr 1708 Gaud e n z Frisch / von Poisdorf in
Österreich; vorher Pfarrer zu Sivering. Im I. 1707 Seba-
stian Castello/ von Sizendorf in Österreich/ vorher Pfar-
rer in Langenenzersdorf; er blieb auch im I. 1718 zur Pestzeit
bey seiner Gemeinde/ und resignirte seine Pfarre im I. ^722.
Im I. »722 Leopold Pittner/ aus Horn; vorher Beicht-
vater zu Hiezing / und nach 20 rühmlichst hier verwendeten
Jahren / Dechant des Stiftes.
Unter Leopolds Vorfahren hatte die hiesige Kirche so man-
ches Unglück betroffen/ und alle Wohlthäter / deren die Pfarre
seit 1647 schon mehrere zählte/ richteten ihr Augenmerk einzig
auf die Verschönerung der Kirchenparamente / nie auf das Ge-
bäude der Kirche selbst. Allmahlig gerieth daher dieselbe seit dem
Jahre 1627 so sehr in Verfall/ daß sie im I. 1688 bey dem
Einfalle der Türken sehr leicht zerstöret werden konnte; und un-
geachtet verschiedener Beyträge und der frommen Wünsche Aller /
noch im I. 1728 größten Theils in Schutt und Asche begraben
lag. Endlich ging man mit Ernst an den Bau/ und da der
Pfarrer / Leopold Pittner / und der damalige Stadtrichter
Christoph Joseph Kueffner/ dieses verdienstvolle Werk mit rast-
losem Eifer betrieben / so kam es auch bald seiner Vollen-
dung nahe. Ersterer erhielt bedeutende Beyträge an Geld und
Bauholz; letzterer aber beredete die Bürger und Einwohner
dieses Ortes/ daß sie das nöthige Tagwerk und jede vorkommende
Handarbeit gerne und willig leisteten. So ward die Kirche end-
roch
lich vollendet; und es fehlte ihr nur noch der innere Schmuck.
Doch/ gleichwie sich bey Erneuerung derselben so manche Wohl-
thäter in ihrer Milde gezeigt hatten / so ergriffen auch jetzt fromme
für die Ehre Gottes besorgte Personen freudig diese Gelegen-
heit/ zur Zierde der Kirche beytragen zu können / und so ge-
schah es denn / daß schon im I. 1727 die Pfarrkirche St. Mar-
tin/ in ihrer heutigen schonen Gestalt/ die Andacht der Be-
ther erhöhte,
Noch unter dem nämlichen Pfarrer Leopold Pittner *) 7
erhielt auch der Pfarrhof bedeutende Verbesserungen / die ihn
noch gegenwärtig zu einem schönen und bequemen Wohngebäude
erheben.
Auf diese Weise verflossen 20 Jahre / die Leopold Pittner
in steter Betriebsamkeit / und zum Besten der Kirche verwen-
dete. Endlich überließ er die Pfarre/ die sich unter seiner Lei-
tung beynahevon allen Drangsalen wieder erhöhtet hatte/ im Jahre
1742 Bertrand Nizel/ einem Baier von Neuhofen /
vorher Pfarrer zuSivering/ der aber noch im nähmlichen Jahre/
mit dem Rufe eines vorzüglichen Wohlthäters der Armen- das
Zeitliche segnete. Ihm folgte: Peter W e b e r s i n k / aus Wie»/
Magister der freyen Künste und Philosophie / und Bacca-
laureus der Theologie; vorher Pfarrer zu Höflein/Kahlenberg/
dann Administrator der Herrschaften Atzenbruck und Hasendorf;
späterhin Dechant des Stiftes. Im 1.1759 Philipp Baum-
gartner/ aus Crems / der sich durch Wort und That als
eifriger Seelenhirte bewies ; er war vorher Pfarrer zu Sive-
ring. (-j- 1766») Im I, 1766 Conrad Weigeth/ aus
Wien / der freyen Künste und Philosophie Magister/ und Baoca-
laureus der Theologie; vorher Stiftspfarrer / dann Administra-
tor zu Hasendorf und Atzenbruck. Im I. 177» Marzellin
Jani/ von Gars in Österreich/ vorher Stiftspfarrer/ dann
Dechant des Stiftes. Ihm dankt die hiesige Pfarre das schöne
Gedenkbuch/ aus welchem so manche die Kirche betreffende Schick-
sale gezogen wurden. Im I. 1782 Michael cklibel / einKlo-
*) Von ihm erzählt auch das alte Gedenkbuch, daß er das damals ge-
wöhnliche und in Gestalt einer Predigt hergesagte Ostermährchen, gänz-
lich aufhob, und dafür am Allerseelentage eine Predigt einführte.
io5
sterneuburger/ vorher Stiftspfarrer und k. k. Schulvisitator der
Dekanate Klosterneuburg und Königstetten, auch erzbischöfli-
cher Consistorialrath / späterhin Stadtpfarrer zu Korneuburg.
Bis jetzt hatten die Patres des hiesigen Franciscanerklo-
sters dem jeweiligen Pfarrer in der Seelsorge Hülfe gelei-
stet , und gleichsam Cooperators - Dienste verrichtet. Da aber
ihr Kloster im Jahr .1784. aufgehoben , und zu einem anderen
Gebrauche bestimmt wurde / so erhielt die St. Martins - Pfarre/
ihrer Ausdehnung wegen / von dieser Zeit an / zwey Srifts-
herren / als Cooperatoren / deren Stelle aber seit dem Jahre 101 2
nur mehr ein einziger bekleidet.
Im Jahre 1790 folgte Carl Romani/ aus Wien / vor-
her Pfarrer in Tattendorf/ dann Pfarrer zu Langenenzersdorf.
Im 3.1791 Florian Ul brich/geb. zu Wien / vorher Pfar-
rer zu Höflein an der Donau; dann Stadtpfarrer zu Korneu-
burg. Schon als Pfarrer zu Höflein beschäftigte er sich in den
Stunden seiner Muße mit der höheren Mathematik / und arbeitete
imJ. i7öl'mitgroßer Mühe eine Logarithmen-Tafel aus / welche
noch gegenwärtig als Manuskript in der Stiftsbibliotheß aufbe-
wahrt wird. Im I. 1793 Severin Walther / ein Kloster-
neuburger/ und vorher Stiftspfarrer, (ch 1795.) Im I. 1795
Christoph Obermayer, aus Wien / vorher Pfarrer zu
Grinzing / dann aber Pfarrer zu Hiezing.
Im Jahre i8o3 Johann Bapt. Döget / gleichfalls aus
Wien; vorher Pfarrer zu Kritzendorf/ dann Stiftskellermei-
ster. Schon als Cooperator der hiesigen Pfarre machte er sich
um dieselbe dadurch verdient / daß er bey ihr mit vieler Mühe
eine Industrie - Schule errichtete / die aber bey seiner Beförde-
rung und aus Mangel anderweitiger Unterstützung / leider!
wieder zu Grunde ging. *— Ihm folgte : Im I. iöoö M a r-
tin Pittner/ gleich seinen beyden Vorgängern aus Wien/
und vorher Pfarrer zu Kierling. (f 1809.) Im I. 1810 P e-
ter Planer/ von Preßburg, vorher Pfarrer zu Nußdorf/
dann aber Pfarrer zu Eupoldau. Im I. 1612 Frigd ia n Bla-
kor a / aus Liderzovitz in Mähren / vorher Pfarrer in Weidling/
und gegenwärtig Stadtpfarrer zu St. Martin / dessen Gefällig-
keit wir diese Pfarrgeschichte verdanken.
I oß
Seit jener Zeit/ wo die hiesige Kirche durch die reichlichen
Beyträge vieler Gutthäter / und durch die Thätigkeit des
Pfarrers/ Leopold Pittner/ aus den Trümmern der Zerstörung
wieder emporstieg / gebührt ihr der Ruhm einer der ausgezeichnete-
sten Landkirchen / deren Lage auf einem selsichten Hügel dicht an
der Donau vielen Reitz enthält. Der alte Thurm ist aus Quader-
steinen erbaut/ und mit ziemlich schweren Glocken versehen. Das
Innere der Kirche findet man reinlich / ja den Theil von der Kan-
zel bis zum Chore sogar nach dem neueren Geschmacke. Der Hoch-
altar hat noch alt - gewundene Säulen / und ist mit dem Bilde
des heil. Martin geziert; die Rarhsherren-Stühle im Presbyte-
rio / und die beyden hier befindlichen Oratorien gewähren einen an-
genehmen Eindruck / welcher durch die großen / zierlichgearbeiteten
und vergoldeten Bildsäulen des Erlösers/ der heiligen Jungfrau/
und der 12 Apostel/ die an den Wänden aufgestellt sind / um
vieles vermehret wird. Auch verdient die schöne Kanzel/ nebst
den beyden gleichzeitigen Seitenaltären/ eine gerechte Erwäh-
nung. Letztere stellen auf ihren Altarblättern die Verkündigung
Mariens / und die Kreuzigung Christi dar. Nicht weniger die-
net der Musikchor mit der zierlich gefaßten Orgel zur Zierde
der Kirche.
Die Altäre / so wie die Kirche selbst/ sind mit Inschriften
versehen/ die das Jahr ihrer Errichtung oder Wiederherstellung
anzeigen. So liest man: Auf dem Hochaltare:
DIYe Martine TYronensIs sVCCVre nobls,
Auf dem Kreuzaltare:
lesYs CrYCIfIXYs ReDeMptor orbls.
Auf dem Marienaltare:
InCamiLatVs De spIrltV sanCto * natYs eX Maria.
Auf dem mittleren Bogen der Kirche verewigen die fromme
Mildthätigkeit unserer Vorfahren folgende Worte:
In bis Divae Matri Sanctoque Martino sacratis
AedibuSj quas immanitate Turcica in ruinam actas
communis Civium pietas reaedificavit*
slt BeVs propItlYs et CLeMens popVLo sVo.
Diese ganze innere Einrichtung der Kirche / so wie die mei-
sten Ornate und übrigen Geräthe sind deutliche Beweise der re-
i(>7
ligiösen Denkungsart edler Wohlthäter / die schon bey der
Herstellung der Kirche ihren Eifer für die Ehre des Gottes-
hauses an Tag legten. Der beschränkte Raum erlaubt uns aus
den neueren so wie aus den früheren Zeiten / nur die größeren
und vorzüglicheren derselben hier aufzuführen. Im Jahre ,647
vermachte Jacob Dollinger/ Bürger und Müllermeister
allhier > der Kirche St. Martin in seinem Testamente 1200
Gulden / damit sich dieselbe 6 silberne Leuchter und einen gol-
denen Kelch anschaffen könne. Der Witte des edlen Gebers
wurde zwar vollzogen / allein diese Geräthschaften späterhin zum
Baue der Kirche verwendet.
Wolfgang Puecheneckher / Doctor der Rechte,
Martha Theuerkauf / eine hiesige Bürgersfrau / N.D ie-
polt/ die Gattin eines Rathsherrn / und Johann Jo-
seph Eckh stein/ Rarhsherr der hiesigen Stadt / Ma-
thias Motzi / hiesiger Wundarzt / Elisabetha Baum-
gartner > und M a ria Th all in ger vermehrten die Kir-
chenornate; Frau S usa n n a Lan g st eg er/ Gattin des k. k.
Leibschiffmeisters Valentin Langsteger zu Klosterneuburg/ (der
auch im I. iqSb drey Beneficiaten zu Sr. Martin stiftete / von
denen der letzte aber in diesem Jahre gestorben ist';) ließ im I.
i6g6 die Kanzel vergolden und fassen/ und besorgte 1708 für
die Kirche einen neuen Taufstein ; Caspar Hartmann/
Fleischhauer und Rathsherr / errichtete im I. »697 auf seine ei-
genen Kosten / einen für die damaligen Zeiten sehr schönen
Hochaltar/ der aber jetzt nicht mehr vorhanden ist; Johan-
ne ö Wi rsam endlich / erbaute in der ehemaligen Bartholo-
mäus-Capelle/ welche damals ein Eigenthum der sogenannten
Bäckenzeche war/ im I. »699 einen neuen Altar/ statt dessen
aber späterhin ein anderer zu Ehren des die Geiselung erdulden-
den Heilandes errichtet wurde.
Auch bey dem Baue der Kirche 1728 haben mehrere Gut-
thäter ihr Andenken unvergeßlich gemacht. So gab die obener-
wähnte Langsteger über 200/000 gebrannte Ziegel zur Auf-
führung des Gebäudes / und verwendete über 1000 Gulden zur
Errichtung, der Orgel und des Hochaltares / den sie den ehr-
würdigen P. Franciscanern in Wien ablöste. Keine geringere
io8
Summe spendete die verwittibte Fürstin D o ro the a von
Dietrichstein / geborne Fürstin von Salm/ welche Kloster-
neuburg zu ihrem Sommeraufenthalt gewähtet hatte, nachdem sie
auch schon bey dem Kirchenbaue mit einer Gabe von 760
Gulden als Wohlthäterin aufgetreten war. Überdieß schenkte sie
noch 2 ganze Ornate zur Kirche / erbaute den Marien-
altar/ der 900 Gulden kostete / und trug auch zur Kanzel und
zum Kreuzaktare mit vieler Freygebigkeit bey. Diese wahre
Wohlthäterin der Armen unb dieser Pfarrkirche starb zu Wien
im Jahr 1782.
Auch Propst Ernest beförderte nach Kräften die
Herstellung dieses Gotteshauses. Er unterstützte den Bau
sowohl mit Herbeyschaffung des nöthigen Bauholzes / als auch
mit einer Summe von i5o Gulden / und verwendete zu ihrer
Herstellung noch so manche Geschenke / die er aus den Händen
frommer Stifter erhielt.
Die Verdienste des Pfarrers Leopold Pittner,
und des Stadtrichters Christoph Joseph Küeffner/
haben wir bey dieser Gelegenheit schon oben berührt / und es ist
uns nur noch übrig / von dem letzteren hinzuzusetzen / daß er es
war / welchem die Kirche den Kreuzaltar / den schönen Chor/
und vorzüglich die herrliche Musik verdanket; denn durch seine
Verwendung wurden die vier Zöglinge der Langstegerischen
Stiftung zur Kirchenmusik bestimmet/ und ihnen nebst dem ge-
wöhnlichen Regenschori / noch ein Turnermeister beygegeben;
doch leider! erreichte diese Stiftung nur zu bald das Ende.
Nebst diesen Wohlthätern gab es noch andere edle und
fromme Personen / welche die hiesige Kirche in ihrem letzten
Willen mit bedeutenden Summen bedachten. So Adam Do-
wisch/im I. 1726 mit 5oo Gulden ; Anna Maria / seine
hinterlassene Witwe/ imJ. i758mit20ooGulden; Benedict
Eckher/ ein hiesiger Bürger / im J. 1740 mit 1000 Gulden.
Nicht minder hat in den neuesten Zeiten St. Martin Wohl-
thäter und Gönner aufzuweisen / unter denen vorzüglich der
Hofrath von Carque/ im I. 1788 dutch ein Geschenk
von 800 Gulden; und Leopold H0fmanN/Bürger und
Kirchenverwalter allhier/ durch die Herbeyschaffung so manches
log
kirchlichen Gewandes und nöthiger Musikalien / 600 Gulden im
Werthe/ eine dankbare Erwähnung verdienen.
Endlich sind die an den Wänden stehenden Statuen ein
Geschenk des hiesigen löblichen Magistrates/ der selbe von dem
aufgehobenen Camaldulenserkloster aus dem Kahtenberge erkaufte/
und dann hier aufstellen ließ.
An der rechten Seite der Kirche befindet sich die schon oben-
erwähnte alte Capelle / in der gegenwärtig zwey Altäre vorhan-
den sind. Einen errichtete der schon öfters genannte Joseph
Christoph Küeffner/ Stadtrichrer / zu Ehren unseres
Heilandes / (mit dem Beynahmen : auf der Wiese) den anderes!
Mathias Eggendorfer / Hauptmann / zu Ehren des
gekreuzigten Menschenerlösers.. Gleich neben diesem Altare ist
auch seine Grabstätte von rothem Marmor mit folgender Inschrift:
xLLDa an stein., gLeiCh IaCob sChLafft.,
so Christo Den aLtar geschafft.
Mathias Eggendorfer^ Hanptmann* so alt 74 Jahr.
Auch liegt hier in der nähmlichen Capelle die Mutter des
Pfarrers/ Leopold Pittner/ begraben / die seine kindliche Liebe durch
folgende Grabschrift verewigte:
Ein Liebes Kind wolt disen Stein/ betrübt hieher verschaffen/
Weil hier in grabe die gebein der lieben Mutter schlaffen;
Es wünschet Ihr die Ewig Rueh / hofft Sie bey Gott zu sehen
Wan es einmahl spatt oder frueh/ in Todt wird schlaffen gehen.
O leser gehe nicht vorbey / auf Kind und Mutter denkhe
Damit Gott beeden gnädig sey/ ein Vatter Unser schenkhe.
Also bittet für sich und seine liebe Mutter Frau
Maria Constantia Pittnerin / welche den 27. July 2780 selig in
Gott verschieden ist/ ein betrübtes Kind
L. P. C R. C. P. P. A. S. M.
Noch findet man in St. Martin auch folgenden Grabstein:
1466. in die Colomani f Udalricus Eberhardus
Neivnburg. natus. Rector Univ. Viennensis.
Medic. et. Art. Lib. Professor.
Da die hiesige Kirche in jedem Falle unter die ältesten
des Landes gehört/ so bildeten sich schon in den ersteren Zeiten
derselben/ wie bey andern alten Gotteshäusern/ gewisse Brii-
110
der schäften oder Zechen, welche die edle Absicht hatten,
entweder die Zierde und Feyer des Gottesdienstes zu vermehren,
oder die Armuth zu unterstützen, oter endlich auch die Kirche
selbst stets bey gutem Bau und Ansehen zu erhalten.
Eine solche Verbrüderung bildete sich hier schon vor meh-
reren Jahrhunderten, unter dem Nahmen der St. Martins-
zeche. Der Ursprung derselben ist gänzlich unbekannt , doch ihr
Ansehen und ihr Ruf bewähret sich schon in Urkunden von den
Jahren 1897 — i&n — i445 und i5 *3.
Schon im Jahre 1897 bestätigen die Herzoge von Öster-
reich, Wilhelm und Albrecht, diese Zeche durch einen ei-
genen Brief, und erlauben ihr zugleich die Zahl ihrer Zech-
brüder , „welche, die Pracht des Gottesdrenstes vermehren, und
arme Leute trösten", von zwölf auf zwanzig zu setzen.
Daß diese Bruderschaft sehr reich war und ein eigenes
Burgrecht besessen habe, erhellet aus ihren Rechnungen vom
I. *43,1 bis i5.*3, die noch gegenwärtig bey den Pfarr-Acten
verwahret werden. Im I. 1445 am St. Lucientage zierte
Friedrich der Friedfertige diese Zeche mit einem eigenen
Wappen, nähmlich: „in amen gelben Veldl ain Gulden Cron,
so zwo Hend mit Plaben Ermel halten." Sie bediente sich auch
desselben bis zum I. 1760, da sie gleich allen übrigen Zechen,
durch eine k. k. Verordnung aufgehoben, und aller ihrer Güter
entlediget wurde. Die Zinsen des daraus gelosten Betrages sind
nun Nt bst dem Grundbuche ein Eigenthum der hiesigen Kirche;
und daher mag auch das getheilte P a t r 0 n a t s r e ch t derselben
entstanden seyn. Denn noch heutiges Tages besitzet der Hr.
Propst des Stiftes Klosterneuburg das P a tr 0 nats r e cht
der Pfarre, indem er die Pfarrer derselben bestimmet, und
sie auch durch Natural-Deputate und bestimmte Geld-Einkünfte
erhält; das Patronatsrecht der Kirche aber besitzet der
löbl. Magistrat, der durch einen eigenen Kirchenverwalter für
die Erfordernisse derselben Sorge trägt, und bey d.essen jährlichen
Rechnungen, nebst dem Hrn. Stadtpfarrer, auch ein Beamter
des Stiftes erscheinet.
Alle wichtigen Documente dieser Verbrüderung.gingen
schon bey dem zweymaligen türkischen Einfalle 1^29 und i6ö3
III
zu Grunde/ und selbst das sogenannte Bruderhaus wurde da-
mals/ gleich der Kirche / ein Raub verheerender Flammen. Ge-
genwärtig ist dasselbe zur Wohnung des Meßners bestimmt/
der hier auch zugleich die Kirchengeräthschaften verwahret.
Nebst dieser St. Martinszeche bestand auch eine sogenannte
Z w e l f b o t h e n z e ch e (Bruderschaft der i2 Apostel) / welche
gleich der vorigen ein eigenes Haus und liegende Gründe hatte/
sich mit derselben schon vor längerer Zeit vereinigte / und mit
ihr 1785 gleiches Schicksal erlitt. Die beyden Häuser / welche
auf dem Platze des alten / ernst dieser Zeche eigenthümlichen Hau-
ses erbauet wurden / und gerade neben dem dermaligen Gottesacker
stehen / heißen noch gegenwärtig das Zechhaus.
Im Jahre 17^8 entstand auch < bey Gelegenheit des in der
alten Bartholomäus- oderBäcken - Capelle neu errichteten Alta-
res / der mit der Statue des die Geiselung erduldenden Heilan-
d-es gezieret wurde/ eine dritte Liebesversammlung/ unter dem
Schutze und Namen: Unseres Herrn auf der Wiesen
jedoch ohne Approbation / und folglich auch ohne Ablaß. Es
traten viele aus beyden Geschlechtern in diese Verbindung/ mit dem
einmüthigen Entschlüsse / zur Quatemberzeit bey diesem Altare eine
heil. Messe vordem ausgesetzten hochwürdigsten Gute/ und nach dem
Tode eines jeden Mitgliedes zwey heit. Messen lesen zu lassen.
Diese Liebessammlung dauerte ununterbrochen bis zum
Jahre 1778 fort; da aber in diesem Jahre nach dem Wunsche
des Erzbischofes von Wien / Grafen von Migazzi/ auch
hier eine Bruderschaft von der ewigen Anbethung des
aller heiligsten Altar s-Sacramentes errichtet wurde/
so ließen sich alle Mitglieder in diese neuentstandene einschreiben/
weil sie/ dem Glauben ihrer Väter treu/ durch die wirkliche Ge-
genwart ihres Erlösers unter den zarten Hüllen mehr zur An-
bethung entflammet wurden /-als durch die sinnliche Vorstellung
desselben.
Wenn uns schon diese - Liebesversammlungen von der
frommen Denkungsweise der hiesigen Einwohner einen vortheit-
haften Begriff beybringen: so werden die von ihnen errichteten
Statuen und Kreuze unsere Meinung gewiß noch mehr begründen.
Schon im Jahre ijtS, als die Pest aufs neue in Qster-
*12
reich wüthete, gelobte die hiesige Gemeinde, auf dem unteren
Stadtplatze eine Säule mit der Vorstellung der heil. Dreyei-
nigkeit zu setzen / und in jedem Jahre dem Höchsten lauten
Dank zu sagen / wenn er sie von diesem Übel gnädigst befreyen
würde. Der Allerbarmer erhörte auch ihre Bitte / wendete
diese Geisel von ihnen ab / und so kam es / daß während in
den Umgebungen ganze Ortschaften durch die Pest entvölkert
wurden / hier nur 28 Personen als ihr Opfer starben.
Die Bürgerschaft beeiferte sich daher / ihr feyerliches Ge-
lübde zu erfüllen / und schon im 1.1714. stand dieses Denkmaal
der Dankbarkeit und des öffentlichen Bekenntnisses der Abhän-
gigkeit von einem höheren Leiter der Dinge / in seiner ganzen
Vollendung. Auf einer steinernen Säule in Pyramidengestalt
erblickt man die heiligste Dreyeinigkeit / unter ihr die Mutter
hes Herrn in bittender Stellung/ und dann den heil. Leopold/
als Schutzpatron des ganzen österreichischen Landes. Die Säule
umgeben die heil. Pestpatronen / Sebastian/ Rochus/ Carl/
Anna und Rosalia; und die angebrachten Inschriften zeigen das
Jahr und die Ursache ihrer Errichtung. Noch zieren das Ganze
sechs Lampen / die vermöge der Grienerischen Stiftung / und
durch die Freygebigkeit einiger Bürger an jedem Sonnabende
oder Festtage zur Nachtszeit erleuchtet werden.
Eine zweyte Säule/ jedoch mit dem Bildnisse der unbe-
fleckten Empfängniß Mariens/ steht unweit des einst- /
maligen Franoiscanerklosters / biethet aber in Hinsicht ihrer
Errichtung gar nichts Gewisses dar.
Außer der Stadt befindet sich/ ganz von Weingärten um-
geben/ auf dem Gipfel eines Berges/ ebenfalls eine Statue/
welche unter dem Nahmen des Käfer-Kreuzes bekannt ist.
Um vor Schauer / Jnsecten/ Frost/ Pest und Feindesgefahr
gesichert zu werden/ errichtete im J. 1675 die Bürgergemeinde/
unter dem Pfarrer Malachias Fleischmann / eine Säule mit
dem Bildnisse Mariens / die als gekrönte Himmelskönigin auf
der Weltkugel steht/ und in der Rechten ihren göttlichen Sohn
trägt. Vier Pestpatronen und eben so viele Inschriften/ die
das Erzählte enthalten / umgeben die Statue.
Auf dem Wege/ der dahin führt/ sieht man auch nebst dem
sogenannten Ahsberg, einige kleine Nilchen und gemahlte
Bilder errichtet/ die an das Leiden des göttlichen Erlösers erin-
nern/ durch Alter und Witterung aber schon vieles gelitten haben.
Außer diesen erwähnten Denkmalen des religiösen Sinnes
findet man auch noch auf dem sogenannten Kierlingerwege .zwey
kleine Capellen. Die erste hat den Nahmen: das Urlarrb-
kr eu z/ theils/ weil auf dem Bilde der Abschied Jesu von sei-
ner göttlichen Mutter vorgestellt ist; theils auch/ weil bey der
gewöhnlichen Procession nach Maria-Zell / ehemals die Beur-
laubungs- Predigt hier gehalten wurde. Die Familie Landsteger
hat diese Capelle errichtet. Die zweyte heißt: das Bethen-
kreuz/ und ist ein Werk der hiesigen Bäckenzeche.
Da nach und nach alle nach St. Martin gehörigen Ort-
schaften von ihrer Mutterkirche getrennet/ und eigenen Seelsor-
gern übergeben wurden/ so umfaßt das Gebieth der hiesigen
Pfarre nur noch die untere Stadt nebst einigen/ außer dersel-
ben gelegenen Mühten/ und wird durch die Donau/ und durch
die Pfarren der oberen Stadt/ Kritzendorf und Kierling/ begrän-
zet. Gegenwärtig besteht die Pfarre St. Martin aus 265 Hau-
sern/ in welchen 451 -Familien/ oder 1921 Bewohner gezahlet
werden/ die sich größten Theils vom Weinbaue ernähren. In der
Spitz-und Lanzetten-Fabrik/ die sich nebst einer Baumwollen-
Spinn-Fabrik hier befindet/ gibt es auch einige Akatholische.
Zur Verpflegung der Dürftigen wurde das A r m e n - I n st i t u t
eingeführet/ welches sich vieler Unterstützung erfreut. Was end-
lich die hiesige Schule betrifft/ so ist gar nicht zu zweifeln/
daß sie schon in den ältesten Zeiten bestanden habe/ doch leider
suchen wir um Nachrichten von ihrem Ursprünge und ihrer Ein-
richtung vergebens. Im Jahre 1762 befand-sich das Schut-
hauS auf dem unteren Sradtplatze/ dort wurden alle Kinder
zu gleicher Zeit unterrichtet / denn die Eintheilung in Classen
und Zimmer war damals noch unbekannt. Als Lehrer stand ihr
AndreasZinsmaye r vor/ der dieses mühevolle Geschäft bis
zum Jahre 1788 mit möglichstem Eifer verwaltete. Im Jahre
1787 wurde für die neuerrichtete Trivialschule ein neues größe-
res Haus in der Enggasse gekauft/ und nun werden gegenwärtig
durch den Lehrer/ Ignaz Kaufmann/ und einen Gehülfen/
^opsgr. Hsterr. X- Abth- H
n4
260 Kindern in den vorgeschriebenen Gegenständen unterwiesen.
Die aus der Schule getretenen Knaben und Mädchen genießen
den vorgeschriebenen Wiederhohlungsunterricht.
In religiöser Hinsicht waren in den vorigen Zeiten die Kin-
der der Sorge des Stift-Katecheten anvertraut/ und mußten auch
seine sonntäglichen Christenlehren in der Stiftskirche besuchen.
Da aber späterhin eigene Cooperatoren angestellet wurden/
so erhielt der jeweiligePfarr-Cooperator (gegenwärtig Bene-
dict Saxinger/ von Linz gebürtig)/ auch das 'Amt eines
Schul-und Kirchen-Katecheten. Die Aufsicht aber über den ge-
sammten Unterricht führet der Stadtpfarrer selbst/ als Di-
rector der Schute.
V. Von den übrigen Klöstern/ Capellen und
Spitälern zu Klosterneuburg *).
§. i*
Von dem ehemaligen Stifte der regulirten Chor-
frauen bey Maria Magdalena in der oberen Stadt.
Als Propst Hartman n im Jahre 1133 die regulirten
Chorherren in das Stift Klosterneuburg eingeführt hatte/ be-
trieb er auch/ nach Sitte der damaligen Zeit/ die Errichtung
eines Frauenklosters mit vorzüglicher Sorgfalt. Zu dessen Er-
bauung scheint Agnes/ die Gemahlin des heit. Markgrafen
Leopold / das Meiste beygetragen zu haben / weil sie nicht nur
schon in den ältesten Abbildungen stets mit einer kleinen Kirche
auf dem Arme erscheint/ sondern auch ihr Todestag in diesem
Kloster besonders feyerlich/ und mit einer eigenen Spende für
ihr Seelenheil begangen wurde.
Die Begebenheiten dieses Klosters sind so einförmig / als
es die natürliche Beschaffenheit eines solchen weiblichen Institu-
tes mit sich bringt / und unser ganzes Wissen beschränkt sich da-
her nur auf einzelne kleine Schenkungen/ oder auf die bekann?
ten Nahmen der Nonnen. Aus letzteren wird uns die Nachricht
klar/ daß der größte Theil der ersten Canoniffinnen aus adeli-
gem Blute entsprossen war. Auch von den frühesten Einrichtun-
*) Nach den ^Merkwürdigeren Schicksalen des 'Stiftes und der StadtKlo-
stcrneuburg von Max. Fischer. Can. Reg. (Jlaustr.
n5
gen dieses Klosters ist nichts weiter bekannt/ als daß sie sich mit
dem Unterrichte und der Erziehung junger Mädchen beschäftigten/
und dadurch zum Therl ihren Unterhalt erwarben. Erst in
der Mitte des dreyzehnten Jahrhundertes geschieht ihrer wieder
Meldung. Damals hatte die Zahl der Nonnen sich so sehr ver-
größert/ daß ihr Unterhalt dem Herrenstifte beschwerlich wur-
dje. Jnn o cenz IV. gestattete daher im Jahre 1253 dem hie-
sigen Propste/ so lange keine Nonne in das Frauenkloster auf-
zunehmen / als bis sie sich auf eine festgesetzte Zahl vermindert
hätten; diese belief sich noch im Jahre i5oo auf 40.
Bischof Bernhard von Pastau schrieb diesem Frauen-
kloster im Jahre 1007 neue Gesetze vor/ und geboth ihnen/ die
dringendsten Fälle ausgenommen, stets innerhalb der Clausur zu
verbleiben. Zu diesen Gesetzen fügte Bischof Albert von Passau
bey seiner im Jahre i322 zu Klosterneuburg vorgenommenen
Visitation noch andere Einrichtungen. Er befahl ihnen/ dem Prop-
ste gehorsam zu seyn / gestattete ihnen gewisse Kleinigkeiten/ als
Kränze / Bilder u. dgl. die sie selbst verfertigten/ als ihr Eigen-
thum zu betrachten/ und erlaubte ihnen im Falle einer schweren
Krankheit in die Stadt zu ihren Altern oder Verwandten zu
ziehen. Übrigens bestimmte er die Zahl der Nonnen auf 32/ ver-
both ihnen weltliche Frauen in die Kost zu nehmen/ untersagte
ihnen den gewöhnlichen Besuch der Stiftskirche am Festtage der
Geburt Mariens/ und verordnete auch/ daß sie keinen andern
Prediger oder Beichtvater haben sollten/ als einen Chorherrn
des Stiftes.
Erst mit Anfange des fünfzehnten Jahrhundertes erhalten
die Nachrichten von der inneren Einrichtung dieses Nonnenstiftes
historische Gewißheit/ da zwey ihrer Statutenbücher noch heut
zu Tage vorhanden sind. Aus diesen beyden Handschriften erhel-
let/ daß die Vorsteherin dieses Klosters den Nahmen Meiste-
rin führte / und daß mehrere von ihnen/ ganz nach der Form
des Herrenstiftes/ eigene Ämter verwalteten. Diese Nonnen durf-
ten auch bey ihren Amtsverrichtungen in Gegenwart zweyer
Schwestern mit männlichen Arbeitsleuten sprechen/ ja sogar auch
außer den Klostermauern / doch mit Wissen des Propstes/ ihre
Geschäfte schlichten / und mehr entfernte Orte in bedeckten Wa-
H 2
äi6
gen besuchen. Auch hielten sie im Hofe des Klosters über ihre
wenigen Unterthanen Grundbuch/ verkauften ihre erübrigten Wei-
ne/ und legren dem Propste Rechnung ab/ der dann das zu
ihrem Unterhalte noch Nöthige von dem Herrenstifte ergänzte.
Ihre Vorsteherin wurde zwar vom Propste gesetzt / doch gestattete
dieser meistens zur größeren Zufriedenheit der Nonnen/ daß sie
sich selbst ihre Meisterin wählten.
So viel ist von der inneren Verfassung dieses Frauenstiftes
bekannt/ und es ist mehr als wahrscheinlich / daß diese Formen/
so lange das Kloster bestand/ unverändert geblieben sind.
Ob das Kloster und die Kirche desselben schon bey der ersten
Feuersbrunst des Herrenstiftes n58 auch in die Asche gelegt
wurde/ist unentschieden/ eben so das Schicksal desselben bey
dem zweyten großen Brande des Herrenstiftes i3i8: doch gewiß
ist die Einäscherung desselben im Jahre ilyio, da ein Blitzstrahl
den Thurm der Klosterkirche traf/ und das ganze Gebäude/wel-
ches erst im Jahre 1871 neu hergestellt worden war/so zu Grun-
de richtete / daß es erst nach zwey Jahren wieder in den vorigen
Stand gesetzt werden konnte. Propst Albert ließ bey dieser Gele-
genheit/ uw ähnlichen Unglücksfallen vorzubeugen/ Kirche und
Kloster mit Ziegeln decken.
Im Jahre i52g/ als die Türken nach Österreich vordran-
gen/ flüchteten sich die Nonnen nach Paffau / welches ih-
nen viele Unkosten verursachte. Durch diesen Aufwand/ und
die dadurch erfolgte üble Wirthschaft kamen sie in so traurige
Umstände/ daß das Herrenstift sich gezwungen sah/ die weni-
gen Grundstücke/ welche die Nonnen noch besaßen / zu überneh-
men/ und ihnen nebst Brot und Wein/ wöchentlich eine be-
stimmte Summe Geldes/ zu ihrem Unterhalte abzureichen. Die-
ser Vorfall / und die immer mehr um sich greifende Reforma-
tion verminderte die Anzahl der Nonnen so sehr / daß im Jah-
re i544 nur noch 18 Chorfrauen / im Jahre i563 aber nur
mehr 5 Nonnen dieses Kloster bewohnten/ von welchen die letz-
te/^?lp 0llon i a Kirchma y er/ i568 das Zeitliche verließ/
und das Ende dieses Frauenstiftes herbeyführte/ welches ungefähr
Jahre bestanden hatte.
Das Kloster wurde nun nach dem Absterben der Nonnen-
"7
zu verschiedenen'Wirthschaftsgebäuden verwendet/ die Kirche aber
noch bis 1722 erhalten. In diesem Jahre ließ endlich Propst
Ernest den kleinen Thurm derselben abtragen-, die Kirche ent-
weihen/ den unteren Theil zur Presse/ den oberen zu einem Ge-
treidekasten zurichten- und so beynahe die ganze äußere Form die-
ses einstmaligen Gotteshauses verändern.
§» 2.
Von dem regulirten Frauenstifte und nachmali-
gen, jetzt aufgehobenen Franciscaner-Kloster bey
St. Jacob, in derunteren Stadt*).
Bald nach der Entstehung des hiesigen Chorherrenstiftes
mag auch oberhalb der Pfarrkirche St. Martin eine kleine Ca-
pelle zu Ehren des heil. Jacob erbauet worden seyn - denn
schon vor der Entstehung des Nonnenklosters geschieht zwischen
den Jahren 1267 und 1260 dieser Gegend mit dem Nahmen-
St. Jacob / Erwähnung.
Im Jahre 1261 gründete Propst Ni cola us I./ mit
Beystimmung seines Capitels / bey dieser Capelle des heili-
gen Jacob - ein Kloster für regulirte Chorfrauen des heil. Au-
gustin- übergab ihnen den dabeystegenden und dem Herrenstifte
zugehörigen Grund - bestimmte die Zahl der Nonnen auf i3-
führte eine für die damaligen Zeiten ungewöhnlich strenge Clau-
sur ein- und befahl in seinem Stiftungs-Instrumente ausdrücklich-
daß nicht sie selbst- sondern ein Klosterlaienbruder- oder eine
andere fromme Person für sie Almosen sammeln sollte.
Die Nonnen erhielten nun auf ihr eigenes Ansuchen im
Jahr 1263 von Urban I V. die apostolische Bestätigung und
die Aufnahme in den päpstlichen Schutz- und damit der Bau
des Klosters- und die Erweiterung der kleinen Capelle durch
Beyträge und Schenkungen mehr befördert würde-ertheilten
im Jahre 1290 und 129b mehrere Bischöfe allen Besuchenden
Ablässe- welche Bischof Georg von Passau im Jahre i3g5 be-
stätigte- und noch mit einem neuen vermehrte.
Auch die Herzogin Blanka- und Elisabeth-Friedrich
*) Nach Max. Fischer, und dem vom Herrn Stadtpfarrer zu St. Martin?
Frigdian Vlakora, C. R. 6. darüber eingelieferten Berichte.
i 18
des Schönen Gemahlin / gedachten durch kleine Schenkungen
dieses Klosters; doch scheinen dem ungeachtet die Besitzungen
und Einkünfte der Nonnen sehr gering geblieben zu seyn, und
sich nur auf einige Weingarten/ auf ein kleines Bergrecht/ und
ihren Garten beschränkt zu haben/ da ihrer in den Grundbü-
chern nur selten Erwähnung geschieht.
Die klösterliche Ordnung und Einrichtung in diesem Hause
war zuverlässig eben dieselbe/ welche wir in dem vorigen Frauen-
stifte bemerkten / denn da beyde unter der Oberaufsicht ein und
des nämlichen Propstes standen / so mögen sie auch bey Visita-
tionen und Abänderungen in der Disciplin fast immer ein gleiches
Schicksal gehabt haben.
So lebten sie ruhig und stille / dienten eifrig und unermü-
det dem Herrn/ und ernährten sich von den wenigen Grundstü-
cken und dem gesammelten Almosen/ welches ihnen fromme Leute
zu Theil werden ließen/ohne daß die Geschichte von ihnen Etwas
zu erzählen wüßte. Im Jahre 1422 finden wir die Nachricht
aufgezeichnet / daß Johann von Bertholdsdorf/ Chorherr
von Klosterneuburg / in Gegenwart des Pfarrers zu St. Mar-
tin/ Johann Wayez / auf den Befehl des Propstes Georg I.
ihr Kloster visitirte/ da die Klage zu ihm gedrungen war/ daß
die Nonnen den klösterlichen Satzungen nicht ordentlich nachleb-
ten. Damals bestand das Convent nur mehr aus 4 Nonnen/die
schon so weit herabgekommen waren/ daß sie selbst ihre Urkunden
nicht mehr vorfanden / weil sie diese entweder aus Nichtkenntniß
und Nachlässigkeit verloren/ oder aus Noth hintangegeben hatten.
Im Jahre 1428 verringerte sich die Zahl der Nonnen noch
um eine Person / und ihr Haus war so verfallen/ daß die schleu-
nigste Herstellung nöthig wurde. Allein ihre Armuth erlaubte
ihnen rucht den Bau zu vollenden. Wendelmut/ die Mei-
sterin/ und die beyden noch übrigen Schwestern/D 0 r 0 th e a
und Marg areth/ verpfändeten daher ihren Weingarten für
Lo Pfund Wiener-Pfennige der alten schwarzen Münze/und ver-
siegelten diesen Brief mit Propst Georgs I. Jnsiegel/ weil
sie ihrem eigenen Geständnisse zu Folge „grabnes Jnsiegles" nicht
mehr besaßen. Diese. Dürftigkeit war keinesweges geeignet/ ihr
Vorhaben zu beendigen/ und die Vollendung des Baues nach
"9
Wunsche zu befördern/ vielmehr scheint das Elend immer größer
angewachsen/ und darum dieses Kloster verlassen worden zu
seyn/ denn in dem bereits genannten Jahre geschieht der Non-
nen zum letzten Male Erwähnung. Ob sie aufgehoben/ oder in
ein anderes Kloster übergetreten/ oder daselbst verstorben sind/
läßt sich bey dem gänzlichen Mangel schriftlicher Beweise keines-
wegs mit Gewißheit entscheiden.
Von dieser Zeit blieb das Kloster durch beynahe 20 Jahre
ohne Bewohner/ und fiel als vormaliges Eigenthum wieder
dem Chorherrenstifte anheim / aus dessen Händen es dann spä-
terhin die Ordensbrüder des heiligen Franciscus
erhielten.
Der heilige Johann von C a p i st r a n verkündigte näm-
lich um die Mitte des fünfzehnten Jahrhundertes in Österreich
das Wort des Glaubens. Da er nicht nur in Wien / sondern
auch auf Ansuchen des Propstes Simon II. zuKl 0 sterneu-
burg das Evangelium mit vielem Beyfalle predigte/ so schenk-
te ihm Simon II. für seine Ordensbrüder das verlassene Non-
nenkloster zum heiligen Jacob/ und Capistran besetzte dasselbe
noch im Jahre i45i nach dem Wunsche des Propstes/ mit Fran-
ciscanern/ nachdem der Diöcesan-Bischof/ und Ulrich/ der Dom-
dechant von Passau / ihre Einwilligung zu dieser Errichtung er-
theilet hatten.
Nicht lange besaßen diese frommen Ordensmänner das Klo-
ster/so traf sie schon das Unglück/im Jahr 1477/ als die Ungarn/
unter rhrem Könige Mathias Corvinus/ Klosterneuburg
bestürmten/ durch die ausgebrochene Feuersbrunst ihre Kirche zu
verlieren. Sie mußten daher dieselbe in den darauf folgenden Jah-
ren wieder erneuern/ und erst im Jahre i5i2 haben sie es da-
hin gebracht/ daß die feyerliche Einweihung der Kirche und der
in selber befindlichen acht Altäre durch den Weihbischof von Pas-
sau/ Bernhard / vor sich gehen konnte.
Noch trauriger als im Jahre 1477 war das Schicksal die-
ses Klosters 1629 bey dem ersten Einfalle der Türken in Öster-
reich/ bey welchem die untere Stadt zu Klosterneuburg ganz in
die Gewalt des Feindes gerieth/ und von ihm geplündert und
120
abgebrannt wurde. Die Franciscaner hatten ihr Kloster an die-
sem unglücklichen Tage noch nicht verlassen/ sie wurden also
von dem erbitterten Feinde aus selbem verjagt / das Kloster in
Flammen gesetzt/ alles zertrümmert/ und drey ihrer Ordensbrü-
der/ nähmlich P. Ladislaus von Waidhofen/ P. Sigismund
von Heilbrunn / und der Laienbruder/F. Leo Pichl/ von den
Türken ermordet.
Obgleich nach dem Abzüge der Barbaren das Ktostergebäude
durch die Unterstützung edler Menschen bald wieder aus der Asche
emporstieg / so ging es leider! doch schon wieder im Jahr i(k>2
bey jener großen Feuersbrunst/in welcher die untere Stadt 270
Häuser verlor/ aufs neue in Rauch auf/ und nur ein kleiner
Theil blieb von den Flammen verschont.
Auch dieses Mal erhob es sich durch gesammelte Beyträge
bald wieder aus den Ruinen / und hatte sich schon so ziem-
lich von diesem Unglücke erhohlt/ als der zweyte schreck-
liche Einfall der Türken in Österreich im Jahre i685
neues Elend und neuen Jammer über diese armen Klosterbe-
wohner verbreitete. Die feindlichen Horden bemächtigten sich
nähmlich abermat der unteren Stadt Klosterneuburg/ steckten
selbe in Brand/ und verwandelten dadurch mehr als 3oo Häu-
ser / nebst der Pfarrkirche zu St. Martin/ und dem Kloster der
Franciscaner in Asche.
Durch diese Verheerung war das ganze Gebäude bis auf
den Grund zerstört/ und nur sehr langsam würde es wieder zu
seiner vormaligen Gestalt zurückgekehret seyn / wenn nicht die
hiesigen Ordensbrüder durch die besondere Freygebigkeit der Grä-
f}it/ Maria Susanna St. Julien/ welche ihnen die
nöthigen Ziegel und Steine schenkte/ in den Stand gesetzt wor-
den wären/ im Jahre 1684 einen neuen Bau zu beginnen/
zu welchem PropstS e b ast i a n von Klosterneuburg am2 2.Juny
den Grundstein in die Erde versenkte.
Im Jahre 1699 ward dieses neu hergestellte Convent zum
Sammelplätze der damals alle drey Jahre gewöhnlichen Ordens-
Provinzial-Capitel einhellig bestimmt/ und in dieser Absicht durch
die Freygebigkeit der Fürstin D 0 rot h e a vonDi etr ich st e iN/
Md von den zusammengeschossenen Beyträgen eines jeden einzelnen
Ordenshauses im 1.1780 ein neuerTract Zimmer hinzugebauet/
der den für die Ankommenden nöthigen Raum umfassen sollte.
Eben um diese Zeit mag auch die Kirche mit einem neuen
Hochaltargezieret worden seyn/ denn im Jahre 1782 wurde die-
ser nebst allen Seitenaltären / vom wienerischen Suffragan/ Jo-
seph Breitenbucher/ neuerdings eingeweihet. Gleiches Schicksal
hatte auch der sogenannte Kreuzaltar in der Todten-Capelle/ des-
sen im Jahre i54o Meldung geschieht. In dieser Capelle befan-
den sich auch zwey Grüfte/ die eine für die Geistlichen / die an-
dere aber für weltliche Personen/ deren Gebrauch aber schon vor der
Aufhebung des Klosters untersagt worden war. In der Schatz-
kammer der Kirche wurde unter anderen Seltenheiten ein Kelch
aufbewahret/ dessen sich der heilige Johann vou Capistran/ dem
sie ihr hiesiges Daseyn zu danken hatten, bey der heil. Messe
zu bedienen pflegte. In diesem Kloster befand sich auch das Studium
der Moral-Theologie für die jüngeren Mitglieder des Ordens *)»
Bis zum Jahre 1784 bewohnten die Ordensmänner des
heiligen Franciscus das hiesige Kloster/ und dienten einem je-
weiligen Stadtpfarrer von St. Martin willig als Cooperato-
ren in den Geschäften der Seelsorge. Im obbenannten Jahre
aber traf auch sie gleich vielen anderen das traurige Loos / aus
ihrem gewohnten stillen Wirkungskreise und sorgloser Unbefan-
genheit in das Getümmel der Welt und ängstlicher Sor-
gen für ihre Bedürfnisse geworfen zu werden. Sie verließen da-
her am Portiuncula-Feste/ welches sie noch mit einem feyerlichen
Hochamte begingen / an der Zahl 21 Mitglieder ihre Behau-
sung / die bald darauf in eine Zucker-Raffinerie verwandelt/und
als diese nach einigen Jahren wieder aufgehört hatte/ beynahe
gänzlich abgebrochen / und nun gegenwärtig als ein Privat-Ei-
genthum zu verschiedenen Baustellen verwendet wird»
tz. 3.
Von der Residenz der Dominicaner, beySt. K u-
negund in der oberen Stadt.
Schon zu Ende des dreyzehnten Jahrhundertes stand un-
fern des Frauenklosters Maria Magdalena eine Capelle/ die der
*) P. Placidus Herzog: Cosmographia Austriaco-Franct^cana, pag.355,
woraus diese Nachrichten genommen wurden.
122
heiligen Kunigunde geweihet war. Der Stifter dieser Ca-
pelle ist eben so wenig/ wie die Zeit ihrer Erbauung bekannt/
auch haben sich bis auf unsere Zeiten nur einige Überbleibsel in
dem sogenannten Geschirrhofe des Stiftes erhalten.
Bey dieser Capelle hatten nun in den letzten Jahren des
obgedachten Jahrhundertes die Ordensbrüder des heil.
Dominicus eine kleine Residenz für einige Geistliche errich-
tet/ die in jenem kleinen Gotteshause zugleich die ihnen oblie-
genden Pflichten der Andacht und Frömmigkeit ausübten. Wer
sie nach Klosterneuburg berief/ von wem / uud unter welchen
Bedingungen sie die .Capelle erhielten/ist gleichfalls in den dunk-
len Schleyer der Vergessenheit gehüllt. Genug/ daß ihr Daseyn
außer Zweifel gesetzt ist/ und ihr hiesiger Aufenthalt für das
Chorherrenstift eben nicht die erfreulichsten Wirkungen äüßerte.
Kaum waren sie nämlich etliche Jahre zu Klosterneuburg/so
verwandelten sie den Privat - Gottesdienst/ den der hiesige Propst
ihnen erlaubt hatte/ in einen öffentlichen/ nahmen die Beichte auf/
erweiterten ihrGebäude/ errichteten neueAltäre/ und forderten noch
überdieß/ daß ihnen das Stift die nöthigen Bau-Materialien zu
ihrer Wohnung verschaffen sollte. PropstHadm a r verwies ih-
nen diese Eingriffe in seine Rechte / da sie aber dem ungeachtet
fortfuhren/ pfarrliche Verrichtungen auszuüben/ so nahm er
ihnen die Kirchenkleidung hinweg.
Darüber führten nun die Dominicaner bey BischofBern-
h ard zu Passau Klage / der dann selbst nach Klosterneuburg
lernt/ und im Jahre i5oo einen Spruchbrief ausfertigte/ ver-
möge welchem der Propst die Kirchenkleidung zurückgeben / und
.den Dominicanern ein halbes Fuder Wein zur Sühnungsgabe
zustellen/ diese hingegen sich verpflichten mußten/ weder neue
Altäre zu errichten/ noch ihr Gebäude zu erweitern/ noch die
Beichte aufzunehmen/ und das Stift mit dem Marschall von Lan-
denberg / der bey dieser Gelegenheit demselben abhold geworden
war/ wieder auszusöhnen.
So schlichtete Bischof Bernhard diesen heftigen Streit zur
Zufriedenheit beyder Parteyen / und brachte es durch sein klu-
ges Benehmen dahin./ daß von nun an beyde Theile im Frie-
den mitsammen lebten / den keine fernere Mißhelligkeit störte.
125
Wie lange der 'Aufenthalt dieser Ordensgeisttichen bey St.
