1908
Mit Erlaß vom 24. Dez. 1907, Z. 50004 ex 1906, des Minis-
teriums f. K. u. U. wurde ich. ab 1. Juli 1908 bis auf
weiteres mit der prov. Leitung der öffentl. Studien-
bibliothek betraut. Remuneration: 2400 K. Am 20. Feb.
fand in der Bibi, eine Besprechung zwischen mir und
Abt Leander von Kremsmünster statt. Am selben Tage kündigte
der "Bibliotheksschreiber" Jos. Schneidinger seine Stellung.
In der Sitzung des Budgetausschusses am 7. April beantragte
der sozialdem. Abg. Seitz eine Erhöhung der Dotation für
unsere Bibliothek. Vgl. Wiener Zeitung am 8. Apr.
Am 19. April suchte ich um Einräumung der mir zustehenden
Raturalwohnung oder des Äquivalents an, vergeblich,,,da die
Statthalterin die ablehnende Antwort des Abtes zur ihrigen
machte.
Am 13. Mai stellte ich mich dem Bibliotheksreferenten im
Ministerium, Hofrat Dr. Kelle, vor, der auf meine Darstellung,
wie sehr unter dem vergangenen System die Bibliothek gelitten
habe, nur unter Lachen zu antworten wußte, ich solle froh
sein, daß man nicht alles gestohlen habe.
Im Juni nahm ich im Einvernehmen mit dem Stifte den Glasmaler
Alexander Kralik als Bibliotheksdiener gegen K 300.- Jahres-
gehalt, freie Wohnung und Holzdeputat auf.
Die sozialdem. hiesige "Wahrheit" vom 26. Juni brachte eine
Rede des Abg. Gruber (Linz), gehalten im Reichsrate am
20. Juni, worin auch das Verhalten der Regierung gegenüber
der Bibliothek kritisiert wird.
Auf Empfehlung des Hofrates Prof. Dr. Schönbach nahm ich
am 14. April den Germanisten Dr. Paul Micori in Graz als
Praktikanten auf.
Am 30. Jupi, 21' nachm., übernahm ich vom Abte Leander formell
die Bibliothek, ohne Protokoll, ohne Inventar, ganz gemüt-
lich.
Der durch Unterteilung des Plurs einst als Lesezimmer ge-
wonnene Raum, jetzt Magazin, wurde als Büro für mich bestimmt
und mit Ofen und einfacher Einrichtung versehen.
Meine erste Tätigkeit bestand darin, daß ich die in der
ganzen Bibliothek zerstreuten Handschriften, Inkunabeln,
Kupferstichwerke und sonstigen Werkstücke in der ehern.
Hauskapelle vereinigte, um sie vor Brand und anderen Fähr-
lichkeiten zu sichern.
Ebenso befreite ich die barbarisch in die Schränke gepferchten
Atlanten, Pracht- u. Tafelwerke und legte sie auf. Ferner
sicherte ich einen auf dem Gang zum, bzw. neben dem Klosett
stehenden Inkunabelschrank durch Drahtgittertüren, schuf
im Lesezimmer durch Adaptierungen eine Handbibliothek und
Zeitschriftenlaube und legte dazu einen Zettelkatalog an.
Am 1. Aug. besuchte der Abg. Dechant Lang, dem ich bereits
am 21. Juli in den Ohren gelegen war, die Bibliothek, am
8. Aug. Handelskammerpräsident Reining'er und Sparkassenprä-
sident Wimmer, die alle sehr huldvoll taten.
Am 8. Okt. eröffnete mir der Statthalter, er wolle auf dem
Gartengrunde hinter den ärarischen Häusern in der Harrach-
staße den Neubau der Bibliothek aufführen, und verlangte von
mir die Beibringung des Substrates zu den Plänen.
Mitte Nov. vollendete Karl Burger von der Buchbinderei Ä
A. Rixner den von mir bestellten und entworfenen Einband zum
"Teuerdank".
Das "Volksblatt" vom 8. Dez. berichtet über eine vom Abg.
Dechant Lang am 3. Dez. im Reichsrat gehaltene Rede, worin
von der Studienbibliothek gesprochen wird. Am 14. Dez. be-
suchte er mich wieder. Am 16. Dez. wurde in der Bibliothek
das Telephon eröffnet.
Die Bibliothek habe ich ohne Inventaraufnahme übernommen,
völlig formlos. Die Inkunabeln standen teils unter den anderen
Druckwerken teils in einem offenen Schrank auf dem Gang zum
Klosett, die Handschriften standen teils ebenfalls unter den
Druckwerken teils in ehern. Kapellenraum, der nur eine hölzerne
Türe hat und ein einfaches Schloß. Zuzeiten war, wie ich
früher manchmal beobachten konnte, die Türe nicht versperrt.
Es wird erzählt, daß der Bibliotheksschreiber Christibauer
nach Schluß der Lesestunden mit den Studenten Musikproben
im Eckmagazin Landstr.- Bischofstr. abhielt. Vom Bibliotheks-
schreiber Schneidinger erzählt man, daß er im gutgeheizten
Lesezimmer nach den Amtsstunden Studenten um sich versammelte,
die da rauchten, was Zeug hielt.
1909
Am 18. Jan. reichte ich mit der Dotationsverrechnung um eine
außerordentliche Subvention zum Umbinden der vielen schlechten
oder mit unsinnigen Aufschriften versehenen Einbände ein.
Man hatte jahrzehntelang die Bestimmung der Buchtitel dem
Schreiber überlassen.
Am 17. Apr. überreichte Ing. Karl Peters der Statthalterei
ein auf meinen Angaben beruhendes Skizzenprojekt für den
Bibliotheksneubau, der nicht mehr als 130000 K kosten durfte.
Gedacht war jetzt der Bau auf dem zum Landesgerichte gehörigen
Grunde in der Ecke gegen die neue Realschule. Befriedigt
mich nicht.
Am 14. Mai wurde ich mit dem ersten Entwurf eines Handschriften-
Kataloges fertig.
Am 19. Mai besuchten der Statthalter und der Landeshauptmann
die Bibliothek, um die aus der alten Jesuitenbibliothek
stammenden Schränke zu besichtigen, die das Land mit Ausnahme
der sechs schönsten für den alten Ständesaal kaufen sollte
oder wollte.
Auf meine Einladung .an den Gemeinderat besichtigten am 23.Mai
Gastwirt Scharmüller, Fachlehrer R. Plir und Privatier Wolf
die Bibliothek und ein mitgekommener Berichterstatter gab
in die "Tagespost" am 25« Mai eine Notiz über das "Heim
der Bibliotheca publica"
Das "Volksblatt" vom 19. Juni berichtet über eine Budgetrede
des Abg. Lang, worin auch der Studienbibliothek wieder ge-
dacht ist.
Am 26. Aug. habe ich in München persönlich den beim Bild-
hauer M. Rauseher von mir bestellten Einband zum Evangeliar
übernommen. Preis: 620 M.
Die "Wiener Zeitung" vom 31. August brachte meine Ernennung
zum Gymn.-Prof. in Ried. Am gleichen Tage besichtigte der
Statthalterei-Vizepräsident Hofrat Binder die Bibliothek
eingehend.
Vom 1.-21. Sept. arbeitete Theologieprof. J. Reininger von
St. Pölten an einem Verzeichnis unserer Inkunabeln, auf das
er seht* erpicht war.
Am 1. Okt. schied der Praktikant Dr. Micori aus dem Dienste
der Bibliothek und stud. phil. A. Lang trat an seine Stelle
als Volontär.
Am 7. Okt. besichtigte ein Leutnant des 2. algier. Schützen-
regimentes in Casablanca (Marokko) die Bibliothek. Am gleichen
Tage veröffentlichte ich im "Volksblatt" ein orientierendes
Peuilleton über die Bibliothek.
Abg. Reininger beantragte nach dem "Volksblatt" vom 17. Okt.
einen Landesbeitrag von 20000 K zum Neubau.
Bei einem Besuch in Wien bat ich im Parlament den Abg. Prof.
Dr. M. Mayr, sich der Bibliothek im Budgetausschuß anzunehmen.
Am 13. Nov. ging auf meine Veranlassung vom Stifte Kremsmünster
an das Unterrichtsministerium eine Eingabe ab, in der neuer-
dings die Übernahme der Bibliothek in die Staatsverwaltung
verlangt wird.
Im Jahre 1909 wurden in 1923 Pallen 274-2 Bände benutzt,
darunter 87 von auswärts bestellt.
1910
In der Gemeinderatssitzung vom 12. Jan. wurde ein Beitrag
von 10000 K zum Neubau bewilligt (s. Bericht im "Volksblatt"
vom 14. Jan.
Am 1. April schied Herr A. Lang aus dem Dienste der Biblio-
thek. An seine Stelle trat Dr. Franz Mayr aus Innsbruck.
Im 4. Hefte des 13. Jhg. der Mitteilungen des Österr. Vereins
f. Bibliothekswesen erschien der von Prof. Reininger ver-
faßte Inkunabelkatalog.
Ich nahm auf meine Kosten an der am 18. u. 19. Mai in Nürnberg
tragenden Versammlung deutscher Bibliothekare teil.
Am 28. Mai sprach Abt Leander auf mein Ansuchen mündlich
seine Zustimmung zur Anstellung eines qualifizierten Dieners
mit den Bezügen der staatlichen aus.
Am 30. Mai wurde zum besseren Schutze für die Zimelien die
Kapelle mit einer eisernen Türe gesichert, Außerdem für
besonders wertvolle Stücke vom Stifte eine eiserne Kiste
zur Verfügung gestellt.
Das "Volksblatt" vom 16. Juni berichtet über die vom Abg.
Dr. M. Mayr im Budgetausschusse bez. der Studienbibliothek
vorgebrachten Wünsche und Stürgkhs Antwort.
Das "Volksblatt vom 21. Juni berichtet über eine vom Abg.
Dechant Lang im Reichsrat gehaltene Rede,die auch eine Stelle
über die Studienbibliothek enthält.
Ich wandte mich an den Landtag um Erwirkung der Portofreiheit
zwischen der Studienbibliothek und den Pfarrämtern und Schul-
leitungen für den Paketenverkehr. Nach dem Berichte der
Tagesblätter vom 30. Okt. knüpfte sich daran in der Sitzung
vom 28. Okt. eine längere Debatte.
Auf meinen Wunsch nach einem Ausstellungslokale änderte im
Sept. Ing. Peters die Planskizze für den Neubau.
Am 18. Okt. trat der Diener Karl Eilmansberger aus Sarieinsbach
seinen Dienst an. Der Diener A. Kralik, der sich mir in
verschiedener Hinsicht verdächtig gemacht hatte, verschwand
nach Wien. Am 3. Dez. brannte zum erstenmal in der Bibliothek
das elektrische Licht. Seit meinem Amtsantritt hatte ich
Petroleumlampen aufstellen lassen, vorher gab es keine Be-
leuchtung.
Am 2o. Dez. veröffentlichte ich in den 3 Linzer Tagesblättern
die Anzeige, daß ah 1. Jan. das Lesezimmer geschlossen werde,
da ich es als Magazin zu benützen gezwungen sei. Diesen
Schritt tat ich im Einvernehmen mit dem Statthalter. Darauf-
hin informierte sich ein Herr von der "Tagespost" und ver-
öffentlichte am 22. Dez. einen etwas übertriebenen und teil-
weise unrichtigen-Bericht.
Am 22. Dez. versandte ich eine von mir verfaßte kurze Denk-
schrift über die elende Lage der Studienbibliothek an alle
Reichsratsabgeordneten, Mitglieder des Landesschulrates
und Direktionen der Mittelschulen des Landes.
Am 24. Dez. begab ich mich zum Landeshauptmann Hauser, um
ihn für die Bibliothek neuerdings zu interessieren. Aufnahme
frostig.
Im Jahre 1910 wurden in 2207 Bällen 3839 Bde. benützt. Pakete
wurden abgeschickt 376, eingelaufen sind 305* Aus anderen
Bibliotheken wurden 448 Bde. bestellt.
6
1911
Am 15. Jan. 1011 vorm, fand im Konferenzzimmer des Gymnasiums
eine Konferenz der Linzer Mittelschuldirektoren statt, bei
der ich die Nöte der Bibliothek auseinandersetzte. Es wurde
beschlossen, das von Dir. Zöchbauer geführte Protokoll und
eine aus drei Direktoren bestehende Deputation zum Statt-
halter, Landeshauptmann und Bürgermeister zu senden.
Am 1. Pebr. schied Herr Dr. F. Mayr aus dem Dienst der Bib-
liothek.
Am 6. März war die am 15. Jan. gewählte Deputation beim
Statthalter und Landeshauptmann.
Im 1. Heft des Zentralbl. f. Bibliothekswesen äußert sich
Dr. Crüwell von der Wiener Universitätsbibi, über die Linzer
Bibliothek und mich.
Nach einem Berichte des "Volksblatt" beantwortete die Re-
gierung eine Resolution des Abg. Dr. M. Mayr. Sieh Nr. vom
21. März. Derselbe Abg. trat neuerdings im Budgetausschusse
dafür ein.
Am 3. and 4. Apr. beteiligte ich mich in Wien an der Auktion
Lanna und erwarb mit einer Sparkasse-Subvention von 600 K
ein Brevier des Stiftes Waldhausen, kaligr. Arbeit des 13.Jbd.
Zu den Stifter - Reliquien langte das Geld nicht mehr.
Am 13. April übernahm die Bibliothek die vom Finanzministerium
abgetretene Katastralkarte von Oberösterreich aus dem Jahre
1824 (6621 Blätter).
Ein Osterfeuilleton Lychdorff in der "Tagespost" verulkt
mich und die Bibliothek boshaft. Stoff freie Erfindung.
Am 30. Apr. besuchten 14 Buchdruckerlehrlinge der Fortbil-
dungsschule mit 5 Lehrern die Bibliothek und ich zeigte
die Entwicklung des Buchdruckes an Proben vom 15.-19 Jhd.
Sieh den Bericht in der "Tagespost".
Am 16. Mai überreichte mir Architekt Prof. Wolfsgruber einen
auf Anregung Lychdorffs entworfenen Plan zum Neubau. Sehr
hübsch und praktisch.
Am 21. Mai zeigte ich diesen Plan dem Statthalter, dem er
gut gefiel.
Am 7* Juni kollationierte der Bollandist A. Poncelet S. J.
aus Brüssel die Vita s. Chuniberti im Cod. Cc V 7 und machte
Notizen aus meinem Handschriftenkatalog.
Am 13» Juni kaufte ich von der Hörsterswitwe Dittlbacher in
Linz jenen Teil des "Thesaurus" von Lebitsch, der die landes-
fürstl. Urkunden enthält, für die Studienbibliothek.
Mit Erl-., vom 13. Juni 1911, Z. 17941, erklärt sich das U. M.
bereit, die Studienbibliothek in die staatl. Verwaltung zu
übernehmen, und genehmigt den Neubau.
Das " Linzer Volksblatt vom 14. Juli berichtet über die
Gemeinderatssitzung vom 12. Juli, in der dies'seinerzeit
an die Subvention des Neubaues geknüpften einschränkenden
Bedingungen aufgehoben wurden.
Am 1. Juli trat Herr Dr. phil. Alois Oberhummer als Praktikant
ein.
In der "Tagespost" vom 16. Juli erschien gleichzeitig mit der
Abb. des Projektes Wolfsgruber (Unterhaltungsbeilage) ein
Artikel von Prof. Lychdorff über den "Neubau der kk. Studien-
bibliothek" .
Vom 7.-11. Aug. benützte Prof. Depiny für Dr. Blümml in
Wien die Liederhandschriften des Pfarrers Kremser in Christkindl.
Am 19. Aug. vorm, die vom Ministerium angeordnete Kommission,
die zu erheben hatte 1. Ausmaß und Wert der beiden für den
Tausch vorgeschlagenen Grundflächen, 2. ob durch den Tausch
die anliegenden Gründe entwertet werden. Anwesend: Landesge-
richtspräsident Handel-Mazzetti, Baurat Schedle, Ing. Peters
und Dr. Schiffmann.
Am 26. und 27. Sept. benützte Prof. Uhlirz aus Graz die Jlss.
Cc I 3,5,11; Cc III 6,1; Cc IV 6,8,10,15,18,19,20,24; Cc VI 8;
Cc VIII 10; To 4,6,8-11,22; Tp 2,3,5,7,18; Tqu 2,7 und die
neu erworbene Waldhausener Sammelhs.
Am 27. Sept. benützte Oberst a. D. Enenkl aus Wien den Thesaurus
von Lebitsch.
?
Vom 15» Juni -24. Aug. wurde die ganze Bibliothek gründlich
gereinigt.
Das"Volksblatt" vom 6. Dez. berichtet über die am 4. Dez.
abgeführte Spezialdepatte dagsBudget-Ausschusses, in der
Abg. Dechant wieder der Bibliothek gedachte.
Es wurden im Jahre 1911 in 2303 Fällen 4181 Bände benutzt.
Pakete gingen ab 408, liefen ein 424. Von anderen Bibliotheken
wurden 686 Bde. besorgt.
9
1912
Am 19. Jan. 2*1 nachm, besichtigte eine große Kommission, der
Statthalter an der Spitze, das Terrain für den geplanten
Bibliotheksbau und es wurde statt der urspr. in Ansicht ge-
nommenen Eckparzelle eine Parzelle an der Fadingerstraße ge-
wählt .
In der Gemeinderatssitzung vom 24. Jan. machte der Bürger-
meister Dr. Dinghofer laut Zeitungsbericht Mitteilung über
den Stand der Baufrage.
Anfangs März ließ ich die Bücherreihen der Bibliothek nach
4 Formaten ausmessen, wobei sich eine Gesamtausdehnung von
rund 1600m ergab. Bis 25cm: 1075.56m, 25-35cm: 264.91m, 35-
45cm: 201.74cm, über 45cm: 32.55m. Nicht einbegriffen sind die
Sonderaufstellungen.
In der "Tagespost" vom 28. Jan. spricht ein Anonymus (Prof.
Lychdorff) über die bauliche Entwicklung der Stadt Linz und
dabei auch über die Bibliothek und ihren Neubau, teilw. falsch,
teilw. übertrieben.
An der Tagung der Bibliothekare in München vom 29. Mai bis
1. Juni nahm ich teil. In der Versammlg. des österr. Vereins
hielt ich ein Referat über "Österr. Bibliotheksfragen."
Zu Pfingsten erschienen die Einzelformschnitte der Bibliothek
bei Heitz in Straßburg, bearb. von Dr. G. Gugenbauer ,
in 2 Bänden, die zusammen 100 K kosten.
In den Monaten April und Mai stellte ich unter erheblichen
Schwierigkeiten die Reihe der seit 1775 an der Bibliothek
angestellt gewesenen Personen zusammen und ließ deren Por-
träte anfertigen, soweit sie zu bekommen waren.
Am 13. u. 14. Aug. benutzte Dr. Franz Mayer, Assistent am
musikhistor. Institut in Wien, unsere Musik-Manuskripte und
-Drucke.
Vom 30. Mai bis 31. Aug. die ganze Bibliothek gründlich ge-
reinigt.
Am 1. Okt. schied Dr. A.Oberhummer aus dem Dienste der Bib-
liothek.
Im Budget für 1913 stehen K 150000 für den Neubau, davon
K 120000 von den lokalen Faktoren aufzubringen.
40
Aus fremden Bibliotheken beschafft in 577 Bällen 869 Bände,
in der Bibliothek benützt in 938 Fällen 3285 Bände,
aus der Bibliothek entlehnt in.1688 Fällen 2647 Bände.
Benützt in 3203 Fällen 6801 Bände.
Bestellungen liefen ein 571 Pakete gingen ab 522, liefen ein
560. Aus auswärtigen Bibliotheken wurden 869 Bände besorgt.
1913
Vom 1. Jan. an stellte ich mit Zustimmung des Statthalters
die Benützung der Bibliothek ein und zugleich urgierte ich
neuerdings die Regelung der Personalverhältnisse.
Vom 9.-11. Feb. war ich in Wien und betrieb im Ministerium
die Bibliotheksangelegenheit. Man versprach mir Systemisierung
des Personals ab 1. Jan. 1914- and Baubeginn längstens im
Herbst 1913«
Vom 7»-12. März benützte P. Ephrem 0. Cap. aus Zug in der
Schweiz die Hss. Tp 4 und Tp6 für seine Ausgabe der Werke
Bertolds von Regensburg.
Anfangs März trat ich an das Museum-wegen der 1907 angeregten
Vereinigung der Musealbibliothek mit der Studienbibliothek
heran. Präsident Wimmer antwortete, er könne der Sache nicht
nähertreten. Es war aber 1907 ein viergliedriges Komit§ ge-
wählt und über die Ergebnisse der Arbeit desselben ein Proto-
koll abgefaßt worden. Davon war jetzt keine Rede mehr.
Am 4. April traf von der Statthalterei die Verständigung ein,
daß Prof. Dr. F. Berger der Studienbibliothek zur Dienst-
leistung zugewiesen werde.
Am 24. Apr. trat Dr. Berger den Dienst an.
Am 25. Apr. trafen als Geschenk des Ministerialsekretärs
K. v. Planek in Wien 860 Bände ein.
Anfangs Mai beendete ich die Verzeichnung der in Kartons ein-
gelegten kleinen Schriften, die bisher in Laden lose gelegen
hatten.
Am 7* Mai liefen von der Uni.-Bibi, in Innsbruck 81 Bände
ein.
Am 28. Mai benützte Oberst d. R. Schulte aus Wien die Hss.
Cc V 4, Cc V 11, Tqu 1.
Am 30. Mai spendete Oberlandesrat i. P. Kerbler 3 größere
u. 6 kleinere Schriften.
Am 9» u. 10. Juni betrieb ich in Wien wieder die Bibliotheks-
angelegenheit. Sektionsrat Dr. Leithe meinte, der Neubau
werde 1914 errichtet, 1915 bezogen, die Besetzung der Stellen
am 1. Sept. 1914- erfolgen.
Am 13. Juni benützte Steueroffizial Benetzeder aus Grieskirchen
die Hs. cart. 76.
Am 29. Juni besichtigte Minister Hussarek mit dem Statthalter
die Bibliothek und verließ sie nach halbstündigem Aufenthalte
"mit den entsprechenden Eindrücken" und der Versicherung, er
werde tun, was möglich sei.
Eine Notiz in der "Tagespost" vom 9. Juli tritt für die Er-
richtung einer Technik in Linz ein.
Am 22.-25. Aug. benützte der Privatdozent Dr. P. Hammel
S. J. für seine Albertus-Studien zwei Inkunabeln, zu gleicher
Zeit der Stiftsarchivar von St. Lambrecht in Steierm. für seine
Studien über die Urkunden der Otakare 34 Hss. aus Garsten und
Gleink.
Am 26. Aug. benützte Dr. Berchtalot aus Berlin für seine Stu-
dien über den Humanismus die Hss. Cc I 3, Cc II 15, Cc IV 28,
Cc VI 3, Tqu 17 und die der Inkunabel 449 beigeb. Hs.
Die Zeitungen vom 26. Sept. berichten über die Mitteilungen
des Bürgermeisters im Gemeinderate betr. den Stand der Neubau-
frage.
Am 8. Okt. erschien in den Blättern eine Notiz von mir über
Erwerbungen und über eine kleine Ausstellung zur Gedächtnis-
feier der Befreiungskriege.
Am 13. Dez. schenkte E. v. Handel-Mazzetti der Bibliothek das
Manuskript des Romans "Meinrad Helmperger", einen Teil der
Korrekturen dieses Werkes und das Manuskript des 5- Kapitels
von "Brüderlein und Schwesterlein".
Am 13. Dez. kaufte ich vom Eärbereibesitzer M. Kühn in Linz
c. 4000 Blatt Kunstblätter um 600 K. Sie stammen aus der Hafner'
sehen Sammlung und enthalten auch Doubletten.
Im Jahre 1915 betrug der Bücherzuwachs 1752 Bände ohne Periodica.
Benützt wurden 4970 Bde. in 2055 Bällen, von auswärts beschafft
770 Bde. in 462 Fällen. Pakete gingen ab 421, liefen ein 452.
Von anderen Bibliotheken bei uns bestellt 42 Bde.
1914
Laut Bericht der "Tagespost" wurde in der am 15. Jan. statt-
gefundenen Sitzung der o.ö. Handels- -und Gewerbekammer auf
Grund meiner Eingabe beschlossen, den Antrag an das Finanz-
ministerium zu richten, den Neubau in dem von mir bean-
tragten Umfrage zu genehmigen.
Am 15. Febr. spendete Forstverwalterswitwe Schimouschek
9 Bücher, 29 Panoramen, 27 Führer, 1 Atlas, 1 Heft Ansichten,
4 Hefte und 14 Blatt Sehreibvorlagen, 47 Landkarten, 34 Stadt-
pläne, 1 Heft Anfangsgründe der LandschaftsZeichnung von
Pucherna, 7 Bll. Sepiazeichnungen.
Am 23. Febr. benützte Koop. M. Kurz die 2 Hss. des Thesaurus
von Lebitsch.
Die Blätter vom 2. April berichten über die Gerneinderat-s-
sitzung vom 1. April, in der Dr. Suckensteiner einen Antrag
gegen die geplante Einschränkung des Neubaus einbrachte.
Am 3« April spendete Apothekerwitwe Böck hier der Bibliothek
68 Bde. aus Geschichte und Kunst.
Die Zeitungen vom 24 April berichten über einen im Gemeinderat
von Dr. Obermüllner gestellten Antrag betr. die Errichtung
einer Universität in Linz. Dagegen erhob sich im "Volksblatt"
vom 26. Apr. eine Stimme zugunsten einer Handelshochschule.
Am 27. Apr. benützte P. Josef M.Patsch, Redemptorist aus Wien,
für den Bd. Oberösterreich der von Prof. Wolfsgruber geplanten
Sammlung der österr. Heiligen die betr. Literatur, ferner die
Hss. Cc I 9, Gc VI 1 und 8, Cc IV 1 und Liedersammlgn. von
Kremser u. Grandinger.
Am 29. April benützte Prof. Dr. F. Ludwig aus Straßburg die
Hss. Cc III 9 wegen des " Dulce solum" und To 4.
Am 2. Mai benützte Dr. Swoboda, Assistent am kunsthistor. In-
stitut der Universität Wien, für seine Studien über romanische
Miniaturmalerei die Hss. Cc VI 8, Cc VI 11, Cc VII 1, To 10,
Cc IV 20, Cc V 13, Cc VII 7, Tqu 7, 14, 15, Tp 7, Tqu 2,
Cc VIII 6, Tp 19, Fragm. 84, Cc III 1, Cc VIII 9, 10, To 6,
15, Tp 17, Tp 11, 18, To 24, Tp 22.
An der am 6. Mai eröffneten Bugra beteiligte sich unsere
Studienbibliothek mit einer Reihe von Drucken und Einbänden.
Die Zeitungen vom 20. Mai berichten über die Stellungnahme
des Gemeinderates von Urfahr zur Errichtung einer Universität
in Linz.
Am 22. Juni benützte Dr. Straßmayr vom Landesarchiv den Register-
band zum Thesaurus von Lebitsch.
Am 24. Juni entlehnte Dr. W. A. Baehrens in München für seine
Ausgabe der Homilien des Origenes die Hss. Cc IV 15 und Tp 14.
Am 1. Juli benützten 2 Benediktiner aus Solesmes zu musikhis-
tor. Zwecken die Hss. To 15, Tp 8, 15-17, 19, 23-25, Cc I 5,
Cc II 11 und machten Aufnahmen aus To 15, Tp 15,17, 19, 23
und Eragm. 16.
Am 1. Aug. nahm der große Krieg seinen Anfang.
Am 11. Aug. wollte man 12 Mann in der Bibliothek einquartieren,
wogegen ich protestierte.
Am 14. Aug. brachte mir ein Student zwei Bände der "Aurora"
von Seidl und bat mich inständig und voll jugendlicher Be-
geisterung, ich möge sie ihm abkaufen, damit er seinen im Felde
stehenden Bruder unterstützen könne.
Am 30. Sept blieb das Gehalt des Leiters aus und zwar wegen
der "Karenz der Gebühren".
Am 14. Okt. benützte ich Hs. Tp 15 und Dr. Berger Fragm. 51.
Am 26. u. 27« Uov. meldeten sich die hier internierten Polen
Jaworska und Dobrowolski zur Benützung der Bibliothek.
Am 28. Nov. nahm ein Beamter der Finanzdirektion die Stempel-
revision vor.
Der Abt von Kremsmünster lehnt die Einräumung des 2. Stockes
ab und nennt mein Verlangen Hyperjosefinismus.
In der Sitzung des Gemeinderates vom 9. Dez. beantragte
Dr. Ruckensteiner laut Zeitungsbericht Baubeginn im Frühjahr
1915 ( Netstandsbau) und verlangt auf meine Vostellungen hin
einen Ausstellungsraum im Heubau.
45
Zuwachs im Jahre 1914: 1088 Bde., dazu die Periodica und
401 kleine Schriften.
Benützt wurden a) in der Bibi. 3385, b) auswärts 3822 Bde.,
c) von ausw. Bibi, bestellt 1244 Bde. Benützungsfläche
a) in der Bibi. 975, b) auswärts 2972, c) Bestellungen 839.
Somit wurden in 4786 Fällen 8451 Bände entlehnt. Pakete liefen
ein 668, abgegangen sind 764. Bestellungen liefen ein 675*
Von der Kupferstichsammlg. wurden 2084 Blatt adjustiert.
1915
Am 8. Jan. trat Dr. E. Weinkopf ans Dobersberg in Nö. als
Volontär für einige Zeit ein.
Ata 15» Jan. erwarb ich aus der Sammlg. Hafner 66 Linzer Eil-
schriften aus den Jahren 1848/49.
Am 26. Jan. benützte Dr. E. Berger Eragm.81.
Am 6. März benützte der Bibliothekar des Stiftes Hohenfurt
den Thesaurus von Lebitsch.
Am 27. Apr. fragte Innsbruck an, ob ich wegen Eeindesgefahr
die 12 wertvollsten der dortigen Hss. in unserer Bibliothek
verwahren wolle. Ich lehnte mit dem Hinweis auf unsere Raum-
verhältnisse ab, die mich veranlaßt hätten, für unsere
eigenen Bestände, nicht etwa während des Krieges nur, sondern
überhaupt jede Verantwortung abzulehnen.
Am 25. Mai ging Dr. Berger als Aushilfslehrkraft nach Ereistadt
ab. Der Diener steht seit 1. Aug. 1914 im Eelde, ein Gesuch
um Beurlaubung desselben wurde abschlägig beschieden
(II.XII.14).
Der Dienst mußte eingeschränkt werden.
Am 21. Sept. schied Dr. Berger ganz aus dem Bibliotheksdienste,
infolgedessen mußte der Parteienverkehr auf die Vormittage
beschränkt werden.
Am 18. Nov. richtete ich einen Privatbrief an Dr. Leithe im
Unterrichtsministerium, worin ich in ganz entschiedener Weise
bat, das Stift Kremsmünster zur Einhaltung seiner Verpflich-
tungen zu zwingen.
Zuwachs im Jahre 1915= 184 Bde., Periodica und 347 kleine
Schriften.
Die Benützungsfälle verteilen sich auf 2355 Entlehnen, 984
Leser, 443 Besteller, zusammen 3782.
Benützt wurden im Lesezimmer 3337 Bde., entlehnt 3509» bestellt
aus anderen Bibliotheken 722 Bde. Pakete liefen ein 492,
gingen ab 522. Bestellungen liefen 443 ein. In diesem Jahre
wurden 4936 Blätter der Kupferstichsammlg. bei Rixner mon-
tiert.
1916
Am 26. Febr. traf das der Studienbibliothek für die Betei~--
ligung an der Bugra verliehene Diplom ein.
Am 29. Febr. schenkte Flt.i.R. Hugo Wagner der Bibi, die Hs.
"Schema Ihro röm. kays. auch zu Hungarn und Böheim kgl. Maj.
Kriegs-Staats" 1756.
Am 15. März kaufte ich beim Tändler Töpfer 12 geschriebene
Gebetbücher und ein Tagebuch des Schauspielers K. Ludolf.
Stand der Hss.: 537.
Der Wiener Eilmansberger erhielt die silb. Tapferkeitsmedaille
2. Kl.
Am 27. März kaufte ich bei Töpfer ein Roßarzneibuch, Hs. von
1715; üie Neue Landesgerichtsordnung für Oberösterreich, Linz
1692; etliche Linzer und Steyrer Drucke unbedeutenden Inhalts.
Seit 9. März ist A. Hölzl, ein pens. Ämtsdiener, als Aushilfs-
diener mit K 3.- Taggeld in Verwendung.
Am 15. März photogr. Aufnahme jener Seiten unserer Hs. Cc III 6,
welche das Gedicht De nuce von Ps.-Ovid enthalten, für
Prof7 Vollmer in München.
Am 28. Mai erwarb ich das dreibändige Tagebuch des Linzer
Bäckergesellen F. Königsgruber.
Am 7« Juni spendete Hofrat v. Planck in Wien 146 Bde., darunter
Ullsteins Weltgeschichte, und 10 Landkarten.
Am 14. Sept. erwarb ich die Erstausgaben von Schillers "Jung-
frau v. Orleans", Goethes "Mitschuldigen" und "Erwin und
Elmire" aus dem Nachlasse des Prof. Paul um K 20.-
Am 19. Sept. schenkte die Gemahlin des Statthalters 138 Bde.,
meist Schulbücher und Führer, und 45 Karten, Pläne u. dgl.,
am 29. Sept. 30 Bde.
Am 21. Nov. spendete Apothekerwitwe Böck in Linz 31. Bde.,
meist aus dem Gebiete der Kunst. Kaiser Franz Josef I. ge-
storben.
Das"Tagblatt" vom 25. Nov. und 15. Dez. fordert die Errichtung
einer Hochschule in Linz.Im " Zentralbl. f. Bibliothekswesen"
1916, S. 314, von mir ein Bericht über die Studienbibliothek.
Benützung 1916: in 2032 Fällen wurden 5371 Bde. benutzt. Be-
stellungen 382, benützt im Lesesaal 2932, entlehnt 1738 Bde.
Entlehner 772, Benützer im Lesesaal 878. Pakete gingen ab 339»
liefen ein 145. Zuwachs: 722 Bde., 348 kleine Schriften, 37
Musikalien, 14 Landkarten.
1917
Durch eine Spende des Großindustriellen W. Frank wurde ich
instand gesetzt, 3 Radierungen des Malers und Radieres Fritz
Lach in Wien, eines geh. Linzers, anzukaufen. Der Künstler
gab sechs weitere Blätter dazu.
Das Unterrichtsministerium spendete Wilperts Prachtwerk über
die kirchlichen Malereien in Rom vom 4. bis zum 13 Jhd.
Im "Tagblatt" vom 10. Mai ein Artikel zur Linzer Hochschul-
frage.
Schrecklich ist mir die Mißbildung der Bibliothek in dem 1913
erschienenen "Neuesten Führer durch Linz".
Am 10. Juli trat der Diener Eilmansberger seinen Dienst wieder
an und der Aushilfsdiener A. Hölzl schied aus. Der Diener be-
zieht außer freier Wohnung und Holzdeputat täglich 4 K. Ange-
sichts der Teuerung wandte ich mich an das Stift um eine Zu-
lage für ihn (monatl. K 10), bekam aber keine Antwort. Erst
als die Statthalterei urgierte, wirkte es.
Die "Tagespost" vom 11. Aug. berichtet über die Errichtung
eines Departements für Kunst u. Wissenschaft in Bosnien.
Sehr Schön! Aber was ist es mit unserer Kultur in Oberöster-
reich?
Erwarb die Erstausgabe von Scheffels " Bergpsalmen", die unaeren
Abersee verherrlichen.
Ich schenkte der Bibliothek das Dictionarium bilingue (Tiguri
1704) von J. Frisius, mit dem bekannten feinen Bildnisse des
Verfassers von Tob. Stimmer.
Dr. A. Weinmann in Regensburg schenkte auf meine Bitte die
handschr. Zusammenstellung aller Werke Leonh. Pamingers aus
Aschach.
Im Okt. erwarte ich ein handschr. geistliches Liederbuch.
Am 27. Oktober veröffentlichte die "Tagespost" meinen Auf-
satz " Reformationserinnerungen in der kk. Studienbibliothek.
40
Am 2. Nov. erwarb ich eine handschr. "Hausapotheke" aus der
1. Hälfte des 19. Jhdt.
Am 14. Nov. erwarb'ich ein "Traunfischerbüchl" (1743-73) "und
von Oberlandesrat Zwerger zwei Arzneibücher aus der Wende des
16. u. 17* Jhdt. aus dem Innviertel.Mm 27. Nov. schickte auf
meine Bitte Wilh. Kienzl ein Autogramm.
In der letzten Sitzung des Parlaments brachten Er. Dinghofer
und Genossen Anträge ein 1. auf Errichtung einer deutschen
Universität und 2. einer Handelshochschule in Linz.
Durch einen Zuschuß der Regierung konnte ich vom Oberlehrer
Priller in Bosau einer handschr. Roßarzneikunde und Maierschafts-
bücMl von 1703 aus der Gegend um Pettenbach erwerben.
Leser im Lesesaale 889 Im Lesesaal benützt Bde. 3429
Entlehner 794 Entlehnt 2113
Bestellungen 263 Von anderwärts 560
Benützungsfälle 1946 Benützte Bde. 6102
Pakete gingen ab 248, liefen ein 235.
Der Zuwachs betrug ohne Periodäca und Sonderaufstellungen 518
Bde.« kleine Schriften 155.
1918
Am 18. März benützte ein Hochschüler aus Wien zu einer Arbeit
über die Bilderhandschriften aus der Wende des 13. u. 14. Jhdt
unsereaHss. Cc V 3, Cc VII 5, To 15, Tp 17; Tqu 6, 7, 14, 15.
Beschwerde der Realschule an den Landesschulrat gegen die Bib-
liothek, ausgehend von ein paar gehässigen Professoren, sach-
lich ganz unbegründet. Man will nur Stimmtang machen.
Am 22. März wurde die Inschrift über dem Portal durch den
Doppeladler ersetzt.
Das Zentralbl. f. Bibliothekswesen 1918, S. 86 f., veröffent-
lichte wieder einen Bericht von mir.
In der Generalversammlung des Musealvereines am 23. Mai kam
die Hochschulfrage zur Sprache.
Das "Tagblatt" vom 12. Sept. bringt eine Aufklärung über die
hiesige Arbeiter-Zentralbibliothek.
Am 7» Sept. kaufte ich von dem Beamten Blumauer hier, dem Sohne
des bekannten Landschaftsmalers, eine Handschrift mit deutschen
Gebeten und Rankenornamenten aus dem Beginne des 16. Jhdt.
um K 25,-
Die von mir im Juli mit Dr. Nicoladon eingeleitete Aktion zur
Überlassung der ehern. Volksfesthalle auf dem Kaiser Wilhelm-
Platz als Bibliothek und Ausstellungsraum des Kunstvereins
ist auf günstigem Wege.
Ende Sept. erwarb ich Wielands Musarion, 2. A., einen Bd. der
deutschen Schaubühne mit Kupfern Chodowieckys zu "Kabale und
Liebe", W. L. Wagners "Macbeth", Wißhofers Magazin I usw.,
zus. 40. Bde. um K 30.-
Am 28. Okt. schenkte Oberlehrer Ozlberger ein handschriftl.
Donatfsggm, 2 Bll., 15» Jhdt.
Am 1. Nov. zog ich vor dem revolutionären Umzug den Doppel-
adler ein.
Am 12. Nov. wurde die Republik proklamiert. Es lebe Groß-
Deutschland!
Am 15. Nov. trat Herr Dr. Erich Mayr aus Rohrbach als Prakti-
kant (Volontär) ein. Bezüge imonatl. K. 150.-
Die Studienbibliothek in Klagenfurt spendete: Kultur d. Gegen-
wart 1/1; Carneri, Der Menschaals Selbstzweck; Briefe Josefs II.
Leipzig 1821.
Die Universitätsbibliothek in Graz spendet am 22. Nov. Kärntens
röm. Altertümer von Jabormegg-AItenfels.
©ie "Tagespost" und die Wiener "Zeit" vom 26. Nov. berichten
über die Linzer Hochschulfrage, die"Tagespost" vom 27. Nov.
über die bevorstehende Übersiedlung von Hochschulen aus der
Tschecho-Slowakei nach Österreich, dasselbe Blatt am 4. Dez.
über Verhandlungen von drei Vertretern der Brunner Technife
mit der Gemeinde und am 11. u. 14. Dez. über weitere Schritte.
Den oberösterr. Amtskalender für 1919 reicht die Bibliothek
ganz am Schluß ein, während sie an die Spitze der Unterrichts-
anstalten gehört. Bosheit des Juden Gans.
Am 22. Dez. erwarb ich mit staatlichem Zuschuß das Stammbuch
des Oberösterreichers Hoh. Lansius in Tüfingen , das ein Portr.
u. Autogr. Keplers aus dessen Linzer Zeit enthält, um 900 K
vom Antiquariat Gilhofer Ranschburg in Wien.
Im Jahre 1918 war die iibliothek an 241 Halbtagen geöffnet.
Es wurden im 2282 Fällen 7769 Bände benutzt.
Leser im Lesesaal 1077, Entlehner 1068, Bestellungen 137. Be-
nützt im Lesesaal 4852, entlehnt 2752, von auswärts bestellt
165 Bde.
Zuwachs ohne Periodica und Sonderaufstellungen 34-3 Bde., 175
kleine Schriften.
1919
Am 14. Jan. kaufte ich. das Miniaturporträt des P. Maurus
Lindemayr vom Landesarchivar i. R. Dr. P. Krackowizer. Das
Porträt ist von M.G. Gerz und war im Besitze des Güterdirektors
Siegl in Kremsmünster. Preis K 40.-
Die "Tagespost" vom 14. Jan. berichtet über einen Antrag Sad-
leder im Gemeinderat zur Hochschulfrage.
Am 4. Febr. plünderte der Pöbel die Geschäfte, auch das im
Bibliotheksgebäude befindliche Wäschegeschäft Wankmüller. Da
am 5» die Unruhen fortdauerten, ließ ich um 11*1 vorm, das Tor
sperren und der Diener die Lesesaalgäste einzeln hinaus.