Kunigund wahrte, läßt sich keinesweges mit Gewißheit bestim-
men. Schon in den beyden 'Ablaßbriefen/ die einige Bischöfe im
Jahre i3oo und i3q2 dieser Capelle ertheilten / geschieht ihrer
garnicht Erwähnung/ obschon man mit Gewißheit annehmen
darf/ daß sie wenigstens bey Ertheilung des ersteren noch daselbst
wohnten. Länger aber/ als bis zum Jahre i34o wird er Wohl
auf keinem Falle gewähret haben / weil schon im Jahre 1842
ein Weltpriester als Caplan der St. Kunigundis-Capelle erschei-
net. In der Mitte des vierzehnten Jahrhund.ertes machte Gun-
d 0 l d Tu tz/ ein reicher Bürger zu Klosterneuburg/ eine Stiftung
für arme dürftige Frauen/ die sich in dem leerstehenden Gebäude
der Dominicaner niederließen/ und zugleich die ihnen nahe lie-
gende Capelle St. Kunegund besorgten. Diese Stiftung bestand
in einigen liegenden Gründen/ die späterhin/ weil sich diese
Frauen durch ihre fast klösterliche Lebensart einen guten Ruf
erwarben/ mit anderen Schenkungen und Gutthaten vermehret
wurden.
Zu Anfange des fünfzehnten Jahrhundertes wurde diese
Stiftung/ die auch öfters unter dem Nahmen eines Klosters
oder Seelhauses vorkömmt/ aus unbekannten Ursachen/
vielleicht weil der Raum für die Bewohner zu klein wur-
de/ in das sogenannte Langhaus in der unteren Stadt versetzt.
Im Jahre 1464 wurde ihr Besitz mit einem halben Joch Wein-
garten vermehret/ im Jahre 1477 erkauften sie sich einen Berg-
recht-Dienst/ und erhielten sich auf diese Art immer in gutem
Stande.
Als aber bey der ersten türkischen Belagerung die untere
Stadt und auch das Langhaus in Asche verwandelt wurde / und
ihr Vermögen nicht mehr hinreichte/ das Stiftgebäude neu zu er-
bauen / so wurde die ganze Stiftung zum Bürgerspitale gezo-
gen/ und die Frauen mit selbem vereiniget.
Was nach dem Abzüge dieser Tutz'schen Sriftlinge mit der
Kunigundis-Capelle geschah/ ist nicht zu enträthseln/ denn aus
den noch vorhandenen Umfangsmauern läßt sich keinesweges ab-
nehmen/ ob sie durch eine Feuersbrunst/ oder nur durch den al-
tes zernagenden Zahn der Zeit/ diese Zerstörung erlitten habe.
124
§* 4.
Von den beschuhten Augustinern in der oberen
Stadt.
Die Herzoge At b r e ch t und O t t o von Österreich/ Stif-
ter der Augustiner zu Korneuburg/ und vorzügliche Gönner
dieses Ordens/ bewohnten zuweilen ihre Burg zu Klosterneuburg/
und dieses mag Gelegenheit gegeben haben/ daß sich die Au-
gustiner unweit dieser Burg niederließen.
Diese Ansiedelung fallt in das Jahr i3o4/ in welchem das
Convent der beschuhten Augustiner/ welches ihr Kloster bey St.
Johann in der Leopoldstadt hatte / in der Kieslinggaffe zu Klo-
sterneuburg ein Haus erkaufte. Sie mußten bey dem Ankäufe
dieses Hauses/ welches sie als Residenz bezogen/ zwar einen
Revers ausstellen/ daß sie es weder vergrößern/ noch ein öffent-
licheres Bethhaus bey selbem errichten werden / allein sie scheinen
bald darauf durch den Herzog Albrecht den Weisen ein ansehn-
licheres Gebäude erhalten zu haben / weit im Jahre 1847 König
Ludwig von Ungarn/ als der Herzog ihm zu Ehren öffentliche
Feste zu Klosterneuburg gab/seine Wohnung bey den Augustinern
aufschlagen konnte.
Von den Schicksalen dieses Ordenshauses ist nur so viel be-
kannt/ daß es im I. 1461 noch in seiner Blüthe war; ob aber
diese Residenz späterhin als ein eigentliches Klöster betrachtet/ oder
nur als ein von dem Convente zu Wien oder Korneuburg ab-
hängiges Haus behandelt wurde/ welchem Schutzheiligen ferners
ihr Gotteshaus gewidmet/ ob es eine öffentliche Kirche gewor-
den ist/ oder nur/ ihrem Ursprünge gemäß / eine Haus-Capelle
blieb/ dieß läßt sich bey dem gänzlichen Mangel der sie betref-
fenden Urkunden gar nicht entziffern/ nur so viel ist uns bekannt/
daß im Jahre i8o4/als auf dem Platze dieser einstmaligen Au-
gustiner-Residenz ein neues Gebäude aufgeführet wurde/ bey dem
Eröffnen der Grundfeste eine Gruft entdecket ward/ in der meh-
rere Menschengebeine sich vorfanden.
Wie lange diese beschuhten Augustiner zu Klosterneuburg
bestanden haben/ auch darüber gibt die Geschichte keine genügen-
de Antwort/ vermuthlich dauerte aber ihr Aufenthalt nur bis zur
ersten türkischen Belagerung i52g/ weil von dieser Zeit an der
Augustiner ferner nicht mehr erwähnet wird.
i
125
§• 5.
Von der s ch ö n e n, oder m a r m o r st e i n e r n e n Capelle
des heiligen Johann des Täufers, in der oberen
Stadt.
Da Herzog Leopold der Glorreiche öfters zu Klo-
sterneuburg wohnte, so ließ er sich neben dem vom heil. Leopold
erbauten Fürstenhoft eine Hofkirche ganz nach orientalischem Ge-
schmacke, den er in Palästina gesehen hatte, aufführen. AlleS
verrieth von innen und außen die gothische Bauart, das hohe
spitzig zulaufende Gewölbe ruhte auf prächtigen Säulen, die auch
dem Chore zur Stütze dienten. Die Wände und der Chor wa-
ren im Innern stark mit Marmor beleget, die hohen Fenster mit
gläsernen Scheiben geziert, welche nach der damaligen Sitte
mit verschiedenen Bildern bemahlet waren, und die ganze Dachung
bestand aus zinnernen Schindeln.
Beyläufig um das Jahr 1220 wurde zu diesem Baue der
Anfang gemacht, und nach Verlauf von zwey Jahren weihte
Bischof Gebhard von Passau diese neue Kirche nebst dem schönen
Altare zu Ehren Johannes, des heiligen Vorläufers Christi. Her-
zog Leopold bestellte nun zu dieser seiner Hof-Capelle einen
Weltpriester , der in ihr den Gottesdienst verrichten sollte, und
begabte sie zu diesem Ende auch mit liegenden Gründen.
Seinem Beyspiele folgten mehrere edelgesinnte fromme
Männer, und das neue Gotteshaus fand mehrere Wohlthäter,
unter denen vorzüglich Herzog Friedrich der Streitbare,
König Ottakar von Böhmen, und Herzog Albrecht I.
von Habsburg, Erwähnung verdienen. Der letztere schenkte der
Capelle nicht nur einen ganzen Bauernhof, sondern überließ auch
dem Glasermeister Gebhard im 1.1291 denGenuß einiger Wein-
gärten, damit er die gemahlten Fenster dieser Kirche immer
in gutem Stande erhalten sollte.
Bis zum Jahre i5i8 blieb diese Capelle in ihrer ersten
schönen Gestalt. Damals aber ging bey dem großen Brande, der
das benachbarte Chorherrenstift zerstörte, auch das zinnerne
Dach, und ein großer Theil der gemahlten Fenster zu Grunde.
Die Kirche wurde zwar wieder hergestellt, das Dach aber könn-
126
te der Kosten wegen / nicht mehr mit Zinn eingedecket werden/
und verlor daher viel von seiner vorigen Pracht und Zierde.
Als aber die nachfolgenden zu Klosterneuburg verweilenden Re-
genten Österreichs nicht mehr in dem Fürstenhofe/ sondern Ln
der am Ende der Stadt von Albrecht I. von Habsburg erbauten
herzoglichen Burg/ ihre gewöhnliche Wohnung aufschlugen ; spä-
terhin auch die Herzoge Albrecht II. und Otto im Jahre'
i338 zu Korneuburg Augustiner mit weiten Ermeln (de larga
manu) stifteten / denen das hiesige Chorherrenstift die dortige
Gottleichnams-Capelle zu ihrem Gebrauche gab: so schenkten bey-
de Herzoge im I. i33g diese marmorne Johannes-Capelle sammt
dem Patronatsrechre/ und allen dazugehörenden Besitzungen
dem Stifte. Albert/ Bischof von PaffaU/ bestätigte diese Schen-
kung noch im nämlichen Jahre / incorporirte nach dem Willen
der Herzoge diese Capelle dem Chorherrenstifte/ und Propst Or-
tolph bestellte einen Stiftsherrn zum Caplan dieser Kirche/ der
täglich in selber Messe lesen/ und zugleich die Einkünfte verwal-
ten mußte.
Aus den Ablaßbriefen/ die verschiedene Bischöfe dieser Ca-
pelle ertheilten/ erhellet/ daß schon zu dieser Zeit nebst dem
Hauptaltare des heil. Johannes/ auch ein Seitenaltar zu Ehren
Mariens errichtet worden war/ zu dem Heinrich der Teufel ein
ewiges Licht stiftete. Propst Bartholomäus bestellte mit Hülfe
anderer Gutthäter im Jahre 1404 einen Weltpriester als Bene-
fiziaten / der bey demselben in jeder Woche fünfmal das heili-
ge Meßopfer verrichten mußte. Späterhin folgte diesem Seiten-
altare noch ein anderer zu Ehren des heil. Stephan.
Schon zu Propst Colomanns Zeiten (1871—i5g4) war
der Stifts-Dechant Verweser dieser Capelle/ obgleich in der Fol-
ge jeder der drey Altäre einen eigenen Benefiziaten erhielt/
die zwar als Weltpriester ihre eigene Wohnung in der Stadt be-
saßen / doch der Aufsicht des Propstes untergeben blieben. Un-
glücksfälle mancher Gattung/ die über Klosterneuburg herein-
brachen/ und vorzüglich der Einfall der Türken / scheint diesen
Stiftungen so großen Schaden verursachet zu haben/ daß sie nach
und nach aufhören mußten. Schon im Jahre j.545 waren sie
durch 40 Jahre unbesetzt.
127
In den neuern Zeiten würden die am Donnerstage gewöhn-
lichen Frohnteichnams-Proceffionen hieher geführt/ und täglich
allda das heil. Meßopfer für die österreichischen Herzoge verrich-
tet/ bis endlich im Jahre 1767 diese Kirche als eine Privat-Ca-
pelle geschloffen wurde. Im Jahr i79gließ sie der kaiserliche Hof
sorgfältig abtragen / und in das Lustschloß Laxenburg übersetzen /
wo sie in dem Ritterschloffe zur Capelle verwendet wurde.
§. 6.
Von den übrigen Capellen zu Klosterneuburg.
Als durch die Frömmigkeit und Andacht der hiesigen Be-
wohner einige geistliche Bruderschaften oder Zechen für from-
me Zwecke entstanden^ so warfen zwey derselben/ nähmlich die
Bürger- und Kreuzzeche auch ihr Augenmerk auf die verfallene
Capelle im Fre yd hofe/ neben und in der sie ihre verstor-
benen Mitbrüder beerdigen ließen *).
Diese Capelle mag schon in den frühesten Zeiten des Stif-
tes erbauet worden seyn/gerieth aber durch die Länge der Zeit
so sehr in Verfall / daß selbst die in der Capelle gestifteten Mes-
sen nicht mehr abgehalten werden konnten. Die Brüder der
obgenannten Zechen vereinigten sich daher/' und bathen den
Propst Georg I. um die Erlaubniß/ diesen alten Karner
(Beinhaus-Capelle) abbrechen/ und neu erbauen zu dürfen.
Gerne bewilligte ihnen der Propst ihr Gesuch/ und wies ih-
nen dazu auf dem Leichenhofe einen bequemeren Platz an. So ent-
stand imJahr 1421 die neue Freydhof-Capelle/ in welcher dann
vermöge der alten Stiftungen täglich eine Messe und andere An-
dachtsübungen/ unter der Aufsicht eines jeweiligen Stiftspfarrers
gehalten wurde / der dafür 16 Pfund Pfennige erhielt.
Als im Jahr 1624 durch Propst Andreas/ und durch
die Mitwirkung des kaiserlichen Rathes/ Melchior Reich/
zur Abwendung der Pest/ die Sebastians-Bruderschaft errichtet
wurde/ übergab ersterer di^se Capelle/ die vermuthlich nicht mehr
im blühenden Zustande war/ dieser neuerrichteten Zeche zu ih-
rem Gottesdienste / und die Brüder besorgten alles Nöthige aus
') AuS dem P fapr-Diarium der oberen Gtadtpfarre zu Klosterneuburg.
128
einer gemeinschaftlichen Casie, die durch wohlthätige Beytrage
bald zu liegenden Gründen gelang.
Unglücksfätte/die manche fromme Stiftungen zu Grunde
richteten / trafen auch diese/ und da sie sich nicht mehr erhohlte,
so wurde diese Sebastians-Capelle unter Kaiser I o s e p h II. ge-
schlossen/ im Jahr 1799 aber abgebrochen/ und gleichfalls zum
Bau in Laxenburg verwendet.
Unter dieser Capelle befand sich eine andere / die im Jahre
i5o8 von Bernhard/ Weihbischofe zu Passau/ der heil. Hele-
na zu Ehren geweihet/ und von ihm und anderen Bischöfen
und Cardinälen nnt Ablässen beschenkt wurde. Sie war zum
Trauer-Gottesdienste für die Verstorbenen bestimmt. Propst A m-
b ro s (ch 1781) ließ späterhin den Altar dieser Capelle abbrechen/
und die ganze Capelle zur Stiftsgruft umformen/ in der noch
heutiges Tages die verstorbenen Chorherren des Stiftes ihre
Ruhestätte finden.
Herzog Albrecht!, von H a b 6 b u r g erbaute in Klo-
sterneuburg eine neue Burg / und errichtete in selber auch eine
Capelle zu Ehren des heiligen A ch atitts und seiner Mitmärte-
rer. Erzbischof Rudolph von Salz bürg beschenkte sie schon
im Jahr 1288/ bevor sie noch ihre gänzliche Vollendung erreicht
hatte/ mit einem Ablasse. Als aber die letzte Hand angelegt wor-
den war/ übergab sie der Herzog und seine Gemahlin dem Stif-
te/ damit durch einen Chorherrn der Gottesdienst in selber im-
mer verrichtet würde. Bischof Bernhard von Paffau/ der i. I.
1297 nach Klosterneuburg kam/ bestätigte diese Einverleibung
durch eine eigene Urkunde.
Ober dieser Capelle entstand späterhin eine zweyte mit ei-
nem Altare zu Ehren der heil. Anna. BeydeCapellenließHer-
zog Rud 0 lph IV. im Jahr i362 durch den Weihbischof von
Passau/ Wolfgang/ aufs neue weihen/und erhielt für sie
abermals Ablässe.
Als Erzherzog Ferdinand I; die ganze Burg im Jahre
i538 den hiesigen Bürgern schenkte/so verwendeten sie dieses
12A
Gebäude zu einem Zeughause und Getreidkasten / und machten
wahrscheinlich dadurch diesen beyden Capellen ein Ende.
h. 7.
Von dem Stiftöspitale, außerhalb dem Wiener-
thore der oberen Stadt.
Sobald Leopold der Heilige das Stift Klosterneuburg ge-
gründet hatte / dachten die weltlichen Chorherren/ nach dem milden
menschenfreundlichen Geiste der damaligen Zeit/ alsogleich auf
die. Errichtung eines eigenen Hauses / worin hey den oftmali-
gen Zügen in das gelobte Land / die Kreuzfahrer und Pilger
beherberget und verpfleget werden könnten. Sie erbauten daher
in einiger Entfernung vom Stifte ein Hospital nebst einer
Kirche/ und bestellten aus ihrer Mitte einen Chorherrn / der
die Besorgung der Pilgrime auf sich nehmen mußte. Swarzo
war der erste Chorherr / der dieses Geschäft übernahm / und
sich durch treue Sorgfalt besonders auszeichnete.
Schon damals besaß dieses Hospital eigene Weingärten;
und in der Kirche desselben befanden sich zwey Altäre/ deren
einer dem Andenken des heil. Gotthard / der andere aber der
heil. Gertrud gewidmet war/ die gleichfalls in der Folge meh-
rere Schenkungen erhielten. Um die Kirche befand sich auch
schon ein eigener Gottesacker / wo nicht nur die Pilger / son-
dern auch vornehme Personen auf ihr Begehren begraben
wurden.
Als im I. n33 regulirte Chorherren das hiesige Stift
übernommen hatten/ so versahen diese / gleich ihren Vorfahren/
mit ,Wer. und Sorgfalt das errichtete Hospital / und nahmen
in dasselbe / als die Kreuzzüge aufhörten und die Pilger sel-
tener kamen / alte gebrechliche Leute auf/ wodurch dieß Haus
zu einem ordentlichen Spitale wurde / über das ein Priester/
der den Nahmen Huspitalensis ^ Ilospitalarius, oder Spi-
talmeister führte / als Vorsteher gesetzt war / der nicht nur die
Aufsicht über. die Verwaltung der dazu gehörigen Gründe und
der übrigen Einkünfte führte- sondern auch für das Seelenheil
dieser armen Menschen Sorge trug / indem er ihnen den christ-
lichen Unterricht und die heil. Sacramente ertheilte.
Topogr. v» I. Abth. 3
i5o
In der Mitte des 14. Jahrhundertes verband der Spital
meister mit diesem Amte auch zugleich die Aufsicht über die
kranken Stiftsgeistlichen/ die bey pestartigen oder anderen ge-
fährlichen Krankheiten aus dem Stifte Ln das Spiral gebracht
wurden, wo ein eigenes Gebäude, das man die Jnfirmarie
(Krankenhans) nannte/ für sie, errichtet worden war. Dabey
erbaute nun Propst O rtolp h (ch 1871) zu Ehren der heil.
Barbara eine Capelle / und stellte einen eigenen Weltpriester
dahin / der täglich den Kranken Messe lesen mußte.
Wenn die Geschäfte sich oftmals gar zu sehr häuften / so
erhielt der Chorherr / der jetzt auch Infirmarius und Siechmei-
ster genannt wurde/ einen weltlichen Gehülfen / der den Titel
Amtmann führte, die Streitigkeiten bey Eintreibung der Spi-
talrenten auf sich nahm / und die Sorge für die Armen und
Kranken mit dem geistlichen Vorsteher theilte.
So blieb die Einrichtung dieses Spital - und Kirchenamtes
bis zur ersten Ankunft der Türken/ die im I. 1629 bey ihrem
Anzuge gegen die hiesige Stadt das Spital rein ausplünderten/
und in Brand steckten. Nach ihrem Abzüge wurde freylich das
Spital wieder hergestellet / aber die Jnfirmarie nebst der Ca-
pelle wurde nicht mehr errichtet/ sondern für die von der Pest
ergriffenen Geistlichen im Garten des Stiftes ein Haus gebauet/
welches sie während ihrer Krankheit bewohnten.
Als die Türken im I. i6Ü3 zum zweyten Mate nach Klo-
sterneuburg kamen/ erfuhr das Stiftsspital das nämliche trau-
rige Schicksal. Es wurde zwar gleich wieder aufgebauet/ allein die
dabey befindliche Capelle der heil. Gertrud konnte erst im I.
1700 vollendet werden / und dienet noch gegenwärtig zum Got-
tesdienste für die daselbst wohnenden Menschen.
Heut zu Tage werden in diesem Spitale arme Stiftsun-
terthanen verpfleget / denen jetzt ein eigener , aber weltlicher
Spitalmeister vorgesetzt ist.
§. 8.
Von dem B ü rg e rsp i Lal e.
Schon zu .jener Zeit/ als noch Klosterneuburg und Kor-
neuburg vereiniget waren / bestand hier ein Haus für arme/
i5i
alte und preßhafte Leute / dessen schon im I. 1263 Erwähnung
geschieht / wo es bereits einige liegende Gründe zum Un-
terhalte besaß. Diese vermehrten sich aber durch die Mildthätig-
keit der Bürger so merklich / daß bald eine größere Anzahl
Pfründler in selbem erhalten werden konnten.
Weil nun für diese alten gebrechlichen Leute sowohl die
Stiftskirche / als auch die Pfarrkirche St. Martin zu beschwer-
lich gelegen waren/ so suchten die hiesigen Bürger zu Rom um
'die Erlaubniß an/ in ihrem Spitale eine eigene Kirche errich-
ten zu dürfen. Als sie diese durch die Bemühung eines gewissen
Johann Jungs/ der deßhalb eigens nach Rom reiste/ und
dafür von den Bürgern Z00 Gulden als Lohn erhielt/ wirk-
lich erhalten/ und schon den Bau angefangen hatten/ kam es
deßwegen zwischen den Bürgern und dem Propste des Chor-
herrenstiftes Rudw i n (ch 1649) zu einigen Streitigkeiten weil
dieser dadurch einen Eingriff in die pfarrlichen Rechte befürchtete.
Beyde Theile wendeten sich nun an Herzog Albrecht II. der
den ganzen Streit untersuchte/ und dann im I. i344 zwischen
dem Stifte und den Bürgern einen schriftlichen Vergleich zu-
wege brachte / in welchem das künftige Verhältniß der Spital-
capelle zur StiftS- und Pfarrkirche genau bestimmt/ und dem
Propste aufgetragen wurde / einen Chorherrn zu ernennen / der
gegen eine Pfründe von 10 Pfund Wienerpfennigen täglich in
der Spitalkirche die Messe lesen/ und alle Pfarrsacramente vom
Stifte dahin tragen sollte. In diesem Spruchbriefe wurden zu-
gleich auch die Einkünfte aufgezählet / die das Spital damals
an Äckern / Weingärten und einigen Geldrenten bezog/ und
die schon ziemlich bedeutend waren.
Die Kirche wurde nun nach Beylegung dieses Zwistes
bald vollendet/ und dem obigen Vergleiche gemäß / nur mit ei-
nem einzigen Altare versehen. Als daher im I. i36i Wisent
auf dem Anger und seine Hausfrau Christina/ zum Besten
der armen Leute einen zweyten Altar errichteten / mußten sie
dem Stifte einen Revers ausstellen / daß die Errichtung die-
ses Altares an dem mittleren Pfeiler der Kirche / dem Vergleiche
in keinem Theile zu nahe treten sollte.
Bey dem ersten türkischen Einfalle wurde das Spital
lS2
sammt der Kirche in Asche gelegt. Um daher die Kosten der Wie-
dererbauung bestreiten zu können / scheinen die Vorsteher dieses
Spitales, das hieher gehörige Langhaus / (dessen wir schon
oben §. 3. bey Gelegenheit der armen Frauen zu St. Kune-
gund erwähnten), hinweggegeben zu haben/ nachdem sie das Ver-
mögen dieses Hauses/ das in liegenden Gründen bestand/ zum
Bürgerspital geschlagen / und demselben dadurch einen bedeuten-
den Zuwachs verschafft hatten.
Als die Türken das zweyte Mal nach Klosterneuburg ka»
men / wurde Kirche und Spital abermals in Brand gesteckt und
verwüstet. Nach ihrem Abzüge wurde nur der größere Theil der Ca-
pelle wieder hergestellt/ weil sonst die Verwaltung nicht im Stande
gewesen wäre/ die gleichfalls zerstörten Wohnungen der Armen
aufzubauen ; deßwegen mögen nun die geistlichen Verrich-
tungen dort ihr Ende erreichet haben.
Im I. 1808 wurde diese schon seit längerer Zeit dem heil.
Urban gewidmete Capelle entweihet und verkauft. Gegenwärtig
ist sie zu einer chemischen Productenfabrik umgestaltet; das
übrige Gebäude aber für verarmte Bürger eingerichtet. Dieses
Bürgerspital besitzt noch gegenwärtig eigene Capitalien/ einen
Wald bey Kierling / einige Wiesen / zwey Zehenten / einen
Obstgarten und ein eigenes Grundbuch. Alle diese Einkünfte
werden unter der Aufsicht des jemaligen Stadtpfarrers und eines
eigenen. Verwalters zum Besten verarmter / unglücklicher
Bürger verwendet.
§. 9*
Von dem Dienstb othen-Spitale *).
Im Jahre i8i3 wurden durch die Thätigkeit des vor we-
nig Jahren verstorbenen hiesigen Bürgers und Kaufmannes
Leopold Koppreiter/ und den vereinten Beystand des
Hrn. Stiftspfarrers Alb in B u k 0w s k y/ zwey Zimmer im
hiesigen Bürgerspitale zu einem Dienstbothen - Spitale ver-
wendet. Es gelang ihnen/ die Bürger der hiesigen Stadt für
dieses edle Unternehmen so empfänglich zu machen/ daß diese sich
*) Nach den mitgetheilten Nachrichten der hiesigen Stiftspfarre.
i55
freywillig erbothen/ so lange wohlthätige Beyträge zu leisten,
bis ein eigener hinreichender Fond errichtet seyn würde. Dadurch
ging nun das wohlthätige Werk so rasch von Statten, daß gegen-
wärtig schon 6 vollständige Betten, und alle nöthigen Spital-
requisiten vorhanden sind, eine eigene Krankenwärterin besoldet
wird, und schon viele kranke Dienstbothen gepfleget werden
konnten. Die ganze Anstalt steht unter der Aufsicht des jedesma-
ligen Stiftspfarrers, des Districtsarztes, und eines Verwalters.
Am meisten machten sich um die Beförderung dieses menschen-
freundlichen Unternehmens verdient : Frau F r a n cisca
Mayer, gebor ne von Herowitsch, Gemahlin desHrn.
Hofrichters im Stifte, welche als Vorsteherin des so wohl-
thätigen Frauen-Vereins dem Dienstbothen-Spitale alljährlich
mit einer bedeutenden Summe zu Hülfe kömmt; und dann: der
Hr. Doctor und Districtsarzt Sebastian edler vonTas-
sa ra, der nicht nur jede ärztliche Hülfe unentgeltlich zu leisten
bereit ist, sondern auch alle Jahre einen bestimmten Geldbey-
trag überantwortet.
So schön und edel diese Anstalt wohl an sich selbst ist, so
gereicht sie doch den Bürgern Klosterneuburgs um so mehr zur
Ehre, da sie zu einer Zeit errichtet wurde, wo die Lasten des
Krieges, und mißliche Weinjahre, die Bürger ohnehin äußerst
niederdrückten. Wenn aber dem ungeachtet die Bewohner der
hiesigen Stadt auch in solchen Zeiten ihrer Wohlthätigkeit keine
Gränzen setzen: was läßt sich erst in den schönen Tagen
des Friedens, und in gesegneten Jahren von solchen guten
Menschen erwarten? —
Pfarrdorf Weidling*).
Weidling, ein der Stiftsherrschaft Klosterneuburg un-
terthäniges Dorf von 79 Häusern, 12b Familien , und 58o
*) Nach dem vortrefflichen Berichte des Hochw. Herrn Pfarrers Franz
X a v. Schwoy, C. R. C.; und nach Max. Fischers: Merkwürdigere
Schicksale von Klosterneuburg. Vergl. mit den Acten dieser Pfarre im
Erzbischöflichen Eonsiftorials Archiv. Lu, W. Nro. XVII.
i54
Seelen, am nordwestlichen Fuße des Kahlenberges / ist 2| Stunde
von Wien , eine halbe Stunde von Klosterneuburg/ und eben so
weit von dem Ufer der Donau entlegen / in die der hier durch-
fließende Weidlingbach sich ergießet.
Dieser nämliche Bach theilte das Dorf schon in der Vor-
zeit / in das obere und in das untere Ott. Ersteres lag jen-
seits des Baches gegen den Wald zu / bey K o g e l b r u n / war
aber gleich diesem/ bald Aach dem Jahre 1Z46 oder wenigstens
gegen Ende des 1-4. Jahrhundertes / schon gänzlich verödet;
letzteres ist das heutige Dorf / welches vormals Widenich/
oder auch W e i d n i g t genannt wurde.
Die Lage des Dorfes in einem / von den edelsten Weinhü-
geln eingeschlossenen / mit Obstgärten / Wiesen und Buchenwäl-
dern mannigfaltig geschmückten Thale ist sehr angenehm und
freundlich/und gibt der Gegend wirklich einen fast idealisch schö-
nen Charakter ; auch verschaffen diese Umgebungen/ so wie der
Handel mitMilch und Obst/ den Bewohnern ein reichliches Aus-
kommen / das ihren Fleiß hinlänglich belohnet.
Der Ort hat eine eigene / im einfachen Style / aber gut-
gebaute Pfarrkirche/ deren schön geformter und mit Blech
gedeckter Thurm / im Morgenlichte weit von dem Thale / ja
wohl bis jenseits der Donau / hinausblinkt. Das Innere der
Kirche ist reinlich und nett/ und durch drey Altäre geziert. Der
Pfarrhof wurde erst zu den Zeiten des Pfarrers Norbert
Steiner (1807 — 1810) neu erbauet; denn seine Vorfahrer
wohnten in der dem Stifte damals gehörigen Mühle. Auch die
Schule wurde im I. i8i5 nebst der Wohnung des Schullehrers
ganz neu und größer hergestellt. Die Häuser im Dorfe haben durch-
gehends ein artiges Außeres/ und sind wohlgebaut. Außer mehreren
sogenanntenHerrenhäusern (die aber alle rustical sind) als z.B. dem
Landhause der k. k. orientalischen Akademie / des Galanterie-Händ-
lers Joseph Türk aus Wien / dem von Preßlerischen Hause / dem
Hause des k. k. Jägers Franz Grabner u. m. a. befinden sich auch
noch im Dorfe zwey Mühlen / und das Eisendrehwerk des Wiener
Wagen - Fabrikanten Simon Brandmayer/ welches durch ein ein-
ziges Wasserrad getrieben wird/ und ) bis 4 Schmiedegesellen
beschäftiget.
Der Ursprung dieses Dorfes/ und die Zeit / in der es
zuerst bewohnet wurde / läßt sich nicht geschichtüch bestimmen ;
aber die Lage in der Nähe der Donau / des alten Fabiana oder
Vindobona, des Schlosses am Kahlenberge/ und der Gegend
wo der heil. Severin lebte und wandelte; so wie der Umstand/
daß die gegen Morgen gelegenen Weinhügel/ Spuren der älte-
sten Cultur an sich tragen / und ihres vortrefflichen Erzeugnisses
wegen / gewiß schon frühzeitig Bewohner in dieses Thal gelockt
haben/ alles dieses deutet auf ein sehr hohes Alter des Dorfes.
Urkundlich läßt sich das Daseyn desselben/ erst im Anfange des
12. Jahrhundertes nachweisen.
Im Codice traditionum (worin die erhaltenen Schen-
kungen des Stiftes Klosterneuburg verzeichnet sind) erscheinen
schon bey einer Schenkung des heil. Markgrafen / Rudwinus
und Ditmarus de Wideniche als Zeugen; eben so auch
Rudewinus et hauuart de Wideniche; ferners Ulbert de
Wideniche et frater ejus Rodwin. Diese letztere Stelle ist
um so wichtiger/ da in derselben auch ein Rudolf de Chirch-
lingen vorkommt/ und beyde Orte / Weidling und Kierling/
nur durch den Hügel / auf welchem sie ihre Weine erzeugen/
getrennt sind / wodurch der ohnehin sehr schwache Zwei-
fel / daß dieses Wideniche nicht unser heutiges Weidling
sey / gänzlich gehoben und entkräftet wird.
Schon im I. u35 erhielt das Stift durch die Freygebig-
keit Adelharts / eines Ministerialen des heil. Leopold / durch Had-
mut von Weidenich / und einen gewissen Heinrich/ hier Be-
sitzungen/ die Herzog Leopold VII. oder Glorreiche be-
stätigte/ und dadurch gegen alle fremde Ansprüche schützte. Auch
kaufte Propst B a (t h a sa r P o l z m a n n (-j- 1596) von Leo-
pold Gruber/ dem Dorfmüller / die hiesige Mühle / bey welcher
ein großer Garten lag/ und bestimmte sie zu einem Erhohlungs-
orte für seine Stiftsgeistlichen / die sich dagegen zur.jährlichen
Abhaltung einiger Messen verpflichten. Bey Errichtung der Pfarre
diente sie auch zur Wohnung des Seelsorgers / gerieth aber
vor einigen Jahren wieder in andere Hände.
Die Entstehung der Pfarrkirche — wiewohl nicht gleich in
der jetzigen Form / gehört in den Anfang des i5. Jahrhundertes.
i36
Erst war sie nur eine Capelle. An dr eas der Lohnet/ ein
reicher Bürger von Klosterneuburg/war es / der diese im J. 1407
erbaute / und durch den damaligen Prälaten Bartholomäus von
' Pierbaum / dem er auch seinen Anrheil am Patronatsrechre ab-
trat/ den ersten Stein legen ließ. Er stiftete auch dazu einen
eigenen Priester / der vier Mahl die Woche / und zwar gleich
bey Sonnenaufgang die Messe lesen sollte / damit auch die Ar-
beiter in den Weingärten / bevor sie ihre Arbeit begannen / der-
selben beywohnen könnten. Die Capelle wurde theils von dem
Stifter / theils von dem Propste zu Klosterneuburg und theils
von anderen Wohlthätern mit mannigfaltigen bedeutenden Ge-
schenken an Weingärten und anderen Gütern reichlich bedacht/
und nebst einem Altare zu Ehren des heil. Petrus und der heit.
Katharina eingeweihet. Das Altarblatt auf dem dermaligen Hoch-
altars scheint jedoch viel später gemahlt / und dabey auf die
erste Einweihung vergessen worden zu seyn / weil es zwar die
beyden Apostel Petrus und Paulus/ keinesweges aber die heil.
Katharina vorstellet/ auch sonst nichts in der Kirche zu finden
ist/ was an diese Heilige erinnern könnte.
Der erste Geistliche / der die hiesige Capelle / den Altar und
die Messe besorgte / war Herr mann von P i l i ch-
dorf/ Welt- oder Laypriestev/ und Mitstifter der neuerbauten
Capelle. Doch durfte er und seine Nachfolger die gestifteten
Messen nur an Werktagen lesen/ damit die Pfarrkirche zu Klo-
sterneuburg/ als Mutterkirche / auf keine Weise in ihrem Anse-
hen geschmälert würde. Nur am St. Peters/ - Katharinen - und
Kirchweihfeste wurde durch einen Stiftsgeistlichen feyerlicher
Gottesdienst gehalten / und zum Nothbedarf bey Krankheitsge-
fahren in einem Tabernakel das heil. Abendmahl aufbewahret.
Im Jahre i544, nach dem ersten Einfalle der Türken in
Österreich / fand die landesfürstliche Pfarr - Untersuchungs-
Commission den Priester Veit Rattrch hier als Capellan
angestellt / die Capelle selbst und sein Haus gut erhalten/
und die ihr zugehörigen 5 Viertl Weingarten und ein Tagwerk
Wiesen ordentlich besorget und im guten Stande.
Von nun an schweigt die Geschichte von den Schicksalen
dieser Capelle gänzlich; und führt nur mehrere Wohlthäter auf.
iS?
unter denen sich im I. ,742 Georg von Managetta
und Lerchen au/ durch Beytrage zur Erhaltung eines Lehrers
große Verdienste um die Schule erwarb.
Zu einer eigenen Pfarre wurde diese Kirche erst im I.
i783 erhoben/ als weiland Se. Maj. Kaiser Joseph H. die
väterliche Vorsorge traf/ in allen Dörfern/ die vorher anderen
Pfarren zugetheilt waren / eigene Seelsorger und Schulen zur
besseren Bildung und Veredlung der Landesbewohner zu errich-
ten. Weidling wurde daher von der Stiftspfarre Klosterneuburg/
zu der sie gehörte / getrennet/ ihr als neue Pfarre ein eigener
Bezirk angewiesen / und mit ihr / der eine Stunde entfernte
stiftliche Wirthschaftshof und viele zerstreute Waldhütten / die
den Namen W eidling ba ch führen / i85 Seelen und eine
eigene Schule enthalten / als Filiale vereiniget.
Zum ersten Pfarrer der hiesigen Gemeinde ward dann von
dem damaligen Propste F l 0 r i d u S L e e b der Stifts-
prediger und Chorherr Robert Zach > aus Wien gebürtig/
bestellet. Er war ein sehr fleißiger Freund der Naturgeschichte/
' und veranstaltete während seines Hierseyns mit vieler Mühe und
" großen Kosten / eine schöne wissenschaftlich - geordnete Sammlung
von Käfern und Schmetterlingen. Als er im I. 1790 auf die
Pfarre Tattendorf übersetzt wurde / folgt? ihm hier Isidor
'Ritter/ von Gainfarn in Österreich ; sorher Cooperator zu
Hiezing > dann Pfarrer zu Grinzing. Rach ihm erhielt diese
Pfarre 1795 Gottfried Krammel'/ geboren zu Wien/
und gleichfalls Cooperator zu Hiezing. Er starb hier im 3.1796
mit dem schönen Nachrühme eines treuen Seelsorgers und eifri-
gen Predigers. Alipius Dierzer cnls Linz / und vorher
Stiftskatechet/ wurde sein Nachfolger. Cr zog im I. 1797 mit
den freywilligen Landesvertheidigern gegm den Feind / erntete
aber für diesen Beweis seiner Vaterlandsiebe wenig Dank bey
seiner Gemeinde / und ging daher im I. ^798 als Stifts - und
Stadtpfarrer nach Hause. Nun erhieb diese Pfarre I 0-
h a n n B a p t. D ö g l / von Wien; vorher Localcaplan auf dem
Josephsberg/ und noch im nämlichen Jahre Pfarrer in Kritzen-
dorf. Lorenz Ziegler/ ebenfalls aus Vien und Localcaplan
auf dem Josephsberg / wurde 1798 Seelsorger dieser Gemeinde.
i58
Ihm verdankt diese Pfarre eine vortreffliche pragmatische Ge-
schichte , die dieses Lob sowohl durch den regen Eifer ver-
dient , mit welchem er die nöthigen Daten aus den alten
Urkunden sammelte / als auch durch das liebliche Gewand / das
seine Feder um die Erzählung zu werfen wußte. Zu bedauern
würde es seyn / wenn seine Nachfolger dieß von ihm urbar
gemachte Feld durch fortgesetzten Fleiß nicht benützen würden.
Im I. 1807 ward er nach Eupoldau übersetzt / und überließ
diese Pfarre Norberten Steiner/ einem Wiener / und
vorher Pfarrer zu Götzendorf. Als der neuerbaute Pfarrhof vol-
lendet war/ erhielt er die Pfarre zu Grinzing / und hieher kam
im I. 1810 gleichfalls von Götzendorf/ Frigdian Blakora
aus Liderzoviz in Mohren / der sich im I. 1812 als Stadtpfar-
rer nach St. Martin begab / und Weidling dem gegenwärtigen
Pfarrer Franz T a v. S ch w 0 y von Nikolsburg über-
ließ/ der im Stifte bie Professur der Dogmatik an der Haus-
studien -Anstalt/ und die Negenschori - Stelle versah.
Die heurige innere Form hat die hiesige Pfarrkirche erst
nach und nach durch das Zusammenwirken mehrerer W 0 h l-
thäter erhalten. So ist der Hochaltar/ die Gabe eines an-
dächtigen Weibes / Nahmens Weiglmayer / welche einer noch
herrschenden Sage »ach / dieses Opfer zur Danksagung darge-
bracht hat/ weil sie durch die PP. Trinitarier de reclem-
tione captivorum , aus der türkischen Gefangenschaft erlöset
worden / und bey ihcem Manne/ der sich indeß wieder vereh-
lichet hatte/ in ihre allen Rechte wieder eingesetzet wurde. Die
jetzige Gestalt und Vergoldung hat aber dieser Altar / einem ge-
wissen B artschere:/ als Wohlthäter/ zu danken. Den Mar
an der Epistelseite zu Ehren des heil. Johann von Nepomuk hat
der hiesige Dorfrichte: Lorenz Lechner gestiftet. Simon
Kanesseckh/ Bürger von Wien / der Weingärten zu Meid-
ling besaß/ ließ die Kanzel bauen / und opferte nebst anderen
Gaben / auch eine si'berne Monstranze. Das meiste aber ver-
dankt die hiesige Kirne dem Gutthäter Johann Knitl; denn
er war es / welcher drr für die Bewohner des Ortes zu kleinen
Kirche jene Vergrößerung gab / daß sie jetzt selbst für die zu-
nehmende Volksmeng: hinlänglichen Raum hat. Auch der sehr schön
i3g
gebaute Thurm , zu dessen Errichtung von dem Kirchenvermögen
nur Eisen und Blechzinn herbeygeschafft wurde , erhielt sein
Daseyn durch diesen lobenswürdigen Wohlthäter. Und nun
mag»die Reihe der Wohlthäter für die Kirche das fromme
Ehepaar Joseph und Barbara von Managetta zu
Lerchenau beschließen/ welche um das Jahr 1700 ihr hiesiges
Landhaus/ das gegenwärtig der k. k. orientalischen Akademie ge-
hört/ bewohnten/ und nebst vielen sehr bedeutenden Geschenken
an Paramenten und Kirchengeräthschaften/ auch den Kreuzaltar
an der rechten Seite des Hochaltares in der gegenwärtigen Form
errichteten/und den gegenüberstehenden Johannes -'Altar neu
fassen und vergolden ließen. Von ihnen ist auch die Stiftung
der Frühmesse und Homilie/ welche alle Sonn- und Feyertage
von einem Priester des benachbarten Stiftes gehalten wird / und
die für die Einwohner / besonders aber für die zur hiesigen
Pfarre gehörigen Bewohner der Hütten in Weidlingöach eine
nie genug zu schätzende Wohlthat ist.
Auch die Capelle zum heil. Kreuz/ welche auf dem
Platze des jetzigen Gottesackers gestanden hat/ aber im J. 1767
auf allerhöchste Verordnung weiland Sr. Majestät Kaiser I 0-
se p h II. entweihet und abgebrochen wurtze/ war gleichfalls ein
Denkmal der Frömmigkeit und Gottesfurcht dieses Ehepaares.
Im Jahre 1718 herrschte hier / so wie fast in ganz
Österreich/ die fürchterlichste Pest/ und weil die damals Ver-
storbenen/ wegen der Gefahr der Ansteckung/ nicht wie gewöhn-
lich auf dem Freydhofe ihrer Pfarre zu Klosterneuburg / sondern
auf einer Wiese außer dem sogenannten Getreidemarkte begra-
ben wurden : so gab dieß Gelegenheit/ auf diesem Platze eine
Pestsäule zu errichten. Dieses hölzerne Monument stand noch
im I. 1725 / befand sich aber in so schlechtem Zustande/ daß
sich die obgenannte Frau Barbara von Managetta be-
wogen fühlte/ ein neues Kreuzbild/ das sie von einem armen
Weibe gegen ein reichliches Geschenk an sich brachte/ hier auf-
zurichten / und im I. 1726 mit einer halbrunden steinernen
Nische zu umgeben. Die Andacht zu diesem Bilde wuchs täg-
lich/ und zwar in solchem Grade/ daß schon im I. 1787 eine
kleine/ mit einem schönen Thürmchen und zwey Glocken verse-
i4o
heue Capelle darüber erbaut/ und imJ. 1788 mit Bewilligung
des Cardinaleö und Erzbischofs von Wien / Sigmund Graf von
Kollonitsch / in derselben bereits die erste Messe gelesen / und
feyerlicher Gottesdienst gehalten wurde. Späterhin wurden sogar
von den Vorstädten Lichtenthal und Roffau zu Wien Wall-
fahrten hieher angestellt; und obgleich das Kreuzbild aus der abge-
brochenen Capelle in die Pfarrkirche auf den Kreuzaltar über-
tragen wurde / so bleiben doch die Wallfahrter ihrer frommen
Weise getreu/ und kommen noch gegenwärtig jährlich an ei-
nem bestimmten Sonntage hieher/ um dem feyerlichen Gottes-
dienste beyzuwohnen.
Obschon bey den beyden französischen Invasionen
die Kirchenthüren eingesprengt / und im I. 180g sogar
die Kästchen in der Sacristey erbrochen / und die große kupferne
und vergoldete Monstranze geraubt wurde : so kann man doch
nicht sagen/ daß der Pfarrkirche ein bedeutender Schaden zuge-
fügt / oder andere das Gotteshaus schändende Thaten verübt
worden wären. Sogar die Monstranze kam wieder in ihr Hei-
ligthum zurück/ da sie der Dieb/ der von dieser Beute keinen
Gebrauch zu machen wußte / einem Bauer zum Geschenke
gab / der so redlich war/ sie der Kirche zurückzustellen. Alles
andere heil. Geräthe vom Werthe war aber schon früher in
Sicherheit gebracht worden.
Wenn der Wanderer Weidling verläßt / und den so-
genannten oberen Weg / der neben dem Weingebirge fortläuft,
nach Klosterneuburg einschlägt: so zeigt sich ihm beynahe auf der
Mitte des Weges eine große steinerne Säule / die mit den
Werkzeugen des Leidens Christi / und einem ausgehauenen
Bilde des gekreuzigten Heilandes gezieret ist / und insgemein nur
das schwarzeKreuz genannt wird. Den Zweck ihrer Errich-
tung gibt die eingehauene Inschrift auf der Rückseite mit fol-
genden Worten an: „Ach Christenmensch hör an was ich dier
„wil sagen — so sich alhie vor Zeiten hat zugetragen — in
„diese Bittnus wart gotslesterlich geschlagen *— durch Trunkene
„Bösewicht / daraus geflossen sodann rosenfarbenes Blut — wie
„solches wahre Aussag bezeugen thut — auf das Hernach der
„Orten in Lüften ~~ von Taifel einer zerrissen in Stücken ---
i4i
^solches ist geschehen umb das i562. Jahr — alS die Lutherische
„Kezerey gemain war." —
Auf der anderen Seite zeigt sich das Kreuzbild, unter
dieser ein doppelter Wappenschild, und folgende Aufschrift:
„Durch Max. Heinrich , Churfürst zu Cölln anno 1672 der
„die Bildniß lassen erhöhen."
Bevor wir uns gänzlich von Weidling und seinen schönen
'Umgebungen trennen: sey es uns auch noch erlaubt/ von dem,
Heutiges Tages ganz verödeten, Dorfe Kogelbrun eine
kurze Erwähnung hinzuzufügen.
Kogelbrun, vder nach alter Weise Chogilnprun,
lag auf dem dritten Hüges des Kahlengebirges, dem jetzigen
Hermannskogel, oberhalb Weidling, und bestand aus vielen
Bauernhäusern. Ein altes Geschlecht schrieb sich, von diesem
Orte; und zwey Glieder desselben Hertwicus de Chogel-
prunue, und Gerungus de Chogelenprunnen., erscheinen
im 1.1255 und 1260 in Urkunden des Stiftes Klosterneuburg,
als Zeugen.
Schon Herzog Heinrich von Mödling hatte um
das Jahr 1281 dem Stifte Klosterneuburg das Dorf Kogel-
brun, mit ausdrücklicher Einwilligung Herzog Friedrich des
Streitbaren, um 200 Talente Wienermünze ver kauft;
allein nach seinem Tode (f 1282) zog es Herzog Friedrich wie-
der an sich, und besaß es so lange er lebte ; obschon Bischof
Eckbert von Bamberg, als kaiserl, Reichsverweser im I.
1287 dem Stifte neuerdings das Besitzrecht zugesprochen hatte.
Als Herzog Friedrich II. starb (f 1246) nahm seine Nichte
Gertrud, Heinrich des Grausamen Tochter, And
Gemahlin Markgraf Hermann s von Baden, der Landes-
herr von Österreich seyn wollte, auch Kogelbrun in Besitz, und
überließ dasselbe gegen eine Summe Geldes Heinrichen
yyn Lichten sie in, der es noch im I. r>253 besaß, aber es
bald darauf an Alb ero den Truchseß verkaufte, um auf diese
Weise den Kirchenstrafen zu entgehen, die der Bischof von
Freysing auf Befehl Papst Inno Lenz des IV. gegen diejeni-
gen aussprechen sollte, welche die dem Stifte entzogenen Besi-
tzungen nicht zurückstellen würden. Albero übergab es endlich
142
seinem rechtmäßigen Eigenthümer / dem Gotteshause Kloster-
neuburg , durch einen besondern Vertrag, und so wurde endlich
im I. 1256 der lange Streit um dieses Dorf glücklich geendet.
Um die nämliche Zeit besaß der obgenannte Gerung von
Kogelbrun hier einen Bauernhof (xi-eäium) * der wahr-
scheinlich eben derselbe gewesen seyn mag/ den späterhin Ulrich ,
und Dietrich von Wolfkerstorf besessen haben. Von ihnen er-
kaufte ihn ihr Vetter Hermann von Ulrichschirchen um i5
Talente Wienerpfenninge; und dieser überließ ihn endlich im I.
1281 dem Stifte Klosterneuburg / mit 5 Talenten Verlust.
Unter diesem beständigen Wechsel der Eigenthümer / wurde
gewiß auf das Beste dieser armen Waldbewohner vergessen;
sie verließen daher ihre Hütten / vogten sich einem anderen
Herrn, und in bessern Gegenden an / und so wurde dieses
Dorf/ das ehemals schon aus 24 Lehen bestand / nach und nach
zur Ode. Vom Jahre i52i findet sich noch gegenwärtig daS
Meldzettel eines Waldknechtes / in welchem er die. Anzeige
macht / daß der Wald auf der Stelle des vormaligen Dorfes
Kogelbrun herangewachsen sey / und sich bereits im schlagbaren
Stande befinde.
Eine klare reine Quelle / die schon lange den Nahmen
des Kogel- oder Hermanns- oder auch Jungfrauen-
Brünleins führte / und in der Gegend dieses verödeten Dorfes
am Fuße einer alten Buche/ an die ein Marienbild festgemacht
war , aus der Erde, hervorsprudelte / gab in dem Sommer
des I 1817 zu sehr zahlreichen und gesetzwidrigen Wallfahrten
Anlaß / die aber noch vor dem Einbrüche des Winters/
durH geist- und weltlichen Unterricht/ durch die Übertragung
des Bildes in die Pfarrkirche zu Weidling / durch Umhauung
der Buche - und Verschüttung des Brünnleins / gänzlich ein-
gestellt wurden. Irregeleitete Andacht / Betriegereyen und
Diebstähle machten diese strengen und vielfältigen Maßregeln
nothwendige
143
Pfarre K i e r t i n g *).
Eine Stunde von Klosterneuburg entfernt / mitten zwischen
Weingebirgen / und umgeben von den benachbarten Pfarren St.
Andre / Höflein/ Kritzendorf/ St. Martin und Weidling/ liegt
das der StLftsherrschaft Klosterneuburg unterthänige/ und unter
dem Landgerichte der Stadt Wien stehende Dorf K i e r l i n g7
mit 107 Häusern/ und einer uralten Pfarrkirche/ die den heil.
Aposteln Petrus und Paulus gewidmet ist. Schon zu
Anfange des 12. Jahrhunderteö geschieht in den Urkunden deS
Stiftes Klosterneuburg der Familie von C h i r ch l i n g e n Mel-
dung. So erscheint schon im I. 1108 ein Tie me von Chirch-
lingen/ der nebst seinen Nachfolgern in diesem Dorfe ein Schloß
besaß / das aber schon längst verfallen / und dessen Stelle gar-
nicht mehr auszumitteln ist. Rudolph und seine Gattin
Willebirgis waren schon im 12. Jahrhunderte Gutthäter
des benachbarten Stiftes. Mehrere andere dieser Familie er-
scheinen bey gemachten Schenkungen als Zeugen.
Ursprünglich war dieser Ort'eine Filial nach St. Mar-
tin; aber schon vor dem Jahre 1220 hatten die Herren von
Chirchlingen bey ihrer hiesigen Wohnung eine C a p e l l e er-
richtet/ die innerhalb den Gränzen der Pfarre lag/ und von
einem Priester versehen wurde / der im Dorfe auch die heil.
Sacramente ausspendete. Als im obenerwähnten Jahre ein
Priester des Paffauer Bisthums/ Nahmens Heinrich/ bey
dieser Capelle angestellt war / machte er so viele Eingriffe in die
pfarrlichen Rechte der Mutterkirche St. Martin/ daß Propst
M a r g u a r d' II. von Klosterneuburg sich gezwungen sah/
deßhalb eine Klage zu Rom einzureichen. Papst H 0 n 0?
rius IH. bestellte zur Untersuchung dieser Beschwerde die
Äbte zu Heiligenkreuz und zu den Schotten und den Dechant
*) Nach dem eingeschickten Berichte des hiesigen Hrn. Pfarrers, Euse-
bius Matt! von Löwenkrcuz, C. R. C., und nach Max. Fischers
merkwürdigeren Schicksalen von Klosterneuburg ; verglichen mit den Acren
. dieser Pfarre im Consistorial-Archiv Lit. R. Nro. II. und dem Pfarr-
gedenkbuche des Herrn Ignaj Dauderlau, und Malachias
Vitzthum, CVR. g.
j44
zur heil. Agatha, als Schiedsrichter, welche dann dem Priester
der Capelle zu Kierling die Ausdehnung seiner Gerechtsame
abstellten.
Zehn Jahre verflossen hierauf, und der Caplan zu Kierling
scheint sich genau an den Ausspruch der Schiedsrichter gehalten
zu haben: daher ersuchte im I. 1253 Ulri ch von Chirch-
lingen den Propst Conrad I. von Klosterneuburg, seinem
Schloßgeistlichen zu erlauben , daß er einige pfarrliche Hand-
lungen in der dortigen Capelle ausüben dürfe. Der Propst will-
fahrte dem Wunsche des Ritters, und schloß mit ihm schrift-
lich einen Vertrag, in welchem die Gränzen der Pfarrrechte
genau bezeichnet, und zugleich bestimmt wurde, daß dieser Ver-
trag so lange dauern sollte, als die Herren von Chirchlingen die-
ses Dorf besitzen würden; würde es aber in andere Hände ge-
rathen , so sollte die Capelle nebst der gestifteten Pfründe und
das Patronatsrecht über dieselbe dem Stifte Klosterneuburg
ohne Widerrede zufallen und bey demselben auf immer ver-
bleiben. Erst im I. i3n bestätigte Bischof Bernhard von
Passau diesen gemachten Vergleich.
Zu Ende des i4. Jahrhundertes verlosch dieses adelige Ge-
schlecht mit Hans Ki rchlinger von Rastend erg ,
und alsogleich fiel die Kirche sammt der Pfründe und dem .
Patronatsrechte an das Stift Klosterneuburg zurück, wel-
ches von nun an dieselbe mit einem eigenen Pfarrer besetzte,
der aber bis zum Jahre 1766 seine Wohnung nicht im hiesigen
Dorfe, sondern als Stifts - Mitglied, im benachbarten Stifte .
hatte. Von dieser Zeit an ist Klosterneuburg immer im un-
gestörten Besitze dieser Pfarre geblieben.
Wie groß damals der angewiesene Pfarrbezirk war-
ist ungewiß; wahrscheinlich erstreckte er sich nur über das Dorf
und ein Paar einzelne Häuser, die überdieß noch wenig be-
wohnt waren. Noch im I. 1761 belief sich die Zahl der hie-
sigen Communicanten nur auf 460 Personen; im I. 1766 be-
stand die Seelenzahl aus 62b; gegenwärtig aber zahlet die
Pfarre Kierling , mit Einschluß der einzeln liegenden Hofe,
Mühlen und Wäldhütteü, uiid ihrer Filiale Gllging 792 Men-
schen , unter denen im Durchschnitte jährlich 3o Taufen,
143
24 Begräbnisse Und 4 Ehen gezählet werden/ und deren größte
Entfernung anderthalb Stunden beträgt.
Die Lagö dieser Pfarre zwischen traube nreichen Hügeln macht
den Feldbau sehr unbedeutend/ die Bearbeitung des Weinge-
birges aber zu dem Hauptgeschäfte der hiesigen Winzer. AuS
den 3oo Viertel Weinland/ die hieher gehöre«/ wird eine ziem-
lich gute Gattung des Weines gewonnen. Ein anderer nicht
Mlnder ergiebiger Nahrungszweig für die Bewohner dieser
Pfarre sind die trefflichen Wiesen/ die sich hier befinden/ und
durch welche die Viehzucht so sehr befördert wird/ daß schon vor
mehreren Jahren n5 Kühe gezählet wurden. Der Nutze«/
den die Bewohner Kierlings von diesen ziehen / kömmt ihnen in
schlechten Weinjahren zu Hülfe/und sichert sie vor Mangel und Ar-
muth. Auch Obst wird hier in großer Menge und von ausgezeichne-
ter Gattung erzeugt / dessen vortheilhafter Absatz in der Hauptstadt
den Besitzern beträchtliche Vortheile bringt.
Mitten durch das Pfarrdorf fließt der sogenannte K ier-
lingerb ach/ der sich bey Klosterneuburg in die Donau er-
gießt. Da bey starkem Schnee oder großem Regen alle die klei-
nen Bäche und Quellen der Wälder sich mit selbem vereinigen/
so ist Kierling oft starken Überschwemmungen ausgesetzt/ dafür
hat aber der Ort den Vortheil/ keinen Mangel an Wasser fürch-
ten zu dürfen / und das ganze Jahr sich eines guten und sehr
gesunden Trinkwassers zu erfreuen.
Die hiesige Pfarrkirche ist im Dorfe/ mitten auf dem
kleinen Gottesacker gelegen/ gut gewölbt/ und hat weder durch
Feuer/ noch im Kampfe mit den Protestanten oder im Kriege
mit den Türken bedeutend gelitten. Von Innen zeichnet sie sich
durch Reinlichkeit und Nettigkeit aus. Die Eröffnung des Ein-
ganges an der Seite der Kirche zur Sacristey/ und die Wie-
derherstellung des eingefallenen Vorhofes / sind das Werk des
Pfarrers Ignaz Dauderlau(i/6i —1778). Eben so ver-
danken ihm seine Nachfolger wichtige Verbesserungen imPfarr-
g eb äude. Dieses ist ein Geschenk des Paul Grien er und
seiner Ehegattin/ welche im Jahr 1766 das ihüen in Kierling
eigenthümliche Haus dem Stifte Klosterneuburg überließen/und
zur Wohnung eines jedesmaligen Pfarrers bestimmten. Dieser
Tspogk' v. Ostsrr. I' Ahth. ^
a46
wohnte nähmlich vorher im Stifte / und versah von da aus die
Seelsorge/ die auf diese Weift/ vorzüglich im Winter oder in
einer stürmischen Jahreszeit / mit mancher Beschwerde verbunden
war. Ignaz Daudertau war der Erste/ der von der neuen Woh-
nung Gebrauch machte/ wobey er jedoch mit reger Thätigkeit die
nöthigen Verbesserungen -anbrachte. Er ließ den Brunnen
graben / den Garten umzäunen/ und den kleinen noch vor-
handenen Teich anlegen.
Unfern der kleinen Anhöhe/ worauf Kirche und Pfarrhof
liegen, steht die Schule. Die erste bekannte Erwähnung von
selber geschieht zwischen den Jahren 1767—1761 bey Gelegen-
heit einer Faffion über die Einkünfte des Schulmeisters. Aller
Vermuthung nach/ ist sie aber viel älteren Ursprunges.
Gegenwärtig gehört nach Kierling/ als eine Filiale/ das
kleine Dorf Guging im V. O.W. W. und nur eine Vier-
telstunde von hier entfernet. Anfänglich gehörte dasselbe als ein
im Bisthume St. Pölten liegender Ort nach St. Andre im
Hagenthale. Doch die ohnedieß sehr bedeutende Ausdehnung die-
ser großen Pfarre und die Nähe von Kierling scheinen im Jahre
1782 Veranlassung gegeben zu haben / selbes von seiner alten
Mutterpfarre zu trennen/ und dem benachbarten Pfarrer von
Kierling anzuvertrauen.
Guging zählt dermalen 23 Häuser und 140 Einwohner/
die größten Theils ebenfalls vom Wein - und Obstbaue/ und
von der Viehzucht leben/ aber auch einigen Ackerbau treiben.
Im Orte selbst befindet sich eine Capelle/ die zu Ehren der
heiligen Dreyeinigkeit, der unbefleckten Empfängnis; Mariens/
und der Heiligen: Sebastian und Rosalia eingeweihet ist.
Die Einkünfte des Pfarrers zu Kierling sind theils auf
die eigene Hauswirthschaft / theils auf Deputate gegründet, die
gewöhnliche Stola und die fundirten Stiftsmessen müssen die-
selben vermehren. Die ältesten Pfarr-Protokolle reichen auf zwey-
hundert Jahre.
Nebst der Pfarrkirche befinden sich in Kierling auch drey
öffentliche Statuen/ eine des heil. Johann von Nepomuck
mitten im Dorfe/ die .andere der dreyeinigen Gottheit/die drit-
te aber der unbefleckten Empfängnis gewidmet./Die erste wurde
*47
im Jahre 1722 errichtet, die zwey andern stehen schon seit un-
denklichen Zeiten.
Van den Schicksalen dieses Ortes und der Kirche ist nur
folgendes denkwürdig. Die durch Absterben des letzten Zweiges
der adeligen Kirchlinger verfallenen Güter zu Kritzendorf und
Kierling/ verlieh Herzog Albrecht III. im Jahre 1088 dem
Rath und Forstmeister Hanns von D ie tr i ch st 0 ck *). Frü-
her/ als dieses geschah/ hatte sich in Kierling und in der
ganzen Umgegend die Secte der Flagellanten eingenistet/
doch wurde sie durch den Eifer des Propstes zu Klosterneuburg/
Nico laus II. Neydhardtund seines Nachfolgers / Rudwein
von Knappen/ schon um das Jahr i336 unterdrücket. Nicht so
leicht aber ging es mit den Anhängern der neuen Reforma-
tion im sechzehnten Jahrhunderte. PropstCh r ist op h I. Start
von Klosterneuburg (f i558) vermochte bey dem besten Willen
und aller Anstrengung nur wenig auszurichten/und erst Propst
Balthasar Polzmann (ch i5$6) war so glücklich/ die hie-
sige Gegend gänzlich von allem Irrglauben zu reinigen.
Im Jahre 1679 wüthete hier und in der ganzen Gegend
die P e st. In dieser allgemeinen Noth nahm die hiesige Gemein-
de ihre Zuflucht zur Fürbitte der heiligen Rosalia/ einer Pestpa-
tronin / und feyerte jährlich ihr Fest auf eine ausgezeichnete Wei-
se. Im I. 1691 erschien die Gemeinde vor dem bischöflichen Con-
sistorium mit der inständigen Bitte um hie Erlaubniß zur Er-
dichtung einer Capelle. Obschon der Erfolg dieser Bitte/ so wie
der Gegenstand der Verehrung unbekannt ist : so scheint doch
das ganze Bemühen nur dahin gerichtet gewesen zu seyn/ die
Andacht zu dieser Schutzpatronin noch zu vermehren ; und wirk-
lich ward auch im I. 1718/ da die Pest aller Orten wüthete/
hier Niemand ein Opfer derselben.
So klein und unansehnlich diese Kirche um selbe Zeit noch
gewesen seyn mag / so fand sie doch schon mehrere Wohlthäter.
*) Siehe auch die Pfarre Kritzettdorf. — Was Klosterneuburg ursprünglich
in diesem Dorfe besessen hat , war unbedeutend. Erst durch Einlösung
und Ankauf der vermischten Unterthanen vcm Bislhume Neustadt, vom
Stifte Lilienfeld , und Hrn. von Atocsmayr wurde das Ganze sein
Eigentbuw.
K 2
i48 )
So verschaffte im I. , 65o Paul Spaitt derselben ein silber-
nes Gefäß zum heil. Ohle; 1670 Andreas Ritter/ Mitnach-
bar allhiev/ einen silbernen Kelch / und 1680 Martin Hauer
von Wien / eine schone silberne und vergoldete Monstranze.
Wahrend des Türkenkrieges i683 wurde auch dieser
Ort sehr hart mitgenommen, und die ganze Gegend von
dem Fernde verheeret. Mehrere Bewohner flüchteten sich in
den Thurm der Kirche / und glaubten dort wenigstens ihr
Leben gesichert zu haben : allein da die Türken dieses gewahr
wurden / und ihn in Brand steckten / so wurden fast alle eilt
Raub der Flammen/ und nur zwey Männer / die glücklich her-
absprangen / retteten sich zwar vor dem schrecklichen Feuer-
tode / liefen aber einem neuen Unglücke/ nämlich der Gefan-
genschaft/in die Arme.
Nach diesen drangvollen Zeiten kehrte wieder Ruhe und
Ordnung in die zerstreute Gemeinde zurück. Auch die Kirche
freute sich so mancher ergiebiger Beyträge, die ihr von Gut-
thätern zuflössen. In ihrer Mitte glänzen vorzüglich Thomas
P i r i n g e r / k. k. Forstmeister allda / welcher in seinem Testa-
mente vom Jahre 172b zur Erhaltung der von ihm erbauten
Antoniusoapelle (wodurch die Kirche selbst erweitert wurde)
5oo Gulden / und auf Stiftsmessen 800 Gulden bestimmte. Ihn
übertrafen noch die obenerwähnten: P au lus Grienerund
dessen Ehegattin/ die im I. 1768 eine Fundation von
mehr als 8000 Gulden machten / und im I. 1766 ihr eigenes
Haus zum Pfarrhofe umstalteten. Endlich hat auch in unseren
bedrängten Tagen Herr Leopold von Guthmannsthal/
gewesener Besitzer des hier eingepfarrten sogenannten Doctor-
hofes/ in seinem Testamente vom Jahre i8i5 eine Meß-Stif-
tung pr. 200 Gulden verordnet.
Am Ende der Schicksale dieser alten Pfarre / folge nun
die Reihe der Seelsorger / die bey dieser Gemeinde theils
schon als Schloßcapläne der Hrn. von Kirchlingen/ theils
als wirkliche Pfarrer/ die heil. Sacramente ausspendeten/
und die Pflichten unermüdeter Seelsorger erfüllten. Der häufi-
gen Veränderungen wegen beläuft sich die Anzahl der uns Be-
kannten auf 62.
i49
Wir beginnen mit Heinrich/ der schon im I. 1228 bey
der Capelle der Herrn von Kirchlingen / als Priester ange-
stellet war.
Nach mehr als fünfzig Jahren / erscheint bey dieser Ca-
pelle der Schloßgeistliche Ch unrad, im I. 1287/ als pleba-
banus de chirchling.
Im i5. Jahrhunderte lesen wir auf das Jahr 1460 Jo-
hannes Medlinger.
Im Jahre 1820 erscheinet I 0 h a n n e s Guem/ wahr-
scheinlich ein Weltpriester; und erst im I. 1S62 präsentirte
Propst und Capitel von Klosterneuburg den Weltpriester
Simon Pr in ceg kh zur Pfarre Kierling/ obschon der
kaiserl. Vicedom schon im I. 1888 einen eigenen Pfarrer-
für Kierling begehrt hatte. Im I. 1871 folgte Leona'rd
Pintner-/ ein Weltpriester ; im I. 1890 versah der Pfar-
rer von St. Martin Johannes Rohrbacher-/ gleich-
falls ein Weltpriester/ auch die hiesige Pfarre.
Im Jahre 1896 erhielt Kierling der regulirte Chorherr
des Stiftes / Matthäus Polzmann/ dem von nun an
beynahe ununterbrochen seine Mitbrüder folgten. So besaß diese
Pfarre im I. 160g Stephan Leiter er/ aus Wien; 1612
Caspar Molitor / ein Böhme; 1614 Augustin H 0 d-
nick/ aus Kram; vorher Pfarrer in Höflein und Kallenberg/
dann Stiftspfarrer. i6i4 Vitalis senger/ von Mem-
mingen aus Schwaben / der im I. 1616 schon als Kanzleydi-
rector des Stiftes erscheinet.
Vom Jahre 1629 bis 1680 stand der hiesigen Pfarre Vi-
tus M e r b r i ch / ein Böhme / vor / der dann auf die Stadt-
pfarre Korneuburg übersetzt wurde. Von 1682—1684 lesen wir
Melchior Pernev/ von Erizersdorf gebürtig / er kam von
hier nach St. Maptin/ und hatte auch früher schon die beyden
Pfarren Höflein und Kallenberg verwaltet.
Nun folgten in ununterbrochener Reihe: 1642 Bern ard
Schmeding/ von Westphalen / hernach Stadtpfarrer zu
Korneuburg. 1644 Leopold Wegschaider/ von Kloster-
neuburg gebürtig. 1648 neuerdings B e r n a r d S ch m e d i n g>
der dann zum Kanzleydirectpr und 1648 zum Propste des
Stiftes erwählet wurde. 1646 W 0 l f g a n g H u e b e ein Wie-
ner/ späterhin Pfarrer zu Langenenzersdorf. 1646 Lucas
Schabart, aus Barern - vorher Pfarrer zu Höflein und Kal-
lenberg. f in Kierling r64g.
Ihm folgte Andreas Traber/ aus Schwaben/ spä-
terhin Pfarrer zu St. Martin. 1651 L e 0 n a r d G a l l u z i u s/
aus Wien/ kam gleichfalls auf die Pfarre St. Martin. i654
Maximilian Gehe/ aus Wien / vorher Pfarrer zu Rein-
prechtspölla. 1654 Gaudenz Ruprecht/ ein Elsaßer/ vor-
her Novizenmeister im Stifte. 1657 Paul Zier er/ von
Burghausen in Baiern. i656 Ernest Sauer/ ein Wie-
ner / späterhin Beichtvater in Hiezing. i658 wieder Leopold
Weg sch aide r§ i65g GaudenzRup recht/ zum zweyten
Male; ging endlich in das Stift zurück. 1664 Stephan
Zenker/ von Neustadt in her Pfalz/ späterhin Beichtvater
zu Hiezing. *669 B e r n ard Graf/ ein Wiener / und noch
im nähmlichen Jahre Stiftspfarrer. 1669 MalachiasFlei sch-
ul an N/ von Prag/ auch noch im nähmlichen Jahre Stadt-
pfarrer zu St. Martin. 166g Friedrich Schrenk/ von
Freystadt in Österreich / späterhin Pfarrer zu Höflein und Kal-
lenberg. 1671 Heinrich Coccejus/ aus Westphalen. 1676
I g n az All em a ni/ von Wien / der als Pfarrer imJ. 1678
sein Leben endete.
Dann folgte Wolfgang Hofmann/ aus der Pfalz/
hernach Pfarrer zu Sivering. 1681 zum zweyten Male Ma-
lachias Fle isch m aNN/ späterhin Stiftskellermeister. i685
Valentin Hellwig/ aus dem Eichfeldischen / späterhin
Pfarrer zu Tattendorf. 1684 Carl Schnelzer/ ein Böhme
von Wittingau/ dann Pfarrer zu Reinprechtspölla. 1667 Georg
H a r t i n g e r>vonKlosterneuburg gebürtig/ vorher Beichtvater zu
Hiezing/ dann Pfarrer zu Höflein und Kallenberg. i688Casi-
m i r P l ö ck n e r> ein Schlesier/ späterhin Pfarrer zu Höflein und
Kallenberg. 1690 Jldeph ons'H'ueb er/ von Krems/ vor-
her Pfarrer zu Höflein und Kallenberg/ dann Pfarrer zu Si-
vering. 1691 Augustin Weilender/ von Nußdorf/ zu-
gleich auch Novizenmeister. Vorher war er Director der studie-
renden Chorherren zu Wien / dann wurde er Stiftspfarrer^
i5i
,6g3 Sebastian Eastello / von Sizendorf in Österreich-
späterhin Pfarrer zuEupoldau. 1698 Aq u ilin G all0 r to,
ein Wiener. 1699 Gilbert Wallner/ von Ups, Docker
der Theologie/ vorher lehrte er im Stifte die Casuistik / dann wur-
de er Pfarrer in der oberen Stadt Klosterneuburg / und starb
als Dechant des Stiftes.
Im folgenden Jahrhunderte kamen nach Kierling: '1706
Roman 'S ilbe r e i se n > aus Wien / vorher Beichtvater zu
Hiezing/ dann Pfarrer zu Sivering. 1714 Anton Laz/ von
Lausten im Salzburgischen / vorher Sacristeydirector im Stif-
te/dann Beichtvater zu Hiezing. 1725 Dunst an Maroldt/
ein Wiener/ späterhin Pfarrer zu Sivering. 1729 Mala-
chias Preising er / von Wien/ starb als Pfarrer 1780.
Ihm folgte B ernard-W-e bersink/ ein Wiener-/ späterhin
Pfarrer zu Reinprechtspölla. 1789 Christoph Wenig Ho-
fer-/ aus Wien / späterhin Beichtvater zu Hiezing. 174k)
Joseph von Londes/ von Barcellona in Spanien/ vor-
her Stiftsküchenmeister/ dann Pfarrer in Heiligenstatt. *749
Jacob Lex/ ein Wiener-/ späterhin Stiftsküchenmeister.
Im Jahre 1781 befand sich hier: Ambros Lorenz/aus
Wien / vorher Cooperator zu Heiligenstatt/ dann Pfarrer zu
Eupoldau/ und endlich im Jahr 1772 Prälat seines Stiftes.
1758 Fer di n and A i chi n g e r/ aus Wien / vorher Stifts-
gastmeister/ er starb als hiesiger Pfarrer. 1757 Andreas
Pischinger/ von Waidhofen an der Theya/ vorher Stifts-
gasimeister/ dann Sacristeydirector. Noch im nähmlichen Jah-
re erscheint Con ra d W e ig eth/ ein Wiener/ vorher Coope-
rator zu Heiligenstatt/ dann Pfarrer im Stifte. 1761 Ig-
naz D a u d e r l au/ von Klosterneuburg gebürtig/ vorher Beicht-
vater zu Hiezing/ dann Kanzleydirector im Stifte. Er war der
erste aus allengenannten Chorherren > welcher in der Mitte sei-
ner Pfarrkinder wohnte. 1778 Malachias Vitzthum/
ein Wiener/ vorher Pfarrer zu Hoflein und Kallenberg. Im
Jahre 1782 wurde er zum k. k. Schulenvisitator des Konigsstet-
ter Decanates ernannt. Krankheits halber ging er in sein Stift
zurück/ und ihm folgte 1785 Gelasius Sinnreich/ aus
Schlesien von Rothwasser / und vorher Localcaplan aufdem^o-
-52
sephsberge. Er starb allhier im Jahre 1768/ und überließ die
Pfarre Martin Pittner/ einem Wiener, der vorher
Pf. zu Stoizendovf war / und nachdem er zwanzig Jahre die hie-
sige Pfarre versehen hatte/ als Stadtpfarrer nach St.Martin
kam. Unter ihm erhielt der Pfarrhof seine gegenwärtige Form.
Im Jahre i8o8 folgte ihm Thomas Schmidt/
von Oberschottenlee/ vorher Pfarrer zu Haselbach/ und gegen-
wärtig Pfarrer zu Reinprechtspölla. 1812 endlich übernahm Kier-
ling Eusebius Mattl von Löwenkreuz / geboren zu
Prag / nachdem er die Pfarre Neustist verlassen hatte/ der
noch heutiges Tages/ als treuer Hirte/ das Seelenheil seiner
anvertrauten Heerde besorget.
Kr itz e n d 0 r f *).
Obe r-u nd Unt e r - Kritzend 0 rf find zwey neben einan-
der liegende zusammen gehörende Dörfer / in deren Mitte die alte
Kirche St. Veit abgesondert im Felde steht. Sie liegen zwischen
Hoflein und Klosterneuburg/ sind der Stiftsherrschaft unterthä-
nig/ stehen unter dem Landgerichte der Stadt Klosterneuburg/
und haben eine eigene Pfarre.
Bis zum Jahre 1765 gehörte die hiesige Kirche St. Veit/
nebst Ober-und Unter-Kritzendorf/ als eine Filiale nach St.
Martin. Damals aber wurde sie von ihrer Mutterkirche getrennt/
und zu einer eigenen unter dem Patronate des Stiftes Kloster-
neuburg stehenden Pfarre erhoben/ die nun von den älteren Pfarren
Höflein/ Kierling und St. Martin/ gegen Norden aber von
der Donau begränzet wird. Mit dem hieher eingepfarrten/ durch
einen Wald abgeschnittenen Dominicalhofe/ der unter dem Nah-
men des weißen Hofes bekannt ist / und einem einzelnen Hau-
se nicht weit von der Donau/ „im Sandhöfel" genannt/ be-
läuft sich die Seelenzahl auf 420 Personen/ unter denen sich
Aus den Consistorial Ac?en der Pfarre Lit. K. Nro. XVII. und aus
dem gk.melnschafrlichen Gedeniduche d r Pfarren Kt. Martin und Kritzen-
dorf. ron Marzellin 2§ni, Pfarrer zu St. Martin 1771 unter dem
Titel: DiariuM 86ll Oz-clo fttp»
i55
jährlich im Durchschnitte 20 Taufen / 14 Begräbnisse und 6
Ehen ereignen.
Die Lage dieser beyden Ortschaften an der nahen Donau/
und am Fuße eines fortlaufenden Weingebirges / erlaubt keinen
Feldbau/ wohl aber hat die Gemeinde beträchtlichen und treffe
lichen Weinwachs. Mit Milch und herrlichem Obste/ welches die
Bewohner in ihren Garten ziehen/ wird ein bedeutender-Han-
del in die Residenzstadt gerrieben/ und daraus der vorzüglichste
Nahrungszweig der in mißlichen Weinjahren so unglücklichen
Winzer gezogen.
Dre freystehende Kirche zwischen beyden Dörfern verräth
schon durch ihre gothische Gestalt ein sehr hohes Alterthum/wel-
ches dadurch noch mehr bestätiget wird / daß sie gleich den älte-
sten Kirchen dieses Landes/ dem heiligen Veit gewidmet ist.
Selbst die erst in neueren Zeiten erloschene Gewohnheit/daß seit
undenklichen Jahren jährlich am Kirchweihfeste das benachbar-
te Stift in feyerlicher Procession nach Kritzendorf wallte/scheint
für ein ehrwürdiges Alter zu sprechen / weil diese Auszeichnung
von jeher nur den ältesten Kirchen zu Theil wurde.
Ihr- Inneres/ welches schon mehr den jetzigen Zeiten ent-
spricht/ schmücken gegenwärtig drey Altäre/ die zu Ehren des h.
Vitus / der heil. Anna und Maria von Pötsch eingeweiht sind.
An die Kirche stößt das Sch ul Haus/ worin durch einen
Lehrer gegen 40 Schüler unterrichtet werden. Schon vor Er-
richtung der Pfarre war hier ein eigener Schullehrer angestellt/
der zugleich bey der Kirche Meßnersdienste verrichtete/ und vom
Propste zu Klosterneuburg bestellt wurde. Zur rechten Seite der
Kirche befindet sich der Ruheplatz der Verstorbenen/ aber ohne
irgend einer besonderen Merkwürdigkeit.
In Unter-Kritzendorf stehet der schöne und ansehnliche Pfarr-
hof mit einem herrlichen Garten. Propst F l 0 r i d u s hat ihn
bey Errichtung der Pfarre gekauft./ und zur Wohnung eines
jeweiligen Seelsorgers zurichten lassen. Noch befindet sich im
Orte ein großer schöner Hof mit zwey Flügelgebäuden/der einst-
mals ein Eigenthum des regul. Chorherrenstifts St. Florian
war / gegenwärtig aber einem Privatmanne gehört. Auf
dem Wege in dieses Dorf trifft man ein sogenanntes Käfer-
i54
kreuz/ das wohl zur nähmlichen Zeit / und auS gleicher Ur-
sache/wie das zu St. Martin/gesetzt worden seyn mag. In Ober-
Kritzendorf besaß das aufgehobene Cisterzienserstift/ Fürsten-
zell/ einen eigenen Wirthschaftshof/ in welchem jener von den
Stiftspriestern wohnte / dem die Sorge über die Weingär-
ten zukam / doch auch dieser ist jetzt ein Privateigenthum.
Was die Entstehung der hiesigen Kirche St. Veit und
die fern eren SchicksaleKritzendorfs anbelangt/ so ist leider
von allen diesen sehr wenig bekannt. Selbst das Jahr ihrer Er-
Hauung und der Stifter der Kirche ist ungewiß/ doch hält man
allgemein das alte adelige Geschlecht der Herren von Chric-
zendorf/ deren schon im zwölften und dreyzehnten Jahrhun-
derte in den Urkunden des Stiftes Klosterneuburg Erwähnung
geschieht *) / für die Gründer derselben. Auch soll schon Ulrich
von Chriczendorf/ der im Jahr 1291 die Bartholomäus - Ca-
pelle an der Kirche St. Martin erbaute/ einer ihrer vorzüglich-
sten Wohlthäter gewesen seyn.
Bis gegen das Eni>e des vierzehnten Jahrhundertes ver-
schwindet nun der Nahme Kritzendorf gänzlich aus der Geschich-
te/ denn erst im J.i388 wird bemerket/ daß Herzog Albrecht HI.
mitdemZ op fe genannt/seinem Rathe und Forstmeister/Hanns
von Dietri chstock/die von weiland Hanns Kirchlinger verfalle-
nen/ auch von dessen Schwester erkauften Güter Kritzendorf
und Kierling verliehen habe. (Hofkam. Archiv.)
In den unruhigen Zeiten des Bruderzwistes / der Fried-
rich IV. und Albrecht VI. entzweyet hatte/ wurde die hiesige
Kirche niedergebrannt. Doch fing im Jahr *4-62 Propst Si-
mon II./ Heyndl / dieselbe wieder zu erbauen an / und stiftete
gm Simon- und Judastag/in selbe wöchentlich drey Frühmessen.
Im Jahre 1481 mag wohl ganz Kritzendorf gleiches
Schicksal erlitten haben/ denn die Ungarn kamen unter ihrem
Könige/Mathias Corvinus/ von Wilhelmsburg hieher/
verwüsteten Äcker und Weingärten / und zogen dann nach Klo-
sterneuburg/ wo sie die untere Stadt plünderten/und mit Feuer
verheerten. Propst Jacob I. P amper.l konnte daher erst im
Jahre 1489 das von Simon II. begonnene Werk vollende^/ und
*) Siehe Max Fischers: Urkunvenbuch- S» ,5ig.
r35
die Kirche mit drey Altaren einweihen. Diese Begebenheit vere-
wiget in der Kirche eine Tafel mit folgender Inschrift: Ao Do-
mini 1489 die vero Sotis (Soteris) que est 17. Mau Con-
secrata est Capelia S. Viti ip Krizendorf cum iis tribu*
altaribus. quaejure filiali Spectat ad Ecc. Par och. S.
Martini de Neob. Claustrali. Reliquiae Altaris Princi-
palis in Krizendorf Particülae 8. Viti. B. M. V. S. Seba-
stiani M. 8. Mariae Magd. S. Bernardini. 8. Matthaei.
8. Gregorii. 8. JNficomedisMart. S.MameriiniMart. SS.
Xlmillium Virginum.
Schon um diese Zeit zeichnete sich Wolfgang Schwarz
als Wohlthäter der hiesigen Kirche aus/ und schenkte zu selber
aus frommer Liebe dreh Viertel Weingärten zu Grinzing im
Schenkenbach/ für eine wöchentliche Messe. Das geschah im
Jahr *480 am Pfingsttage nach St. Lorenz.
Im Jahre ^618 wurde von der hiesigen Gemeinde ein neuer
Hochaltar errichtet / und am Fuße desselben folgende Inschrift
angebracht : Gott dem Allmächtigen/ Mariae seiner hochgeehr-
ten Mutter und dem ritterlichen Blutzeugen 8. Veiten als
Patronen und Schutzheiligen dieses Gotteshaus zu Demüthigen
Ehren / und Erzeugung eines recht Eatholischen Eifers haben
diese Altar Tafel unter dem Hochwürdigen in Gott Hrn. Hrn.
Andreas Pröpsten zu Klosterneuburg/ bemeldten Gottshaus/
Dorfrichter als'Sigmund Holzbauer/ sammt den dreyen Rittern
Michael Eiseber dem ältern / Hans Kerner/ und HansVilz-
mayer und eine ganze Gemeinde zu Untern - und Oberkritzen-
dorf/ machen lassen/ und in Beyseyn beeder Hrn. Hrn.Silve-
ster Pacher von Pachburg *) und Aegidi Standhartner/ bee-
den des innern Raths und Burgern zu Klosterneuburg / von ei-
ner ganz Ehrsamen Gemain erbettenen Beyständen aufrichten las-
sen/ im I. 1616.
In den Jahren 1617 und i636 beschenkten zwey fromme
Gutthäter die hiesige St. Veitskirche mit einem Viertel und
zwey Rachen Weingärten. Die erstere Stiftung machte Anna
Pröm/ eine Ohlererswitwe von Klosterneuburg aus Dankbar-
keit/ weil einst ihr Mann aus einer Krankheit errettet/ sie aber
*) Pacher v Pachburg war auch Einnehmer der achtzehn mitleidenden Städte-
i5ö
in ihrem Irrthume ersuchtet/ und zur katholischen Religion
geführet wurde. Die zweyte geschah auf drey heil. Messen am
Gedächtnißtage aller verstorbenen Christen.
Noch im jüngstverflossenen Jahrhunderte war Dorothea/
verwittibte Fürstin von Dietrichstein/derer wir schon bey
St. Martin gedachten/ für die Armen der hiesigen Gegend eine
liebende Mutter/ die ihnen viel Gutes erwies / und die Kran-
ken oftmals besuchte und tröstete.
Im Jahre 1768/ als endlich diese Filialkirche von St. Mar-
tin getrennt / und zur eigenen Pfarre erhoben wurde/stellte der
Propst von Klosterneuburg den Chorherrn und Stifts-Prediger/
PaulH netter/ einen Wiener/ zum ersten Pfarrer dort an.
Als dieser aber im Jahr 1789 Kränklichkeit halber in das Stift
zurückkehrte / so folgte ihm noch im nämlichen Jahre derStifts-
cooperator/R 0 m a n K ö p f/ gleichfallsaus Wien. Bey sei-
ner Beförderung zur Pfarre Höflein / erhielt im Jahre 1791 die
Seelsorge von Kritzendorf der Localcaplan vom Josephsberge/
Philipp Dürnberger/ von Haselbach gebürtig/ und im
Jahre 1798 Pfarrer seines Geburtsortes. Von 1798—180Z
finden wir hier Johann Baptist Dögl, einen Wiener/
vorher Pfarrer in Weidling/ dann Stadtpfarrer, zu St. Martin.
Ihm folgte der Localcaplgn auf dem Josephsberge, Hierony-
mus H öller/ auch von Wien/ der im Jahre 1809 hier sein
Leben endete.
Nach seinem Tode wollte der Propst von Klosterneuburg/
der traurigen Umstände wegen/ in welche der feindliche Einfall
sein Stift gestürzt hatte / diese Pfarre nicht mehr besetzen/
sondern sie mit ihrer Mutterkirche St. Martin / wo ohne-
dieß zwey Cooperatoren sind / wieder vereinigen- Doch das
Bitten der Gemeinde und ihr dabey bewiesener Religionseifer
scheinen ihn von diesem Entschlüsse abgebracht zu haben/ denn
er setzte den vormaligen Pfarrer von Kallenbergerdorf/ Ben-
no Mandl/ aus Wien / neuerdings als Seelsorger hie-
her/ der noch gegenwärtig die Pfarre verwaltet.
Auch unter ihm geschahen zur hiesigen Kirche so manche
Stiftungen/ die den religiösen Sinn seiner braven Pfarrge-
meinde beurkunden. Jacob Eck / ein hiesiger Unterthan/
i57
bestimmte der Kirche im I. 1814 ein Capital von 200 Gulden
auf eine heil. Messe/ und im I. 1616 vermachte vermög Testa-
ment I 0 se p h a S ch a d t n e gleichfalls eine hiesige Unter-
thanin/ 100 Gulden zu dem nämlichen frommen Endzwecke.
Höflein an der Donau*).
Höflein/ zum Unterschiede mehrerer gleichnamigen Or-
ter/ Hoflein an der Donau genannt/ liegt hart an der Gränze des
Viertel Ober- und Unter-Wienerwald/ ist das letzte Pfarrdorf der
erzbischöflichen Wiener-Diöceft/ und stehet unter der Herrschaft
und dem Patronate des Stiftes Klosterneuburg.
Aus gänzlichem Mangel historischer Beweise können wir von
dem Ursprünge der Pfarre und der Erbauung der Kirche keine
anderen Nachrichten geben/ als daß die hiesige Kirche schon im
zwölften Jahrhunderte unter dem Nahmen aä Sanctam Mar-
garetham V. et M. erscheinet/ und noch gegenwärtig diese
Heilige als ihre Schutzpatronin verehret **).
Von welcher Ausdehnung der älteste Pfarrbezirk war/ ist
ungewiß/ gegenwärtig wird er durch die zum Bisthume St. Pöl-
ten gehörige Pfarre St. Andre/ dann durch die Pfarren Kier-
ling und Kritzendorf/ gegen Norden aber durch die Donau be-
gränzet; er enthält 4* Häuser/ und eine Seelenzahl von bey-
nahe 3oo Personen / unter denen sich im jährlichen Durchschnit-
te 7 Taufen / 4 Begräbnisse und 1 Ehe ereignen. Die Sage/
daß mit der hiesigen Pfarre einst die Decanatswürde verbun-
den war/ kann keinesweges beurkundet werden.
Die Lage der Pfarre Höflein am Fuße hoher Gebirge/ die
mit Obst und Wein bepffanzt sind/ hart am Ufer der Donau/
da/ wo ihre bisher durch Auen getheilten Arme sich zu einem
majestätischen Strome vereinigen / ist herrlich und ergreifend;
doch hat die hiesige Gegend/ wegen Mangel des Raumes/ we-
') Nach dem eingeschickten Berichte des Herrn Pfarrers Wolfgan
Stradiot, C. R. C., und den Beyträgen des Herrn Maximilian Fi-
scher, R. C. Verglichen mit einem im Consistorial-Archive nsch vorfin-
digen Gedenkbuche des Herrn Pfarrers, Malachias Pitzthuur,
**') Tide Fischer Tom II. pag.
i58
nig Feldbaugründe/ und selbst der Weinwachs ist viel schlechter/
als auf den übrigen benachbarten Gebirgen. Die Einwohner le-
ben daher auch zugleich vom Obstbaue/ und besitzen ziemlich gu-
tes Hornvieh/ welches viel Milch abgibt / die zugleich mit' dem
trefflichen Obste von ihnen nach Wien geliefert/ und dort täg-
lich veräußert wird. In dieser Pfarre befinden sich auch 2 Stein-
brüche von bedeutender Größe/ von denen die Sage geht/ daß
aus ihnen die Steine zur Erbauung des St. Stephansthurmes
in Wien gehöhlt worden seyen/ sie werden auch jetzt noch nach
Erfotderniß des Absatzes bearbeitet. Weil in denselben / so wie
in der ganzen Gegend um Höflein öfters versteinerte Muscheln/
ja selbst Gerippe von Seethieren/und überhaupt weicher schwam-
michter Grund/ kleine Pfützen und Moraste/und viele aus den
Gebirgen fließende Quellen gefunden werden: so glauben sich einige
zu der Meinung berechtiget/ daß hier einst bis zu dem Neusied-
ter-See in Ungern / ein großer Morast oder Sumpf die Tie-
fe füllte/ welcher erst dann den Abfluß erhielt/ als der
Hauptstrom der Donau sein Bette plötzlich veränderte/ und in
den kleineren Donauarm stürzte/ der bey der Kirche St. Mar-
garetha (Höflein) im Thale vorbeyfloß / wodurch das früher
ganz unter Wasser gesetzte Erdreich in trockenes und fruchtbares
Land verwandelt wurde. Diese Meinung bestätiget sich um so
mehr/ wenll man die ganze Kette des fast in der Form
eines Halbzirkels fortlaufenden Kahlengebirges näher betrach-
tet / woraus, zugleich die Vermuthung immer wahrscheinli-
cher wird / daß der Kahlenberg und Bisamberg einst zusammen-
hingen/ bis endlich zwischen beyden die Donau durchgebrochen
ist. Der Ort selbst / der einer alten Sage nach / einst ein
Marktflecken gewesen / und durch die Verheerungen der nahen
Donau zu seiner gegenwärtigen Unbedeutenheit herabgesunken
seyn soll / hat eine ziemlich ansehnliche Kirche/ die von einem
steilen Felsen auf das Ort herabsieht/ und als Dorfkirche ber
trachtet unter die größern dieser Gattung gehöret. Sie ist ganz-
mit Ziegeln gedeckt/ im guten Baustande/ und von außen zum
Theil mit einer Mauer umgeben. Ihr Inneres zieren drey Al-
täre/ den Thurm aber eine Uhr und drey Glocken. Diese Ge-
stalt erhielt sie erst unter Propst Ambros/ nachdem imJ. 177^
i59
der größere Theil von Höflein , und die im Jahre 1722 er-
neuerte und mit weißem Bleche gedeckte Kirche sammt dem Thur-
me abgebrannt war. Pfarrhos und Schule liegen auf dem
nähmlichen Felsen, wie die Kirche, doch ist von ihrem Alter und
ihrer Erbauung gar nichts bekannt. Beyde gewähren eine herr-
liche Aussicht in das jenseitige Land, und auf die imBogeü siH
krümmende Donau.
Was die Schicksale dieser Pfarre anbelangt, so wurde sie
erst in der Mitte des dreyzehnren Jahrhundertes ein Eigenthum
des Stiftes Klosterneuburg. Leopold Graf von Hardeck übergab
im Jahr 1246 das Dorf Hovelin (Höflein) nebst dem Patrona-
te über die Kirche und allen dazu gehörigen Grundholden gegen
die Summe von n5 Pfund Pfennigen dem Stifte, welches
zwar im I. 1280 dieserwegen von den beyden Grafen Bern-
hard und Heinrich von Schaumburg angefochten, aber keines-
weges derselben beraubt wurde; denn kaum wurden die Gegner,
die darauf erbliche Ansprüche zu haben glaubten, ihres Unrech-
tes überwiesen, so leisteten sie feyerlich in einer eigenen Urkun-
de darauf Verzicht, und Dorf und Kirche blieb ein Eigenthum
des Stiftes, welches von jener Zeit an die Pfarrstelle daselbst bald
mit Weltpriestern, bald mit Chorherren aus seiner Mitte besetzte.
Um allen künftigen Streitigkeiten vorzubeugen, und zu-
gleich die großen Auslagen der damaligen Gastfreyheit des Stif-
tes zu decken, bath Propst Peter I. den Papst Bonifacius IX.,
daß er diese Pfarre Höflein an der Donau seinem Stifte in-
corporiren möchte, und Bonifaz, der die Billigkeit dieser Bit-
te einsah/ erfüllte im Jahr 1899 den Wunsch des Propstes in
einer eigenen Urkunde.
Dem ungeachtet wurde Klosterneuburg im Jahr 145i zum
zweyten Male in Betreff des bisher ausgeübten Vogtey - Rech-
tes vom Grafen Michael von Hardeck, und in Hinsicht des hie-
sigen Urfahr-Rechtes von dem dortigen Pfarrer und Weltprie-
ster Conrad Niederer beunruhiget; aber die feyerliche Verzicht-
leistungs-Urkunde des Grafen, die Entscheidung des Bischofes
Leonhard von Paffau, und die Entlassung des zänkischen Pfar^
rers, beendigten diesen lästigen Streit. Späterhin verlieh Kai-
ser Friedrich jH. Ulrich dem Eistzinger die Vogtey über Höftein,
i6o
nahm aber diese Verleihung wieder zurück / als er von dem
Rechte des Stiftes unterrichtet wurde.
Im I. 1461 hauste hier Conrad von Fronaner ge-
waltig. Er kam als scheinbarer Vermittler zwischen den strei-
tenden Brüdern/ Kaiser Friedrich III. und dem Herzoge
Albrecht VI. dem Verschwender ; im.Grunde aber war es ihm
nur um Raub und Plünderung zu thun. Von den jenseits der
Donau bereits verwüsteten Dörfern rückte er über Stockerau
an / nahm die benachbarte Paffauische Bergveste Greisenstein
mit Sturm hinweg / verwüstete und verbrannte das Dorf und
die Kirche zu Höflein / und führte den Pfarrer (wahrscheinlich
Johann Chunzenberger) nebst den andern Priestern des Or-
tes in Fesseln mit sich fort- Der Propst Klosterneuburgs / Si-
mon H. Heyndl / unentschlossen / für welchen der kämpfenden
Fürsten er sich erklären sollte, konnte bey keinem gegen diese
Gewaltthätigkeiten um Hülfe nachsuchen; und da er noch über-
dieß durch die Zeitverhältniffe gezwungen / sich mehr dem Her-
zoge als dem Kaiser genähert hatte/ so konnte er nach des Er-
steren Tode im I. i463 noch vom Glücke sagen / daß er ohne
fernere Kränkung nur der Propstwürde entsagen / und ruhig
seine übrigen Tage als Pfarrer zu Höflein/ unangefochten
von Friedrich III., durchleben durfte.
Wer damals die verwüstete Kirche wieder herstellte / ist
unbekannt; wahrscheinlich that es aber, der'resignirte Propst
Simon II. mit Hülfe der Gemeinde / deren Seelenheil er durch
mehrere Jahre als treuer Hirt besorgte. Noch einige Zeit nach
seinem Tode wohnten die Pfarrer in der Mitte ihrer Gemeinde:
späterhin aber verließen sie / aus unbekannten Ursachen / ihre
dortige Wohnung / zogen sich in das benachbarte Stift zu-
rück/ und versahen von da aus die Pfarre. Noch später/
und zwar um das Jahr 1600 wurde dem Pfarrer zu Höf-
lein auch die Pfarre im K a l l e n b e r g e r d 0 r f e zur Obsorge
anvertraut; worauf er dann täglich mit dem pfarrlichen Got-
tesdienste wechselte/ indem er sich vom Stifte aus bald nach
dieser/ bald nah jener Kirche zu Pferde begab. Diese Einrich-
tung währte bis zum Jahre 178*/ Da Kallenberg von Höflein
wieder getrennt, und dem Pfarrer des letzteren Ortes/ ein
eigenes Wohnhaus im Dorfe angewiesen wurde , das zwey edle
Wohlthäter Franz Seraph. Trattenik/ Stifts-Grundschreiber/
und Andreas Schwach / stiftlicher Waldförster in Tuttenhof/ zu
diesem Endzwecke dein Stifte übergeben hatten.
Dieß sind die Schicksale einer Pfarre / die sich bereits durch
mehrere Jahrhunderte im Eigenthume des Stiftes beftudet/ und
in spateren Zeiten gänzlich seiner treuen Sorge anheim fiel.
Aus der Anzahl ihrer Vorsteher sind uns folgende 60 bekannt:
Im Jahre i53o Conrad Hutstock. Um das Jähr 1840
Nico laus. 1842 Johannes Parisiensis f 134 7 zu
Wien. i552 Nicolaus / der gleich seinen Vorgängern ein
Weltpriester war. i356 Mag. Johannes / reg. Chorherr
des Stiftes Klosterneuburg / und zugleich Pfarrer zu St. Martin.
Im Jahre 1401 erscheinet Georg von Hall/ ein Welt-
priester. 1409 Johannes von Rußbach / ein Chorherr/
dann Pfarrer zu Heiligenstatt. Von i445—1461 Conrad
Niederer/ ein Wettpriester. i4^4 Leopold Huendel/
Chorherr und Baccalaureus der freyen Künste und Decre-
talen; 1460 wurde er Stiftsdechant. °455—1461 Caspar
Nuinhardt/ der im 1.1446/ gleichfalls als Chorherr/ Stifts-
dechant wurde. 1461 Johannes Chunzenberger/ wel-
chen/ wie oben erzählt wurde / Fronauer mit den übrigen Prie-
stern in die Gefangenschaft führte. i463 Johannes Merl.
1465 Simon Heyndl/ resignirter Propst/ f i4?3. Noch
vor dessen Tode finden wir 1478 Paul Parrer/ Scholasticus
zu Tulln und Dechant nachher aber Pfarrer zu St. Martin.
1/476 wieder Johannes M e r l. 1464 N i c 0 (a u s Säur.
i4Ö5 Peter Hyeer s. Nach ihm Christian Baumgart-
ner/ derimJ. 1468 sein Leben endigte. 149^ wieder Peter
Hyeers/ zugleich Pfarrer zu St. Martin. Noch im nähmli-
chen Jahre Leonhard Phruntner/ hernach Pfarrer zu
Sivering. i495-—r5o6 Andreas Widmer/ der hier auch
starb.
Ihm folgte i5»6— i5n Conrad Stein ach er; her-
nach Stiftsdechant. Von i5i2—i5i4 Jacob Kornhuber;
hernach Pfarrer zu St. Martin. i5r4—1519 Wotfgang
Wegerhaimer/ der bey dem Uberschiffen in den Wellen der
Topoqr. v. öst-rr« l Abth. 2
i62
Donau sein Grab fand. i52o Augustin Enz enwe iß; her-
nach Pfarrer des Stiftes. 1626 F l 0 r i a n G i e n g e r.
Seit dem Jahre i45£ waren die Pfarrer des hiesigen
Ortes / Chorherren des Stiftes zu Klosterneuburg. Da aber die
Reformation die Mitglieder dieses Stiftes der Zahl nach ver-
ringerte^ so wurde nach, dem Jahre 1628 die Seelsorge von
Höflein dem Stadtpfarrer zu St. Martin übergeben / der sie
auch wahrscheinlich bis i562 verwaltete ; denn erst in diesem
Jahre präsentirte das Stift neuerdings einen Weltpriester S i-
gismund Straffer zur hiesigen Pfarre. 1871 erscheinet
Eberhard Faber/ abermals ein Weltpriester/ und vorher
Beneficiat an der St. Agnescapelle im Stifte; er war auch zur
gleich Seelsorger zu Kallenberg und Weidling. Nach ihm kam
Peter Gaerus/ gleich den vorhergehenden ein Weltprie-
ster/ und zwar der lehre / der die Pfarre zu Höflein besorgte;
er verwaltete auch zugleich Kallenberg.. r5g6 wurde N i c 0 l a u s
Kack/ gleich allen seinen Nachfolgern ein Chorherr von Kloster-
neuburg / von dem dortigen Capitel zum Pfarrer von Höflein
und Kallenberg bestimmt; erhielt aber bald darauf die Pfarre
zu Tattendorf/ denn noch im nämlichen Jahre erscheinet Mat-
thäus Polzmann als Pfarrer in Höflein.
Die jetzt folgenden Seelsorger hatten bis zum Jahre 1761
auch die Pfarre im Kallenbergerdorfe zu versehen. Nach
dem Jahre 1600 kennen wir Abraham Klau/ aus Wien/
und vorher Stiftsbibliothekar/ f 1610. Von 1610 —1612
erscheinet Johannes Geß/ der im letzteren Jahre hier starb.