General R. v. Krauss spendete etwa 300 Bde. Militaria und eben-
soviele Kartenblätter, die teilweise im Kriege verwendet worden
sind.
Kauft vom Landesarchivar Dr. F. Krackowizer Poccis Geschichten
und Lieder mit einem Autogramm des ersten Besitzers, W. Pailler,
um K 10.-
Die "Tagespost" vom 13. Febr. berichtet über eine Interpella-
tion im Gemeinderate betr. Kasernen, worin wieder von der Tech-
nik die Rede ist.
In einer Sammlung der Deutschen Volkspartei am 13. Jan. sprach
Dr. Dinghofer und erwähnte unter seinen Leistungen nach dem
Berichte der "Tagespost" auch das Streben, die Errichtung eines
Neubaues der Studienbibliothek durchzusetzen.
Am 22. Febr. fand in der Realschule ein Elternabend statt,
an dem Dir. Commenda zur Errichtung einer Technik in Linz
sprach. Bericht darüber am 8. März in den Blättern.
Am 22. Febr. schenkte der Magistratsbeamte J. Schneck der
Bibliothek die Erstausgabe von Stelzhamers " Ahnl", am 7. März
Enrica v. Handel-Mazzetti 8 Bde. ihrer Schriften und Dp.
Krackowizer das handschriftl. Reisetagebuch eines Kaufmannes
aus dem Jahre 1810.
Die "Tagespost" vom 11. März beschäftigt sich mit einem Artikel
der Prager Wochenschrift " Deutsche Zukunft" über die Verle-
gung der Hochschulen aus Tschechien u. Cernowitz.
22. März. In der letzten Sitzung der prov. Landesversammlung
Antrag Sadleder betr. eine Technik in Linz.
Die "Tagespost" vom 24. März berichtet über die im Gemeinderat
abgeführte Debatte zur Errichtung einer Technik in Linz und
die Nummer vom 31 .über die Konkurrenz der Innsbrucker.
Am 1. April berichten die Blätter über das wachsende Interesse des
Landes an der Hochschulfrage , und kündigen einen Elternabend
in der Realschule für 5. Apr. an.
Am 4. April besorgte ich für phil.A.v. Eysank in Wien eine
Abschrift der Pilatussage aus unserem Cod.Tqu 11 s. XII. für
ihre Diss. über Grundacker v. Judenburg.
Zu Ostern schenkte Univ-r Prof. Dr. R. Reininger in Linz der
Bibliothek 40 Bde. aus Kunst,Literatur und Geschichte, Landes-
archivar i. R. Dr. P. Krackowizer am 24. April die Hss,
"Arcana varia" und "Unterricht von der Glasmalerei" (18 Jhdt),
Enrica v. Handel-Mazzetti einige Nummern und Bruchstücke der
"Linzer Zeitung" aus den Jahren 1729 u. 1730.
Die "Tagespost" vom 14. Mai berichtet über einen Artikel von
K. Schubert in der "Grazer Tagespost", der sich für die Ver-
legung der Hochschule f. Bodenkultur nach Linz ausspricht,
ein Gedanke, den ich schon längst vertrete.
13. Mai. Landesarchivar Dr. E. Krackowizer spendet eine gleich-
zeitige Abschrift von Kants "Theorie der reinmoralischen Reli-
gion", Prankf. u. Leipzig 1796.
Die Blätter vom 17. Mai berichten über die Präge: Wohnungen
oder eine Technik in der Landwehrkaserne?
19. Mai. Enrica v. Handel-Mazzetti spendet einen Stich "Büßende
Magdalena" (=Mad. de la Valliere) von Wolfgang nach Edelink.
Das "Volksblatt" vom 21. Mai berichtet über die bisherigen
Bemühungen betr. eine Technik in Linz und weisen K 34732.50
Spenden hiezu aus.
27. Mai. Ich kaufte vom Antiquariat A. Lorentz in Leipzig
Kants kleinere Schriften, Linz 1795,-um M 2.- Pür die Beziehungen
unseres Landes zur Kant'sehen Philosophie wichtig.
1. Juni. Das "Volksblatt" berichtet über einen Vertrag des
Prof. Dr. Berger in der "Intelligenz" über Linzer Kulturfragen,
der auch die Bibliotheken berührt, nicht in meinem Sinne.
Die "Tagespost" vom 2., 14., 15., und 30. Juni berichtet wieder
über die Technik. Einmal ist darin auch von der Bibliotheks-
frage die Rede.
Am 11. Juni schenkte HerrJ.Schneck, Magistratsbeamter, Engls
Stelzhamer-Biographie und eine Photographie des Dichters.
Die "Tagespost" vom 5. Juli berichtet, Bischof Dr. Gföllner
habe das Petrinum als Technik angeboten gegen Überlassung der
Ennser Militär-Realschule.
Die Blätter vom 31. Juli, bzw. 1. Aug. berichten über die Ver-
handlung des Gemeinderates betr. meine Eingabe zur Reubau-
Frage.
In der "Heimatkundlichen Beilage" der "Kathol. Schulblätter"
1919/20, Nr 1, spricht Dr. Berger wieder über die Bibliotheks-
frage, diesmal in meinem Sinne.
Am 29. Sept. erwarb ich um K 50.- einen Sammelband mit Schriften
von Melanchthon, Agricola etc.in gut erhaltenem Einband mit
gotischem Beschläge von c. 1530 und 7 Exlibris des 17. u. 18.
Jhdt.
Am 4. Okt. erwarb ich von Gilhofer & Ranschburg in Wien um
K 100.- eine Nummer der "Linzer Zeitung" von 1687 und das
Quadrinoctium Lauriacense von N. Paumgartner, Linz 1618.
In Nr 14 des "Diözesanblattes" erscheinen die Bestimmungen zur
Benützung der Bibliothek durch den Klerus.
Das "Tagblatt" vom 16. Dez. veröffentlicht einen im Landtag ein-
gebrachten Antrag der Sozialdemokraten betr. die Verstaatlichung
der Studienbibliothek.
Am 28. Dez. spendete das Unterrichtsministerium das Prachtwerk
M. Pachers St. Wolfganger Altar von R. Stiassny.
Im Jahre 1919 war die Bibliothek an 244 Tagen geöffnet.
Leser 2653, Entlehner 1695, aus. 4348 Benützer. Im Lesesaal be-
nützt 8551 Bde., entlehnt 4227, von anderwärts bestellt 332.
Der Zuwachs ohne Periodica und OonderaufStellungen beträgt
520 Bde. u. 15 kleine Schriften.
1920
Vom 3* Jan. bis 3 .Febr. mußte die Bibliothek wegen Mangels an
Heizmaterial gesperrt bleiben, vom 4. Febr. an die Benützung
auf Montag, Mittwoch, Freitag vorm, beschränkt werden.
Am 15. Bebr. spendete Oberrechnungsrat L. Berger den fehlenden
2. Hrg. des "Vaterlandsfreundes" und einen interessanten Brief
A. Czernys.
Am 25. Jan. erschien im "Volksblatt" mein Bericht über die
Bibliothek seit Kriegsbeginn.
Am 18. Febr. erhielt die Bibliothek von Dr. Max Scherrer aus
St. Gallen ein Exemplar der von ihm dort 191.9 herausgegebenen
Prachtausgabe von Stifters "Nachsommer".
Am 25. Bebr. veröffentlichte ich im "Volksblatt" eine Erklärung,
warum die Studienbibliothek an die Spitze der Unterrichtsanstalten
gehöre.
Landesarchivar Dr. B. Krackowizer spendete ein Autogr. des aus
der Türkenbelagerung 1683 bekannten Waisenbischofs Kollonitsch,
Frau -^ürgerschuldirektorin E. Hinghofer das Wörterbuch der
Academie francaise, 2 Bde., Grimma und Leipzig 1851.
Am 27. März zwischen 1 u. 1 /2 mittags stahl ein Bursch unsere
vier amtlichen Kundmachungen und verkaufte die Rahmen dem Bilder-
händler Eigl hier um K 60.-
Am Charsamstag veröffentlichte das "Tagblatt" einen persönlichen
Angriff auf mich. Ich wußte sofort, woher der Pfeil kam.
Vom 7. Apr. an war die Bibliothek wieder wie sonst geöffnet.
Am 6. Apr. besuchte der neue Referent bei der Landesregierung,
0. Meiß-Teuffen, die Bibliothek und besichtigte sie in allen
Teilen.
Am 10. Mai Kommunisten-Unruhen in Linz, die Blut kosteten.
Im Juni schenkte ich der Bibliothek über 200 Bde.
Am 2. Juni erhielt ich die Verständigung von der Ernennung
Dr. E. Mayrs zum staatl. Bibliothekspraktikanten.
Am 6. u. 7. Juli besichtigte Hofrat Maurus vom Staatsamt die
Bibliothek und den rückwärtigen Trakt der allg. Sparkasse,
ebenso vom 12.-14. Juli Hofrat Frankfurter von der Universitäts-
bibliothek in Wien.
Am 16. Sept. wurde im Bibliotheksgebäude beim Buchhändler 0.
Sachsperger eingebrochen.
Ich urgierte deshalb bei der Landesregierung die Erledigung
meiner Eingabe vom Mai wegen Wiederanbringung des rückwärtigen
Tores.
Im Sept. kaufte ich aus dem Nachlasse des Gymn.- Dir. Schlauer
eine größere Anzahl germanistischer Werke und eine Partie Schul-
bücher, zus. um K 300.-
Am 22. Sept. erwarb ich Sailers Gebetbuch, München 1789, mit
schönem gleichzeitigen roten Saffian-Einband in reicher Gold-
pressung.
Am 28. Sept. ließ das Salzburger Museum den Kopf des von mir
aufgefundenen ältesten Salzb. Kalenders photographieren.
Am 5. Nov. schenkte SuperIntendant Koch in Gmunden eine Hs.
s. XV. aus Ranshofen, enth. die Summa Raimundi de Pennafort.
Am 20. Dez. schenkten die Ursulinen eine Ansicht Roms von
Chr. Haffner, A.V.
Dr. G. Gugenbauer schenkte seine "Inkunabeln der Graphik", das
Landesarchiv gab im Tauschwege gothaische Almanache und histor.
Werke.
Im Jahre 1920 war die Bibliothek an 202 Tagen geöffnet.
Es wurden im Lesesaal benützt von 2093 Personen 734-6 Bände,
entlehnt von 1867 Personen 4334- "
von auswärts in 103 Fällen_________341 "____
Sonach wurden benutzt von 4065 Personen 12021 Bände.
1921
Laut Bericht des "Linzer Volksblatt" vom 30. Jan. hat der Abg.
Pauly die Erhöhung der Dotation der Studienbibliotheken auf
K 50000.- beantragt.
Die hiesigen Buchhändler planen eine Gesellschaft m.b.H. und
den Ankauf des Bibliotheksgebäudes zwecks Umwandlung desselben
in ein Lagerhaus, natürlich nach Evakuierung der Bibliothek.
Auf Betreiben des Landtagsabg. Berger, eines fanatischen Lehrers,
kam ein Erlaß des U.-M., der die Direktion auffordert,alle
Kreise, denen die Bibliothek irgendwie nützen kann, nach Maß-
gabe der Vorschriften in gleicher Weise zu berücksichtigen.
Als ob das nicht ohnehin geschähe! Gemeint sind die Volks- u. ■
Bürgerschullehrer, die die gleichen Rechte wie die Mittelschul-
lehrer beanspruchen.
Am 18. Febr. kaufte ich aus dem Nachlaß des Domherrn Dr. Mayböck
Führer, Landkarten, Graphica und eine Menge kleiner Obderennsia,
zus. um K200.-
Am 8. März übergab ich den dritten (seit Sommer 1920) der
neuen Kataloge der Benützung durch das Publikum.
2. Apr. Löste von Einbänden ein Inkunabelfragm. (Missale)
und von einem Pariser Druck des 16. Jhdt. Schablonenabdrücke
von Spielkarten.
6. Apr. Heute langte ein Zuschuß von K 50000.- zur Dotation
ein. Ich bestellte die "Kultur der Gegenwart" und das " Hapdl«
Wörterbuch der Naturwissenschaften".
11. April. Bürgermeister Dametz erwiderte meinen Besuch und
sprach von der auf mein Betreiben Ende 1919 im Gemeinderate
beschlossenen Vorlage an den Landtag, die er nunmehr urgieren
wolle.
22. April. Abg. Pauly besuchte mich heute in der Bibliothek
und nahm meine Wünsche entgegen, die ich auch schriftlich über-
gab.
27. April. Im Tauschwege erwarb ich von der Bibliothek des
Petrinums einen Linzer Kalender vom Jahre 1696, einst im
Besitze des Abtes Anselm von Garsten.
q9
Die -A.bg« Dametz, Für u« Genossen brachten im Landtag einen
Antrag aut eheste Verstaatlichung und bessere Unterbringung
der Bibliothek ein.
Am 3. Mai wiederholte der Abg. Berger seinen Antrag betr.
Gleichberechtigung der Lehrer des ganzen Landes hinsichtlich
der Benützung der Studienbibliothek, worauf mich als Sekundan-
ten die Lehrer Abg. V. Müller und Landeshauptmannstellvertreter
Gruber anpöbelten.
21. Mai. Die Neuanfrage des Linzer Führers" Donauperle" von
Pesendorfer tut die "Bibliotheca publica" mit ein paar Zeilen ab
und benutzt auch nicht die von mir zur Verfügung gestellten
Daten.
Gehässige Notizen im "Tagblatt" vom 29. Mai u. 11. Juni lassen
erkennen, daß mich im Kampfe um den akad. Charakter der Studien-
bibliothek die Mittelschullehrer glatt im Stiche ließen.
Besonders taten sich die Professoren Foppa u. Stadelmann hervor.
25. Juni. Prof. Dr. W. Gärtner verlangt in der "Tagespost"
die Schaffung einer VolksLesehalle von-seiten der Gemeinde
und erwähnt auch die Studienbibliothek.
28. Juni. Abreise zum Kurgebrauch nach Karlsbad.
20. Juli. Die "Albertina" in Wien überließ auf mein Ansuchen
zwei Mondseer Blätter als Leihgabe. Dr. G. Gugenbauer spendet
eine alte Photogr. der "alten Post" in Linz.
27. Aug. Ein Lehrer schickt eine Bestellung mit der Adresse
"Bibliotheca studia".
Nach der neuen Besoldungsordnung stehen die Vorstände der
Studienbibliotheken in der 16. Stufe, also niedriger als die
Vorstände des Landesarchivs und des Museums.
5. Okt. Der Landeshauptmann verkündet im Landtag, daß dem Ver-
langen nach dem Benützungsrechte der Lehrerschaft betr. die
Studienbibliothek vom Unterrichtsministerium im weitestgehenden
Maße entsprochen worden sei. Der Erlaß ist aber einfach eine
brutale Vergewaltigung.
Die "Tagespost" vom 6. Okt. berichtet von einer im Entstehen
begriffenen Studienbibliothek und dem Stadtbibliothekar Leop.
Hörmann, der da gewaltig gelobt wird.
In der "Tagespost" vom 8. Okt. regt der Musikschriftsteller
Gräflinger die Errichtung eines Bruckner-Zimmers im Museum an.
Hahe an die bibliothekarische Fachgruppe, der Gewerkschaft in
Wien eine zusammenfassende Darstellung meiner Wünsche und Be-
schwerden geschickt.
29. Okt. Entdeckte beim Katalogisieren der mediz. Dissertationen
die der Dicher Ernst Ereih. v. Feuchtersieben (mit eigenh.
Widmung) und Instinus Kerner.
7. Dez. Das neue Adreßbuch von Linz verzeichnet unter "Büchereien"
Landesarchiv u. Studienbibliothek.
10. Dez. Das von mir beim Maler Höhnel bestellte, aus dem
Regie-Zuschuß bezahlte neue Schild mit der Aufschrift "Öffentl.
Studienbibliothek" wurde heute über dem Tore angebracht, nach-
dem seit 1. Nov. 1918 Adler und Aufschrift gefehlt hatten.
13. Dez. Das "Volksblatt" setzt sich im Leitartikel mit den
Sozialdemokraten über die Studienbibliothek auseinander und
faselt von den jahrelangen Bemühungen für dieselbe Augenaus-
wischerei.
Beim Katalogisieren der alten theol. Literatur fand ich heute
Dürers kleine Passion, 24 Bll., wohl Kopie, in unscheinbarem
Pappband A I 211.
Vom 15.-22. Dez. löste ich, bzw. der zu solchen Arbeiten ge-
schickte Diener, die Kalenderfragmente Kart. 79-82 aus.
Am 29. Dez fand ich Stöffers Kalender, deutsch, Oppenheim 1518,
mit schönen Holzschnitten.
Im abgelaufenen Jahre wurde die Bibliothek an 242 Tagen von
3580 Personen benützt.
Lesesaalfrequenz 2597» Entlehner 1283. Benützt wurden im Lese-
saal 6697, auswärts 3085, aus fremden Bibliotheken 238, zus.
10020 Bde.
Pakete gingen ab 116, liefen ein 87. Zuwachs ohne Periodica
und Sonderaufstellungen: 277 Bde. u. 186 kleine Schriften.
1922
Am 13. Jan. erschien im "Volksblatt" mein Bibliotheksbericht
über die Jahre 1920 u. 1921.
Am 16. Jan. fand sich im Deckel des Buches A III 133 eine Urk.
des Abtes Benedikt II. Eck von Mondsee, vier Bll. eines Salzb.
Missales aus dem Anf. des 16. Jhdt. und ein handschriftl.
Blatt, dessen Schrift wohl noch dem 8. Jhdt. angehört und so-
nach das älteste erhaltene Schriftdenkmal des Landes ist.
Am 20. Jan. löste ich von der Deckelinnenseite der Lyoner Bibel
von 1526 (A V 23) Randleisten eines Wandkalenders aus dem
Anf. des 16. Jhdt. ab und das Exlibris des Pfarrers Wilh.
Hingerl in Strengberg, B. Haag, NÖ.
Am 24. Jan. erschien in der "Tagespost" eine der angeblich zahl-
reichen Beschwerden gegen meine Amtsführung, als deren Urheber
ich den im Bibliotheksgebäude befindlichen Buchhändler Oskar
Sachsberger ermittelte,der aber bloß das Werkzeug eines groß-
deutschen Landtagsabg. war.
Vom Titelbl. der Lyoner Bibel A VII 25 löste ich einen Holz-
schnitt (Dornenkrönung, Anf. des 16. Jhdt.) ab.
Die "Tagespost" vom 25. Jan. stellt die Veröffentlichung weiterer
Beschwerden wider mich in Aussicht. RevolverJournalistik.
Die Blätter vom 27. Jan. berichten über Angriffe des Abg.
Dr. Jetzinger im Landtag auf mich, insbesondere über die infame
Beschuldigung, ich hätte der Bibliothek wertlose Bücher viel
zu teuer angehängt, also "nahezu" einen Betrug am Staatsgut
begangen, jedenfalls aber schnoddrig, schäbig gehandelt. Wahr
ist das gerade Gegenteil.
Am 28. Jan. legte ich im "Tagespost" u. "Volksblatt" dagegen
Verwahrung ein. Trotzdem wiederholte Dr. Jetzinger am 3. Rebr.
im "Tagblatt" seine Beschuldigung, allerdings schon deutlich
auf dem Rückzuge begriffen.
In der Inkunabel A III 117 fanden sich unter dem Deckblatt der
vorderen Deckelinnenseite Holzschnitte in Renaissanceformen aus
dem Anf. des 16. Jhdt., in der Postille Nikolaus de Lyras
A VII 56 ein Exlibris aus dem Anf. d. 16. Jhdt. (Joh. Eck?).
Am 8. Febr. benützte der Geistliche Plenkers aus Freiburg i. B.
für seine Studien über den Ordo monasticus u. Ordensregeln
den Handschriftenkatalog.
Am 17. Feb. erhielt ich die Aufforderung der Landesregierung,
mich wegen der Angriffe des Abg. Dr. Jetzinger zu rechtfertigen.
Am 28. Febr. sandte ich die Rechtfertigung an die Landesregie-
rung.
Univ.-Prof. Dr. Wilh. Kosch schenkt der Bibliothek die "Roman-
tische Jahresrundschau" und einen Neudruck des Taschenbuchs f.
Grabennymphen von 1787.
Am 31. März erhielt ich vom Landeshauptmann Hauser die Verstän-
digung, daß das Finanzministerium der Übernahme des Biblio-
thekspersonals in die Staatsverwaltung zugestimmt habe. Das
ist eine Freudenbotschaft. Der erste Teil meiner Lebensaufgabe
ist erreicht.
Am 2. April suchte ich den Abg. Pauly auf und bat ihn, für
einen Notstandsbau der Bibliothek einzutreten, da die geplante
Unterbringung im Hintergebäude der Allg. Sparkasse nicht zu
empfehlen sei, wenn nicht von der Herrenstraße her ein würdiger
Zugang gesichert werde. Ich machte auf die Gefahren aufmerk-
sam, denen die Handschriften, Inkunabeln, Kunstblätter etc. aus-
gesetzt seien.
Ende März fanden sich in Einbänden wieder zwei Einblatt-Kalender,
des 16. Jhdt., ein Exlibris, Fragmente eines Druckes von Luthers
kleinem Katechismus, 2 Blätter liturg. Charakters aus dem 12 Jhdt.
Sie;:wurden abgelöst.
Das hiesige "Tagblatt" nennt unter den angeblich Geschädtigten
der Krankenkasse " Volksschutz" auch den Diener Eilmansberger
und glossiert das auf S. 2 derselben Nummer (12. Apr.) mit dem
spöttischen Text einer erfundenen Stellenausschreibung. Es ist
die gleiche Quelle, aus der alle Nachrichten von der Studien-
bibliothek stammen.
Vom 18.-25. April arbeitete hier der holländ. Jesuit Speekmann,
der über den Roman "Stephana Schwerter" von E. v. Handel-Mazzetti
schreibt.
Seit 22. März vertritt den beurlaubten Diener Eilmansberger der
Aushilfsdiener J. Danner aus Innsbruck.
Im Mai löste der Diener Eilmansberger unter meiner Aufsicht aus
Buchdeckeln Fragmente einer mhd. Reimbibel s. XIV., eines Ka-
lenders aus dem Beginne des 6. Jahrh., eines geistlichen Lehr-
gedichtes von A. Sommer aus dem 16. Hrh. usw. ab, bzw. aus, im
Juni Kalenderfragmente von 1617 u. 18, Fragmente eines lat.
Calendariums der Diöz. Regensburg s. XII., ein tschechisches
Brevierfragment s. XV, zwei Bauernkalender von 1597 u. 1599,
Inkunabelnfragmente, Handschriftliches. Der Diener fertigte sich
selbst eine Presse an.
Oberbaurat K. Peters spendete am 12. Juni Littrows Vermischte
Schriften, Stuttgart 1846, drei Halbfranzbde.
Am 13# n. 14. Juni benützte Stabsapotheker Zeckert aus Wien den
Handschriften-Katalog und notierte sich daraus Geschichte der
Medizin Betreffendes.
Am 12. Juni schenkte Herr Oberbaurat K. Peters der Bibliothek
Litrows "Vermischte Schriften", 3 Bde., hfz.
Am 20. Juni wurde ein Nürnberger Bauernkalender von 1654 ausge-
löst, ebenso Fragmente von drei Inkunabeldrucken, einem Bauern-
kalender des 17. Jahrh. und einer Bauernpraktik auf das Jahr
1610; ferner Handschriftliches von P.P. Vergerius, Bruchstücke
aus einem prof. Gesangbuch aus dem Ende des 16. Jahrh., aus
einem Einnahmen-Register ües Stiftes Mondsee, 15. Jahrh., ein
Gemeindemandat, Arnberg 1618, betr. das Wildern, und eine Urkunde,
Dingolfing 1508.
Am 6. Juli besichtigte Hofrat Dr. Meder, Direktor der Albertina
in Wien, unsere Bibliothek und Kupferstichsammlung, mit deren
Adjustierung er sehr zufrieden war.
In der "Tagespost" vom 24. Juli hetzt jemand, angeblich aus
Professorenkreisen, in Wirklichkeit aber wahrscheinlich Dr.
A. Oberhummer, ehern. Praktikant an der Studienbibliothek, jetzt
Redakteur der "Tagespost",gegen mich und meine Tätigkeit, um
meine Ernennung zu verhindern.
Am 28. u. 29. Aug. arbeitete hier der GRR. Prof. Dr. Haebler
aus Berlin. Er benützte zwei Stücke unserer'1 Bibliothek und je
eine Inkunabel des Priesterseminars und des Stiftes Schlierbach,
bestimmt auf meine Bitte eine Anzahl Fragmente unserer Biblio-
thek und nahm Abklatsche von Deckelpressungen.
Am 16. Sept. beendete ich die Katalogisierung der theol. Ab-
teilung im ersten Zimmer.
Die Studienbibliothek in Klagenfurt schenkte Ansichtskarten
für die Sammlung "Das Buch" und die Linz betreffende Geschichte
"Der Schulmeister Krachenberger" von F. Kürnberger.
Mitte Sept. begann ich die Katalogisierung der Abt. E. Bis
Mitte Okt. ergaben sich dabei folgende Bunde: Spielkarten aus
der Zeit um 1600, ein Exlibris, ein Bauernkalender des 17 Jhdt.,
ein "Almanach" von 1622, Missalefragmente ( 14 Stücke) aus
der Keit um 1500, ein anderes C12 Bll), viell. ebenfalls In-
kunabel, ein Fragment eines Idturg. Pergamentdruckes, ein Blatt
aus einem Lektionar, Hs. des 12. Jahrh., Rechnungen des 15./16.
Jahrh.
Am 2. Okt. benützte Chorherr Dr. J. Hollnsteiner den Handschrif-
tenkatalog.
In einem Bericht über die Erwerbungen für die Landesgalerie in
der"Morgenpost" (Linz) vom 24.Okt. wird das Museum das einzige
wissenschaftliche Institut des Landes genannt, also die Samm-
lungen der Stifte und der Studienbibliothek existieren nicht.
Ende Oktober fanden sich in Deckeln : ein Almanach auf das
Jahr 1619, aus E IX 49, eine Neue Zeitung über die Schlacht bei
Pisek, Prag 1619, aus E IX 49, eine Practica auf das Jahr 1642
von Kasp. Christmann, Passau [1641], aus E IV 28, ferner ein
Kirchenkalendarium, 1 Bl., aus dem 14. Jahrh., Fragmente eines
Missale (Präfationen mit Noten), Inkunabel.
Heute 30. Okt. brachte der Hofrat Roll einen Bd. von Felix
Dahns Kampf und Rom und 2 Bde. von Querbachs Dorfgeschichten,
alles aus unserer Bibliothek. Er sagte,'er sei abgebaut worden,
und habe die Bände gefunden, als er den Schreibtisch räumte.
Sie lägen schon seit zwanzig Jahren darin, und er wisse nicht,
ob nicht von seinem Vorgänger her. Wieder ein Beispiel dafür wie
unter dem' Kanzlisten Schneidinger umgegangen wurde. Bücher
ohne Schein entlehnt! Bei der Katalogisierung der Abt. E fand
ich mehrere Bände, aus denen ein Exlibris herausgenommen wurde.
Daß das unter Schneidinger und 'mit seinem Wissen stattfand,er-
gibt sich daraus, daß es seine Hand und sein bekannter Tinten-
stift ist, mit denen die auf dem Exlibris gewesene Signatur
eingetragen wurde. Es ist nicht anzunehmen, daß er da nur das
Versäumnis eines anderen nachgeholt hat.
Am 31. Okt. waren die Abt. E und K verzettelt.
Im November ließ ich aus Deckeln auslösen: Buchhändler-Kata-
log, 17. Jhdt., Fragment eines ABC-Täfelchens, 17. Jahrh.,
aus Linz; Fragm. aus einem Werke des Tondichters Blasius
Amon, 16. Jahrh.; Pragm. eines Katechismus, Linz 1677; Nummern
der "Linzer Zeitung" aus den Jahren 1677-80; Beichtzettel der
Stadtpfarre Steyr aus 1680 ff.; vier kostbare Holzschnitte:
Ecce homo, Kolor., niederrheinisch; Marter des hl. Laurentius,
kolor., niederrhein.; Kalender auf das Jahr 1497 mit Anbetung
der Magier als Kopfleiste; Wappen des Papstes Innozenz VIII.
(1484-92), Kolor., wohl aus Basel, ausgelöst aus dem Cod.
Theodosianus, Basel 1528 Aa IV 6). Notiz darüber im "Linzer
Volksblatt" vom 17. Nov. und Bericht an die Landesregierung.
Ferner fanden sich als Deckel-Innenbekleidung des Buches
Vocabularius utriusque juris, Hagenau 1513, ans Mondsee zwei
Stücke eines in Augsburg gedruckten Wanderkalenders auf das
Jahr 1516, nur durch das Wappen verschieden von dem schon früher
gefundenen Exemplar.
Das "Linzer Volksblatt" vom 21. Nov. übernimmt aus dem "Kärntner
Tagblatt" Bemerkungen über das neue Preßgesetz, darunter die
bezeichnende Frage, was eine Bibliothek mit drei Pflichtexem-
plaren von jeder Zeitung tue, ob die Bibliotheken Sammelstätten
für Zeitungspapier seien. Man sieht, daran, daß unbemittelte
Leute in den Bibliotheken die Zeitung lesen können sollen,
denken die Zeitungsherausgeber gar nicht.
Weitere Funde aus Deckeln im Nov.: Dialogus zw. einem Pfarrer
und einem. Schultheißen mit einem Holzschnitt, e. 1520; Teile
eines deutschen Liederbuches mit Noten, 17. Jahrh.; drei Ur-
kunden aus dem 16. Jahrh. und eine HandwerksOrdnung des 17. Jahrh.
(Fragm), Teile eines Bibeldruckes, 15. Jhdt., viell. von Men-
tel in Straßburg, und manches andere.
Deckelfunde im Dezember:Zwei französische Drucke c. 1500 mit
Holzschnitten (aus B6 V 6), die Dedikation eines Linzer Druckes
mit einer für die Geschichte der Linzer Zeitung wichtigen Be-
merkung, deutsche und lat. Notendrücke des 17. Jahrh., Tag-
blatt eines Linzer Schreibkalenders auf das Jahr 1688, mit An-
sicht von Linz, Fragm. eines Ablaßbriefes aus dem 15. Jhdt.,
zwei Blätter aus dem Wolfdietrich (Heldenbuch), Inkunabel;
Blätter aus Rainerius de Pisis, Pantheologia, 15. Jhdt., mit
wichtiger Notiz über den Buchdruck in Gent; einzelne Nummern
der "Linzer Zeitung" etc., endlich Teile der großen Nürnberger
Ausgabe der Werke von Hans Sachs.
Ende Dezember habe ich die Katalogisierung der Abt. Gc been-
det.
In einer Kiste auf dem Gange befanden sich, vielleicht seit
1784, Bücher ohne Signatur und Stempel der Studienbibliothek.
Ihre Durchsicht ergab, daß es teils juridische Wälzer, teils
Werke waren, die man als bedenklich nicht einreihen wollte,
z. B. die Werke von K. P. Sahrdt, Macchiavelli, Hippel, über
die Jesuiten, Kant und Spinoza usw. Ich reihte sie mit roter
Signatur in Aa - Cc, K, E, N und C ein.
Anläßlich der Katalogisierung ließ ich viele Bände, die beschä-
digt oder vom Wurm angefressen waren, vom Diener reparieren.
Der Zuwachs betrug im Jahre 1922 ohne Zeitungen, Zeitschriften
und Sonderaufstellungen 257 Bde.
Leser an 231 Tagen 3021, Entlehner 1283, zus. 4304 Benützer. Be-
nützt im Lesesaal 8691 Bde., 62 Karten, 5 Hss., entlehnt 2712
Bde., von auswärts beschafft 243 Bde. zus. also benützt 11.
646 Bde., 62 Karten, 5 Hss. von 4304 Benützern. Bestellungen
liefen ein 88.
Pakete gingen ab 111, liefen ein 86.
3T
1923
Am 12. Jan. begann ich die Katalogisierung d. Abt. Dd (Medizin).
Es fanden sich mehrere Handschriften und ein schöner Wiener
Einband von 1759.
Herr R. Kislinger spendete am 13. Jan. seine bisher erschienenen
Kunstblätter (44), Landtagsabg. Oberlehrer Th. Berger eine
alte Landkarte.
In der "Reichspost" vom 17. Jan. veröffentlichte ich unter dem
Titel "Aus dem Leben einer Provinzbibliothek" eine Übersicht
über den wertvollen Zuwachs des abgelaufenen Jahres, die zu-
gleich eine Mahnung an die Machthaber sein soll. Sie wird aber
vergeblich sein.
In der "Köln. Volkszeitung" vom 13. Jan. erschien meine erste
Mitteilung über den Genter Bund (Pantheologia).
Am 29. Jan. beendete ich die Katalogisierung d. Abt. Dd (Medizin),
und am 3. Bebr. begann ich mit der Abteilung N, der Katalogi-
sierung bis 17. Bebr. währte.
Unter den Bunden der letzten Zeit ist von besonderer Bedeutung
ein Donat aus S VIII 17 (M. Gatinaria, De curis egritudinum,
Lugduni 1506), 15. Jahrh., und die untere Hälfte eines Salz-
burger Wandkalenders von 1670.
Am 1. März begann ich die Katalogisierung der Abt. G und be-
endete sie am 7. April. Bunde: Kalenderfragmente, Blätter von
Bibelhandschriften des 13. u. 14. Jahrh., Bragm. eines Voca-
bularius ex quo (Inkunabel), zwei weitere Inkunabelbände.
Am 4. April ging an das steierm. Landesarchiv die Handschrift
mit den 20 Traktaten Walthers zur Benützung durch Prof. M.
Rintelen in Graz, am 6. April der Baszikel mit den Gilm-Zen-
surakten an die Universitätsbibliothek in Innsbruck zur Benützung
durch den dortigen Bibliothekar Dr. Dörrer.
Im "Linzer Heft" der Zeitschrift "Bergland" erwähnt der hiesige
"Schriftsteller" Karl Mayer auch die "reichhaltige, ja kost-
bare Bibliotheca publica, die ...fast unbekannt und unbenützt
ist".
Die Brequenz steigt aber beständig. So machen die eigenen Lands-
genossen Stimmung gegen ein Institut!
Denn wer sollte denn etwas tun für eine Bibliothek, die nicht
benützt wird?
Die Akad. d. Wissenschaften in Wien spendete die auf Lorch
bezüglichen Limeshefte»..
Vom 10.-12. April katalogisierte ich die Abt. F, vom 16/IV-
15/V die Abt. L.
Dr. A. Hittmair schenkte seine "Dreienhalb Jahre in russische
Gefangenschaft". Der neue Jahrgang des Österr. Amtskalender
führt die Studienbibliotheken nunmehr vor den Mittelschulen
auf. Ein Erfolg meines bei der Redaktion eingelegten Protes-
tes.
Am 7. teilte mir Hofrat Meiß meine Ernennung zum Direktor mit.
Der pens. Postamtsdirektor Hausleitner spendete ein Glückwunsch-
blatt des Gymnasiums in Garsten zum Namensfeste des Abtes
Konstantin Muttersgleich (1730-47).
Landesarchivdirektor Dr. Zibermayr benützte die Handschrift
Cc I 9 und eine Inkunabel (Jacobus de Vorngine, Legenda aurea)
für seine Wolfgangstudien.
Für die Sammlung der oberösterr. Ortsansichten reklamierte
ich vom Preßverein 50 Ansichtskarten.
im 4. Mai nahm Ing. Hable der Landesregierung alle Räume der
Bibliothek auf und vermaß sie.
Am 7.- Mai heiratete der Beamte Dr. E. Mayr die Tochter Maria
des Dombaumeisters Schlager. Mein Fund des Bruchstücks von
Rainerius Pisanus, Pantheologia, kam auf dem Bibliothekskartag
in Paris und auf dem Historikerkongreß in Brüssel eingehend
zur Sprache.
Von der Nationalbibliothek tauschte ich für 11 Doubletten eben-
soviele Bände der "Biblioth^que Rhombus" ein.
Vom 23.-26. Mai beteiligte ich mich am Bibliothekartag in
Regensburg und trug den namhaftesten deutschen Inkunabelkennern
meinen Rainerius-Fund vor. Die erhaltenen Gaben (Almanach der
deutschen Musikbücherei auf das Jahr 1923» ein Führer durch
Regensburg, Walther, Die Bücheri eines Deutschen, zwei Repro-
duktionen, mehrere kleine Schriften) schenkte ich der Biblio-
thek.
3«?
Das Landesarchiv (Dr. Straßmayr) benützte die 2. Aufl. der
Topographie Oberösterreichs von Vischer, ein Unikum.
Am 28. Mai besichtigte Bibliothekar Dr. Basler in Freiburg
i. B. unsere Studienbibliothek in allen ihren Teilen, am
29. Prof. Dr. Smital von der Nationalbibliothek in Wien.
Am 4. u. 5. Juni habe ich in Wien bei den maßgebenden Stellen
neuerdings die Raum- \md Personalfragen unserer Bibliothek
urgiert.
Am 11. Juni schenkte Domherr Fl. Oberchristi 53 Bücher und
kleine Schriften oberösterr. Herkunft, am 12. Juni die Baronin
N. v. Üxküll 3 Schriften.
Am 19. Juni spendete Rechnungsdirektor Leop. Berger den 1. Bd.
von Kosels Deutschösterr. Künstler- und Schriftsteller-Lexi-
kon.
Während des Wahlkampfes schrieb das hiesige sozialdemokr.
"Sagblatt" vom 24. Juni: Und wir setzen uns ein für den Bau
des Realgymnasiums, sind aber ebensosehr interessiert an dem
Bau des Handelskammergebäudes, des Bureauhauses, eines neuen
Theaters und der ordentlichen Unterbringung der Studienbiblio-
thek. -Von einem Neubau ist da, wie man sieht, keine Rede mehr.
Das ganze Gerede ist ja nur zum Schein. Die anderen Parteien
schweigen wenigstens.
Am 28. Juni schenkte uns die Universitätsbibliothek in Wien:
Pauker, Nanette Wolf, u. Fadrus, Unser Donautal.
Am 2. Juli langte vom Buchhändler 0. Sachsperger eine Rechnung
über K 302. 096 für aufgelaufenen Wasserzins, Kehricht- u.
Beleuchtungsbeitrag mit der Drohung ein, im Falle weiterer
Säumigkeit der Landesregierung in der Begleichung der Bibliothek
vom 15. Juli an das Wasser zu sperren und den Kehrichtkübel
wegzunehmen. Ich legte die beiden Schriftstücke der Landesre-
gierung zur weiteren Veranlassung vor und machte neuerdings
darauf aufmerkasam, daß die Auffassung der Bibliothek als einer
Partei, die aber keinen Zins zahlt, zu verhängnisvollen Kon-
sequenzen führen müsse.
Die Leitung des Generalkatalogs der Wiegendrucke bei der Preuß.
Staatsbibliothek in Berlin ließ sich unseren Almanach auf das
Jahr 1483 (Passau?) zusenden.
Mit Zuschrift vom 4. Juli wu^de mein Ansuchen um Überlassung
der von Gilm herrührenden Zensurakten von der Landesregierung
abgewiesen und der früher im kurzen Wege ausgefolgte Faszikel
abverlangt. Dahinter steckt natürlich das Landesarchiv und
Präsident Attems geruht wie immer die Bibliothek zurückzu-
setzen.
Im Juli spendete das Volksbildungsamt in Wien sämtliche bisher
erschienenen Bändchen seiner "Hausbücherei" und der "Führer
für Volksbildner".
Am 17« Aug. besichtigte Hofrat Dr. Schnerich, em. Oberbiblio-
thekar der Univ.-Bibl. in Wien, die Bibliothek.
Das Unterrichtsministerium spendete Drerups Homerische Poetik
in 2 Bdn.
Am 1. itug• erschien tatsächlich ein Bevollmächtigter des Stif-
tes mit einem Installateur, um die Wasserleitung abzusperren.
Es wurde Bezirkshauptmann Kohlert geholt, ein Protokoll auf-
genommen und die Maßregel bis 1. Sept. vertagt.
Am 31. Aug. hatte ich eine Audienz beim Bundeskanzler J. Seipel
in Wien. Ich verlangte die Einräumung des 2. Stockes oder meine
Pensionierung, bzw. anderwertige Verwendung. Es ist die letzte
Karte, die ich ausspielte. Ich bleibe bei solchen Zuständen
nicht mehr länger an der Bibliothek. Es fehlt nicht an Ver-
sprechungen, aber man wird ja sehen.
Im Sept. löste ich vom Einbande der Druckschrift 0 II 43 zwei
Blattfragmente eines Druckes von Schöffer (Dekretalen?),
c. 1475- Bibeltype von 1462.
Am 12. Sept. kaufte ich von Dr. G. Gugenbauer 40 Bände um
K 1,845.000.-Es sind Werke aus dem Gebiete der Kunst, Philo-
sophie und Literatur.
Im September übergab ich die neuen Kataloge: Nachschlagewerke,
Sprach- und Literaturwissenschaft, Rechts- u. Staatswissen-
schaften dem Gebrauche des Publikums.
Weitere Funde: deutsche u. französ. Spielkarten.
Vom 27. Aug. bis 25. Sept. katalogisierte ick die Abt. 0. Herr
B. M. Speekman S. J. in Nymwegen schenkte am 27. Sept. einen
SA. seiner Besprechung des Romans "Ritas Vermächtnis" von E. v.
Handel-Mazzetti.
In der Hummer vom 27. Sept. schreibt A[lois] 0[berhummer], der
neugebackene Sozialdemokrat und Redakteur des "Tagblatt",
in seinem Organ über die "Linzer Studienbibliothek", hält sich
offenbar für berufen dazu, weil er einige Zeit Hilfsbeamter
an der Studienbibliothek war, wo er aber nur den Entlehnverkehr
besorgte, im übrigen unbrauchbar war.
Am 4. Okt. richtete ich an die OÖ. Landesregierung das Begehren,
den Beamten zu ermitteln, der dem Abg. Dr. Jetzinger Kenntnis
und Abschrift der Rechnung verschaffte, die er zum Gegenstand
einer im Landtag am 25. Jan. 1922 erhobenen infamen Beschuldi-
gung machte.