Von i6i3 —1614 Augustin H 0 dnick / aus Krain / und
nachher Pfarrer zu Kierling. 1616—1622 Michael H a-
seckh e / aus Wien / späterhin Pfarrer / dann Dechant des
Stiftes. 1622 —1624 Georg Marquardt/ ein Preuße
aus Braunsberg; dann Pfarrer zu Heiligenstatt. 1626—i63i
Melchior Penner/ von Enzersdorf/ vorher Stiftskeller-
meister/ dann Pfarrer zu Kierling. i65i—1634 Alexander
Röckler/ von Straubing aus Baiern; dann Pfarrer zu St.
Martin. Nach dem Jahre 1687 erscheinet Lucas Skab-
hartt/ aus Wembdingen in Baiern; dann Pfarrer zu Kier-
llng. r.645 versah die beyden Pfarren zur Pestzeit/ Michael
i65
Khuen/ von Rheinfelden. 1649-—i65o P aul Rllmpler
von Bamberg/ Magister der Philosophie; nachher Kanzleydi-
rector. i65o— i65i Marimilian Gehe/ aus Wien;
dann Pfarrer zu Reinprechtspölla. i65i — i652 Andreas -
Traber/ von Fünfstetten aus Schwaben ; vorher Pfarrer in
Kierling/ dann zu Sr. Martin. i652—iö54 Ludwig Arbo-
re l l / aus Wien ; vorher Stiftsküchenmeister / dann Beichtva-
ter zu Hiezing. 1684—i656 Gelasius Sei dler'/ ein
Österreicher/ vorher Kanzteydirecror ; dann Dechant des Stif-
tes. 1606—1658 Gilbert Sigel/ aus Wien; späterhin
Pfarrer zu Sivering. i658 — 1684 Franz Schwabens k y,
vonViskau in Böhmen; dann Beichtvater in Hiezing. 1664 —
i665 Christoph Matthäi / von Neustadt in Franken ; dann
Dechant/ und endlich Propst des Stiftes Klosterneuburg.
Vom Jahre i665—1666 stand der hiesigen Pfarre als
Seelsorger vor/I 0 dokus Sch midt/aus Westphalen; vor-
her Beichtvater zu Hiezing; dann Pfarrer in Langenzersdorf und
Eupoldau. Von 1666—1671 Qua rin Tresoll/ aus Neu-
hofen in der Pfalz / ch 1671. 1671 —1676 Friedrich
Schrenk / aus Freystadt in Österreich ; vorher Pfarrer zu
Kierling / dann aber zu Tattendorf. 1676 —1680 Hier 0 n y-
m us Stein dl/,aus Wien / der zur Zeit der Pest unerschüt-
tert bey der Gemeinde zu Höflein ausharrte, und endlich Pfar-
rer zu Sivering wurde. 1680 — 1682 Paul L u g i n s k a n d l /
von Stoizendorf in Österreich; dann ebenfalls Pfarrer in Si-
vering. 1682—1684 Elias Hille/ von Reichstadt in Böh-
men; vorher Stiftskettermeister/ dann Pfarrer zum heil. Mar-
tin. 1684—1687 Franz F itzrng/ ein Wiener; dann Pfar-
rer zu Sivering. 1667 — 1690 Ildeph 0 ns Hueber/ von
Krems; dann ebenfalls Pfarrer zu Sivering. 1690 — 1691
Casimir Plö ckn er/ von Großglogau im Schlesien, vorher
Pfarrer zu Kierling. 1691 — 1695 Georg Harting er,
von Klosterneuburg ; vorher Pfarrer zu Kierling/ dann zu Rein-
precl)tspölla. 1695—1697 Gelasius Meister/ aus Pöllau
inSteyermark. 1697—1702 S ig fr i e d Schwindberger/
von Ebenzweig in Oberösterreich; vorher Beichtvater zu Hie-
png/ dann Pfarrer zu Tattendorf.
L 2
i64
Vom Jahre 1702 —1707 erscheinet allhier Leonard
Silbe reisen/ aus Wien; dann Pfarrer zu Langenzersdorf.
1707—1709 Rochus Staudinger / von Furth in Öster-
reich ; dann Stiftsküchenmeister. 1710—1729 Prosper
Disch en d orfer/ von Krems ; dann Beichtvater zu Hiezing.
1729—i^33 Constantin von Längs eisen / von Limus
in Böhmen; vorher Cooperator zu Heiligenstatt/ dann Pfarrer
daselbst. 1733— 1742 Remigius Pampichler / von
Stockerau; noch im nähmlichen Jahre Pfarrer zu Sivering. 1742
Peter Webersink/ aus Wien; vorherStiftsgastmeister/ dann
Pfarrer zu St. Martin/ und endlich Stiftsdechant. 1742 —
1749 Casp a r Mayr/ ein Klosterneuburger; vorher Gastmei-
ster/ dann Kanzleydirector/ und endlich Stiftsdechant. 1749—
1760 G ottlie b H ölzl/ von Stockerau; vorher Sacristey-
director/ dann Pfarrer zu Sivering.
Von iqöo —1752 versah Höflein und Kattenberg/ Fer-
dinand Carl Ristl/ von Klosterneuburg; vorher Beichtva-
ter zu Hiezing/ dann Studienpräfect/ und als Doctor der
Theologie / Dekan an der hohen Schule zu Wien. 1752—1754
Roman V ö l ck er/ von Herzogenburg in Österreich ; vorher
Beichtvater zuHiezing/ dann Stistsküchenmeister. 1754—1759
L rud w i g W i e g a n t / von Oberhollabrun ; vorher Sacristey-
director/ dann Pfarrer zu Sivering. 1759 —1762 Andreas
Pischinger / von Waidhofen an der Theya; vorher Sacri-
steydirector/ dann Pfarrer zu Tattendorf. 1762—1766 Ber-
trand Kickher / von Baden ; vorher Stiftsdechant / dann
Administrator des Schlosses Hagenörunn. 1767 — 1768 B e r-
n ar d Tuma/ aus Wien; vorher Cooperator zu Heiligenstatt/
dann Novizenmeister/ und gegenwärtig Senior und Kastenamts-
verwalter des Stiftes. 1768—1771 Michael Uibel/ von
Klosterneuburg; vorher Beichtvater zu Hiezing/ dann Stifts-
pfarrer. 1771 — 1773 Malachias Witzthum/ aus Wien;
vorher Beichtvater zu Hiezing / dann Pfarrer zu Kierling/ und
k. k. Schul - Visitator des Dekanates Königstetten. 1778—1791
Florian Ulbrich / aus Wien; vorher Gastmeister / und dann
Stadtpfarrer zu St. Martin.
Seit dem Anfange des 17. Jahrhundertes waren Höflein
i65
und Kallenberg, wie gesagt / irnmer unter einem Pfarrer verei-
niget. Im Jahre 1781 wurden sie aber wieder gerrennet/ dem
damaligen Pfarrer Florian Ulbrich blieb daher nur Höflein/ wo
er auch den eigenen Pfarrhof bezog. Ihm folgte von 179,—
1799 Roman Kopf/ aus Wien; vorher Pfarrer zu Kri-
tzendorf/ dann in Eupoldau. In dem denkwürdigen Jahre
*797 zog er mit seinen ,Pfarrkindern zur Vertheidigung des-
Vaterlandes aus. 1799— 1800 Ambros Conrad/ aus
Wien; vorher Pfarrer zu Meidling/ dann Stiftskämmerer/
welche Würde er noch gegenwärtig bekleidet. Sein Nachfolger
war Philipp D ü r n b e r g e r / von Haselbach in Österreich ;
vorher Pfarrer seines Geburtsortes, f allhier i8o5. Von i8o5—
1807 Dunst an Gänzl/ aus Wien; vorher Stiftsdechant/
dann Pfarrer zu Heiligenstatt. Im Jahre 1807 endlich über-
nahm diese Pfarre Wolfgang Stradiot von Nedielist in
Böhmen / vorher Cooperator zu Hiezing/ derselbe noch ge-
genwärtig besitzet/ und durch einen gehaltvollen Aufsatz zu die-
ser Pfarrgeschichte thätig beygetragen hat.
K a l l e n b e r g e r d 0 r f *).
Nahe am der Donau/ und gerade am Fuße des sogenann-
ten Kahlen - oder Leopoldsberges / zwischen Klosterneuburg und
Nußdorf / liegt der kleine / aber alte Ort K a ll e n b e r g er-
d orf/ mit einer eigenen Pfarre. Er gehört in das Landgericht
der Stadt / und unter die Herrschaft und das Patronat des
Stiftes der regulirten Chorherren zu Klosterneuburg.
Weder von der Erbauung der Kirche / noch von der Ent-
stehung der hiesigen Pfarre / die allerdings eine der ältesten
Österreichs ist/ läßt sich etwas Bestimmtes berichten. Daß aber
schon um das Jahr 1168 hier eine Kirche gestanden habe/ er-
hellet aus einem Schenkungsbriefe Rudolphs von Chal-
9 Aus dem sehr bereitwillig eingeschickten Berichte des Hrn. Michael
Fischer, 6. R. C. Pfarrers im Kallenbergerdorf. Vergl. mit den Acten
dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial-Archiv. Lit, K. JNro. II. Z«
i6si
berge/ in dem er der hiesigen Kirche ein Beneficium zu
Niwendorf zum Eigenthume gibt.
Der eh emalige Pfarrbezirk ist größten Theils unbekannt/ und
nur so viel gewiß/ daß einst die beyden benachbarten und be-
wohnten Gipfel des Kahlengebirges / der St. Leopolds - und
Josephsberg/zur hiesigen Kirche eingepfarret waren. Da aber
späterhin der St. Zosephsberg eine eigene Pfarre erhielt/ so
wurden beyde Berge von ihrer Mutterkirche getrennet; und
nach der wiedererfolgten Aufhebung der Pfarre auf dem Jo-
sephsberge/ nicht mehr mit dem Kallenbergerdorf/ sondern mit
der gleichfalls benachbarten Gemeinde zu Heiligenstatt vereiniget.
Gegenwärtig wird die hiesige Pfarre von den Pfarren Klosterneu-
burg / Nußdorf / Heiligenstatt und von der in voller Starke
vorbeyströmenden Donau begränzet.
Was die Lage dieses Dorfes betrifft/ so ist diese ungermin
angenehm. Die Nähe der Residenzstadt/ der majestätische Strom/
und die nahen Berge / die es umgeben/ machen den Ort äußerst
reihend. Die Enge des Raumes erlaubt zwar den Ackerbau
nicht / doch ist der Weinbau dafür von größerer Wichtigkeit/
in dem auch die Bewohner / die hier einen der vorzüglichsten
Weine ernten / ihren eigentlichen Nahrungszweig finden. Das
kleine Dorf / das gegenwärtig aus 26 Häusern mit 206 Be-
wohnern besteht / unter denen sich jährlich im Durchschnitte 6
Taufen / 5 Begräbnisse und 1 Ehe ereignen / ist sehr gut ge-
baut/ und mit einigen Sommersitzen vermöglicher Familien aus
der Residenz geziert. Im Hintergründe des Dorfes steht die
kleine Pfarrkirche / die mit ihrem ziemlich hohen und mit wei-
ßem Bleche gedeckten Thurme / recht Vortheilhaft in's Auge
fällt. Sie ist iw alten Style gebaut/ ehrte ehemals als Patron
den heil. Johann den Täufer/ gegenwärtig aber ist sie
dem heil. Georg gewidmet / dessen Statue wir daher auch nebst
dem Bilde Mariens am Hochaltare dargestellt finden. Auf den
beyden Seitenaltären befindet sich rechts die Abbildung des Hei-
landes am Kreutze/ links die Mutter des Herrn mit dem Kinde;
ein Geschenk der Familie Hauer / aus welcher Maria Bar-
bara/ im I. 1732 hier begraben wurde. Der Thurm enthält
zwey flocken / und eine Uhr / die aber nur die Stunden schlägt.
167
Nahe an die Kirche gränzt die Wohnung des Pfarrers, der hier
kein eigenes Haus besitzt/ sondern seit dem Jahre 1788/ wo die
hiesigen Seelsorger in der Mitte ihrer Gemeinde den Wohnsitz
aufschlugen / bey einem der angeseheneren Bewohner des
Ortes zur Miethe wohnt. Seine Einkünfte bestehen aus De-
putaten und eigenem Weinbaue. Die Schule hat aber ein ei-
genes Gebäude / welches von der Stiftsherrschaft Klosterneu-
burg mit der gewöhnlichen Dienststeuer der Gemeinde un-
terhalten/ und beyläufig von 20 Kindern besucht wird. Von der
Zeit der eigentlichen Entstehung dieser Schule liefert die Ge-
schichte keine weitere Nachricht / als daß schon um das Jahr
1762 in einem Berichte des Pfarrers Andreas Pischin-
g e r / eines hiesigen Schullehrers (der hier auch zugleich das
Amt eines Küsters verrichtet) Meldung geschieht. Der Gottes-
acker ist nahe an der Kirche / doch ohn? alle Merkwürdigkeit.
Einst mag Kallenbergerdorf §in sehr bedeutender Ort ge-
wesen seyn/ja aufseinem Platze soll/ nach P. Fuhrmanns *) Mei-
nung sogar eine hübsche Stadt gestanden haben; allein durch
Unglücksfälle und andere uns unbekannte Ursachen/ ist derselbe
so weit herabgekommen/ daß im Jahr 2771 nicht mehr als
Lg Hausbesitzer gezählet wurden.
Schon im i2. Jahrhunderte besaß das Stift Klosterneu-
burg hier einen eigenen Hof (curtile quoddam),, worin eine
Weinpresse befindlich war; diesen vertauschte es mit einem an-
dern/derAlbero von Ch unring er und seinem Sohne H ad-
ln ar zugehörte. Ob um diese Zeit das Patronat dieser
Pfarre bereits zum Stifte gehört habe/ ist ungewiß/ obgleich
nachfolgende Worte : «Jus patrenatus ac praesentandi pa-
röchum erat semper penes praepositum Claustroneo-
hurgensem,, die in der Geschichte dieser Pfarre vorkommen/
dieß zu bestätigen scheinen. Der erste bekannte hiesige Pfarrer/
ein Weltpriester / mit Nahmen Richlo/ der im I. 1256 er-
scheinet/ beweiset weder dafür noch dagegen; der zweyte hinge-
gen / Nahmens Reinbertus / der gleichfalls ein Weltprie-
ster war/ und im I. 1260 ein Viertel Weingarten zum Be-
*0 Alt- und Neu-Österreich.
i68
sten der Kirche verkaufte / schrieb sich in der darüber ausgefertig-
ten Urkunde: Ego Reinbrecht., Dei etgratia Dominorum
meorumin Newenburch., Plebanus in Chaleberch., und
liefert uns dadurch den auffallendsten Beweis/ daß wem stens
schon zu dieser Zeit das Patronatsrecht der hiesigen Pfarre
dem Stifte zugehörte.
Dieß dauerte auch unter den folgenden Pfarrern fort. Unter
ihnen finden wir: imJ. 1840 Gu n da k a ru s/ auch W iga n d
von Theben genannt/ mit dem Beynahmen: Der Pfaff
von Kallenberg / der unter Herzog Otto dem Fröhlichen/
seines aufgeweckten Geistes und seines Witzes wegen berühmt
war. Er liegt begraben im Cisterzienser-Stifte Lilienfeld *)»
Jjn Jahre i877 Chad 0ldus Eysnrin / oder auch Eis-
ner/ Chorherr von Klosterneuburg. Nach ihm den Pfarrer
Esel/ der nach dem Todtenbuche des Stiftes noch in diesem
Jahrhunderte starb. 1899 erscheinet Johannes W o gaue r>
unter welchem Colomann von Laa/ (resignirter) Propst
von Klosterneuburg / ein ewiges Licht in die Johanneskirche zu
Kallenberg stiftete.
Zu dem nämlichen schönen Endzwecke schenkte auch : Hanns
bey dem Thor/ im I. i4o5 der hiesigen Kirche zwey und
ein halb Joch Weingärten ; und Anna Hueber gab im I.
1484 zehn Pfund Geldes zu einem Frauenbilde in die Kirche.
Nun folgten nach einander folgende Seelsorger: Im I. -438
Pete iv i454 Leopold Haindl/ ein Chorherr; 1486 I 0-
Hannes Ortl; im nämlichen Jahre: Caspar Rurmont/
ein Chorherr; 1461 Johannes Kuzenberger; 1468
Johannes M ä r l / beyde Chorherren von Klosterneuburg. Im
Jahre 1478 folgte Paul Parrer; »476 wieder Johan-
nes Märl. 1468 Petrus Ecket/ ein Weltpriester.
Um diese Zeit war das Stift Klosterneuburg durch die
oftmaligen feindlichen Überfälle / und durch Verwüstungen ihrer
Besitzungen / in sehr großes Elend gerathen. Papst Sixtus
IV./ der von den mißlichen Umständen des Stiftes Nachricht er-
hielt/ suchte demselben soviel als möglich zu Hülfe zu kommen/
*) Mn sehe Hlögels Geschichte der Hofnarren. Liegnitz, 1789»
i69
und vereinigte daher im I. 1482 die Pfarre Kallenberg / zum
Lebensunterhalte des Prälaten mit dem Stifte. Kallenberger-
dorf mag damals noch ein beträchtlicher Ort gewesen seyn; denn
Sixtus IV. nennt selbes in der Zncorporationsbulle ausdrück-
lich : oppidum (Städtchen).
Als Petrus Egkhl oder Eckel/der ein vortrefflicher Pre-
diger war / die hiesige Pfarre im I. i483 in die Hände des
Propstes Johannes resignirte: folgten dann fast ununterbrochen
Chorherren des Stiftes. So erscheinet im 1.1486 Johannes
Holzhaimer; dann Rupert Baumgartner/ vorher
Gastmeister / -j-allhier i5o4. Nach ihm Johann es Heytel/
Stiftskellermeister/ f i5o8. Im I. i5ig Leopold Mai dl/
der hier i55o ffv-b. Unter ihm wurde im I. i52g die hiesige
St. Johannes-Kirche von den Türken in Brand gesteckt und
gänzlich zerstöret. Mehrere Jahre findet man nun keinen Pfar-
rer/ und selbst der Vlsitationsberichr über Kirchen und Klöster
vom Jahre 1544 versichert/ daß nur Ein Mal im Jahre/ nähmlich
am St. Johannes-Feste/ dem Patrocinium der Kirche/ ein
Chorherr des Stiftes in das Kallenbergerdorf gekommen sey/
um dort in der einstweilen nur schlecht hergestellten Kirche den
gewöhnlichen Gottesdienst abzuhalten.
Der Chorherren scheinen um diese Zeit auch nur wenige
gewesen zu seyn; denn man findet/ als die Kirche wieder mit
Seelenhirten besetzt wurde/ noch im nähmlichen Jahrhunderte
zwey Weltpriester auf dieser Pfarre: Eberhard Faber und
Petrus Gaerus/ von denen der erstere im I. 1871 auch die
Seelsorge zu Höflein und Weidling/ letzterer aber zugleich nur
von Höflein versah. Im I. i5g6 hingegen erscheint wieder ein
Chorherr Nico laus Kak/ der auch Höflein besorgte/ und
von hier nach Tattendorf übersetzt wurde.
Zu Anfang des 17. Jahrhunderres erhielt diese Pfarre
Abraham Klau; und mir ihm beginnt die nämliche Reihe
der Herren Pfarrer/ die wir bereits bey Höflein angeführt ha-
ben; weil/ von diesem Zeitpuncte an / Kattenbergerdorf und Höf-
lein bis 1781 unzertrennlich unter einem Seelsorger vereiniget
waren / der/ von dem naheliegenden Stifte aus/ beyde Pfarren
besorgte. Nur im I. 1679/ als die Pest die Gegenden Oster-
ijo
reichs verödete / und der damalige Pfarrer Hieronymus
Stein dl schon in Höflein hinlänglich beschäftiget war / wurde
David Je nisch/ ein Schlesier/ für die von der Pest Befalle--
neu im Kallenbergerdorfe angestellt / und ihm die Seelsorge
dieser Unglücklichen anvertraut. Im I. 1778 erhielt Florian
Ul brich die Verwaltung der beyden vereinigten Pfarren; da
er aber im I. 1761 einen eigenen Pfarrhof zu Höflein bezog/
wodurch er von dem Kallenbergerdorf zu weit entfernet wurde:
so erhielt diese Pfarre wieder einen eigenen Seelsorger in der
Person Wilhelms Mistelsteiger/ aus Mähren / vorma-
ligen Cooperators zu Heiligenstatt/ die er gleich seinen Vorgän-
gern vom Stifte aus verwaltete. 1782 wurde er Stadtpfarrer
zu St. Martin. Ihm folgten: von 1782—1783 Colom ann
Degen/ von Wallerstein in Schwaben; vorher Beichtvater
zu Hiezing/ dann der erste Pfarrer zu Nußdorf. 1783—1794
Matthäus Hönig/ geboren zu Wien / vorher Sonntags-
prediger zu Weidling / dann gleichfalls Pfarrer zu Nußdorf. Er
war der erste Pfarrer / der in der Gemeinde seine Woh-
nung aufschlug/ dre er aus Mangel eines eigenen Pfarrhofes
in einem Privathause bezog. 1794—179b Ambros Conrad
aus Wien; vorher Pfarrer zu Stoizendorf/ dann zu Meidling.
1795 —1807 Ferdinand Albrecht/ aus Wien / vorher
Localcaplan auf dem Josephsberg. 1^07—7-1808 Paulus
Hausmann / vonZnaymin Mähren; vorher Localcaplan auf
dem Josephsberg / dann Pfarrer zu Haselbach. Er versah diese
Pfarre wieder vom Stifte aus. 1809 Benno Mandl/ aus
Wien, und vorher Cooperator zu St. Martin/ zog wieder in
sein Dorf zurück / wyrde aber noch im nähmlichen Jahre von dem
feindlichen Heere vertrieben. Nun blieb die Pfarre unbesetzt bis
*810 und wurde beynahe ein ganzes Jahr hindurch vom Stifte
aus versehen. Da 1809 Kirche von den Franzosen rein ausge-
plündert worden war/ so benützten mehrere frommeBewohner Kat-
lenbergerdorfs diese Gelegenheit / ein edles Herz und ihre Liebe
zu der hiesigen Pfarrkirche an den Tag zu legen / und trugen
theils aus ihrem Vermögen/ theils in Verbindung mit anderen
unbekannten Wohlthätern das Nöthige bey / damit die Kirche
Mt den gehörigen Geväthschaften versehen werden konnte. Unter
diesen Wohlthätern erwähnet das Gedenkbuch der Pfarre, vor-
züglich des Herrn Prälaten von Klosterneuburg, der Hofagen-
tens - Gattin Elise von Pernold/ und der hiesigen Gastwirthin
Johanna Steinböck. Endlich bezog diese Pfarre neuerdings Avo
S ail l e r / aus Wien/ und vorher Stifts-Cooperator / dann aber
Pfarrer $u Sivering. 1812—1814 Anton Commenda/
gleichfalls aus Wien / unb vorher Katechet zu Korneuburg /
dann aber Professor der Ökonomie im Stifte. 1614 Michael
Fischer/von Göllersdorf in Unterösterreich/und Cooperator
zu Hiezing / der noch gegenwärtig das Seelenheil dieser Ge-
meinde besorget.
Leopoldsbevg*).
Der Leopoldsbevg/an dessen Fuße das freundliche
Kallenbergerdorf liegt/ und die majestätische Donau vorbeyströmt/
ist Die eigentliche Spltze oder der Anfang jenes berühmten Kah-
lengebirges/ das sich in einer ununterbrochenen Kette bis nach
Kram erstrecket/ und schon zu Zeiten der Römer bekannt war.
Von ihnen wurde das ganze Gebirge rnon8 caetius , odep
späterhin montes genannt / und schied das alte
Noricum von Pannonien. Im Deutschen hieß es das cetische/
ketische Gebirge/ der Ketts/ Kettsberg/Kettenberg/ und jetzt
noch Kalten - oder Kahlenberg.
Ob dieses ganze Gebirge seinen jetzigen Namen von dem
am Fuße desselben sich befindlichen uralten Dorfe K a l e n /
(Kallenbergerdorf) oder vielmehr von der steinigen und kahlen
Oberfläche des Bergrückens empfangen habe / ist ungewiß; für
beyde Meinungen finden sich Gründe. Doch trifft der letztere
Vorwurf des kahlen und steinigen Grundes vorzüglich nur die
Seite gegen die Donau. Auf der Moraenseite wird guter vor-
trefflicher Wein gewonnen; und im Süden und Westen stehen
beträchtliche Waldungen.
*) Aus den Beyträgen des k. k. Hofkammer - Archives , und Maximilian
Fischers.
i?2
Die unzählige Menge von Steinen/ ausweichen insbe-
sondere der Leopoldsberg aufgethürmt zu seyn scheint/ und die
verschiedenartigen Streifen der abgerissenen Stücke Schiefer ver-
leiteten schon vor Jahrhunderten die benachbarten Bewohner/
die freylich nur sehr geringe Kenntnisse vom Bergbaue besaßen/
hier auf Erze zu graben. So glaubten schon im I. *54.6 P e-
ter Hainon/ k. k. Kammerdiener und Pfleger zuSigmunds-
burg/Franz Beg nuß/ Christoph Wisschalk/ Gre-
gor P i n t e r und PaulFlädin/ Münzwardein (Münzen-
prüfer) zu Wien / am Kahlenberge oberhalb Dürnbach ein Berg-
werk entdecket zu haben / und erhielten auch die allerhöchste Be-
willigung diesen Bergbau anzufangen und aufzurichten mit der
ferneren Gnade/ „daß sie mit ihrem Bergwerke und gewonne-
nen Erze / vier Jahr lang von Frohn und Wechsel befreyt/ und
davon nichts zu bezahlen schuldig seyn sollten." (Hofkammer-
Archiv.) Der Erfolg ihrer Mühe ist unbekannt.
Im Jahre i56o folgte ein ähnlicher Versuch. Jacob
Rath/ niederösterr. Kammer-Secretär / begehrte von der Kam-
mer einen Schurfbrief/ um bey dem Kallenbergerdorfe längst der
Straße auf Alaunerz bauen zu dürfen; denn schon früher hatte
daselbst Friedrich Lupfen eine Alaungrube/ zur „Gnade
Gottes" genannt/ eröffnet. Diese wurde nun alsobald erneuert/
und im ersten Erfer (weil man die sich zergende rothe Erde für
einen Alaungang hielt) für besser gehalten/ als jene zu Dro-
ßendorf und Stachwitz. Doch es blieb bey der Erwartung; und
auch die Untersuchung / welche in neueren Zeiten vorgenommen
wurde/ hatte so wenig wie die vorhergehenden Unternehmungen
glücklichen Erfolg.
Im Jahre 1618 soll Hans Pachmann/ und Hans
Pichler am Kahlenberge auf dem Klosterneuburg zugehöri-
gen Grunde sogar ein Silberbergwerk aufgefunden haben/ von
welchem ein größerer Schatz gehofft wurde/ als von allen übri-
gen; und westlich vom Kahlenberge soll man Spuren von Stein-
kohlen entdeckt haben. Doch gegenwärtig wird auf gar nichts
von allen diesen gegraben.
Auf dem ersten Gipfel dieses Kahtengebirges / jetzt der
Leopoldsberg genannt / der durch verschiedene Fahrtwege
i?3
uttb Gangsteige bestiegen werden kann / erhebt sich ein dem
Stifte Klosterneuburg zugehörendes und mit einer schönen Kirche
versehenes Schloß/ das noch vor wenig Jahren der verstorbene
Fürst de Ligne mit Bewilligung des Stiftes bewohnte / und
im chinesisch - ägyptischen Geschmacke verziert hatte. Jetzt
haust in den unteren Zimmern ein stiftlicher Waldübergeher
mit seiner Familie / der sich sehr oft mit Fremden umgeben
sieht/ welche die herrliche Aussicht hieher locket. Denn einem
ungeheuren Bilde gleich liegt vor dem Auge das kölossalische
Wien ausgebreitet / rechts von einer mit den schönsten Wäldern
bewachsenen Reihe sanft erhobener Berge/ links von der maje-
stätischen Donau eingeschlossen / die ihre bläulichen Fluchen durch
eine Menge grünender Inseln hinrollt. In einiger Entfernung
an beyden Ufern des Flusses sieht man blühende Fluren in ab-
wechselnder Entfernung mit Dörfern / Städten und schönen
Schlössern besäet/ und an der Nordseite des Gebirges das fried-
liche Klosterneuburg mit dem prächtigen Stifte. Alles vereiniget
sich / um Österreichs Lieblichkeit dem staunenden Bewunderer mit
einem Male empfinden zu lassen.
Auch die Kirche zieht den Kenner der Baukunst durch
ihre edle und einfache Bauart an sich / und begierig liest der
Geschichtsforscher die über dem Eingang angebrachte / alte / aber
1798 erneuerte Inschrift: Haec Ecclesia 8. Leopolcli Au-
striae Marchionis et Patroni honoribus sacra > Ejusdem
olim Principis Aulae contigua., tum et iniquitate tem-
porum, et Turcarum impietate diruta ; munifica dein
pietate Leopoldi I. et Caroli VI. patris et filii Imp. re-
staurata et ampliata. M. DCC. XXX. Per Joan. ab
Yrendyck,, com. sacr. largit. Das Innere der Kirche ent-
hält drey Altäre/ zu welchen die Künstler le Roy und I a n-
se n die Gemälde geliefert haben. Das Äußere zieren zwey durch
Kupfer gedeckte und mit Glocken versehene Thürme. Kirche und
Schloß sind mit einer Mauer umfangen.
Obgleich nun die Kirche wie das Schloß unstreitig eine
neuere Bauart "verrathen / so ist doch die eigentliche Entstehung
des Schlosses und seiner ^Capelle ein Werk des i2. Jahrhundertes.
Bekanntlich hat Markgraf Leopold IV. oder Heilige/
174
im I. 1101 die Residenz seiner Vorführen / die bis dahin in
Melk war / auf diesen Gipfel des Kahlenberges versetzet, und
im genannten Jahre seine neue Burg mit fürstlicher Pracht er-
bauet. Nachdem er im I. 1106 sein Beylager mit 'Agnes/
Tochter Kaiser Heinrichs IV. und Witwe des Herzogs
Friedrich von Hohenstaufen/ zu Melk gefeyert hatte:
führte er seine neue Gemahlin in dieses bereits vollendete Schloß
ein / und unterhielt in der Gegend umher eine ausgebreitete
Jagdbarkeit. In diesem Schlosse gebar ihm Agnes seine 19
Kinder. Hier wurden Conrad III. für die Kaiserkrone / seine
Söhne Leopold V. / Heinrich I a s 0 m i r g 0 t t / für Baiern
und Österreich / endlich der gelehrte Otto/ nachher Bischof
von Freysingen/ und Conrad / uachhin Bischof zu Salz«
bürg / gebildet.
Als um das Jahr 1117 Unruhen und Kriege den Frieden
des Vaterlandes störten / und die Ungarn / obgleich von
dem Markgrafen mehrere Male tapfer zurückgeschlagen / doch
wieder nach Österreich vordrangen / so versah der weise Mark-
graf das Wohnhaus seiner Familie mit Festungswerken / um
diesen seinen theuersten Schatz in stater Sicherheit zu wissen.
Die herrliche Lage dieses Schlosses / das ihm in jedem
Augenblicke die Schönheit und die Blüthe seines theuren Öster-
reich vor's Auge stellte / war wohl Ursache / daß er dasselbe
den größten Theil des Jahres bewohnte/ obgleich er sich in dem
nahe liegenden Nivenburg (Klosterneuburg) einen Fürstenhof
erbauet hatte. In diesem Schlosse am Leopoldsberge starb er
auch am i5. November n56 und versetzte durch seinen Tod
das unter ihm so glückliche Österreich in die tiefste Trauer.
Ob Agnes/seine hinterlassene Gemahlin/in dem von
ihrem Gatten erbauten Wohnsitze auf dem Kahlenberge geblieben /
oder den Fürstenhof zu Klosterneuburg bezogen/ ist ungewiß/ und
dieß nur aus der Geschichte bekannt / daß schon ihre beyden
Söhne Leopold V. der Freygebige / und Heinrich
Jasomirgott/ als Nachfolger ihres Varers/ dieses Schloß
verlassen haben / von denen letzterer seine Hofhaltung zu Wien
ausschlug. Bis zum Jahre 1280 stand diese einstmalige Resi-
denz der österreichischen Beherrscher leer und verlassen , wo sich
i75
Theodora/ Witwe Herzog Leopold des Glorreichen/
von Judenburg auf den Kahlenberg zog / und durch ihre fernere
Lebenszeit dieses Schloß bewohnte.
Schon Leopold der Heilige hatte nach Erbauung dieser
neuen Residenz/ seinen Hofcaplan Aschwin von Melk hieher
genommen, und dadurch für den^Gottesdienst auf seinem neuen
Schlosse gesorget. Theodora war ihm hierin nachgefolgt; denn
bey jeder Gelegenheit/ wo sie in Urkunden des Stiftes Kloster-
neuburg erscheint/ ist sie von ihren Capellanen umgeben/ welche
diese gottesfürchtige Frau auf das Schloß begleitet hatten/
und deren Anzahl sich öfters sogar aüf acht belief. Von ihnen
sind uns nur Pabo/ und späterhin Livpoldus/ Reim-
port us/ W.ernheruS und Ekkehardus gleichzeitig be-
kannt. (Max. Fischer.)
Ruhig und stille lebte hier Theodora/ und ruhte von so
manchen erduldeten Leiden aus / bis sie durch die schreckliche
Nachricht/ daß ihr Sohn / Herzog Friedrich der Streit^
bare/ zwar als Sieger/ in der Schlacht an derLeytha/ getöd-
tet worden / in so tiefen Kummer versetzt wurde / daß sie in
eine schwere Krankheit verfiel/ die sie noch im I. 1246 von der
Erde hinwegraffte. Die Sterbende vermachte nun das hiesige
Schloß dem Stifte zu Klosterneuburg als Eigenthum mit der
Verbindlichkeit / sowohl für ihre Ruhe/ als für jene ihres versterbe -
nen Gatten und Sohnes immerwährende Gebethe zu verrichten.
Aber in dem bekannten Interregnum/ das nach dem Tode Fried-
rich des Letzten Babenbergers in Österreich Statt hatte / ging
diese Besitzung des Stiftes alsogleich auf mehrere Jahrhun-
derte verloren. Denn schon im I. 1248 zog sich Markgraf
Herr mann von Baden (ein Schwestersohn Herzog Ottos
von Baiern)/ der durch die Heirath mit Gertrud/ der Nichte
des verstorbenen babenbergischen Herzoges Friedrich II. / Landes-
herr in Österreich werden wollte/ in Wien aber für seine Si
cherheit fürchtete / mit seiner Gemahlin in dieses Schloß auf
demKahlenberge,von dem es nach seinem im J. i25o erfolgten
Tode / ungeachtet der häufigen Ermahnungen des Papstes Jn-
noeenz IV./ nicht an das Stift/ sondern an die österreichr»
scheu Fürsten kam, die es auch bis zum Jahre 1784 ruhig
besaßen / und durch eigene Castellane verwalten ließen.
Im Jahre 1^77 war dieses Schloß bereits schon so sehr
in Verfall gerathen / daß Herzog Albert III. mit dem Zopfe/
als er das Lustschloß Laxenburg bauete / die marmornen Bild-
säulen/ womit die Gänge des»Leopolds - Schlosses gezieret wa-
ren/ dahin zur Verschönerung desselben übertragen ließ. Aus die-
sem Verfalle zog es im I. i45i Herzog AlbertV. der Ehrwür-
dige (als Kaiser der II.). Aus frommer Dankbarkeit für den
ihm von Gott geschenkten Sohn Georg/ ließ er es sammt der
Capelle des heil. Georg / zu der Johanna / eine Fürstin
von Österreich / schon vor längerer Zeit ein Benesicium gestiftet
hatte / wieder erneuern / und verfügte neuerdings die Stiftung
einer heil. Messe in jeder Woche. (Hofkamm. Archiv.) Unter diesem
Fürsten war Ritter ErhardD 0 ß Oberforstmeister in Österreich /
und Hauptmann des Schlosses am Kahlenberge/ das von dieser
Zeit an mehrere traurige Schicksale zu erdulden hatte.
Im Jahre 1462/ da Herzog Albert VI. der Verschwen-
der / seinen Bruder Kaiser Friedrich III. (IV.) bekriegte / be-
fand es sich in den Händen eines gewissen Grasser/ der den
Wienern bey dem vorgefallenen Bruderzwiste verdächtig schien.
Sie zogen daher den 10. April 1462 heimlich auf den Berg/
bemächtigten sich des Schlosses / und steckten es / nachdem sie in
demselben großen Unfug getrieben hatten/ in Brand. (Max.
Fischer.)
Die nachfolgenden Regenten Österreichs sorgten zwar für
die Herstellung dieses Wohnsitzes ihrer Altvordern / allein bey
den kriegerischen Vorfällen / die Mathias Corvinus/ Kör-
nig von Ungarn / im i5. Jahrhunderte veranlaßte/ wurde es/
obgleich Kaffer Friedrich III. (l^.) zwey Mal ausdrücklich be-
fohlen hatte / es als den vornehmsten Punct/ der die Donau offen
erhalten konnte / sorgfältig zu verwahren / von Mathias sowohl im
1.1477/14-83 eingenommen/ und sammt der Capelle zerstöret/
Nach Friedrichs Tode besaß Georg Auer pflegweise die-
ses. Schloß/ das aus der Verwüstung wieder gezogen worden zu seyn
scheint/ seine Erben aber mußten es auf Befehl Kaiser Maxi-
i7t
miliar: I. an Hanns Sieger abtreten- Im Jahre i5o2
verlieh es der nähmliche Kaiser dem Jägermeister/ Wolfgang
von Fug er/ pflegweise auf Wohlgefallen und Wiederruf.
(Hofkam. Archiv.)
Um diese Zeit kommen bey der hiesigen St. Georgencapel-
le auch einige Geistliche vor. So präsentirte im Jahre 1497 Kaiser
Maximilian I. dem Bischof von Paffau / Christoph Schach-
ner/ nach dem Tode des hiesigen Beneficiaten/ Laurenz
W a l d k i r ch e r / den Mag. Colomann Kellner als
Rector der Capelle auf seinem Schlosse Kahlenberg/ worüber
ihm das Patronatsrecht zugehörte. Diesem Colomann Kellner
folgte im Jahre i5i8 G e 0 rg Schweintz er auf die nähm-
liche Weise. *
Der gänzliche Verfall des Schlosses schreibt sich aber vom 22.
September 1829 her/ an welchem Tage es / um den anrucken-
den Türken in diesem festen Bergschlosse keinen sichern Punct
zu lassen/ sammt der Capelle gesprengt und geschleift wurde. Die
St. Georgs-Stiftung/ über welche der Kaiser als Erzherzog
von Österreich Lehensherr ist/ ward in die k. k. Burgcapelle zu
Wien übertragen und. derselben einverleibt. Dieser Zerstörung
scheint damals noch ein fester Thurm entgangen zu seyn / denu
im Jahr 1887 wurde derselbe auf Befehl Kaiser Ferdinand I.-
von dem Paul Mirandula/ Steinmetzmeister/ mit Bey-
hülfe einiger wälschen Steinmetzgesellen/ gleichfalls gesprengt/ und
dem Mirandula als Belohnung und zur Erstattung her dabey
gehabten Unkosten binnen zwey Jahren 89 Gulden aus dem
Hofzahlmeisteramte bewilliget und angewiesen. (Hofkam. Archiv.)
Durch i5o Jahre sah man nun auf der Spitze des Kah-
lenberges/ statt des Leopoldsschlosses/ nur einen Haufen von
Steinen und eingefallenem Mauerwerke/bis im 1.1679 Kaiser
Leopold I. / der zur Abwendung der Pestseuche das feyerliche
Gelübde gemacht hatte/ die verfallene und verwüstete Kirche auf
dem Kahlenberge wieder herzustellen / sich auf denselben verfüg-
te/ um am 9. August des erst erwähnten Jahres den Grund-
stein zu einer neuen Capelle zu legen. Doch die fortwüthende
Pest/ Aufruhr in Ungarn / und der nachfolgende Krieg mit
den Türken/ hieß die -Fortsetzung des begonnenen Baues
, M
unterbleiben, und was der fromme Wille des Fürsten unter-
nommen hatte/ ward 1683 bey der zweyten Belagerung Wiens
durch die Türken eine Beute der Flammen. Als nach einigen
Monathen die christliche Heeresmacht zum Entsätze der alten
Kaiserstadt heranrückte/ erstiegen die kaiserlichen Truppen um
Mitternacht die Spitze des Berges/ und steckten auf dem erha-
bensten Gipfel zum Zeichen für die Belagerten eine rothe mit
einem weißen Kreutze bezeichnete Fahne auf.
Zehn Jahre währte es noch/ bis wieder auf die Fortsetzung
des angefangenen Gebäudes gedacht werden konnte. Endlich am
i'5. August im Jahre i6g3 nach glücklich errungenem Frieden
erneuerte Leopold I. in der Domkirche St. Stephan in
Wien vor dem Bischof öffentlich sein feyerliches Gelübde/ und
betrieb den Bau der vorlängst angefangenen/ und dem heiligen
Leopold gewidmeten Capelle auf dem Kahlenberge mit allem Ei-
fer. Sie erhielt einen Altar mit dem Bilde der göttlichen Mut-
ter. Von dieser Zeit an scheint der Berg den Nahmen des
Leopoldsberges zu führen. Auch das Schloß wurde von dem Kaiser
wieder hergestellt. Der erste/welcher den Gottesdienst in der end-
lich vollendeten Kirche verrichtete/war der Domherr von Wien/
Ignaz Atbin/ Graf von Seitz. Da das verfallene Schloß
und seine zerstörten Gemächer bisher Zigeunern und anderem
Gesindel sichern Aufenthalt dargebothen hatte / so faßte er den
Entschluß / das öde Schloß zum Aufenthalte zu wählen / und
es von diesem Gesindel zu reinigen. Leicht erhielt er dazu vom
Kaiser Leopold I. die Erlaubniß, und bald darauf vom Kai-
ser Joseph I. ein jährliches Einkommen von 3oo Reichstha-
lern mit der Verbindlichkeit/ fünfmal in der Woche das hei-
lige Meßopfer für die Erhaltung des durchlauchtigsten Kaiser-
hauses zu verrichten. Als dieser würdige Mann im Jahre 1705
Propst zu Ofen wurde/ folgte ihm Thaddäus Textor/
im Genüsse der Stiftung/ die vom Kaiser Joseph I. durch die
Stiftung des täglichen Meßopfers vermehret wurde. Unter ihm
wurde im Jahre 1718 das Schloß durch den Baumeister B e-
luzzi vollends zu Stande gebracht. Doch die herrliche schöne
Kirche/ die aus der alten erhobenen und ausgebesserten durch
Kaiser Carl VI. erbauet wurde/ sollte er nicht mehr sehen, er
starb im Jahre ihrer Vollendung 1700/ und wurde in der Kirche
begraben. Auch bey der Umstaltung der alten Capelle in die gegen-
wärtige Form/ und bey der Leitung der Verzierung sowohl im
Inneren als des Äußeren der Kirche führte der Hofarchitekt.
Beluzzi die Aufsicht. Den Plan hiezu entwarf der Kaiser selbst.
Schloß und Kirche wurde durch eine Mauer eingeschlossen.
Der dritte Beneficiat/ Franz Anton Jäger / ließ zur
Verewigung der Hochherzigkeit und Frömmigkeit des Kaisers
die obenerwähnte Inschrift über der Kirchenthüre setzen. Sein
Nachfolger/ Andreas K ö n i g s m a n N/ starb im Jahre 17Z6
und wurde von dem Hofpfarrer/ Bartholomaus Trillsam ein-
gesegnet und begraben. Um die nähmliche Zeit erscheint bey der
hiesigen Capelle auch ein kais. Sacristan/ Nahmeys Adam
Gabriel Molitor. Im Jahre 1762 wurde der als Sacri-
stan angestellte Einsiedler/ Fr. Bruno Titzl/ von dem da-
maligen Schloßbeneficiaten mit den heil. Sacramenten verse-
hen/ und zur Erde bestattet. Diese bischer bestandene Stiftung
erhielt im Jahre 1784 ihr Ende/ wo sie Kaiser Joseph II.
für den Religionsfond einzog; die Kirche selbst aber wurde
entweihet/ gesperrt/ und dem Stifte Klosterneuburg sammt
dem Berge und seinen Gebäuden/ als ein lange zurückgehaltenes
Eigenthum zurückgegeben. Doch als Seine jetzt regierende Ma-
jestät Franz I. bey einem Besuche/den Sie dem Wohnsitze Ih-
rer Ahnherren machten/ den frommen Wunsch äußerten: „Hier
sollten wieder Altäre stehen!" so ward dieser Wunsch für den
letzrverstorbenen Prälaten des Stiftes / Floridus Leeb/
zur süßen Pflicht/ der er seine ganze Sorgfalt weihte. Die Kir-
che wurde daher gereiniget/ mit drey Altären im neueren Ge-
schmacke versehen/ mit neuen Stühlen besetzet/ und am Vorabende
ihres Schutzheiligen 1798 von dem Propste feyerlichst benedicirt.
Die Zeitumstände gestatteten'ab er d ieserErö ffnung keine lange
Dauer; sie ist dermalen wieder gesperrt/ und es wird in dersel-
ben kein Gottesdienst gehalten. Die wenigen Personen/ die das
Schloß gegenwärtig bewohnen / und kaum 8 an der Zahl sind/
gehören seit 1809/.so wie der benachbarte Josephsberg mit sei-
nen Bewohnern/ i\\ die Pfarre nach Heiligenstatt.
Nebst der Kirche und dem Schlosse ist auf dem Kahlenbergs
M 3
i8o
noch ein Stiftsgebaude mit einer Ausschank/ und ein anderes
des seligen Fürsten de Ligne. Über letzterem steht die auf seinen
Familien-Nahmen anspielende Devise: Ouo res cunque ca-
darrt , semper stat linea recta. Inwendig ist es rrnt allem
ausgeschmückt/ was reizend und lieblich ist. Dieser edle Mann
hat um diesen Berg ein unbestrittenes Verdienst. Durch
seine Veranstaltung ist aus dem ehemals sehr beschwerlichen Fuß-
steig vom Kallenbergerdörfchen nun ein sehr bequemer/ mit Ru-
hebänken / Stufen und Gelandern versehener Weg geworden/
so daß man sehr leicht den Gipfel dieses Berges ersteigt/ der-/
ob er gleich nach den Ausmessungen des Jesuiten Liesganigs/ kaum
die Höhe von i3o Klafter erreicht / doch weit umher eine herr-
liche Aussicht gewahret. Ein zweyter Fußsteig führt von Kloster--
neuburg aus dahin/ gleichfalls von ihm angelegt. Ein dritter
älterer/ und allbekannter Weg führet auf seine Spitze überden
mit ihm zusammenhängenden Josephsberg» (Panorama vost
Wiens Umgebungen.)
Das (ehemalige) Camaldulenser-Kloster auf dem Jo-
sephsberg/ heut zu Tage Josephsdorf *).
Im Zusammenhange mit dem Leopoldsberge/ dem ersten
Gipfel des Kahlengebirges/ steht der sogenannte Josephsberg
mit einem kleinen Dorfe gleiches Nahmens. In den älteren Zei-
ten war dieser Berg ganz mit einer finsteren Eichenwatdung be-
deckt/ und unter dem Nahmen des S chw e insb erg e s/ ein
Eigenthum des benachbarten Stiftes zu Klosterneuburg. Erst um
das Jahr 1628 wurde diese ganze Waldgegend von demselben
an Kaiser Ferdinand II. abgetreten/ der sie dann zur Grün-
*) Nach den diplomatischen Beylagen zu P. Marians Clerisey-Geschichte
S- 243; nach den Acten darüber im Klosterraths- Archive bey der n. ö.
Regierung, und nach handschriftlichen Nachrichten des Herrn Stiftsde-
chants, Augustin Herrmann, zu Klosterneuburg, verglichen mit den
Consistorial-Acten der Camaldulenser lit. G. i\ro. XI. und der Josephs-
dorfer Pfarre Lit, I. iNro.X
1ÖI
düng eines Ca m aldulenser- oder Eremiren-Älosters nach der
Regel des heil. Romualds verwendete.
N i c o l a u s W o l l s k yMarschall in Pohlen/ und Stif-
ter emes dortigen Camaldulenser-Klosters/ und dann die beyden
kaiserlichen Räthe/ Mathias Arnoldini und Athana-
sius Geoygeri/ von denen der letztere ein dalmatischer
Graf/ hatten diese Mönche dem Kaiser vorzüglich empfohlen/
und ihn bewogen/ für dieselben auch in Österreich ein Klo-
ster zu errichten / damit die aus Italien nach Pohlen wandern-
den Ordensbrüder/ wenigstens in der Mitte dieser langwierigen
Reift / eine angemessene Herberge fänden. Der Monarch berief
also im Jahr 1627 eine Colonie von der Camaldulenser-Einöde
MonN5 Ooronae aus Italien hieher/ nachdem er die Sorge
gebraucht hatte/ da? die Eingekommenen P. Sy tv an usBo-
sell/ ein Venetianer/ P. Constantius/ P. Melchior/
ein Tridentiner/ und P. B a r th 0 t 0 m ä u s CH i u p p a n i, von
Vicenza/ einstweilen im Schotten-Kloster zu Wien untergebracht
und so lange verpflegt wurden / bis sie einen schicklichen Ort zur
Erbauung eines Ordenshauses würden gefunden haben. Zwey
aus den obenbenannten Eremiten erwählten nun den Schweins-
Lerg zur künftigen Einöde; und Kaiser Ferdinand II. säumte
nicht/ denselben vom Stifte Klosterneuburg einzulösen/und ihn,
mit Bewilligung des apostolischen Nuntius/ und des Diöcesan-
Bischofs von Pgssau/L eopo ld II. Erzherzoges von Österreich
und Herzoges von Burgund/ der neuen Camaldulenser-Colonie/
den 2. April 1626 als Eigenthum zu übergeben/ worauf am
5. July des nähmlichen Jahres die feyerliche Schenkungsurkun-
de *) des ganzen Berges / und die Anweisung eines Stiftungs-
Capitales von 36/000 Gulden/ die -der Monarch damit ver-
band/ erfolgte. Diese Summe war das Vermögen zweyer ade -
ligen/ aber aufrührerische n Brüder von Cöln/ aus dem Ge-
schlechte der Struncheda; es war dem Fiscus anheimgefal-
len/ und wurde nun zu diesem wohlthätigen Zwecke verwendet.
Nun errichtete P. Sylvanus das Kreutz an jenem Orte/
*) Sieh dieselbe im Ksofterraths-Archiv beyder n. ö. Regierung unter dem
LascikelGamaldulenser-
' -1.82
wo die künftige Einöde erbauet werden sollte-' und traf/ nach-
dem er von den obgenannten Brüdern das Geld (obwohl eine ge;
ringereSumme) erhalten hatte/ die nöthigenAnstalren zum Baue.
Bereits hatte man die Grundfeste vollendet/ und es kam darauf
an / den Grundstein zu legen / als der Kaiser erklärte/ er wolle
bey der Versenkung des Grundsteines selbst zugegen seyn / und
diese Feyerlichkeit in eigener Person verrichten.