Im Okt. löste der Amtsdiener Eilmansberger auf mein Geheiß
und unter meiner Aufsicht aus:
Bruchstück (unteres Ende) eines Wandkalenders (Nürnberg, A.
Dyan c. 1520) aus P II 25 (aus Mondsee); das Buch enthält M.
Qualla, Parvulus philosophic naturalis, Hagenau 1513; ein
Exlibris C. H. aus dem 16. Jhdt., einen Lagerkatalog eines
Wiener Buchhändlers aus dem Anfang des 17- Jhdt. aus 0X6
(S. Serlius, Architektur, 0.0. 1558), ferner 26 Blattfragm.
mit Not;®11 aus der Zeit um 1500, entnommen S II 52 (Joh. de
Vigo, Practicain chirurgia, Lugduni 1516), vermutlich aus Mond-
see, endlich 32 Blattfragm. aus einem Bibeldruck (Inkunabel),
entnommen P II % (Th. Zwinger, Methodus rustica, Basileae,
16. Jhdt.).
In der Abt. 0 fanden sich beim Katalogisieren zwei Handschrif-
ten, die eine aus dem 16., die andere aus dem 17. Jahrh.
Im Oktober löste .ich aus: einen Einblattdruck., "Wie nutz der
Pryd den Menschen sey, zeigt zum teil an der Spruch gantz
frey", Augsburg 1607. Gedicht von 52 Versen; von P I 33 ein
liturg. Bruchstück auf Perg., 12. Jhrh., mit Meumen, 2 Blatt-
fragm. einer deutschen Inkunabel und 7 Blattfragm. eines
deutschen Bibeldruckes aus dem 15. Jahrh. von S III 139» 12
Blattfragmente mit Noten(Italien. u. französische Lieder,
einige mit den Namen Hotteman und Lambert) von S IV 101, 17.
Jahrh., eine Notariatsurkunde italien. Herkunft (1567 Venedig?)
von S III 153» ein Blatt aus einem Kalendarium mit Rubriken,
14. Jahrh., Pergam., von S III 140, sechs Blattfragm. eines
Ordo monachicus, Pergam., 14. Jahrh., 1 Blatt aus einem großen
Chorgesangbuch (Antiphonarium?), Pergam., 15. Jahrh.
Am 16. Okt. teilte mir der Buchhändler Sachsperger mit, daß
er neuerdings die Wasser- und Kehricht-Sperre für die Biblio-
thek angeordnet habe (ab 1. Nov.), weil er von der Regierung
nooh immer seine Gebühren nicht bekommen habe.
Pür 164 Doublettenstücke gab die Universitätsbibliothek in Wien
20 Bände medizinischer Werke, fast alle Halbfranz, von Dr.
Gugenbauer kaufte ich neuerdings 3 Bde. um K 150.000.-
Baronin E. Handel- Mazzetti spendete die neue Aufl. der "Armen
Margaret".
Vom 28. Sept. bis 6. Okt. katalogisierte ich die Abt. P, vom
8.-27. Okt. die Abt. S.
Im Okt. ausgelöst aus S IV 97 das Exlibris eines Stiftes (16.
Jhdt.) auf Braunauer Papier, 2 Blattfragm. einer deutschen Mysti-
ker-Handschrift s. XV., u. einen Augsb. Wandkalender von 1627.
Domherr El. Oberchristi spendete einen alten Sammelbd. (Gebet-
buch u. Lieder), einen Linzer Sachkalender auf das Jahr 1871
und eine Photographie von Wolfseck.
Am 29. Okt. erhielt die Bibliothek im Tauschverkehr von der Wie-
ner Universitätsbibliothek abermals 4 mediz. Werke.
Am 3. Nov. erhielt die Bibliothek ein eigenes Postfach (nr. 53).
Weiterer Zuwachs aus Bücherdeckeln: 2 Bll. einer jurid. Hs.,
2 Blatthälften einer historischen Hs. des 13. Jahrh., erstere
von S VI 12, letztere von T V 12; "Newe Zeitungen auß Nider-
land" von 1578, eine "Newe Zeitung auß Hungeren von Ofen unnd
Pesst" (16. Jahrh.), mit einer kolorierten Ansicht von
Budapest, ein Elugblatt über einen Kometen vom J. 1577» alle
drei aus T7 IV 27.
Baronin Handel-Mazzetti spendete die neueste Aufl. ihrer
Stephana Schweriner (3 Bde.).
26. Hov. Ein Oberst Ing. Herrn. Hoernes beschädigte den 1. Band,
von Überwegs Grundriß so, daß ich ihn zum Ersatz verhielt, wo-
rauf er sich bei der Landesregierung beschwerte. Er wollte nicht
zahlen und beschimpfte mich, leugnete es dann keck ab. Statt
nun die Beschwerde dieses feinen Herrn glatt abzuweisen, mischte
sich der Herr Landeshauptmannstellvertreter Langoth ein und ließ
an mich die Zumutung stellen, die Sache einvernehmlich zu ord-
nen. Ich lehnte das natürlich rundweg ab. Politisierung der Ver-
waltung !
Dr. Karl Preih. Auer v. Welsbach auf Schloß Welsbach in Kärnten
spendete am 15. Dez. eine Schrift seines berühmten Vaters Alois
v. Auer.
Heue Funde in Bücherdeckeln im Hov. und Dez.: 2 Bll. eines Kir-
chenkalenders auf Pergament, 14. Jahrh. (aus W V 37), weitere
8 Pragm. eines Ordo monachicus (W V 19), 9 Blätter u. Pragm.
einer lat. Bibelhandschrift des 11. Jahrh., 10 Blattfragm. eines
Schöfferdruckes (W III 7), und 8 Blattfragmente eines Missales
( wohl nach 1500) aus S V 50.
Die Studienbibliothek in Klagenfurt spendete am Ende des Jahres
Steindl, Verkehrsgeographie, die UB. in Graz 10 Bde. der
"Deutschen Rundschau" (1895-97, 1903-11).
Vom 29. 0kt.-31. Dez. katalogisierte ich die Abteilungen T, U,
V, W, X, Y. Erheiternd war bei dieser Arbeit folgender Fall:
die Schrift Nova quaestionis solutio, nämlich wie lang die Welt
revera gestanden sey, von„M. v. Eytzing (0 I 108) trägt in uhö
serem alten Katalog den Titel: Hova etc., wie lang die Stadt
Revera gestanden sey. Da nicht anzunehmen ist daß der Krems-
münsterer Professor, der das Inventar auf Zetteln anlegte, das
verbrochen hat, muß man schließen, daß hier eine geniale Konjek-
tur des Bibliothekschreibers ßhristlbauer vorliegt.
Im abgelaufenen Jahre 1923 gestaltete sich die Benützung der
Bibliothek folgendermaßen:
Leser 3456, Entlehner 1452, somit 4908 Benützer. Benützt wurden
im Lesesaal 9814 Bde., entlehnt 2531 Bde., von anderen Biblio-
theken bestellt 238 Bde., zus. also 12.383 Bde. Dazu kommen:
4 Karten, 1 Handschrift und 3 Inkunabeln.
Pakete gingen ab 109, liefen ein 65.
Der Zuwachs betrug 267 Bde., dazu 103 Bde. periodischer Schrif-
ten, 1 alter Sammelbd., 10 Musikalien und 148 kleine Schriften,
zusammen 529 Einheiten, ohne Sonderaufstellungen.
Leider kamen heuer drei Diebstähle im Lesezimmer vor; entwendet
wurden die Bibliographie des österr. Unterrichtswesens von
Strakosch-Grassmann, von der nur mehr das 2. Heft aufzutreiben
war, der Abriß der Stiftsgeschichte Reichersbergs von K. Meindl,
die der gegenwärtige Propst auf meine Bitte ersetzte, und ein
Heft von Dinglers Polytechn. Journal. Letzteres verkaufte der
Dieb dem Buchhändler Korb und dieser war dadurch in der Lage,
das von mir nachbestellte Exemplar innerhalb drei Tage zu lie-
fern! Auf meine Frage, wie das so schnell gegangen sei, meinte
er, die Lieferanten seien sehr ungleich, manche schnell,
manche langsam. Eine solche Dickfelligkeit zeigen die hiesigen
Buchhändler. Der Mann mutut mir also zu, ihm zu glauben, daß
er ein Heft innerhalb drei Tage vom Verleger beschaffen könne,
wo man sonst auf alles die längste Zeit warten muß.
*•« S"
•1924
Am 4. Jan. besichtigte Universitätsprofessor Arnold von Wien
die Bibliothek. Am 5« Jan. beendete ich die Katalogisierung der
Abt. Y.
Am 8. Jan. war nach siebenjähriger Arbeit die Bibliothek in ihren
Beständen neu aufgenommen, mit Ausnahme der Kapelle. Laus tibi
sit Christe, quod explicit labor iste!
Am 17- Jan., die "Tagespost" in kleinstem Druck an verstecktem
Orte am 18., brachten die hiesigen Tagesblätter meinen Jahres-
bericht über 1923.
Aus Y VIII 25 abgelöst: Joh. Schülin, gründlicher Bericht -und
außführliche Beschreibung von den himlischen Constitutionen etc.
in dem Jahr 1599» Nürnberg [1598]; G. Henischius, Practica« auf
das Jahr 1603; Ders., Practica auf das Jahr 1604. Unvollständige
Exemplare.
Heute, am 18. Jan., waren zeitweise 14-20 Personen im Lesesaal
(normal 10 Sitzplätze!).
Von feindseliger Seite wurde schön bemerkt, die Studienbibliothek
sollte mehr nach außen sich bemerkbar machen, also Reklame trei-
ben, aber das ist ..unmöglich bei diesen Verhältnissen. Ein Lese-
saalbeamter, der auch den Außenverkehr zu besorgen hat, und ein
Diener,der keine Aufsicht führen kann, weil er fortwährend um
Bücher laufen muß! Da würde nach Noten gestohlen.
Das Nötigste sind andere Räume und um je einen Beamten und Die-
ner vermehrtes Personal. Die Universitätsbibliothek in Graz spen-
dete 21 Bde. der Deutschen Rundschau und der Mitt. des naturwis-
senschaftl. Vereins f. die Steiermark, ferner einen SA. von Khull,
die Buchhandlung Steurer Günthers Rassenkunde, die Universitäts-
bibliothek in Wien 11 Bde. medizin. Werke, die Studienbibliothek
in Salzburg 13» Bde. Zeitschriften, UB. Graz"Neue Freiheitslieder"
1843.
Am 18. Jan. begannuich die Bestände in der Kapelle zu inventa-
risieren, am 20.Jan. legte ich das in wochenlanger Arbeit alpha-
betisch geordnete Zettelmaterial der Schränke A-Z in 13 Kasset-
ten ein. Dr. Fritz Horzeyschy spendete am 4. Febr. 12 Bde. älterer
Werke, Domherr Fl. Oberchristi einen Band Predigten von Graser.
Q 6
Am 13» Febr. erfolgte auf meinen Wunsch von Seite des Baude-
partements eine Untersuchung des baulichen Zustandes der Bib-
liothek, die ein Bild zunehmender allgemeiner Verwahrlosung und
Bedenklichkeit ergab. Ich wies auf die Gelegenheit des Staates
hin, sich bei der Veräußerung der Trainkaserne-Gründe für einen
Bürobau selbst einen Flügel für die Bibliothek zu sichern.
Am 15. Febr. fanden sich im Deckel von W VII 54- vom Jahre 1583
Spielkarten-Vordrucke aus dem 16. Jahrhundert.
Seit 1. Febr. erhält die Bibliothek auf mein Ersuchen ein Frei-
exemplar der amtl. "Wiener Zeitung", seit Okt. 1923 auch die
"Statistischen Nachrichten".
Am 18. Febr. schenkte Herr Hofrat H. Gabriel von der Landesrat-
gierung 13 Schulzeugnisse des hiesigen Jesuitengymnasiums aus
den Jahren 1770-75» darunter eines von dem bekannten Literaten
W. Heinze unterfertigt.
Am 13. Febr. langte eine Kiste der Universitätsbibliothek in
Wien mit medizinischen Werken ein. Dieses noble Geschenk umfaßt
89 Bde. und 18 kleine Schriften; es füllt eine empfindliche Lük-
ke aus, die wir aus eigener Kraft niemals hätten beseitigen kön-
nen. Einige Bände sind durch Bildnisse oder eigenhändige Wid-
mungen berühmter Männer der Wiener medizinischen Schule ausge-
zeichnet, die meisten auch schön gebunden.
Am 25. Febr. spendete Dr. Fritz Horzeyschy abermals 14 Bände
ältere Literatur, am 26. Febr. M. Behacker in Salzburg die
Schrift Behackers über die Geschichte des Volks- u. Bürgerschul-
wesens in Salzburg.
Am 1. März bestellte ein Bürgerschuldirektor Hereus, die Drachen-
höhle. Gemeint ist der Zeitschriftenaufsatz von Hoernes über
die Drachenhöhle bei Mixnitz in Steiermark.
Derlei Rätsel habe ich öfter aufzulösen, andere schmücken sich
dann mit meinen Federn und bedanken sich nicht einmal.
Am 11. März widmeten Dr. G. Gugenbauer eine Photogr. des Bildes
der Familie Enzmüller von Windhag (1656) im Landesarchiv, das
Brigadekommando ein Exemplar der Sondernummer "Das österr. Bun-
desheer", am 14. März Dr. Gugenbauer eine Photogr. des Schlosses
Windhag.
Am 15« März fand eine von mir veranlaßte baupolizeiliche Unter-
suchung des Bauzustandes des Hauses Landstraße Nr. 30 statt,
die das Ergebnis hatte daß wegen der infolge der enormen Über-
belastung der Bibliotheksräume entstandenen Bauschäden die Bib-
liothek entfernt werden muß und auch nicht mehr hinein darf,
da ja die Schäden nur immer größer würden. Ich war dabei Vertre-
ter des Unterrichtsministeriums und der Bibliothek. Der Abt von
Kremsmünster gab zu Protokoll, daß das Stift für die Schäden
nichts könne und daher auch nicht zahlen werde. Eine Abschrift
des Protokolls liegt bei den Akten.
Am 18. März langte als Geschenk vom Böhmerland-Verlag in Eger
ein das Böhmerland-Jahrbuch f. 1924.
Am 19. März beendete ich die Verzettelung der in der Kapelle
aufbewahrten Druckschriften und legte die Zettel ein. Es sind
noch die Handschriften und Inkunabeln zu revidieren.
Am 24. März erhielt die Bibliothek von UB. Graz als Geschenk
23 Bde. der Entscheidungen des obersten Gerichtshofes, 6 Bde.
Zeitschriften und 2 Bde. der Veröffentlichungen des Hamburger
Ausland-Instituts.
Am 4. April hatte ich die erste Besprechung mit dem Hauptmann
Vilh. Gruß, dem Vertreter eines großen Baukonsortiums, auf den
mich Hofrat H. Gabriel aufmerksam gemacht hat, wegen des Neu-
baues der Studienbibliothek. Am gleichen Tage traf die Verstän-
digung des Bauamtes von dem an das Stift Kremsmünster ergangenen
Auftrag wegen der Räumung der Bibliothek ein.
Am 7. April erhielt die Bibliothek von der Wiener Universitäts-
bibliothek 22 Bde. Zeitschriften,darunter 3 mit der Zusicherung
der Fortsetzung, und 6 andere Druckschriften, am 9. April aus
Italien 4 Schriften.
Am 9» April fand von 11-1 ' 2 Uhr in der Landesregierung bei Hof-
rat Meiß-Teuffen eine Sitzung statt, an der teilnahmen: Meiß-
Teuffen, Eigl, Materna, Kräh, Skutetzky, Schiffmann. Es wurde
beschlossen, den formellen Rekurs gegen die Bestimmung der Bau-
behörde zu ergreifen, daß die Belastung in der Bibliothek die
eines normalen Zimmerbodens nicht überschreiten dürfe, die not-
wendigen Pölzungen der Fensterböden vornehmen zu lassen und am ,
11. April neuerdings eine Sitzung abzuhalten, zu der der Abt
von Kremsmünster einzuladen ist. Diese Sitzung fand aber erst
am 15. April statt. Es wurde beschlossen, daß sowohl Landesre-
gierung als auch das Stift gegen den Auftrag der Baubehörde den
Rekurs ergreifen, d@.ß zur Sicherung gegen unmittelbare Gefahr
für die Bibliothek die Landesregierung die Pölzung der Fenster
vornehmen lassen werde und daß die Frage der Räumung vorläufig
offen zu lassen sei. Dagegen wird die Schließung der Bibliothek
für den Parteienverkehr mit 1. Mai angeordnet. Der Abt von
Kremsmünster lehnte jede Zahlungspflicht ab.
Herr Staatsapotheker 0. F. Zekert in Wien spendete einen SA.
Vom 22.-24-, Appü bolzten zwei Zimmerleute 8 Fenster und drei
Türen der Bibliothek, wobei sich abermals zeigte, wie schlecht
das Mauermaterial bereits ist und wie sehr die Mauern nachgeben.
Die Zeitungen am 23. April bringen eine amtliche Kundmachung
betr. die Schließung der Bibliothek.
Ich richtete ein Schreiben an den Minister, worin ich ihn bat,
anläßlich seiner Anwesenheit beim Domweihfeste auch die Biblio-
thek zu besuchen.
Am 24. April kaufte ich einen großen Holzschnitt (Domturm) von
Wunder um K 50.000,-
Am 26. April langten im Tauschwege von der Bibliothek der Wiener
Handelskammer erworbene Werke (23 Bde. und 8 kleine Schriften)
volkswirtschaftlichen Inhaltes ein.
Die "Linzer Morgenpost" vom 26. April bringt unter der Rubrik
"Was muß der Fremde von Linz wissen?" folgende Notiz: Bibliotheca
publica, Landstraße 30, enthält die Bücherschätze der aufge-
hobenen Klöster, über 3o.ooo Bände. An Wochentagen von 9-/l2 und
von 2-4 Uhr geöffnet; Donnerst, nachm, geschlossen.- Jeder, der
das liest, muß annehmen, daß diese Bibliothek eine mumifizierte
Sammlung vorwiegend theologischer Literatur, vulgo alter Schwarten,
ist. Trostlose Geistesverfassung!
Am 29. spendete Herr G. Gugenbauer die Photographie nach Beut-
lers Karte des Machlands (aus Merian).
Am 30. April, denn.Vortrag des Domweihfestes, wurde die Studien-
bibliothek für den Larteienverkehr bis auf weiteres gesperrt.
Am selben Tage besichtigte zwischen 5 und 6 Uhr abds. Unterrichts-
minister Dr. Schneider in Begleitung der Herrn Sektionschef Dr.
Loebenstein, Hofrat Meiss u. Sekt.- R. Dr. Pertner die Bau-
schäden der Bibliothek und versprach Abhilfe. Vorm, war eine
Deputation von Benützern bei der Landesregierung.
Am 2. Mai langten als Spende der HB. Wien 7 Blatt Lit°SI>aPD-ien
ein, von denen 6 Oberösterreich betreffen.
Im neuesten Führer durch Linz von 0. Oherwalder ist auf S. 59
die Studienbibliothek mit folgenden Worten abgetan: Im ersten
Stockwerke befindet sich die öffentl. Studienbibliothek (gegr.
1774); sie besitzt außer zahlreichen Inkunabeln und Kunstdrucken
gegen 40000 Bände.- Noch oberflächlicher könnte man als akade-
misch gebildeter Mann nicht schreiben!
In der Nr. 1G2 vom 3. Mai schreibt Dr. Höft in der Linzer
"Morgenpost" eine Notiz über die Schließung der Studienbibliothek,
ziemlich oberflächlich. Er verwechselt die Zahl der Benützer
mit der der benützten Bände, übertreibt die der Zahl der in der
Studienbibliothek vorhandenen Bände und malt den Abkauteufel an
die Wand.- Der Mann hatte die Keckheit, von mir Honorar zu ver-
langen.
Am 6. Mai brachten die hiesigen Blätter meinen Bericht über den
Ministerbesuch.
Der von Prof. Dr. Hans Commenda in 5. Aufl. bearbeitete Führer
durch Linz tut die Bibliothek in zwei Zeilen ab. (S. 78)
Am 8. Mai besuchte mich Abt Czerny in der Bibliothek und erbat
meinen Kat. Ich erörterte alle Möglichkeiten und empfahl ihm
den Verkauf des Areals Landstraße 30 und Ablösung des Servi-
tutes aus dem Erlös. Er war einverstanden, äußerte aber die
Besorgnis, das Kapitel werde darauf nicht eingehen wollen.
Am 19. Mai trafen 13 Bände ein, die ich von der Nationalbiblio-
thek in Wien im Tauschweg erwarb, am 27. Mai 28. Bde. und 13
kleine Schriften von der Handels- und Gewerbekammer in Wien als
zweite Gegengabe.
27. Mai. Mittelschullehrer und Volksbildungsfabrikanten schwängern
schon die Luft mit Gerüchten über angeblich in Wien beabsichtigten
Aufbau der Studienbibliotheken, Umwandlung in Volksbibliotheken
u. dgl. Wie jener Mann, der vor der Ruine seines Hauses jammert,
aber selbst den Brand gelegt hat! Der Abt von Kremsmünster
schrieb mir gestern auf Anfrage, er habe sich vorher noch an
den Unterrichtsminister gewendet und den Rekurs gegen den Auf-
trag der Baubehörde ergriffen. Also wieder die Taktik des Hinaus-
ziehnsi
Am 30. Mai langten von UB. Innsbruck 8 Bde. ( Jahrb. d. Mittel-
schulen, Mitt. d. naturw. Vereins d. Steiermark.) als Geschenk
ein.
Sr
Am 2. Juni war ich im Unterrichtsministerium, wo ich den Sek-
tionschef Maurus für einen Neubau zu gewinnen suchte. Da aber
vorher Hofrat Meiß die Not der Bibliothek für die Durchsetzung
eines Neubaus des Realgymnasiums ausgenützt hatte, war das
nicht leicht. Ich erklärte aber,ich würde auf keinen Ball in
das ehern. Versatzamt einziehen, und legte dar, daß ein Neubau
finanziell durchführbar sei. Der Sektionschef forderte mich
daraufhin auf, ihm einen Brief zu schreiben um auif dieser Grund-
lage den Minister in geänderter Richtung informieren zu können.
Das tat ich denn auch, hoffentlich mit Erfolg.
Am 20. Juni schenkte Brau Bankdirektorsgattin B. Czerwenka
12 Bde. (Buch der Erfindungen u. Beckers Ingenieur-Wissenschaft),
Herr Oberstaat.sbahnrat Dr. E. Brosch 54 Bde. und 7 Broschüren
militärischen Inhalts, Oberbibliothekas Dr. Heinr. Uhlendahl
an der preussischen Staatsbibliothek in Berlin die Schrift
"Als wir jüngst in Regensburg waren".
Am 23. Juni erklärte ich der Landesregierung, wegen innerer
Betriebsschwierigkeiten in den gegenwärtigen Räumen die Bib-
liothek nicht mehr öffnen zu können.
Am 1. Juni hörte ich, daß der Dombaumeister M. Schlager von
der Landesregierung aufgefordert worden sei, über die Kosten
einer event. Restaurierung des Gebäudes einen Voranschlag ein-
zureichen.
Im Juni fanden sich gelegentlich der Ausbesserung eines schad-
haften Bandes (R V 28): ein Salzburger Wandkalender von 1538
i^Nürnbg., Hans Goldmund) und das Bragment Bebruar, März, Juni,
Juli eines zweiten, der aus 1527? 1538 oder 1549 stammen kann,
aber vermutlich ebenfalls dem Jahre 1538 angehört, ein Exlibris
des 16. Jahrh., ein satirisches Blugblatt aus der Zeit der
Reformation mit koloriertem.'Holzschnitt, und ein Eragm. aus
einem Bastnachtsspiel; im Deckel von G III 49 ein Wandkalender
auf das Jahr 1610 (Augsburg. Val. Schönigk), in M IV 111/112
Bragmente eines Schreibkalenders mit Linzer Lokalnotizen vom
J. 1624, eines Neuen Bränkischen Craiß-Calenders von 1692 und
ein Musikstück mit beziffertem Baß (17* Jahrh.). Weiter fanden
sich in Deckeln: ein Bragment des Wiener Druckes Judicum
astronomicum Viennense in annum 1536 von Joh. Vögelin und ein
paar andere Bragmente geringerer Bedeutung, in M III 2 vierzehn
S'i
Fragmente einer Inkunabel, als Einbandbekleidung zwei Pergament-
Doppelblätter (liturg. Texte mit Noten), 14. Jahrb.
Der pens. Bürgerschuldirektor F. Brosch gab soeben bei Hart-
leben in Wien einen Führer durch Oberösterreich heraus, dessen
Angaben über die Studienbibliothek sich würdig an die Behand-
lung dieses Institutes in den Führern von Commenda und Ober-
walder anreihen. Ich machte das Landesreferat f . Volksbildung
darauf aufmerksam.
Am 7. Juli trafen von der Nationalbibliothek 6 Bde. "Compaß" als
Geschenk ein, am 10. Juli Kraus-Brugsch, Spez. Pathologie u.
Therapie, Lfg. 296-404; Kraus- Uhlenhuth, Mikrobiol. Technik III,
Handbuch der biol. Arbeitsmeth., Lfg. 75-125; Österreich- Bücherei,
Nr 1-9; Zeitungs-Katalog I924;0hem.- techn. Bibi. 30 Bde. u.s.w.,
zusammen 243 Hde.
Am 12. Juli erwarb ich aus dem Nachlaß des Schriftstellers Karl
Pitlik von dessen Witwe um K 500.000 ein Stammbuch mit Eintra-
gungen bedeutender Schriftsteller und Schauspieler.
Im Juli kämmen im Einband von R VII 26 zwei Suiten holländische
Spielkarten aus der Mittendes 16. Jahrh. zum Vorschein, im Ein-
band von G II 33 ein Bruchstück eines prot. Gesangbuches, 16.
Jahrh. In der Sitzung des Gemeinderates vom 18. Juli brachten
die Sozialdemokraten, durch den Lärm, den die Wiener Blätter
ihrer Richtung kürmlich gemacht haben, aufgescheucht, die An-
gelegenheit der Studienbibliothek unter dem Vorwand der Rekurs-
behandlung zur Sprache. Den Rekurs haben sie aber schon lange
erledigt, und man zog ihn an den Haaren herbei, um doch öchaden-
halber auch etwas Offizielles zu sagen. Der Bürgermeister, ganz
im Schlepptau des Hofrates Meiß und dessen Schlauheit nicht
durchschauend, sprach sich für die Unterbringung der Bibliothek
im Hintergebäude der Sparkasse aus! Das will ein Bürgermeister
sein! Findet die Räume dort ganz geeignet, er, der Schriftsetzer!
Eine ganz unerträgliche Hochstapelei. Die Zeitungsartikel in
den hiesigen Blättern über den Gegenstand verraten eine völlige
geistige Impotenz. In der "Reichspost vom 24. Juli bemüht sich
jemand, die Aufmerksamkeit des Stiftes auf die Advokaten zu
lenken.
In schlechten Einbänden fanden sich wieder: zweierlei Spielkarten,
eine davon aus Preußen 1572 ( in einem Görlitzer Drucke AVI 8),
ferner in C V 46 Fragmente eines Kalenders, auf das Jahr 1907
und eiries zweiten vielleicht desselben Jahres, eine Mondseer
Urkunde von 1541 und ein Bruchstück eines an den Buchbinder
Wolfsperger in Linz gerichteten Schreibens betr. Bücherwünsche
(17. Jrh.), in L VI 111 Brieffragmente historischen Inhalts
aus der Zeit Tim 1520-30; im Deckel von M III 17 außer verschie-
denen anderen Kalenderfragmenten eines von einem Wandkalender des
Wiener Druckers Mich. Apfel (1576-88) mit einer Ansicht von
Wien, die sich in keiner österr. Bibliothek nachweisen lassen
dürfte (Vgl. A. Mayer, Wiens Buchdruckergeschichte I 122 n. 699)?
in M II 65 Fragmente einer alten Spielkarte und eines ABC-Büch_
leins, 16. Jahrh.; in T V 13 eine Urkunde des Dogen Pietro
Lando (1539-45) betr. einen Vorfahren des berühmten venezianischen
Malers Tiepolo.
Der Oberlehrer und Landtagsabgeordnete Theodor Berger wollte
unsere Manuskripte von Wurmb sehen. Da ich auf die Schließung
der Bibliothek verwies, wandte er sich stracks an den "Ober-
direktor" Meiß in der Landesregierung und dieser verfügte tele-
phonisch, daß da eine Ausnahme gemacht werde. Mir warf dieser
Berger seinerzeit im Landtag vor, weil ich nicht jedem Lehrer
zu Diensten war, wenn es sich nicht um begründete Ansuchen han-
delte, er aber verlangt für seine Person Ausnahmen. Und er setzt
alles durch, weil die oberen Instanzen sich an keine Vorschriften
halten, sobald politischer Druck einsetzt. Das nennen sie Klug-
heit statt Feigheit.
Am 18. Aug. tauchte im Hause ein Polizist auf, der dem Diener
erzählte, die Wache habe den Auftrag, beständig zu kontrollieren,
ob die Bibliothekssperre eingehalten wird.
Am 9. Sept. fand eine vom Landesreferat f. das Volksbildungs-
wesen Oberösterreichs auf meine Veranlassung einberufene In-
teressenten-Versammlung statt, die mit der Annahme einer Re-
solution endete. Ort: Gemeinderat-Sitzungssaal. Zeit: 5-7 Uhr.
Darüber Bericht in den Blättern.
Am 8. Sept. hatte ich eine Aussprache mit Hofrat Meiß, in der ich
annehmen sollen, im Sept. wurde es wegen Geldknappheit nicht
mehr aufrechterhalten. Wie sich später herausstellte, wäre es
übrigens nicht vorteilhaft gewesen.
Im Sept. fanden sich weiter in Deckeln: Fragmente zweier Blätter
einer Homiliensammlung; des 9. Jahrh. äm Moitüsee (Ink. Nr. 257),
Fragmente zweier Praktiken (1611, 1613) 10 Bll. einer Sequenzen-
sammlg. 15. Jhrh. u. 14 Bll. eines Salzb. Missales. Inkunabel,
beide aus Mondsee, ebenfalls aus Ink. Nr. 257, ein Fragment
eines Elogium s. Francisei Borg, und ein Kupferstich. Beim
Tändler Töpfer kaufte ich um 100 000 K einige a~l-t.fi Linzer,
Steyrer und Rieder Drucke, einen Band mit einem Exlibris der
Grafen v. Abensberg u. Traun, ein altes ABC-Büchlein und hand-
schriftliche Liederbüchlein.
Die "Tagespost" änderte in meinem Referat Z. 29 von oben Stadt-
bibliotheken in Studienbibliotheken, wohl nicht ohne Absicht,
da ja manche Kreise hier aus der Studienbibliothek eine Stadt-
bibliothek machen wollen. Ich sandte eine Berichtigung.
Seit der Schließung der Bibliothek restauriert der Diener schad-
hafte Einbände u. Dr. Mayr inventarisiert die periodischen
Schriften.
Weitere Funde in Deckeln: 2 Augsburger Kalender (Almanache) auf
das Jabr 1620 und ein Bauernkalender auf das Jahr 1611 und 12 Bll.
aus einem Mirakelbuch vop St. Wolfgang aus der Zeit um 1650 ff.,
ein Bauernkalender auf das Jahr 1620, alles aus T I 35 u. C II 86
im Sept. ausgelöst.
Am 21. Sept. in der"Tagespost" ein Artikel des Obersten d. R.
Herrn. Hoernes, am 26. Sept. meine Erwiderung. Am selben Tage
eröffnete ich dem Landesreferent und der Landesregierung meine
Ansicht über ein etwaiges Provisorium.
Weitere Funde: Zwei deutsche Spielkarten aus dem Elsaß, kolo-
riert und eine vom Jahre 1561 datiert, aus W II 48, ferner 4
Blätter eines Meß.journals des Klosters Pulgarn aus dem 15. Jahrh.
Ausgelöst aus Ink. Nr. 81.
Der Bibliotheksausschuß, den die am 9. Sept in der vom Landes-
referat einberufenen Versammlung Erschienen gewählt hatten, be-
schloß eine Entgegnung auf die Ausführungen von Hoernes. Während
sie vom "Tagblatt" und "Volksblatt" am 27., bzw. 28. Sept. ge-
bracht wurde, nahm sie die "Tagespost" nicht auf, da ihr Herr und
Gebieter Wimmer die Bibliothek eben in der Sparkasse haben will,
um keine Parteien hineinzubekommen. Demaskiert!
Am 2. Okt. schrieb ich dem Unterrichtsminister einen ausführlichen
Brief über die Bibliotheksangelegenheit u. enthüllte ihm das
Treiben der Gegner des Neubaus, ohne Namen zu nennen.
In der Nummer vom. 5» Okt. brachte die "Tagespost" einen Aufsatz
"Realgymnasium oder Studienbibliothek"von Julius Wimmer, ein
Kulturdokument und Dokument von unserer Zeiten Schande. Armes
Österreich!
Am 13. Okt. begaben sich Ministerialrat Dr. Glotz aus Wien u.
Meiß nach Kremsmünster, um wegen einer event. Ablösung zu sprechen.
Also anscheinend eine Wirkung meines Briefes, aber doch keine,
weil der Prälat einfach nicht zahlt, solange er nicht muß.
Am 14. Okt. fand vorm, im Lesesaal der Studienbibliothek, nachm,
im Bitzungssaal der Landesregierung eine vom Ministerium ein-
beruf ene Kommissions-Sitzung statt, in der klar wurde, daß die
Bibliothek hinaus muß und daß niemand zahlen will. Das darüber
von Meiß gedeichselte Protokoll behauptet fälschlich, Ministerial-
rat Dr. Gollitschek habe meine Bedenken gegen die Unterbringung
der Bibliothek in der ehern. Pfandleih-Anstalt "widerlegt". Er
hat aber nur gesagt, die von mir verlangten Magazine mit Eisen-
gestellen seien zwar modern, er kenne aber eine Reihe von europ.
Bibliotheken, die das Saal-System aufweisen. Als ob das etwas
Neues wäre!
An die Sitzung nachm., aus der Meiß geschickt eine Propaganda-
Sitzung für einen Neubau des Realgymnasiums zu machen wußte,
schloß sich, eine Besprechung des Bibliotheks-Ausschusses,'
die mit dem Beschluß endete, nach Interessenten für das Areal
Landstr. 30 zu suchen. Am 21. Okt. fand sich auch schon ein
Großindustrieller aus Wien ein, aber der Prälat verkauft eben
nicht, wenn er nicht muß.
Mittlerweile kam von der Landesregierung der Auftrag zur Räumung
der die Mitte der Lokale belastenden Bestände.So ließ ich denn
am 23. Okt. die Bücher (periodische Schriften) in Pakete (Kisten)
verpacken, eine Arbeit, die am 7 Nov. beendet wurde. Am 11. Nov.
begann der Transport, wurde am 13. fortgesetzt und am 14. Nov.
11h vorm, beendet. Es wurden verladen 794 Pakete, 11 Kisten u.
42 Karten-Konvolute und von den Eaßziehern in den vom Bmchdruckerei
Besitzer Hans Dronot gratis überlassene Teil seines Magazins in
der Allg. Sparkasse geschafft. Ein versuch, ihn zur Abtretung des
ganzen Magazins im Tauschwege zu bewegen, scheiterte. Es wäre
i
möglich gewesen, die ganze Bibliothek in Paketen zu verstauen. Je
Um dem bereits in mehreren Zuschriften erhobenen Vorwurf zu ent-
gehen, er sei schuld daran, daß jetzt die Bibliothek jahrelang
unbenützbar sei, verlangte Meiß plötzlich, daß der in das
Dronot '-sehe Magazin geschaffte Teil der Bibliothek samt den
Schränken befördert und wieder wie früher aufgestellt werde. Es
schwebte ihm offenbar eine Art Zwergbetrieb vor, bei dem der
Diener jedesmal von Herrn Dronot den Schlüssel hätte holen müssen.
Nur mit Mühe brachten ihn meine Vorstellungen und die des Ober-
baurates Peters u. des Bezirkhauptmanns Kohlert davon ab.
Nach den bisherigen Dispositionen der Landesregierung hätten die
übrigen sechs Siebtel der Bibliothek im Keller des Real-Gymnasiums
(ehern. Pfand-Leihanstalt) untergebracht werden sollen. Ich erhob
Protest und schlug Unterbringung entweder im Stift Wilhering oder
im Stift St. Florian vor,da in Linz voraussichtlich keine geeig-
neten Räume aufzutreiben seien. Meiß beharrt aber auf Unterbrin-
gung in Linz, weil er das durch seine egoistische Politik herauf-
beschworene Vakuum im Betriebe der Bibliothek vermeiden will.
Am 5« Nov. nahm der oö. Landtag einen Dringlichkeitsantrag betr.
Realgymnasium an u. Landeshauptmann-Stellvertreter Gruber be-
gründete ihn. Interessant ist nun, wie die "Tagespost" seine
Worte (vgl."Tagblatt") für ihre Zwecke umfälschte und wie sämtl.
bürg. Blätter den Dringlichkeitsantrag Euller, Straßer u. Genossen,
die auch den Neubau der Studienbibliothek fordern, der Öffentlich-
keit unterschlugen.
Das gegen die Bibliothek gerichtete Komplott zeigt sich auch im
Verhalten der zwei bürgerl. Abgeordneten von Linz. Dr. Aigner
(einst mein Schüler bis zur Matura) lehnte es ab, eine Deputation
(Bibliotheksausschuß) zu empfangen, weil er sich zugunsten des
Realgymnasiums gebunden habe. Diese ganze Gesellschaft hat gar
kein Verständnis für diese Kultur-Fragen. Die Wiener "Stunde"
brachte eine scharfe Notiz unter der Überschrift: Radikale
Lösung der Linzer Bibliotheksfrage: Milliardenwerte im- Keller.
An die Gewerkschaft der Bibliothekare in Wien wandte ich mich
um Intervention, die aber sehr schwächlich ausfiel, desgleichen
war das Echo eines an den Direktor Dr. A. Crüwell von der Wiener
Universitätsbibliothek gerichteten Schreibens vielsagend. Wien
ist unser Verderben. Der gewesene Direktor? der Wiener National-
bibliothek, Donabaum, schrieb in der Nr. 159 der Allgem. Thüringer
V6
Zeitung zum Bibliothekartag in Erfurt über "bibliothekarisches
Leben in Österreich". Darin ist von den Studienbibliotheken über-
haupt und von meiner Tätigkeit im besonderen nicht ein Wort zu
lesen. So unterdrückt die Hauptstadt die Provinz. Die "Oberösterr.
Tageszeitung" vom 18. Hov. brachte eine Einsendung betr. die
Sperre der Studienbibliothek.
Den ersten Sängern der Staatsoper in Wien zahlt der verarmte Staat
für achtmaliges Auftreten im Monat 50-100 Millionen Gagen, für
Bibliotheken ist aber nie Geld da. Vom 17.-20. Nov. mittags ord-
neten der Bibliotheksdiener und zwei Packer der Eaßzieher-Gesell-
schaft die in Dronots Magazin liegenden Bestände in die Schränke
ein.
Im 7. Dez. spendete Herr Kanonikus Oberchristi 24 Photographien
(alpine Ansichten) und einige alte Linzer Drucke.
Ein Hofrat der Landesregierung bestellte dieser Tage Warmuss,
Geschichte des österr. Kirchenpatronats, zum Dienstgebräuche.
Gemeint war Wahrmund, das Kirchenpatronat. Solche Lotterzettel
bekommen wir öfter.
Der Theologieprofessor Dr. Joh. Hollnsteiner in St. Plorian
äußerte sich kürzlich zu Dr. Gngenbauer, die Studienbibliothek
in Linz sei nichts wert und es wäre am besten, sie nach Wien zu
bringen. Ähnlich setzt auch sein Kollege, Prof. Asenstorfer, die •
Bibliothek herab.
Am 12. Dez. entdeckte ich in einer Inkunabel einen eingeklebten
kolorierten Kupferstich mit aufgeklebter bunter Randverziehrung,
nach Dr. Gugenbauer vom Meister des hl. Erasmus oder von einem
niederdeutschen Spielkarten-Meister. Es ist aber ein Blatt aus
einer Passion, c. 1460, vom Meister des Dutuit'sehen Ölbergs
(Erasmusmeister-Gruppe). Am 13. Dez. langten die Dokumente ein,
welche die Stellung des Personals auf Grund des neuen Gehaltsge-
setzes ordnen.
Am 12. Dez. erschien in der "Oberösterr. Tageszeitung" wieder ein
Klageruf wegen der Bibliothekssperre. Das Stift Kremenünster hätte
die ihm auferlegte Bibliothekslast leicht abschüttelsi können,
namentlich zur Zeit, als Abt Leonhard Landeshauptmann war, aber
es hatte sich eine andere Taktik zurechtgelegt: die Last durch
passive Resistenz auf ein Minimum einschränken, aber nicht ab-
schütteln, um gelegentlich auf die großen Verdienste um Staat und
Stadt usw. hinweisen zu können. Dies tat das Stiftenoch weidlich
unmittelbar vor der Übergabe der Bibliothek in die Staatsver-
waltung, wie der Bericht über eine Rekursverhandlung des Stiftes
in der "Tagespost" vom 16. Dez. deutlich zeigt.
im 16. Dez. fand sich in der Inkunabel Nr. 369 unter der Deckel-
innenverlleidung eine deutsche Praktik auf das Jahr 1513 mit
Holzschnitt und ein handgemaltes großes Exlibris, ferner ein
Fragment (4 Bll.)einer anderen deutschen Praktik in der Ink.
Nr. 409, ein Vergil. Georgica II 359-398, 525-542 (Schluß);
III 1-19; 116-137, Humanisten-Hs. 15. Jhrh., in der Inkun. Nr. 347,
ein handschriftlicher Wandkalender auf das Jahr 1486 aus Mondsee
in der Inkun. Nr. 256.
Herr Dr. G. Gugenbauer schenkte ein Sterbebildchen nach Adalbert
Stifter am 17. Dez. 1924.