Am 10. August 1629 begab sich nun der Monarch im feyer-
Lichsten Pompe / und in Begleitung seiner durchlauchtigsten Ge-
mahlin E l e n 0 r a G 0 n z a g a/ seiner Söhne Ferdinand Hl.
Königes von Ungarn und Böhmen/ und Leopolds/ Erzherzogs
von Österreich/ zweyer Erzherzoginnen und einer großen Men-
ge Landesedeln auf den Berg. Der apostolische Nuntius/ Jo-
hann Bapt. Pallota/ segnete den-Grundstein ein/worauf
ihn der Monarch in die Erde versenkte/nachdem er in die Höh-
lung desselben eine goldene Denkmünze mit folgender Inschrift
gelegt hatte: Christo Jesu Imperatori aeterno *JDeiparae
Virgin!, Imperatrici coelorum, sancto Josepho, Virginis
Mariae sponso , et Dei Nutricio., sanctis Benedicto et
Romualdo eorunpique sancto Camaldulensi Ordini. Auf
der Rückseite war ausgeprägt: Ferdinandus II. Imperator,
Eleonora Gonzaga Imperatrix , Ferdinandus III. Hunga-
viae etBohemiae Rex, Leopoldus Archidux,Ferdinandi
filii ürmies pia mente dedicarunt anno Domini 1629 die
10. Augusti.
Mit gleicher Feyerlichkeit legte hernach die Kaiserin den
ersten Stein zum Krankenhause/ und König Ferdinand III.
that das nähmliche bey der Grundfeste des Gastgebäudes. Nach
geendigter Feyerlichkeit ward von dem allerhöchsten Hofe das
Mittagsmahl auf dem Berge eingenommen / und den Mönchen
noch besonders 1000 @utben von dem wohlthätigen Kaiser zum
Geschenke gemacht/nachdem erden ehemaligen Nahmen des Ber-
ges S ch w e i n s b e r g in I 0 s e p h s b e r g verwandelt/ das Klo-
ster selbst aber die Einöde Montis Coronae zu nennen be-
fohlen hatte. Dem erhabenen Beyspiele ihres Beherrschers folg-
ten einmüthig die übrigen Fürsten/ und versprachen den Or-
denSmännM Beyträge zlrr'Erbariung der nöthigen Klosterzellen.
i85
Die erhaltenen Gelder verwendeten nun die Mönche theils
zum Baue der Kirche und übrigen Gebäude/ theils auch zum
Kaufe des Schlosses und der Herrschaft Prinzendorf V. U. M. B.
und eines eigenen Hauses in Wien in der Weihburggaffe zu St.
Nicola (der ehemaligen Universität) / welches sie aber im Jah-
re 1645 unter ihrem Prior M arzia n wieder verkauften/nach-
dem sie schon im Jahre i636 das sogenannte gräflich Vetera-
nische Haus in der Teinfalt-/ehemals Steinfeldgasse an sich ge-
bracht hatten.
Inzwischen machte der Bau der Kirche und der Zellen
schnelle Fortschritte/ wozu noch das Noviziat/ ein Keller/ das
Preßhaus / die Küche/ Apotheke und eine Herberge für die
Gäste kam. Das Ganze glich einem ins Viereck erbauten/, mit
zwanzig Zellen versehenen/ und mit einer Mauer umgebenen Dorf
chen. Jeder Eremite hatte nach der Regel des Camaldulenser-
Ordens/ ein besonderes von den andern abgesondertes Häuschen
(Zelle) mit zwey Zimmern/ und einem kleinen Obst-und Blu-
mengarten. Im Hofe selbst war von Zelle zu Zelle ein Gang
geführet/ der sich an die Kirche/ an das Krankenhaus und die
Apotheke anschloß. Letztere wurde mit folgender Aufschrift gezie-
ret: Deo Maximo Aeterno Elenora Gonzaga Ferdinan-
di Secundisemper AugustiAugusta. CID. lO.C.XXXIL
Die Kirche / das Priorat und Gastgebäude standen in
der Mitte mit der herrlichen Aussicht gegen die Kaiserstadt. Die
Kirche selbst/ die mit vielen Altären geziert war/ hatte einen
kleinen bedeckten Vorhof/ in welchem das Frauenvolk bey eröff-
netem großen Kirchenthore den Gottesdienst. abwarten durfte/
denn der ordentliche Eintritt in die Kirche und in die Zellen
war dem anderen Geschlechte nicht gestattet. Ober dem Haupt-
thore des Klosters stehen die Worte: Sit Nomen Domini
benedictum. MDCCXL1II.
' Der Hochaltar im Innern der Kirche erhielt das Bild des
heil. Joseph/ welchem die Kirche geweihet ist; die vier Seiten-
altäre waren der h. Jungfrau Maria/ dem Ordensstifter Romuald/
dem heil. Markgrafen Leopold und dem heil. Sebastianus ge-
widmet. Der letztere wurde erst im Jahre 1679 errichtet. Ne-
ben ihnen prangten noch 6 kleinere Nebenaltäre / und überdieß
*64
waren die Wände der Krrche noch mit den Statuen der heiligen
Apostel in Lebensgroße verzieret^ die aber nach der Aufhebung
des Klosters bekanntlich in die Pfarrkirche St. Martin zu Klo-
sterneuburg übertragen wurden.
Kaiser Ferdinand II./ der eigentliche Stifter dieses Klo-
sters - erlebte die gänzliche Vollendung desselben nicht/ denn er
starb schon dey i5. Februar 16Z7/ nachdem er seine übrige Le-
benszeit hindurch ein Wohlthäter und Beförderer dieser errichte-
ten Einöde geblieben war. So bestätigte er im Jahre i652 die
den hiesigen Camaldulensern von Carl Freyherrn von Pergen
in Ober-Sivering geschenkten Besitzungen/ bewilligte ihnen im
Jahr i655 ein Noviziat zu errichten/ bey dessen Baue und Er-
haltung Fürst Max. von Lichten st ein und seine Gemahlin
Catharina/ geb. von Boskowitz/ als Gutthäter erscheinen/ und
beschloß endlich seine Wohlthaten durch die Bestätigung/ welche
er den Mönchen über die G r un dh e r rli ch ke i t zu Maus-
trenk und Ebersdorf/ und über das Patronatsrecht der
Pfarre zu Hauskirchen ertheilte. Auch hatte er noch das
Vergnügen/diese Einöde auf dem Josephsberge zu einem Priorate
erhoben/ und den P. Prosdocimus Murianensis im
Jahre 1656 mit dieser Würde bekleidet zu sehen/ da dessen Vor-
fahrer/ P. S ylv a n u s/ nur den Titel eines Superiors führte»
Erst Kaiser Ferdinand III./ sein Sohn und Nachfol-
ger/ krönte im Jahre i638 das fast vollendete Kloster mit der Be-,
stätigung aller Gerechtsame und Freyheiten/ und erlebte im
Jahre 1689 die Beendigung des ganzen Gebäudes/ welches zur
Erinnerung an einen seiner größten Wohlthäter/ den Erzher-
zog von Österreich/ Leopold Wilhelm/ links bey dem
Refectorium der Mönche noch mit folgender Aufschrift geziert
wurde : EeopoldusV^illielmusArokidux Austria? , Ferdi-
nandilL Caesaris filius * Ferdinand! III. Frater *) , Pins
in Eremitas Camaldnlenses. A. D. CID. 13. C. XXXIX.
Nachdem nun das Kloster vollendet/ und nach Wunsche zu
Stande gebracht war/ erhielten die Camaldulenser-Priester im
*) Er tvar, nnter dem Nahmen L e 0 p 0 t d II., Bischof zu Passau. M26
bis 1662. . ~ ' ■ - / '
Jahre 1606 von dem Diocesan - Bischof von Passau/ auch die
Erlaubniß/ in ihrer Kirche nicht allein die Beichte ihrer Ordens-
brüder/ sondern auch weltlicher Leute aufnehmen zu dürfen.
Ruhig und in sorgfältiger Beobachtung ihrer Regeln leb-
ten die schweigenden Büßer dahin/ denen die fromme Milde
so viele Beyträge und Unterstützung zukommen ließ / daß ihr
Prior/ I oh an n es Advogarius/ durch den Propst von
Klosterneuburg aufgemuntert/ im Jahre 1661 sogar einen neuen
Bau der Kirche nach jenem Plane beginnen konnte/ welcher schon
zu den Zeiten Kaisers Ferdinand II. gemacht worden war. Der
damals regierende Kaiser Leopold I. besuchte mit seiner Ge-
mahlin und ihrem Vater/ dem Herzoge von Neuburg/ diese
Einöde / machte den Mönchen ein Geschenk mit 1000 Gulden /
und eiferte sie mit Wort und That zur Erbauung der neuen
Kirche an. Allein der im Jahre i685 ausgebrochene Krieg un-
terbrach nicht nur das angefangene Werk / sondern brachte auch
den schon vollendeten Gebäuden Zerstörung.
Die Türken verheerten am ^.July dieses unglücklichen Jah-
res bereits die Ebene von Wien mit Feuer und Schwert/ da
raffte der damalige Prior der Einöde/ Cerbonius/ die
wichtigsten Schriften/ Bücher/ Reliquien und andere Kirchen-
schätze in höchster Eile zusammen/ verbarg alles in zwey wohl-
verschlossenen Zellen/ nahm das Vermögen/ das Grundbuch des
Klosters/ und die kaiserlichen Privilegien zu sich / und floh
ohne den geringsten Aufenthalt mit neun anderen Eremiten
nach Linz/ und als er sich auch da nicht sicher genug glaubte/
gar nach Italien / während seine Begleiter in Baiern Schutz
und Obdach suchten.
Nach dem Abzüge der Feinde kehrte jedoch der geflüchtete
am 6. November des nähmlichen Jahres mit seinen Mitbrüdern
in die Einöde zurück/ und fand glücklicher Weise die ver-
borgenen Schätze in den beyden Zellen erhalten und unver-
sehrt/ obgleich alles übrige sammt den Gebäuden ein Raub der
Flammen/ oder eine Beute der Türken geworden war/ welche
hier länger als 2 Monathe gräßlich gehaust hatten..
Alsogleich fingen die Brüder an/ die Brandstätte aufs
schnellste zu reinigen/ und sparten keine Muhe/ die Wied^-
i86
Herstellung ihres Klosters nach Kräften zu fördern. Von der Frey-
gebigkeit Kaisers Leo pold I. unterstützt/ ging das Nothwen-
digste bald aus dem Schutte hervor. Seinem frommen Bey-
spiele folgten sehr viele Wohlthäter. Die Fürsten von Lichten-
stein/ Schwarzenberg/ Dietrichstein und Wade
m a n n / die Grafen von H a r r a ch/ S t a r h e m b e r g/ Wal d-
stein/ Zober und Wartenberg/ die Herren von Thu-
xx), Franz/ Tomasini/ Malkort/ Vinants/ Ro-
tz owsky rc. re. eilten zur Unterstützung mit milden Beyträ-
gen herbey. Doch erst der großen Kaiserin Maria There-
sia war es vorbehalten/ mit einem Capitale von 5o/ooo Gul-
den/ das Ganze wieder in Flor und in Ordnung zu bringen.
Auch der Allerhöchste zeigte seine Güte den Bewohnern des
Josephsberges bald nach der Befreiung des Vaterlandes / indem
er sie aus dem bisher empfundenen Wassermangel errettete.
Keine Mühe/ keine Unkosten hatten sie seit 5o Jahren gespart/ um
das für die Religiösen nöthige Wasser aufzufinden; doch all'ihr
Suchen und Streben war vergebens. Erst jetzt an dem Festtage
Beatae Mariae ad nives 1686 waren sie so glücklich/ unfern
des Klosters gegen den Wald zu/ eine Quelle von reinem und ge-
sunden Wasser zu entdecken/ wodurch sie jeder Entbehrung des-
selben für die Zukunft enthoben wurden.
Unter dem Prior/ Don M a u r u s/ wurde an diese Einöde
im Jahr 1691 das Ansuchen gemacht/ das wiedererstandene
Eremiten-Kloster auf dem Berge Zob or in Ungarn/ mit vier
Ordensmännern aus ihrer Mitte zu besetzen. Schon zu Zeiten
Stephan des Heiligen/ Königes von Ungarn war um
das Jahr 1010 dieß Eremiten-Kloster zu Ehren des heil. Hyppo-
litus auf dem Berge Zobor oder Sabor errichtet worden/ durch
die Länge der Zeit aber gänzlich in Verfall gerathen. Bischof
Blasius Jacklin/ von Neutra/ der dem Camaldulenser-
Orden mit vorzüglicher Liebe ergeben war / wollte dieses durch
beynahe 700 Jahre verlassene Kloster in seiner Diöcese wieder
erneuern/ und theilte daher im obenbenannten Jahre den Ere-
miten auf dem Josephsberge seinen bereits erwähnten Wunsch
mit. Diese zeigten sich zur Erfüllung desselben alsogleich bereit/
und sendeten den P.Johannes Felix von Bologna als
Superior des neuen Klosters/ mir einigen Ordensbrüdern nach
Neutra/ um sowohl die neue Gründung zu beginnen / als auch
die Einkünfte für das entstehende Kloster zu sichern. Nachdem
alles Nöthige in Ordnung gebracht war/ Kaiser Leopold I.
und der Erzbischof von Gran/ Georg S z e ch e N/ im 1.1691
die Bewilligung zur Wiedererrichtung ertheilet hatten/ so wur-
de im I. 1694 von den Desinitoren des General-Capitels der
Camaldulenser/ P. Johannes Felix/ als Superior der Einöde
auf dem Berge Zobor bestätiget/ und die Mitglieder derselben
von der Eremitengemeinde auf dem ,Josephsberge gänzlich ab-
gesondert.
Dieses ist die letzte Begebenheit/ wobey des hiesigen Klo-
sters Erwähnung geschieht. Abgesondert von der Welt und irdi-
schen Geschäften/ streng gegen sich selbst/ nach der Regel des
Ordens/ mildthätig aber und nachsichtsvoll gegen die leidende
Menschheit/ verlebten die Glieder desselben unter frommen An-
dachtsübungen die Tage ihres einsamen Lebens/ versahen mit
gewissenhafter Treue den Gottesdienst in ihrer Klosterkirche und
begaben sich dreymal in der Woche/ vorzüglich an Sonn - und
Festtagen/ auf den benachbarten Leopoldsberg / um auch in der
dortigen Capelle für das Wohl des Hauses Österreich zu bethen/
und für die ewige Ruhe der verstorbenen Landesherren das hei-
lige Meßopfer zu verrichten.
Hundert und drey und fünfzig Jahre versanken seit der
Errichtung dieses Klosters in den Strom der Zeit/ da erlitten die
Camaldulenser gleich so vielen anderen Stiften und Klöstern das
traurige Loos/ aufgehoben zu werden/ und 10 Priester/ 3
Cleriker und 6 Leybrüder mußten am 4. Hornung 1782 ihre
Einöde verlassen/ und in eine Welt zurückkehren/ der sie schon
so lange entsagt hatten.
Nach ihrer Zerstreuung kaufte der edle Herr von Kr i e gt
noch im nähmlichen Jahre von dem Religionsfonde den Berg
sammt der entweihten Kirche/ der Waldung und den vormali-
gen Camaldulenser-Zellen. Diese letzteren veräußerte er als Bau-
stellen an Weltliche/ daS übrige Klostergebäude veränderte er
in ein Einkehr-Gastbaus. Späterhin kam diese Besitzung in die
welcher sie im Jahre 1796 das Stift Klo-
sterneuburg gleichfalls durch Kauf an sich brachte.
Aus Gefälligkeit gegen den ersten Besitzer/ wurde den 21.
December 1763 die Kirche zum heil. Joseph wiedereingeweiht/
und dabey eine eigene Local-Caplaney errichtet/ welche immer
von dem Propste zu Klosterneuburg/ durch einen Capitularen sei-
nes Stiftes besetzet/ und der zugleich der Leopoldsberg einge-
pfarret wurde.
Der erste hier im 1.1768 angestellte Seelsorger war Gelasius
Sinnreich/ aus Schlesien von Rothwaffer/ und vorher 'Ka-
techet an der Stiftspfarre. Zur Wohnung wurde, ihm der an die
Kirche stoßende ehemalige Büchersaal der Camaldulenser/ der
in drey bis vier Zimmer getheilt worden war/angewiesen; doch
besaß er dabey weder einen Hof/ noch Garten/noch Keller.
Bald änderten daher seine Nachfolger diese Wohnung / und be-
gnügten sich mit einer etwas entfernteren. Als er zum Pfarrer
von Kierling befördert wurde/folgten ihm im I. 1785 Domi-
nik Lotter/ von Wien/ vorher Cooperator zu St. M a rt i N/
dann der erste Pfarrer zu Haselbach. 1788—1791 Philipp
Dürnb erg er/ von Haselbach gebürtig/vorher Cooperator zu
St. Martin/dann Pfarrer zu Kritzendorf. 1791—179b Ferdi-
nand Albrecht/ aus Wien/ vorher Gastmeister im Stifte/
dann Pfarrer in Kallenbergerdorf. 1798—1798 I 0 Hann Bap-
t i st D ö g l/ gleichfalls aus Wien/ vorher Cooperator zu St.Mar-
tin/ dann Pfarrerin Weidling. 17988 a ur en z Z ieg te r/ auch
von Wien/ vorher Cooperator zuHiezing/ aber noch im nähmlichen
Jahre Pfarrer zu Weidling. 1798—1800 Augustin Her r-
mann/ von Barzdorf in Schlesien/ vorher Katechet undCoo-
*perator zu Korneuburg/ dann Novizenmeister/ gegenwärtig aber
Dechant des Stiftes. 1800—i8o5 Hieronymus Höller,
ein Wiener/ vorher Stiftskatechet und Cooperator/dann Pfar-
rer zu Kritzendorf. i8o3—1806 Peter Planer/ vonPreß-
burg/ vorher Katechet und Cooperator zu Korneuburg/ dann
Pfarrer zu Nußdorf. 1806-—1807 Paul Hausmann/
von ZnayM/ vorher Cooperator zu Korneuburg/ dann Pfarrer
in Kallenbergerdorf. 1607—1609 endlich Frigdian Bla-
i89
kora, von Liderzoviz in Mähren, vorher Cooperator zu Hier
zin.g, dann Pfarrer zu Götzendorf. Als dieser zur Zeit des Ein-
falles der Franzosen in Österreich, seine Gemeinde versassen muß-
te, wurde die hiesige Local-Caplaney, nachdem sie 26 Jahre ge-
dauert hatte, wiederausgehoben, die Bewohner des Josephs-
und Leopoldsberges dem Pfarrer zu Heiligenstatt zugetheilt,
und nur die Schüfe, die höchstens aus 12 bis 14 Schülern be-
steht, sammt einem Lehrer fortdauernd gelassen.
Gegenwärtig besteht das Dörfchen aus 22 Häusern
mit kleinen Gärtchen, aus dem Schulhause, und dem Gast-
gebäude des Wirthes , welches mehrere 'sehr schöne Zimmer
enthält. Da nur 10 von diesen Häusern immerwährend, die
übrigen aber nur in den angenehmeren Monathen des Jahres
bewohnt sind, so beläuft sich die ganze Bevölkerung kaum auf
5o Personen.
Die am Fuße des Berges in der vortheilhaftesten Lage ge-
pflanzten Weingebirge, die herrliche Waldgegend, die größten
Theils aus Eichen und Weißbuchen besteht, und vorzüglich die
hochgepriesene Aussicht von diesem Berge in die gesegneten Ebe-
nen Österreichs, locken im Frühjahre und Herbste viele Natur-
freunde zum Besuche herauf; und selbst den allgeschätzten Für-
sten de Ligne konnte weder der holprichte Steinweg, noch die
rauhe Winterszeit hievon zurückhalten. DaS Einsame der hie-
sigen Gegend fand seinen Beyfall, und diese Vvrliebe für den
Josephsberg bestimmte ihn, sich hier seine Grabstätte zu wählen»
Er starb im Jahre 1814, und wurde seinem letzten Wunsche ge-
mäß, auf diesem Berge begraben.
Zum Schluffe führen wir das Verzeichniß der Prioren an,
welche das Camaldulenser-Kloster von seinem Ursprünge bis zu
dessen Auflösung regierten:
1628 P» Sylvanus (nur noch 1696 P. Modestus»
Superior). -714 P. Ernestus.
i636P.Prosdocimus. i.Prior. *719 P. Romualdus.
1645 P. Marcianus. 1726 Don. Thomas.
1681 P. Joannes Advogarius. 1726 D. Matthäus.
1662 P. Tiburtius. 17^4 D. Thomas.
i683 P. Cerbonius. 17^7 D> Bruno.
igtf
1740 D. Franciscus» 17^6 D. Äruno (auch nur
1744 D. Nicolaus. Superior).
1747 D. Adamus (wieder nur
Superior)»
Die Stiftungen auf heilige Messen betrugen vom J.chre
1686—1749 bereits i5,5go Fr.
H e i l i g e n st a t t *).
In einem reihenden Kessel/ welcher von Weingebirgen
gebildet/ und von. Bächen durchschnitten wird/ liegt eine Stun-
de von Wien/ fast in der Mitte der zeihenden Landschaft zwi-
schen dieser Sradt und dem Kahlenbergs das Dorf Heiligen-
statt (Heiligenstätten) mit einer Kirche zum heil. Michael
und einer Capelle zu Ehren des heil. Jacob. Die angenehme
Lage dieses Ortes zwischen blumenreichen Grasplätzen und schat-
tigen Bäumen an dem ostsüdlichen Abhange des Kahlenberges/
und so vielen Rieden (Gegenden des Weingebirges)/ von denen
der Wanderer die herrlichste Aussicht auf das nahe liegende Wien/
die im Hintergründe sich erhebenden Berge und auf die in den
mannigfaltigsten Krümmungen daherströmende Donau genießet/
würden diesem Orte schon einen hohen Werth geben/ wennauch
nicht die am Ende des vorigen Jahrhundertes wieder aufgefun-
dene mineralische Wasserquelle dasselbe zu einem Lieblings-
aufenthalte der Wiener umgeschaffen hätte.
Der Ursprung des Namens Heiligenstatt quält die Atter-
thumsforscher schon viele Jahre. Im zwölften Jahrhunderte hieß
dieser Ort ad Sanctum Michaelem, von der Kirche so zuge-
nannt; im dreyzehnten durchaus 8anow8 Locus., die heilige
Stätte/wahrscheinlich zumAndenken des H.Severin undseinerJün-
ger; im Anfange des fünfzehnten Jahrhundertes kömmt dieser Ort
(bey P h i l i b e r t H u e b e r) gar mit dem Nahmen urbicula (das
Städtlein) vor/ und im sechszehnten Jahrhunderte/ da man aus
*) Aus der gedruckten Geschichte des Dorfes Heiligenftatt von A. v. 33—m.
Wien i8n und aus gedruckten und handschriftlichen Urkunden desGtifts-
Archives von Klosterneuburg. Vergl. mit den Acten dieser Pfarre im
erzbischöflichen Consistorial-Archiv Nr. EL .Nr. XIX.
x9*
Mißverstand die Endsylbe: Statt mit Stadt verwechselte/ entstand
der Nablne: Lancia Givitas,, Hagiopolis (Heiligenstadt). Doch
selbst die Lage auf einer Lehmstätte/ und einer Ried im „Heiligen"
genannt/ kann diesem Dorfe die Benennung: Heiligenstatt oder
Heiligenstätten verschafft haben / denn noch jetzt verdanken
die Ortschaften Pfafstätten/ Königstätten / Amstätten rc. ihre
Namen einer ähnlichen Lage.
Die Geschichte des Dorfes fordert einen Blick in die Tage
der Vorzeit / dem leider dunkle Nebel von Sagen und Ver-
muthungen über den ersten Ursprung des Ortes nur zu wenig Licht
gewähren. Wahrscheinlich ist es/ daß die Gegend von Heiligen-
statt wegen ihrer ängenehmen Lage und der reihenden Aussicht
auf beyde Ufer der Donau schon bey den Rö m ern beliebt ge-
wesen ist/ vielleicht auch von ihnen wegen des aus dem Wald-
gebirge quellenden Heilwaffers/ dem heutigen Bade/ gerne besucht
wurde. Allein noch früher mögen die auf Anordnung des Kai-
ser Probus hier gepflanzten Weinreben das Daseyn eines
Ortes verursachet haben/ denn der gewinntragende Boden lockte
Arbeiter und Ansiedler herbey / und brachte vermuthlich alle die
an der Bergkette liegenden Dörfer hervor *)..
Berühmter wurde dieser Ort zur Zeit der Rügen/ als
ihn/ wie die alte Sage erzählt/ der heilige Severin zu sei-
nen^ Aufenthalte wählte. Dieser Heilige kam um das Jahr 455
aus dem Orient in das äußere Noricum an den Gränzen Ober-
pannoniens/ um die Gläubigen in der Anhänglichkeit des Chri-
stenthumes zu stärken. Anfangs ließ er sich zu Austuris (Oster-
burg) nieder/ später aber schlug er in dem °W e i n g e b i r g e (ad
vineas) zwischen dem heutigen Sivering und Heiligenstatt sei-
nen Wohnsitz auf/ um entfernt vom Geräusche der Welt Gott
in einer kleinen Zelle zu dienen. Doch die Armen und Kranken/
die ihm allenthalben Unterstützung und Gesundheit verdankten /
verfolgten ihren Wohlthäter auch bis in seine Einsamkeit/ und
*) Aurelius Victor hat in feinen Denkwürdigkeiten des K. P r o b « s
eine Stelle, welche obige Behauptung bestätiget. Sie heißt: Namque
ut ille (Hannibal) oleisAfricae pleraque per legiones, quarum otium
Reipubiicae atque düctpribus suspectum rebatur, eodem modo hie
(Probus) Ga\Uam Pannoniasque et Moesorum colles vinetis repieyit>
der Stuf seiner Frömmigkeit führte nicht nur Verehrer vor
seine Zelle/ sondern viele in den Wäldern und Höhlen verbor-
gene Christen suchten ihn auf/ um seine Lehrlinge und Schü-
ler zu werden.
Die Anhänglichkeit dieser letzteren/ welche sich von dem
heiligen Manne nicht mehr trennen wollten/vermochten ihn um
seine Zelle noch andere zu erbauen / die er denjenigen überliest,
welche aus reinem Eifer/ mit freywilliger Entsagung des Irdi-
schen/ Gott zu dienen bereit waren. Zur gemeinschaftlichen Got-
Lesverehrung erbaute er eine Capelle/ und schmückte sie spä-
terhin mit den Reliquien des heil. Gervasius / Protasius und
Johannes des Täufers aus / welche ihm von unbekannten Män-
nern überbracht worden waren. Für diese Capelle halt man heut
zu Tage die noch gegenwärtig bestehende alte Capelle im hiesi-
gen Pfarrhofe zum heil. Jacob/ in der man wirklich Mauer-
stücke findet / die wohl durch Lausend Jahre den Verwüstungen
der Zeit und der Menschengetrotzet haben mögen. Severin starb
nach Aussage seines Biographen Eugipp/ am 6. Jänner 482
und wurde in seiner Capelle beerdiget. Allein sechs Jahre später
erhoben die Brüder seinen Körper/ und zogen mit demselben nach
Italien/ weil der von ihm vorher verkündigte Einfall barbari-
scher Völker zu erfolgen schient Wirklich krönte auch der Erfolg den
Seherblick des frommen Mannes. Die Gothen entrissen den Rü-
gen Noricum / und nachdem diese abgezogen waren/ drangen
Hunnen und Avaren vor/ verwüsteten Städte und Dörfer mit
solcher Grausamkeit/ daß selbst die leisesten Spuren ihres frü-
heren Daseyns verwischt wurden. Gleiches Schicksal erlitt auch
Severins Zelle und Kirchlein sammt den übrigen um sie erbau-
ten Hütten seiner Genossen und der Winzer/ und der ganze Ort
gerieth in Vergessenheit.
Die zweyte Entstehung des Dorfes Heiligenstatt fällt
nach vollen Ü00 Jahren / in denen es öde und wüste lag/ in das
zwölfte Jahrhundert; denn zu den Zeiten Markgraf Leo-
pold des Heiligen war es bereits bekannt/ bewohnt und
mit einer Kirche versehen. Diese Kirche soll vom Markgrafen
Adalbert dem Siegreichen/ zwischen den Jahren 1091 und
rog5 zu Ehren des heil. Michael erbauet worden seyn/ zu
,95
Welcher Meinung eine in der Kirche angebrachte Jahreszahl 1095
geführt hat. Da aber Adalbert schon am 26. May io56 ge-
storben ist/ so muß man diese Ehre dem Markgrafen, Leopold
dem Heiligen/ zueignen/ der die ganze Gegend am Kahlengebir-
ge herab/ eigenthümlich besaß/ und schon im Jahre n34 dieGe-
meinden zu Grinzing und Heiligenstatt/ mit jenen von Döb-
ling/ Neustift/ Sivering und Nußdorf dem regulirten Ca-
nonieatstifte zu Klosterneuburg auf immer übergab. Zu je-
ner Zeit war die Kirche zu Heiligenstatt noch eine Filia-
le von St. Martin zu Klosterneuburg/ von der sie erst im
Jahre 1246 getrennt und zu einer Pfarrkirche erhoben ward *).
'Später sollen sich in Heiligenstatt die Tempelherren niederge-
lassen/ und nebst zwey Wohnungen/ auch zwey Kirchen/ eine
große/ unten im Thale zu St. Michael/ und eine kleinere auf
der Anhohe zu St. Jacob besessen haben. Der Sage nach wohn-?
te unten im Thale / wo ein eigenes Hospital für die Pilger er-
richtet war/ der Commendator mit seinen Untergebenen/ auf
der Anhöhe aber der Hospitator. Um diese Meinung zu bekräf-
tigen/ beruft man sich vorzüglich auf die alten öden Gebäude
neben der Pfarrwohnung/ und auf einen gewesenen Speisesaal/
wo noch jetzt an den Wänden Steinsitze / und eine steinerne
Lampe zu sehen sind **). Mehrere Gründe aber streiten ganz
gegen das Daseyn der Tempelherren in dieser Gegend/ und ge-
gen die obige Sage. Erstlich fällt die Gründung dieses Ordens
auf das Jahr ii 18 und schon früher anno 1108 geschieht in
den Nouumenüs von einem in
dem jetzigen Pfarrhofe befindlichen Hospitale Erwähnung/ in
welchem sich auch ein großer Speisesaal befinden konnte/ der spä-
terhinzu Ende des dreyzehnten und im Anfange des vierzehnten
Jahrhundertes / da hier nebst dem Pfarrer mehrere Priester wohn-
ten/ zum gemeinschaftlichen Gebrauche diente. Ferner hat-
schon Markgraf Leopold der Heilige imJahre11Ö4 die Sorge
über die St. Michaelskirche und die Capelle des heil. Jacob/
^Handschriftliche Nachrichten aus der Pfarrgeschichte von Heiligenstatt,,
nach Urkunden verfaßt von Hrn. Willibald Leyrer, Archivar LeS
Griftes Klosterneuburg.
P. Fuhrmann, tm Leben des h. Severin 1746.
Eopogr. v. Ofterr. I. Abth. N
ig4
so wie die anderen herumliegenden Ortschaften seinem neuen
Stifte übergeben/ und wenn gleich die Besetzung dieserPsarre
anfangs nur durch Weltpriester geschah/ und noch keine Stifts-
geistlichen angestellt wurden / so sind doch die meisten Pfarrer
des Ortes (Plebani) aus Urkunden bekannt/ in deren Reihe
jedoch kein Tempelherr zu finden ist/ da vermuthlich weder die
Bischöfe von Paffau noch die Pröpste von Klosterneuburg je-
mals die Absicht hatten/ diese zum Dienste der hiesigen Kirche
zu verwenden. In einer Urkunde des Propstes Conrad II. im
I. 1256 heißt es von dem Pfarrer an der Heiligenstatte: „Pie-
banus tenetnr ambabus Ecclesiis in nocturno Uinain#
providere.” Waren in Heiligenstatt damals auch Kirchen der
Templer gewesen / gewiß hätte der Propst die ihm angehangen
nicht so kurz bezeichnet. Überdies; werden die Tempelritter auch stark
beschuldigt/ die Kirchen-und Pfarr-Zehenden gerne an sich geris-
sen zu haben ; sollte bey solch'einer gefährlichen Nachbarschaft daS
Stift zu Klosterneuburg nie mit diesem Orden zum Streite ge-
kommen seyn? Und dennoch findet man von einem solchen Zwiste
nicht die mindeste Spur. Endlich kommen die Templer in dieser Ge-
gend in keiner Urkunde als Zeugen oder sonst diplomatisch erweis-
lich vor/ da sie doch an anderen Orten/ wo sie wirklich ihrenSitz
hatten/ bey solchen Gelegenheiten öfters erscheinen. — Alles ver-
einiget sich also / den Tempelherren hier den Sitz abzusprechen.
Der erste bekannte Vicar bey dieser Kirche erscheint um das
Jahr 1253/ und nannte sich Rudger. Ihm folgte Ulrich/
ein Clericus von Seckau/ den Papst Jnnocenz IV. im Jahre
1245 und 1246 dem Propste zu Klosterneuburg für diese Pfar-
re empfahl. Nach ihm kamen im I. i2Ü2 Albert/ Dom-
dechant von Passau/ R e i m b e r t und Leopold von B e rn-
hardst.hall/ beyde Hofcapläne der Herzogin Theodora/
deren letzterer auf Befehl des Pröpsten Conrad II. vom Jah-
re 1256 die Kirche St. Michael und die Capelle St. Jacob be-
sorgte / und an den oben erwähnte Urkunde ausgestellt wurde.
Im Jahre 1263 ist Heinrich/ ein Bruder des Pröpsten Ni-
clas I., bekannt/ welcher seineWohnungin dem Hospitale neben
der Capelle Sr. Jacobs aufschlug / von welcher Zeit an das-
selbe immer die Pfarrwohnung geblieben ist. — Der siebente
i95
'bekannte Pfarrer war Dietrich von E ch i n d o r f um
das Jahr 1280, und nach ihm Heinrich Wachs mund/
der die Reihe der hiesigen Pfarrer aus dem Wettpriesterstande
beschloß/ und die Pfarre wieder an Klosterneuburg zurückgab/
weil Bischof Bernhard von Paffau anno i3o7 dieselbe dem
Stifte neuerdings einverleibt/ und dem Propste B ert h 0 ld !.
zugleich aufgetragen hatte, aus der Mitte der Chorherren einen
Vicar zur Kirche St. Michael zu stellen.
Den Chorherrn Jacob traf im Jahre i5o8 zuerst die-
se Bestimmung; und von dieser Zeit zählet die Kirche bis auf
unsere Zeiten 80. Mitglieder des Ehorherrenstiftes zu Kloster-
neuburg, die der hiesigen Pfarre vorgestanden haben/ deren
Nahmen weiter unten folgen werden/ wenn wir die Schicksale
der ihrer Obhut anvertrauten Gemeinde erzählet haben. JmJah-
re 1^72 verbanden sich die Pfarrgemeinden zu Heiligenstact /
Grinzing und Nußdorf zur Errichtung einer Zeche (Bruder-
schaft oder Verbrüderung) welche ihr eigenes Bruderschafthaus/
und ein Spital nächst der Kirche besaß/ von welchen man noch
1746 Überreste erblickte. Der damalige Pfarrvicar bey St. Mi-
chael/ Ulrich Hauspöck/ übernahm dabey dieVerpflrchtung/
alle Mitwoche nach dem Quatember/, für selbe den Gottesdienst
in der Pfarrkirche abzuhalten.
Auch das Jahr 1480 verdient in der Geschichte dieses Dor-
fes eine vorzügliche Erwähnung. Denn als anno 1469 der neu-
errichtete bischöfliche Sitz bey der Kirche St. Stephan in
Wien zum ersten Male besetzt ward/ zog das Consistorium von
Paffau in diesem Jahre von Wien in seinen Hof nach Heili-
genstatt / ordinirte in der hiesigen St. Michaelskirche' durch meh-
rere Jahre Diakonen und Priester/ und zog erst im Jahre 1497
wieder nach Wien zurück. Zwey Jahrhunderte ffpäcer/ nähmkch
1671 und 1697 sollen die Paffauischen Officiale dergleichen Or-
dinationen hier neuerdings ausgeübt haben; allein/ da aus ei-
nigen alten Notaten erhellet/ daß anno 1670 und 1671 die
Weihen in der Stiftskirche zu Klosterneuburg vorgenommen wur-
den/ so wird dieses auch für das spätere Jahr *697 sehr wahr-
scheinlich / und selbst Propst B erth old scheint irre geführt
worden zu seyn- als er 17^2 dem erzbischöflichen Consistorium
N2
196
berichtete: daß die Quatember-Ordinationen, und das Weihen
der heil. Öhle über zwey Jahrhunderte zu Heiligenstatt vorge-
nommen worden sey.
So erfreulich für die Gemeinde dieses Ereigniß war/ so
betrübt waren im Gegentheile die Begebenheiten/ die sich hier
vier Jahre später im Jahre 1484 zugetragen haben. Denn am
St. Lucien-Tage dieses Jahres plünderte das Heer des ungari-
schen Königes Mathias C 0 r v i n u s alle am Kahlenberge ge-
legenen Dörfer/ und verwüstete die Weingärten/ wobey auch
Heiligenstatt nicht verschont blieb. Von diesem Jahre an bis gegen
die Mitte des sechzehnten Jahrhundertes hat uns die Geschichte
von diesem Orte nichts Merkwürdiges zu erzählen; vermuthlich
waren seine Bewohner zu sehr beschäftiget/ ihre Häuser herzu-
stellen/ und ihre verwüsteten Gründe wieder urbar zu machen.
Doch schon im Jahre i5?g wurden ihre Bemühungen aufs
neue zu Grunde gerichtet. Am 26. September nähmlich dehnren
sich die türkischen Wien belagernden Heere mit ihrem La-
ger bis Heiligenstatt aus/ und drey Paschen kamen, mit ihren
Kriegsvölkern in den schönen Weingarten der hiesigen Einwoh-
ner zu stehen/die eben in diesem Herbste einen wohlfeilerer: und
besseren Wein / als in den verflossenen Jahren erwartet hatten.
In einem Augenblicke war die Mühe eines ganzen Jah-
res vernichtet/ die schönen Weingärten wurden zerstöret/ die
Häuser geplündert/ und in Brand gesteckt/ und was sich nicht
eilends flüchten konnte/ als Kinder/ Kranke und Greift/ muß-
te die zahllosen Gefangenen vermehren/ die alle Qualen des
Hungers und Elendes duldeten/ bis sie- endlich/ als die Belage-
rung der Hauptstadt aufgehoben werden mußte/ von den
wüthenden Türken am 14. October niedergeftbelt wurden.
Dieses war bereits die dritte Zerstörung des Dorfes/die
gewiß die erste an Grausamkeit noch übertraf.
So sehr aber dieser Ort die Schrecknisse verwüstender Grau-
samkeit erfahren hatte/so lockten dennoch die so ergiebigen Wein-
gärten bald wieder die Entflohenen zurück/ und neue Ansiedler her-
bey/durch deren arbeitsame Hände Heiligenstatt zum dritten Male
erbauet wurde. Die Bevölkerung nahm in der Folge auch so zu/
daß es die Ausgaben lohnte/ die verwüstete Kirche St. Michael
197
im Jahre i554 wieder herzustellen. Die Pfarrgemeinden Hei*
ligenstatt/ Grinzing/ Döbling und Nußdorf/ welche alle bis
zum Jahre 1782 Filialen von Heiligenstatt waren/ trugen zu
diesem Baue i5i Gulden (Talente) / 2 Schillinge und 36 De»
nare zusammen.
Die neuen Bewohner des Dorfes lebten jetzt ruhig und
glücklich/sie vergaßen jener Drangsale/ Welche ihre Vorfahrer
erduldet hatten / und wiegten sich sorgenfrey im Wohlstände/
den ihnen reiche Ernten und Weinlesen verschafften. Allein schon
ihre Kinder sollten die Leiden der Vorältern -empfinden/ sollten
ähnliche Drangsale erdulden. Den 14. July i685 wurden die-
se durch die zum zweyten Male Wien belagernden Türken zur
eiligsten Flucht gezwungen und genöthiget/ abermals ihre Häu-
ser und Gründe denselben zu Lagern und Schanzen zu Werlaffen.
Erst am 12. September i683 wlckden diese Zerstörer des Lan-
des durch die christliche Hülfsarmee mit Sturm aus Heiligenstatt
vertrieben/ und noch an d^sem Tage vor Wien geschlagen ; Hei-
ligenstatt war aber zum vierten Mal seiner Bewohner be-
raubt/ in eine Einöde verwandelt/ und so verwüstet / daß
von dem Jahre i5sg nicht einmal irgend eine schriftliche Ur-
kunde auf uns gekommen ist.
Nur langsam erhohlten sich die Bewohner von diesen Schre-
cken und den vielen erlittenen Schaden. Mehrere Mißjahre
in Wein und Getreide hielten ihr Wiederemporkommen mäch-
tig zurück/ und unfruchtbare Auswüchse in den Weingärten droh-
ten besonders im Jahre 1744 ihre Mühe und Arbeit schlecht zu
vergelten. Da erinnerten sie sich in ihrer Noth und Bedrängniß/
daß einst der heilige Severin in diesem Orte gewöhnet habe. Ein-
müthig verbanden sie sich nun mit den Gemeinden Nußdorf/
Grinzing und Unterdöbling zu seiner Verehrung / und flehten
zu dem Allmächtigen in heißer Andacht/ daß er auf seine Für-
bitte den vaterländischen Fluren Äegen geben möchte / verspra-
chen diese Bitte' bey einer Wallfahrt nach der ihm geweihten
Kirche jährlich auszusprechen/ und sein Fest am 8. Jänner auch
in ihrer Kirche feyerlich zu begehen. Ihr würdiger Pfa.rrvic.ar
und Chorherr/ Constantin von Längs eisen/ verschaffte
ihnen dazu die Bewilligung des erzbischöflichen Consistoriums und
icß
der Cardinal / Graf von Kollo n itz/ Fürsterzbischof zu Wien/
beschenkte die Gemeinde mit einer Reliquie dieses Heiligen/die
von dem jeweiligen Pfarrer sorgsamst aufbewahret wird.
Noch war Heiligenstatts Unglücksgeschichte mit dem Abzü-
ge der Türken nichts weniger als beschlossen. Zwar verflossen mehr
als 100 Jahre/ ohne daß sich im Dorfe selbst ein bedeutendes
Unglück zugetragen chatte/ allein eine den 3. November 1807
Abends um 7 Uhr ausgebrochene F e u e r s b r u nst/ die in kur-
zer Zeit 9 Hauser in Asche legte / stürzte mehrere Familien in
großen Jammer. Kaum hatten sich jene Abgebrannten durch die
Freygebigkeit der Hauptstadt und der Umgegend erholt/ als
dem Orte eine viel größere Bedrängnis drohte. Am 11. May
1609 lagerten sich die Franzosen in die fruchtbaren Weingarten
und Felder Heiligenstatts ; und am i5. May zogen sie in die
Häuser/ verjagten die Bewohner von ihren Heerden/ hausten
schrecklich in Scheuern und Kellern/tödteten das Hausvieh/und
wühlten selbst den Erdboden durch ^um die vielleicht vergrabene
Habe zu entdecken./ Felder und Weingärten wurden verwüstet/
und als sie auf diesen nach eingetretenem Waffenstillstände La-
ger schlugen/ beraubten sie die Häuser und Gärten des Ortes
ihrer Thüren / Fenster und Zäune.
Im frischen unvergänglichen Andenken bleibt dem Dorfe
das zuletzt erlittene Unglück/ und nur jahrelange Ruhe wird
im Stande seyn / die Wunden zu heilen / welche das Daseyn
dieses Feindes demselben zugefügt hat.
Dieses ist die kurze Geschichte eines kleinen und friedlichen
Dorfes / das einst in der Vorzeit berühmt/ und nach dem Zeug-
nisse mehrerer Urkunden aus dem dreyzehnten und vierzehnten
Jahrhunderte (sieh Max. Fischer 2. Thl.S. 207 und 245) der
Stammort so mancher edlen Geschlechter war/ das aber gegen-
wärtig beynahe in Vergessenheit versunken wäre/ wenn nicht
Unglücksfälle und die in neueren Zeiten entdeckte Mineralquelle
ihm wieder einen Ruf verschaffet hätten. Die Gemeinde besteht
dermalen aus 70 Häusern und 474 Seelen / deren Zahl aber
im Sommer bedeutend größer ist.
Die Beschreibung der Kirche/ der Schule/ und des neu-
entstandenen Bades beschließe diese Erzählung.
*99
Die Capelle St. Jacob besteht gegenwärtig au§ zwey Ab-
theilungen/ von denen das Presbyterium/ wo noch das Fen-
ster des Oratoriums des heit. Severin gezeigt wird / aus dem
grauesten Alterthume stammt/ und wahrscheinlich ehedem eine
eigene Capelle war. In den Fenstern findet man noch einige
gemahlte Scheiben mit unerklärbaren Figuren / und der Fuß-
boden ist mit alten Kittsteinen stückweise gepflastert. Nicht so
alt ist das Schiff der Kirche; die innere Verkleidung aber aus
noch neueren Zeiten. — Unten im Thäte am Fuße eines Lehm-
hügels steht die große Kirche des heit. Michael. Der Bau
ist ganz aus Quadersteinen ohne Mörtel-Anwurf; der Thurm
hoch und rief/ und sein unterer Theil diente viele Jahre hin-
durch zu einem Karner oder Beinhause. Das Schiff der Kirche
ist offenbar aus den ältesten Zeiten; die mittlere Wölbung ein
neueres Werk/ und erst im Jahre s554 hergestellt und ver-
größert. Das Presbyterium ist nicht so alt als die Kirche selbst/ ob-
schon sich dessen Ursprung in mehrere Jahrhunderte verliert. Oben
an der Wand steht links die Jahrszahl 1095/ und rechts: re-
noviert 1761. —Die äußere und innere Form / Gewölbung
und Tragpfeiler sind jenen in den alten Kirchen zu Berrholds-
dorf und Medling sehr ähnlich. Den Hochaltar schmückt seit 1678
das Bild des heil. Erzengels Michael. Außer diesem enthält die
Kirche noch 6 andere Altäre. An den Wänden sieht man das
Bild des heil. Christoph/ fast gänzlich verwischt/ und ein neue-
res des heil. Severin/ wie er eben einer Hungersnoth abhilft/
das aber wahrscheinlich erst im I. 1744 hergekommen seyn mag.
Eine der ältesten Stiftungen bey dieser Kirche geschah im Jah-
re i665 durch Sebastian Binder mit i5o Gulden/ auf
jährliche 4 Quatember-Messen. Diesem Gotteshause standen /
wie wir bereits oben erwähnt haben/ in den frühesten Zeiten
Seelsorger vor/ von denen mehrere zur Propstwürde Klo-
sterneuburgs befördert wurden. Ihre Reche blieb selbst zu den
Zeiten der Irrlehren ununterbrochen/ und nur ihrem unermü-
deten Eifer ist es zuzuschreiben/ daß im Jahre i563 der hier
sich niedergelassene Prediger/ Maximilian Hackel/ unge-
achtet seiner vielen und schönen Reden/dennoch in der Gemein-
de keine Anhänger fand.
2Gü
Die Schule verdient hier nicht minder eine Erwähnung-
Allch das ihr zugehörige Haus ist ein sehr altes Gebäude/ von
dem man die Zeit der Erbauung nicht anzugeben im Stande Lst<.
Wahrscheinlich entstand sie erst nach der Errichtung der Pfarre/
und befand sich unter der Aufsicht eines jeweiligen Seelsorgers.
— In der Kirche bey St. Michael D an den Stufen des Pres-
byteriums das Grabmal eines ehemaligen Schulmeisters/ Jo-
hann Adam Zobff/ der in einem Alter von 36 Jahren
starb/ nachdem er durch 17 Jahre das Lehramt verwaltet hatte.
Leiderfindet sich an diesem Denksteine keine Jahrzahl. Unter den
alten Urkunden des Archives von Passau kam uns jedoch eine
Schrift des Schulmeisters mit Nahmen/ Hans Panschober/ an
das bischöfliche Consistorium vom Jahre 1^77 zu 'Gesicht/ wo-
rin er der Schulmeister-Collecten seit undenklichen Zeiten
erwähnt / was unsere obige Behauptung von dem hohen Al-
ter der Schule bekräftiget. Im Jahre 1747 macht derPfarrer
von Langseisen gleichfalls von einem Schullehrer Mel-
dung/ der die Beichtscheine einsammelte.
Eine festere Begründung scheint die Schule auch schon in
der Mitte des vorigen Jahrhundertes erhalten zu haben / denn
wir finden' eine Urkunde vom Jahre 1761/ in welcher die
Einkünfte- des Schullehrers aufgezeichnet sind.
Das Bad endlich verdankt seine Entstehung einem gewis-
sen Johann Baptist."Bürger/ der i.I. 1761 die Heil-
quelle/ welche bis zu einer Schweintränke herabsank/ reinig-
te/ ein Bädhaus erbaute/ und zum öffentlichen Gebrauche her-
stellte *)/Manche traurige Schicksale bewogen den Badmeister
Steindl/ nach dem Jahre 1609 das.verwüstete Badhaus zu
verlassen/ das endlich Möller/ ein industriöser Bürger Wiens/
aus Menschenliebe an sich kaufte. Er stellte die Gebäude nach
einem besseren Geschmacke her/ verschönerte den Garten / und
führte Bequemlichkeiten ein / die bisher den Gästen gemangelt
hatten. — Heiligenstatt verdankt seine vielen Besuche und sein
Emporkommen einzig diesen herrlichen Einrichtungen des thäti-
gen Möller..
*) Nähere Kenntnis; davon gibt: Johann Klinqers Beschreibung der Ei-
genschaften und Wirkungen des Heiligtnstälter-Badwassers. 8. Wien 1734-
2oi
Wir wollen nun die Reihe dev Pfarrer ergänzen/ und es folgen
daher die Nahmen derjenigen Seelsorger / die das Srift Klo-
sterneuburg aus seiner Mitte nachHeiligenstatt sandte/ um die
Gemeinde auf dem Wege des Guten zu leiten.
Nach dem Chorherrn Jacob/ der im Jahr i3->8 die
hiesige Pfarre erhielt/ folgte um das Jahr 1822 Hertwi-
kus / vorher Dechant des Stiftes. 1828 und auch noch 1829
lesen wir den Chorherrn Waltherus oder B a l ch e r u s. i354
und i54i Ulrich 8LN6t0 Nnrtilto. i345 und i348
Heinrich Scherdingevorher Dechant des Stiftes. i36o
und i362 Marquard Düving von Seefeld/ vorher
Spitalmeister, 1871 U lr i ch Hauspeck. i3?6 und i385
W a l ch u n u s v o n E r n s b r u n n / unter welchem im I. 1381
die Mauer des Freydhofes hergestellet wurde. 1887'und i3g5
Ernest Techlaer/ vorher Obtaymeister/ der die frommen
Stiftungen (oblnta) besorgte. i3g4 Hadmarus Matseer>
vorher Spitalmeister/ dann 1401 Dechant des Stiftes. i4o3
Albert Stock/ vorher Oblaymeister/ dann Kanzleydirector./
und endlich 1409 Propst seines Stiftes.
Im Jahr 1404 und noch 1406 lesen wir als Pfarrer zu
Heiligenstatt Christian Wildecker. Nach ihm folgte 1410
bis 14*6 Wilhelm Rieth enthaler'/ vorher Dechant des
Stiftes. 1417 Johannes von Rußbach/ vorher Pfarrer
zu Höflein / und 1419 Kanzleydirector im Stifte. 1420 und
1427 erscheinet L e opold/ nachher Subdechant deS Stiftes.