Am 23. Dez. wurden in dem von Hans Dronot in der Sparkasse nach-
träglich noch 96 Atlanten in 14 und 406 Karten und 'Panoramen in
3 Paketen, sowie je eine Karte und je ein Panorama gerollt unter-
gebracht.
Ein Aufsatz in der "Wiener Zeitung" vom 24. Dez. von K. Junker
über die "Klagenfurter Zeitung" erwähnt meine Funde betr. die
"Linzer Zeitung",die jetzt an die Stelle des Wiener Diariums
von 1705 als die älteste Zeitung Österreichs getreten ist. Am
31. Dez. wurde die ebenfalls von Junker verfaßte Jubiläumsschrift
der Feichtänger'sehen Druckerei ausgegeben, in der ebenfalls
die Schätze unserer Studienbibliothek eine Rolle spielen.
In der Ink. Nr. 317, hie einen Straßburger und einen Schloffer-
Druck enthält, fanden sich Pergamentstreifen mit gotischen
Buchstabenreihen, die vielleicht für den Schriftgießer bestimmt
waren, 15. Jahrh.
In den Monaten Jan.-April wurden von 2269 Personen 6133 Bände u.
245 Karten benützt. Der Zuwachs betrug 591 Bände, 209 kleine
Schriften, Kunstblätter 24, Photographien 25, Landkarten 3,
periodische Schriften 147 Bde.
Die Bibliothek, 1774 entstanden, hätte heuer ihr 150 jähriges
Jubiläum feiern können, aber es wäre eine Trauerfeier eher am
Platze gewesen.
St
1925
Am 9. Jan. spendete das Landesreferat f. Volksbildung die Schrift
von Daninger über Bruckner.
Dr. Alexander Ortei, Apchivs-Oberkommisär in Wien, bearbeitete in
der Zeit vom 7--31. Jan. 308 Hss. für das Werk "Miniatur-Hand-
schriften in Österreich. ■',Band Oberösterreich.
Die hiesigen Tagesblätter vom 14. Jan. veröffentlichen meinen
Jahresbericht. In der "Oberösterr. Tageszeitung" vom 16. Jan.
krakeelt wieder ein gebildeter Herr über die Schließung der
Bibliothek in einer Art, die mir die Schuld geben möchte.
Das Unterrichtsministerium eröffnet mit Erl. vom 19. Jan., daß die
Dotation für 1925 auf 2000 S erhöht wurde.
Die hiesigen Tagesblätter vom 31. Juli bringen im Bericht über
den Nationalrat folgende Stelle :"Dr. Angerer urgiert den Bau
des Realgymnasiums in Linz und wünscht Auskunft über die Unter-
bringung der dortigen Studienbibliothek."
Die "Tagespost" trieb aber ähne Feindseligkeiten soweit, daß
sie bloß am Kopf des Blattes druckte: Abg. Angerer urgierte
in der gestrigen Budgetausschußsitzung den Neubau des Linzer
Realgymnasiums, im inneren aber die betr. Stelle den Lessrn
unterschlug, um nicht die Studienbibliothek erwähnen zu müssen.
Das "Linzer Volksblatt" wieder hat den Jahresbericht seinen
Lesern vorenthalten.
Funde in Inkunabeln: Mönchsspiegel mit großem Holzschnitt, Ein-
blattdruck, c. 1490;chronikalische Notizen aus Mondsee, Anf. d.
16. Jahrh.; 2 Blätter einer Psalmenhandschrift, 10./11.Jahrh.;
Sündenbekenntnis, 15« Jahrh.; hebräisches Fragment; Fragmente
von Hsö. saec. IX.; lat. u. deutsche Erklärung der Türkenbulle
Innozenz' VIII, c. 1488. Geschenk von Dr. G. Gugenbauer: zwei
Photogr. des Porträts Fadingers im Museum.
Im neuesten Heit der "Christi. Kunstblätter" ist der Einband
unseres Evangeliars von M. Rauscher abgebildet und im Text er-
wähnt .
Der Ausschuß des Mittelschulverbandes hat Professor Gärtner be-
kannt gegeben, daß er zu keiner Aktion zugunsten der Studien-
bibliothek zu haben sei, weil das Interesse dafür zu gering
und andere Dinge brennender seien . Geschehen am 5» Febr.
Es fanden sich Fragmente von 8 Blättern einer Bibelhandschrift
(paulinische Briefe) des 10. Jahrh., abgelöst aus den Deckeln
der Ink. Nr. 390, und 2 Bll. eines Kalendariums saec. XI aus
der Hs. Cc III 4.
Am 12. Eebr. spendete Dr. G. Gugenbauer wieder 2 kleine Schriften
und ebenso am 2?. Eebr.
Aus einer Ink. ließ ich einen Einblattdruck von Joh. Hist in
Speyer (Reductlo scientiarum in unam radicen) ablösen (Inkunabel).
Das "Tagblatt" vom 5. März brachte einen Hetzartikel gegen mich
wegen Nichteröffnung des Lesesaals, der natürlich auf ganz falschen
Voraussetzungen beruht, ebenso die "Oberösterr. Tageszeitung"
vom 6. März, letztere auf persönliches Verlangen des Landeshaupt-
mann-Stellvertreters Langoth. Verfasser ist der als abnormal be-
kannte Allerweltsstänkerer Oberst Hoernes. Gleichzeitig machte
er eine Eingabe an die Landesregierung, die er von zahlreichen
Personen unterschreiben ließ, die größtenteils niemals die
Bibliothek benützt haben.
Im "Linzer Volksblatt" vom 10. März erschien im Aufträge des
Bibliotheksausschusses eine von Prof. Dr. W. Gärtner verfaßte
authentische Darstellung der Sachlage, ebenso in der "Oberösterr.
Tageszeitung" vom 11. März, hier mit Weglassung jener Stelle,
wo meiner Verdienste gedacht wird.
Die von Hofrat Meiß angekündigte amtliche Berichtigung wurde
nicht publiziert.
In der Nummer vom 12. März bringt endlich auch die "Tagespost"
den Artikel des Bibliotheksausschusses, und zwar ohne Änderung.
Es ist lehrreich, die Varianten in den Abdrücken der 4 Blätter
zu studieren die Leute können sich vom Persönlichen nicht los-
machen. An den Aufsatz schließt sich in der "Tagespost" ein
Exkurs, wahrscheinlich von J. Wimmer, der die Lage grell be-
leuchtet. Das Gerede vom Realgymnasium ist geradezu perfid, da
doch schon hundertmal und gerade wenige Zeilen vorher gesagt
wurde, daß keine Bundesmittel beansprucht werden. Man erfährt,
daß sich auch das Landesarchiv im gleichen Trakt Räume gesichert
hat, ohne daß man gefragt hat, ob die Bibliothek dann noch Aus-
langen findet, ferner plaudert Herr Wimmer aus, daß die Unter-
bringung der Bibliothek in desruehem. Pfandleihanstalt als De-
finitivum gedäaht ist, ohne Rücksicht darauf, daß der Raum schon
jetzt nicht reichen würde und natürlich für Zuwachs nicht gesorgt
(&Q
wäre. Mit Leuten dieser Sorte kann man nichts anfangen. Schade
um jedes Wort.
12. März. Das Kuratorium " Deutscher Wille" in Berlin spendete
den 4. Jhrg. der Zeitschr." Deutscher Wille", Herr Dr. Gugenbauer
wieder eine kleine religiöse Schrift.
Das "Linzer Volksblatt" vom 13. März druckt die Bemerkungen der
"Tagespost" wohlgefällig nach und schließt daran angeblich aus
Leserkreisen ihr•zugekommene weitere Glossen.
Ich hatte schon vor einem Monat dem Prof. Gärtner als Obmann
des Bibliotheksausschusses den Rat gegeben, der Ausschuß möge
beim Landeshauptmann vorsprechen, und zwar mit einem ganz kon-
kreten Vorschlag dahin gehend, daß die oö. Hypothekenbank das
Haus Landstr. 30 ankaufen solle. Diese Audienz fand nun am 13.
März statt und der Landeshauptmann bezeichnete diesen Weg als
gangbar. Er verwies darauf, daß auch der Volkskredit in Frage
käme. Dasselbe wiederholte er in meiner am 16. März stattge—
fundenen Audiens in Gegenwart des Hofrates Meiß. Er wolle das
Projekt Vorbringen.
In der "Reichspost" vom 24. März arbeitet wieder ein ganz Gescheiter
unter der Überschrift "Linzer Sorgen" zugunsten der Unterbringung
der Studienbibliothek in der ehern. Pfandleihanstalt. Ich er-
widerte in der Hummer vom 28. März. Die Redaktion schwächte stel-
lenweise ab, änderte auch sonst dort und da und unterschrieb den
Artikel mit "Ein geistiger Arbeiter". Am 7« April erschien in
der "Reichspost" neuerdings ein Artikel, auf den ich aber nicht
mehr reagierte, weil es der Verfasser nicht wert äst.
Vor Ostern beendete ich nach 8 monatlicher angestrengter Arbeit
die Revision der Handschriften und Inkunabeln.
20. April.Die UB. in Innsbruck spendete 5 Bde. Dubletten.
21. April. Heute begannen Dr. Mayr und der Diener auf meine An-
ordnung die Zählung der Bibliothek auf Grund der Zettel u. Kartons.
Die Zeitschriften waren bereits früher gezählt.
28. April. Bischof Dr. Johannes Maria Gföllner schenkte auf meine
Bitte der Bibliothek 1034 kleine Kunstblätter (Porträts, Buch-
illustration, Heiligenbilder, Pergamentbilder, Weigels Abbildung
aller Stände etc.). Dazu sollen noch Handschriften kommen, die
derzeit im Landesarchiv liegen.
29. April Dr. G. Gugenbauer spendete einen Linzer Druck und ein-
Flugblatt von Joh. Fischart.
Laut "Neues Wiener Journal" vom 30. April, S. 3, wird die Re-
b V
gierung in Kürze mit der Errichtung eines Neubaues für das
Salzburger Staatsgymnasium beginnen, damit die alte Universität
frei wird.
Für die Linzer Studienbibliothek ist aber kein Geld da.
9. Mai. Heute wurde die Zählung der Bücher unserer Bibliothek,
an der ich auch mitwirkte, beendet.
Es ergabeh sich folgende Bestände: Literatur vor 1801 samt Du-
bletten '20550 Werke in 23.295 Bänden, Literatur seit 1801:
9841 Werke in 16.457 Bänden; kleine Schriften in Sammelkartons
7696, Musikalien 264, Volapük 150, Kriegsschriften 69, dazu
14.583 Bde. Zeitschriften. Insgesamt zählt also die Bibliothek
nach dem Stande vom 1. Jan. 1925: 62.513 Bde. Die zählung er-
folgte aber nur nach der Länge der besetzten Bretter mit Durch-
schnittsziffern, ist also unverläßlich.
11. Mai. Heute fand die Beratung des "Volkskredites" über den
Ankauf des Bibliotheksgebäudes statt. Das Stift begehrt 5 Milli-
arden für sich und Übernahme aller Verpflichtungen aus dem Ser-
vitute durch den Käufer, der "Volkskredit" läßt sich aber nur
auf 3.6 Milliarden ein, ginge höchstenfalls bis 5 Milliarden,
darüber hinausgehende Belastungen aber lehnt er ab. Es fiel
der Beschluß dahin aus, an den Prälaten zu schreiben, er möge
seine Forderungen einschränken.- Meine Meinung ist aber, daß
der Prälat derart hohe Forderungen stellt, damit es nicht zum
Verkauf kommt, und nur nachgäbe, wenn er den Ernst der Regierung
sähe. Warum übt Wien keinen Druck aus?
Am 18. Mai bekam ich einen merkwürdigen Besuch. Anfangs der
siebziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts hatte ein Gelehrter
ein in den ©od. Cc VI 9 eingelegtes Heft von 11 Pergamentblättern
s. XIV. ausgeliehen. Unser alter, von P. Ant. Viehbäck angelegter
Handschriften-Katalog trägt bei Nummer 159 (Cc VI 9)» bzw. bei
dem eingelegten Heft den Bleistift-Vermerk: Im Jahre 1875 nicht
aufgefunden. Die Erben des Gelehrten haben nun aus seinem Nach-
laß die wertvolle Handschrift nach mehr als fünfzigjähriger Ver-
schollenheit zurückgestellt. Es war, wie ich bestimmt weiß, nicht
Dolus, sondern Schlamperei die Ursache.
Die mir seinerzeit von der Finanzprokuratur überwiesenen Archi-
valien trat ich am 20.Mai dem o.ö. Landesarchiv ab.
Anfangs Mai ersuchte ich die Kriminal-Polizei um Ausforschung
des in unserer Inkunabel-Sammlung fehlenden Kettenbandes und
event. weiterer von A. Kralik entwendeter Bände, und gab eine
Spur an.
Die in dem Zimmer, das die historische Literatur enthält, gemal-
ten Köpfe gehen wahrscheinlich auf die Porträts in Barthelemys
Reise des jüngeren Anarchis zurück.
Am 28. Juni erschien im "Linzer Volksblatt" ein von Dr. Wilh.
Gärtner geschriebener Aufsatz mit der von der Redaktion stam-
menden Überschrift "Das Ende der Linzer Studienbibliothek",
worin dargetan ist, daß alle Bemühungen zur Elottmachung der
Bibliothek scheitern mußten, weil es am Willen fehle, und daß
sich aus diesem Grunde der Bibliotheks-Ausschuß auflöse. Der
Artikel erschien auch in den anderen Blättern.
In der letzten Zeit stellen die Druckereien, bzw. Verleger nach-
einander die Zusendung der Pflichtexemplare ein, weil sie das
ihnen durch die Aufhebung der Portofreiheit erwachsende Porto
nicht tragen wollen. Da aber zur Ablieferungspflicht auch der
Transport gehört, so habe ich am 30. Juni die Staatsanwaltschaft
in Linz um Entscheidung ersucht.
Das "Linzer Volksblatt" vom 14. Juli bringt unter dem Titel "Von
der Linzer Studienbibliothek" einen Bericht über den Aufschwung
der Stadtbibliothek, die sich sozusagen als Erbin der Studien-
bibliothek betrachtet. Der Artikel ist eine jener dummen Bos-
heiten des gegenwärtigen Redakteurs und seiner Treiber.
Das Deutsche Buchgewerbe-Museum in Leipzig spendete am 15. Juli den
Inkunabel-Katalog von Schramm.
Am 10. Aug. wurden der Bibliothek 68 am 28. April vom Herrn
Bischof geschenkte Handschriften vom 16.-18. Jahrh. ausgefolgt.
Die Schenkung erfolgte auf meine ausdrückliche Bitte.
In der "Neuen Freien Presse" vom 10. Aug. bespricht Karl Junker
die Kärntner Buchkunstausstellung und darin auch die Linzer
Bibliothekszustände, die er ein öffentliches Ärgernis nennt.
Der pens. Schulleiter M. Schmiedbauer in St. Willibald, homöop.
Augenarzt, teilte kürzlich der Bibliothek mit, daß er ihr seine
gesamte Bibliothek testamentarisch überlasse.
Dr. Zibermayr vom Landesarchiv wollte uns die Handschriften
wegnehmen, weil sie unbenützbar seien, und wandte sich, ohne
sich mit mir ins Einvernehmen zu setzen, an den Hofrat Meiß.
Dieser lehnte aber ab, mit der Begründung, daß Bundeseigentum
nicht an ein Landesinstitut übergehen könne.
Am 29. Aug. langten die von mir am 10. April an Frl. Leopoldine
Meder in Wien geschickten Kunstblätter tadellos adjustiert hier
^3
ein. Die Kosten beliefen sich für die 243 Blätter auf S 264.80.
Bei Gelegenheit dieser Arbeit stellte Hofrat Dr. Meder, der
frühere Direktor der Albertina in Wien, fest, daß die von mir
vor Jahren aus einer Inkunabel ausgelöste, als "Kleine Postille"
bezeichnete Folge aus dem. Dürer zugeschriebenen "Nürnberger An-
dacht sbuch" stammt. Äußerst selten und wertvoll.
Eine "Zum Neubau des Realgymnasiums" überschriebene Notiz der
"Tagespost" vom 31» Aug. bemängelt die Logik des Finanzminis-
teriums, wonach das Realgymnasium wegen Nichtbestehens einer
Einsturzgefahr die Studienbibliothek aber trotz der Einsturzge-
fahr nicht gebaut werde. Der große Denker vergaß, die Entscheidung
ordentlich zu lesen. Das Realgymnasium wird, so heißt es doch
ausdrücklich, deshalb nicht gebaut,weil es nicht absolut not-
wendig ist. Der Passus von der Einsturzgefahr bezieht sich auf
bereits im Bau befindliche Staatsgebäude. Die Studienbibliothek
könnte aber wegen absoluten Platzmangels auch dann nicht er-
öffnet werden, wenn keine Einsturzgefahr bestünde. Ich erwiderte
mit einer Notiz, die in der "Oberöst.Tageszeitung" vom 3. Sept.
erschien.
Am 20. Sept. lief als Geschenk der Hauptstelle für deutsche
Schutzarbeit in der Tschechoslowakei vom Verlag Joh. Stauda in
Augsburg ein: Sudetendeutsches Jahrbuch, 1. Bd. (1925).
In der "Tagespost" vom 26. Sept ist die Rede von einer für Linz
wünschenswerten ständigen Ausstellung von Reproduktionen gra-
phischer Meisterwerke, die sich aber der Einsender nus in An-
gliederung an das Museum, nicht in Verbindung mit unserer Samm-
lung denken kann, von deren Vorhandensein er offenbar keine
Ahnung hat.
Am 23. Sept. beendeten wir die Verpackung der graphischen Samm-
lung. Es ergaben sich 153 Pakete mit 8144, 3 Kasetten mit 173,
12 Klebebände mit 2843, 2 Mappen mit 183 und 7 Rollen mit Blät-
tern, zusammen 11.350 Blätter, davon 7595 Blätter auf 71 "11 Kar-
tons .
Am 26. Sept. wurde unser Telephon gegen ein automatisches aus-
gewechselt.
Am 1. Sept. erhielt das Stift Kremsmünster zum letzten Male die
Aufforderung, das Haus Landstr. 30 zu räumen und zwar bis 1. Nov.,
widrigenfalls die Baubehörde dies von amtswegen besorgen werde.
(ok
Der Prälat fuhr nach Rom und der Rentmeister erklärte, keine
Vollmachten zu haben. Der Abt kehre aber erst Mitte Oktober
zurück.
Nach Einverleibung der von Bischof Dr. Gföllner überlassenen
Bände zählt unsere Handschriftenabteilung am 30. Sept.: 534
Handschriften in Codices und Druckschriften, 201 Pragmente,
94 Autogramme, 43 Urkunden, zusammen 872 Handschriften. Ver-
gleichsweise sei angeführt, daß die Bibliothek nach Grassauers
Handbuch 1899, S. 38, nur 166 Handschriften zählte. Die übrigen
habe ich gefunden, zumeist aber erworben. Kremsmünster besitzt
960 Handschriften, 890 Inkunabeln; St. Plorian 882 Handschriften,
8u2 Inkunabeln. Die Zahl unserer Inkunabeln beträgt 904 dazu
86 Dubletten.
Die Autogramme unserer Bibliothek befinden sich in den Kartons
1, 11, 14, 19, 20, 44, 46, 50, 51» 54; die Urkunden in den
Kartons 7, 8, 10, 52, 54.
Nach dem Handbuch der Kunstpflege in Österreich, 3. A., Wien 1902,
S. 346, zählte unsere Bibliothek damals 37.723 Bde., 81 Karten,
50 Atlanten und 361 Litographien. Man vergleiche diese Ziffern
mit den heutigen und man wird begreifen, warum mich das "studierte"
Gesindel so verfolgt.
Heute steht in den hiesigen Blättern die Nachricht von der Spende
eines Bruckner-Briefes, und daß ihn der Landeshauptmann dem
Museum überwiesen habe. (6. Okt.) An die Studienbibliothek denkt
er gar nicht.
Die Wiener Polizei veröffentlicht im "Wiener Journal" und in
zwei Linzer Blättern eine Notiz mit. der Aufschrift "Diebstahl
in der Linzer Studienbibliothek", die sich auf die Diebstähle
des Dieners A. Kralik in den Jahren 1908-10 bezieht. Sie ist
natürlich wirkungslos. Die Polizei hat für derlei Recherchierungs-
Aufgaben kein rechtes Verständnis. Man müßte aus der Witwe Kraliks
und dem Buchhändler, bei dem Kralik in Wien Kolporteur war, das
Notwendige herausholen. Die Notiz ist ungenau, die Wertangabe
übertrieben. Die Beschreibung hätte man von mir einholen sollen,
statt sie auf Grund mißverstandener Bemerkungen selbst zu ver-
fassen.
Herr Landesarchiv-Direktor i.R. Dr. P. Krackowizer spendete am
9. Okt. 6 moderne Exlibris.
In der"Tagespostw vom 13. Sept. plaudert ein Sepp von der Aist über
Linz, die Großstadt. Er bedauert mit Recht die hiesigen Theaterver-
hältnisse, aber die Bedeutung einer guten öffentl. Bibliothek ist
ihm offenbar nicht aufgegangen.
Seit Juli schuldet die Regierung die Beträge für Licht, Wasser und
Kehrichtabfuhr (bereits 70 S), sodaß der Bibliothek schon wieder mit
der Absperrung gedroht wurde.
21. Okt. Im Feuilleton des heutigen "Linzer Volksblatt" plaudert Re-
dakteur Danzer über seine Deutschlandfahrt. Der Besuch der Deutschen
Bücherei in Leipzig gibt ihm Anlaß zu folgender Bemerkung: "Wie
schön haben es doch die Leipziger! Die können sich an unfreundlichen
Wintertagen in den warmen Räumen der Bücherei nach Herzenslust in
Bücher und Zeitschriften vertiefen; blasser Neid möchte einen er-
fassen, zumal wenn man von Linz kommt, wo die einzige öffentliche
Bücherei schon die längfite Zeit zugesperrt ist." Also wieder die be-
kannte Wärmestuben-Vorstellung und das schöne Wort "Bücherei"! Und
sind diejenigen, die an den Linzer Zuständen schuldig sind, nicht
dieselben, deren öffentlicher Dolmetsch Herr Danzer ist?
Herr Dr. Gugenbauer spendete am 21. Okt. wieder 5 Andachtsbilder.
Durch verschiedene Nachzügler erhöht sich die Zahl der Kunstblätter
auf 12.231 Blatt, am 19.XI» auf 12.306 Blatt.
Am 27. Okt. erschien ein Wachmann, um im Aufträge der Baupolizei
nachzusehen, wie es mit der Räumung stehe.
Am 29. Okt. ließ sich vom Einband des Lebens Scanderbegs (c. 154-0)
2 Exemplare eines die leiblichen Werke der Barmherzigkeit darstellenden
Holzschnittes (kolor. Einblattdruck, mit Verlust zerschnitten) und die
Hälfte einer Neuen Zeitung (1593) von der Schlacht bei Sissek, Wiener
kolor. Einblattdruck, ablösen; ebenso einen Wandkalender auf das Jahr
1629, Augsburg. Mich. Stör, Einblattdruck, von E V 15«
In der Nummer vom 11. Nov. bringt die "Tagespost" einen Artikel über
das Gerücht, die Bibliothek komme nach Wien und der Dr. Schiffmann
erhalte eine Berufung an die theol. Fakultät nach Salzburg. Am Tage
darauf ein Leitartikel von {Ha]mm [er] über "Großstädtische Kultur",
der zwar manches Richtige sagt, aber doch im ganzen einen halbgebil-
deten und darum in alles dreinredenden Linzer verrät. Wer ist denn
schuld, daß wir keinen Bibliotheksneubau haben.
In der Nummer vom 15.N0V. orakelt Dr. Oberhummer im "Tagblatt" über
die "kulturelle Sendung der Stadt Linz", wobei es nLsht ohne Verleum-
dungen der Studienbibliothek abgeht. Die Ausführungen über unsere
66
Bestände zeugen von einem geistigen Tiefstände, der wohl sehr traurig
ist. In .der Nummer vom 21. Nov. weiß das Blatt zu berichten, daß zur
Unterbringung der Bibliothek das Kanzleigebäude der Frankfabrik ge-
mietet werde, das sehr geeignet sei. Ich weiß von der Sache nichts,
bin auch nicht gefragt worden.
Am 21. Nov. schlug ich in der Landesregierung vor,als provis. Unterkunft!
der Bibliothek einen Aufbau über den im Garten des Florianer Stifts-
hauses zu errichtenden Geschäftslokalitäten in Erwägung zu ziehen.
Die Revision und Zählung der Kartensammlung ergab 96 Atlanten, 1751
Karten, Pläne und Panoramen, Kriegsschauplätze 156» Katastralkarte von
Oberösterreich (1824) 6660, zusammen 8 567 Blatt.
Im Dezember ordnete ich die Registratur der Bibliothek.
Am 9* Bez. wurde für den Privatdozenten Dr. L. Wolff in Göttingen das
Iwein-Fragment photographiert.
Die "Frankfurter Zeitung" schenkte das Werk "Europas Volkswirtschaft in
Wort und Bild", ich den 3* Bd. des Paracelsus- Romans von Kolbenheyer,
für den ich Vorarbeiten gemacht habe.
Am 14. Dez. berichtete das "Tagblatt", der sozialdemokr. Abg. Weiser
habe im Nationalrat beim Kapitel Unterrichtswesen der Budgetdebatte
verlangt, das Ministerium solle für die Unterbringung der Studienbib-
liothek sorgen,
Diesen Passus unterdrückte die "Tagespost" in der Nummer vom 15. Dez.
Geschenk der Firma C. Gerold in Wien: Jubiläumsschrift des Hauses von
K. Junker. 19. Dez.
Am 20. Dez. begab ich mich nach Schloß Bernau b. Fischlham und kaufte
die Sammlung von DruckerZeichen, Zierschriften und sonstigen Kunst-
blättern an, die mir der Besitzer, Herr Julius Theuer, angeboten hatte.
Das kleinste Buch der Bibliothek ist das englische Lexikon von Gase.
Die am 24. Dez. in 2 Kisten eingelangte Sammlung Julius Theuer umfaßt
54 Bde. Literatur über Buchdruck und Buchschmuck und etwas über
3000 Blatt Buchornamentik. Preis S 7000 u. Spesen S 3.87.
Am Ende des Jahres liefen bei uns ein : 94- inländ., 20 ausländische
Zeitschriften, zus. 114, und 42 Zeitungen.
Der Zuwachs der Bibliothek betrug: 148 Bände+147 kleine Schriften, 27
Kalender, 299 Bde. periodischer Schriften = 621 Stück. Dazu kamen:
Musikalien 32, Karten 2, Graphik 4 Blatt.
6lr
1926
Im Bundesvoranschlag für 1926 sind für die Studienbibliothek vorge-
sehen: Reisegebühren 50, Amtserfordernisse 290, Kanzleierfordernisse
10, Druckkosten 40, Bibliothekserfordernisse 2500, Subventionen 400 S.
Am 15- F«br. erhielt die Bibliothek für 28 Bde. Dubletten von UBs Graz
39 Bde. als Gegenwert, am 15. März für 28 Bde. von der Studienbiblio-
thek in Salzburg 30 Bde. im Tauschwege.
Am 18. März gingen an die Universitätsbibliothek in Wien 136 Dubletten
ab, am 22. liefen von dieser 3 Bde. und 12 kleine Schriften als Ge-
schenk ein, am 25. III. von UB. Innsbruck 3 Bücher im Tauschwege.
Das Kat astral-Mappen-Archiv übermittelte im Aufträge des Bundesamtes
für Eich- und Vermessungswesen am 24. III. 6 Blatt der Übersichts-
karte von Oberösterreich (1 : 115.200) auf Schöllerhammer.
Am 24. März ergab die Zählung der Sammlung Theuer 34 Pakete, 1662
Kartons und 2330 Blatt, sodaß jetzt unsere graphische Sammlung 14.836
Blatt umfaßt. Dabei sind aber die Zier-Alphabete mit wenigen Ausnahmen
je als ein Blatt gezählt.
Am 1. März kaufte ich von der Universitätsbibliothek in Wien den
Linzer Plank-Druck "Extract und Auszug der Schiffahrt Buelii Cataloni"
Linz 1624, ein Unikum, um 400 S, zahlbar in 4 Raten.
Prof. A. Pfreimbta®r ii St. Martin i. J. spendete die Kriegs-Front-
Karten, von mir erhielt die Bibliothek den 4. Bd. der Stiftsurbare,
Prof. M. Gruber vom Petrinum gab im Tauschwege J. Wenzels Gebetbuch
(Linzer Druck), Prechtlers Akkorde und ein Exlibris.
Am 6. April verhamdelte Baurat Kräh mit mir wegen Unterbringung der
Studiembibliothek in den Räumen des ehern. Versatzamtes in der Allg.
Sparkasse. Ich trug alle Gründe vor, die mich abhalten, für dieses
Projekt einzutreten. Es sollen die Adaptierungskosten berechnet
werden.
Das heutige "Linzer Volksblatt", 13» April, erwähnt den Ankauf des
Zeiß'sehen Planetariums dureh eine Reihe deutscher Städte und beklagt
dann die jahrelange Sperre der Linzer Bibliothek. Heuchelei! Eben die
Männer, die hinter dem "Volksblatt" stehen, rühren keinen Finger.
Heute, am 19. April, gelang es mir, dem Meister des Holzschnitt-Frieses
auf die Spur zu kommen, den der vor mir seinerzeit aus einem Buch-
deckel gelöste Salzburger Wandkalender auf das Jahr 1516, gedr. in
Augsburg, trägt. Es handelt sich um eine Kopie oder Wiederholung von
Dürer B. app. 3, Pass. 173* Das Blatt wird allerdings auch Hans von
Kulmbach und anderen zugeschrieben.
6 8
Frau Bürgerschul-Direktorin i. R. Emilie Hinghofer spendete am 20. Apr.
3 Bde. eines großen Werkes über die Stadt Washington, Archivar F.
Zimmermann in Braunau sein Buch "Das Ministerium Thun für die Evange-
lischen im Gesamtstaate Österreich 1849-1860".
Durch einen Nachtrag zur Sammlg. Julius Theuer stieg die Zahl unserer
Kunstblätter auf 15*090. Die Witwe nach dem Oberst Kampmann spendete
Ende April 44 Schriften, zumeist Galerie-Führer und Ausstellungs-
Kataloge .
Am 6. Mai erwarb die Bibliothek im Tauschwege vom Museum Schwerdlings
Geschichte des Hauses Starhemberg und gab dafür Schaffran, Der Mond-
und Wolfgangsee, Der Attersee, Wien u. Leipzig 1925; eine Dublette,
und 12 Schilling.
Am 2. Juni erwarb die Bibliothek im Tauschwege von Prof. Gruber am
Petrinum das Büchlein "Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit'0,
Linz 1815*
15* Juni. In der soeben hier erschienenen Schrift "Mein Recht vor der
Behörde!", einem Leitfaden im neuen Verwaltungsverfahren findet sich
auch ein Abschnitt über die Verwaltungs-Einrichtungen Oberösterreichs.
Darin werden nun als Bildungs- Anstalten aufgezählt und gewürdigt
Landesarchiv und Landes- Denkmalamt,vollständig totgeschwiegen aber die
Studienbibliothek.
15* Juni. Heute beendete ich nach mehrmonatiger Arbeit die Katalogi-
sierung der in den Kartons (1-60) verwahrten Handschriften.
Am 25. Juni kaufte ich bei Steurer antiquarisch die Handschrift über
Färbe- Kunst von 1839» ferner eine Anzahl Obderennsia, darunter auch
Peter, Charakter- u. Sittenbilder aus dem Böhmerwalde, ein Buch, das
der Bibliothek vor 1908 abhanden gekommen ist. Obwohl der Stempel
deutlich erkennbar und lesbar ist, kaufte es der Antiquar seinerzeit,
statt den Verkäufer der Polizei zu übergeben. Aber Geschäft ist Ge-
schäft !
Am 28. Juni lieh die Ober-Realschule zu ihrem Jubiläum für Ausstellungs-
zwecke 24 Bände alter Schulbücher aus.
Am 30. Juni liefen 43 Schriften des Theosophen Dr. Rudolf Steiner als
Geschenk des Goetheanums in Dörnach (Schweiz ein, Vom Bibliogr. In-
stitut in Leipzig die Jubiläumsschrift von Hohlfeld, ich schenkte 15
Festgaben des Wiener Bibliothekar- Tages und den SA. über die Gau-Orte.
"Linzer Volksblatt" vom 5* Aug. veröffentlichte einen boshaften
Artikel über die Zukunft der Studienbibliothek.
Am 16. Aug. kam die von der Preuß. Akademie für Prof. Burdach ent-
liehene Hs. Cc VI 3 zurück.
6Q
Im »'Linzer Volksblatt" vom 13. Aug. greift jemand die Idee auf, die
Studienbibliothek in die Wanzenburg, genannt Schloß zu bringen.
Photographische Aufnahmen wurden gemacht von den Iwein-Fragmente für
einen Privatdozenten in Göttingen; von Bl. 36v , 34rv, 96rv,97r, 156v,
I57r <ies Ood. Tp 4 für den Kapuziner Dr. P. Crispin Moser in Frei-
burg (Schweiz).
Landesbeamte streuen aus, ich sei recht froh, jetzt schöne Räume in der
Sparkasse zu bekommen. So wird die Bevölkerung irregeführt! Es wird
also der Anschein erweckt, als befänden sich Landesregierung und
Direktor im schönsten Einvernehmen,froh, ei&e so schöne, ideale Lösung
gefunden zu haben!
Der Rektor der israel.-theol. Lehranstalt in Wien, Hofrat Schwarz, hat
im Juli hier unsere hebr. Fragmente benützt.
Die Konsum—Gesellschaft "Eintracht" in M. Gladbach spendete ihre Fest-
schrift, Alfred v. Trelde in Wien die Briefe des Grafen Westenham an
ihn, das Goetheamim in Dornach-Schweiz 3 weitere Bände von Dr. Steiners
Schriften, das Deutsche Konsulat die Schrift "Der Vertrag von
Versailles" von A. Ströhle.
Auf meinem Schreibtisch befindet sich zwischen zwei Glasplatten ein
Pergamentstreifen, den ich vor Jahren vom obersten Teile des Rückens
des Bandes U V 4 abgelöst habe. Er stammt aus einer Handschrift des
6. oder 7* Jahrhunderts, wie ich aus der Unziale schließe. Das Text-
fragm. der einen Seite weist vielleicht auf Matth. 13» 17» Es ist das
älteste Schriftdenkmal, das die Bibliothek besitzt und sei deshalb
trotz des geringen Umfangs meinen Nachfolgern empfohlen.
Am 25. Okt. spendete das Deutsche Konsulat neuerdings 4 Bde.: P.
Rohrbach, Deutschtum in Not; F. Stieve, Im Dunkel der europ. Geheim-
diplomatie; Dawes, Wie der Dawesplan zustande kam.
Am 28. Okt. machte ich dem Konsul v. Magnus einen Dankbesuch und gab
ihm eine Schilderung der traurigen Lage der Bibliothek, die er sich
schriftlich erbat. Am 30. Okt. sandte ich ihm das Schriftstück.
Seit September wird der von mir geschriebene Zettelkatalog der Literatur
vor 1801 in Maschinschrift übertragen. Es haben sich noch 882 graphische
Bll. in der Kapelle befunden, die jetst ebenfalls aufmontiert werden.
Rrof. Mack in München spendete am 12. Nov. eine von ihm verfaßte
Schrift.
In meiner Schrift über die graphische Sammlung der Studienbibliothek
zählte ich 7 neue Inkunabeln der Graphik, im ganzen also 50. Es sind
70
aber nur 5 unbekannte da zwei von den 7 bereits von mir und Haber-
ditzl publiziert sind.
Am 18. Nov. erschien in der "Tagespost" ein Aufsatz von Dr. Lartscheider
über das Auskochen von Menschenleichen im MA. Darin wird die Studien-
bibliothek dreimal erwähnt.
Kanonikus Pesendorfer hebt in seinem Buche "In die Neue Welt" hervor,
die Public Library in Newyork besitze Bibeln aus dem 15. Jahrh.. Wir
besitzen auch derlei, aber in Newyork, ha, Bauer, das ist was anderes!
26. Nov. Ich widmete eines meiner 3 Autor—Exemplare der Luxus-Ausgabe
des "Helmbrecht" der Bibliothek.
Am 20.Dez. hörte ich zum erstenmal von einem Neubau munkeln. Die
Landesregierung beschäftige sich bereits mit einem solchen Plane.
Im Dezember wurden die restlichen graphischen Blätter adjustiert. Es
ergaben sich noch 7^-2 Kartons mit 882 Bll. Im Werke "Oberösterreich",
Wien, G. Konegen, 1926 steht von mir ein Aufsatz über die Studien-
bibliothek.
Der Zuwachs im Jahre 1926 betrug: 409 Bände + 266 Bde. periodischer
Schriften + 194 kleine Schriften, zusammen 869 Bde. Dazu kommen: Mu-
sikalien 20, Landkarten 23, Handschriften 1, Graphik 62 Blatt.
Die Bibliothek zählt jetzt insgesamt 64.003 Bde.
Pakete liefen ein 33, gingen ab 22.
*=7
1927.
Am 7« Jan* sandte ich an den Unterrichtsminister R. Schnitz einen Brief,
in dem ich alle Argumente darlegte, die gegen die Unterbringung der
Bibliothek im Hintertrakt der Sparkasse sprechen. Es ist mein letzter
Versuch, eine unglückliche Idee auszutreiben. Eine Abschrift liegt bei
den Neubau-Akten.
Am 11. Jan. spendete das Deutsche Konsulat das Werk über das deutsche
Kunstgewerbe von W. Riezler, am 14. Jan. starb der Deutsche Konsul
v. Magnus, ein Freund der Bibliothek.
Im Bundesvoranschlag für 1927 sind für die Bibliothek folgende Beträge
vorgesehen:Bücheranschaffungen S 5000.-, Amts-Erfordernisse S 800.-,
Reisepauschale S 50.-, Druckkosten S 50.-, Kanzlei-Erfordernisse S10.-,
Subventionen S 400.-, Miet- u. Fachtzinse S 2000.-, Einrichtung u.
Regie S 5000.-
1. Febr. Landesarchiv- Direktor i. R. De. F. Krackowizer spendete 7
moderne Exlibris, das Deutsche Konsulat ein Werk von Stieve über die
Vorgeschichte des Krieges.
Am 8. Febr. starb Landeshauptmann J. N. Hauser und am 12. Febr. wurde er
mit großem Gepränge beerdigt, eigentlich beigesetzt. Der republikanische
"Volksmann" wollte auch nicht unter dem Volke im Friedhof liegen. Das
"Linzer Volksblatt" dichtet ihn zum Freund und Förderer von Kunst upd
Wissenschaft empor. Die Bibliothek hat nichts davon gespürt.
Am 16. Febr. spendete Advokat Dr. Peitler seine Kaspar Hauser- Bib-
liographie, Dr. Krackowizer ein Exlibris.
Von der Univ.- Bibi, in Wien erhielten wir im Tauschwege 8 Bände.
Ich schrieb am 18. Febr. an den Verfasser von Hartlebens Führer durch
Oberösterreich, den Bürgerschuldirektor i. R. Franz Brosch hier, er
möge in der nächsten Auflage doch auch die Studienbibliothek erwähnen.
Dasselbe Ersuchen habe ich schon früher an die Redaktion des Bädeker
und von Meyers Konversations-Lexikon gerichtet.
Die Rangordnung der Trauergäste beim Leichenbegängnisse des + Landes-
hauptmannes hat der Präsidialchef der Landesregierung Dr. Eigl bestimmt.
Darnach wären hinter den Mittelschulen das Priesterseminar und die
Studienbibliothek gekommen. Gegen diese Degradierung habe ich Protest
eingelegt und ich bin deshalb auch ferngeblieben.
22. Febr. Der "Kreuzfahrer" Herrn. Gurra spendet ein Gebet zu Maria vom
guten Rat, die Verlagsbuchhandlung Braumüller in Wien Junkers Gedenk-
schrift für Fr. Jasper, Redakteur K. Junker in Wien seinen Aufsatz
über das 250j. Jubiläum der "Linzer Zeitung".
^Z
з. März. Das Deutsche Konsulat spendete die Werke von Headlam-Morley
и. Lutz über den Weltkrieg, zus. 3 Bde.
8, März. Machte heute dem neuen Landeshauptmann meine Aufwartung und
trug ihm kurz die Angelegenheit der Studienbibliothek vor. Hochgradig
überreizte Natur. Gab mir zu verstehen, die Bibliothek sei Bundes-
sache, der Einfluß in Wien sei jetzt noch geringer als zur Zeit der
Monarchie, er sei auch nicht informiert, werde sich aber erkundigen,
eine Verlängerung sei ausgeschlossen, da» Land habe nicht die Aufgabe und
nicht die Mittel, sich um alle Schätze des Landes zu kümmern; wenn sie
der Staat zugrunde gehen lasse, so sei da eben nichts zu machen. Er
wolle übrigens in Wien darüber sprechen. Blieb die ganze Zeit sitzen
und erhob sich weder beim Empfang noch beim Abschied. Armes Land!
10. März. Die Schädlinge, die in unserer Bibliothek seit 1783 ihr Zer-
störungswerk verrichten, sind: Staubläuse, Lepisma, Dermestes lardarius
L., Corynetes caeruleus Deg., Ptinus sp., Cyphoderes sp., Sitodrepa
panicea L.
Sie unschädlich zu machen, lasse ich die Bibliothek von der ehern. Fa-
brik Dr. Jencic & Co. in Wien mit Blausäure vergasen, was c. 2000.-
kosten wird. Der Gesamt-Rauminhalt der Bibliothek beträgt 1367 m^.
12. März. Die Nationalbibliothek spendet die wertvolle Forts, von
Abderhaldens Handbuch der biolog. Methoden und den Schematismus der
Erzdiöz. Wien pro 1927, das Deutsche Konsulat die Schrift "50 Jahre
Bayreuth" von P. Pretzsch.
12. März. Schrieb heute an Hofrat Dr. Bick von der Nationalbibliothek,
den sachverständigen Beirat im Ministerim, er möge in der Bibliotheks-
angelegenheit an meine Seite treten, die Sparkassa-Idee sei kompletter
Unsinn, ersonnen und eigenmächtig durchgeführt von Vorreferenten Hof-
rat Meiß-Teuffen, möglich, weil sich Landeshauptmann und Referent (Dr.
Schwinner) mit Bundessachen nicht befassen wollen.
Am 1. April brachte das Linzer "Volksblatt" einen Bericht über den
Rathaus-Neubau. Darin wird gesagt, es sei eine wesentliche Ausgestal-
tung der Studienbibliothek und die Errichtung einer Volkslesehalle
vorgesehen. Wenn auch der Artikel offensichtlich ein Aprilscherz ist,
so w®iß man doch aus sonstigen Äußerungen der Sovega-Herren, daß sie
solche Absichten wirklich haben.
Am 26. April schenkte der Arbeitsausschuß Deutscher Verbände in Berlin
zwei Schriften, eine über Hindenburg und eine über die europ. Politik
1871-1914.
Wm 22. April erwarb ich vom Antiquitätenhändler Jos. Oberndorfer in
Augsburg ein Gebetbuch (Linzer Drucke c. 1720) in Silber-Einband um
M 550.- Der Einbd. stammt aus dem Jahre 174-1.
V3
Am 6. Mai benützte stud. phil. Karl Öttinger aus Wien die Hss. Cc VII 6,
Cc II 2, Cc II 5, Cc V 12, Cc VII 5, Tqu 4, Tqu 10, To 13, u. den Hss.-
Katalog.
In einer Besprechung meiner Schrift über unsere graphische Sammlung im
"Belvedere", Wien 1926, heißt es, unsere Bibliothek sei mit ihren 50
graphischen Inkunabeln "eine der auf diesem Gebiet überhaupt führenden."
Das ist wohl eine erfreuliche Anerkennung.
im 14. Juni vollendete der Diener Karl Eilmansberger nach achtmonatiger
Arbeit mit der Maschine die Reinschrift des Zettelkataloges für die Li-
teratur vor 1801. Nunmehr umfaßt das gesamte Zettelmaterial 50 Kasset-
ten.
Vom Antiquar Oberdörfer in Augsburg erwarb ich die Erscheinungen des
Anomaeus, eine überaus seltene Schrift, um M 52.- Smithsonian Institut
in Washington schenkte eine Schrift von W. Williams über die Ent-
wicklung.
Die "Tagespost" verweist im Briefkasten stets auf die Buchhändler, nicht
auf die Bibliothek. Fragen Sie in einer Buchandlung, das besorgt Ihnen
jede Buchhandlung usw. Man sieht die Koalition.
Am 19* Juni starb der "Stadtbibliothekar" Leop. Hörmann im Irrenhause.
Er war ein Säufer, behandelte das Publikum und seine Mitarbeiter un-
gebührlich, wanderte fleißig in den "Tiefen Graben", wie es heißt, und
verbrach zahlreiche schlechte Gedichte. Man sehe nun, mit welcher
Dreistigkeit die Rathaus-Korrespondenz von ds« Manne, der keinerlei
Vorbildung für sein Amt besaß, in den Zeitungen behauptet, er habe
die Stadtbibliothek zu einer der wertvollsten und angesehensten in
Stadt und Land gemacht. Im "Tagblatt" vom 22. Juni stand gar zu lesen,
er sei "jedenfalls mit großer Liebe bei der Sache gewesen, einer
Liebe, die vor allem die Benützer der Bücherei recht wohltuend im
Gegensatz, zu anderen öffentlichen Bibliotheken zu spüren bekamen".-
In dieser verlogenen Weise werden die Zeitungen informiert und die
Historiker in 50 oder 100 Jahren werden das als Quelle benützen. Noch
dazu bewilligte die Gemeinde ein Ehrengrab! In dieser schändlichen
Weise werden alle Maßstäbe preisgegeben.
In der "Tagespost" vom 26. Juni erhält jemand, der wegen einer alten
Bibel anfragt, die Auskunft, er möge sich an das Landesarchiv wepden,
dort erhalte er fachkundigen Bescheid. Das sind so die Bosheiten, mit
denen hiesige Idioten die Bibliothek umbringen wollen.
Am 6. Juli erwarb ich vom Antiquar J. Oberdörfer in Augsburg um RM 100.-
überaus seltene Schrift J. Esks über Leonh. Kasers Verbrennungstod
f-Ci
in Schärding 152?, Superintendant Dr. F. Koch spendete ein Fragment
einer hochdeutschen Bibelübersetzung, 14. Jahrh., und Rabbiner Dr.
Kurrein identifizierte das Nachsteckbl. der Hs. Cc VI 10 als Fragm.
aus dem babylon. Talmud.
Seit 1. Mai ist beim Hauseingang ein Zuckerwaren-Stand aufgerichtet,
nachdem durch fast 40 Jahre eine Frau auf ihrem Schemel dort Schaum-
rollen, Butterringel u. dgl. dort feilgehalten hatte (in Ceres), in
den letzten Jahren flankiert von einem überaus häßlichen Blumenmädchen
(Flora). Wegen 5 Schilling, die ihm der neue Inhaber monatlich Platz-
geld zahlt, läßt der Prälat von Kremsmünster das Portal des Biblio-
theksgebäudes verunstalten!
Ende Juli hat der Diener die Maschinen-Reinschrift meines Handschriften-
Kataloges vollendet. Im einzelnen muß der Katalog allerdings noch ein-
mal durchgearbeitet werden. Es handelt sich hier wie überhaupt bei den
von mir angelegten Katalogen mehr um summarische Arbeit, um den Ver-
such, der Massen Herr zu werden , einen Überblick zu gewinnen und das
vorhandene zu erschließen. Es war ja sehr vieles in den alten Kata-
logen nicht oder falsch verzeichnet. Aufgabe meiner Nachfolger wird
es sein, die Kataloge ins einzelne durchzuarbeiten. Hätte ich die
Arbeit so genau machen wollen, es wäre nie ein Katalog zustande ge-
kommen und wir hätten den Betrieb so armselig führen müssen wie er vor
1908 geführt wurde. Die Anlage eines Kataloges, wie er sein soll, er-
fordert auch eigene Kräfte, die sich ausschließlich dieser Arbeit
widmen, während ich die neuen Kataloge neben Amtsgeschäften und Par-
teienverkehr anlegen mußte.
Die "Tages-Post" vom 2. Aug. bringt auf S. 11 einen Bericht über
meinen Talmud-Fund aus der Feder des Rabbiners Dr. Kurrein. Die "Ober-
österr. Tageszeitung" vom 3- Aug. lagert einen Abguß davon mit höh-
nischen Bemerkungen ab, die wahrscheinlich von unserem bewährten
"Freunde" Oberst Hoernes herrühren.
In Salzburg erwarb ich einen Band handschriftlicher Oden von 1766, am
1* Sept. spendete der gewesene Landeskonservator Dr. Oskar Oberwalder
sein Porträt (Radierung). Aus Einbänden wurden in der zweiten Hälfte
des August abgelöst: Spielkarten, koloriert, wahrsch. oberösterr.
Herkunft, aus dem Anfang des 17. Jahrh. und eine wahrsch. spanische
Inkunabe 1 ( Fragm. ) .
15• Sept. betrug die Zahl der Handschriften 1048.
Ende Sept. erschien der 3* Teil unserer Einblatt-Drucke des 15» Jahrh.
Hei Paul Heitz in Straßburg unter dem Titel: Holz- und Metallschnitte
aus der Studienbibliothek in Linz a. D. Mit Einl. von Dr. K. Schiff-*-
mann. Text von W. L. Schreiber. Mit 7 Abb. in Lichtdruck.
Am 26. Sept. war das Leichenbegräbnis des verst. Bürgermeisters Dametz,
den die Sozialdemokraten zu einem der hervorragendsten Kenner der
deutschen Literatur ernannt haben (im hiesigen "Tagblatt").
Am gleichen Tage fand die Einweihung dee neuen Realgymnasiums statt.
Ich lud den dabei anwesenden Unterrichtsmiuister Schmitz ein, auch die
Bibliothek zu besuchen. Antwort: kein Besuch! Dafür kam zu der am 28.
Sept. im Landhause stattfindenden Sitzung der Ministerialrat Dr. Glotz.
In dieser Sitzung sollte die trage der künftigen Verwendung der Spar-
kasse-Räume geklärt werden. Es stellte sich heraus, daß sie bereits
von der Landesregierung gemietet waren, die sie an das Landesarchiv
und das Landesmuseum überlassen wird. Ich legte meinen ablehnenden
Standpunkt gegenüber der Absicht, dort die Bibliothek unterzubringen,
nochmals dar, während Glotz und Meiß das Regierungsprojekt vertraten.
Vgl. das Protokoll. Prof. M. Gruber spendete am 28. IX. einen Einblatt-
druck (Weihnachtslied eines oberösterr. Geistlichen).
Im Okt. begann ich mit den erklärenden Notizen zum Inkunabelkatalog.
Am 24. Okt. sprach ich beim neuen Bürgermeister Mehr vor und empfahl
ihm die Bibliothek. Er versprach, sich ein Gutachten vom städt. Bau-
amt zu verschaffen un/in Wien die Sache zu betreiben,_/d
Am 28. Okt. bestellte Dr. Otto Schumann, Frankfurt a. M., Feldbergstr.3,
der mit Prof. Dr. A. Hilka in Göttingen eine Neuausgabe der Carmina
Burana besorgt, Weiß-Schwarz-Aufnahmen von unseren Liedern in God.
Gc II 6, f. 1r. u. 60v, bzw. Cod.^ III 9, f. 83v,beide aus Garsten.
Am 11. Nov. spendete die Arztenswitwe Maria Erhard 112 Bde. medizin.
Literatur, fast alles in schönen Halbfranzbänden, am 17. Nov. die
Stiftsbibliothek in Heiligenkreuz 2 Schriften.
Am 15. Nov. entlieh Dr. Haller unser Fastenapiel (Handschrift) zur
Benutzung im Lesesaal.
Am 19. Nov. 13 Blätter (8 obere, 5 untere Blatthälften) eines deutschen
Breviers d. 15. Jahrh. aus den Deckeln des Inkunabel-Sammelbandes 553
ausgelöst und in Kart. 62 verwahrt. Wir besitzen jetzt 1051 Handschrif-
ten.
Am 21. Nov. trafen als Geschenk der Universitätsbibliothek in Innsbruck
^ Bände dortiger Dubletten ein.
Aus Ink. 400 löste ich 4 Blattfragm. einer lat. Bibelhandschrift ab,
die zu den Inkunabeln 310 abgelösten gehören, und von Inku. 414
weitere 4 Bll. eines Mondseer Dienstregisters, die zu den von C VIII 31
abgelösten gehören.
Am 28. Nov. erwarb ich vom Antiquar K. W. Hiersemann in Leipzig die
Nummer 235 des Kataloges 578» ein griech. Psalterium aus der Zeit um
1300» damit die Bibliothek doch wenigstens eine griechische Handschrift
besitzt. Landesarchiv-Direktor i. R. Dr. F. Krackowizer spendete das
Exlibris Narbeshuber von Kißlinger.
29. Nov. Im Tauschwege überließ Bibliotheksbeamter Dr. Erich Mayr der
Bibliothek einen großen Holzschnitt "Dombau 1920" von Kobinger (Linz),
der nur in 4 Exemplaren existiert.
Während die Universitäts-Bibliothek in Prag nur 4 Handschriften des
7.-10. Jahrh. in Fragmenten besitzt, zählen wir 18!
4. Dez. Prof. M. Gruber—Petrinum spendete 2 Kupferstiche, einen von
Israel, einen anderen von Adam.
Aus Falzstreifen einer Inkunabel (Nr 464) ergaben sich 3 Bll., auf
denen Präsenzvermerke für einen Rotelboten aus dem Jahre 1481 stehen.
Rarität ersten Ranges, die wahrsch. aus dem Stifte Suben stammt, dem
die Inkunabel gehörte. Dazu kommt, daß aus dieser Inkunabel eine
Subener Urkunde s. XV. ausgelöst wurde, weshalb anzunehmen ist, daß
das Buch im Kloster eingebunden worden ist.
In einer anderen Inkunabel (Nr 311) ergaben sich Bruchstücke von
Josephus Flavius, Augsb., G. Zainer.
Von Prof. M. Gruber-Petrinum erwarb die Bibliothek eine S. Anne selb-
dritt, Holzschnitt des 15* Jahrh., entweder Einblattdruck oder Buch-
Illustration, wie die Albertina mitteilt.
Dr. Krackowizer spendete am 16. Dez. zwei Exlibris.
In der Deckelfüllung der Inkunabel Nr 376 fanden sich 19 Bll. Schreib-
übungen eines Schulmeisters um Haag a. Hausruck aus der Zeit um 1610,
darunter der Anfang eines Osterspiels und ein gedrucktes französisches
Notenblatt. Vom Deckel der Inkunabel Nr 507 löste ich einen Privat-
brief auf Pergament aus der Gegend von Ulm ab, der c. 1480 geschrieben
ist, aus der Inkunabel Nr 531 zwei Schreiben des Abtes Benedikt von
Garsten (1473-88). Enrica v. Handel-Mazzetti erwähnt in ihrem "Joh. Chr.
Günther" die Studienbibliothek mehrmals. Das Meyersche Lexikon bringt
in seinen soeben erschienen 7 Bd. unter Linz aüf mein Ersuchen Daten
über die Studienbibliothek. An einer Stelle ihres "Günther" bemerkt
E* v. Handel-Mazzetti, ihr Held habe die Bibliothek des Herrn v.
Bronnen geordnet und dabei in seiner "Manie", Inkunabeln zu entdecken,
die Rücken des Erasmus verwüstet. Da nun in Linz das "Entdecken" auf
®ich bezogen wird, könnten boshafte Idioten, die sich das Ablösen von
Fragmenten nicht ohne Beschädigung vorstellen können, auch das "Ver-
wüsten"auf mich beziehen, sodaß ich als "Bücherzerstörer" dastünde.
Ich klärte daher am 26. die Baronin über das Verfahren heim Ablösen
auf und redete ±kT ins Gewissen.
Paul Graf Thun- Hohenstein in Parz teilte mir mit, daß jemand der
Studienbibliothek 25.000 Bde. testamentarisch vermacht habe. Ich ver-
mute, daß dies Maurice Reinhold v. Stern ist. Ist aber Irrtum, be-
trifft Herrn. Bahr v*. Salzbg. In diesen Tagen schrieb ich an die
Boehler-Werke, was eine Bibliothek aus Stahl koste.
Auf der Polizei-Direktion begehrte ich eine erhöhte Wachsamkeit der
Sicherheitsorgane, insbesondere auf der Seite der Bischofstraße. Da
durch die Publikationen unsere Schätze bereits weithin bekannt sind,
ist die Möglichkeit unerwünschten Besuches gegeben und daher nachts
Aufmerksamkeit nötig.
Am 26. Dez. spendete -^aronin Handel-Mazzetti ihren "Günther". Im
"Volksblatt" erschien einige Tage später eine Ausbesserung ihres
Fehlers, den sie mit ihrer Bemerkung über das Verwüsten der Bücher
gemacht hatte,
In der "Tagespost" vom 51. Dez. 1927 wird die Beantwortung einer An-
frage wegen der Studienbibliothek im Budgetausschuß durch den Minister
Schmitz gebracht, an der das Traurigste die Behauptung ist, die in
Betracht kommenden Kreise hätten sich an die Nichtbenützung schon
gewöhnt. Man sieht, wie der Minister falsch informiert wird, oder wie
gehässig die "Tagespost" die Bibliothek behandelt, denn die Bibliothek
wird trotz der Sperre viel benützt.
Der Zuwachs betrug im Jahre 1927: 393 Bde., 90 kleine Schriften, 9
Handschriften, 269 Bde. Periodica, zusammen 761 Bde. Dazu kommen:
Kunstblätter 269» Landkarten 4, Musikalien 26. Die Bibliothek zählt
jetzt 64.755 Bde. In dem Werke "Linz" des Kommunalverlages in Berlin
steht auch ein Aufsatz von mir über die Studienbibliothek. Pakete
sind eingelaufen 64, abgegangen 62.
1928.
In der "Tagespost" vom 3* Jan. erschien eine Berichtigung von mir, die
sich gegen die sonderbaren Ausführungen vom 31. Dez. richteten. In
einem Anhängsel schiebt sie jetzt private Informationen vor. Warum
hat sie aber nicht die Worte des Ministers davon strenggeschieden und
seitwann können andere wissen, daß sich das Publikum bereits an die
Nichtbenützung der Bibliothek gewöhnt habe? Durch die Art der Stili-
sierung erweckte die "Tagespost" aber jedenfalls den Eindruck, als
ob das Gebrachte alles im Budget-Ausschuß gefallen wäre.
Am 4. Jan. spendete Dr. Perd. Krackowitzer wieder 12 Exlibris.
Ende des Jahres 1927 fertigte sich auf meine Anregung der Diener Eil-
mansberger den Werkzeug zur Buchbinderei an, die wir seit Beginn
dieses Jahres betreiben, weil wir sonst mit den Rückständen nicht
weiter kommen. Die Buchbinderrecimungen wären unerschwinglich.
Vom 12.-15» Juli weilte ich in Wien, um die Interessen unserer Biblio-
thek zu fördern. Ich sprach vor beim Ministerialrat Dr. Glotz, dem
Referenten im Unterrichtsministerium, beim Prof. Dr. Smital in der
Nationalbibliothete, beim Prof. Dr. Kyrie im Bund es-Denkmal amt und
beim Abg. Wiesmayer im Parlament.
Das "Tagblatt" vom 1?» Jan. bringt einen Bericht über die Erbauung
eines Arbeiter-Kammergebäudes und verkündet mit durch den Fettdruck
sich verratendem Triumpfgefühl, daß darin auch eine "wahre Bibliothec.a
publica" errichtet werden solle. Der christlichsoziale Vertreter habe
ebenfalls begeistert zugestimmt. Woraus nur hervorgeht, mit welchen
Idioten man es hier zu tun hat.
Am 18. Jan. lieferte der Bibliothekswart Eilmansberger als erste Ar-
beitsschicht 53 Bde., die er gebunden hat. Als Material-Auslagen
rechnet er für den Band 40g, als Remuneration ist vorläufig für den
Band 1 S in Aussicht genommen.
In der Sitzung des o.Ö. Landtags vom 25» Jan sprach der sozialdemo-
kratische Landeshauptmann-Stellvertreter Gruber einige kräftige Worte
über den Skandal mit der Studie&bibliothek, die ich an die richtigen
Stellen in Wien weiterleitete.
Von meinem Aufsatze "Die Bundesstudienbibliothek in Linz" in dem vom
Kommunalverlag Berlin herausgegebenen Werke "Linz" habe ich Ende Jan.
an alle irgendwie in Betracht kommenden Persönlichkeiten Sonderab-
drücke verschickt.
Im heurigen oberösterr. Amtskalender ist die Bibliothek als Abteilung
der Landesregierung angeführt, also ihres selbständigen Charakters
entkleidet, im österr. Amtskalender dagegen hat jemand es nicht aus-
halten können, daß die Studienbibliothek an der Spitze der ümterrichts-
anstalten stand, und flugs veranlaßt, daß der Landesschulrat an die
Spitze kam! In Salzburg u. Klagenfnrt aber ist es umgekehrt.
Ad. Piliwein in Wien spendete eine Hs. (Verzeichnis der o.ö. Frei-
maurer) u. eine Broschüre über die Freimaurer (18. Jahrh.) Prof. Ant.
Mayer am Petrinum 11 moderne Exlibris, Schulrat Joh. Rauch in Vöckla-
bruck 5 Patente u. Kundmachungen, am 8. Febr. Obermagistratsrat i. R.
Ivo Tallavania, 5 Bde. von Arming, am 11. Febr. das Stift Heiligen-
kreuz den Bibliotheksführer von S. Grill, von der Lehrerin Neumann
in Polling Strzygowski, die bildende Kunst der Gegenwart.
In einer am 14. Febr. mit dem Präsidialchef Eigl gehabten Unterredung
über die Stellung der Studienbibliothek im Behördenschema bezeichnete
er sie als "Amterl", das man doch nicht gut an die Spitze der Unter-
richtsanstalten stellen könne. Er begriff auch den Unterschied zwischen
Lehr- u. Unterrichtsanstalt nicht. Ich wies dann auf den Vorgang in
Salzburg u. Klagenfurt hin.
In der Nummer vom 22. Febr. bringt die "Oberösterr. Tageszeitung"
eine Notiz aus der "Neuen Züricher Zeitung", wonach man in Florenz
sich für einen neuen Bahnhof entschieden habe, weil dieser wichtiger
sei als eine neue Bibliothek. Daraus wird die Nutzanwendung für Linz
gezogen. Ich sandte dem Blatte sofort eine Entgegnung, worin ich die
Richtigkeit des Vergleiches bestritt, da eben in Florenz, das 4 große
Bibliotheken besitze, eine neue tatsächlich nicht dringend sei, während
in Line die einzige schon vier Jahre geschlossen sei. Erschien 2 Tage
darauf.
22. Febr. Landesarchivdirektor i. R. Dr. Ferd. Krackowizer spendete
3 literarhistor. Broschüren, Rabbiner Dr. Kurrein ein Feuilleton.
Im Einband einer Venezianer Inkunabel aus Mondsee fanden sich zwei
Einblatt-Kalender von 1507 u. 1514, sowie verschiedene aus der Salz-
Burger Domkanzlei stammende Makulatur, darunter ein Noten-Manuskript,
das vielleicht vom Paul v. Hofhaimer herrührt, alles" aus Inkunabel
Nr. 514. Da einer der Kalender für das Bistum Augsburg gedruckt ist
und Hofhaimer sich dort einige Jahre aufh|elt, so könnte auch das
Manuskript aus seiner Augsburger Zeit stammen.
28. Febr. Die christlichsozialen Abgeordneten Aigner, Bauer u. Genos-
sen brachten im Nationalrat den Antrag auf schleunige Inangriffnahme
des Bahnhofs ein. Man erkennt jetzt das System Muster Florenz.
10. März. In der heutigen Nummer der "Oberösterr. Tageszeitung" steht
ein ungeschickter Aufsatz über die "Bibliotheca publica", verfaßt von
einem Redaktionsmitglied auf Grund von Informationen, die bei Hofrat
Meiß eingeholt worden waren.
19. März. Domherr Oberchristi spendet 4 Linzer Drucke, 88 religiöse
kleine Schriften u. 13 Graphica.
An diesem Tage fand abds. im Kasino-Saale eine vom Oö. Volksbildungs-
vereine einberufene vorberatende Versammlung in Sachen des Neubaues
der Studienbibliothek statt. Während alle Linzer davon Notiz nahmen,
schwieg sich die "Tagespost" darüber aus.
21. März. Die heutigen Linzer Blätter berichten über die Versammlung
vom 19» März, das "Tagblatt" natürlich mit einem Stich ins Politische.
25. März. Es fand heute im Zimmer Nr. 6 des Rathauses eine Konferenz
des am 19* März gewählten Ausschusses statt, bei der Nationalrat Dr.
J. Aigner vorschlug, eine Deputation nach Wien zu senden und eine
Denkschrift anstatt der Kundgebung zu überreichen, die von mir verfaßt
war und in der er das Wort "Skandal" u. "fordern " beanstandete. Ich
arbeitete die Denkschrift aus und am 29* fuhr die Deputation nach Wien.
Teilnehmer: Nationalrat Dr. Aigner, Nationalrat Weiser, Bundesrat
Berger, Landtagsabg. Pauly, Bürgermeister Mehr, Obmann des Volksbil-
dungsvereines Hofrat Dr. Kowarz, Hofrat Meiß-Teuffen, Bibliothekdirek-
tor Dr. K. Schiffmann. Im Unterrichtsministerium empfing uns Minis-
terialrat Dr. Glotz im Finanzministerium Dr. Kienböck, Minister. Uber
den Verlauf berichten die Linzer Blätter. Am Tage der Vorsprache in
Wien brachte die "Tagespost"einen Aufsatz über die "vergessene Schatz-
kammer ", worin allerlei Unrichtiges vorkommt, darunter auch die Bemer-
kung, ich dächte daran, nach Ablauf dieses Schuljahres der Bibliothek
Debewohl zu sagen. "Wenn nichts geschieht", hatte ich hinzugefügt. Der
Verfasser des Artikels läßt aber diese doch wesentliche Einschränkung
weg. Ferner behauptet H. H. P[ilz], es seien 400.000 S bewilligt, wo-
von doch gar keine Rede war. Ich sagte nur, in dieser Höhe habe sich
der seinerzeit von der Regierung geäußerte Voranschlag bewegt.
Am 4. April 5*1 abds. war wieder Ausschuß-Sitzung, worüber die Blätter
berichteten. Am 5» April sprachen Dr. Kowarz und ich beim Landeshaupt-
mann Dr. Schwinner, Landesamtsdirektor Graf Attenö und Hofrat Heiß-
Teuffen vor, um sie zu bitten, die Landesregierung möge nunmehr die
Angelegenheit zu ihrer eigenen machen und die finanziellen sowie
baulichen Schritte beschleunigen, und nahmen Fühlung bei drei Kredit-
instituten.
In der Osternummer schreibt die "Tagespost" in einem Aufsatz über die
Bautätigkeit in Linz 1928, mit dem Bau der Studienbibliothek habe es
noch seine guten Wege. Woher wissen das die Leute?
Durch einen Aufsatz des "Neuen Wiener Journals" über die österr. Ab-
teilung auf der Presse-Ausstellung in Köln angeregt, brachte das
"Linzer Volksblatt" vom 17. April ebenfalls einen Aufsatz über die
Ausstellung u. zw. über die von der Studienbibliothek ausgestellten
11 Objekte.
Am 17. März spendete Herr Dr Edm. Haller ein Werk: Erich H. Müller,
Angela v. Pietro Mingotti.
Am 25* März habe ich in Schwanenstadt das Bücherlegat nach dem Schul-
direktor i. P. Matthäus Schmiedbftuer übernommen und in 10 Kisten ver-
packt .
Am 26. März erhielt die Studienbibliothek im Tauschwege 10 Bände von
der Studienbibliothek in Salzburg.
Am 9* Mai schenkte ich das Widmungsexemplar von Wilhelm-Newald, Poe-
tische Fragmente des 12. u. 13» Jahrh., worin das Iwein-Fragment un-
serer Bibliothek abgedruckt ist.
Im Hofe unseres Hauses Landstr. 30 haben sich die vereinigten Buch-
händler von Linz einen Schuppen zur Aufbewahrung ihres Schulbücherla-
gers erbaut, mit entsprechender Aufschrift. Kam da nun am 16. Mai die
Gattin eines hohen Eisenbahnbeamten auf dem Wege zum Zahnarzt am Schup-
pen vorüber, bestarrte ihn und meinte dann zum Zahnarzt: "Nu, der Neu-
bau der Studienbibliothek ist ja ganz hübsch ausgefallen"! Elite von
Linz!
19» Mai spendete Dr. Krackowizer ein handschriftliches Kochbuch, 23.
Mai Domherr Oberchristi 7 Bde. ältere Literatur u. 10 Einblattdrucke,
am 25. Mai die Stadt Steyr ein Exemplar des Werkes "Steyr".
In diesem Monate erwarb für uns die Wiener Universitätsbibliothek bei
einer Versteigerung im Dorotheum auf meine Bitte eine handschriftliche
Chronik Oberösterreichs (lö.Jhrh.) aus der Schiaßbibliothek in Hagen-
berg.
Am 2. Juni spendete Dr. Lartscheider 2 medizinische Werke u. 7 kleine
Aufsätze von ihm.
Am 3. Juni war ich in Audienz bei dem anläßlich des Mittelschüler-
Sportfestes in Linz weilenden Unterrichtsminister Schmitz und bat um
den Neubau. Er antwortete, »an möge nicht übertreiben (zu Hofrat
Ko warz, der mit mir erschienen war), Raummangel hätten alle Biblio-
theken, wenn er auch zugebe., daß e® hier am schlechtesten stehe.
Er habe übrigens die Verhandlungen bereits eingeleitet und es stehe
nunmehr bei den lokalen Faktoren, ob sie einen Neubau ermöglichen
wollten oder nicht. Also der Bund will sich von anderen eine Bibliothek
zahlen lassen. Der Minister zeigte wenig Orientierung und wenig Ver-
ständnis .
In der Landtagssitzung vom 13« Juni hob Bürgermeister Mehr hervor, der
Finanzminister lasse es an kultureller Fürsorge für Oberösterreich
mangeln und die Studienbibliothek in ganz unzulänglichen Bäumen ver-
ludern. Im Berichte des Linzer "Tagblatts" vom 14. Juni im Druck her-
vorgehoben.
Landesarchivdirektor Dr, Krackowizer spendete mehrere Jahrgänge des
"Bücherfreundes", Dr. Mayr einen Jahrg. d. Jahrbuchs der Innviertler
Künstlergilde und das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt a. M. zwei
wertvolle Schriften von 0. Heuer.
Am 16. Juni spendete H. Bazinger sein Buch über Carl Hauptmann.
Am 19* Juni bat ich den gerade anwesenden Abg. Kern um seine Unter-
stützung der Neubau-Angelegenheit. Im Laufe des Gespräches erwähnte
ich das Verlangen des Finanzministers, das Land und das Stift sollten
auch beitragen. Da meinte der Abg. bezüglich des Stiftes entrüstet:
so etwas könnte ein roter Minister verlangen, aber doch kein christlich-
sozialer!- So sehen wir aus.
Koop. Lambert Stelzmüller sandte eine Schachtel voll Fragmente der
Linzer Zeitung von 1678-88, die zur Verkleidung der Tür- und Fenster-
pfosten im Schlosse Zell b. Zellhof verwendet worden waren.
Am 6. Juli fuhr ich nach Wien, um wegen der Bibliothek stachzufragen.
Es stellte sich heraus, daß man im Unterrichtsministerium folgendes
beschlossen hatte: Adaptierung der gegenwärtigen Bibliotheksräume und
künftige Bestimmung allein für Verwaltungszwecke, Ankauf eines Stückes
Gartengrund und Erbauung eines Bücherspeichers anschließend an die
gegenwärtigen Räume. Es war auch schon das Handelsministerium beauf-
tragt, die Pläne auszuarbeiten. Es war eine Rechnung ohne Wirt, das
betreffende Areal ist nämlich bereits verbaut und verpachtet. Als ich
den Herren das sagte, war natürlich die Verblüffung groß. Ohne sich
zu informieren, entscheiden die Machthaber über Leben oder Tod der
Bibliothek! Durch derartige Torheiten wird es aber wahrscheinlich da-
bin kommen, daß für 1929 nichts mehr zu machen ist. Ich ging sofort
ins Parlament und erzählte die Sache dem Nationalrat Dr. Aigner, der
bisher keinen Schritt ins Unterrichtsministerium getan hatte. Auch
einen scharfen Brief wegen dieser Regiererei schrieb ich ihm. Das sind
Abgeordnete!
Am 14. Juli spendete Hofrat Dr. Aug. Scheindler in Kirchschlag 141
Bde. Schulbücher. Willkommener Zuwachs für die schulgeschichtliche
Sammlung.
In der in Wien erscheinenden "Volkszeitung",Nr. vom 25. Juli, ver-
öffentlichte die Linzer Schriftstellerin Susi Wallner ein Feuilleton
"Die tote Bibliothek". Geht die Studienbibliothek an und ist hübsch
geschrieben.
Eine a® 18. Juli auf meine Veranlassung vorgenommene Besichtigung der
Bibliotheksräume ergab als Befund bedeutend fortgeschrittene Zer-
reißung der Stuckplafonds und gesteigerte Gefahr für das Betreten ins-
besondere des Eckzimmers Landstraße u. Bischofstraße.
Durch die Erbauung eines Schuppens im Hofe wurde die Sicherheit der
Bibliothek stark gefährdet. Ich erstattete daher am 11. Aug. die An-
zeige an die Polizei-Direktion.
Am 31. Aug. gingen 29 Musik-Hss. (Fragm.) an die Studienbibliothek in
Salzburg ab zur Benützung durch Domkapellmeister i. R. Heinrich Spieß.
Am 8. Sept. spendete Dr. Ganhör (Niedernhart) einen Linzer Plan von
1825, am 13. Sept. Dr. E.E. Smith das Werk Aluminium compounds in food,
New York 1928, am 15» Sept. spendete ich das Köstendorfer Heimatbuch
von J. Vogl, am 24. Sept. das lettl. Konsulat in Wien eine Karte von
Lettland.
Am 25« Sept. fanden sich um 8 Öhr früh in der Bibliothek ein: ein
Ministerialrat des Haadelsministeriums, Abt. Staatsbauten, Hofrat
Meiß und Baurat Kräh, besichtigten alle Räume, den Garten und den Bau-
platz in der Feldstraße. Eine eingehende Erörterung führte zu dem Er-
gebnis, man wolle beim Stifte Kremsmünster den Verkauf des Hauses und
Abtretung der Hälfte des Erlöses zu einem Neubau beantragen, wodurch
diese letztere ad calendas graecas verschoben sein dürfte, da eben
der Abt nichts zahlen will. Bei dieser Besprechung erfuhr man auch,
daß das Ministerium sogar eine Verschmelzung der Linzer mit der Salz-
burger Studienbibliothek in Erwägung zog.
Die "O.ö. Tageszeitung" vom 26. Sept. orakelt über die Zukunft des
Hauses Landstr. 30 und der "Bibliotheea publica".
Am 2. Okt. spendete F. Zehden in Wien seine Mundartdichtung, Wien 1928,
Präsident Duftschmied ein großes Porträt des Schuldirektors Schmied-
bauer, der uns 10 Kisten Bücher vermacht hat.
Vom 1.-5. Okt. benützte ein evang. Theologe für ein von der deutschen
Hotgemeinschaft unterstütztes Werk betr. die Grundlagen der Luther'sehen
Kirchenmusik unsere Inkunabeln 83, 537, 640, 558, 11 Inkunabelfrag-
mente (Missalien) und 3 Drucke aus dem Anfänge des 16. Jahrh. (Missalieri
<3^
10. Okt. Das Deutsche Konsulat in Linz spendete den 1. Bd. der "Brit.
Amtl. Dokumente über den Ursprung des Weltkrieges", Dr. Lartscheider
u. Dr. Schiffmann je einen SA., am 12. Okt. Wilh. Zeller Jungmairs
Dichtungen, 2. A., ein Schillerbuch und Schiffmann, Ein altes Bil-
derbuch.
Am 17* Okt. kam eine Kiste mit 72 Werken aus dem Gebiete der krit.
Theologie an, ein Geschenk des Pfarrers Kranz Wagner in Brunnental.
Am 22. Okt. spendete das Deutsche Konsulat ein Werk über Polep.
In der "Tagespost" vom 27. Okt. steht im Zusammenhang mit einer
Notiz über die Verbauung der Trainkasern-Gründe auch eine Bemerkung
über das neue Bibliotheksgebäude.
29* Okt. Als Inschrift am neuen Gebäude würde sich eignen, was am
Giebel der alten Erfurter Bibliothek steht: Hic mortui vivunt et
muti loquuntur.
2. Nov. Dr. V. Thiel, Direktor des steierm. Landesregierungsarchivs,
spendete einen SA. seines Aufsatzes über die alte Papiererzeugung
in Oberösterreich.
Am 8. Nov. erfolgte durch Phot@gr. Schwarz eine Aufnahme der Biblio-
theksschäden auf 6 Platten für die Beilage "Heimatland" des "Linzer
Volksblatt".
Am 14. Nov. spendete das Deutsche Konsulat 2 Bde. Forts, der Brit.
Dokumente zum Ausbruch des Weltkrieges.
Eine am 26. Nov. vorgenommene Zählung ergab, daß die Bibliothek
350 Musikalien besitzt.
In der Nummer vom 27. Nov. bringt die "Tagespost" und noch ausführ-
licher die "Tageszeitung" den Inhalt einer Unterredung mit Handels-
minister Schürff über den Neubau der Studienbibliothek. Ein paar
Tage früher brachten beide Blätter Mitteilungen über die Pläne der
Salzb. Stiglbrauerei mit dem Bibliotheksgebäude Landstr. 30*
Am 26. Nov. spendete das Deutsche Konsulat wieder ein Buch über
Polen, am 3. Dez. die Deutsch-österreichische Arbeitsgemeinschaft in
Stuttgart ein Buch über die Anschlußfrage. In der Nummer vom 2. Dez.
brachten "Tagespost" und "Volksblatt", letzteres mit Bildern, einen
Aufsatz über die Studienbibliothek.
Am 3. Dez. spendete Domherr Oberchristi einen Jahrg. "Kath. Blätter",
der uns zur Komplettierung unseres unvollständigen Exemplars diente.
Am 11. Dez. brachte die hiesige "Tageszeitung" eine wichtige Notiz
über den "Bierkeller der Stieglbrauerei"und auf eine von mir am 7*
Dez. an das städt. Bauamt gerichtete Eingabe hin erschien am 12. Dez.
Baudirektor Kühne und besichtigte alle Bauschäden. Er fand die Lage
bedenklich und versprach, sich beim Bürgermeister für eine Beschleu-
nigung der Angelegenheit einzusetzen. Dazu sei die Konzession an
Niklas, hier einen Bierkeller zu errichten, das beste Mittel.
Am 15» Dez. wurde in einer beim Stadtbaudirektor Kühne stattgefundenen
Sitzung dem Vertreter der Landesregierung, Hofrat Meiß bekanntge-
geben, daß nunmehr der 1. Stock Landstr. 30 gänzlich zu räumen sei
und am gleichen Tage erfolgte der schriftliche Auftrag des Stadtbau-
amtes. Die Bischofstr. wurde wegen "unmittelbarer Einsturzgefahr"
für den Wagen- u. Auto- Verkehr gesperrt, Leute sammelten sich an
und starrten am Hause empor, ohne etwas zu sehen. Die Zeitungen
in Linz uqI Wi«x schwammen in phantasievollen Berichten und sogar
das Radio trug die Nachricht in alle Welt. Die "Kroa®nj5ei4ußg" in
Wien leistete sich sogar ein viertelstündiges Telephon-Interview
mit mir. Unterdessen traf die Landesregierung Vorkehrungen. Als De-
monstration gegen den Bund war es aufzufassen, daß schon am 15* Dez.
der Landesarchivdirektor Dr. Zibermayr den dringenden Wunsch und
Auftrag überbrachte, sogleich die Wertsachen (Handschriften, Inkuna-
beln, Landkarten, Kupferstiche, Einbände etc.) dem Landesarchiv in
Obhut zu geben. Als ich aber dann den eigenen Schlüssel begehrte,wurde
er mir verweigert, weil die Sachen sonst nicht mehr in der "Ver-
waltung" des Archivs stünden. Der Schlüssel müsse beim Direktor ge-
holt werden. Es erschienen tatsächlich am 17* Dez. vier Archivbe-
amte und transportierten (bis 19« XII.) auf Lastenautos die genannten ■
✓1
Bestände weg. Zweck: damit die Herren des Landesarchivs {jetzt 1 /2
Jahre diese Dinge nach Belieben auskundschaften können. Alles über
meinen Kopf hinweg durch eine von Meiß dem Landeshauptmann ab-
schwadronierte Verfügung, die Z. mir auf mein Verlangen schriftlich
ausfolgte!
Schon anläßlich der Schließung der Bibliothek 1924 hatte Zibermayr
das durchsetzen wollen, aber bei Hofrat Meiß nicht durchdringen
können. Ich konnte natürlich einen Auftrag des Landeshauptmannes nicht
sabotieren, gab aber dem Archivdirektor zu verstehen, daß ich meine
vorherige Beiziehung erwartet hätte und daß nach meinem Dafürhalten
der Landeshauptmann nicht das Recht habe, auch nur einen Teil , und
zwar den wertvollsten, der Bibliothek der ordentlichen Verwaltung
zu entziehen, noch dazu mit einer Eile, daß die Abfassung einer
Konsignation nicht mehr möglich sei. Hofrat Meiß gab ich meinen
Protest bekannt. Es ist doch klar: dem Landeshauptmann, der mir bei
der ersten Vorstellung schon versicherte, wenn der Bund seine Insti-
tute zugrunde gehen lasse , so sei ihm "das ganz wurst", und das
Land sei auch nicht dazu da, die "Kultur zu retten", ist gewiß diese
merkwürdige Fürsorge nicht zuzutrauen, sondern sie hat in Zibermayrs
Drang, sich als oberste Stelle in Kulturfragen betrachtet zu sehen,
ihren Ursprung und kam dem Landeshauptmann als Demonstration gegen
Wien nicht ungelegen.
J
Am 19« Dez. wurde mit vier Packern der Faßzieher mit dem Verpacken
der Bibliothek in die von der Tabakfabrik gratis beigestellten
Kisten begonnen. Am 20. Dez um 6 Uhr waren die Schränke F, 9» J, L,
M, N verpackt und damit das am meisten gefährdete Eckzimmer Land-
str.-Bischofstr. geräumt. Ergebnis 76 Kisten.
Am 21. Dez. gingen um 2 Uhr die erste und zweite Fuhre in den Wirt-
schaftshof und an diesem Tage wurden vom Tischlermeister Springer
die Schränke im Eckzimmer abgebrochen. Am 22. Dez wurden sie ver-
laden und ebenfalls in den Wirtschaftshof abtransportiert. Am 23. war
Sonntag. Am 24. Dez erfolgte die Pölzung der Ecke Landstr.-Bischof-
str. des Plafonds im Eckzimmer und theolog. Zimmer wurde mit dem
Packen begonnen. 25. u. 26. Dez. Weihnachten.
27. Dez. Pacfeen im theol. Zimmer Abtransport von 39 Kisten. 28. Dez.
Packenjim theol. Zimmer und im Lesesaal. 29. Dez. ebenso. 30.Des.
Verladen und Abtransport von 62 Kisten.
Der Zettelkatalog umfaßt jetzt 53 Kassetten nach Fächern, entspre-
chend dem Aufstellungssystem, der Handschriften- und Inkunabelka-
talog je^Kassetten, der der periodischen Schriften 6 Kassetten, zu-
sammen 69.