1442 Ludwig Herzog / vorher Pfarrer zu St. Martin/
dann 1446 Dechant im Stifte. i45o Simon Heyndl/
Doctor der Decretalen/ nachher im.Jahr i45r Propst seines
Stiftes. i45i und 1452 Colomann/ hernach Stiftspfar-
rer. i453 Mathias Prell/ vorher Kanzleydirector. i455
Georg H i er 0 n y m u s F e l din g e r von E b e rs b er g, ch
allhier ^45?. Ihm folgte W 0 lfgang Windhager/ Doc-
tor des kanonischen Rechtes/ späterhin wurde dieser Kanzleydi-
rector. 1461 G e 0 rg St 0 ck h a m m e r, ch allhier 1468/ und
überließ die Pfarre I o h a n n P ö l l e n d o r f e r / vorher Pfar-
rer zu St. Martin/ der -469 Stiftsdechant wurde. 1466 er--
2oL
ffeinet Lazarus als Pfarrer. 1468 Wolfgang Krueg/ ch
allhier 1478. Nach ihm ist bekannt i4?4Chr ist ia n Baum-
g arten/ der die Pfarre verlassen mußte / und dann Höflein
übernahm. i4/4 Jacob Pampe rl/ späterhin Kanzleydirec-
tor/ und endlich im Jahre r^88 Propst seines Stiftes. 1462
Nic 0 laus Sauer oder Säger/ hernach Pfarrer zu Höf-
lein. 1468 starb hier als Pfarrer Herr Balthasar. 1488
folgte Johannes Eisn er/ hernach Kanzleydirector. Bis zum
Jahre 1492 war in Heiligenstatt Wo lfg all g Moshai-
m e r> vorher Stiftskellermeister/dann Director der studierenden
Chorherren zu Wien. 1492 S i m 0 n K n 0 dl vo n Pulkau/
vorherStiftspfarrer und Vestiariatsvorsteher/ dann 1498 Dechant
des Stiftes. 1498 Mi ch a e l K r ö m e l/ch allhier im. I. 1&06.
Nach ihm finden wir in Heiligenstatt bis zum Jahre 1809
Georg Hausmannstötter / der dann einmüthig zum
Propste des Stiftes erwählt wurde.' 1809 Stephan G u-
g e l w i r t h / noch im nähmlichen Jahre Stiftskellermeister. 1809
Hieronymus Rand egg er/ gleich darauf Stiftsküchen-
meister. 1810 StephanGugelwirth/ zum zweytenmale.
r5ii Jacob Hofer/ vorher Pfarrer zu Sivering/ f allhier
1821. Ihm folgte 1S22 Sebastian Siebenrichtl/ vor-
her Pfarrer zu Korneuburg/ f 1626. Im Jahre 1829 erschei-
net: Mag. Hieronymus Li ch t e nwe rg e r/vorher Kanz-
leydirector/ und dann 1884 Dechant des Stiftes. Von 18Z9
bis 1842 Colomann Schweitzer/ vorher Custos der Klo-
sterfrauen/ dann Dechant und Kanzleydirector des Stiftes. 1881
S i.r tus P e usch e lius/ chin derSeelsorge r883. Nach ihn fin-
den wir von 1886 bis 1868 Christoph Rey nn/ vorher De-
chant zu Klosterneuburg / und dann Propst des Stiftes St. An-
dre an der Thrasen. 1868 Maximilian Hackl von Pöckstall
in Österreich/ vorher Pfarrer zu Sivering. Im Jahre 1869
schrieb er sich Pastor in Sancta Ci vitale, und vermählte sich
bey jenen furchtbaren Religionsneuerungen mit einer gewissen
Catharina/ von der er aber späterhin wieder getrennt/ und im
Jahr 1879 zu Hause eingeschlossen wurde ^). Jetzt ward die hiesige
*) Vom Jahre 1576 findenswir auch einen I 0 ha n n S u mm e rals Pfarrer-
2o3
Pfarre vomPropste CasparChristiani/ einemWelrpriester/Namens
G e o r g F l e sch e r mrt der Bedingung anvertraut/ das; er den
Gottesdienst nach katholischer Sitte verrichten sollte. Flescher
hielt sein gegebenes Wort redlich/ und stiftete noch überdieß im
Jahr i58o eine Schule in dem benachbarten Grinzing *). 1590
versah Heiligenstatt der regulirte Chorherr/ Johannes Si-
gel/ ein Baier von Besenberg/ und vorher Pfarrer zu Swe-
ring. i5g3 Oswald Ostner/ von Gabelbach/ da aber die-
ser mit seinem Eheweibe noch im nähmlichen Jahre entfloh / und
auf die Seite der Reformirten übertrat/ so versah hierauf die
Pfarre Christoph Schießer. i5g5 Jacob Wetzler /
ein Schweizer von Wasserburg; späterhin Administrator des
Stiftes. i5c)6 Christoph Polzmann/ dann Pfarrer zu
Langenenzersdorf. 1599 Georg Wagner/ von Klosterneu-
burg gebürtig / vorher Pfarrer zu Eupoldau.
Von 1609—1614 besorgte die hiesige Pfarre Petrus
Martini/ von Spondau/ späterhin Administrator deu bey-
den Stadtpfarren zu Klosterneuburg. i6i5 und 1618 Wolf-
gang Schmidt/ ein Österreicher/ vor-und nachher Stadt-
pfarrer zu Korneuburg. Während seines Hierseyns wurde die Kir-
che auch renovirt. 1621 Michael Ar.let/ aus Schlesien/
vorher Dechant des Stiftes. 1624 Georg Marquardts
aus Preußen/ vorher Pfarrer zu Höflein und Kattenberg. Im
Jahre 1687 und 1641 finden wir hier Johannes P uesser
und Franciscus Wüster/ ob sie aber Wettpriester/oder
gleich den übrigen/ Chorherren von Klosterneuburg waren / ist
ungewiß/ doch ersteres wahrscheinlicher/ da sie in keinem Kata-
loge des Stiftes gefunden werden. 1648—1664 Hartmann
Kaiser./ geboren zu Klosterneuburg/ vorher Novizenmeister/
Stiftspfarrer und Secretär des Capitels/ späterhin Administra-
tor zu Hiezing. -655 Johann Heinrich Glüech/ ob
Weltpriester oder Chorherr/ ist unbekannt.
Miu Christian Pfister/ aus Schlesien/ der ,665
unter dem Titel: Cap<öl!unu8 Ha^iopoli erscheinet/ beginnt
nun ununterbrochen die Reihe der hiesigen Pfarrer aus der
0 Sieh die Geschichte der Schule in der Pfarre Grirrzrug.
2t>4
Mitte des Ehorherrenstiftes. AlS er r666 als Beichtvater nach
Hiezing kam/ folgte ihm Gelasius Seidler/ von Tras-
mauer in Österreich; vorher Dechant/ dann Kanzleydirector im
Stifte. 1676—1681 Christoph Mathäi, ein Franke von
Neustadt/ erscheint um diese Zeit als Capellanus in Heiligen-
statt. Vorher war er provisorischer Pfarrer zu Langenenzers-
dorf/ dann aber 1681 Dechant/ und endlich 1686 Propst
seines Stiftes. 1681— 1682 Alip ius Bauernfeindt/
von St. Gallen in Steyermark / vorher Pfarrer zu Lan-
genzenzersdorf; er starb hier als Seelsorger/ und liegt in
der größeren Kirche beerdiget. 1682—1684 W olfgang Ho f-
mann/ aus der Pfalz/ vorher Pfarrer zu Sivering; er starb
zu Heiligenstatt/ im zweyten Jahre seines übernommenen Am-
tes. 1684—1666 David Ienisch / ein Schlesier/ und vor-
her Beichtvater zu Hiezing; er kehrte in sein Stift zurück.
1666—1667 Lambert Kn oll/ von Poisdorf in Österreich/
vorher Kanzleydirector im Stifte / starb als hiesiger Pfar-
rer. 1688—1690 Adam Pfaff/ von Horn / vorher Stifts-
pfarrer/ dann Professor der Casuistik im Stifte. 1691—1695
Franz Fitzning/ ein Wiener / vorher Pfarrer zu Sivering/
er starb als hiesiger Seelsorger. 169s)—1699 Carl Sch nel-
z e r/ von Wittingau in Böhmen ; vorher Pfarrer zu Sivering/
dann Pfarrer zu Langenenzersdorft 1699—17öS Aug u st in
Weilender/ von Nußdorf; vorher Stiftspfarrer/ dann Beicht-
vater zu Hiezing.
Ihm folgten: 1708—1715 Hartmann Steinm ü l-
l e r/ aus Franken; vorher Stadrpfarrer zu St. Martin/ dann
Beichtvater zu Hiezing. 1715 Gaudenz Fris ch/ von Pois-
dorf/ einst Pfarrer zu St. Martin. Er endete sein Leben we-
nige Monathe nach dem Antritte der Pfarre Heiligenstatt. 171b
—173Z Franz Paminger/ von Klosterneuburg gebürtig/
und Docror der Theologie/ vorher Beichtvater zu HftziM. Cr
starb zu Heiligenstatt. 1753 —1749 C 0 n st a n t i n von Lang s-
eisen/ ein Böhme/ vorher Pfarrer zu Höftein und Kallenberg.
Er kehrte Alters wegen in sein Stift zurück. 1749-—^54J 0-
sephvon Landes/ von Barcellona in Spanien / vorher
Pfarrer zjr Gierling/ dann Kanzleydirector im Stifte. 1704—^
2ö5
1^55 Christoph Wenighofer / aus Wien / und vorher
Pfarrer zu Tattendorf. Er starb in Heiligenstatt. 1755—1762
Jldephons Domas, von Waidhofen an der Thaya. Er war
vorher Regenschori im Stifte, und endete auf der hiesigen Pfarre
sein Leben. 1762—176b Fiedrich Kayerle, von Weiken-
dorf in Österreichs Er verwaltete vorher die Pfarre zu Tatten-
dorf/ und starb als hiesiger Pfarrer. 176b—1.77b Ludwig
Wiegant, von Oberhollabrunn; vorher Pfarrer zu Sivering/
hier aber gestorben. 1778—.1787 Quarin GugU/ aus Wien/
der sogar die Pfarre zu Sivering / mit einer Cooperatorsstelle
zu Heiligenstatt vertauschte/ und endlich als Pfarrer hier starb.
1787—1800 Gilbert Thaler von Gaubitsch in Österreich/
der freyen Künste und der Weltweisheit Doctor/ Dekan der phi-
losophischen Facultät an der hohen Schule zu Wien / und vor-
her Stiftshofmeister. Kränktlichkeits halber kehrte er nach Klo-
sterneuburg zurück.
Nun übernahm die Seelsorge der hiesigen Gemeinde / im
I. 1800 Robert Zach/ aus Wien/ und vorher Pfarrer zu
Tattendorf. Er starb hier im I. 1807, und ihm folgte D un-
starr Gänzel/ gleichfalls von Wien / gewesener Stistsdechant
und Pfarrer zu Höflein. Als er im I. 1809 auf die Stadt-
pfarre Korneuburg übersetzt wurde/ erhielt Heiligenstatt Ro-
man Köpf/ auch von Wien / und vorher Pfarrer zu Götzen-
dorf/ dessen Obsorge noch gegenwärtig das Seelenheil der hie-
sigen Gemeinde anvertrauet ist.
Grinzing*)«
In einer der schönsten / und durch Weinbau gesegnetsten
Gegenden Österreichs / am Fuße des sogenannten Josephs - oder
Kahlen^erges/ unfern von Heiligenstatt/ liegt das heitere/ aus
85 Häusern bestehende Grinzing/ ein Dorf unter dem Pfarr-
Patronate des Stiftes Klosterneuburg.
*) Vorzüglich aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen (Lonsistoria!-
Archive lat, S. Nro. XXIII. .
20 6
Unbekannt und in tiefes Dunkel gehüllt ist die Enstehung
dieses freundlichen Ortes. Wahrscheinlich verdankt es seinen Ur-
sprung dem Geschlechte der Herren von G ründ s ing/ die noch
in der Mitte des i4* Jahrhundertes geblüht/ und vermuthlich
den noch heut zu Tage bestehenden freyen Trummelhof allhier
besessen haben. Rüdiger de Grünzing/ der um diese Zeit starb/
liegt bey den ehemaligen Minoriten begraben. (Siehe Necrolog.
Mrnorit bey Hier. Petz.)
Bis zum Jahre 1426 besuchte die hiesige Gemeinde unaus-
gesetzt den Gottesdienst in der Pfarrkirche zu Heiligenstatt. Da
aber ihre Bevölkerung bedeutend zugenommen hatte / so erbaute
sie nun mit Rath / Willen und Erlaubniß des Propstes G e 0 r g I.
Must ing er/ und des ganzen Conventes zu Klosterneuburg /
eine Capelle zu Ehren des heiligen Kreuzes/ „als es erfunden
ist/" und stiftete dazu eine ewige Messe/ die jedoch nur an Wo-
chentagen/sowohl im Winter- als Sommer ein eigener Capel-
lan noch vor Aufgang der Sonne verrichten sollte. Das Stift
bauete spärerhm eine Wohnung für den Geistlichen hinzu / und
übertrug die Feyer des gestifteten Meßopfers anfangs einem
Weltpriester / nachher aber einem Chorherrn von Klosterneuburg/
der zuweilen / da er im Nahmen der Mutterkirche die Seelsorge
ausübte/ Parochus (Pfarrer) genannt wurde/ obschon Grin-
zing noch immer zu Heiligenstatt eingepfarret blieb.
Treu und fest blieben Grinzings Bewohner immer dem
Glauben ihrer Väter anhängig; denn als sich nach dem Abzüge
der Türken im I. 1629 mit den zurückkehrenden Bewohnern
auch Glaubens-Irrige einschlichen: so wurden sie von der Ge-
meinde bald wieder ausgestoßen / nach Döbling und Nußdorf
zurückgewiesen; ja sie ging in ihrem Eifer so weit/ daß sie
sogar den damaligen sogenannten Pfarr-Administrator/ Georg
Fischer/bewog/den anders Denkenden das Begräbniß im>
katholischen Friedhofe zu versagen.
Treue Anhänglichkeit für die Religion zeigten Grinzings
Bewohner auch durch Wohlthaten zur Beförderung des Gottes-
dienstes. So erlegte im I. 1786 Martin Thoman 100fl./
damit an jedem Donnerstags Abends zur Erinnerung der To-
desangst Jesu/ und alle Freytage Morgens zum Andenken der
20^
Scheidung des Herrn, das Glockenzeichen gegeben werden sollte.
Im Jahre 1752 aber stiftete die Gemeinde wegen anwachsender
Volksmenge / und wegen-der Gebrechlichkeit der älteren Gemein-
deglieder/ eine Frühmesse auch an Sonn - und Feyertagen , wo-
für sie dem Priester einen jährlichen Betrag von i5(rfL be-
stimmte , zu dem allein schon Johann Peitelberger von
Grinzing ein Capital von i5oo fl. darboth. Die Bewohner-
mächten sich noch überdieß verbindlich / dem Priester, der sich
dazu entschließen würde/ eine eigene Wohnung anzuweisen ; und
wirklich erhielten sie bald darauf in der Person des Weltprie-
sters Joseph Staberhofer/ den ersten Geistlichen/ der.
diese Frühmesse an Sonn - und Festtagen verrichtete. In der Folge
besorgten die Chorherren des Stiftes Klosterneuburg diese Messe/
unter welcher/ damit der christliche Unterricht nicht leide / auch
das Evangelium ausgelegt wurde.
Unter abwechselnden Veränderungen wurde diese Frühmesse
in der Folge der Jahre bald von Weltpriestern / bald von Stifts-
Herren abgehalten; und 'es blieb bey dieser Einrichtung / bis im
I. 178Z die hiesige Capelle/ wie so viele andere Filialen von
Heiligenstatt/ zur eigenen Pfarre erhoben wurde/ worauf sie
H i e r 0 n y m u s P e r g e r/ regulirt. Chorherrn von Klosterneu-
burg / und Stiftsküchenmeister / zum ersten Pfarrer erhielt.
Nach seinem Tode/ der im I. 1790 erfolgte / übernahm Chri-
stoph Obermayr/ gleich seinem Vorfahrer aus Wien/ und
vorher Pfarrer zu Stoizendorf/ das Hirtenamt dieser Gemeinde ,
von der er im I. 1795 als Stadtpfarrer nach St. Martin zu
Klosterneuburg kam. Ihm folgte zu Grinzing Isidor Rit-
ter/ von Gainfarn in Österreich gebürtig/ und vorher Pfar-
rer zu Weidling. Als er aber nach 11 Jahren als Stiftskeller-
meister nach Hause gerufen wurde / erhielt im I. 1806 die hie-
sige Pfarre G ab r iel Dietrich/ aus Wien / vorher Pfar-
rer zu Nußdorf/ der sie aber im I. 1810 mit der Pfarre Lan-
genenzersdorf vertauschte. Sein Nachfolger war Norbert
Steiner / gleichfalls ausWien/ vorher Pfarrer in Weidling/
der im I. 1817 als Pfarrer und Wirthschafts - Administrator
nach Stoizendorf ging/ und Grinzing Ma trh äu s Tege r/>
2o8
auch von Wien / übergab/ der vorher die Professur des N. %,
und das Novizenmeisteramt im Stifte verwaltet hatte.
Schon im I. 1760 finden wir die hiesige Capelle imBesitze
mehrerer Weingarten, die wahrscheinlich ein Geschenk wohlthä-
tiger Menschen waren/ welche in dem bereits oben erwähnten
Sinne handelten. Die nähmliche Gesinnung beseelte Andere in
noch früheren Zeiten : So erscheint im I. 17Z4 als Wohlthä-
ter Ma rx Mätzi n ge r/^mit 100 fl. auf eine heilige Messe. Sein
Beyspiel ahmeten Jacob Münz/ und Magdalena Fäll-
neckerin nach/ von denen der erste gleichfalls eine Messe/ der
letztere aber ein ewiges Licht mit Äoofl. stiftete. Im I. 1789
gab Anna Maria Pizella looofl. auf eine Frühmesse;
und mit der nähmlichen Summe stiftete im I. 1782 Maria
Anna Münz in eine wöchentliche Segenmesse. Endlich ver-
machte im I. 1812 Math ras Münz/ Bäckenmeister allhier/
200 fl. auf einen Jahrstag.
Was die Geschichte des Ortes selbst betnfft/ so ist sie nur
eine Erzählung trauriger Begebenheiten. Im 1.1484 besetzten
am St. Lucien-Tage die Kriegsleute des ungarischen Königs M a-
thias Co rvin u s das Dorf/ nahmen allen vorräthigen Wem
hinweg/ mißhandelten die unglücklichen Einwohner / und wichen
nicht eher von hinnen / als bis alle Keller ausgeleert waren.
Gleiches Schicksal traf Grinzing bey den Einfällen der Türken
in den Jahren 1829 und i683/ wo sie vorzüglich im letzteren
Hahr die ganze Wuth des fliehenden Feindes erfahren mußte/
als er durch die kaiserliche Reichsarmee aus den aufgeworfenen
Erdgruben zwischen Döbling und Währing (der heutigen Tür-
kenschanze) vertrieben wurde. Nicht minder unglücklich war für
Grinzing der 4. April 1604 / denn an diesem Tage wurden 100
Hauser (wahrscheinlich der größte Theil des Dorfes) nebst der
sogenannten Pfari wohnung / durch eine gähentstandene Feuers-
bruttst in Asche verwandelt. Doch in keinem Vergleiche steht mit
diesem erlittenen Ungemache jenes/ welches in den neueren Zei-
ten über die Gemeinde hereinbrach. Die französischen Truppen
plünderten nähmlich im I. 1809 das Dorf/ drangen in dieKel-
Ür/ zerschlugen die Fässer/ ließen den Wein auslaufen/ und
2°9
verwendeten endlich alle noch brauchbare häusliche Einrichtung/
Fenster, Thüren, Betten, Tische und Bänke zur Einrichtung
ihrer Lager-Baracken, die sie aus den hiesigen Garten - und
Haus - Planken erbauet hatten. Groß war nach dem Abzüge
der Feinde das Elend der hiesigen Gemeinde ; und der erlitte-
ne Schade ist noch nicht ersetzt.
Die Lage von Grinzing ist fruchtbar und angenehm. Die
Pflege des Weinstockes, der hier sowohl in der Ebene, als auf
dem Gebirge, einer der vorzüglichsten in Österreich ist, und der
Handel mit Obst und Milch in die nahe Residenzstadt, machen
den ansehnlichsten Nahrungszweig der fleißigen Pfarrkinder aus,
deren Anzahl auf 900 geschätzt wird, und unter denen sich im
Durchschnitte jährlich 02 Taufen, 26 Leichenbegängnisse und 6
ehliche Einsegnungen ereignen:
In dem hier befindlichen Hause des Freyherrn von Ma-
nag etta (dem einstmaligen T r u m m e l h 0 f e) errich-
tete Joseph Baron von Manag etta, Land. Obereinneh-
mer, im I. 1761. eine kleine ordentlich eingerichtete Hausca-
pelle, für die er noch im nähmlichen Jahre die angesuchte Er-
laubniß zur Feyer des heil. Meßopfers erhielt:
Die im Dorfe befindliche Pfarrkirche ist mittlerer Große,
unansehnlich, und von ziemlich altem Geschmacke; die innere
Einrichtung zwar ländlich doch anständig. Gleich neben der Kirche
befindet sich der schöne, große und reinliche Pfarrhof, mit ei-
nem Hausgarten, woran der Friedhof stoßet, welcher so wenig
wie die Kirche merkwürdigere Grabstellen enthält. In der Nähe
ist auch die Schule nebst der Wohnung des Schullehrers, der
einen Gehülfen hat. Ihr Ursprung fällt in das I. i58o> m
welchem sie der würdige Pfarrer von Heiligenstatt Georg Fle-
sch e r, ein Weltpriester, gründete. Das Gebäude ist sehr alt,
und scheint die einstmalige Priesterwohnung gewesen zu seyn.
Die Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher gehen bis zum
Anfange der Pfarre zurück; gleiches Atter hat auch das hier ein-
geführte Armen-Institut, welches für die Bedürftigen hinrei-
chend sorget.
Zur hiesigen Pfarre gehöret auch das Schloß auf dem so-
genannten Cobenzlberg, der eine halbe Stunde von Grin-
Topogr. ». österr. I. Abth- ®
210
zing entfernet ist. Dieses Schloß/ welches / des schönen herrli-
chen Gartens wegen / von Naturfreunden gerne besucht wird/
war einst ein Eigenthum der Jesuiten , kam von ihnen in die
Hände der Grafen von Cobenzl/ und nennt als seinen da-
maligen Besitzer einen Grafen von Pfaffenhofen/ der es
zu seinem Wohnsitze gewählt hat.
Pfarre Nußd orf an der Donau *).
#
Nur eine halbe Stunde von Wien / gleich oberhalb Döb-
ling/ nahe bey dem Kahlenberge/ liegt Nußdorf / ein großes
sehr romantisch gelegenes Dorf an dem rechten Ufer der Donau,
mit einer eigenen Pfarre/ unter dem Patronate und der
Dorf fye rrli chk e i t des Stiftes Klosterneuburg/ das
hier auch das sogenannte Bergrecht besitzet.
Schon im i2. Jahrhunderte war dieser Ort/ unter dem
Nahmen Nuzdors bekannt/ denn im 1.1194 schenkte bereits
Propst Wernherus von Klosterneuburg, als er zum Bis-
thume Gurk berufen wurde/ der Stiftspfarre „irxsularn Nuz-
dorf sitam”, Hugo von Mödelansdorf vertauschte im I. 2195
zwey seiner Güter / eines zu Grinzing und eines zu Nuß bor f
an Tun au gegen zwey andere in Rötzbach an Klosterneuburg/
mit Begnehmigung Friedrichs/ Herzoges von Österreich. (Cod.
iradit. Claustroneobvirg^DipL Mscr.)
Noch früher / und zwar schon zu den Zeiten Markgraf
Leopold des Heiligen / kommen in den Urkunden und
Schenkungen des nähmlichen Stiftes / einige Herren von
N u z d 0 r f / fürstliche Forstmeister / vor / aus denen Albert und
Otto / im 12. Jahrhunderte; ein anderer Albert von Nuozdorf/
Albero/ Rudger/ Chunrad/ Dietrich und Starchand von Nvz-
dorf aber im 10. Jahrhunderte erscheinen.
*) Nach M a x. Fis ch e r s, 0. R. G. Merkwürdigeren Schicksalen des Stif-
tes un-d -er Stadt Klosterneuburg; und nach den Acten dieser Pfarre
im Lousistoricrl- Archiv X/it. N, Nro. XIX.
2ii
Anfangs mag wohl dieser Ort nur von geringer Bedelv-
tung gewesen seyn/ denn nur selten geschieht seiner Erwähnung.
Bald aber lockte der viele und vortreffliche Weinbau in Nuß-
dorf und in der Gegend immer mehrere Bewohner hieher;
ein Drittheil von Häusern wurde in Kürze ein Eigenthum der
Stifte und Kloster/ die darin vorzüglich Weinpreffen und Kel-
ler erbauten; und endlich trennten sich sogar i5 der ansehnlich-,
sten Häuser von der Gemeinde/ und erhielten den Nahmen der
Freyhöfe/ die sich späterhin zu eigenen kleinen Grundobrig-
keiten erhoben. Doch besaß noch im vorigen Jahrhunderte das
-Bürgerspital zu Wien hier die Dorfherrlichkeit/ welche diese aber
im 1.1790 sammt 33 behausten Unterthanen / durch Kauf dem
Stifte Klosterneuburg überließ, das dann im I. 1796 zu den
vorigen noch mehrere Unterthanen erkaufte.
Unter den mannigfaltigen S ch icksa l en/ deren Wechsel
auch Nußdorf stets unterworfen war/ sind einige mit der Ge-
schichte des Vaterlandes enge verwebt. Während der hufsi-
tischen Unruhen kamen im I. 1428 die Huffiten bis an die
Donau, schlugen unterhalb Jedelsee ihr Lager auf/ und beschos-
sen das gegenüberliegende Nußdorf. Unrer den immerwähren-
den Uneinigkeiten der beyden Brüder, Kaiser Friedrich HI.
und Herzog Albrecht des Verschwenders, nahm F r 0 n a u e r,
der Klosterneuburg erobert hatte , und seine Raubzüge in die
Umgebungen Wiens bis Hütteldorf fortsetzte, auch Nußoorf
hinweg. Jm J. i463 wurde hier der, gegen diese beyden durch-
lauchtigen Brüder, treulose Bürgermeister von Wien, Ulrich
Holzer gefangen, und nach der Hauptstadt zurückgeführt.
Als König Mathias C 0 r v i n u s von Ungarn den
Wienern die Zufuhr auf der Donau abzuschneiden suchte, legte
er im I. i483 zu Klosterneuburg und Nußdorf eigene Schan-
zen an; und als die Schweden unter Torstensohn, nach dem
Siege bey Jankau 1645 in Österreich einbrachen, und bis an
die Donau vorrückten, würden abermals zu Klosterneuburg und
Nußdorf Schanzen errichtet, weil man von Korneuburg aus,
das sie erobert hatten, einen Angriff auf das diesseitige Land
befürchtete, der aber zum' Glücke nicht erfolgte.
In den unvergeßlichen Jahren 1029 und i683, wo das
. O 2
2i2
wüthende Heer der Muselmänner; und dann in den Jah^
ren i6o5 und rävg- wo Galliens siegreiche Macht/ Öfters
reich überschwemmte / und bis zur Hauptstadt vordrang / er-
litt es immer gleiches Schicksal/ und erduldete wie die umher-
liegenden Orte alles Ungemach von dem Ubermuche eines sie-
genden Feindes / dessen Spuren oft durch ganze Menschenalter
noch kennbar sind. - ^
Nußdorf scheint sich indeß sehr bald von diesem Unglücke
erholet zu haben; denn gegen Ende des vorigen Iahrhundertes
bestand es nur aus 108 Häusern/ dermalen aber werden der-
selben schon 122 gezahlet, und die Anzahl der Bewohner stieg
von 865 Seelen auf 2000. Dieß läßt sich nun sehr leicht
erklären / da Nußdorf manchen Markt an Nahrhaftigkeit und
Thätigkeit übertrifft. Zwar bestehen seine Einwohner größten
Theils auch nur aus Winzern/ deren Wohlstand nicht immer
der sicherste ist; allein viele von ihnen treiben Handlung und
Schifffahrt/ viele andere beschäftigen sich mit Gewerben/ Obst-
handel / Milchverschleiß und einigem Feld - und Gemüsebau»
Rechnet man noch hinzu / daß Nußdorf der Landungsplatz für
die nach Wien bestimmten Frachtschiffe ist/ die oft durch längere
Zeit hier verweilen müssen / ferner daß die hier errichteten Fabriken
vieles Geld in Umlauf setzen / so wird man die Beträchtlichkeit
seiner Zuflüsse leicht begreifen. Zu Nußdorf gehört auch das
an einem kleinen Seitenarme der Donau entstandene Dörfchen
N e u m ü h l.
Viele Privatpersonen besitzen in Nußdorf Landhäuser/ welche
sehr gut gebaut / und zum Theil einige Stockwerke hoch sind/
daher der Ort mehr einem hübschen Städtchen / als einem Dorfe
ähnlich sieht. So sind das prächtige Landhaus des Grafen von
Lamberg / und jenes des Freyherrn von Fellner eine wahre
Zierde dieses Ortes. Hier befindet sich auch seit demJahre i^OZ
eine Weinstein - und Weinessig-Fabrik/ die einst irr guten Zei-
ten 54 'Arbeiter beschäftigte / und ihre Produete nach Pohlen/
Rußland/ Baiern / Salzburg und Schlesien verführte. Nebst
dieser eristirt auch seit dem Jahre 1790 eine k. k. Schwefel-
säure-/ Vitriol - unb Salmiakfabrik.
Am Ende des Dorfes befindet sich an der chauffeemäßig an-
2i5
gelegten Straße von Wien nach Klosterneuburg / eine k. k.
Waldmauth / die schon im I. 1680 hierorts errichtet wurde.
(Hofkammer-Archiv.) Hier sieht man auch den kostspieligen
Damm jenseits der Donau/ der von Langenenzersdorf an bis
hfther angelegt wurde, um das Austreten des Stromes zu ver-
hindern. Auch das sogenannte Beschlacht/ ein anderer Damm/
welcher dießseits des Flusses von großen Steinen erbauet/ in einer
langen Strecke / bis hinab zur Brigittenau lauft/ um schiffbares
Wasser in den Donaucanal zu leiten/ der für Wien von so beträcht-
lichem Nutzen ist / verdienet allerdings eine aufmerksame Be-
trachtung.
Im Dorfe selbst bemerket man noch die neue Pfarr-
kirche zum heil. Thomas/ neben derselben ist der niedliche
Pfarrhof/ und unfern davon die gut eingerichtete Schule.
Einst gehörte Nußdorf als Filiale zur Pfarre Heiligen-
statt; doch hatte sie schon am Anfange des i5. Jahrhundertes
eine eigene Capelle; denn als Agnes/ desNemedusch
Wittib/ im I. 1411 zehn Pfund Burgrecht auf 4 Weingär-
ten ; und Wo lf harr der Fl och en au er zu Nußdorf 8
Pfund Pfennige auf Häuser und Weingärten / zu einer ewi-
gen Messe in die Capelle zu Nußdorf stifteten : so sollte diese
so lange in der St. Jacobs-Capelle zu Heiligenstatt gelesen
werden/ bis die Capelle zu Nußdorf eingeweiht seyn würde.
Dieses geschah endlich zu Ehren des heil. Apostel Thomas ; denn
Ulrich Che pp el stiftete zu den vorhinein schon gestifteten
vier Messen in der Thomas-Capelle zu Nußdorf/ im I. i45o
noch zwey wöchentliche Messen auf 5 Achtel Weingärten.
Zu diesen und andern frommen Stiftungen scheint bald
ein Priester gefunden worden zu seyn/ der ihnen Genüge lei-
stete/ und sich öfters auch den Titel Pfarrer anmaßte. So fin-
den wir vom Jahre i55i das Testament eines Geistlichen / mit
Nahmen Polln er/ wo er als gewesener Pfarrer zu Nußdorf
unterzeichnet ist.
Zu den älteren Stiftungen kamen bald mehrere hinzu/
denn im I. 1671 stiftete Thomas Gebhardt 2 jährliche
Messen; und 1690 Paul Frosch/ Mitnachbar/ 5oo fl. tu
der nähmlichen Absicht. Die Gemeinde fing daher an sich im
2i4
I. 1704 um einen eigenen beständigen Klosterpriester zu be>
werben /der an Sonn - und Feyertagen in der Thomas-Capelle
Messe lesen und den Frühgottesdienst abhalten sollte; auch wurde
zu diesem Endzwecke das Kirchlein verlängert. Der Erfolg die-
ses Bestrebens ist unbekannt ; doch stiftete nebst andern Wohl-
thätern/ Dorothea Haßlerin/ im I. 1713 aufs neue
5oo Gulden.
Bis zum Jahre 178Z geschieht von dieser Capelle keine wei-
tere Erwähnung. Als aber in diesem Jahre Nußdorf von seiner
Mutterkirche Heiligenstatt getreust / und zu einer eigenen Pfarre
erhoben wurde: so wurde die!alte Thomas-Capelle
zu einem Schulhause umgestaltet/ und vom Propste zu
Klosterneuburg/Fl orid us Leeb/ eine ganz neue Kirche er-
bauet/ die im I. 1787 gleichfalls zu Ehren des heil. Thomas
eingeweiht wurde. Ihr Äußeres und Inneres ist zwar ohne
Schmuck/ jedoch nett und reinlich; den Thurm zieret eine ble-
cherne Kuppel / und da sie eine erhöhte Lage hat/ nimmt sie
sich,mit ihrem Thurme gut aus.
Der erste Priester / den Nußdorf zum Pfarrer erhielt/
war im Jahr 178Z Colomann Degen / von .Wallet-
ftein in Schwaben; vorher Pfarrer zu Kallenberg/ dann Pfar-
rer in Stoizendorf. Ihm folgte im 1.1794, wo er die Pfarre
verließ / Matthaus Honig aus Wien / vorher gleichfalls
Pfarrer zu Kallenberg. Unter ihm machte Stephan Am-
bichl eine Stiftung mit 1700 Gulden auf eine Frühmesse an
Sonn - und Feyertagen / die wahrscheinlich noch im nähmlichen
Jahre die Veranlassung gab / daß wegen der ohnehin immer zu-
nehmenden Volksmenge / ein eigener Cooperator dem Pfarrer
zugetheilt wurde. Als Matthaus im 1.1797 hier starb / erhielt
diese Pfarre Gabriel Dietrich / von Wien; vorher Stifts-
pfarrer/ dann Pfarrer zu Grinzing. Sein Nachfolger war im
I. 1806 Peter Planer/ von Preßburg; vorher Localcaplan
auf dem Josephsberge / und dann Stadtpfarrer zu St. Martin.
Nach ihm kam im I. i8ro der gegenwärtige Pfarrer Albert
Maurer/ aus Wien/ nachdem er hier' durch 10 Jahre Coo-
peraror gewesen war..Das wienerisch-erzbischöfliche Consistorium
ernannte ihn im vorigen Jahre zum provisorischen Dechant und
2i5
Schul-Districtsaufseher der in diesem Bande behandelten Abthei-
lung des Dekanates Klosterneuburg. Unter ihm vermachte im
I. i8i5 Simon Pippel/ gewesener Fragner zu Wien
und allhier wohnhaft/. 70 Gulden auf eine heil. Messe.
Gegenwärtig gehöret zur hiesigen Pfarre / das obenerwähnte
Dörfchen N e um ühl / und sechs an der Straße nach Heili-
genstatt gelegene Häuser. Im Durchschnitte ereignen sich jähr-
lich in dieser Pfarrgemeinde bo^Sterbefälle / wozu die mit den
Ausdünstungen der nahen Donau angefüllte Luft / die sehr
leicht Fieberkrankheiten erzeugt/ das Ihrige beytragen mag; in-
deß erhalten 53 Geburten und 8 Emulationen die Gesammt-
zahl der Einwohner so ziemlich im Gleichgewichte.
In dem Hofe Nro. 91/ der noch im I. 1791 der graft.
Pohlheimischen Familie gehörte/ befindet sich auch eine schöne
geräumige Hauscapelle/ die vermöge ihrem Ansehen und
ihrer Größe/ einstens eine öffentliche gewesen seyn mag. Viel-
leicht gehörte dieser Hof in älteren Zeiten dem Benedictiner-
Stifte Steyrgarsten in Oberösterreich/ dessen Prälat Anselmus
schon im I. 1698 die Erbauung eines eigenen Oratoriums vor-
hatte; und leicht konnte sich dann die Errichtung der dortigen
Capelle von jener Zeit herleiten lassen.
D ö b ling *).
Nordwestwärts von Wien außer der Nußdorferlinie liegt/
umgeben von Heiligenstatt/ Nußdorf/ Grinzing und Währing/
auf einem Vorhügel des Waldgebirges/ der die reißendsten AuS-
sichten gewährt/ das freundliche Döbling/ ein beliebter Som-
meraufenthalt der vermöglicheren Bewohner Wiens. Das Dorf
selbst/ welches einst in der Vorzeit auch den Nahmen: Töp-
lich/ oder Topelick führte / wird durch den von Neustift
herfiießenden Krotenbach in Ober - und Uuterdöbling
getheilt.
*) Nach dem eingeschickten Berichte des fel. Hrn. Franz Lach mann,
Pfarrers daselbst, und nach den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen
Ccmsistorial - Archiv-Lit. D. Nro. VII. und II.
i iS
Ersteres, in welchem sich gegenwärtig die Pfarrkirche / fs
wie die Schule befindet / war über 5oo Jahre ein Eigenthum
des Dominicaner-Nonnenklosters zu Tulln. Schon Kaiser Ru-
dolph I. verlieh im I. 1280 diesem von ihm gestifteten Klo-
ster hier das Bergrecht/ wozu nach und nach / durch Kauf und
Schenkungen / behauste Güter und Weingärten kamen. Den
größten Zuwachs in Döbling erhielt aber das Tullner Kloster im
I. 1678 durch Joachim Enzmüller/ Grafen von Wind-,
Hag/ dessen Tochter Eva Magdalena Francisca dort
Nonne war/ und der dem Kloster mit einem von dem Cister-
zienseriStifte Baumgartenberg hier erkauften Grundbuchs / eine
feyerliche Schenkung machte.
Als diese Nonnen im I. 1782 aufgelöset wurden / kam
ihre hiesige Besitzung an den Religionsfond/ und steht
gegenwärtig unter der Leitung der k. k. Staatsgüter - Admini-
stration *).
Neben diesen Besitzungen des Nonnenklosters hauste im
untern Orte Piligrinus de Toplick, dessen Sohn Lud-
wig im I. i5oy herzoglicher Forstmeister war / und seinem Le-
hensherrn Leopold von Sachsen gang zwey Lehensstücke
zu Krotendorf zurückgegeben hatte. Dieser verlieh sie im nähm-
lichen Jahre dem Propste Berthold von Klosterneuburg/
seit welchen Zeiten sich dieses Stift im Besitze von Krotendorf/
dem heutigen Unterdöbling befindet. Zwar ist von der in Döp-
lich (Döbling) noch stehenden St. Paulus-Kirche weder der
Ursprung noch die Erbauung bekannt/ doch zeuget ihre gothische
Bauart/ der Thurm und die Kirche aus massiven Quaderstei-
nen / und der Taufstein/ der im Jahre 1760 zu einem Weih-
brunnkessel yerrpendet wurde/ von ihrem Alterthume. Die erste
Erwähnung derselben füllt in das Jahr 1461 / in welchem
bey dem feindlichen Überfalle des Königs Mathias Corvi-
nus/ seine Kriegsleute nicht nur das Dorf und die Weingär-
ten / sondern auch die Steinkirche verwüstet haben. Daß da-
mals ein eigener Priester bey der Kirche angestellet war/ kann
mit Gewißheit festgesetzet werden. Doch eine urkundliche Nach-
*) Aus den Klosteracterrund Wisgrills öftere. Adels-Lexikon II. Theile.
2ll
richt von einem bestandenen Seelsorger fallt erst auf das Jahr
*5o4. Er nannte sich Tenetsch rector parochialis eccle-
siae S. Pauli in Döbling Vien. Diöces,,, und starb im nähmli-
chen Jahre. Sein Grabstein , der vormals in der Mitte der Kirche
vordem Presbyterium gelegen hatte/ imJahre i774aber bey Er-
neuerung des Kirchenpflasters neben der größeren Kirchenthüre
festgemacht wurde, ist aus rothem Marmor / und enthalt nebst
den priesterlichen Attributen folgende InschriftA-D-in-
carnati (i5c>4) Dominica post conversionem sancti
Pauli----------in hac ecclesia sepultus Deo vivit. Der Ver-
storbene/ der auch Mitglied der Priest er brud e rscha fr St.
Peter war / verordnete in seinem letzten Willen: „daß er in
der Kirche / wo seiye Vorfahren ruhen f auch mit einer In-
schrift/ und mit einem Leichensteine begraben seyn wolle"/ und
vermachte zu der Kirche sein Gold und Silbergeräthe nebst dem
Weine/ damit von deren Verkaufe eine Tafel*) für den noch
nicht eingeweihten dritten Altar beygeschafft werden konnte.
In dieser Urkunde geschieht schon einiger Vorfahren Er-
wähnung; allein ihre Nahmen / ihre Schicksale und die Zeit
ihres hiesigen Aufenthaltes / sind gänzlich unbekannt; eben so
geht es auch mit der Bestimmung/ welcher aus den drey Altä-
ren damals noch nicht geweiht war. Den. alten Hochaltar ziert
das Bild der Bekehrung Sauls; der zweyte ist mit dem Bilde
des heil. Petrus/ der dritte mit dem Bilde Mariens versehen.
Überdies- steht noch auf diesem eine Statue der seligsten
Jungfrau/ welche aus einem Brunnen im gräflichen Dauni-
schen/ nachhin fürstlichen Colloredischen Hause versteinert her-
ausgehoben wurde.
Wenige Jahre nach dem Tode Tenetsch überfielen im Jahre
*52c) die Türken das blühende Österreich/ und verwüsteten vorzüg-
lich alle Ortschaften um Wien. Döbling traf nicht allein das traurige
’) Der Altarstem wurde von jeher die Tafel/ oder der Tisch genannt»
zum Andenken : das; Christus bey einer Tafel das Altars - Sacrament
eingesetzt hatte. Weil nun in diese Tafel bey Weihung eines Altars Re-
liquien verschiedener Heiligen versenkt und eingemauert werden, so ent-
stand auch die Redensatt: Hier sitzen und ruhen die Heiligen.
Anm. d. Herausgebers.
2l8
Loos der Zerstörung / bey welcher nun alle Schriften von der
Stiftung der Kirche und eines Priesters/ alle Urbarien und
Grundbücher in Verlust geriethen/ sondern auch das Unglück;
daß ihr Pfarrer Peter Haindl gefangen / und ermordet
wurde. Dieses war der Zeitpunct/ wo die verwaiste Gemeinde
wieder von der Propstey St. Stephan / urtb rücksichtlich von
dem Bischöfe Fab er/ und seinen Nachfolgern übernommen/
und von da aus mit Priestern an Sonn - und Feyertagen ver-
sehen wurde.
Die von den Türken vertriebenen und zurück gekommenen
Holden hatten sich anderswo angevogt/ und selbst der noch vor-
findige Kirchenweingarten (der Pilgrim genannt) vermuthlich
ein Stück der ersten Stiftung des Pilgrims von Döplich —
wurde von'J o h a n n von R e v e l l i s / Bischof in Wien / auf
Leibgeding überlassen/ weil ihn zu pflegen die Gemeinde außer
Stande war. Dadurch kam nun die Kirche in so schlechte Ver-
mögensumstände / daß sie nicht einmal die nothwendigsten Be-
dürfnisse zu bestreiten vermochte. Die im I. i544 allgemein
angeordnete Pfarr - Visitations - Commission berichtete von Döb-
ling: „daßKirche und Pfarrhaus sehr baufällig wären; daß schon
durch 29 Jahre sich allhier kein Priester befinde / und die
Kirchen - Zochleute selbst so entkräftet seyen / daß sie der
Kirche gar nicht zu Hülfe kommen könnten. Wenn also das Licht
des wahren Glaubens hier nicht erlöschen sollte/ so müßte von
dem Domcapitel in Wien als Patron der Kirche / wenigstens
Ein Mal in der Woche ein Priester herausgeschicket werden."
Bald nachher fing man allmälig an die günstige Hoffnung zu
schöpfen / daß sich die hiesige Kirche / gleich vielen andern/
wieder von allem ausgestandenen Unglücke erholen würde. Die
Kirche war bereits wieder hinlänglich geziert.. Ein Herr Fla-
sch e r hatte den Thurm / dis Mauern und das Inwendige der
Kirche erneuern lassen. Ober - und Unterdöbling vereinigte sich/
zu Beyträgen / um dem Pfarrer den nöthigen Unterhalt zu ver-
schaffen. Er erhielt damals 10 Viertl Weingärten / und die
Kirche 5 Viertl. Allein das Jahr 1608 zerstörte diese frohen
'Aussichten beynahe auf immer.
Ha nns Puch fink / der Schaffer des Nonnenklosters zu
2ig
Tulln, kam nähmlich in diesem Jahre mit einer Vollmacht, btk
er von seiner Priorin, und dem Dominicaner Prior als Vikar
des Klosters, erschlichen hatte- zu den Zechleuten der Kirche,
und verleitete sie durch schmeichelnde Worte, und durch die
Vorstellung : daß Ihnen bey dem Mangel eines Localpriesters
die Erhaltung des Pfarrhoses (das heutige Raplische Haus) un-
nütz und lästig wäre, wirklich zum Verkaufe des Hofes und der
Kirchengründe, die sie dann späterhin, als sie ihre Übereilung
einzusehen anfingen, ungeachtet aller Mühe und Prozesse nicht
mehr zurück erhielten.
Dadurch war die Kirche gänzlich verarmt, und ihrer
letzten Stütze beraubet. Leicht wurde es daher den lutheri-
sch e n Predigern, bey den verlassenen Einwohnern mit ihren
Lehren Gehör zu finden; ja sich endlich sogar unter der Gemeinde,
selbst niederzulassen. Das Pfarr-Protokoll von Währing erzählet:
daß drey protestantische Pfarrer zu Oberdöbling gewesen seyen.
In dem Archive des einstmaligen Nonnenklosters zu Tulln findet
man: daß sogar einige Pastoren in diesem Dorfe starben, und
ihre Verlaffenschaft von der Herrschaft abgehandelt wurde, daß
der letzte nach Währing gezogen , welches nach dessen Vertrei-
bung W i l i b a l d Kreutzer, gewesener Pfarrer zu Oberdöb-
ling, überkommen hatte, von welchem Datum sich ohneZweifel
die Einpfarrung Döblings nach Währing herschreibt.
Stillschweigend geht nun die Geschichte seit diesem Zeit-
puncte bey Döbling vorüber, unb gedenkt nur mit Wehmuth
des für ganz Österreich so unglücklichen Jahres i683, in welchem
durch die Wien belagernden Türken alle Einwohner daraus
vertrieben , die Häuser bis auf i5 abgebrannt, und die Kirche selbst
zu einem Pferdstalle verwendet wurde. Bis zum 18.. September
blieb Döbling in der Gewalt der Muselmänner : denn erst an
diesem Tage wurden sie durch die christliche Hülfsarmee aus der
ganzen Gegend vertrieben und mit großem Verluste zurück
geworfen.
Bald nach ihrer Entfernung kamen die glücklich geretteten
Bewohner Döblings wieder in ihre Heimath zurück, beschäftig-
ten sich mit der Herstellung ihrer zerstörten Wohnungen, ver-
nachlässigten aber keinesweges ihre alte Kirche zu reinigen, und
220
wieder brauchbar zu machen. Sie wollten sogar aus Dankbarkeit
für ihre glückliche Errettung einen eigenen Seelsorger zu ihr
stiften; allein dieß überstieg bey weiten ihre Kräfte. Es erfor-
derte die höchste Anstrengung und den thätigsten Fleiß / die nöthi-
gen Bedürfnisse der Kirche herbeyzuschaffen / und daher blieben sie
einstweilen ruhig Unter der Seelsorge des Pfarrers von Währing.
Erst ihre Kinder und Enkel hatten das Vermögen, den
frommen Wunsch ihrer Vorältern wirklich auszuführen. Im I.
1727 ließen sie den schadhaften Thurm und das zersplitterte Kir-
chendach neu eindecken/ und da späterhin in den Zähren 1729/
1787/ 17^9 und 1768 durch andächtige Bewohner diesesDor-
fes mehrere bedeutende Stiftungen und Schenknisse auf Messen
gemacht wurden; so übernahm schon im I. 1768 Valentin
Waldner/ ein Weltpriester die Schuldigkeit/ die gestifteten
Messen zu lesen. Ihm folgte 1772 in dieser Verrichtung ein
anderer Weltpriester/ Nahmens Staudt; und als dieser spä-
terhin zur Pfarre in Währing befördert wurde/ so trat Seba-
stian Fux aus Wien im I. 1783 in dessen Fußstapfen.
Die Kirche fing unter solchen Umständen an sich aufs neue
empor zu heben; und weil ihr die ältern Schenkungen / unter de-
nen sich vorzüglich Johann Bapt. P eitelberg er/ ein
Bürger von Wien / im I. 1789 durch die Schenkung zweyer
Häuser und Weingärten im Werthe von 6700fl. auszeichnete/
mit den dazu gekommenen neueren Stiftungen ein dauerhaf-
tes Fortkommen sicherten / so krönte endlich Kaiser JosephII.
das lange Bemühen der Gemeinde / trennte ihre Kirche von
Währing/ uttd erhob selbe im I. 1780 zu einer eigenen Pfarre.
Ihr Beneficiar Sebastian Fux wurde nun Pfarrer ; die Ge-
meinde Unterdöbling / die bisher der Seelsorge des Pfarrers zu
Heiligenstatt anvertrauet war / 5o Häuser und 299 Seelen ent-
hielt/ mit Oberdöbling vereinigt; ein neuerPfarrhof noch in
diesem Jahre gebaut/ und das Innere der Kirche nebst den Al-
tären durch die reichlichen Beyträge verschiedener Gutthäter/und
in's besondere der Gebrüder Hofmann/ ausgebessert und her-
gestellt. Der Landesfürst übernahm das Patronat. Da auch
Oberdöbling bereits schon i36 Häuser mit 982 Seelen zählte/
so entstand im I. 1784 eine eigene Schule mit einem Lehrer
221
für 180 Kinder- und zu gleicher Zeit watd das Armen?
Institut eingeführt.
Unter der Gemeinde , die gegenwärtig in Oberdöbling al-
lein schon aus 181 Häusern und i5oo Seelen besteht- zusam-
men aber 23oo Menschen in sich fasset, ereignen sich im Durch-
schnitte jährlich 5o Taufen- 20 Ehen und 45 Todten-
fätle. Die Bewohner Döblings nähren sich wenig vomFeld?
baue- beträchtlicher sind ihre Besitzungen an Weingärten, die
größten Theils in der Ebene liegen. Ihr Hauprnahrungszweig
aber besteht in Obst und Milch, die sie täglich nach Wien brin-
gen , und in der Vermiethung ihrer niedlichen Wohnungen an
die häufig kommenden Sommergäste. Vermögliche Familien aus
Wien haben hier sehr artige und mit unter auch ansehnliche Land-
gebäude, die Döbling zu einem der schöneren Dörfer Österreichs
erheben. Auch der in der Mitte des Ortes gelegene Park ist eine
Zierde desselben.