Benützung trotz der Sperre ansehnlich
916 Benützer im Lesesaal mit >430 Bdn
mit 3430 Bdn., 43 Hss. u. 37 Ink.
mit 898 Bdn.u. 4 Hss.
mit 307 Bdn. aus anderen Bibliotheken
395 Entlehner
252 Besteller
1563 Benützer
mit 4635 Bdn. 47 Hss. u. 37. Ink.
Pakete liefen ein 62, abgegangen sind 69*
Der Zuwachs betrug 348 Bde., dazu 305 Bde. periodischer Schriften,
274 kleine Schriften und 522 alte Schulbücher, zusammen 1049 Bde.
Ferner wuchsen zu: 349 Kunstblätter, 18 Handschriften, 13 Landkarten,
3 Inkunabeln, 40 Musikalien.
<?T
1929.
In der ersten Hälfte des Jan. gab man im hiesigen Theater öfter das
Stück "Die Herzogin von Chicago". Die Dollarprinzessin möchte den
Erbprinzen das Schloß abkaufen, aber kann sich von dem historischen
Bau, an den ihn überdies Kindheits-Erinnerungen knüpfen, nicht tren-
nen. "Aber wissen's was", improvisierte der Erbprinz (Dir. Hugelmann),
"kaufen's uns was anderes ab, z. B. den Bahnhof oder die Studien-
bibliothek". Schallendes Gelächter im ganzen Haus.
Die Räumungsarbeiten gingen weiter: 2. Jan. Packen der Dubletten u.
Kleinen Schriften. Verladen u. Abtransport von 30 Kisten.
3. Jan. Packen von Aa u. Bb. Verladen u. Abtransport von 30 Kisten.
4. Jan. Packen von Cc, Dd, Lexica u. Acta Sanctorum. 5» Jan. Packen
von K und des größten Teiles von E. Verladen u. Abtransport von 30
Kisten.- 7* Jan. Verladen u. Abtransport von 60 Kisten in 2 Fuhren.
8. Jan. Packen des Restes von E, der Schränke T-X und eines Teiles
von S.- 9« Jan. Packen des Restes von S. Verladen u. Abtransport
von 60 Kisten.- 10. Jan. Packen von C-Q und des größten Teiles von
R. 11. Jan. Packen des Restes von R und der Periodica in der sogen.
Dunkelkammer.
Am 9. Jan fand wieder eine kommissioneile Besichtigung der Biblio-
theksräume statt. Anwesend: Baudirektor Kühne, Prälat Czerny, Dom-
baumeister Schlager, Dr. Steininger als Vertreter der Stieglbrauerei.
Es wurde festgestellt, daß der Nordtrakt noch viel schlechter sei
als der Südtrakt. Die Kommission begab sich hierauf zum Bürgermeister
Mehr, der auf Grund der Auseinandersetzungen erklärte, am 10. Jan.
nach Wien fahren zu wollen, um den gordischen Knoten zu zerhauen.
Dr. Steininger fuhr am 10. Jan. mit ihm. Die "Tagespost" vom 11. Jan.
faselt von Schätzen, die sich bei der Räumung gefunden hätten und
Eigentum des Stiftes seien. Das tolle Zeug beruht auf der Äußerung
des Prälaten, eben die wertvollen alten Bestandteile der Bibliothek
seien es, die der Staat seinerzeit dem Stifte als Eigentum über-
geben habe. Er trete sie dem Staate wieder ab, wolle aber dafür nicht
seinerseits eine Ablöse zahlen.
In der hiesigen "Tageszeitung" vom 12. Jan. tritt jemand für die
Verlegung der Studienbibliothek nach Wels ein, wo durch den Neubau
eine Bürgerschule ein altes Gebäude frei geworden sei, das für die
Studienbibliothek einen stilvollen Rahmen abgeben würde!! In der
ts
"Tagespost" vom 12. Jan. wird über eine Vorsprache des Bürgermeisters
bei den Referenten der beteiligten Ministerien in Sachen der Studien-
bibliothek berichtet. Es soll auf seine Anregung in Wien eine Kom-
mission stattfinden. Wie man erfährt, drohte er in Wien mit der Ab-
sperrung der Landstraße und erklärte er, auf eipen Aktenverkehr
werde er sich da nicht einlassen. Diese Energie geht auf den "März"
zurück", der schon seine Ausstellungsräume im neuen Bibliotheksge-
bäude haben möchte, und vielleicht noch auf anderes. Zunächst ist
also der Ansturm des "März" abzuweisen, die Bibliothek darf kein
Zwitter werden, was bei gemeinsamer Verwaltung der Fall wäre.
12. Jan. Natürlich hat die Fama jetzt gute Zeiten. Am 12. Jan. wußte
mein Bäcker, daß ich alles niederlegen werde, daß die neue Biblio-
thek die größte und schönste Österreichs würde, daß sie Schätze berge,
die es sonst nirgends in der Welt gebe. So heiße es allgemein.
14. Jan. Baurat Karl Demant in Linz schenkte ein Autogramm Strind-
bergs, der durch seine Frau auch mit Oberösterreich verbunden war.
15. Jan. Sitzung in der Landesregierung, Gegenstand: Platzfrage.
Der Bürgermeister will ein freistehendes Gebäude auf dem Trapez, das
sich an den Gamauf—Pavillon anschließt, und in Verbindung damit
Ausstellungssäle für die hiesigen Kunstvereine. Er erklärt, an der
Frage, wie das Verhältnis zur Bibliothek sich gestalten würde, nicht
interessiert zu sein. Daraufhin schloß ich mich dem Vorschläge des
Bürgermeisters an und hob die Bedeutung des Institutes hervor. Der
Vorsitzende, Landesrat Pfeneberger, der die Stelle des beurlaubten
Referenten vertrat, erhob Schwierigkeiten wegen der Eigentumsver-
hältnisse; auf das Grundstück habe das Land gewisse Ansprüche. Er-
gebnis: keines. Man will eben kein schönes, freistehendes Gebäude
auf hervorragendem Platze, obwohl die Stadt so arm an solchen Bauten
ist. Hofrat Meiß tritt vielmehr für den Platz neben der Steuerad—
ministration ein, wo der Bau schon länger geplant war. Ich finde
mich damit ab, wenn mir auch natürlich der andere lieber wäre.
16. Jan. Sitzung in der Landesregierung. Gegenstand: Abfindung des
Stiftes Kremsmünster mit dem Bunde betr. die Befreiung von der Last
der Unterbringung der Bibliothek. Oberregierungsrat Mayer der Kul-
tus-Abteilung schildert in satten Farben die Not des Stiftes, der
Abt ergänzt das Bild und versteigt sich zur Behauptung, bei der
Übernahme der Bibliothek 1783 seien 30 000 Bücher ins Eigentum des
Stiftes übergegangen, während im betr. Dekret nur von unentgeltlicher
Überlassung die Rede ist. Nach allen Nachrichten aus jener Zeit betrug
der Bestand der Bibliothek nicht viel mehr als 10 000 Bde. Die
übrigen 20 000 Bde. müßten also Dubletten gewesen sein. Es wurde
auch zweimal versteigert, aber niemand weiß, wohin der Erlös ge-
wandert ist. Statt nun den Dingen auf den Grund zu gehen, schlug
man vor, von allen diesen Erörterungen abzusehen und den Vergleichs-
weg zu beschreiten. Der Abt ließ sich auf Drängen herbei, dem Ka-
pitel, das er einberufen wolle, eine Ablösung im Betrage von mindes- e
tens 30 000 und höchstens 50 000 S vorzuschlagen. Das Kapitel ließ
sich aber nur zu S 30 000 herbei.
Am 18. Jan. fuhren Landesrat Pfeneberger, ORR. Mayer und HR. Meiß
nach Wien, um auf dieser Basis zu verhandeln.
Am 12. Jan. Packen von Z, Verladen und Abtransport von 60 Kisten,
14. Jan Packen von Z und I-II; 15» Jan. Verladen und Abtransport
von 60 Kisten; 16. Jan. Packen von III-X und H; 17. Jan Verladen
und Abtransport von 49 Kisten. Abbrechen der Schränke begonnen; 18.-
23. Jan. Abbrechen, Verladen und Abtransport der Schränke. Damit
ist die Räumung vollzogen. Insgesamt wurden 550 Bücherkisten abtrans-
portiert .
22. Jan. Heute langte als Geschenk der Universitätsbibliothek Uppsala
in Schweden ein Exemplar des dort verwahrten Cod. argenteus in pho-
totypischer Reproduktion ein. Ich hatte am 29. Okt. 1928 ein Ansu-
chen an die kgl. schwedische Gesandtschaft gerichtet, dem nunmehr
willfahrt worden ist. Wert: 2 000 S.
23. Jan. In der heutigen Regierungssitzung unter dem Vorsitz des
Landeshauptmanns, die der Platzfrage galt, wurde das Projekt, den
Neubau der Bibliothek auf dem Grundstück östl. vom Gamauf-Pavillon
aufzuführen, mit den Stimmen der Sozialdemokraten Gruber und Hafner
glatt abgelehnt. Die Herrschaften haben damit eine schwere Verant-
wortung auf sich geladen und ihre Unfähigkeit aufs neue erwiesen.
Es war gar nichts anderes zu erwarten, ich habe deshalb mich auch
nicht angestrengt. Dem künftigen Historiker sei nur hier zur rich-
tigen Beurteilung meiner Lage in Erinnerung gebracht,was der Landes-
hauptmann zu mir bei seinem Amtsantritte sagte: Die Bibliothek ist
mir wurst, das Land hat nicht die Aufgabe, die Kultur zu retten.-
Eerner wurde die Angelegenheit vom Landesrat Pfeneberger politisch
behandelt: der "Märm“ hat sich durch seine Orgien im Fasching 1928
unliebsam bemerkbar gemacht und kündigte für 1929 noch größere Über-
raschungen an. Das schädigte natürlich alle Bestrebungen anderer
Art, die nur irgendwie mit dem "März” zusammenhingen, umsomehr als
<q O
der Bürgermeister betonte, die Bibliothek an sich interessiere ihn
nicht, was tief blicken läßt. Er betrachtet sich also als Bürger-
meister einer Klasse und Partei. Wie wäre von solchen Menschen eiiB
schöne Lösung des Bibliotheksproblems zu erwarten! Brutal bemerkte
Pfeneberger, für Prunkbauten sei jetzt keine Zeit. Als ob ich je
einen Prunkbau verlangt hätte! Hinter diesem schon länger umgehenden
Schlagwort verbirgt sich nur die Wut, für diese "Sch....bibliothek"
etwas tun zu müssen. Am besten wäre es, sie zu verbrennen, meinte
Landesrat Dr. Max Mayr, wie mir Landeshauptmann-Stellvertreter Dr.
Schwinner erzählte. Dazu die grenzenlose Gleichgiltigkeit Wiens.
Niemals sah sich bei seinen wiederholten Aufhalten in Linz der
Unterrichtsminister die seit Jahren baufällige und 1924 geschlossene
Bibliothek an, obwohl ich ihn darum bat, niemals schickte die Re-
gierung jemanden herauf, nicht einmal nach dem Befehl zur Räumung.
Niemals betraten der Landeshauptmann, der Landesamtsdirektor und
der Referent die Bibliothek! Natürlich hat man von solchen Menschen
auch keinerlei Anerkennung zu erwarten, die den Bibliotheksbetrieb
als "Amterl" und die Tätigkeit im Vergleich zur eigenen "Arbeit"
nur als "Beschäftigung" gelten lassen.
Am 51. Jan. langten im Tauschwege 4 Bücher von der Landesbibliothek
in Bregenz ein.
Ich ließ zum Andenken mein Amtslokal (Sitz und Portal) noch photo-
graphieren.
Am 11. Februar begann die Übersiedlung der Amtskanzlei in das Haus
nebenan, Landstr. Nr 32, 1. Stock. Baron Weichs hatte seinen gegen
die Straße rund ausladenden Salon für Untermiete annonciert und ich
die Landesregierung darauf aufmerksam gemacht.Mit den Aufstellungs-,
Adaptierungs-, Ordnungs- und Reinigungsarbeiten dauerte es bis 23.
Pebr. Der Amtsverkehr wurde am 18. Febr. offiziell, am 21. Febr.
tatsächlich aufgenommen. Der Raum ist durch eine Holzwand abgeteilt.
In dem für mich bestimmten Abteil fehlt der Ofen. Das "Tagblatt" be-
merkte zur Ankündigung der Sprechstunden im neuen Amtsraum: Was soll
Ja noch zu holen sein? Die Leute verstehen nicht, daß es außer Bücher-
ausleihe in einer Bibliothek auch noch anderes zu tun gibt.
Das Goetheanum in Dörnach spendete neuerdings 12 Werke des Theosophen
Steiner, Dr. Ed. Haller einen SA. seiner Studien zur älteren The-
atergeschichte.
Das "Linzer Volksblatt" vom 8. März meldete den Rücktritt des Abtes
Deander Czerny in Kremsmünster. Ihm hat die Loslösung der Bibliothek
vom Stifte den Kopf gekostet.
Ab 1. April mietete ich. in der Steiermark Eskompte-Bank für Wert-
sachen einen eisernen Schrank um 30 S vierteljährig.
Am 8. April erhielt ich von Hofrat Dr. Bick den Plan des Bibliotheks-
Neubaus vom Januar und die auf Wunsch Bicks angefertigte Variante
vom März 1929« Die Anordnung der Räume ist nicht durchwegs zweck-
mäßig, die äußere Fassadengestaltung impotent. Am 9« April entwarf
ich selbst einen Plan.
Das hiesige "Tagblatt" vom 11. April schreibt: "Die Hochschulen
müssen darben, die Künstler müssen betteln, Bibliotheken werden ein-
fach gesperrt! Man denke nur an unsere "öffentliche Studienbibiiothek','
die sich wegen des Neubaues um 300.000 Schilling durch Jahre raufen
mußte, während derselbe Kienböck erst jüngst den Aktionären der
Nationalbank mit einem Wurf sieben Millionen Schilling hinwarf!"
Oberst Hoerners, der vor kurzem einen Artikel verfaßte, in dem ver-
langt wird, daß die Zeitschriften und Nachschlagwerke dem Publikum
auch während des Interims zur Benützung bereitstehen, hatte damit
keinen Erfolg. Es brachte ihn nur das "Tagblatt" und auszugsweise das
"Volksblatt". Um nun seinen Forderungen mehr Gewicht zu geben, wollte
er die hiesige Vereinigung der "Namenlosen" zu einer Intervention
mißbrauchen. Sein Ansinnen wurde aber in der Sitzung vom 15« April
einmütig abgelehnt. Zuvor erschien er bei mir und mutete mir zu, wir
drei Beamte sollten uns in meinem Kanzlei-Abteil zusammensetzen und
den übrigen Raum für Benützer freigeben, und als ich dieses unver-
schämte Verlangen entrüstet abwies, lud er mich zynisch zu der er-
wähnten Sitzung ein, bei der es eine scharfe Debatte absetzen werde.
Am 17. Apr. spendete uns die Stieglbrauerei als Pächterin der alten
Bibliothek 8 photogr. Aufnahmen der Räume, auf denen Bauschäden und
die seit 1929 eingezogenen Schließen zu sehen sind. Ich habe die
einzelnen Blätter rückwärts identifiziert und für kommende Zeiten
einen Plan der alten Bibliothek anfertigen lassen.
Am 25. April erwarb ich vom Lehrer Jungmair ein handschriftliches
Konvolut der Gedichte des Mundartdichters Jungmair nur S 35»- und
ein Heft Gedichte von der Hand des P.-Maurus Lindemayr um S 200.-
Am 13*11. 14. Mai habe ich in Wien an den zuständigen Stellen die
Sache des Neubaues zu fördern gesucht. Prof. Holey versprach mir,
wegen der Fassade zu intervenieren, von Prof. Smital erhielt ich
die Zusage des erbetenen Papyrus und einer Photographie jenes Blattes
des Mondseer Matthäus, auf dem das Vaterunser steht. Ferner versprach
er mir, dahin zu wirken,daß die Handschriften und Inkunabeln des
Priesterseminars der Studienbibliothek als ständige Leihgabe über-
wiesen werden.
Am 21. Mai spendete Verwalter Neukirch einen Mailänder Theaterzettel
(Oper von Donizetti).
In Grein versuchte ich am 15* Mai den Bürgermeister und Nationalrat
Gürtler zu bewegen, mir das im dortigen Gemeindearchiv auf dem Deckel
eines Häuserverzeichnisses klebende Tristanfragment für die Bibliothek
zu überlassen, nachdem ich schon vom Bezirkshauptmann hatte inter-
venieren lassen. Es war vergeblich, da Dr. Straßmayr vom Landesarchiv
dem Bürgermeister aufgetragen hatte, das Stück nicht herzugeben.
Dieser Mann sabotiert alles, was mich oder die Bibliothek betrifft,
aus purer Gehässigkeit.
Von Prof. Gruber am Petrinum erwarb ich im Tauschwege die Mondschein-
landschaften von Brosch, die gänzlich vergriffen sind, vom Antiqua-
riat Ernst Henrici in Berlin einen Brief der Marianne Willemer, am
25.V., um M 100.-, nachdem er mir 1928 um M 200.- angeboten worden
war.
Am 2. Juni kamen die 2 handschriftlichen Landtafeln von OÖ. an, die
die Wiener UB. für uns im Dorotheum ersteigert hatte.
Am 4. Juni ging die von der Münchner Staatsbibliothek erbetene Christ-
herre-Chronik nicht ab, weil das Archiv sich weigerte.
Am gleichen Tage eröffnete mir Landesarchiv-Direktor Dr. Zibermayr, er
sei vom Landeshauptmann beauftragt, mir den Zutritt zu den Beständen
der Studienbibliothek nicht zu gewähren, ohne daß er vorher verstän-
digt worden sei. Daraufhin richtete ich am 5« Juni an den Landeshaupt-
mann ein entsprechendes Schreiben.
5. Juni. Auf das mir zugedachte Reisestipendium für den internatio-
nalen Kongreß der Bibliothekare in Rom habe ich heute aus Gesund-
heitsrücksichten Verzicht geleistet.
20. Juni. Habe 84 alte oberösterreichische Kalender antiquarisch er-
worben, ferner verschiedenes zu einer Marianne v. Y/illemer-Ausstel-
lung, z. B. Kompositionen ihrer Lieder.
17. Aug. Bundespräsident Miklas in Linz. Vorstellung der Beamten im
Landhaus. Mit Studienrat Depiny bin ich vorgelassen worden. Dialog:
Na, und Sie sind der Leiter der Studienbibliothek? Na, wird die
Bibliothek fleißig benutzt? Ich: Nein, Herr Präsident, sie liegt in
Kisten verpackt in einer ehemaligen Reitschule. Miklas Na, und was
wird dann werden? Ich: Ja, gebaut muß sie halt werden, Herr Präsi-
dent! Miklas: Ja, und wer soll's denn zahlen? Ich: Nun, ich meine,
der Bund, sie ist ja doch ein Staatsinstitut! Miklas: Ja, mit dem
kategorischen Imperativ ist's da nicht getan, da ist halt der Fi-
nanzminister, der auch ein notwendiges Möbel ist! Mei Liaber, da
können's noch Jahre warten auf Ihre Bibliothek!- Verbeugung, ab-
treten!
4. Sept. Frau Martha Heß in Gmunden sandte aus dem letztwilligen
Vermächtnis ihres Vaters, des Superintendenten Dr. Koch in Gmunden
8 kleine Linzer Drucke.
Eine Revision der Bestände in der Sparkasse ergab, daß der Schimmel
sich schon ansetzt.
16. Sept. Heute abds. um /2 8 Uhr mein Radiovortrag über die Bib-
liothek. Die Ravag-Zensur in Wien strich die Stelle, wo es hieß, man
werde sich in Österreich allmählich daran gewöhnen müssen, Kultur-
bedürfnisse auch außerhalb Wiens zu befriedigen.
19» Sept. Bezirkshauptmann Kohlert erzählte mir, das Land habe be~
züglich einer Subvention des Neubaues der Bibliothek auf das nächste
Budget verwiesen und die Vorlage eines bestimmten Projektes verlangt
die Gemeinde habe trotz dreimaliger Urgenz nicht geantwortet. Der
Direktor des Wirtschaftshofes habe durchblicken lassen, daß man die
Beton-Halle in Bälde selbst benötigen und daher die Bibliothek auch
da wieder delogieren werde.
Am 4. Okt. spendete das anläßlich des 60. Geburtstages des Prof. Dr.
Rob. Reininger, eines Linzers, gebildete Komitä von Schülern des
Gefeierten seine Werke (7 Bände).
Am 19. Okt. erschien Landesarchivdirektor Dr. J. Zibermayr bei mir,
bemerkte zunächst, der Neubau könne, da im Bundesvoranschlag für
1930, wie er gesehen, nichts eingestellt sei, noch Jahre auf sich
warten lassen; dann verlangte er den Handschriften-Katalog und den
Schlüssel zur eisernen Kiste, da er sich auf eine längere Verwaltung
der von der Studienbibliothek übernommenen Bestände einrichten müsse
Ich verweigerte beides. Die Unverschämtheit ist groß. Jetzt wollen
sie in die neue Verfassung einen Paragraph bringen, wonach di® Län-
der befugt sein sollen, auch Bundeseigentum zu verwalten. Man sieht
also, daß zur Wegnahme unserer Schätze der Rechtstitel fehlt. An die
sem 19. Okt. erhielt ich die Antwort Schobers auf meine Bitte: Zu-
sage.
Am 22. Okt. erwarb ich vom Antiquariat Max Ziegert in Frankfurt a. M.
2 farbige Radierungen von H. Struck, darstellend Frankfurt a. M. nach
einer Zeichnung Goethes und die Gerbermühle nach einem Gemälde von
Radi mit bezugnehmenden Versen Goethes auf sein Erlebnis mit Mari-
anne 1815» Unica aus fürstl. Besitz. M 250.-
Am 19. Okt. erhielt ich einen Brief vom Bundeskanzler Schober, worin
er mir mitteilt, daß der Bund 300.000 S in den Voranschlag für 1930
eingestellt hätte, wenn das Land und die Stadt auf die Einladung zu
einem Beitrag reagiert hätten. Er habe an den Landeshauptmann ge-
schrieben.
Da heute, 22. Okt., der Beginn der Beratung des Landesvoranschlages
ist, so habe ich. Hofrat Wilh. Kowarz ersucht, mit den Mittelschul-
Direktoren i. P. Dr. Thalmayr und Commenda die Spitzen der drei
Parteien (Schlegel, Gruber, Langoth) und den Bürgermeister aufzusu-
chen, um sie für die Bewilligung des Beitrages zu den Baukosten zu
gewinnen.
Das "Linzer Volksblatt" vom 29. Okt. bringt einen Aufsatz über die
Verschiebung des Neubaues der Studienbibliothek, natürlich im Unkennt-
nis der Vorgänge. Wozu wäre denn die Presse da?
Am 17» Okt teilte mir der Bundeskanzler mit, daß er mit Landeshaupt-
mann Dr. Schlegel und Nationalrat Dr. Hofer gesprochen habe und daß
alles günstig stehe; am 18. Nov. fuhr ich nach Wien, wo ich auf Ein-
ladung des Generaldirektors der Nationalbibliothek, Hofrates Dr. Bick,
und des MR. Dr Smolik vom Handelsministerium mit diesen Herren am
19. Nov in der Nationalbibliothek von /2 11-12 Uhr eingehend den
neugestalteten Bauplan besprach. Wir einigten uns, was Zahl und An-
ordnung der Räume betrifft, aber offen blieben die Fragen der Unter-
kellerung des ganzen Gebäudes, der Zentralheizung und der Unterbrin-
gung der Barockschränke der alten Bibliothek, für die ich einen
Saalbau als zweites Stockwerk aufgesetzt wünsche, wodurch auch der
äußere Eindruck des Gebäudes gewinnen würde.
Die ziemlich diktatorische Art Bicks ließ es mir Tätlich erscheinen,
diese drei Forderungen durch die Landesregierung vertreten zu lassen,
an die ich am 23. Nov. eine Eingabe richtete.
Mittlerweile hatte die Landesregierung am 19. Nov., der Gemeinderat
am 21. Nov. Stellung zur Forderung der Bundesregierung, je ein Ach-
tel der Bausumme als Beitrag zu zahlen, genommen. Was dabei laut
Bericht der Linzer Blätter geredet wurde- man muß sie alle vier le-
sen-gibt einen Begriff von der Kulturhöhe dieser Volksvertreter.
36"
Herrschaft der Minderwertigen, härteste Strafe für den Krieg! Dabei
beschimpfen sie sich um die Wette, Das "Tagblatt" brachte kürzlich
unter der Überschrift "Verfallserscheinungen" einige Streiflichter,
darunter auch, und zwar gleich voran, einige Ausführungen über die
Indolenz des Bürgertums gegenüber der Studienbibliothek. Richtig,
aber noch viel ärger wäre es, wenn die Kultur dem Proletariat über-
lassen würde.
Das "Tagblatt brachte, ebenfalls vor kurzem, einen Aufsatz der wohl-
meinenden Hedda Wagner über einen unerschlossenen "Schatzber", womit
sie die Studienbibliothek meinte, aber dasselbe "Tagblatt" hat
früher einmal geschrieben, die Studienbibliothek bestehe aus alten
Klosterscharteken, am besten sei es, ihr in weitem Bogen aus dem
Wege zu gehen. Dieses Gesindel schreibt heute so, morgen anders.
Am 3» Dez. schenkte Domherr Oberchristi 2 seltene Drucke von Chr. v.
Schmids Erzählungen, 16 Porträts und ein Autogr. der Gemahlin des
Erzh. Pranz d'Este. 12 von den Porträts gab ich an die UB, Wien wei-
ter. Abg. Hofer brachte den Antrag auf Erbauung der Studienbibliothek
im Budget-Ausschuß, Kap. Handel, ein.Angenommen. Im o.ö. Landtag,
bzw. in der am 3» Dez. stattgefundenen Sitzung der Landesregierung
wurde die Beteiligung des Landes an den Baukosten der Studienbiblio-
thek beschlossen.
Hofrat Meiss-Teuffen will den Rahm abschöpfen; rastlos habe er, so
erzählt er, sich umgetan, bis es erreicht war, und nicht lockerge-
lassen. Das sagte er sogar am 18. Nov. zu mir. Er hat keine Ahnumg,
wie das Jetzt so plötzlich gegangen, aber Schobers Briefe an mich
werden der beabsichtigten Geschichtsfälschung einen Riegel vorschie-
ben. Tatsache ist, daß niemand etwas Ernstliches unternommen hat, bis
eben Schober kam.
Auffallend ist es, daß mir zu der erfreulichen Wendung in der Bib-
liotheksangelegenheit nur ganz wenige Menschen ihre freudige Anteil-
nahme bekundet haben.
Im Landtagsbericht über den Antrag zur Beitragsleistung des Landes
für den Bibliotheksneubau wird die Sache, offenbar von Meiß-Teuffen,
so dargestellt, als hätte es bei der Feststellung, man habe keine
Unterlagen, bleiben müssen. Warum hat man sich denn diese Unterlagen
nicht beschafft? Weil man froh war, mit dieser Ausrede die Sache
verschleppen zu können.
Am 20. Dez. fand im Bauamt in Urfahr eine Sitzung statt, an der Mi-
96
nisterialrat Dr. Smolik von Wien, Hofrat Meiß-Teuffen, Hofrat Dr.
Eigl, Baudirektor Kühne, Ober-Baurat Peters, Reg.-R. Katzwendl, u.
ich teilnahmen. Kühne verlangte moderne Bauweise (Stil), größere
Höhe des Gebäudes und Herausrücken des Risalites nach rechts, um
nicht mit der Handelskammer einen Engpaß zu bilden. Diese Forderung
bedingt Beseitigung des stumpfen Winkels zw. Mitteltrakt und Magazin
und die Abtretung eines gegenüberliegenden Grundstreifens durch den
Bund, bzw. das Land. Ich benützte die Gelegenheit, um mich über fol-
gende Punkte bei Smolik zu vergewissern: Zentralheizung, Unterkeif- •
lerung des ganzen Gebäudes, Diener-Wohnung und Saalbau für die Barock-
Schränke. Er sagte zu.
30. Dez. Heute übergab mir Prl. F.anny Newald das von mir bestellte
Pastell der Marianne v. Willemer. Wir vereinbarten 100 S als Preis.
Das Bild ist in den Linien hart, das Haar wirkt wie Plastik. Auf
Entfernung erträglich.
Der Zuwachs betrug im Jahre 1929: 331 Bde.+317 Periodica+158 kleine
Schriften^ 806 Bde. Dazu kommen: 33 Handschriften, 15 Musikalien,
8 Landkarten, 125 Blatt Graphik. Unter den Periodica sind 64 Zei-
tungen. Es wurden von auswärts für 23 Besteller 63 Bde. besorgt.
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1930
9. Jan. Heute war ich beim Bürgermeister und urgierte die durch die
Verschiebung der Hauptfassade nach N. nötig werdende Änderung im
Stadtregulierungs-Plan. In Wien kann ja dann erst mit der Ausführung
der Pläne begonnen werden.
17» Jan. Von der UB. Graz erbat und erreichte ich im Tauschwege zwei
Buchhändler-Meßkataloge für Linz von 1739» eine große Kostbarkeit für
uns.
Vom 22.-24. Jan. fand in der Nationalbibliothek in Wien die erste
Konferenz der österreichischen Bibliotheksdirektoren statt, auf der
ich unter Eventualia der Tagesordnung folgende Punkte besprach:
1. Erhöhung der Provinzdotationen entsprechend dem föderalistischen
Charakter der Verfassung, 2. Erneuerung der 100 Jahre alten prov.
Bibliotheks-Instruktion, 3» Benennung und Rang der Studienbibliothek,
4. Personalergänzung, 5* Bundesunmittelbarkeit der Studienbibliothe-
ken, 6. Änderung der Bestimmung des Preßgesetzes, wonach die Prei-
stücke vom Verleger abzugeben sind, 7» Kontakt der österr. Staats-
bibliothekare (Organ u. Konferenzen), 8. Direktoren-Zulage für die
Studienbibliothekare.
30. Jan. "Im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz a. D." vom 1. Dez.
1929 steht auf S 264 f. das Protokoll der Verhandlungen des Stadtra-
tes über die Beitragsleistung der Gemeinde zum Neubau der Studien-
bibliothek.
Mitte Pebr. sandte ich an den für die Pläne zum Neubau verantwort-
lichen MR. Dr. Smolik die Photographie eines vom hiesigen Architekten
Prof. Wolfsgruber anfangs 1929 angefertigten Fassaden-Entwurfs, um
ihn auf andere Gedanken zu bringen. Schon vor Jahresfrist hatte ich
seinem Beamten Ing. Büchner gesagt, ich sei nicht für den neuen Stil
in unserem Falle, denn da zuwenig Geld vorhanden sei, werde die Ge-
schichte nicht viel gleichsehen. Trotzdem wurde der Bolschewikenstil,
Kennwort Backofen oder Koffer, gewählt. Am 19* Febr. ließ mir Smolik
durch HR. Bick von der NB. mitteilen, ich möge seinem Entwurf zu-
stimmen, weil sonst vielleicht heuer aus dem Bau nichts mehr werden
könnte. Ich schrieb ihm am 22. Febr., ich hätte ihm den Entwurf Wolf-
gruber geschickt in der Meinung, die Fassade ließe sich nur gestal-
ten, ohne am übrigen Plan etwas zu ändern. Wenn aber denn nicht so
sei, so solle er ganz nach seiner Überzeugung Vorgehen, denn ich
wolle den Bau nicht um einen Tag verzögern. Ähnlich schrieb ich am
9<f
gleichen Tage am Bick. Inter solchem Drucke wollen uns die berüch-
tigten ministeriellen Michelangelos einen Bau aufdrängen, der dem
soeben fertiggestellten Parkbad genau gleichen würde. "Billig und
für Linz schön genug!" Der Entwurf Wolfsgruber wäre viel hübscher
und vor allem würdig, repräsentativ. Ich machte den Bürgermeister
Euller aufmerksam und er versprach mir, sich die beiden Entwürfe
anzusehen, kam aber nicht. Was liegt denn diesen roten Nullen an
einer Staatsbibliothek! Sein Vorgänger Mehr hat sich den Entwurf in
Wien angesehen und, obwohl er ihm, wie er mir sagte, nicht gefiel,
doch zugestimmt, angeblich, um den Bau nicht zu verzögern. Dasselbe
war bei Meiss der Fall, Keiner hat im Interesse des Stadtbildes Ein-
sprache erhoben, obwohl es seit Ostern 1929 Zeit genug gewesen wäre.
Es fehlt an Mut. Dixi et salvavi animam meam.
Im Vorwort zur Bibliographie Straßmayrs, p. IV, ist von der Behin-
derung durch die "trostlosen Verhältnisse" an der Studiepbibliothek
die Rede. Das soll eine Ausrede sein, als ob ihm unsere Kataloge nicht
zugänglich gewesen wären oder deren Benützung wegen Schlamperei hätte
unterbleiben müssen. In Wahrheit hätte ihn niemand und nichts ge-
hindert, unseren bis zum letzten Einblattdruck vollständigen alpha-
betischen und Schlagwort-Katalog zu benützen, was doch unbedingt
nötig gewesen wäre, und dieser in seiner Zwiespältigkeit von diesem
großen "Freunde" sicher wohlüberlegte Passus von den "trostlosen
Verhältnissen" hat nur den Zweck, sich vor Nichteingeweihten rein-
zuwaschen, den anderen aber einzureden, die Studienbibliothek sei in
Wahrheit überflüssig, da man sogar zur Abfassung einer Bibliographie
ihrer entraten könne. Das soll vor allem auf die polit. Machthaber
einwirken, damit sie in der Angelegenheit der Studienbibliothek ihre
passive Resistenz nicht aufgeben,Diese Leute wollten doch als echte
Leichenfledderer den Raub schon verteilen. Handschriften, Inkunabeln,
Kunstblätter und Landkarten nahm sich bereits das Landesarchiv und
das übrige in den Depots der Gemeinde eingelagerte Staatsgut wäre
mit der Zeit der Stadtbibliothek zu gefallen,So hatten sichs die roten
und schwarzen Brüder bereits ausgemalt. Da kam freilich just an dem
Morgen, da sich Dr. Biedermayr, pardon Zibermayr, auch noch den Hand-
schrift en-Katalog- meine wissenschaftliche Arbeit! - und den Schlüs-
sel zur eisernen Kiste holen wollte, die Baubewilligung des Bundes-
kanzlers Schober. Zur Charakteristik des Dr. Straßmayr sei angeführt,
daß er nicht nur unseren größten Landeshistoriker,Julius Strnadt, in
\
seinen "Männergestalten" übergangen, sondern in seiner Bibliographie
auch alle Nachrufe auf ihn unterdrückt hat! Parteihaß bis übers
Grab hinaus, selbst in der Wissenschaft! Die widerwärtigste, uner-
freulichste Erscheinung im Leben ist mir der Parteigelehrte!
Statt alles zu tun, damit wir in Linz eine schöne Bibliothek bekom-
men, legen die Intellektuellen die Hände in den Schoß und machen -
fitze. So steht in der "Philatelistischen Ecke" der heurigen Pa-
schingsnummer der hiesigen Oberösterr. Tageszeitung: Der 60-Groschen-
Wert [der neuen Briefmarkenserie für Oberösterreich] bringt in hoff-
nungsgrün den Prachtbau der neuen Linzer Studienbibliothek.
Oberstaatsbibliothekar Dr. Jos.Premier der UB. in Wien spendete uns
3 Bde. "Deutsche Reden" und Kübels Geschichte des Modernismus, dann
noch einmal 20 Bde., vornehmlich aus dem Pache der Religionswissen-
schaft .
Der Landtag fordert in der Sitzung vom 17. März die Regierung auf,
die für Oberösterreich 'im Bundesvoranschlag vorgesehenen Bauten
ehestens in Angriff zu nehmen. Vielleicht kommt dieser Appell auch
der Studienbibliothek zugute.
Am 18. März kam an mich die Aufforderung, für den Bundesvoranschlag
1931 den Bericht über notwendige Personalvermehrung zu erstatten.
Am 1. April brachte das " Linzer Volksblatt" auf S 8 Betrachtungen
zum "morgigen Tag", darunter auch die Mitteilung: " Der Bau der neue*
Linzer Studienbibliothek ist bereits bis zur Höhe der Planke am
Schillerplatz gediehen, aus welchem Anlaß der Unterrichtsminister
morgen eine kurze Ansprache halten wird."
Am 2. April hatte ich eine Besprechung des Bauplanes mit Baurat Kräh
und Hable, der den Bau leiten wird, da Peters und Kräh abgelehnt
haben. Dieser besagte Herr Hable meinte nun, als wir über den Lese-
saal sprachen, er stelle sich vor, daß die Leser da um einen großen
Tisch sitzen würden!
Am 7. April schenkte der Abt von Kremsmünster auf meine Bitte der
Bibliothek einen 1920 im Garten der. alten Bibliothek Landstr. 30,
gefundenen römischen Schreibgriffel, der bisher der erste und einzige
aus Linz ist.
8. April. Um 5 nachm, war Sitzung bei Hofrat Meiß in der Landesre-
gierung wegen der Innen-Einrichtung der neuen Bibliothek. Er möchte
eine Studienreise ins Ausland machen; wozu , weiß kein Mensch außer
ihm, da ich doch alle erforderlichen Angaben gemacht habe und die
Offerte doch im Inland eingeholt werden. Er meint auch, die Leute
könnten an einem langen Tisch sitzen! Wegen der Personalvermehrung
Aoa
habe er mit MR. Dr. Glotz gesprochen. Zwei wissenschaftliche Beamte
würden schwerlich bewilligt, auch könnten manche Dienstleistungen
kombiniert werden, Salzburg u. Klagenfurt hätten auch nur einen wis-
senschaftlichen Beamten! Daß ein so großes Gebäude - Salzburg u.
Klagenfurt haben ganz andere Raumverhältnisse - auch das entspre-
chende Personal verlangt und bei uns die Sünden einer mehr als hun-
dertjährigen Vergangenheit in langer Arbeit gutzumachen sind , schiert
die VerwaltungsJuristen nicht. Meiß will während des Baues das Mi-
nisterium überreden, das Gebäude würde zu niedrig, es müsse zweck-
mäßigerweise noch ein Stockwerk aufgesetzt werden - für ihn, damit
mir die Freud© verdorben wird und er im Hause den Oberdirektor
spielen kann. Der Mann ist der größte Schädling für die Bibliothek.
Der Lesesaal ist zu klein angelegt. Meiß will, daß der sogen, kleine
Ausstellungssaal als Lesesaal für Zeitschriften und Zeitungen ver-
wendet wird. Woher aber das Personal?
'"Tagespost" und "Tagblatt" vom 12. April bringen Artikel über die
Wandlung Stiftshaus - Studienbibliothek - Bräustüberl und erwähnen da-
rin meine "Verewigung" in einem Deckenfresko des "Blauen Zimmers."
17* April. Die heutige " Tagespost" berichtet über die Eröffnung des
"Klosterhofes" am 15* April, Das " Interessante Blatt" in Wien bringt
aus gleichem Anlaß ohne mein Vorwissen und ohne meinen Namen die von
mir auf Ersuchen des Rechts-Vertreters Dr. Steininger verfaßte Haus-
chronik mit Abbildungen aller Räume. Die Stelle über die Delogierung
hat man, ohne mich zu fragen, geändert.
Am 6. Mai begann die Übersiedlung der seit 1924 in der Sparkasse
untergebrachten Bestände in den Wirtschaftshof, da der Landesre-
gierung das Lokal gekündigt worden war. Die Arbeit besorgten wieder
Faßzieher unter Aufsicht. Bei der Untersuchung ergab sich, daß fast
alle neueren Einbände vom Schimmel erfaßt waren. Es wurden daher im
Wirtschaftshof alle Pakete geöffnet, die Einbände mit einer schwachen
Karbollösung bestrichen und wieder eingepackt. Ganz zufällig ent-
deckte dabei der Bibliothekswart Eilmansberger, daß an einer Stelle
Regen vom Dach her eingedrungen war und etwa ein Dutzend Kisten
durchsetzt hatte. Unter großen Schwierigkeiten wurden diese Kisten
aus dem Chaos gehoben und sofort geöffnet. Der Anblick war trostlos.
Ein ansehnlicher Teil der Bücher zerstört, ein noch größerer beschä-
digt! Hogenberg verloren und 6 Einbände der Acta Sanctorum vernichtet!
Und noch vieles andere. Es hatte sich an einer Stelle des Daches
das Falzblech aufgerollt und so geschah das Unglück. Offenbar fand
y/oA
nie eine Gebäude-Inspektion statt, die Sache der Gemeinde wäre. Da
infolge der Überfüllung des Raumes an die betreffende Stelle nur
mit Klettertouren zu gelangen war, konnte der Einbruch des Regenwas-
sers nur zufällig entdeckt werden, wie es eben jetzt der Fall war.
Der Schaden im Dach wurde sofort behoben, aber der Verlust der Bib-
liothek ist schmerzlich. Warum hat Meiß mir nicht gefolgt, als ich
Kisten mit ganzen Deckeln (ohne Fugen) verlangte!
Am 13. Mai fand beim Bezirksgericht in Wels die Verhandlung gegen
den Redakteur Georg Priller statt, der in seinem "Gallspacher An-
zeiger" die Bibliothek grundlos angepödelt hatte. Er wurde zu S 150.-
verurteilt und wird es sich hoffentlich überlegen, noch einmal von
einem "akademischen Schreiberlein" zu sprechen. Dr. Mayer u. ich
waren als Zeugen dort.
16. Mai. Ich erwarb antiquarisch die Erstausgaben der Lieder Sineds
des Barden (Denis), der Braut von Messina, des Wallenstein und ddr
Räuber und entdeckte im Deckel einer Handschrift 12 Bll. eines Kar-
freitagsspieles von c. 1650 etwa aus der Gegend von Wolfseck.
Archiv-Direktor Dr. Zibermayr öffnete einen an mich gerichteten Brief,
auf dessen Umschlag ich irrtümlich als Archivdirektor bezeichnet war,
und ließ ihn mir dann, damit ich ihm nicht daraufkäme, in einem von
ihm schon früher einmal in einem ähnlichen Falle verwendeten Kuvert
mit den Aufdruck "Oberösterreichische Landesregierung" heimlich unter
Mittag in den Briefkasten der Bibliothek werfen.
28. Mai Bürgermeisterwahl. Der neugewählte Bürgermeister Gruber be-
tonte in seiner Antrittsrede laut "Tagblatt" vom 31. Mai den Willen
der Gemeinde, alle kulturellen Bestrebungen in dieser Stadt zu
unterstützen, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Studienbibliothek
bald werde in den Neubau einziehen können. Diese, die Bibliothek be-
treffende Stelle hat nun bezeichnenderweise das "Linzer Volksblatt"
und die "Oberösterr. Tageszeitung" weggelassen.
10. Juni. War am 5» Juni bei einer von dem Unterrichtsministerium
einberufenen Konferenz der Direktoren der österr. Staatsbibliotheken.
Am 6. fragte ich im Unterrichtsministerium wegen des Neubaues nach,
ebenso im Handelsministerium. In letzterem sagte mir MR. Rasinger,
er könne mit den Restkrediten nur zu baueh beginnen, wenn ihm dieses
Geld nicht von einer vis major entzogen werde, und ließ durchblicken,
daß geheime Einflüsse am Werke seien. Diese beunruhigende Perspek-
tive veranlaßte mich, am 9» an Bundeskanzler Schober und am 10. an
Minister Srbik zu schreiben. Gerade jetzt melden die Blätter, daß
A04.
in Schönbrunn ein neues Affenhaus um 350.000 S gebaut wird.
16. Juni. Univ.-Prof. Arnold in Wien spendete 5 Bücher u. es glückte
mir, ein Exemplar der zur Enthüllung der Willemer Büste (1904) er-
schienenen Festschrift antiquarisch zu erwerben.
21. Juni. Von Antiquariat Heck in Wien erwarb ich um S248.- das Werk
"Wehmütige Klagthränen der Arzneikunst" von Joh. Christoph Bitter-
kraut, fast Unikum. Der Verfasser war oberösterr. Landschafts-Medicus
und Stadt-Physicus in Steyr. Das Werk ist für die Geschichte der Me-
dizin und der Kulturverhältnisse unseres Landes von größter Bedeu-
tung. Auf Verwendung des Medizinalrates Dr. Lartschneider, bzw. des
Dr. Crippa spendete der Großindustrielle Hans Hatschek in Vöcklabruck
die hiezu nötige Summe.
Mein Bemühen ist darauf gerichtet, Erstausgaben unserer Klassiker
zu erwerben, die der Bibliothek fast alle fehlen.In der letzten Zeit
kaufte ich Schiller’sehe Erstdrucke.
30. Juni. Heute erfuhr ich von Oberbaurat Kräh, man habe sich in Wien
entschlossen, noch heuer mit dem Bibliotheksbau zu beginnen und zu
diesem Zwecke vom Kredite für den Justizpalast 400.000 S abzuknöpfen.
Das hat ihm Hofrat Meiß erzählt. Mir hat er kein Wort davon gesagt.
5. Juli. Katalog 764 von Baer in Frankfurt a. M. bietet unter Nr 961
eine Handschrift in Lederschnitt-Einband aus der Zeit um 1400 aus
dem Stifte Lambach um M 9000.- an. Das Stift verklopfte Gemälde,
Graphik, Handschriften, Inkunabeln usw. trotz Bundesdenkmalamt. Ges-
tern stand eine sich darauf beziehende Notiz in den hiesigen Blättern.
Auch das Stift Mattsee hat seine Inkunabeln u. anderes versilbert.
Traurige Zeichen! Der Erlös dafür hilft ihnen ja doch nicht auf die
Beine, wenn es nicht gerade eine Gutenberg-Bibel ist wie in Melk und
St. Paul.
11. Juli. Ende Juni beendete der Bibliothekswart Eilmannsberger die
im Okt. 1929 begonnene Arbeit an den chaotischen, aus der Sammlung
Theuer stammenden Beständen von Holzschnitt-Alphabeten (Initialen).
Mühsam wurde der Vorrat gesichtet, das Zusammengehörige vereinigt
und auf Kartons montiert. Es ergaben sich 2286 Stück, dazu 4966 Stück
Dubletten. Erstere auf 59 großen und 192 kleinen, letztere auf 34
großen und 174 kleinen Kartons.
'18. Juli. In meinem seinerzeitigen dem Unterrichtsministerium über-
sendeten Proteste gegen die Wegführung der Wertsachen der Bibliothek
/iOZ
ins Landesarchiv hatte ich auch die darin gelegene Rechtsverletzung
betont. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die Einführung eines
Passus, der die Landeshauptleute ermächtigt, auch Bundeseigentum zu
verwalten, auf in die im gleidhen Jahre geborene neue Bundesverfas-
sung auf dieses Vorkommnis zurückführe, wobei es wahrscheinlich ist,
daß die Initiative von Linz ausging.
Bei dieser Gelegenheit merke ich, daß der Archivdirektor Dr. Ziber-
mayr, als ich ihm die Ausfolgung des von mir verfaßten Handschriften-
kataloges und des Schlüssels zur eisernen Kiste verweigerte, mir so-
gleich androhte, er werde die übernommenen Bestände der Studien-
bibliothek zusammenpferchen.
26. Juli. Hofrat Brosch spendete 35 Bde., zumeist militärischen In-
halts .
8. Aug. Heute teilte mir Landesregierungsrat Kohlert mit, daß gestern
die endgiltige Erledigung der Bibliotheksangelegenheit von Wien ge-
kommen sei. Baukosten 1, 100.000 S, wozu Land und Gemeinde je ein
Achtel zu zahlen haben. Ich hatte am 1. Aug. an den Bundeskanzler
Schober geschrieben, er möge die Sache gütigst schon im Ministerrate
vom 5* Aug. verabschieden, damit wir nicht mit dem Baubeginn in die
herbstliche Regenperiode kommen. Et ita factum est.
Ich kaufte für die graphische Abteilung 80 Blatt moderne Graphik.
Am 12. Aug war ich in Wien und bedankte mich beim Bundeskanzler Scho-
ber in Wien persönlich. Bei dieser Gelegenheit bat ich um die Än-
derung der Bezeichnung Studienbibliothek in Staatsbibliothek, um Ver-
hinderung einer etwa versuchten Unterbringung anderer Ämter in einem
aufzusetzenden Stockwerk und um Wiedergleichstellung der Direktoren
der Studienbibliotheken mit den Mittelschuldirektoren. Die ersten
zwei Wünsche fanden seine volle Billigung, den dritten behielt er
der kommenden Gehaltsgesetz-Novelle vor.
16. Aug. Landesarchivdirektor i. R. Dr. Eerd. Krackowizer spendete
heute 20 moderne Exlibris.
Die hiesigen Tagesblätter brachten Berichte über den Neubau.
23. Aug. Wenn man sieht, wie die Sache mit dem Neubau der Bundesreal-
schule in Steyr flott vonstatten geht - heuer in die Wege geleitet,
Baubeginn nachdem heutigen "Volksblatt" schon im Frühjahr 1931- und
wie da unter dem Vorsitze des Hofrates Meiß-Teuffen eine kommissio-
neile Besichtigung und Besprechung des Bauplatzes am 22. Aug. statt-
fand, so erkennt man, daß die jahrzehntelange Verschleppung der Bib-
liotheksangelegenheit auch auf Interesselosigkeit und Übelwollen
zurückzuführen ist.
/fOH
Die amtliche "Linzer Zeitung" vom 29. Aug. Nr. 35 bringt die Aus-
schreibung des Neubaus mit Termin bis 19. Sept.
5. Sept. Das polnische Konsulat spendet Kuhns Gesch. d. poln. Kunst
und Finanzrat Zimmermann 6 Kisten Bücher (Studentica, Militaria).
Am 16. Sept. erwarb ich um S 50.- von A. Klier in Linz eine Inkunabel
von Dinkmut in Ulm c. 1492 mit 6 Holzschnitten.
17. Sept. Heute fand sich in einem Einbanddeckel ein vollständiger,
unbekannter Einblattdruck von Plank von 1617, sowie Kalenderfragmen-
te u.a.m.
Zur Kepler-Ausstellung im Museum zogen Zibermayer u. Straßmayr auch
unsere Bestände heran, die leider in ihren Krallen sind. In der Zei-
tung wird unserer Bibliothek aber kaum gedacht, obwohl in Bezug auf
Kepler-und Plank-Drucke keine andere Bibliothek an sie heranreicht.
Gegenüber meinem Verlangen auf Auslieferung der eisernen Truhe ver-
hielt sich Zibermayr ablehnend. Entweder alles oder nichts, war seine
Antwort.
20. Sept. Bisher haben drei Frauenzimmer eine Stelle als Beamter,
eine Frau den "Hausmeister"-Posten und eine Firma Hoffmann Büroräume
im Neubau gesucht! Dr. Hainisch empfahl sonderbarerweise einen ver-
bummelten Studenten, im Kaffeehaus suchte mich ein gewesener Pro-
fessor an der Handelsakademie auf, um seine Dienste anzubieten etc.
26. Sept. Aus dem Besitz einer Frau in Wien kaufte ich um S 50.- die
"Schärdinger Ehrenhalle" von Johann Lamprecht, Handschrift mit Zeich-
nungen und Photographien.
Am 25. Sept. wurde das Kabinett Schober, dem der Neubau zu danken
ist, gestürzt. Was nun?
2. Okt. Das Unterrichtsministerium bescheidet mein Ansuchen um S5000.-
für die Kupferstichsammlung abschlägig. Als seinerzeit beim Empfang
der Pläne Einwendungen gegen die zu geringen Ausmaße des Lesesaales
und gegen den unwürdig schmalen Eingang und Stiegenaufgang erhob, be-
schworen mich der Vorreferent und Oberbaurat Peters, nur ja jetzt
nichts zu sagen, sonst sei der ganze Bau wieder in Frage gestellt,
hinterher, wenn er einmal definitiv gesichert sei, lasse sich ja
noch manches ändern. Auf mein Drängen nach Abänderung ließ Peters den
Ing. Dr. Hob. Puchner vom Hochbau des Handelsministeriums, der die '•
Pläne gemacht hat, kommen und in mehrstündigen Sitzungen am 2. u. 3*
Okt. erklärten jetzt auf einmal die Herren, es lasse sich nichts mehr
andern,schuld sei die Form des Bauplatzes, der eben ungeeignet sei.
Per Bauplatz war aber seinerzeit über meinen Kopf hinweg vom Landes-
hauptmann bestimmt worden und meine Bemühung, den anstoßenden freien
Platz zu erhalten, beantworteten Landesrat Pfeneberger und Präsidial-
chef Dr. Eigl mit der Erklärung, der letztere sei zu wertvoll, das
Land werde ihn niemals dazu hergeben. Dabei ist es aber gar nicht
sicher, wem er gehört!
In den hiesigen Blättern stand in den letzten Tagen der Tätigkeits-
bericht des Unterrichtsministeriums, worin auch der endlichen Si-
cherung des Neubaues der Studienbibliothek gedacht war. Alle brach-
ten Bericht unverkürzt, nur die "Tagespost" von1. Okt. ließ den Ab-
satz über die Bibliothek aus. Auf meine Anfrage erklärte der Redak-
teur Mauerhofer, gerade dieser Absatz sei aus dem Satz in der Ma-
schine herausgefallen und der Fehler sei nicht mehr zu reparieren
gewesen,ohne das Erscheinen des Blattes zu verzögern. Das soll man
glauben!
4. Okt. Ein ehemaliger fleißiger Besucher der Studienbibliothek,
F.W. Richter, jetzt Schuldirektor in Brasilien, sandte uns eine von
ihm verfaßte Schrift "Die sieben Missionen" mit freundlichen Erin-
nerungsworten .
6. Okt. Die Ausschreibung des Neubaus ergab als billigstes Offert
das der Firma Weyß u. Meinong mit 400.000 S, das nach dem Gesetze
allein im Betracht kommt. Der Referent, Dr. Max Mayr, stellte aber
einen anderen Antrag in Wien und so verzögert sich der Baubeginn aber-
mals .
6. Okt. Sprach heute mit dem Referenten, Landesrat Pfeneberger, über
die Notwendigkeit einer grundbücherlichen Vormerkung auf den an den
künftigen Speicher anstoßenden Grund, auf dem das Stöckel und die
Steueradministration stehen, um die Möglichkeit von späteren Erwei-
terungsbauten zu sichern. Ferner bat ich um Regelung der Anschaffungen
pädagogischer Literatur für die Lehrerschaft der Volks- und Haupt-
schulen in der Studienbibliothek. Pf. sprach sich gegen jede Sub-
ventionierung einer Landes-Lehrerbibliathek durch das Land aus, das
ohnehin schon so viel für die Bibliotheken des Landes im Museum und
Landesarchiv ausgebe. Ich sprach für Zentralisierung. Ff. versprach,
über beide Wünsche mit dem Vorreferenten Hofrat Meiß zu sprechen,
bezeichnete die Benachteiligung der Bibliothekare gegenüber den Pro-
fessoren als eine Schweinerei und betonte, er habe eine Eingabe in die
ser Angelegenheit sehr warm empfohlen.
15. Okt. Schon im Juli verlangte das Ministerium die Zusage von Land
und Gemeinde, den Beitrag auch zu leisten, wenn die Baukosten über-
schritten werden sollten. Am 14. O^t. urgierte das Ministerium die
AOc>
Antwort. Das Land hat also bis heute offenbar nicht reagiert, es
dürfte aber Meiß die Schuld haben.
21. Okt. Heute ging der Akt betr. den Landesbeitrag zu den Baukosten
nach Wien ab.
27« Okt. Die Amtliche Linzer Zeitung Nr. 43 bringt auf S. 719 eine
Verlautbarung betr. die Bahnausweise "An alle Bezirks- und Stadt-
schulräte sowie an die Direktionen sämtlicher Bundeslehranstalten
in Oberösterreich und der Studienbibliothek". Unterzeichnet ist der
Landesschulrat. - Das Vorgehen ist verfassungswidrig, da die Studien-
bibliotheken selbständige Anstalten sind, der Landesregierung direkt
unterstellt sind, daher vom Ladesschulrat keine Weisungen zu erhalten
haben. Es liegt der übrigens schon wiederholt beobachtete Versuch
vor, die Studienbibliothek zu degradieren.
Am 3» Nov. fand eine vom Innenministerium angeordnete Durchsuchung
verschiedener sozialdemokratischer Parteilokale nach Waffen statt.
Dabei wurden auch die zwei Baracken des Wirtschaftshofes untersucht,
in denen unsere Bibliothek verwahrt ist.Die Organe des Militärs und
der Polizei rissen eine Anzahl von Kisten und Paketen auf. Eine. Bei-
ziehung des Direktors fand nicht statt.
5. Nov. Ing. Demant-Linz, der mit der Deutschen Archäologischen Ge-
sellschaft auch heuer wieder im Orient war, kaufte für uns in Kairo
um S 200.- zwei Koran-Pergamenthandschriften. Die eine ist 300 Jahre,
die andere mit kufischen Schriftzeilen, 150 Jahre alt.
10. Nov. Heute wurde der Bauplats im Aufträge der Gemeinde, die
seinerzeit hier Bäume und Sträucher anpflanzen hat lassen, abgeholzt.
17. Nov. Die "Tagespost" brachte in der Nummer vom 11. Nov. in der
Beilage eine Abb. des Neubaus nach unserem Schaubild und im Brief-
kasten der Nummer vom 15» Nov. eine Auskunft über den Baubeginn.
Am 25. Nov. traf von Wien der Bau-Auftrag endlich ein, mich ver-
ständigte aber davon nicht Hofrat Meiß, sondern Oberbaurat Peters
am 28. Nov. telephonisch. "Tagespost" und "Volksblatt" nahmen davon
in der Nummer vom 2. Dez. Notiz.
Der Großindustrielle Hatschek in Vöcklabruck möchte die ihm gehörige
Villa auf der Gugl verkaufen. Am 5* ^ez. lud mich mein Schwieger-
vater, der Medizinalrat Dr.Crippa, ein, mit ihm den Bau zu besichtigen
weil er meinte, er würde sich für die Studienbibliothek eignen. Ich
hatte Mühe, ihm klarzumachen, daß davon keine Rede sein könne,daß
aber Bund und Land hier um 700.000 S ein Künstlerhaus schaffen
könnten. Die Parterre-Räume wären für Ausstellugen der Künstler-Ver-
bände, das erste Stockwerk für eine Gemälde-Galerie zu bestimmen, für
die der Bund Bilder aus den Depots der Staatsgalerie in Wien, das
Land seine Galerie im Museum beisteuern müßten.
5» Dez. Heute ließ ich den Bauplatz noch photographieren und um 3
Uhr versammelten sich die Mitglieder der Baukommission auf den Schil-
lerplatz und dann im Sitzungszimmer der benachbarten Steuer-Admini-
•L.
strationen und um 5a wurde das Protokoll verfaßt.
9. Dez. Heute begannen die Arbeiten am Bibliotheksneubau bei Hunde-
wetter.
11. Dez. Der Sozialdemokrat Dr. G. Bauer bezeichnete auf dem kürz-
lich stattgefundenen Parteitage das österreichische Bürgertum als
das ungebildetste der Welt. Recht hat er, wo er recht hat.
13. Dez. "Tageszeitung" und "Tagespost" bringen Artikel über den
Baubeginn. Die Staatsbau-Abteilung der Landesregierung fragte hier
an, welche Bezeichnung der Bibliothek auf die an den Langtennen zu
befestigende Tafel des Bauherrn zu kommen habe, da "Studienbibliothek"
nichts über den Eigentümer aussage. Ich antwortete, mein Ansuchen
um Änderung der Bezeichnung sei bis heute unerledigt - Minister
Schmitz verbot die Erledigung zu intimieren - und verwies auf die
Landesregierung.
15* Dez. Ein Dr. Joh. P. S. A. Thoene in Mechenich (Eifel) spendete
2 philos. Werke.
Auch das "Tagblatt" begrüßte die Bibliothek auf dem Schillerplatz
am 14. Dez. als kommende "Festung der Wissenschaft" - der Schäker!
31. Dez. Ich schenke der Bibliothek das Neumarkter Heimatbuch von
Vogl.
Der Zuwachs betrug im Jahre 1931* 5^-2 Bde., periodische Schriften
315* Bde., Kleine Schriften 142 Bde., zusammen 999 Bde. Dazu kommen:
Handschriften 9» Inkunabeln 1, Musikalien 15, Kunstblätter 239»
Landkarten 12, Kataloge 19« -
Die periodischen Schriften setzen sich zusammen aus Zeitschriften
und Zeitungen 213, Kalender 53 und Jahrbücher 49 Bde.
Pakete sind abgegangen 38, eingelangt 52.
Es wurden für 40 Besteller 103 Bde. aus auswärtigen Bibliotheken be-
sorgt.
a o<j-
1931.
Am 26. Jan. richtete ich eine Zuschrift an die Bauabteilung der
Landesregierung, worin ich die Vergrößerung des zu klein geratenen
Lesesaales forderte u. begab mich zum Leiter dieser Abteilung, Hof-
rat Jahn,um ihm mein Verlangen näher zu begründen. Dieser unter=
stütze sehr entgegenkommend diesen Wunsch und schlug vor, die Ver-
größerung auf Kosten des Speichers vorzunehmen. Da dieser ausbau-
fähig ist, stimmte ich zu. Oberbaurat Peters fuhr nach Wien und er-
hielt dort die Genehmigung unter der Bedingung, daß Land und Stadt
auch nach dieser Änderung des Planes ihren Achtel-Beitrag zahlen und
daß keine Mehrkosten erwachsen.
Die Paschingsnummer der Oberösterr. Tageszeitung vom 15. Pebr. bringt
eine Notiz über Römerfunde beim Baue der Studienbibliothek.
Im Pebr. schenkte der Pinanzdirektor i.R. Friedrich Winkler, Land-
str. 15 h (alter Posthof) 169 Bde. alte Bücher, darunter Drucke aus
Linz, Steyr u. Ried.
Hofrat Meiß-Teuffen von der Landesregierung will sich ein kleines
Unterrichtsministerium schaffen und daher mit dem Landes- und Port-
bildungsschulrat in den Neubau der Studienbibliothek übersiedeln.
Dabei soll unser Pestsaal als Sitzungssaal und das Souterrain als
Registratur mitbenützt werden. Die Bibliotheksdirektion wird gar
nicht gefragt. Ich habe in dieser Sache am 12. März eine Eingabe
an das Ministerium und ein Schreiben an Vizekanzler Schober gerich-
tet.
Die "Tagespost" vom 12. März berichtet über die Verhandlung des Ab-
schnittes "Unterricht, Kunst und Kultur" im Rechnungshofausschuß und
bringt dabei die Anfrage des Soz. Pazelt über die Ablöse von
40.000S für die Verpflichtung des Stiftes Kremsmünster zur Unter-
bringung der Studienbibliothek in Linz. Es scheint also, daß jemand
darauf gekommen ist, wie sehr der Staat da der Stiegel-Brauerei in
Salzburg hineingefallen ist.
Der 83. Bd. des Jahrbuches des MusealVereines (Linz 1930) berichtet
auf S. 49, daß das Landesarchiv alle Handschriften, Inkunabeln u.
Kupferstiche der Studienbibliothek in die Verwaltung übernommen habe,
ohne auch nur anzudeuten, daß diese Maßnahme provisorisch ist.
Am 16. März wurde mit den Bauarbeiten wieder begonnen, es droht aber
eine Einstellung, weil die Fundamentierung des linken Flügels stärker
ao^
werden müßte, wenn ein zweites Stockwerk aufgesetzt würde. Für dieses
hirnrissige Projekt Meiß-Teuffens, der es mit seiner gern praktizier-
ten Überrumpelungsmethode durchdrücken möchte, soll also der Staat
Geld ausgeben, für Dienstwohnungen hat er aber angeblich keines. Die
hiesige Postdirektion wollte auch schmarotzen und ein Postamt in der
neuen Bibliothek unterbringen, was aber im Unterrichtsministerium
scharfe Ablehnung erfuhr. Weil Meiß von Anfang an sich im Neubau an-
siedeln wollte, darum beantragte er auch keine Dienstwohnung für
den Direktor.
Das "Tagblatt" vom 1. April bringt die Nachricht, dem Dombaumeister
Schlager seien für den Neubau der Studienbibliothek von der christl.
Gewerkschaft ländliche Arbeitslose aufgedrängt worden, worauf der
Polier erklärt habe, mit diesen Leuten könne er den Bau nicht aus-
führen, und vom Bau weggegangen sei. Alles erlogen. Die Arbeiter
werden von der industriellen Bezirkskommission zugewiesen und der
Polier erlitt einen Nervenzusammenbruch und geht Jetzt nach 43 Jahren
Arbeit in Pension, aber das hängt nicht mit der Arbeiterfrage zu-
sammen. Am 17. April erklärte mir die Bauleitung, sie müsse, wenn
nicht rasch aus Wien eine Erledigung komme, den Bau einstellen. Die
Akten lägen derzeit bei Hofrat Bick und es sei trotz mehrmaliger
Urgenz keine Erledigung zu erreichen. Am 20. April sprach ich in die-
ser Angelegenheit bei Hofrat Jahn, dem Leiter der Bauabteilung der
o.ö. Landesregierung, vor. Dieser erklärte, den Bau auf keinen Fall
einzustellen, sondern ihn, da offensichtlich von Wien keine Geneh-
migung der weitergehenden Pläne zu erreichen sei, nach dem ursprüng-
lichen Plan, aber mit vergrößertem Lesesaal, fortzuführen. Ich wandte
mich hierauf gegen die Absicht, den Festsaal zu verschmälern, und
begründete die absolute Notwendigkeit eines solchen Raumes von ent-
sprechender Größe. Ferner wandte ich mich gegen die Verbauung des
für Erweiterung des Speichers freizuhaltenden Geländes in der Feld-
straße durch ein dreistöckiges Bürohaus und erklärte, ich hätte
mich mehr als 20 Jahre um ein Bibliotheksgebäude bemüht, nicht aber
um ein Regierungsgebäude.
Am 21. April sagte ich dem Pfarrer Hintermaier in Traun gesprächs-
weise, die Bibliothek komme auf den Schillerplatz zu stehen und
davor werde sich einmal das Schiller-Denkmal erheben. Das hätte
man sich ersparen können, meinte darauf der würdige Pfarrherr, und
auf meine verwunderte Frage nach dem Warum, erklärte er beinahe
/(/io
grimmig, diese "Kunden" (die Klassiker) habe er nie mögen, dazu
denke er viel zu nüchtern.
Meine Verteidigung Schillers ließ er nur halb und mit einem mit-
leidigen Lächeln gelten.
22. April. Die polnische Gesandtschaft in Wien spendete ein Buch
über Polen, Primarius Dr Strnad eine Postkarte in Kleinschrift,
Hofrat Karl v. Planck das Jahrbuch der Vereinigung katholischer
Edelleute 1930, das Kartographische Institut in Wien 32 Karten, die
Stadt Wels.
Am 24. April überbrachte Architekt Puchner aus Wien die amtliche
Mitteilung, daß der Neubau der Bibliothek kein zweites Stockwerk
erhält, daß aber die Fundamente auf einen späteren Aufbau berechnet?
werden.
Grund: Mangel an Mitteln. Das Projekt, den Landesschulrat in das
Gebäude aufzunehmen, hat Generaldirektor Dr. Bick abgelehnt. Hoffent-
lich kehrt es niemals wieder.
Vom Antiquriat I. Oberdörfer in Augsburg wurden zwei Stifter-Auto-
gramme (Statthalterei-Akten) um 235 M. angeboten, von denen aber die
Besitzerin eines im letzten Moment zurückzog, sodaß die Bibliothek
nur eines erwerben konnte. Es ist ein Bericht über die Normalschule
in Linz. Preis M 135*-
Von der Tochter des verstorbenen ehemaligen Försters Dittlbacher
der Domkapitel-Besitzungen Münzbach, Windhag etc. kaufte ich vier
interessante Manuskripte, darunter ein sehr wertvolles über die
Gründung von Baumgartenberg. 16. Mai.
Hofrat Peters, der mir bereits einen Personen- u. Waren-Aufzug ver-
sprochen hatte,ließ sich von einem Vertreter der Firma Büro u.
Wagner umstimmen und baut nun einen Waren-Aufzug für 30 kg. Gewicht
ein. Ich erfuhr davon nur zufällig.
Die "Tageszeitung" vom 21. Mai berichtet, für das neue Realgymnasium
in Steyr hole man jetzt die Bauofferte ein. Merkwürdig, es hieß doch,
der Bau könne erst ins Budget für 1932 kommen! Wie da politischer
Hochdruck gewirkt hat, sieht man auch aus der Beschreibung: "schöner
Repräsentationsbau", "Festsaal", "dementsprechende äußere Ausstat-
tung", den "Haupteingang wird eine figurale Keramik krönen."
Am 23. Mai erwarb ich Autogramme von Blumauer (2), Denis, Kalten-
brunner (4), Kienzl, Prechtler (13)®
In der Nummer vom 23» Mai bringt das "Tagblatt" die Antrittsrede
des Bürgermeisters Gruber, in der er auch des jahrenlangen Bibliotheks
Skandals gedenkt.
Die ausführenden Baumeister erklären vertraulich, sie hätten noch
nie einen so schlecht vorbereiteten Neubau wie die Bibliothek über-
nommen. Die Pläne sind von Wien zu wenig durchgearbeitet gekommen.
Am 5» Juni versprach mir Hofrat Peters auf meine Bitte einen Personen-
Aufzug, die Begleichung der Bau-Inschrift und die Anbringung des von
mir gewählten Spruchs auf der Haupt-Fassade.
9. Juni. Nach der Heferatseinteilung der neuen Landesregierung über-
nimmt an Stelle Pfenebergers der neugewählte Landesrat E. Hirsch
das Referat der Studienbibliothek, der unsympathischeste Mann der
Landesregierung. Diese Zuteilung hat die Bedeutung einer Demonstratioc
nach allem, was vorgefallen.
Am 15. Juni verlangte der Landeshauptmann, daß für ihn aus dem Barak-
ken-Depot der Jahrg. 1923 der "Volksstimme" herausgesucht werde.
Er schickte 6 Landhausarbeiter und nun wurden aus dem Chaos Kiste
um Kiste unter den größten Schwierigkeiten hervorgeholt, bis die
richtige gefunden wurde, die die gesuchte Zeitung «irthielt. Es mußten
60 Kisten geöffnet werden, was bei einer zusammen achtstündigen Ar-
beit, für die Stunde nur einen Schilling gerechnet, 48 S ausmachte.
Als nun die Zeitung schließlich im Präsidialbüro des Landhauses über-
geben wurde, stellte es sich heraus, daß sie gar nicht für den Landes-
hauptmann, sondern für den Landesrat Pfenebergei bestimmt war, der
sie offenbar für einen Artikel gegen die Nazisozi benötigte. Den
Namen des Landeshauptmannes hatte man. nur mißbraucht,um einen Druck
auf die Bibliothek auszuüben!
23. Juni. Da infolge verspäteter Ausschreibung Dachstuhl, Tür- -und
Fensterstöcke nicht rechtzeitig eintrafen, trat am 20. Juni in den
Arbeiten beim Neubau eine Stockung ein, die sofort su Gerüchten
Anlaß gab, der Staat habe kein Geld mehr und den Bau eingestellt.
"Tageszeitung" und "Tagespost" dementierten. Am 27. Juni traf ein
Teil des Dachstuhls aus Wien ein.
30. Juni. Universitätsprofessor Dr E. Arnold in Wien spendete 17
Bde., meist Belletristik.
4. Juli. Das hiesige "Tagblatt" brachte 3 Aufsätze über das "neue
Linz". Darin wird nur der von den Sozialdemokraten geschaffenen
Gemeindebauten gedacht, mit keinem Worte aber des Neubaues der
Bibliothek.
5. Juli. Das heutige "Tagblatt" bringt einen scharfen Angriff auf
die Bauleitung wegen ihrer Verschleppungstatistik.
7* Juli. Am 20. Juli 1861 schrieb Adalbert Stifter: Nichts ist ver-
derblicher als das Zentralisieren der Bildungsmittel und also auch
der Bildung auf einem Punkte in einem Staate. Dies erschüttert zu-
letzt den Staat in den Grundfesten, abgesehen von dem noch größeren
Übel, daß eine große Zahl von Menschen einem dumpfen Materialismus
übergeben wird, der sie entwürdigt. Eine zweckmäßige Anzahl von Bil-
dungsmittelpunkten in einem Staate ist wie die harmonische Vertei-
lung des Blutes in einem lebenden Körper.- Das gerade Gegenteil tat
der alte Staat und tut der neue.
19» Juli, im Briefkasten der heutigen "Tagespost" wird ein Bücher-
liebhaber an die Nationalbibliothek in Wien verwiesen, die ihm seine
alten Bücher schätzen würde. Also in Linz nischt.
26. Aug. die "Oberösterr. Arbeiter-Zeitung Nr. 33 bringt im Feuller
ton "Da Semperer" spöttische Bemerkungen über die Gründe der Verzö-
gerung der Bau-Arbeiten an der neuen Bibliothek.
Habe einen Linzer Einblattdruck von 1618 erworben. Unicum.
Der Maler Hauk, den Hofrat Peters statt eines Bildhauers für die
vier Kalkültätssymbole gewonnen hat, bereitet mir vielen Ärger, Er
kann nämlich nichts. Die Theologie verwechselt er mit Religion und
faßt auch diese in unmöglicher Weise auf: Egger-Lienz-Figur mit rie-
sigen Händen, die eher Ergebung, Demut etc. vorstellen kann, aber
als männliche Figur auch dazu ungeeignet ist. Es fehlt dem Künstler
die allgemeine Bildung.
Am 8. Sept. erbrachte ich dem Bauleiter Hofrat Peters und dem Maler
Hauk aus Ghr. L. Reinholds System der zeichenden Künste (Münster u.
Osnabrück 1784) den Beweis, daß die vier Fakultäten weiblich aufzu-
fassen sind, aber man will von der Blamage nicht zurücktreten.
Am 21. Sept. benützte Swarzenski «jun. vom Kaiser Friedrich-Museum
in Berlin unsere Miniaturen-Handsehriften des 13* Jahrhunderts.
Leider wurde mein Wunsch, auf der Bibliothek die Fahnenstange in der
litte des Hauptgebäudes und die Inschrift "Hic mortui vivunt et muti
loquentur" anzubringen, vor der Bauleitung nicht erfüllt. Auch hat
sie für die Wandverkleidung nicht, wie schon ausgemacht war, Marmor
genommen, sondern billigen bayrischen Muschelkalk. Die Bauleitung
verrät Mangel an Bildung und Selbständigkeit. Die Hasenfüße horchen
wegen jeden Schmarrens das Hochbau-Atelier im Handelsministerium
aus. Auch die Aufschrift "Staatsbibliothek" war nicht'durchzusetzen.
Jas Unterrichtsministerium wollte "Oberösterr. Bundesbibliothek",
aber das Bundeskanzleramt war dagegen, weil dann das Preßgesetz
geändert werden müßte, und das getraut man sich nicht, weil dann
vielleicht der ganze § 21 fallen könnte. Dicitur. Glaube ich nicht.
"Bundesbibliothek" wäre übrigens falsch, weil Österreich kein
Staatenbund, sondern ein Bundesstaat ist, also ein Staat; daher gibt
es Staatsbibliothekare, Staatsanwälte, ein Staatsarchiv usw.
17. Okt. Hofrat Brosch spendete 2 Exlibris.
Mitte Oktober wurde der Neubau gerüstfrei.
19 • Oltt. Heute wurde mit der Aufstellung des Stahlgerüstes im
Speicher begonnen.
20. Okt. Eine Abordnung des hiesigen Deutschen Sprachvereines und
der Volksbildungsvereine sprach in Wien beim Ministerialrat Dr.
Glotz im Unterrichtsministerium vor, um für den Neubau der Biblio-
thek die Aufschrift Studienbücherei durchzusetzen, blitzten aber
derart ab, daß einer der Uerrn bemerkte, der sollte lieber Klotz
sich schreiben. Bei mir war schon früher einer mit dem Geraunze,
auch vergebens.
Am 1. Nov. trat Herr Dr. Franz Höng als Ausbildungskandidat ein.
In der "Volksstimme" vom 14. Nov., S 3, fordert Schulrat Berndl
eine deutsche Aufschrift in deutscher Schrift auf der neuen staat-
lichen "Bücherei" in Linz. Schon früher hatte eine Deputation der
hiesigen Ortsgruppe des deutschen Sprachvereins im Unterrichts-
ministerium vorgesprochen, war aber vom Ministerialrat Dr. Glotz
hinausgeschmissen worden. Klotz soll er heißen, meinten dann die
Herren. Sie wollen nicht verstehen, daß Bücherei etwas anderes
ist als Bibliothek, daher wohl "Deutsche Bücherei" in Leipzig
als Sammelstelle, aber Bibliothek als gelehrter Betrieb. Die
Fraktur ist übrigens auch französischen Ursprungs. Die Frage
wegen der Aufschrift ist übrigens schon entschieden: es kommt
hinauf in Antiqua "Studienbibliothek". Und da ich die Bezeichnung
"Staatsbibliothek" nicht durchsetzen konnte,so wird auf mein
Verlangen ein Adlepsdgji ärarischen Charakter des Gebäudes bezeichnen
14. Nov. Schon regenY"Leute, die den Neubau der Studienbibliothek
durchgesetzt haben wollen, z. b. Hofrat Meiß, der sich darum "die
Finger wund geschrieben" haben will, während er durch sein Spar-
kasse-Projekt doch das Gegenteil bewirkt hätte, und der frühere
Nationalrat Hofer, jetzt Landesschulinspektor, der erst nach
Einstellung der Baukosten in das Budget durch Kanzler Schober
plötzlich entdeckte,daß damit ein "Herzenswunsch" der Oberöster-
reicher erfüllt werde, um dessen Erfüllung er nie einen Finger
gerührt hatte, weil er wußte, daß Schlegel nicht zahlen wolle.
Also schon meinen Lebzeiten fälschen sie die Tatsachen.
Am 24. Nov. wurde die Aufschrift "Studienbibliothek" am Gebäude
angebracht. Ich setzte bei der Bauleitung die Anlage eines Gartens
hinter dem linken Flügel des Neubaues durch. Dort soll ein Ro-
sarium erstehen in Erinnerung an die einst berühmte Rosenkultur
im Garten der alten Bibliothek. Stadtgartendirektor Schweiger hat
auf meine Bitte hin eine sehr schöne Skizze der geplanten Anlage
entworfen. Kosten: 600-700 S.
Am 10. Dezember ist der Neubau außen fertig geworden, am 15* Dez.
war der Bauplatz geräumt und das Gebäude stand frei da. Ohne Unfall
ist der Bau verlaufen. Deo gratias!
Der Zuwachs der Bibliothek betrug 1931: 1005 Bde., dazu 41 Hand-
schriften, 3 Inkunabeln, 10 Musikalien, 44 Landkarten und 143
Kunstblätter.
Pakete liefen ein 50, abgegangen sind 45.
124 Benützer haben 241 Bde. bekommen, davon 59 Besteller 142 Bde.
von auswärts.
1932
Am 1# Jan. spendete Rat Dr Kr&kowizer die Erstausgabe von Grill-
parzers "Melusine".
Die "Wiener Bilder’1 vom 3. Jan. bringen eine Ansicht des Neubaues.
Im Begleittext wird das Gebäude als "prächtig und architektonisch
sehr gelungen” bezeichnet. Wie ich mir im wesentlichen die Bib-
liothek vorgestellt hätte, soll das folgende Bild zeigen. Ich meine
damit nicht die Einzelheiten, sondern den Gesamteindruck der Mo -
numentalität. Aber, sagte man mir drohend in Wien, wenn ich darauf
bestünde, so werde überhaupt aus dem Bau nichts. Hier in Linz
warteten aber schon die Geier auf das Aas. Das durfte ich nicht
riskieren.
Das neue Heim der Staatlichen
Studienbibliothek in Linz.
Die i'anbeshauptftaöt oon Oberöfterreid),
bas fchöne Ein^, t)at in beu lebten
3al)ren trofc her Ungunft öer geit einen
fo reichen Soutacbs an prächtigen 9tcu«
bauten *u Bezeichnen, bah Rc heute 511
beu fchönftett Stabten bes beutfehen
Sprachgebietes gewählt werben tonn.
Die herrliche i3age oon £inj, au beibeit
Ufern ber Donau unb umgeben oon
anmutigen bergen, hot ber «Stabt oon
jeher einen befonberen s)teij\ oediehen,
ber burch beu lebhaften s£etfcl)r oon
Srcmbeu unb (£inheimifd)en gerabe^u
grohftäbtifch wirft. (£iu prächtiges unb
ardjiteftonifch fehr gelungenes feebäube
i|t bie foeben oollenbcte Staatliche
Stubienbibliothct auf beut SdjiUerplah,
welche einen geiftigeu ^ülittelpunft ber
Stabt au bilben berufen ift.
Oätur Kaufmann, ‘Berlin
Stete Bolföbüljne, “Berlin. 1913/14
Das "Interessante Blatt" 1932, Nr. 1, brachte ebenfalls das Bild
des Neubaues. Redakteur Streit der hiesigen "Tagespost", dem es
von gleicher Seite angeboten wurde, äußerte sich, es interessiere
ihn nicht und der Druckerleiter Ortner polterte, jedesmal bekomme
er einen Wutanfall, wenn er am Neubau vorbeigehe. Das hiesige
"Tagblatt" bemerkt in einer Besprechung der Linzer Bauten des
Jahres 1931 in der Nummer vom 14. Jan., der Neubau sehe von der
Seite und von rückwärts aus wie eine Schuhwichs-Fabrik.
Die Leute um den "Tagespost"-Wimmer können es nicht verwinden, daß
ihnen der feine Plan, die Studienbibliothek im Hintergebäude der
Sparkasse verschwinden zu lassen oder gar nach dem Proporz aufzu-
teilen, in nichts zerronnen ist.
16. Jan. Heute besichtigte Landesrat Hirsch als Referent den Neu-
bau, flankiert von den Hofräten Meiß, Jahn, Peters und den Bundes-
Baukoramissär Hable.
26. Jan. Heute besichtigte um 10 Uhr vorm, der Minister Czermak die
Bibliothek;Mit dem müden Blick einer Kuh rannte er durch das Gebäude,
sprach wenig und verriet dabei auch noch seine Uniformiertheit.
Landeshauptmann Dr. Schlegel war nicht dabei, sondern verreist.
Die hiesigen Blätter gackerten einige Tage zuvor und einige Tage
danach, jetzt (28. Jan.) ist es wieder still»Am Platze vor der
Bibliothek hatten sich 14 Personen eingefunden, um den Minister
durchs Gebäude zu folgen, amtliche Trabanten, Ingenieure und einige
Ahdabei.
Die "Tagespost" brachte einige Tage zuvor ein Bild des Neubaues
und einen süßsauren Artikel.
Für Steyr war ein Realgymnasium geplant, das 3 Millionen kosten
sollte! Für die Bibliothek hatte man nur eine Million und diese
haben wir nur Schober zu verdanken. Landesschulinspektor Dr. Hofer
will jetzt plötzlich auch Verdienste um die Bibliothek haben, weil
er sich beim Sektionschef Joas bemühte, daß Land und Stadt nur je
ein.iAchtel statt ein Viertel zu zahlen brauchten. Daß die Bibliothek
gebaut werde, dafür hat er nie einen Finger gerührt, aber für
Schlegel bot er alle Beredsamkeit auf.
17* März. Im heutigen "Linzer Volksblatt" ereifert sich ein wohl-
bekannter Anonymus ("Prof." Raimund Berndl) über die Aufschrift
"Studienbibliothek" auf dem Neubau. Dieser ehemalige Volksschul-
lehrer spricht von "verbildeten" und "eingebildeten" Kreisen, die
an dem welchen Worte "Bibliothek" festhielten. Dabei schreibt er
in seiner anmaßenden Halbbildung "InsCribtion". Auch die "Tages-
post" brachte am 20. März den Angriff.
19. März. Gestern fragte mich der Oberlehrer i.R. Ratzka im Kaffee-
haus, wann denn die "Leihbibliothek" übersiedle. Es war nicht Bos-
heit, sondern Beschränktheit. Die guten Leute kennen eben sonst
nichts.