Die Nachfolger des Hrn. Sebastian Fux in dieser neuen
Pfarre waren feit 1795 Macarius Bisenti, Ercarmetit -
von Prag gebürtig, ehemals Rector des erzbischöflichen Semina-
riums zu Wien. Sein Andenken werden gewiß Alle segnen, die
einst unter ihm standen, von ihm gebildet oder geleitet wurden.
Der Nachwelt hinterließ er eine gut geschriebene Patristik,
von welchem Lehrfache er in Grätz unter der Regierung I 0-
sephs II. Professor war. Er wurde 1801 auf die Pfarre der
Leopoldstadt in der Jägerzeile befördert, wo er auch ge-
storben ist. Im nähmlichen Jahre 1801 wurde Joseph Co-'
lumba-zzo, vonStuttgardgebürtig,Pfarrer, dem imJ. 1614
Franz Lach mann, nach dessen Tode aber 1817 Michael
T e sch m a y r folgte. Für diese Pfarre ist ein Cooperator
aus dem Religionsfonde systemisirt.
Nebst ihrer Pfarrkirche, die für die zunehmende Volks-
menge ohnehin schon zu klein ist, besitzet Döbling gleichsam als
Aushülfskirche, noch eine schöne und hohe Capelle. Herr
Wolfg. Jos. Ant. Hofmändel von Mangariza, der
Stadt - Ban co - Hauptcasse-Controlor, erbaute dieselbe zu Ehren
des heil.Johann von Nepomuck, und stiftete den 7-Juny J726
mit einem Capital von 5ooo fL eine heilige Messe. Maria
122
Anna Ursula P ette rssi legirte im selben Jahre und
zu gleicher 'Absicht 167bfl. Fünfzig Jahre später/ den 1» July
1776 folgte Herr Jose pH Max. Summer/ k. k. Bancal-
Taxaror / diesem schönen Beyspiele / und vermehrte diese Stif-
tung mit 1000fl Noch jüngsthin har Freyherr von Lang in
derselben die schöne Orgel errichten lassen.
Diese Capelle wurde unter weiland Kaiser Jo se p h s II.
Regierung / wie so viele andere Capellen und Nebenkirchen / ge-
schlossen; sie wurde aber / indem sie breiter und höher als die
alte / niedrige und feuchte Pfarrkirche ist/ späterhin / und zwar
im I. 1794 wieder eröffnet/ und wird nun zur Abhaltung ei-
ner täglichen Messt/ und des späteren Gottesdienstes an Sonn-
uno Feyertagen verwendet; bis die Umstände zur geräumigeren
Herstellung dm.' alten Pfarrkirche günstiger seyn werden.
Pfarre Sivering *).
Das alte Pfarrdorf Sivering liegt am FußederBerg-
kette des Kahlenberges/ eine und eine halbe Stunde von Wien/
und wird gegen Norden von Weidling / gegen Westen von
Neustift/ Pötzleindorf/ Gersthof und Weinhaus/ gegen Sü-
den von Döbling / und gegen Osten von Grinzing begränzet.
Dermalen besteht es aus zwey Dörfern/ O ber- und Unter-
Sivering. Beyde liegen an einem Bache/ der seinen Nah-
men von ihnen entlehnte/ in geringer Entfernung von einan-
der / und haben jedes ihre eigene Herrschaft und ein besonderes
Grundbuch.
Die^Lage dieses Ortes in einem Hohlwege/ an dem be-
reits erwähnten/ aus verschiedenen Gebirgsquellen entspringenden
Bache- der vorzüglich in den Jahren 1772 und 178s) große
*) Nach dem Berichte des Herrn Pfarrers Ivo Sailter, C. R. C.
und aus dem Gedenkbuche des Herrn Q. u a r i n Gugu, weiland Pfar-
rers zu Sivering ; verglichen mit den AtteN dieser Pfarre im Cönst-
KdNgl-Archiv LU. 8. Nro.-X. '
2L3
Überschwemmungen verursachte / umgeben von den benachbarten
Bergen/ macht die Temperatur viel kalter und rauher als in den
benachbarten Ortschaften/ so daß im Vergleiche mit Döbling
die Feldfrüchte hier um vierzehn Tage später zur Reife kommen.
Dieß abgerechnet ist die Lage des Ortes nicht minder reitzend/
als jene der erwähnten Dörfer/ erhält vielleicht durch das na-
he liegende Gebirge vor so manchem andern den Vorzug. Der
Ackerbau ist freylich dieser nahen Gebirge wegen sehr unbedeu-
tend; der Wein hingegen / welcher hier erzeugt wird/ von gro-
ßer Vortrefflichkeit/ daher er auch mit dem Verkaufe der Milch
und des Obstes / den größten N a h r u n g s z w e i g der hiesigen
Einwohner ausmacht/ die nebstbey den nahen Steinbruch bear-
beiten. Dieser Steinbruch liegt zwischen dem Schlosse Himmel
und Sivering / und wird gewöhnlich die steinerne Wand ge-
nannt. Er gehört der Stadt Wien/ welche mehrere Arbeiter
an demselben unterhält. Sein Hauptbestandtheil ist Schiefer-
Sandstein/ der aber viel besser als der gewöhnliche ist/ und so-
mit zu Pflaster- und Schleifsteinen benützet werden kann.
Die Entstehung des Nahmens Sivering unterlag schon
oft dem Streite. Manche leiten denselben von dem obener-
wähnten Schiefersteinbruche ab / und wünschten daher lieber
Schiefe ring anstatt Sivering lesen zu dürfen/ viele pflich-
ten der wahrscheinlicheren Meinung bey/ daß dieses Dorf sei-
nen Nahmen dem heil. Severin/ dem Apostel der Noriker/ ver-
danke/ der in diesen Gegenden gelebt/ und um das Jahr 454
für sich und seine Mönche ein Kloster/ oder doch wenigstens eine
Kirche erbauet haben soll. Darin herrscht aber gleiche Meinung/
daß dieser Ort sehr alt/ und bereits unter den ersten Babenberg
gern.gegründet worden sey/ unter denen er im zwölften Jahr-
hunderte unter dem Namen Suuringau, Sauveringen_» Süf-
ringen, Sniverin und Siefringen bekannt war. Von die»
sem Orte schrieb sich auch ein adeliges Geschlecht her'/ das mehr-
mals in Urkunden erscheinet/ und aus welchem ein gewisser
Vodalricus de suitueringen oder suueringen im Saalbu-
buche des Stiftes Klosterneuburg vorkommt. Einige halten die
alte/ in Unter- und Oberösterreich bekannte adelige Familie
Schiefer für Nachkömmlinge der obigen Herren von Sivering.
224
Sehr spät erst kommen die eigentlichen Besitzer dieses Dor-
fes zu unserer Kenntniß. Das alradelige Geschlecht der Herren
von Ebersdorf/ die sich auch Grafen von Thierenstein
schrieben/ hatten das Dorf Sivering vom Hause Österreich zu
Leben/ denn vom Jahre *528 findet sich ein Lehenbrief vor/ in
welchem Kaiser Ferdinand I. Erzherzog von Österreich den
Sigmund und Reinprechr von Ebersdorf/ unter andern auch
das/ zu dem Oberstkämmereramte in Österreich gehörige Lehen
Sivering übergab. Im Jahre 1760 gehörte Ob ersiv ering
den Ca maldulensern am Josephsberg. (Hofkam. Archiv.)
U n t e r s i v e r i n g aber war das Eigenthum des C a r-
thä us e r stif te s zu Eaming. Nach der Aushebung dieser bey-
den geistlichen Häuser kam ganz Sivering unter die k. k. Ca-
mera! Administration : gegenwärtig aber steht es unter vier Herr-
schaften / aus welchen das Stift Klosterneuburg/ dem auch das
Patronats recht der Pfarrkirche zusteht/ einen nicht unbe-
trächtlichen Theil des Dorfes besitzet.
Diese alte Pfarre- deren zuerst im Jahre i53o Erwähnung
geschieht/ umfaßt heutiges Tages Obersivering mit 62 Häusern
und 077 Bewohner«/ Unrersivering mit 56 Nummern und
467 Seelen/ und endlich ein benachbartes Landhaus/den H i m-
mel *)/ das nur eine starke Viertelstunde vom Dorfe entfernt ist.
Die ganze Pfarrgemeinde begreift also gegen 85o Mitglieder/
unter denen sich im Durchschnitte jährlich 7 Ehen / 3o Taufen /
und 25 Todesfälle ereignen. Die ältesten Pfarrbücher beginnen
erst mit dem Jahre i685; ein Bewers, daß bey der türkischen
Invasion des Jahres i685 alle Urkunden vernichtet worden sind.
Einst gehörte auch Neustift und Saalmannsdorf in diese Pfar-
re/ allein unter der Regierung Kaiser Josephs II. wurden
beyde Dörfer von ihrer Mutterkirche getrennt. Neustift zu ei-
ner eigenen Pfarre erhoben/ und Saalmannsdorf/ als Filiale
ihr zugesellt.
Die Zierde des Ortes ist die alte auf einer kleinen Anhö-
he zwischen Ober- und Untersivering liegende S t e r n k i r ch e /
*) Dieß bekannte Landhaus hat eine herrliche Gartenanlage, die mit Geist
und Geschmack gemacht worden ist, und ihre Entstehung dem Herrn
' Hofrathe Kriege! von Kriegelstein verdankt.'
' 225
mit dem viereckigen Thurme. Wer dieselbe erbauet/ und zu
welcher Zeit sie entstanden sey/ ist ungewiß. Die gothischen
Fenster und das antike Kirchengewölbe verrathen deutlich die
Bauart des zwölften und dreyzehnten Jahrhundertes/ doch
tragt sie deutliche Spuren einer spateren Vergrößerung/ das Pres-
byterium stammt aus neueren Zeiten/ und die ganze Kirche ist/
wahrscheinlich des Einsturzes wegen/ mit Pfeilern auf moder-
ne 'Art untermauert. Ihr Inneres enthält vier Altäre/ von de-
nen der Hochaltar das Bildniß des heil. Severin / zu des-
sen Ehre die Kirche späterhin eingeweiht wurde/ darstellt*). Um
die Kirche liegt der alte mit einer Mauer umfangene Fried-
hof/und zunächst daömit einem schönen Garten'versehenePfarr-
gebäude/ durch seine sonderbare und eigenthümliche Bauart auf-
fallend ausgezeichnet. Der jeweilige Pfarrer genießt die nöthi-
gen Stifts - Deputate.
Was die hiesige S ch ule belangt/ so geschieht schon im
Jahre *544 eines Schulmeisters Erwähnung / der viele Kin-
der zA unterrichten hatte/ da auch die Orte Neustift und
Saalmansdorf ihre Jugend in die Schule nach Sivering schickten.
Wahrscheinltch wurde sie zugleich mit der Pfarre gegründet/ und
in dem möglichst guten Stande erhalten/ wenigstens wird seit
dem Jahre 1765 in den Acten d^r Pfarre fortwährend des Schul-
meisters gedacht.
Swering besitzt auch zwey S t a tu e n des heiligen Johann
von Nepomuck/ deren eine, seit dem Jahre 1772/ die Gemein-
de in besondere Obsorge nahm. Außerhalb des.Dorfes steht ein
über 200 Jahr altes st e i n e r n e s K r e u tz/ mit der Inschrift:
Hans Dartnger Saurischer Unterthan zu Untern Sehffringen
hat Gott zu Ehren/ und den Seinigen zu ewigen Gsdächtnuß
machen lassen dieses Creutz den XXVI. Löptemb. Anno
MDGVI. Auch befindet sich in dieser Pfarre eineP r i v a t- C a-
pelle mit einer Meß-Liceuz/ bte im Jahre 1766 der Cardinal
*) Links im Presbyterium findet sich ein Grabstein von rothem Marmor, mir
folgender Inschrift: R— Ducis KUatuarma obiit Diae S. Floria — A..
v. MCCCLYII. — 25i$ jetzt hat man diese Aufschrift noch nicht ent-,
zisfert, und wahrscheinlich tft dieser Stein, aus einer fremden Kirche»
bloß zufällig hicher gebracht, und zum Baue verwendet worden.
Topogr. v. Ofterr. I. Abth. P
226
und Erzbischof von Wien/ Christoph Anton/Graf von Migazzi,
ertheilte. Das eingeführte ArmemIn stitut versorgt die Dürf-
tigen in der Gemeinde nach Möglichkeit.
Die erste Nachricht von der hiesigen Kirche und Pfarre fallt
auf das Jahr i33o. Aus diesem Jahre findet sich nähmlich im
Stiftsarchive zu Klosterneuburg noch ein Brief vor / in wel-
chem sich die vier zur Kirche Sivering gehörigen Ortschaften
Ober-und Untersiveriug, Neustift und Saalmansdorf das ein-
stimmige Versprechen leisten/ dem Gotteshause zu Heitigenstatt,
der einstmaligen Mutterkirche- 6 Tage/ ehe man die Capelle
zu Syfering werden thut/ 5 Pfund Pfennige-Güldt (Renten
oder Interessen) kaufen zu wollen. Damals scheint die hiesige
Pfarrkirche zu Ehren chss-cheit. Andreas geweiht worden zu
seyn/denn als im Jahre 1481 Stephan Thomas, des Amtmanns
Sohn zu Niedersivering/ eine ewige Messe hier stiftete/ so be-
stimmte er selbe „in parochia ad Sanctum Andream zu
Sivering- auf Sanct Severinsaltar."
Schon in den Jahren -344 und 1848 erscheint I a co b
M edler? ein Welcpriester/ als der erste bekannte Pfarrer all-
hier. Vielleicht noch unter ihm/ oder doch wenigstens alsogteich
nach seinem Tode/ stiftete im Jahre ,34p AndreaS/ Herzog
Albert des Lahme n Kämmerer / und Gertraud/ seine Haus-
frau / zur hiesigen Kirche eine ewige Messe. Im Jahre i363
lesen wir einen Petrus/ und 1877 einen Johann/ als Pfar-
rer zu Mitterhofen/ denn so wurde die Kirche zwischen beyden
Sivering damals genannt.
Bey Duelli us chin Excerpt, geneal. hist.) wird ein
Weltpnester mit dem Vornahmen Hering/ als Pfarrer zu
Sivering angeführt. Nach ihm finden wir im Jahre 1400 Jo-
hannes Chunesteller/ i/,.5i Casparus Gerhard,
144h Bernhard B a mp. Um das Jahr 1490 und noch 1498
Johannes K al t e n ma rkr e xf i5o2 Briccius Ebet-
aue r / und i5o6 neuerdings Johannes Kalten mark-
t#X/ insgesammt Welcpriester.
Schon im Jahre i5oo hatte Papst Alexander VI. im
neunten Jahre seines Ponrificaces / aus besonderer Gewogen-
heit gegen Propst Jacob I. die Pfarre Sivering/ durch die
/
227
Bulle: Regiminis imiversalis praesidcntes ecclesiae etc.
tcvn Stifte Klosterneuburg einverleibt, und es dem Propste
freygestettt, selbe entweder mit einem Weltpriester oder einem
Stiftsgeistlichen fernerhin zu besetzen. Jacob machte daher im
Jahre i5o6 von dieser Begünstigung Gebrauch, und besetzte die
Pfarre Sivering mit dem regulirten Chorherrn, Sebastian
Siben richt!, der bis iSocj die hiesige Pfarre besorgte. Ihm
folgten: rbio I a c o b H ö f e r, dann Pfarrer zu Heiligen starr,
i5ii Johannes Zimmermann, bis zum Jahre i5tg
Leonhard Phruntner, i52o Colomann S ch w e t»•
zer, späterhin Dechant des Stiftes, i526Ambros Rosen-
sting t , der bey dem Einfalle der Türken in das Sttft zurück-
eilte. Nach wieder eingetretener Ruhe wurde im Jahre i555
Oswald Falk, i535 Thom as Kirchltzr, undA n d r e a 6
M e r k t e r, und 1537 Johannes - Hckho lz h a m mer,
durchgehends Sriftsherren, nach Sivering gefttzet.
Um diese Zeit war durch Luthers Lehre, das Mönch-
ünd Klosterleben äußerst verrufen, die Candidaten für Stifte
und Klöster dadurch verscheu.et, und allgemein der Mangel an
Geistlichen fühlbar. Dieses Schicksal traf auch das Stift, und
es mußte sich daher neuerdings entschließen, seine einverleibten
Pfarreyen Weltpriestern anzuvertrauen. Die geistliche Untersu-
chungs-Commission fand daher im Jahre i544 zu Sivering schon
seit einigen Jahren keinen Stifts.Capitularen, wohl aber einen
Weltpriester, Nahmens Wolfgang Haß, als Vicar dieser
Kirche, und nebst lhm einen Schulmeister. Wolfgang war in
seinen Predigten ein heldenmüthiger Eiferer gegen die neue Leh-
re, im Rufe eines tugendhaften und frommen Lebenswandels,
und hatte fortwährend Kirche und Pfarrhof im guten Baue er-
halten. Ihm folgte i546 als ein eben so getreuer Hirre, Jo-
hann von S ch ö n b e r g oder auch S ch ö n b u r g, der bey-
den Rechte Doctor, und Domherr von Paffau, der aber sei-
ner katholischen Gemeinde nicht lange vorstand, sondern schon
im Jahre i54g zum Abte des Benedictinerstiftes Melk, und lm
Jahre i55i zum Bischöfe von Gurk erwählet wurde.
Unter seinen Nachfolgern findet sich auf das Jahr. i558
der Weltpriester, Michael Gerge, im Jahre i56o aber
P 2
223
der Stiftschorherr/ Maximilian Hackel, von Pöckstall
in Österreich , späterhin Pfarrer zu Heüigenstatt. Da sich dieser
in Hinsicht der reinen Lehre sehr verdächtig machte und sich überdieß
den Nahmen Pastor beylegte, so präsentirte im Jahre ,.562
Propst Peter II. und das Capitel zu Klosterneuburg, dem Bi-
schöfe Urban von Paffau, den Weltpriester Georg HaaS
auf die Pfarre zu.Sivering. Diesem folgte aber schon im Jah-
re ,565 bis ,568 der Chorherr, Eberhard Pfälzer.Bis
zum Jahre i5go lesen wir Jo h a n n Sige'l, hernach Pfar-
rer zu Helligenstatt, bis 2601 Christoph Zwinger, bis
1609 den Welcpriester, Balthasar Krümper, der hier
sein Leben endete.
Von i6og—i6,3 versah die Pfarre zu Sivering der Chor-
herr, Michael Arlet, ein Schlesier, und späterhin De-
chant des Stiftes. i6,3 Wolfga ng Schmidt, ein Öster-
reicher, vorher Pfarrer im Stifte, dann zu Korneuburg. 16,4
Valentin Steiger, vorher Pfarrer zu St. Martin, hier
abergestorben. ,6,4—1618 zum zweyten Male Michael Ar-
l et. Von diesem Jahre an leiden die Nachrichten über Sive-
ring eme bedeutende Unterbrechung, und selbst von den Vorste-
hern der hiesigen Pfarre ist nur der einzige Weltpriester, A ri-
tz r e a s Widemann, als Pfarrer der Nachwelt bekannt ge-
worden. Erst mir dem Jahre 1664 beginnet wieder die Reihe
der hiesigen Pfarrvorsteher, die nun alle ans dem Chorherren-
stifte Klosterneuburg genommen wurden, und frohe und traurige
Tage mit ihrer Gememde zu Sivering theilten.
Von 1664—1674 besorgte also die Pfarrgeschäfte Gil-
bert Si g l, ein Wiener, späterhin Schatzmeister zu Hiezing,
1674.—1676 Malachias F l e i schman n, aus Prag, vor-
her Pfarrer zu St. Martin, späterhin aber zu Kierling. 1676
«—1679 B e r n a r d G r a f, von Wien , und vorher Pfarrer
im Stifte. In dem unglücklichen Jahre 1679, wo d;e Pest ihre
Fackel über Österreich schüttelte, wurde er ein Opfer derselben
durchseinen Eifer im Besuche der kranken Gemeindeglieder,
denen er durch 11 Wochen m dieser Trübsal Trost zu geben
suchte. A l ipi u s B a u e r n f e i n d t, von Sr. Gallen m Sreyer-
mark > vorher Beichtvater zu Hlezing, und dann Bernards
22g
Nachfölgsr, überstand glücklicher die Gefahr; im Jahre 1660
wurde er nach Langenenzersdorf als Pfarrer befördert/ und Hie-
ro nymus Stein dl/ aus Wien/ vorher Pfarrer zu Höf-
lein und Kahlenberg/ folgte ihm in Sivering / und bald auch
in Langenenzersdorf nach; denn schon 1681 erscheinet hier Wolf-
g a n g u s H 0 f m a n n / aus der Pfalz/ vorher Pfarrer zu Kier-
ling/ und schon 1682 Pfarrer in Heiligenstatt.
Im Jahre 1688 unterbricht zum zweyten Male der Einfall
der Türken die ordentliche Reihefolge der hiesigen Pfarrer; doch
schon im I. 1664 übernahm Paul Luginskandl/ von
Stoizendorf in Österreich, und vorher Pfarrer zu Höflein und
Kahlenberg / die Pfarre Sivering/ die nach seinem baldigen
Tode i685 Valentin H e llw ig/ aus dem Eichstadtischen/
vorher Pfarrer zu Tatrendorf/ besorgte. Er ging 1686 als Beicht-
vater nachHiezing/ und überließ seinen Posten Caspar Klu eg
von Grünen'oerg / aus Wien/ der Sivering schon im
folgenden Jahre mit St. Martin vertauschte-. 1687—16g 1 be-
fand sich dann auf hiesiger Pfarre Franz Fi hing / aus
Wien; vorher Pfarrer zu Kahlenberg und Höflein / dann aber
zu Heiligenstatt. 1691—1694 Ildeph 0 n 6 Hueber/ von
Krems/ vorher Pfarrer zu Kierling / und dann in Langenen-
zersdorf. 1694 — 5703 Gaudeuz Frisch vonPoisdorf; vor-
her Pfarrer zu Eupoldau / hernach Stadtpfarrer zu St. Martin.
Von-1708—1713 befand sich in Sivering Mathias
Roth von St. Polten/ vorher Beichtvater zu Hieznig. Bey
dem im I. 1715 herrschenden Pestübel/ dem viele aus der Ge-
meinde zum Opfer wurden/ stand er getreu und eifrig so lange
den Sterbenden bey/ bis er nach Hause gerufen wurde. i/i3—
1714 Christoph Stöcker-/ von Wienerisch - Neustadt/ vor-
her Pfarrer zu Reinprechtspölla / und dann seiner schwächlichen
Gesundheit wegen / Beichtvater zu Hiezing. 1714—1729 Ro-
man S il b e r e i se n / aus Wien / und vorher Pfarrer zu Kier-
ling. Er kehrte krank in sein Stift zurück/ und starb noch im
nähmlichen Jahre. 1729 —1781 Dün st a n Maroldt/ auS
Wien; vorher Pfarrer zu Kierling / dann Stiftspfarrer. 1781—
T736 Ivo Ristl/ in Klosterneuburg gebore» / und späterhin
Beichtvater zuHrezing. ^742 35 g r t r a»t> Nitzl/ von
2ÖO
Neuhofen in Baiern ; vorher Beichtvater zu Hiezing/ dann
Sradtpfarrer zuSt. Martin. 1742—-L^boRemig ins Pam-
pichter/ vori Stockerau/ und vorher Pfarrer zu Höftein und
Kahlenberg; erging im obenbenannten Jahre zurück nach Klo-
sterneuburg/ und endete dort im I. 17.85 sein Leben.
Auf der Pfarre zu Sivering folgten ihm : 17^)0—1764
Gottlieb Hölzl/ gleichfalls von Stockerau; vorher Pfar-
rer zu Höflein und Kahlenberg / dann Pfarrer zu Tattendorf.
1754 —17^8 N?c 0 lausGroschezky/ aus Wien ; vorher
Novizenmeister und Bibliothekar des Stiftes, dann Pfarrer zu
Neinprechtspölla. 1768 — 1769 P h i t i pp P a u m g a rr n e
von Krems ; vorher Sciftspfarrer / dann Stadtpfarrer 'in St.
Martin. 1759—1765 Ludwig Wregant/ von Oberholla-
brunn ; vorher Pfarrer zu Höflein und Kahlenberg / dann Pfar-
rer in Heiligenstatt. Unter ihm stiftete im I. 178* Wolfgang
Flucher 200 Gulden auf heil. Messen. 1760—• 1773 Q u a-
ri n us G ugtt/ aus Wien; vorherCooperator zu Heiligenstatt.
Ihm verdankt die hiesige Pfarre das schöne Gedenkbuch/ das
aus SiveringS Geschichte manches Denkwürdige aufbewahrte.
Als er in das Stift zurückkehrte/ folgte ihm auf die Pfarre
Lambert Ceschet/ aus Wien; vor- und nachher Schatz-
meister im Stifte. Nachdem er fast durch 3i Jahre, unausge-
setzt Sivexing besorgt hatte/ überließ er die Pfarre im I. i8o3
dem vormaligen Pfarrer zu Meidling, Floridus Scher-
hauff/ aus Ollmütz/ der hier die beyden Invasionen der Fran-
zosen in den Jahren i8o5 und 1809 erlebte, im 1.1812 aber
nach Hiezing zog / und Sivering dem dermaligen Pfarrer Ivo
Sailler, von Wien gebürtig/ überließ/ einem Manne/ der
sich als einen klugen und redlichen Hirten schon auf der Pfarre
Kallenbergerdorf bewahret hat.
2?)I
Pfarre Neustift am Walde *)♦
N eustift an dem sogenannten (ehemaligen) Dorotheer-
Herrnwalde , oder am Krotenbache / V. U. SB. SB./ von den
Linien der Haupt - und Residenzstadt Wien nur eine Stunde
entfernt / liegt nordwestlich zwischen Sivering und Pötzleins-
dorf/ in einem anmuthsvollen gesunden Thale, ringsum von
Bergen eingeschlossen / deren erste Anhöhen mit Weingärten be-
baut sind. Der Ort wird durch ein frisches und gesundes Quell-
wasser/ das nie versiegt/ (den Krotenbach) und durch eine reine
Gebirgsluft belebt. Der Krotenbach entspringt hundert Schritte
ober dem Dorfe aus einem Sumpfe/ wachst bald durch dasTrot-
llschbrunner Wasser / welches von den Neubergen / und durch das
Quellwaffer/ welches aus dem sogenannten Saugraben herab-
fließt/ zu einem Bache an/ der aber bisher noch keine Über-
schwemmung verursacht hat; nimmt seinen Lauf in verschiedenen
Krümmungen nach Döbling / vereinigt sich da in Heniksteins
Parke / bey der Währe mit dem Siveringer Wasser / ändert
seinen Nahmen, und ergießt sich als Döblingerbach unter Nuß-
dorf ur die Donau. Ungefähr, tausend Schritte unter dem Dorfe
gesellet sich noch zu diesem Bache ein mit Schwefel stark ge-
schwängertes Quellwasser/ das am Abhange eines hohen Wein-
gebirges im Gebiethe von Sivering hervorquillt/ und/ ob es sich
zu einem Schwefelbads eigne / untersucht zu werden verdient.
Das Dorf selbst ist ein Eigenthum des Stiftes/ und steht
unter dem Landgerichte der Stadt Klosterneuburg. Seit dem
Jahre 1764 ist es eine selbstständige Pfarre/ die von dem Pa-
tronate des Stiftes Klosterneuburg abhänget / unb zu der
das benachbarte Saalmansdorf als Filiale gehöret.
Weder aus Urkunden noch durch Traditionen vermögen wir
über das Alter oder den Nahmen des Ortes/ und über seine
Entstehung / sichere Kunde zu schöpfen. Wahrscheinlich ist es je-
*■) Nach der doppelt und sehr fleißig ausgearbeiteten Pfarrbeschreibung des
Hochwürdigen Herrn Heinrich Sagn er, 6. R, C, und Pfarrer zu
Neustift, von den Jahren i8iZ und 1817, verglichen mit den Acten
dieser Pfarre im erzbischöflichen Consistorial - Archive Lit. i\T. JSv0. IY
LZL
doch/ daß sich schon zu Zeiten des Apostels der Noriker Seve-
rin im I. 454 auch in dieser Gegend einige Winzer und Hauer-
hütten befanden / die daün ^urch die Einfalle der Gothen, Hun-
nen und Avaren / gleich dem benachbarten Sivering/ Grinzing
und Heiligenstatt, zerstöret worden sind. Was die Menschen nicht
verwüsteten/ verheerten in derFvlge dieLhiere. Wilde Schweine
und anderes Hochwild machten die ganze Bergkette/ vom soge-
nannten Saugraben bey Neustift/ bis an den Schweins - oder
Josephsberg / noch in den Zeiten des Markgrafen Leopold des
Heiligen (ch n36) beynahe unbewohnbar; und erst unter
der Regierung Kaiser Josephs II. wurde diese Gegend von
den wilden Thieren gänzlich besreyr.
Im 15. Jahrhunderte wird zuerst dieses Ortes erwähnet.
Das ganze Gut und Dorf Neustifr wurde nähmlich im I. 14*3
von den Gebrüdern H a n s und Michel Zinken/ dem Hoch-
würdigen Herrn Andreas Plank/ Pfarrer zu Gars/ und
Gründer des Stiftes Sr. Dorothea zu Wien / um 1284 Pfd.
6 Schill, und L Wiener Pfennige verkaufet / und dann von ihm
mit Genehmigung des Herzoges A lbert des V. und nach Be-
willigung des Bischofes Georg von P a ssa u/ vom Jahre i4*4
seinem neuen regulären Chorherrenstifte einverleibt *). Durch
mehr als 570 Jahre blieb Neustifr nun ein Eigenthum dieses
Stiftes/ und erst im 1.1786/ als die gänzliche Auflösung des-
selben erfolgte / kam es wie alle übrigen Güter von Sr. Doro-
thea/ anfangs unter die Administration / im I. 1802 aber un-
ter die ordentliche Herrschaft des Stiftes Klosterneuburg.
Noch im I. 1767 zahlte das Dorf nur 24 Nachbarn, und
i3o Seelen; gegenwärtig besteht es aus 87 Häusern / und 257
Bewohnern. Mit Einfluß von S a a l m a n s d 0 r f beträgt also
die ganze Pfarrgemeinde 385 Personen / die sich größten Theils
.vom Weinbaus ernähren. Doch werden hier auch die Viehzucht
und Obstcultur als schätzbare und nützliche Zweige der Land-
wirthschaft anerkannt/ und fleißig betrieben. Die Armen und
Kranken schützt das Armen-Jnstitut vor Mangel und Dürftigkeit.
*) Aus einem Auszüge des Dorotheer- Archives, in Klosterneuburg aufbe-
wahret. Fol, rrr
253
Zu jener Zeit - als Neustift an das Stift zu St. Dorothea
kam, gehörte dieser Ort zur Pfarre Sivering und besaß noch
viele Jahre nachher weder Kirche noch Capelle. Zwar finden
wir in diem obenerwähnten Archive des Stiftes St. Dororhe/
daß schon im I. Ulrich Bischof von Paffau dem Propste
Stephan die Erlaubniß ertheilet habe/ in Neustift eine Ca-
pelle zu erbauen/ und zwar/ wie der Bischof in der Urkunde
sagt: „ob pericula corporalia, qnibns propter luporum
rabiem expositi t’uere oppidanei volentes accedere
suam paroehialem ecclesiam in Sivering.” Allein diese
Erlaubniß ist weder von diesem noch den nachfolgenden Pröp-
sten weiter benützet worden f woran die kriegerischen Vorfälle je-
ner Zeiten wohl vorzüglich Schuld tragen mochten. Was in je-
ner Zeit Wunsch des Propstes war / darnach verlangte 1709 bie
allgemeine Sehnsucht der Bewohner Neustifts. Sie wandten
sich daher an das Consistorium von Paffau / mit der Bitte: „an
die Stelle einer der heil. Maria geweihten Säule dießseits des
Krotenbaches eine Capelle erbauen zu dürfen/ in der sie ge-
meinschaftlich dem Gottesdienste abwarten könnten," — allein
das Consistorium wollte sich vielleicht keines Eingriffes in die
Rechte des Pfarrers von Sivering beschuldigen lassen / und ver-
sagte die Bitte.
Was der ganzen Gemeinde unmöglich schien, sollte einige
Jahre darauf der fromme Wille eines Einzigen aus ihrer Mitte
bewirken. Im I. lyid, in welchem die Pest Österreichs Bewoh-
ner heimgesucht hatte / und diese zahlreich ihrer Wuth zum Opfer
fielen, erboth sich Marco Abundio., ein italienischer Handels-
miaun/ ans seinem Vermögen zu Ehren der dreyeinigen Gottheit/
der heit. Jungfrau/ und der heiligen Pestpatronen eure Capelle
jenseits des Krotenbaches zu erbauen / welches Gebieth in den
Kirchenfprengel des Bischofes von Wien gehörte.
Um seinem Entschlüsse den gewünschten Erfolg zu verschaf-
fen/ wandte er sich zuerst an den Grundherrn des Orres/ den
damaligen Propst von St. Dorothea/F erd i n an d Adler/
der ihm nicht nur sein Ansuchen mit wahrem Vergnügen be-
willigte/ sondern auch den nöthigen Grund zur Erbauung der
Capelle anwies. Nicht minder glücklich war der fromme Skis-
254
ter mit seiner Bitte bey dem Bischöfe von Wien/ und dieselbe
wurde mit so günstigem Erfolge gekrönet/ daß noch im nähmlichen
Jahre 171.5 von dem Pfarrverweser in Währing / Johann
Caspar Hörrmann/ in dessen Bezirke bie neue Capelle ge-
hören sollte/ der Grundstein gelegt, und rm folgenden Jahre
bereits der erste feyerliche Gottesdienst und das Fest des heil.
Rochus / zu dessen Ehren die Capelle gewechet wurde, begangen
werden konnte.
So hatte also Neustift eine Capelle, die ihr Erbauer und
seine Erben nicht nur mit allem Nöthigen versahen, sondern
zu deren fernerem Unterhalte Marco Aburtdio in seinem Te-
stamente noch 400 Gulden verordnete. Die Besorgung dieser
Capelle blieb nach seinem Tode immer seinen Erben überlassen;
aber im I. 17V6 befahl das erzbischöfliche Consistorium von
Wie.'! / zur Aufsicht über die Capelle zwey Kirchenväter aus der
Gemeinde anzustellen / welche im Nahmen der Gemeinde für die
Erhaltung derselben zu sorgen härten, worauf ihnen dre Aoun-
discheu Erben die Schlüssel sammt allen Gerächschaften übergaben.
Lange nach der Entstehung wurde in dc-ftr Capelle nur
von Zeit zu Zeit Gottesdienst gehalten. Erst im I. »776 wurde
durch den Hochw. Herrn Michael Har ucker ei--. Beneficium
für einen eigenen Priester gestiftet. Die Veranlassung hiezu
gab Fräulein Anna R e g i u a P r i e.s ch e n 61 n von L i n d e u-
heim, die in ihrem Testamente von 1761 den Hvchw. Herrn
Franz Fedotta zum Haupterbeu eingesetzet hatte, wofür
ihm aber die Ausführung verschiedener frommer Absichten in ih-
rem Nahmen obliegen sollte. Allein der Tod übereilte ihn im
I. 1768, ehe er noch die übernommenen Bedingungen zu erfül-
len im Stande war. Was er bey seinem Leben nicht mehr
zu verrichten vermochte, sollte doch wenigstens nach seinem
Tode geschehen. Daher ordnete er in seinem Testamente ver-
schiedene fromme Stiftungen an.' Nach mehreren darüber ent-
standeneu Mlßhelligkelten, die aber im I. 1774 endlich beyge-
legt wurden, errichtete der obenerwähnte Weltpriester M i ch a e!
Harucker, aus dieser Verlassenschaft, ein eigenes Benesicium
zu Neustift, ließ über das Stiftungs-Capital pr. 912b Gulden
einen Srislshrief ausfertigen/ erbaute für den Priester an der
255
Capelle ein eigenes Haus / und bezog dasselbe als der erste Be-
neficiat/ wozu er im I. 1775 installiret wurde.
So blieb der Zustand dieser Capelle bis zum Jahre 1784/
wo eine merkwürdigere Epoche für dieselbe eintrat. In dlssem
Jahre wurde Neustift von seiner Mutterpfarre Sivering ge-
trennt/ anfangs zu einer Localie/ nachdem aber das benachbarte
Saalmansdorf damit verbunden wurde / zu einer Pfarre erho-
ben/ somit diese Capelle in die Reihe der Pfarrkirchen einge-
rückt. Das Patronat über selbe erhielt/ nachdem daS Stift zu
St. Dorothea mit dem zu Klosterneuburg vereiniget worden
war/ das letztere.
Weit die Zahl seiner Jahre dem Beneficiaten Michael
Harucker bereits die Seelsorge beschwerlich gemacht hatten/
so wurde diese neuerrichtete Pfarre dem regulirten Chorherrn
des ehemaligen Stiftes St. Dorothea/ Joseph Augustin
Zöhr/ zur Obsorge anvertrauet / nachdem ihm und seinen
Nachfolgern aus den Einkünften des Stiftes St. Dorothea ein
bestimmter Gehalt angewiesen worden war. Da nun das Stift
Klosterneuburg diese Pfarre gänzlich übernommen hatte / so
wurde nach dem Tode Michael Haruckers/ das Beneficium in
Neustift ersparet / allein auf Ansuchen des Consistoriums/ durch
eine Hof Resolution vom Jahre. 1791 zum Unterhalte zweyer Coo-
peratoren / zu Atzgersdorf und Neudorf / dem Ordinariate
überlassen.
Als die Capelle zum heil. Rochus in Neustift zu einer
Pfarrkirche erhoben wurde / so war sie damals nichts weiter / als
ein unansehnliches gothisches Kirchlein/ mit einem ein-
zigen Altare von Holz / auf dessen einfachem Altarblatte die
heil. Pestpatronen Rochus/ Franciscus Rav./ Carl von Bo-
roma / Sebastian und Rosalia vorgestellt waren/ ohne Kanzel
und Seitenaltäre. Von außen schmückten es zwey kleine höl-
zerne Thürme mit zwey Glöcktein. Das Dach und die Thürm-
chen drohten bereits den nahen Einsturz / der Anwurf von in-
nen und außen war abgelöst/ und die Kirche viel zu klein für
den Zulauf aus den benachbarten Ortschaften. Der neue Pfar-
rer I 0 s e p h Z ü h r drang also auf ihre Erweiterung und Aus-
besserung/ die auch durch den Propst von Klosterneuburg F l o-
236
rid us L eeb als Patron dieses Gotteshauses in den Jahren
1784 und 1785 alsogleich ins Werk gesetzt wurde.
Unter der Leitung dieses (hängen Menschenfreundes,
dem das Wohl und die Bildun'g seiner Unterthanen das süßeste
Vergnügen war/ wurde nun die Kirche um die Hälfte erwei-
tert/ nach dem Geschmacke der neueren Baukunst aufgeführet,
und statt den beyden hölzernen Thürmchen mir einem von Stein,
der dermalen drey Glocken trägst , geschmücket. Im Innern erhielt
sie eine ganz neue Einrichtung und Verzierung. Der Hochal-
tar von Holz auf Marmorart und mit vergoldetem Schmucke
stellt auf seinem Altarblatte die allerheiligste Dreyeinigkeit , die
unbefleckte Empfängniß Marrens , und die heil^ Pestpatronen;
der Seftenal'tar zur Rechten den He,land am Kreuze, und
jener zur Linken , so wie der andere von Holz , den heit.
Johann von Nepomuck dar. DieKirchen-Paramente und die übri-
gen kleinen Gerärhschaften wurden größten Theils aus dem auf-
gehobene, \ Stifte St. Dorothea in Wien hreher gegeben.
Auf dem Krrchchurme befindet sich eine sehr gute Kirchenuhr,
ein Geschenk des thätigen und frommen Eifers der beyoen Pfarr-
gemeinden. Ober der Kirchenthüre ist von außen folgende In-
schrift angebracht: Dem dreyeinigen Gott/ und der unbefleck-
ten Jungfrauen, wie auch denen H. H. Pestpatronen, zu ewig
schuldigster Danksagung wegen abgewandter giftigen Seuche,
ist diese Capelle im Jahr Christi 17,3 von dem edlen Herrn
Mar^o Abundio, italienischen Handelsmann in Wlen, aufge-
richtet worden.
Auch der jetzige Pfarrhof verdankt seine Entstehung
dem Propste Floridus, der hiezu das Stiftungshaus von
deck ersten Beneficiaren Michael Harucker um 2000 Gulden
erkaufte/ welche Summe bey dem Consistorium mit der Bedin-
gung hint-erlegt wurde, daß nach dem Tode des Beneficiaten,
an einem Orte , wo ein eigener Seelsorger nöthig seyn sollte,
ein neuer Pfarrhof erbauet werde. Dieses Haus erhielt dann
1785 durch den Propst Floridus gleich der Kirche die nöthige
Vergrößerung und Einrichtung,r unb man vergaß bey demselben
nicht, Niedlichkeit mit Bequemlichkeit zu. verbinden. Sowohl
bey dem Baue der Kirche als des 'Pfarrhofeö .verlangte der edle
257
Mann von beyden zur Pfarre gehörenden Gemeinden nicht mehr
als 4 Personen zur täglichen Roboth , und auch diese enthob
er der Pflichtleistung / als während des Baue6 ein gewaltiger
Wolkenbcuch die Gärten / Weinberge und Häuser dieser bey-
den Orte verwüstete.
Nicht minder machte er sich auch um die Schule verdient.
Vor dem Jahre 1788 bestand in Neustift gar keine Anstalt zum
Unterrichte der Jugend. Redliche Ältern schickten ihre Kinder
nach Sivering in die Schule. i^65 wurde zwar in der Ge-
meinde Neustift ein Schullehrer angenommen / allein er hatte
keine paffende Wohnung, sondern gab in einer gemietheten
Hauersstube Unterricht, Um nun diesem vorzüglichen Bedürf-
nisse abzuhelfen/ ließ Propst Floridus 1786 neben dem Pfarr-
hofe auch ein wohlemgerichretes Schulhaus erbauen/ und war
so der eigentliche Gründer dieser Anstalt/ die dann später zu
einer gesetzmäßigen Trivialschuls umgeschaffen wurde / der bis
jum Jahre 1617 Franz Westermayr / als Lehrer vor-
stand. Gegenwärtig versieht die Schute / an des verstorbenen
Stelle / Anton Groß/ Sohn eines Schullehrers von Weid-
ling/ der von beyden Gemeinden 4-5 Kinder unterrichtet.
Diese angeführten Baue und Verbesserungen wurden
noch alle unter dem ersten Pfurrer / Joseph Augustin
Zöhr/ von Wien gebürtig / begonnen; und waren beynahe ih-
rer Vollendung nahe/ als er im I. 1786 resignirte / und die
Pfarre seinem aufgehobenen Mirbruder Mathias May r>
Reg. Chorherrn von St. Dorothea / gleichfalls einem Wiener,
abtrat. Dieser versah die Pfarre bis 1800 / trat dann zur Sä-
eular-Geistlichkeit übet / resignirte seine Stelle / nachdem er sich
in Neustrft ein Haus angekauft hatte / wo er im I. 1816
starb. Ihm folgte schon im I. 1800 Franz Seraph. G r ö b-
n e r / von Horn in Österreich / und gleichfalls ein Stiftsherr
von St. Dorothea. Als dieser im I. 1809 die Säcular Pfarre
Enzesfeld erhielt/ und die noch übrigen Mitglieder des St. Do-
rotheer - Stiftes durch Alter oder andere Gebrechen verhindert
wurden / diese Pfarre anzunehmen / so wollte man sie mit ihrer
/Ehemaligen Mutterpfarre Sivering wieder vereinigen. Allein da
die Zahl der Psarrkinder von Neustift und Saalmansdorf
25»
seit der Trennung von Sivering beträchtlich zugenommen hatte/
und der Eifer der Gemeinden / um ihres eigenen Seel-
sorgers nicht beraubt zu werden/ einen jährlichen Beytrag an
Wein zu leisten versprach/ erhielt die Pfarre ihre Fortdauer/
und wurde r8io einem regul. lat. Chorherrn des Stiftes Klo-
, sterneuburg / Eusebius Mattl von Löwenkreuz/ aus
Prag / zur Obsorge übergeben. AlÄ dieser späterhin auf die
Pfarre Kierling übertrat , erhielt seine Stelle im I. 1812
der Stifts - Cooperator Heinrich S a g n e r / von Birgicht in
Böhmen/ der noch gegenwärtig diese Pfarre versieht. In den
Stunden der Muße ist das Bestreben dieses einsichtsvollen Man-
nes dahin gerichtet/ in seiner Gemeinde Liebe zur Obstcultur
zu erregen / und diesen so wichtigen Zweig der Landwirrhschaft
in seinem Pfarrbezicke zur größeren Aufnahme zu bringen.
An das Dorf Neustift schließt sich nachbarlich das einge-
pfarrte Saalmansdorf mir seinen Wiesen und Weingär-
ten an. Das Dorf selbst ist von Neustift nur eine Viertelstunde
entfernet / genießt am Fußendes Hermannskogels (eines bekann-
ten Berggipfels) die herrlichste Aussicht gegen Wien und die
Donau / hat eine gesunde stärkende Luft / ein frisches Gebirgs-
wasser / und am sogenannten Herrnhause Nro. iS eine kleinß
Capelle mit zwey Glöcklein / die S e b a st i a n s - C a p e l l e ge-
nannt/ in welcher zwar keine Messe gelesen / jedoch an jedem
Sonnabende der Rosenkranz von der Gemeinde gebethet wird.
Alter/ Nahme und Entstehung des Ortes und der Ca-
pelle ist mit einem dichten Schleyer umgeben/ den wir verge-
bens zu lüften streben. Einer uralten Sage zu Folge / soll das
obenerwähnte Herrnhaus Nro. i3 das erste in diesem Orte ge-
wesen seyn/sein Besitzer Saalmann geheißen/ und mehrere
Winzer- und Hauerhütten besessen haben / aus denen in der
Folge das Dorf allmählig entstanden ist. Die Bauart der allda
befindlichen Capelle/ die Grundfeste und der geräumige kunst-
volle Keller / zeigen wirklich von einem, ehrwürdigen Alter die-
ses Hauses / das noch gegenwärtig unter allen übrigen das
schönste und größte ist. Aus Urkunden des 12. Jahrhundert es
ist nur so viel gewiß-/ daß Saalmansdorf eine von den Schen-
kungen ist / die Leopold d e r H e i l i g e dem Canoni-
23g
satstifte zu Klosterneuburg / im I. n36 kurz vor seinem Tode
gemacht har. Damals zahlte dieses Dorf 5o Hausgesessene;
die aber zwey große Feuersbrünste dermaßen verminderten'/ daß
es im I. 1718 nur mehr 16 Hauser und 100 Seelen zahlte/
wovon noch überdieß in dem nähmlichen Jahre 74 durch die Pest
hingerafft wurden. Gegenwärtig besteht es aus 22 Hausern /
und 126 Seele« / ist folglich wieder im Aufblühen / und wird
durch die dermaligen Bewohner nach und nach immer verschö-
nert So haben sie tm I. i8i5 in den sogenannten Sulzen
einen Weingarten erkauft/ um durch denselben eine Straße von
. Neustifr nach Saalmansdorf zu führen. Nahrung und
Ar m e n a n st a l t ist so / wie in Neustift; auch dient ihnen der
Gottesacker dieses Dorfes / der gleich außer dem Orte liegt/
und im I. 1784 eingeweiht wurde / zur Ruhestätte für ihre
Verstorbenen.
Wir wollen die Geschichte dieser Pfarre mir der Erzählung
eines kleinen Schulfestes schließen/ das/ mir der edelsten
Herzenseinfalt begangen/ seinen Urhebern Ehre macht. Der 4.
October 1817 als der Nahmenstag Seiner Majestät des Kai-
sers wurde dazu bestimmt. Nach Vollendung der feyerlichen
Messe/ welcher die gesammte Pfarrgemeinde beywohnte/ schloß
die Schuljugend einen Kreis. Vierzehn der fleißigsten und sitt-
samsten Kinder wurden hervorgerufen / und erhielten jedes / aus
der Hand ihres Pfarrers einen jungen tragbaren edlen Odstbalnn —*
ein stets fruchtbringendes Geschenk — zur Belohnung ihres
Verhaltens. Diesen trugen sie unter Begleitung der Musik
in den Garten ihrer Ältern an seinen Bestimmungsort. Da
wurde nun der junge mit buntfärb'igen Bändern gezierte Obst-
baum von den Schulkindern in Gegenwart des Pfarrers/ des
Schulaufsehers und Lehrers / der beyden hiesigen Ortsrichter
und Geschwornen/ zu einem bleibenden Denkmal dieses festli-
chen Tages eingesetzt. Mögen diese guten Menschen noch lange
die Früchte dieser Bäumchen genießen / und dabey die thätige
Klugheit ihres edlen Seelenhirren segnen!
P f a r r e W a h r i n g *)♦
Währing oder W a r u ng/ ein Dorf/ eine halbe Stunde
von Wien entfernt/ zwischen Döbling und Hernals/ erstrecket
sich einer Seits bis an die Linien der Residenz/ anderer Seits aber
bis an das Dorf Weinhaus.
Schon im 14. Jahrhunderte war diese Gegend mit dem
Nahmen : i n W e r d e r n / i m W e r k / und in G e w e r i n g/
und mit einer Kirche bekannt / die der heck. Klrchenparronin
Gertrud / und dem heil. Pfarrpatron Laurenz gewecht
war. Ihr Pfarrsprengel erstreckte sich damals von Dörnbach an
über Neustift/ Pötzleinsdorf / Gersthof und Weinhaus / zu
welchem auch nachher die Kirche St. Johann am Als (Thury),
und die Wiesen (Lichtenthal) gehörten»
Die früheste bekannte Grundobrigkeit ist das Stift Mi-
chelbeuern/ welches die Gegend von Neustift an / bis an
den ?llsbach / von einem Grafen von Bleyen erhalten
haben soll ; dann die Hofkirche der Barnabtten zu St.
Mtchael in Wien/ welcher schon im I. i536 Heinrich
der Landschreiber Grundherrlichkeit zum Geschenke gab. Die
Landesfürsten besaßen von'jeher hier das Bergrecht / welches
Kaiser Joseph I. im Jahr 1709 sammt einem Steinbruche/
dem vom Kaiser F e r d i n a n d LI. im I. i633 bey äßten ge-
stifteten Benedictiner-Kloster Mo ntserra t/ zur neuen Stif-
tung übergab. (Hofkammer - Archiv.) Den Zehend erhob
hier der Dompropst von Wien/ als Pfarrpatron ; er trat aber
im I. 1482 das Pfarr-Recht und den Zehend an den Bischof
von Wien ab. - Seit dieser Zeit gehören also alle dieser Pfarre
zukommenden Einkünfte dem Erzbisthume / welches daher
auch einem jeweiligen Pfarrer/ der auf Stiftungen und Stoll-
gebühren angewiesen ist, zu seiner besseren Subsistenz einen
jährlichen Beytrag zufließen läßt.
Die Erbauung und Stiftung der Kirche darf auf das
*) Aus den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen Coiisistoriat - Archive,
I/a. W. Nro. I; aus den Pfarrbüchern und den wichtigen BnUra--
gen des Herrn Pfarrers Franz E y s; e l t
24*
Jahr i365/ M die Pfarre St. Stephan zur Dompropstey er-
hoben wurde, gesetzet werden. Um das Jahr i3g6 erhielt die
Kirche einen Pfarrhof, wozu Niklas Fraunhofer,
und seine Hausfrau Catharina, mit Bewittlgung des Cun-
rad SechSlinger, AmtmannS der Dorfobrigkeit, und der
geistlichen Herren St. Michael zu P a w r n (Michelbeuern) ,
ihr Haus, Hofstatt und Weingarten zu Werk, neben der Kirche,
der Gemeinde abtraten. Im I. *407 war dieser schon von dem
Pfarrer Kunigund, mit einem Caplane, welchen die Ge-
meinde für eine tägliche Messe gestiftet hatte, bewohnet.
Im Jahre 148b hatte das Dorf Währing sammt der Kirche
von dem hungarischen Könige Mathias Corvinus viel Un-
gemach auszustehen. Er stellte, um Wien zu bezwingen, zu
Gwering, (so wurde das Dorf damals genannt), ein drittes
Belagerungscorps auf, und dieses verwüstete Dorf und Kirche
mir allen Weingarten.
Im Jahre fmbet sich demungeachtet ein Pfarrer,
Nahmens Martin Zachtnger, hier. Ihm folgte im1.1607
Leonhard Hochholtinger, unter welchem auf den hie-
sigen Kirchenthurm die Jahrzahl iÖ28 gesetzet wurde; vermuth-
lich weil selber um diese Zeit neu erbauet, oder doch renovirt
worden war. Auch erlebte der nähmliche Pfarrer im I. i52g
die zweyte Verwüstung des Dorfes bey dem ersten Einfalle
der Türken.
Kirche und Pfarrhof waren noch im I. 1844 nach An-
gabe der tandessürstlichen Pfarrvisitation sehr baufällig ; erstere
war noch überdieß ihrer Grundbücher beraubt, und ganz außer
Stande, von dem Ertrage fünf erst aufgefundener Weingärten,
einen eigenen Pfarrer hier zu erhalten; der Bischof von Wren
setzte ihr daher als Lehensherr , indeß nur einen Verweser
vor. Doch findet sich im I. i568 schon wieder ein Pfarrer zu
Währing, mit Nahmen Paulus Schulz. Unter ihm bestand
die ganze Gemeinde nur aus 067 Seelen, von denen bey der
damaligen ReligionSspaltung nur 3 Personen unter einer, die
übrigen alle unter zwey Gestalten communicirten.
Die Pfarrgemeinde, zu welcher im I. *582 Währing mit
beyläufig 42; Weinhauö mit38; Petzelstorf mir 16; und Gerst-
Topogr. v. Österr- I. Abty. ö
242
Hof mit i5 Häusern gehörte, that zwar alles/ um einen blei-
benden Pfarrer zu erhalten. Sie reichte jährlich vom Hause ei-
nen Gulden ab/ errichtete für ihre Kinder eine neue Schule*)/
und würde wahrscheinlich ihren Wunsch und ihr Bestreben ganz
erreichet haben / wenn nicht unglücklicher Weise im I. i665
die Türken abermals die Pfarrholden/ den Pfarrverweser
und den Schullehrer vertrieben hätten.
Ungeachtet nun dadurch der Zustand der Gemeinde und
Pfarrkirche noch beklagenswerther geworden war: so versuchte
es im I. i685 Ma vttn Sauntg dennoch/ hier als Pfarr-
verweser zu bleiben; er konnte aber wegen Mangel deö Noth-
dürftigsten nicht lange bestehen. Auf seinen Platz wurde dann
im I. 1686 Michael Conrad gesetzet/ der gleich seinen
Vorfahren Währing hätte verlassen müssen / wekm nicht die Pfarr-
kinder von dem bischöflichen Consistorium zu seiner Unterstützung
wären aufgefordert worden. (Diese Consistorial - Ermahnung
existirt noch jetzt im erzbtschöflichen Archive.)
Diese Unterstützung rvurde mehrere Jahre hindurch willig
geleistet; allein im I. 1711 fingen die zugetheilten Gemeinden
an/ selbe zurückzuhalten/ um m ihrer Mitte ei tu Capelle er-
bauen und einen Priester unterhalten zu können. Dieses Vor-
haben wurde durch das unglückliche Jahr 1718 / in welchem
die Pest wüthete / noch um vieles beschleuniger. Lichten-
thal erbaute schon im I. 17*1 eine kleine Capelle zu Ehren
der heil. Anna / die im I. 1712 in eine Kirche umgestaltet
wurde. Diesem Beyspiele folgte im nächsten Jahre das kleine
Dörfchen Thury/ welches seine alte Capelle zu Ehren des
heil. Johann dos Täufers/ erneuerte. Dadurch wurden
die Bewohner des damals, aus 41 Häusern bestehenden Dorfes
Währing ermuthiget/ auch für ihre Hauptkirche größere Ob-
sorge zu tragen. Graf von Bersetti/ kaiserl.General/ ließ
im I. 1717 die schon sehr verfallene Garten- und Pfarrhof-
Mar^r Herstellen / und zwar auf eine so großmüthige Art / daß
die Kirche dabey 240 Schuh an Terrain gewann. Im I. 1720
*) Es sinder sich wirklich noch eine Kirchenrechnung vom Jahre 1662 vor,
in weicher eures Schullehrers Erwähnung geschieht.
243
wurde unter dem Pfarrer Johann Caspar Hörmann/
der hölzerne Hochaltar in Gold. gefasset/ mit einem neuen Ge-
mählde versehen / welches einen Kostenbetrag von 400 Gulden
verursachte. Unter dem thätigen Pfarrverweser Johann
Bapt. Dem b sch er, Hörmanns Nachfolger wurde/ im I.
1729 theils auf seine Kosten / thetls durch eine Sammlung/
die äßten und die Vorstädte nur einschloß/ der Pfarrhof herge-
stellet; und im I. 1 yÖQ das Schulhaus / welches seit der
zweyten Invasion der Türken noch in seiner Verwüstung lag/
auf einem Theile des Freydhoföezirkes / wo es eche.nals schon ge-
standen hatte/ mit Beyhülfe einiger Wohlthäter ganz neu er-
bauet. Auch hatte um diese Zeit Herr Franz Raison von
K lö cke rs feld/ k. k Rath und Ober - Hof-Quartiermeister/
mit seiner Gattin / ein Capital von 4&o Gulden auf heilige
Messen hinterlassen, welche den Anfang zu den noch vorhande-
nen Stiftungen bildeten.
Endlich wurde auch die dringende Bitte des Pfarrers und
Consistorialrathes Philipp Hirsch erfüllet/ und zu der Er-
bauung einer neuen Kirche Anstalten getroffen - da bte atre we-
gen ihrer Baufättigkeit den Einsturz drohte / für die Zahl der
Pfarrkinder bereits zu klein war / und durch ihre niedrige und
feuchte Lage/ so wie durch die Ausdünstung der todten Körper
schädlich und der Gesundheit nachtheilig war. Am 11. Sept.
1765 wurde mit seyerlicher Legung des Grundsteines der An-
fang zu diesem Baue gemacht/ bey welchem Mathias Lidl
von Schwanau/ k. k. Hofkriegsrath/ mit 1600 Gulden/ und
Michael von Zollern/ k. k. RegierungSrarh / mir 1000
Gulden/ vorzügliche Gutthäter waren. Unter den Grundstein
wurde eine goldene Münze / mit dem Bilde deS heit. Erzengels
Mtchael/ und eine Mecallplarte / von dem so eben erwähnten
Michael von Z ollern/ dessen Andenken die Nachwelt auch
als Stifter der.Armenschule auf dem Neubau zu Wien ehret-
beygelegt/ und dann von dem Dompropste Anton Marx e r
eingeweiht. Die Aufschrift auf selber lauter: I). O. M. Sub
Kegimine Benedicü XIV. summi Pontif. Francisco I. et
Maria Theresia Imp. Gubernantibus. in Ecclesia paroch,
8. 8. Laurentii et Gertrud, in Waring prope Viennarri*
■ O. 2
244
Austr. Perill. Dom. Mich, de Zollern , S. B. J. Eques
Caes. Maj. Cons. dum annum Vitae ageret nonagesi-
mum dempto uno, qua aetate alii Lapid^m sibi constij
tuunt morituri sepulchralem , ille Ecclesiae Lapidem po-
suit fundamentalem. Vir pius. felix. Fama clarus. Die
XI. Sept. Ann. MDGCLIII.
Dieser neue Kirchenbau betrug nach Aussage einer Consi-
storial-Urkunde bey 17/000 Gulden, wozu nebst einigen Kir-
chengeldern/ das Meiste durch die rastlose Verwendung des oben-
genannten Pfarrers PH. Hirsch beygetragen wurde / weß-
wegen auch das Consistorium seinem unermüdeten Eifer in ei-
ner eigenen Urkunde Gerechtigkeit wiederfahren laßt. Der wür-
dige Mann gerieth aber dadurch/ daß sich die Baukosten hoher
beliefen / als der Contracr aussagte / in eine solche Verlegen-
heit/ daß er in eine gänzliche Armuth verfallen wäre/ Härte
nichr die große Kaiserin Maria Theresia / ihm eine Samm»
lung zu veranstalten erlaubet / wodurch die noch übrigen Gläu-
biger befrrediget wurden / nachdem mehrere aus ihnen großmü-
thig von ihrer Forderung abgestanden waren.
Die neue Kirche wurde gleich der alten, dem heiligen
Laurenz und der heil. Gertrud geweiht. Sie ist sehr lrcht
und trocken/ und nach dem neuen/ unter Kaiser Carl VI.
eingeführten Geschmacke erbauet. Der Hochaltar stellt auf sei-
nem Gemählde den Heiland auf dem Kreuze vor/ um das vier gut
gearbeitete Statuen aufgestellet sind. Ober dem Tabernakel
befindet sich ein hölzernes BÜdniß der heit. Jungfrau, wie sie
zu Maria Zell verehret wird, welches im I. 1769 Johann
Michael Plankh , k. k. Oberst-Hofpostamts-Offizier hier-
her schenkte, nachdem er die Einfassung des Altarsteines und des
Tabernakels aus seinem Vermögen bestritten hatte. Vier Sei-
tenaltäre sind dem heil. Laurenz und der heit. Gertrud, der
heil. Maria, ihrer wundervollen Empfängniß , und dem ster-
benden Joseph geweihet, und stellen diese Muster menschlicher
Tugenden in ihren Gemählden dar. Das heilige Grab, ein Mo-
nument der Marga ritha v0n Va lm agi n i, gebornen
Antunez; zwey sehr schöne und geräumige Oratorien, nebst dem
Chore, der eine hübsche Orgel enthält/- erheben das Ehrwür-
245
dige dieser Kirche , die, so geräumig sie ist, doch nicht mehr als
28 Bethstühle enthält. Einen vorzüglichen Reichthum besitzet
die Kirche an vielen und schönen Paramenten, und erfreuet sich
auch noch des Vorzuges, daß ihren feyerlrchen Gottesdienst
eine vortreffliche Musik erhebt.
Diese neue Kirche ist mit einem sehr niedrigen, kaum
über das Kirchendach reichenden Thurme versehen/ der einst an
der alten Kirche stand > und im I. 1828 erbauet wurde. In
demselben befinden sich dermalen drey Glocken / wovon die schwerste
8 Zentner wiegt. An der Mauer der Kirche sind 2 eiserne Ku-
geln festgemacht, welche bey der Explosion des Pulverthurmes
an der Nußdorfer-Lüue hieher flogen/ aber glücklicher Weise
keinen Schaden verursachet haben.
Gleich darneben stehet der Pfarrhof von einem Stock-
werke und mit Schindeln gedeckt. Er enthält für den Pfarrer
ein großes und zwey kleine Zimmer, nebst einer Kammer. Der
Hausgarten von 60 Quadrat - Klaftern ist theils mit einer
Mauer, theils nur mit gemauerten Pfeilern eingefangen. Nebst
diesem Hausgarten genießt der Pfarrer auch noch einen Garten
hinter der Kirche, welchen der Pfarrer Carl Schäder, für sich
und seine Nachfolger im I. 1809 anlegen ließ. Er hat bey-
läufig den nähmlichen Umfang, wie der obige Hausgarten.
Der Kirch- oder Leichen Hof ist im I. 1788 au-
ßer dem Dorfe in eine Anhöhe, auf das Feld des Herrn Nebel
übersetzet worden, nachdem es die Kirche um 5o Ducaten er-
kauft hatte. Ein großes Crucifix ragt in der Mitte desselben
weit über die Mauern hervor. Dieser Ort der Ruhe verdienet
vorzüglich wegen der vielen schönen Grabmäler, die er enthält,
besuchet zu werden. Der Freund der Menschheit findet auf dem-
selben so manche Nahmen , die in den Jahrbüchern des Vater-
landes , der Wissenschaften und in jenen des großen Löhners
edelmüthiger Wohlthätigkeit eingetragen sind, und die gerechte
Trauer der Nachwelt verdienen. Einige aus den Vielen wollen
wir hier anführen : Joseph P e h e m, k. k. nied. österr. Re-
gierungsrath , der Rechte Doctor , und öffentlicher Lehrer des
Kirchenrechtes; gestorben am 17. März 1799. — Johann
Bernhard Freyherr von D egelmann, k.k. wirk-
246
sicher geheimer Rath; gestorben am 4» April i6oi.—Ma-
th i a s Edler von S a l l a b a / der Heilkunde Doctor; ge-
storben am 8. May *797» — Antonia Gräfin von
Bolza, geborne Gräfin von Hohenfeld ; gestorben den 12.
May 1804. — Joseph Augustin de Liano et la Qua-
dria ,, Marclno de Liano, königl. spanischer Gesandter am Wie-
nerhofe; f i5. März 1794.—Heinrich Edler von Ger-
ste nbrand, k. k. Hofkriegsrath; ch 20. Jäner 1804.
V i mc e n z Graf von M a i l a t h; f 16. März 1804. —-
Endlich ruhen auch hier die drey verwandten Fürstinnen Cza-
t 0 riska, Sanguska und Lubemirska, an deren Grä-
bern noch oft die Armen weinen , deren Noth diese hochherzigen
Frauen so oft gemildert haben.
Gleich rückwärts dieses neuen Leichenhofes, bey Weinhaus
in der Höhe , von welcher ein Theil der Gegenden um Wien
übersehen wird, steht ein artiges Sommergebäude, welches Kai-
ser Leopold I. als ein Lustschloß für seine Söhne Joseph I.
und Carl erbauen, und mit einer Capelle versehen ließ. Jo-
seph schenkte selbes gleich nach dem Tode des Kaisers seinem
Zahlmeister, welcher es an einen Herrn von Koch, einem
Protestanten , verkaufte, unter dem aber die Capelle ver-
schwand. Im 3, 1718 veräußerte dieser das Schloß an Ma-
thias von Lack ne r, von dem es bis auf unsere Zeiten den
Nahmen der Lacknerischen Gülte beybehielt. Der letzte
Besitzer war Graf von Hardegg, der es im I. 1817
durch eine Lotterie verloosen ließ.
In Währing befinden sich auch zwey steinerne Statuen
des heil. Johann von Ne po muck. Die über der Brücke
stehende ist von den P. P. Barnabiten im I. 1714, ^ene aber
zwischen Gersthof und Währing von dem Handelsmanne Clau-
dius Scharet 1724 errichtet worden.
Die Schule, welche seit 17Z0 schon sehr baufällig war,
wurde im I. 1784 auf Anordnung Kaiser Josephs II. mit
des Lehrers Wohnung aus dem Kirchenvermögen gebaut *). Al-
*) Das Vermögen dieser durch ihre Nähe bey Wien begünstigten Kirche,
wozu auch die- große Ausdehnung ihrer ehemaligen Jurisdiction viel
24 7
(ein im I, 1818 wurde dieselbe niedergerissen, und ein neues
Haus für drey Classen vom Grunde aus aufgebauet ; ein
Schulhaus , das wenige Landgemeinden aufzuweisen haben.
Der Grundstein dazu wurde den 29. April von dem Herrn
Fürst - Erzbischof zu Wien gelegt und eingesegnet, und der
ganze Bau den 6. August desselben Jahres völlig vollendet,
auch an dem nähmlichen Tage die.Schuljugend feyerlich einge-
führet. Die Unkosten beliefen sich auf 20,000 Gulden, wozu
das Erzbisthum den größeren Theil, das übrige aber das Bar-
nabiten - Collegium zu Wien, als Orrsobrigkeit, und die an-
dern Grundherrschaften nebst den Gemeinden Währing und
Weinhaus beygetragen haben. Die Schüler werden im Durch-
schnitte jährlich auf 3oo gerechnet. Vor dem Schulhause steht
eine unvergleichliche Statue der unbefleckten Empfängniß Ma-
riä mit der Inschrift auf dem Postamente : Posuit Josephus
Schneider i8i5.
Die Häuser, welche zu verschiedenen Grund - Obrigkeiten
gehören, als zum Stifte Michaelbeuern, zum Stifte Schotten,
zum Burgerspital, zu Hütteldorf, und zu St. Michael in
Wien, welches die eigentliche Dorfobrigkeit ist , haben größten
Theils sehr schöne Hansgärten, und werden vor, 25oo Men-
schen bewohnt, unter welchen sich jährlich ungefähr 26 Ehen,
70 Taufen und 5o Todtenfälle ergeben.
Die Luft, durch die am Rücken anliegenden Berge ge-
mäßiger, ist rein und gesund, daher viele Wiener hier ihren
Aufenthalt während des Sommers aufschlagen.
Wegen Menge der hiesigen Einwohner, und dem einstma-
ligen weiten Umfange der hiesigen Pfarre waren noch im Jahre
1784 dem jeweiligen Pfarrer zwey Cooperatoren beygege-
ben, deren Dienste aber später nur einer verrichtete. Damals
zählte die Pfarre nach einem Consistorial-Berichte vom selben
Jahre 4284 Seelen. Laut einer Hofresolution ist das schöne
Heldische B en e fr ei u m, welches bey St. Stephan erledi-
beytrug, ist nach einem Extrakte der Kirchenrechnung vom Jahr 1764
auf 10^000 Gulden angewachsen; betrug aber schon am Ende des Jahres
1817 volle 26,558 Gulden.
24»
get wurde / und mit 12/827 dulden fundirt war/ zur Doti-
rung zweyer Capeüäne / bey den Gemeinden Währing und
Penzing verwendet worden. Allein seit der eingetretenen Theu-
rung war weder diese Stiftungshälfte / noch die Beyträge,
zu welcher sich die gute Gemeinde verstehen wollte/ zur Unter-
haltung eines Cooperators mehr zureichend. Eine bessere Zeit
ist auch in dieser Hinsicht wünschenswert!).
Das A r m e n i n st i t u t macht hier einen sehr guten Fort-
gang/ indem es bereits / vorzüglich durch die großmüthige Unter-
stützung mitleidiger Wiener / ein Fond-Capital von 12,
Gulden besitzet. Auch hat ein wohlthätiger Aushülfs - Prie-
ster allhier / Hr. Christoph Z e mbsch/ welcher 181a ge-
storben ist/ sein ganzes Vermögen/ das in etlichen tausend Gulden
bestand / zur Vertheilung unter die Armen dieser Pfarre hinter-
lassen. Und erst noch im I. 1618 erhielt es wieder einen neuen
Zuwachs von 1400 Gulden / als eine Verlassenschaft des aka-
demischen Mahlers / Georg Düringer / dazu kam/ welcher
das hiesige Armen-Jnstitut zum Universal-Erben eingesetzt hatte.
Zur bequemeren Übersicht stellen wir am Ende hier noch
die Herren Pfarrer dieses Ortes zusammen/ so weit wir sie
auffinden konnten:
1407 Kunig und. So kommt
er in den Schriften der
Propstey vor.
- 495 Martin Z a ch i n g e r.
i5o7 Leonard H 0 chhol-
tin g e r.
i568 Paul Schulz.
isi85 Martin Gaunitz.
1686 Michael Conrad.
1687 Ludwig Henkel.
1689 Johann Bernhard
Caspar Hörmann.
1698 Mauritz Welker.
1728 Johann Baptist
D e mb sch e r.
1733 E r n e st P a l a n k a.
1742 Philipp Hirsch/
späterhin Pfarrer in Lich-
tenthal.
1755 Valentin Ersch-
m a n n.
1756 Joh. Ludw. Weiß.
Als er resignirte/ folgte
ihm im Jahre
1760 Franz Jos. Mösle.
1765 Andreas Schwar-
zenbach/ Doctor der
Theologie.
1778 Joseph Staud / ein
geborner Wiener/ den die
hiesige Pfarre als einen
ihrer thätigsten Borste-
her noch immer dankbar
verehret. Nach seinem
Tode folgte
1608 Carl Friedr. Scha-
ber/ vorher Lokalist in
Kranichberg / dann durch
Tausch nach Purkerstorf
übersetzt/nun inGersthof.
1811
1011
249
Georg P 0 mar 0 li,
der/ als er in den Defi-
cienrenstand trat / die
Pfarre
Franz Eißelt / vor-
maligem Pfarrer zu
Mitterndorfüberantwor-
tete.
Die Subsistenz dieser Herren Pfarrer ist ein sonderba-
res Aggredat von Beytragen. Den ersten und ältesten haben sie/
wie wir bereits angeführet haben / vom Erzbisthume empfangen.
Zwey andere Beytrage erhalten sie als Schadloshaltung der
von Währing ausgebrochenen Filialen Gersthof und Lichtenthal.
Das übrige muß von den Stollgebühren und den Stiftungen
ergänzt werden/ wovon hier die vorzüglichsten folgen:
Nebst der schon oben angeführten Raisonischen / die im I.
1798 gemachte Stiftung des Hausinhabers Anton Schnei-
der mit 100 Gulden. Eine andere vom Jahr 1800 der allda
behausten Schnetdermeisterin Theresia Pan kr az mit 200
Gulden; die eines Ungenannten vom I. 1802 mir 2Ü0 Gulden;
jene der Frau Oberförsterin Theresia Wein mann im I.
i8o5 mir io5o Gulden. Jene der Frau Christina von
Weber/ Hofrathswitwe im I. 180^. mit 3oo Gulden-> und
die der Frau C a t h a r i n a S ch n i e d l / der Witwe des Vice-
buchhalters bey der löbl. Hofkriegs - Buchhalterey mit 1000
Gulden vom nähmlichen Jahre; jene des Herrn Le op old Chri-
stian / Doctors der Rechte/ Hof - und Gerichts - Advocaten
vom Jahre i8o5 mit 600 Gulden/ und von demselben Jahre
die des Fräulein M arianna von P ü ch l e r mir 1980 Gulden.
Diese sind nur einige der vorzüglichsten Srifrungen auf
Messen. Denn alle Stiftcapitalien der Kirche im Ganzen/
wenn man die schon obenerwähnten dazu schlägt / betragen bey
22/000 Gulden / welche wenige Kirchen aufzuweisen haben.
Bey weitem das Meiste der davon abfallenden Interessen ist
für die Erhaltung der Kirche und des Gottesdienstes bestimmet.
Das Übrige theilet der Pfarrer mir dem Schullehrer und den
Armen. Einige frühere Stiftungen ausgenommen/ darf man
2 5o
das Daseyn der übrigen größten Theils der thätigen Verwen-
dung des allgemein geachteten und verehrten Pfarrers Staud
zuschreiben/ der hier 1808 starb. Dieser vortreffliche Mann
hat selbst noch zuletzt sein ganzes Vermögen von 5^5 Gulden
an Obligationen, und 5o Gulden an Conventionsgelde / zu
dem schönen Zwecks bestimmet/ daß von diesem Capitale/ wenn
es einmal so weit anwachst / in Währing ein Haus für 24
Arme erbauet werden soll. Schon gegenwärtig beträgt diese
Stiftung 4444 Gulden an. öffentlichen Fonds-Obligationen,
und 76 Gulden an Conventionsgeld. Segne der Allmächtige
ferners noch Staud's menschenfreundlichen Willen!
W e i n h a u s *).
Wemhaus/ ein Dorf/ liegt gleich außer Währing/ und ist der
Pfarre Hütreldorf unterthänig. Im I. i562 waren nach Ausweis
des Pfarr-Urbariums und Grundbuches hier Weingärten / an
denen Keller angebracht waren/ über die nach und nach Hauser
erbauet wurden, woraus dann ein Dörfchen entstand/ das
den Nahmen Wein haus erhielt.
Um das Jahr 1696 war dieses Dorf bereits auf 35 Häu-
ser angewachsen/ im Jahre 1760 zählte es deren schon 40/ die
größten Theils von Wiens Bürgern erbauet und besessen wurden.
Unter diesen erbaute sich Joseph Friedrich S ch w a b/ k. k.
Hof-Juwelier/ ein vorzüglich schönes Haus/ und legte umher ei-
nen Lust-und Baumgarten an. Seine Andacht und Bequemlich-
keit führte ihn zur Erbauung einer H a u s- C a p e l l e/ dem
heil. Joseph zu Ehren. Dessen Witwe Clara erweiterte die
Capelle/ versah selbe mir allen Erfordernissen/ stiftete einen
Priester hierzu/ bewirkte im Jahre 1784 ihre Benedicirung und
Eröffnung zum allgemeinen Gottesdienste. Die ganze Stiftung
betrug ursprünglich ein Capital von i3/ooo fl. Im I. 1787
wurde die Capelle zu einer eigenen L 0 c ü l- C a p ! a n e p erho-
ben / mit der einzigen Ausnahme - daß die Stolgebühren in die
*) Aus den von dem Hrn. Localcaplatte, Joseph I g n a z K r e rn b se r»
eingeschickten Nachrichten, und aus den Acten dieser Localie im erzhischöfl.
Gonsiftorium, Lit. W.N. XV..
251
Mutterpfarre Währing abgeführt werden sollten. Der Erbauerin
und Stiftern, sammt ihren Erben wurde das Vorschlags-
recht eines Weltpnesters z,im Localcaplan eingeräumt/ wozu
sie denn auch wirklich den Ervauliner/ Joseph Ignaz
Kr em b ser/ ernannte/ welcher noch gegenwärtig diese Stiftung
genießt.
Zu jener Zeit (1784) enthielt-Weinhaus schon 416 Seelen/
unter welchen jährlich 7 Ehen / 6 Taufen und 7 Todtenfälle ge-
rechnet werden. Gegenwärtig beläuft sich bereits die Anzahl der-
selben auf 600. Schon im Jahre 1808 ist diese Pfarre mieden
zwey Abtheilungen des gräflich Hardeckischen Hauses daselbst/mit
der Behausung eines gewissen Joseph Fischer/ Grieslers / und
mir einem Hauerhause auf der Türkenschanze/ weil diese drey
Numero's, Weinhaus näher als Währing/ wohin sie bis dahin
gehörten/ liegen / vermehret worden.
Im Jahre ,807 überließ die Stifterin die ihr gehörigen
Häuser daselbst käuflich dem Herrn Jacob Friedrich von der N ü l
Großhändler und Ehegatten ihrer Enkelin / Theresia / gebor-
nen Schwab/ welcher dann mit Einwilligung der Stifterin auf
seine Kosten die Kirche auf einen besseren Platz versetzet/ vergrö-
ßert/ und durch ein prächtiges Altarblatt/ eine neue Orgel, grö-
ßere Glocken u. ft w. verschönert hat. Nach der letztwilligen /
und höheren Ortes bewilligten Anordnung der frommen Stift
terin ist das Parronatsrecht auf ihren Stiefsohn/ Herrn Igna z
Edlen v. Schwa b/und nach dessen Tode auf obgenanntenHrn.
Jacob Friedr. von der Nüll/ und dessen Gattin The-
resia, gcbsrnen Schwab/ Enkelin der seligen ^Stiften»/ über-
tragen wurde.
Da in den letzteren Jahren die Theurung ganz unverhältnißmä-
ßig überhand genommen hat/so mußte auch diese Stiftung für den
Seelsorger vermehret werden. Die Auslagen für den Kirchen-
dienst werden von einem eigenen Sliftungs - Capital bestritten/
und-die Kirche selbst von den Erben der Stifterin in gutem
Baustaude erhalten. Solchergestalt ist das ursprüngliche Capital
auf eine Summe von 18/000 st. gebracht/ und darüber ein er-
neuerter Stiftsbrief vom Jahre 1811 ausgefertiget worden.
Noch im Jahre i8i5 har der nun ftlige Expauliner/ Herr
i5a
Sebastian Zech/ ehemals Katechet im Taubstummen-Im
stitute zu Wien / eine jährliche heil. Messe zu dieser Kirche ge-
stiftet.
Die Türken schanze gehört theils zur Herrschaft Ober-
Döbling/ theils zu Weinbaus. Sie enthält die Hutweide von
Ober-Dobling und ein Pulvermagazin. Für uns wird ihr Anden-
ken immer wichtig bleiben / weil hier ein wohlbefestigtes Lager
der Türken stand / welche i683 die Stadt Wien belagerten. Auch
in botanischer Hinsicht ist sie wichtig / indem man sonst nirgends
in Österreich in einer solchen Tiefe das isländische Moos antrifft.
G e r st h o f *)♦
Eine halbe Stunde von der Währinger - Linie entfernt/
in einem angenehmen Thale zwischen Pötzleinsdorf und Wein-
haus liegt der kleine Ort Gersthof mit 27 Häusern/ einer
Kirche, Schule und einem herrschaftlichen Schlosse. Die reihende
Lage zwischen den Weingärten / die gesunde stärkende Luft/ und
der zum Vergnügen offenstehende herrschaftliche Garten ver-
schaffen diesem Dörfchen so manche Besuche fröhlicher Wiener,
die hier zur Sommerszeit wohl gar mehrere Wochen im Ge-
nusse ländlicher Freuden verleben. Der Ort verdankt seinen
Nahmen wahrscheinlich einem großen Bauernhöfe, dessen Be-
sitzer sich Gerst l er genannt haben soll. Die Zeit der Entste-
hung ist ungewiß. Die erste Erwähnung desselben geschieht, in
der Mitte des i5. Jahrhundertes.
A ndreas Plank, Pfarrer zu Gars, und Kanzler Her-
zog Albrecht V. hatte 1414 das regulirte Chorherrenstift
St. Dorothe in Wien gegründet, und demselben sein ei-
genthümliches Dorf N e u st ist einverleibet. Schon die ersten
*) Aus dem Pfarrgeschicht - Protokolle, welches Herr Martin Krenn.
Euratbeneficiat daselbst im 2- 1764 verfasset hat, und aus dem fleißig
gearbeiteten Pfarrberichte des Herrn Local - Capellans Carl Feiedr.
Schad er, verglichen mit den Acten dieser Pfarre im erzbischöflichen
Consiftorial-Archive; Lit, G. Nro. VIII und X.
*53
Pröpste erweiterten diese Stiftbesitzung vorzüglich im I. *444,
wo sie durch Kauf von der M a rg a ret b a L u d m ann s d or f,
und ihrem Sohne OSwald, Bergrechte und Zehende auf
Weingärten, die um den Gersthof niederhalb Pötzleinsdorf
lagen, an das Stift brachten. Im I. kaufte Propst Ni-
colaus von Wolfgang Hergesperger auch den Hof sammt allen
Zugehörigen , welchen ehedem der Gerstler besessen hatte. So
kam nun Gersthof in die Hände des Stiftes St. Dorothe,
und bestand dazumal laut eines stiftüchen Grundbuches nur
aus 5 Häusern , die alle auf der linken Seite der heutigen
Fahrstraße lagen. Jenseits derselben hatten bte Eigenthümer
ihre Preßhäuser, und einige Hütten für ihre sogenannten Weins
zier! (Winzer).
Noch im Jahre i683 war dieses Dörfchen so unbedeutend,
daß es auf dem Plane, welchen der Ingenieur Suttinger
1688 von der durch die Türken verwüsteten Gegend entwarf,
gar nicht angemerkt wurde.
Die wichtigste Epoche für Gepsthof m* wohl die Erbau-
ung einer Kirche, welche ihr Daseyn dem seligen k. t. Hof-
kriegsrathe Herrn Matthäus Lidl von Schwan au ver-
danket, der an dem Orte, wo die Capelle stehet, geboren
wurde, und da auch seit dem Jahre 1749, in welchem er, ein
Greis von 83 Jahren starb, begraben liegt Dieser gottesfürchtige
Mann, der sich von seinem ansehnlichen Vermögen einen
Schatz sawmeln wollte, den keine Diebe rauben , und keine
Motten fressen, baure im I. 1786 eine kleine Kirche zu Ehren
des heit. Johann von Nepomuck. Zur völligen Ausfüh-
rung und bleibenden Dauer seines gottseligen Werkes bestimmte
er ein Capital von 24,70c Gulden, dessen Verwaltung er dem
erzbischöflichen Domcapitel nebst dem Präsentation s-R echte
übergab, damit von den fallenden Interessen, 3oo Gulden zum
Unterhalte eines Curat-Beneficiaten, 100 Gulden zur Bestal-
lung eines Capellendieners , der ansehnliche Überrest aber zur
Aushülfe der Armen, zur Unterhaltung der Kirche und des
Gottesdienstes verwendet würde. Auch hat er noch besondere
*6,000 Gulden bey der milden Sciftungscasse deponirt, welche
l»is auf unvorgesehene Fälle unangegriffen bleiben solltenz von
2 54
denen auch wirklich in der Folge / nähmlich im I. 1764 dem
Benesiciaten jährlich 100 Gulden zugelegt wurden. Ferner wurde
diesem sowohl als dem Capellendrener eine eigene Wohnung
zugerichtet, und ersterem ein Viertel Weingarten zugegeben,
den man aber später des größeren Nutzens wegen in einen Acker
verwandelte. Die Fundations - Urkunde weist das Jahr 1749
aus. Die Capelle wurde noch von ihrem' Stifter mit allem
Nöthigen recht anständig ausgestattet , Mt Grund und Boden
aber, woraufKirche und Wohnung stehen, durch die bereitwillige
Verzichrlelstung des Stiftes Sr. Dorothe, welches damals
Grundodrlgkeit war, von allen Lasten gegen dasselbe befreyet.
Der erste noch von dem Stifter selbst im I 174.5 gesetzte
Beneficrat war Herr Anton Maystalle r, dem im I. 1768
Herr Mathias Krenn , ehedem Curat bey St. Stephan-
folgte. Unter ihm wurde im,3. 1784 Gersthof bey der neu an-
geordneten Pfarr-Organisation zur Looalie erhoben, und
von Währing getrennet, der es bis auf diese Zeit als seiner
Mutterpfarre unterworfen gewesen war. Auch erhielt es un-
ter ihm die kleine aber nützliche Weissifche Kirchen-
bibliothek. Zm-lJ. 1792 wurde Anton May, der
Theologie Baccalaureus, und 1810 Jacob Mühl seid
ülS Pfarrer an ihr angestellt.
Jetzt kam eine schlimme Zeit für diese Kirche und ihren
Seelenhirten. Zwar harte ihm die gute Gemeinde bereits 12
Eimer Most und 200 Gulden Bancozetkel zugesichert. Allein
die traurigen Folgen des Krieges, die Herabsetzung des Papier-
geldes und der Znreressen verursachten, daß nach dem Austritte
des Hrn. Mühlfeid, welcher schon im zweyten Jahre erfolgte,
auf die gänzliche Einziehung dieses Beneficrums angetragen wer-
den mußte, weil es nicht mehr möglich war, von den nun so
sehr geschmälerten In re ressen, die Auslagen zur Erhaltung des-
selben zu erschwingen, zumal, da das Kirchendach sammt dem
Thurme schon einer starken Reparation bedurften. Da brachte
die gutmüthige Gemeinde noch ein zweytes Opfer. Um des
Trostes, einen Seelsorger in ihrem Orte zu haben, noch län-
ger genießen zu können, erboth sie sich durch einen förmlichen
Revers, demselben zu seinem Unterhalte einen jährlichen Bep-
255
trag von 400 fl. W-.W./ bis die Stiftung zur hinlänglichen Su.
stentation wieder zureichen werdF f zu geben / und auch dann,
wenn dieß einmal der Fall seyn sollte/ immer 200 Gulden ab-
zurechen/ und die für die Kirchen - Paramente/ und Erhaltung
des Gottesdienstes nöthigen Auslagen zu bestreiten.
Diesen schönen Ester zu krönen / erhielt die Gemeinde im
Jahr 1814 in der Person Carl Friedrich Schabers/
einen neuen und würdigen Seelsorger / und freuet sich der
besseren Zeit/ die ihm den fortwährenden Bestand dieser schönen
Stiftung verbürget.
Obgleich die Gemeinde nur aus 3o3 Seelen besteht/ so ist
doch die kleine niedrige Kirche kaum hinreichend/ sie zu fassen.
Ihre Hauptzierden sind: der niedliche Hochaltar mit dem Bilde
des Schutzheiligen/ und dann das schöne einfache Grabmal
des verewigten Stifters.
Die Glieder dieser guten Gemeinde sind weder zahlreich noch
bemittelt genug/ daß man von ihnen Stiftungen auf Messen er-
warten könnte / desto merkwürdiger ist es / daß der Kirche hie und
da eine auswärtige Hülfe zufließet. So hat im Jahr 1807 die
Frau Elisabeth/ Gräfinn von Edling / geborne Gräfin
Lanthiery / ein Capital von 5oo fl. auf jährliche Messen le-
girt / ferner B a r b a r a Taro n i / die Gattin eines gewe-
senen bürgl. Handelsmannes in Wien (eine uns bekannte und
geachtete Bürgerfamilie) im Jahre 1812 eine jährliche Wesse
gestiftet.
Nach Herrn v. Geymüller/ dem einstmaligen Besitzer
dieses Ortes/ wurde Herr von Po per Herr dieses Ortes. Er
baute im Jahre 1806 an die Stelle des alten Gerstelhofes das
jetzige niedliche Schloß mir dem freundlichen Garten / und ver-
schönerte durch diese Anlage die Umgebungen des Dorfes. Seit
1816 erhob'sich hier eine F abri k/ welche krystalllsirten Grün-
span erzeugt. Unter den Einwohnern/ in deren Mitte sich zwe.y
^katholische Familien befinden/ fällt es vorzüglich auf/ daß in
diesem angenehmen / und wirklich gesunden Orte/ die Hoffnung
auf vermehrte Population immer vereitelt wird/ indem die jähr-
lichen 10 Geburten die 23 Todesfälle niemals ersetzen.
Die hiesige Schule/ die mit dem Jahre 1784 ihren An-
-56
fang nahm, besuchen 28 Kinder. Sie befindet sich nebst der Woh-
nung des ehemaligen Capellendieners (der im genannten Jahre
zugleich Schullehrer wurde) eben nicht am schicklichsten Orte,
im Pfarrgebäude selbst.
Für die dürftigen Bewohner des Dorfes tragt daL einge-
führte A rmeil - Insti tut die möglichste Sorgfalt.
Auf dem kleinen Gottesacker besuchen die Freunde
des Vaterlandes und der Muse» gerne das Grab unsers verstor-
benen Collins, über welchem auf dem Leichensteine die ein-
fache Inschrift stehet: Heinrich Joseph Edler von Collin
k. k. Hofrath u. Leopold - Ordens Ritter, geboren d. 26.
Decemb. 1771, gest. d. 28. July 1811.
Ei» anderes Denkmal ließen dem Verewigten seine Freun-
de zu Wien in der Sk. Carls-Kirche setzen. Ein schöneres hat
er sich selbst durch seine Verdienste um den Staat, durch seine
unsterblichen Werke der Dichtkunst und durch seinen regen Sinn
für alles Wahre und Gute in den Herzen derjenigen, welche ihn
kannten, errichtet.
Ferner verdient auch hier die Ruhestätte des am i5. Sept. 1817
in Wien verstorbenen Philipp, Grafen und Herrn von E d-
fiitjj bemerket zu werden. Er war k. k. geheimer Rath und Käm-
merer, Großkreutz des kaiserl. österr. Leopoldordens, und der
königl. französischen Ehrensegion, gewesener Obersthofmei-
ster der königl. französischen Prinzessin Theresia, nun'Her-
zogin von Angouleme, ferner Ihrer kaiserl. Hoheiten, der
Erzherzogin Maria Ludovica, Herzogin vpn Parma,
Piacenza und Guastalla, und der Erzherzogin Leopoldina,
nun Kronprinzessin von Portugal! und Brasilien. Um ihn
trauert die Armuth als einen ihrer vorzüglichen Wohlthäter, die
Kranken, denen er durch große Spenden in Spitäler und Ver«
sorgungshäuser zu Hülfe gekommen war, und die Religion, die
an ihm einen redlichen Verehrer besaß. Möge sie ihn mit ihren
Freuden jenseits lohnen. Friede sey seiner Asche!
257
Pötzleinsdorf*).
Petzel- / Pitzel- oder Becelinsdorf/ heutiges Ta-
ges aber Pötzleinsdorf, liegt nordwestlich von Wien/ rückwärts
Gersthof zwischen zwey Bergen / mit einer vorhin un-
ter der Pfarre Währing gestandenen Capelle des heil. Ägi-
d iu s/und einem Freyhofe/ welchen ein adeliges Geschlecht im
zwölften Jahrhunderte besessen/ und sich von Becelinsdorf ge-,
schrieben hat.
Sterrnfrit von Pe^elinestorf / kommt schon n36
in der Gründungs - Urkunde des Stiftes zum heiligen Kreuze
als Zeuge vor. Einen Sterichfrit oder Starichfrit finden
wir gleichfalls bey einigen Schenkungen an das Srift Klo-
sterneuburg. Im Jahre i4&5 erscheint aber schon die-
ses Dorf in dem Kaufbriefe des Propstes Niclas von St.
Dorothea/ als er den sogenannten Gerstler-Hof an sich brachte/
mit dem Nahmen Pötzleinstorf in der Hagenau gelegen.
In dem siebzehnten Jahrhunderte war von dem Dorfe P e-
staluzi Besitzer; seine Witwe Jacobina/ geborne von
Landsperger/ und verwitwete von S ch ö n k i r ch e n / setz-
te im Jahre 1656 das Nonnenkloster zur Himmelspforte in Wien
zum Erben von dem Dorfe ein/ und unter diesem neuen Besitzer
soll die Dorfs-Gemeinde eine kleine Capelle zu Ehren de§ heil.
Agidius errichtet haben/von welcher die Inschrift auf einem in der
neuen Kirche aufgestellten Grabstein/ die unter selbem ruhen-
de im Jahre 17verstorbene I u l i a n a Kl 0 yn e r/geborne
Wallner/ als Gutthäterin der Capelle anrühmt.
Im Jahre 1746 war diese im baufälligen Zustande/ aber
es fanden sich mehrmalen Gutthäter/ nicht nur zu ihrer Her-
stellung/ sondern auch zur Stiftung einer sonn-und feyertäg-
lichen Messe. Die Oberin des Klosters/ Maria In noce ri-
tt a/ Gräfin von Nigrelli/ als Herrschaft/ verdient hier
eine ehrenvolle Erwähnung. Auf ihrem Grunde wurde die schö-
ne Kirche/und der Pfarrhof mit der Erklärung erbaut/ beyde
*) Aus den Nachrichten gezogen, welche hierüber der hochwürdige Herr
Anton Max. May eingeliefert hat; verglichen mit den Acten dieser Gu-
ratie im er-bischöfl. Consistorial-Archivs lit. P. Nr. XV.
R
§58
fortwährend im guten Stande zu erhalten. Die'Gemeinde baute
gegenüber auf ihre Kosten ein S ch u l h a u s / erboth sich
den Lehrer mit unentgeltlicher Wohnung, mit der Sammlung
zur Ernte-Zeit/ und mit einem wöchentlichen Beytrage von 1\
Kreutzer für jedes arme Kind zu unterstützen. Ferner trug auch
Hr. von Grien er zur besseren Erhaltung desselben noch beson-
ders 5oo Gulden bey.
Zu gleicher Zeit übergab Herr Johann Zl n d r e a s Ha-
ren na von Creuzeck und seine Gattinn dem Nonnenklo-
ster 5ooo Gulden für einen beständigen Beneficiaten,
welcher an Sonntagen Christenlehre halten/ und mit Erlaub-
niß des Hrn. Pfarrers zu Währing die heil. Sacramente aus-
theilen söllte.
Mathias Aerrer war dieser erste Beneficiat seit 1748.
Unter ihm hat zugleich die Schule ihren Anfang^genommen. Er
starb »753/ und liegt in der Mitte der Kirche begraben.
Im Jahre 1750 hatte dieses schon aus 32 Häusern bestandene
Dorf das Unglück, mit ihrer Capelle ein Raub der Flammen zu
werden. Kloster/Gemeinde/ und der Hofmarschall/Herr Graf von
Kheven Hüller/ Besitzer des Freyhofes/ erklärten sich als
Wiedererbauer und Gutthärer/ und ihr Werk rst die heutige
schöne Kirche und das Beneficiaten-Gebäude.
Die Kirche liegt auf einer kleinen Anhöhe/ und der Zugang
zu ihr ist mit einer Kastanien-Allee besetzt/ in deren Mirre ein
Wasser oder Brünnlein aufquillst/ welches Schwefel und Sal-
niter mit sich führt/ die gewöhnliche Beschaffenheit des hiesigen
Trinkwassers.
Die Kirche selbst ist im Innern licht/ trocken und hoch.
Der Hochaltar ist mit dem Bilde der Kreutzigung Jesus/ und rechts
der Seitenaltar mit dem Bilde des heit. Ägidius geziert/ beyde
von demKünstler Steiner/ im Jahr 1781.
Der zweyte hier angestellte Benesiciat war Herr Felix
Parthen/ aus Schwaben gebürtig/ vorher Vicar zu Wäh-
ring. Er resignirte 1760/ wo er nach Jedelsee als Benefi-
ciat abging. Ihm folgte im genannten Jahre Philipp Ja-
cob Obermayer/ ein Weltpriester/ von Nikolspurg gebür-
tig/ bisher Pfarrer in Piesting. Auch er resignirte/ da er 1779
*P9
bas Beneficium auf dem Leovoldsberge erhielt. Unter seinem
Nachfolger/ F r a n z S r e l z e r, einem Wiener., geschah mit
diesem Beneficium eine Veränderung. Denn nach Aufhebung deS
Klosters zur Huumelsvforten in Wlen im Jahr 1783 wurde die
Kirche von det Pfarre Währing getrennt- zur Local-Ca-
planey erhoben/ das P a r r 0 n a r s-R e ch t über selbe von
dem Landesfürsten übernommen/ und der oben erwähnte Herr
Franz Stelzer als erster Localcapellan mit dem Normalgehalte
von 35o fl. bestimmet. Von dieser Zeit zählet Pötzleinsdorf
folgende Seelsorger: Philipv Lankisch von 179b—
1401. Joachim Schedter von 1801 —1804, geboren zu
Gallneuklrchen/ein unbeschuhter Carmelit. 1605-—1810 ® nj«
zelOberle aus 'Aschaffenburg gebürtig/ Baccalaureus der Phi-
losophie. Diesem folgte A n t 0 n M a y / in Steyermark geboren»
Das im Jahre 1785 verfaßte Inventarium zeiget, daß we-
nigstens damahls die Kirche ziemlich gut eingerichtet war. Das
älteste Protokoll reicht nur bis 177». Bücher sind nur wenige
vorhanden/ welche gutthätige Geistliche hieher geschenket haben.
Zu wohlthätigen Stiftungen auf heilige Messen gehören
die Stiftung des Hrn. Anton Rathgeb vom Jahr 1767
mit 1200 fl./ und gleich im folgenden Jahre darauf jene des
Hrn. Wolfgang M a t t h a u s M a n n e r mit 15o fl./ end-
lich im Jahre 1782 jene des k. k. Architekten A d a m Münzer
mir i5oo fl.
Im Jahre 1802 wurde die Herrschaft/ und das aus 33
Häusern bestehende Dorf/ von der dieselbe administnrenden
Staatsgüter-Verwaltung an Hrn. Johann Heinrich/ Rit-
ter von Gey müller / welcher schön 1797 den alten Freyhof
von der Frau Gräfin von Herberstein erworben hatte/ mir dem
Patronats-Rechte käuflich überlassen.
Unter diesem Besitzer wurde der an das Schloß anstoßende
Berg gereiniget/ und zu einem Lustgarten umgestaltet/ in dem man
dem freyen heiteren Geiste und dem reinen Geschmacke huldigen
muß/ der das Ganze zur Vollendung entgegenführt. Der Wald ist
an verschiedenen Orten durchschnitten/ und so herrliche Aussich-
ten gegen Wien / Dornbach / und in die Fläche bey Tulln anae-
" R 2
s6o
bracht worden. Zwey ländliche Teiche schmücken die Rasenplätze-
an denen man am Fuße deö Berges vorüberwallt.
Bogengänge von Linden, Fliedern und Buchen/ Alleen
von Pappeln/ Tannen und Fichten; Rasenplätze / Wasserfälle/
Gruppen von Bäumen und Strauchen geben dem Wanderer
abwechselnden Genuß/ und er bricht in das Lob des Gründers
aus/ der an diesen Verschönerungen der Natur auch den Fremd-
ling Theil nehmen läßt/ und den Garten zum öffentlichen
Genusse geöffnet bat.
Ehe man von dem Gipfel des Berges zu dem Wohngebäu-
de zurückkömmt/ trifft man auf einen Denkstein/der in einer Ro-
tunde von Buschwerk an den vaterländischen Dichter, Alxinger,
geb. zu Wien i ?55, f 1797 erinnert. Aus dem antiken Piedestalle
steht eine Urne mit der Leyer und dem Sinnbilde der Unsterb-
lichkeit. Unten stehen die Worte aus Doolin von Maynz:
»Es wird doch niemahls dem an einem Freunde fehlen,
Der fähig ist, ein Freund zu seyn."
Bey der kleinen Population des Dorfes von Zoo Men-
schen fällt die Sterblichkeit von jährlich 27 Begräbnissen gegen
jährlich 2o Taufen und 2 Vereheligungen um so mehr auf/ als
der Windzug zwischen zweyen Bergen den Ort immer reiniget/
und gegen jede Ansteckung verwahret, auch dessen Lage sonst
für Vieh, Obstbäume, Weinhecken und Gartengewächse sehr
zuträglich ist. Man gibt davon, wie in Gersthof, als Ursache^ die
vernachlässigte Wartung der Kinder an.
Verbesserungen-
Beite Zeile statt lies:
LL 4 im Jahre i3o3 nachdem Jahre s3i3.
4 6 Heilsalze zu Heb, z u Hall.
6 26 rüsten riefen.-
IO 16 am 3. Dec. am 2. Dec.
i3 27 1682, i683.
i5 18 und
iß 18 Deceio, V e c c i 0.
16 J9 Keller Koller.
20 18 Haselstaude, Hollunderstaude.
-4 29 125?, ii57.
28 11 124, 1248.
43 i5 i36i , i56i.
02 29 gegenwärtigen, jüngstverstorbenen.
69 6 Frühalter, F r ü h a l t a r.
7; 25 publico , publice.
84 4 Willibald Beyrer, Leyrer.
171 Z Der dort angegebene Pfarrer Michael Fischer starb
am 12. December i8i8. An seine Stelle trat Hart-
mann Heinz aus Zuckmantel in Schlesien, vorher
Gooperator in Nußdorf.
191 26 Aufturis, A st u r i s.
206 24 wo sie, w 0 e s.
25 Jahr Jahre.
240 18 der Landschreiber der Landfchreiber die Grundherr-
Grnndherrlichkeit, , lichkeit.
24® 29 aus demselben, auf d e nse lb en.