22. März. Neulich begegnete mir die Baronin Enrica Handel-Mazzetti
und kam im Gespräch auf den Neubau der Bibliothek zu sprechen. Sie
sei sehr schön ausgefallen. "Nicht wahr, Renaissance"?, meinte sie
ganz unbefangen, ohne Malice.
Ein Urteil aus München findet den Bau nüchtern und plump, ein Pro-
fessor aus Passau wieder schreibt: ein wahrer Prachtbau!
A f
Am 51• März waren Hofrat Meiß und ich auf dem Bau und wurden von
den beiden Herren der Bauleitung erwartet. Meiß beanständete, daß die
Sicherungs-Nischen ebenerdig gerade gegenüber dem Stiegen-Aufgang
angebracht seien, daß die Fußböden in den Gängen keine Rundungen
gegen die Wände aufweisen, daß in den Aborten die Türen bis auf
den Boden reichten, äodaß beim Reinigen aller Schmutz unten hangen
bleibe, daß zu ebener Erde keine Gitter angebracht worden seien.
Ferner machte er dem Hofrat Peters wegen der schändlichen Fenster-
beschläge, wie sie im Parterre teilweise auftreten, eine Szene,
ebenso wegen der Verzögerung bezüglich des Abbruches des Stöckels
der Steuer-Administration, für den Meiß selbst die Verantwortung
übernahm, um Peters in Marsch zu bringen. Sonst bauen wir noch ein
Jahr.
Von Msg. Stingeder kaufte ich 7 schöne Initialen aus einem Choral-
folianten und ließ sie, weil sie stark verschnitten waren, vom
Bibliothekswart Eilmansberger, der in diesen Dingen sehr geschickt
ist, ergänzen und aufmontieren. Sie sind jetzt ein prächtiges
Ausstellungsstück.
Am 15- April spendete die Oberlandesgerichtsrats-Witwe Pauli in
Urfahr, Blütenstr. 30, 28 Bde. botanische Schriften.
26. April. Es wird mir immer klarer: vom Landesarchiv ging aller
Widerstand gegen meine Bestrebungen aus. Die Argumentation war:
folgende: Wir brauchen in Linz keine Studienbibliothek. Die
Handschriften übernimmt das Landesarchiv, das übrige die Museums-
Bibliothek, die in die Sparkasse übersiedelt und das Recht auf
Übernahme der Pflichtexemplare als Landesbibliothek erhält.
Alles auf dem Hintergrund der beabsichtigten Usurpation völliger
Autonomie bis zum förmlichen Staatenbund. Wer forschen will, hieß
es, hat ohnehin das Landesarchiv und das Landesmuseum. Die Sperre
der Bibliothek 1924 war das Signal für die Herren Zibermayr,
Straßmayr usw. und nun arbeitete man. Die Landesregenten ihrer
Couleur lachten zu dem famosen Plan, denn dann brauchte man
keinen Neubau und vor allem, man brauchte dazu nicht zu zahlen, was
besonders Schlegel freute. Allenthalben begegnete ich einer auf-
fallenden Passivität-bei den Ministern in Wien, aber besonders in
Linz. Der Nationalrat Dr. Aigner fuhr sogar mit einer Deputation
nach Wien mit, tat aber, getreu dem Aufträge seines Meisters
Schlegel, natürlich das nur zum Scheine, stellte niemals einen
Antrag, ebensowenig Nationalrat Hofer, der doch im Finanzausschuß
saß.
Als im Jahre 1928 die Delogierung erfolgte, schienen die Ver-
schwörer am Ziele zu sein. Da man meinen Widerstand fürchtete, nahm
man mir förmlich mit Handstreich und ohne Konsignation alle Wert-
sachen weg und überführte sie ins Landesarchiv. Ohne Konsignation!
Das war nur verständlich unter der Voraussetzung, daß man sie be-
halten wollte. Es ist ganz unglaublich, wie hinterhältig sich
die Herren des Landesarchivs in dieser Sache benahmen.Nach einiger
Zeit kam Dr. Zibermayr und wollte gar noch den Schlüssel zur
eisernen Kiste und meinen Handschriften-Katalog. Ich verweigerte
die Ausfolgung, worüber er sehr erbost war. Er drohte, die de-
ponierten Bestände zusammenzupferchen. Nach der Verfassung war
aber die ganze Vorgangsweise rechtswidrig, was ich ihm auch vor-
hielt; allerdings bei einer späteren Gelegenheit. Nun war er doch
in Besorgnis, ich könnte an den Verwaltungsgerichtshof appellieren,
und berichtete im Landhause. Ba nun gerade die neue Verfassung
beraten wurde, beauftragte man einen Abgeordneten, die Aufnahme
eines Paragraphen zu verlangen, wonach die Landeshauptleute befugt
sein sollten, Bundeseigentum nicht nur zu verwahren, sondern
auch zu verwalten, also eben das Recht, das man mir verfassungs-
widrig genommen hatte. Das alles vollzog sich genau so hinter-
hältig wie früher. Der Archivdirektor erhielt jetzt gar den Auf-
trag (auf seinen Wunsch?), mich nicht ohne jedesmal einzuholende
Erlaubnis zu den Bibliotheksbeständen zu lassen. Natürlich be-
trat ich das Magazin, wo sie untergebracht sind, niemals.
Die ganze Verschwörung gegen das 150 Jahre bestehende Institut
begründeten diese fanatischen Autonomisten mit dem Hinweis darauf,
daß der Staat nichts tue, während in Wirklichkeit die Landes-
vertreter in Wien sich gar nicht wirklich bemühten, und als die
Bausumme schon in den Voranschlag des Bundes eingestellt war,
durch Nichtbeantwortung der Aufforderung zur Beitragsleistung ver-
schuldeten, daß das Finanzministerium den Betrag wieder heraus-
nahm, sodaß erst Schober an den Landeshauptmann herantreten mußte,
ehe die passive Resistenz aufgegeben wurde.
Die amtliche "Linzer Zeitung" vom 29* April, Folge 18, bringt die
Ausschreibung des Portierpostens in der neuen Studienbibliothek.
Im Hotel Europe wird an die Fremden ein kleiner Führer ausgegeben,
der die "Studienbibliothek mit wertvollen Inkunabeln" unter den
Museen und in einem Atem mit der Stadtbibliothek nennt. Der Verfasser
410
l fcüiSJ&sääli®Visfii).
dürfte der Leiter des städt. Verkehrsamtes, Brieger mit Namen,
sein, weil da die "Unikas" (s. Landesmuseum) wiederkehren, mit
denen er nachweislich schon früher in einem Prospekt der Stadt
Linz Staat gemacht hat.
Am 6. Mai teilte mir Hofrat Meiß mit, daß der neue Präsident der
Finanzlandesdirektion hinter seinem Rücken mit Landeshauptmann
Schlegel ein Abkommen getroffen habe, wonach das Bürohaus dem
Gebühren-Bemessungs-Amte eingeräumt werden solle, wogegen dem
Lande und der Gemeinde die Beiträge erlassen, bzw. zurückge-
zahlt würden. Damit wäre die Wohnung des Bibliothek^irektors und
die Unterbringung des Landesdenkmalamtes und des Volksbildungs-
referates gefallen. Die ganze Aktion geschieht, damit der Prä-
sident eine Riesenwohnung in der Finanzdirektion erhält, die
jetzt dem Gebühren-Bemessungs-Amte eingeräumt war. Die Kosten
spielen im Finanzministerium keine Rolle, während beim Biblio-
theksbau gespart wird bis zur Lächerlichkeit.
11. Juni. Die Bibliothek erwarb ein eigenhändiges Schreiben des
Landeshauptmannes Dietmar von Losenstein an den Rat von Enns betr.
die Abhaltung des Schützenfestes in Linz statt in Enns. 1564.-
Bietmar von Losenstein ist der Urheber der oberösterr. Landtafel.
Ferner erwarb sie vom Antiquariat Schoder in Stuttgart 1 /2 Blatt
des Gatholicon (von Gutenberg in Mainz, 1460, gedruckt, sein
letztes größeres Werk) um M 450.- Die Bibliothek besaß bereits ein
Fragm. der Mainzer Bibel von 1462, aber es fehlte noch ein von
Gutenberg selbst herrührender Druck, den nun auch zu besitzen wir
das Glück haben.
Heute teilte mir Medizinalrat Lartschneider seine Entdeckungen auf
dem Gebiete der Krebsforschung mit, die ihm, wie er dankbar aner-
kannte, nur die Unterstützung durch die Studienbibliothek ermög-
lichte .
Am 14. Juni fand wegen der Frage der zukünftigen Verwendung des
Bibliothekstraktes in der Feldstraße eine "Begehung" statt, zu
der erschienen: Landesrat Hirsch, Präsidialist Eigl, Hofrat Meiß,
Konservator Dr. Hainisch, Hofrat Peters, Dr. Depiny und ich. Es
ergab sich, daß Hainisch und Depiny erklärten, in einem Stockwerk
Platz, zu finden, was ich immer betont habe. Ich erklärte, daß die
Wegnähme des Gebäudes durch das Finanzministerium ein schweres
Aa.4 &
Unrecht bedeute, und daß der Direktor aus dienstlichen Gründen
im Hause wohnen müsse, was jetzt offenbar unmöglich werde. Der
Trakt müsse ferner bei der Bibliothek bleiben, weil sonst die
künftige Erweiterung auf unabsehbare Schwierigkeiten stossen
werde. Ich fürchte aber, daß trotz meiner Proteste der gold-
beladene Esel die Mauern übersteigen wird. Landesrat Hirsch
zeigte wenig Vertrautheit mit dem Problem und entfernte sich
noch vor der entscheidenden Stellungsnahme der interessierten
Faktoren. Auch ein Referent!
Am 30 Juni traf der für die Bibliothek ernannte Portier, Rayons-
inspektor Anton Haslinger in Ried bei Kremsmünster, ein und trat
seinen neuen Posten an.
Am 1. Juli traf ein kostbares Geschenk ein: der vom 4- Hofrat Dr.
Aug. Crüwell, Direktor der Universitätsbibliothek in Wien, letzt-
willig vermachte Linzer Druck (1620) "Glückwunsch zur Vermählung
des Buchdruckers Joh. Plank in Linz", jedenfalls ein Unicum.
In der Gemeinderatssitzung am 1. Juli wurde die Flüssigmachung
von S 23 000 für die Studienbibliothek bewilligt.
Am 30. Juli erwarb ich für unsere Bibliothek Wielands Musarion,
Linz 1784. Dieser kostbare Druck bildet zusammen mit Lessings
Trauerspielen und Kants Kleinen Schriften einen Beweis dafür,
daß Linz damals doch nicht lauter Gebetbüchel druckte, wie man
manchmal hören kann. Der Buchhändler Trattnern von Wien hat daran
ein Verdienst. Er war seit 1782 im Tscherne-Haus auf dem Haupt-
platz.
Am 23. Aug. wurden die 4 Fakultäten (entw. von Haug in Linz) am
Neubau angebracht. Sie sind nicht nach meiner Vorstellung aus-
gefallen, aber wenigstens sind die beiden männlichen Gestalten
(Theologie und Philosophie) auf mein Verlangen durch weibliche
ersetzt worden.
Am 23. Aug. spendete Herr Verwalter i. R. Heinrich Neukirch den
Einblatt-Noten-Druck "Lied für die Nationalgarde" von Castelli u.
Fischhof [Wien 1848].
Wie ich am 22. Aug. in Salzburg erfuhr, wollte Hermann Bahr
seine etwa 12.000 Bde umfassende Bibliothek ursprünglich für Linz
widmen, wurde aber davon von einer Dame zugunsten Salzburgs ab-
gebracht .
Am 19. Aug. starb der Alt-Bundeskanzler, Polizeipräsident Dr.
A2A Ir
Joh. Schober, dem wir den Neubau der Studienbibliothek verdanken,
denn er stellte getreu einem früher gegebenen Versprechen auf
meine Bitte den bereits wieder aus dem Bundesvoranschlag ausge-
schiedenen Baubetrag abermals ein und beseitigte mit persönlicher
Bemühung die passive Resistenz des Landeshauptmanns Dr Schlegel
gegen die Beitragsleistung des Landes, in der ihm natürlich die
Gemeinde assistierte. Gott vergelte dem edlen Toten seine Tat!
13» Sept. Der probeweise zugeteilte Gendarmerie-Rayonsinspektor
Anton Haslinger will den Posten eines Torwartes nicht übernehmen,
da die vom Finanzministerium gestellten Bedingungen zu hart sind.
Er müßte z.B. Zins zahlen und im Erkrankungs-oder Verhinderungs-
fälle auf seine Kosten Ersatz stellen.
13* Sept. Der Landeshauptmann Dr. Schlegel hatte mir seinerzeit
sein Desinteressement an der Bibliothek ausgesprochen und Landes-
amtsdirektor Graf Attems macht dem Vorreferenten Meiß-Teuffen,
wie mir dieser erzählte, wiederholt schon Vorwürfe, warum er sich
denn so für die Bibliothek engagiere,was, nebenbei bemerkt,
ohnehin nicht der Pall ist. Wie soll ein wissenschaftliches Insti-
tut bei solcher Gesinnung der Vorgesetzten Behörde gedeihen?
24. Sept. Heute trat ich an den Regens des Priesterseminars, Prä-
laten Dr. Grosam, heran mit der Bitte, der Studienbibliothek die
Handschriften und Inkunabeln sowie jene Bücher zu überlassen, die
für das Priesterseminar praktisch keine Bedeutung haben, vor-
läufig mit Vorbehalt des Eigentumsrechtes, bis mit der Regierung
einzuleitende Verhandlungen zu einer Abtretung gegen Entschädigung
führen.
Vom 28.-30. Sept. war ich in Wien und traf dort im Unterrichts-
ministerium zufällig den Hofrat Meiß Teuffen, der nicht wenig
verdutzt war. Ergebnis der Aussprache mit Generaldirektor Bick
war die Eröffnung, daß ich pensioniert würde. Als Nachfolger be-
werbe sich Dr. Luegmayr. Er sei aber dagegen und ich solle ihm an-
dere Kanditaten nennen. Ich bemerkte, bei dem geringen Personal-
stande der Studienbibliotheken müsse es naturgemäß zu Schwierig-
keiten kommen. Man lasse eben die Dinge gehen, wie sie seit 150
Jahren gegangen sind, obwohl doch ganz andere Verhältnisse sich
entwickelt hätten und dem Staate doch an einer größtmöglichen
Auswertung seiner Bibliotheksschätze im Interesse der Volks-
bildung gelegen sein sollte. Aber Herrn Bick liegt nur die National-
bibliothek am Herzen.
Ministerialrat Glotz, bei dem ich hierauf mit ^eiß war, erklärte,
für die Übersiedlung sei kein Geld da, die Faßzieher seien zu
fragen, ob sie das Geschäft auf Borg machen wollten, denn es sei
auch 1933 keine Gewißheit, ob sie ihr Geld bekämen. Es stehe so
arg, daß die Auszahlung der Gehälter ab 1. Jan. 1933 in Frage
stehe. Dabei werden Universität und Unterrichtsministerium herunter-
geputzt, für eine neue Beleuchtung des Burgtheaters mehr als eine
Million »usgegeben.
Am 18. Okt. übergab ich dem Nationalrat Dr. Hermann Foppa ein Ver-
zeichnis der dringendsten Wünsche der Studienbibliothek. Am gleichen
Tage brachte das hiesige "Tagblatt" unter dem Titel "Symbole"
dumme Witzeleien über die vier Plaketten am Neubau und unter dem
Titel "Kulturbolschewismus" eine Schimpferei über den sehr begrün-
deten Antrag der Ckristlichsozialen auf Auflassung der ganz über-
flüssigen Stadtbibliothek.
Am 10. Okt. kaufte ich um 400 S eine Handschrift aus der ehemaligen
Bibliotheka Windhagiana. Sie enthält auf Pergament ein Leben der
hl. Katharina samt Officium.
Als ich in Wien bei Generaldirektor Dr. Bick war, lag auf seinem
Schreibtisch der Akt betr. die Abgrenzung des Hofraumes der Bib-
liothek gegen die Steueradministration. Er begutachtet also im
Oktober etwas was andere schon im Mai erledigt haben! Die ganze
Tätigkeit des Sachverständigen beim Unterrichtsministerium scheint
überhaupt in der wirksameren Vertretung der Interessen der National-
bibliothek zu bestehen. Kein Mensch kümmert sich um den Nachwuchs
an den Studienbibliotheken, der bei so geringem Personal natürlich
spärlich ist, sodaß z. B. für Klagenfurt schon über 2 Jahre kein
Nachfolger für Dir. Pirker gefunden werden kann, da die Herren
in Wien auf ihren Sitzen kleben. Seit 1828 keine neue Dienstes-
instruktion!
Am 17. Okt. begann die Übersiedlung der Kanzlei vom Hause Landstr.
32 in den Neubau und am 18. Okt. war sie beendet. Am 24. Okt.
begann die Übersiedlung der Bestände, am 8. Nov. war die letzte
Kiste unter Dach und am 16. Nov die Übersiedlung beendet. Alles
führte die Faßzieher-Kompagnie klaglos durch.
Am 5* Kov. erfolgte die baupolizeiliche Kollaudierung des Neubaues,
worüber ich mir ein Original-Protokoll für unser Archiv erbat.
4a z
Am Schlüsse der Begehung sagte Hofrat Meiß laut zu den Versam-
melten: Sie glauben gar nicht, meine Herren, wie mißachtet die
Bibliothek bisher war!- Er hätte hinzufügen sollen: von der Re-
gierung.
Am 8. Nov. zog der Probe-Torwart Ant. Haslinger aus und über-
siedelte als Rayonsinspektor der Gendarmerie auf seinen neuen
Posten Scharten.
Am 12. Nov. flaggte die Bibliothek anläßlich des Staatsfeier-
tages zum erstenmal.
Am 25. Okt. besichtigte Geheimrat Dr. Leuyh von Tübingen, ein
hervorragender Fachmann, die Bibliothek, am 27. Okt. war M.R.
Smolik von Wien hier, sprach sich für Vergitterung der Speicher-
fenster aus, aber gegen eine Bauinschrift mit Hervorhebung Schobers
aus. Reliefbüste abgelehnt und Erwähnung des Bundespräsidenten
verlangt. Ein kleiner Adler an der Rundung bewilligt.
Hofrat Meiß verlangte ein Keller-Abteil für Registratur-Zwecke
der Landesregierung und dazu vier Kasten aus der alten Bibliothek,
für sich als Leihgabe einen der vier nicht für die Wiederaufstel-
lung bestimmten eingelegten Kasten aus der alten Jesuitenbiblio-
thek. Letzteres Verlangen erfüllte ich aber nicht.
Ein junger Mann wollte von mir ein Lokal für gymnastische Übungen,
Dr. Zöhrer die Unterbringung der Pachinger-Sammlung im Neubau,
der Direktor des Mädchen-Realgymnasiums den Ausstellungssaal für
seine Zwecke und noch andere kuriose Zumutungen traten an mich
heran.
Von Landesarchivdirektor Dr. Krackowizer erhielt am 18. Nov. die
Bibliothek 4 Musik-Manuskripte und vom Konzertmeister Herrn. Haböck
in Wels eines mit einer Notiz über Goethe am 21. Nov.
Von Antiquariaten erworben: eine anonyme Schrift Gremeris, Grill-
parzers König Ottokar, Erstausgabe; Wiener Musenalmanach von 1793
von A. Blumauer; ein Linzer medizinischer Druck von 1713 mit
handschriftlichen Nachträgen ;Pfrangers Mönch von Libanon, der auch
in Linz erschienen ist, in der Erstausgabe Dessau 1782; Wielands
Musarion, Linz 1784, und einige Linzer und Steyrer Drucke s. XIX.,
ferner ein geschriebenes Gebetsbuch, Grünau 1813*
Das Bibliotheksgebäude zählt auf allen drei Fronten 235 Fenster.
Seit Oktober bleibt die Dotation für Bücheranschaffungen aus, so-
daß ich in Schulden komme. Habe schon fast 500 S aus eigenem vor-
gestreckt .
Dr. Georg Leidinger, Direktor der Handschriften-Abtcilung an der
Bayer. Staatsbibliothek in München, dem ich eine Ansichtskarte
unseres Baues geschickt hatt§, schrieb mir am 24. Nov.: Ich be-
glückwünsche sie aufs wärmste zur Vollendung und zum Umzug. Sie
haben sich mit der Durchführung des Baues ein unvergängliches
Verdienst um Linz und Oberösterreich erworben. Modern und hübsch
zugleich ist der Eindruck, den das Bild macht.
Desgleichen schrieb mir am 15. Des Univ.-Prof Dr. Babinger in
Berlin: Besonderen Dank schulde ich Ihnen für die hübsche Ansicht
des neuen Büchereigebäudes... Ich beglückwünsche Sie und Linz zu
dieser großartigen Schöpfung. 1?. Dez. Univ.-Prof. Dr. Arnold in
Wien spendete 16 Bücher u. kl. Schriften.
19* Bez. Krankenhaus-Seelsorger Kaltenbrunner findet den Neubau
nicht schön, er sehe aus wie eine Kunstmühle.
20. Dez. Ein Dr. Fierlinger (chrszl.) sprach sich bei der Budget-
verhandlung im Gemeinderat gegen den Luxus einer Stadtbibliothek
aus.
25. Dez. In der heutigen "Tagespost" erschien ein offenbar von
der Finanzdirektion ausgehender oder inspirierter Artikel über
den "Streit um das Verbindungsgebäude zwischen Steueradministra-
tion und Studienbibliothek", worin der Versuch gemacht wird, die
Sache so darzustellen, als ob die Naturalwohnung des Direktors
(durch Sperrdruck tendenziös hervorgehoben) der Vereinigung
zweier Zweige der Finanzverwaltung im Wege stünde. Ich schickte
sogleich eine Richtigstellung an das Blatt, die aber nicht auf-
genommen wurde.
Der Zuwachs der Bibliothek im Jahre 1932 betrug: 314 Bde., 304
Bde. periodischer Schriften, 7 Kataloge, 21 Schulbücher, 99 kleine
Schriften, zusammen 7^+5 Einheiten. Dazu kommen: 15 Handschriften,
1 Inkunabel, 21 Musikalien und 671 Kunstblätter.-Pakete eingelangt
49, abgegeben 44.
Benützer 103 mit 144, Besteller 58 mit 123 Bänden. Zusammen 261
mit 267 Bänden.
1933
2. Jan. Heute besichtigte der Finanzminister das Stöckel und ließ
sich vom Präsidenten Moser und HR Patz die entsprechenden Informa-
tionen geben. Im Ministerrat war bereits mit Stimmenmehrheit der
Finanzverwaltung das Haus zugesprochen worden, aber Unterrichts-
minister Rintelen erhob dagegen Einspruch und sagte, er müsse
sich genau informieren. Moser meinte zum Minister, der Direktor
müsse durchaus nicht in der Bibliothek wohnen, und der Minister
nickte mit den Worten zu: Ja, ja, er soll nur Bewegung machen.
Ich sandte an den Sektionschef Löbenstein eine genaue Darstellung
des Sachverhaltes.
5. Jan. Im Zentralblatt für Bibliothekswesen 1933 erscheint eine
sehr freundliche Würdigung unseres Neubaues von Hofrat Dr. F.
Eichler, dem em. Direktor der Universitätsbibliothek in Graz,
deren Bürstenabzug mir heute zuging.
Die Restaurierung der Prunkkästen, die ich der Bauleitung schwer
abringen mußte, schreitet gut fort. Sie ist mit dem sechsten Schrank
jetzt zueende. Es folgen noch zwei. Die vier übrig bleibenden
müssen in den Keller, bis eine günstigere Zeit einen Saalbau über
dem linken Flügel der Bibliothek gestattet, worin dann alle 12
Kästen aufgestellt werden könnten.
7. Jan. Es wird auf Anregung des Hofrates Meiss noch ein neunter
Kasten aufgestellt und zwar als Tür-Umrahmung, bleiben also noch
drei.
In einem Schreiben an Minister Rintelen legte ich entschiedene
Verwahrung gegen den neu aufgetauchten Plan des Landeshaupt-
manns ein, das Stöckel dem Landesschulrat zu geben und unseren
Festsaal als Sitzungs-Saal zu benützen. Ich drohte mit Beschwer-
de beim Verwaltungsgerichtshof.
20. Feb. Hofrat Meiß und ich fuhren nach Wien und besichtigten
die im Bundesmobilien-Depot für die Studienbibliothek ausgesuch-
ten Einrichtungsstücke. Da für den Justiz-Palast-Aufbau und für
das Regierungsgebäude in Eisenstadt schon alles geplündert war,
blieb nicht mehr viel übrig, ein Paar Sitzgarnituren, ein großer
Spiegel, zwei Stehpulte.
11. März. Heute fand sich auf binem Seitenteile eines der drei
übrig bleibenden Schränke, die in den Keller wandern, folgende
Bleistift-Notiz:" Diese orweit ist gemacht worden von Wentzel
Helfer und Antony Lunimack, einer aus Pöhm und der andere aus
Mähren, im Jahre 1760 beim Meister Johann Georg Bauinger (?) in
Linz und aufgesetzt worden den 3. Nov. "
13. März. Heute wurde die Arbeit an den 9 Kästen des Festsaals
beendet und der Lesesaal, wo die Tischler daran seit 27. Oktober
gearbeitet hatten, geräumt.
Da keine Kohlen für heuer mehr bewilligt werden, so muß die ge-
samte Heizung bis auf den Ofen der Direktionskanzlei eingestellt
werden. Natürlich stockt die Arbeit im Speicher jetzt ganz.
13* März. Hofrat Meiß eröffnet mir mündlich, daß von den bewillig-
ten 20.000S noch Abzug der Übersiedlungskosten und der Kosten
für die Restaurierung der Schränke etwa 8000 S übrigbleiben. Ich
solle angeben, was davon gemacht werden soll. Natürlich läßt sich
mit diesem lächerlichen Betrag nicht viel anfangen. Das Dringendst
ist die Einrichtung der Sammlungs-Räume und der Kanzleien. Bezüg-
lich des Personals riet er, die Neuordnung und Katalogisierung
mit freiwilligen Hilfskräften durchzuführen, was ich ablehnte. Wer
soll sich zu diesen ungeschulten Leuten hinstellen? Sie wollen um
keinen Preis ausgebildete Kräfte einstellen. Wenn man puch nur
eine der im kleinen Österreich entbehrlich gewordenen Mittelschu-
len auflassen würde, könnten von dem dadurch ersparten Betrag alle
drei Studienbibliotheken auf die Höhe gebracht werden. Ich machte
ihm eine fürchterliche Szene, worauf er aufstand und ging. Der
Mamvertritt als Referent nicht die Interessen der Bibliothek,
sondern des Ministeriums. Alles hat er so verschleppt, daß wir
in die ungünstige Zeit gekommen sind. Wie hat er doch den Neubau
durch seine Yersatz-Amt-Idee jahrelang sabotiert.
4. April. Hundskälte und keine Kohlen! Dazu ohne Amtspauschale,
sodaß ich fortwährend aus eigenem vorstrecken muß. Habe heute
aus einer krainischen Schloßbibliothek eine Handschrift gekauft,
die eine Abschrift von Preuenhubers Catalogus und eine kurze Ge-
schichte der Städte Wels und Linz enthält, die wohl den ältesten
Versuch auf diesem Gebiete darstellen wird.
Die Katalogisierung des Legates Schmiedbauer habe ich beendet. Das
Ergebnis ist: rund 1400 Bände.
Am 5. April spendeten Dr. Ferd. Krackowizer und Innozenz Talla-
vania, sein Schwiegersohn, wieder eine größere Anzahl von Büchern,
ersterer dazu 5 Handschriften.
Am 10. April spendete Univ.-Prof. Arnold in Wien wieder eine
Anzahl Bücher.
Das Landes-Fremdenverkehrsamt machte eine Eingabe nach Wien wegen
baldiger Erschließung der Bibliothek. Landesrat Gasperschitz als
Präsident des Verbandes und Hofrat Danzer besichtigten aus diesem
Grunde am 7* April die Bibliothek, deren Prunkschränke sie ent-
zückten. Meiß war mit.
Am 11. April überreichte ich der Landesregierung das Programm der
Beschaffung der Inneneinrichtung, wobei ich im Gegensatz zu Meiß,
der mit der Fertigstellung zuerst des Lesesaales das Pferd beim
Schweif aufzäumen möchte, die Forderung vertrat, vor allem die
Kanzleien und Sammlungsräume einzurichten, damit man doch wenigst
tens Ausstellungen veranstalten und an die Herstellung der Kata-
loge schreiten kann, ohne die ja der Lesesaal nicht aufgemacht
werden kann. Da im direkten Wege nichts zu erreichen ist, hetzte
ich den Fremdenverkehrs-Verband auf Meiß, der darauf nolens volens
in Wien um eine Schreibkraft anhielt.
Heuer (4.April) sollten wir den 15>0j. Bestand der Bibliothek
festlich begehen, wie das Museum heuer seinen 100j. Bestand feiert,
aber die Interesselosigkeit, ja Feindseligkeit der maßgebenden
Faktoren gegen die Bibliothek ist grenzenlos."Was Du immer mit
der Bibliothek hast-in die---ser Zeit!" schreit der Landesamta-
direktor Graf Attems den Vorreferenten Meiß an, wenn ihm der damit
kommt, und Meiß hat docn selbst weder Verständnis noch Interesse.
Bei solcher Haltung der Machthaber müssen die Kultur-Institute
des Bundes verdorren. Dazu die Feindseligeit des Landesarchivs und
des Museums und man kann sich meine Lage ausmalen. Nur der Anschluß
an das deutsche Reich und die damit verbundene Änderung der Ver-
fassung können da Wandel schaffen.
Am 15. April traf Herr Dr. Höng wieder ein, um zunächst seine
Ausbildung hier zu vollenden.
Am 20. April erwarb ich aus dem Besitz einer Frau Hohenwart in
Wien 5 Linzer Drucke
Der Nationalrat Dr. Aigner, der einmal zynisch bemerkte, er lese
außer Karl May nichts, zeigte gegenüber dem Drängen des Hofrats
Danzer, er möge doch für die Bibliothek in Wien intervenieren,
geringe Neigung, wie mir Danzer erzählte. Er hat übrigens früher
auch nichts getan.
22. April. Prof. Fr. Meguscher spendete rund 150 Bde. meist ältere
Werke aus dem Gebiete der Mathematik und Physik, am 26. April der
Volksbildungsverein eine Anzahl Zeitschriften und alte Bücher.
12. Mai. Von der kleinlichen Gehässigkeit der Kreise um die Stadt-
bibliothek zeugt die Art, wie das von den Roten herausgegebene
Adreßbuch die neue Studienbibliothek behandelt. In einer derart
krämerhaften Umgebung soll man wirken!
24. Mai. Heute wurde die Arbeit im Festsaal beendet. Es sind
jetzt alle Schränke mit Büchern besetzt. Ich hätte den Saal gern
ganz in Braun u. Gold gehalten, aber die Bestände reichen dazu
nicht aus.
1. Juni. Von Hofrat Pichler im Wien erwarb ich eine Handschrift, das
Geschäftsbuch des Steinmetzmeisters Joh. Mich. Herstorfer in Linz,
geb. 16. Juni 1728, der 1780 die Dreifaltigkeitssäule renoviert
hat und in der österr. Kunstgeschichte nennenswert ist. Vgl. De
Luca, Gelehrtes Österreich, 1. Bd., 2. St., S. 314. Die Hs. kostete
S75.~
Am 7* Juni um 9 Uhr vorm, wurde ich gleich den übrigen Spitzen der
Bundesbeamtenschaft vom Landeshauptmann vereidigt.
Am 22. Juni besichtigte der 90jährige Archivdirektor i.R. Dr.
Ferd. Krackowizer die Bibliothek und sein Schwiegersohn, der
Obermagistratsrat Inno Tallavania spendete aus diesem. Anlaß zwei
schöne Vasen aus dem Besitze seines Urgroßvaters Wilh. Tallavania
(1763-1838), Kriegskasse-Kontrollors in Laibach, dann in Graz.
Vom 12.-14. Juni fand die Kollaudierung und Übergabe des Neubaues
der Studienbibliothek durch den Ministerialrat Maierhofer statt.
Ende Juni suchte ich um Rückführung der seinerzeit an das Landes-
archiv übergebenen Wertbestände (Handschriften u. dgl.) an. An-
fangs Juli legte Hofrat Meiß den Antrag dem Landesrat Pfeneberger
vor, der ihn auch unterschrieb. Aber Direktor Zibermayr erklärte,
die Verfügung über diese Dinge habe sich der Landeshauptmann
Vorbehalten. Dabei konnte er nicht umhin,mich anzuschwärzen, weil
ich ihm die Katastralkarte nicht gegeben habe. Dies muß er Pfene-
berger als Grund seines Verhaltens angegeben haben, weil sich
dieser bei Meiß um den Sachverhalt erkundigte. Dieser Herr
Zibermayr muß sehr rachsüchtig sein, denn er hat mir auch im
Jahre 1929 gedroht, wenn ich ihm meinen Handschriften-Katalog
und den Schlüssel zur eisernen Kiste nichl ausliefere, werde er
unsere Wertsachen "zusammenpferchen". Und solche Leute sind:'christ
lich"sozial und "katholische" Cevauer! Der politische Katholizis-
mus bringt fast durchwegs solche Menschen hervor. Da der Landes-
hauptmann im August zurückkehrt, der Vorreferent Hofrat Meiß
aber erst im September, so zieht sich die Rückgabe der Sachen
wieder zwei Monate hinaus und ich kann die Sommermonate nicht
benützen, um sie aufzustellen, meinen Handschriften-Katalog zu
vollenden und die Benützung vorzubereiten. Gerade in den letzten
Jahren wurden Handschriften von Wien Berlin, München und Neapel,
Inkunabeln von Berlin gewünscht. Nirgends auf der Welt wäre eine
solche Behandlung möglich. Gehe ich, so freuen sie sich nur.
10. Aug. In den letzten Wochen besichtigten die Bibliothek ein
Universitätsprofessor aus Nimwegen und Prof. Arnold aus Wien,
ferner Hofrat Dr. M. Grolig, em« Direktor der Bibliothek des
Patentamtes in. Wien, die Äbte von Engelszell und Schlierbach.
Aus Äußerungen anderer ist zu entnehmen, daß Hofrat Meiß den
Festsaal sozusagen als sein Wek hinzustellen behielt. Dasselbe
tat er seinerzeit beim Bau des Realgymnasiums, wo er ebenfalls
den von Bauleiter Kräh durch Ersparungen ermöglichten Festsaal
als eigenes Verdienst ausposaunte. Ich habe ihm die Restaurierung
der Schränke abringen müssen und es bedurfte mehrmaligen entschie-
denen Auftretens, um die Unterbrechung der Arbeit zu verhindern,
die unter den gegenwärtigen Verhältnissen das gänzliche Fallen-
lassen der geplanten Einrichtung des Festsaals bedeutet hätte.
Das Bild des Saales findet allseits Bewunderung.
Für den Lesesaal erhielt ich durch das Unterrichtsministerium
auf mein Ansuchen ein Bild des Kaisers Josef II., des Gründers
unserer Bibliothek.
Am 31. Juli beendete Eilmansberger die Aufstellung der Bestände in
großen Gruppen. Nunmehr muß die Detailsichtung beginnen. Dazu
ist eine eigene Kraft nötig.
26. Aug. Heute besichtigte eine Reisegesellschaft französischer
Mittelschullehrer u. -lehrerinnen die Bibliothek.
Die im Juni d. J. begonnene Ausführung einer Rasenanlage vor der
Bibliothek geht ihrem Ende entgegen.
1. Sept. Die Rasenanlage vor der Bibliothek ist fertiggestellt.
2. Sept. Hofrat Jahn, Vorstand der Bau-Abteilung der Landesregie-
rung, bewog aus eigener Initiative den Landesrat Kern, an den ihm
persönlich befreundeten Unterrichtsminister Schuschnigg die Bitte
zu richten, wenigsten 40.000 S als erstes Drittel des veranschlagten
Einrichtungskredites vom Finanzministerium zu erwirken. Jahn
wurde zu seinem Schritte durch Hofrat Peters veranlaßt, der ihm
schilderte, wie peinlich es für den Direktor war, die Franzosen
in leeren Räumen herumführen zu müssen.
16. Sept. Landesrat Euller spazierte heute nachm, in der Bibliothek
herum, kam auch in den Speicher und tat sehr interessiert. Sich
vorher beim Direktor anzumelden, fällt ihm gar nicht ein, ebenso-
wenig dem Hofrat Meiß, der am 18. Sept. unangemeldet mit einem
Herrn aus dem Unterrichtsministerium unangemeldet im. Hause herum-
stieg und sich patzig machte. Unausstehlich!
28. Sept. Die Katalogisierung der vom Finanzrat Dr. Reb. Zimmer-
mann der Bibliothek geschenkten Bücher ergab 238 Bände und 106
kleine Schriften, nach Ausscheidung der Dubletten.
Es bleibt schon wieder seit 2 Monaten das Amtspauschale aus.
Regierungsrat Ing. Georg Eckl hier spendete 13 Bde. älterer Litera-
tur, vornehmlich seines Faches.
Vom 17«-21. Okt. war Fortsetzung der Kollaudierung durch die Minis-
terialräte Mayerhofer u. Rasinger des Handelsministerium.
Am 20. Okt. starb neunzigjährig Landesarchiv-Direktor i.R. Dr.
Ferd. Krackowizer, dem die Bibliothek viele Spenden verdankt.
In der Nummer der "Tagespost" vom 10. Okt.: Wir kommen zur Studien-
bibliothek. Über dem Eingang sind vier Reliefs. Wir fragen einen
Vorübereilenden, was die vier Figuren bedeuten. Er sagt:"Ich weiß
nicht genau, aber ich glaube, es sind die fünf Sinne". Da meint
Hella Berg:"Das ist ausgeschlossen. Der Geschmack fehlt."
28. Okt. Heute besichtigte Universitätsprofessor Hofrat Dr. Karl
Brockhausen aus Wien die Bibliothek.
2. Nov. Hofrat Meiß eröffnete mir heute, daß der Landeshauptmann
die Herausgabe der im Landesarchiv seit 1928 verwahrten Handschrif-
ten usw. abhängig mache von der Abtretung unserer Katastralkarte
(e.6000 Blatt) an das Landesarchiv. Das ist also eine ganz aus-
gesprochene Erpressung. Ich willigte unter der Bedingung ein,
daß auch das Unterrichtsministerium die Bewilligung erteile.
Am 13* Nov. teilte mir Amtswart Eilmansberger mit, daß am 24. Okt.
drei Radfahrer um /2 8 abds. in der Bibliothek einen gewissen
Hammerl erwarteten und Bücher fortschaffen sollten. Ich machte
die Anzeige bei der Polizei.
Am 13* Nov. übernahm ich die vom Obermagistratsrat Innozenz Talla-
vania der Studienbibliothek gespendete Bibliothek dramatischer
Literatur (c. 1200 Bde.) und die Erbschaft nach Archivdirektor
Dr. Perd. Krackowizer, bestehend aus Druckschriften, Handschriften
und Autogrammen.
Am 20. Nov. besichtigte Graf Thun-Parz die Bibliothek.
24. Bücherspenden erhielt heute die Bibliothek von Oberbaurat
V
Jungwirth, Hofrat Kratochwill, vom Deutschen u. Cechoslovakischen
Konsulati
7. Dez. Durch einen Erlass der österr. Bischöfe betr. die geistl.
Politiker verliert die Bibliothek ihren Referenten, den Landesrat
E. Hirsch. Deo gratias!
Hofrat Meiß kündigte mir die Bildung einer Gesellschaft der Freunde
der Studienbibliothek an, die Gelder aufbringen will. Darauf halte
ich nichts. Das geht in Wien, aber in einer Stadt wie Linz besteht
die Gefahr, daß etwas ganz anderes daraus wird.
Der Zuwachs betrug 1933■ 2061 Druckschriften, 497 Bde. Periedica,
zusammen 2558 Bde. dazu kommen: Handschriften 15» Musikalien 34,
Kunstblätter 125, Landkarten 62.
Je 44 Pakete sind eingelaufen und abgegangen.
Benützung im Notbetrieb: 202 Entlehnungsfälle, 304 Bände ausge-
1934
Am 7» Januar war Unterrichtsminister Schuschnigg als Redner bei
einer Feier des christlich-deutschen Turnerbundes, nachdem er
schon früher einige Male in Lins gewesen war. Einmal hat man ihn
dabei an die Studienbibliothek erinnert, aber er kam nicht ein
einziges Mal. Ihm ist die Politik wichtiger als das Ressort.
Am 19. u. 20. Jan. übersiedelten die Handschriften, Inkunabeln
und Kunstblätter nach fünfjährigem Aufenthalte im Landesarchiv
und in der Sparkasse. Der Transport erfolgte sehr primitiv, ohne
Schonung der schönen Einbände, die dabei zerkratzt werden, während
sie von uns 1928 schön eingemacht übergeben worden waren.
Am 22. Jan. kam es zwischen mir und Hofrat Meiß zu einem argen
Auftritt. Er will haben: Freigabe der Bibliothek zur allgemeinen
Besichtigung, provisorische Einrichtung des Lesesaales, Abschrift
des alten Kataloges für das Publikum und Unterbringung der Zettel
in von ihm beizustellenden Zigarrenkistein!-Ich vermochte ihm
das Unmögliche dieser Forderungen nicht klarzumachen, er überschrie
mich fortwährend: Wollen Sie oder wollen Sie nicht? Dieser unglaub-
lich brutale Verkehrston regte mich nicht wenig auf. Er begehrte
auch eine Ausstellung von Handschriften u. dgl. und die Gründung
eines Vereines der Freunde der Bibliothek.
Am 18. Jan. habe ich in der "Tagespost" auf eimen Angriff des
Oberst d. R. Hoerners erwidert.
Am 26. Jan übersandte ich dem Landeshauptmann eine ausführliche
Darlegung der Unmöglichkeit, die Forderungen des Vorreferenten
Hofrat Meiß durchzuführen, und verwahrte mich gegen seine fort-
währenden Versuche, sich in meine Amtsobliegenheiten einzumengen.
Eine Oberdirektion ist nicht vorgesehen und wird von mir nicht an-
erkannt. So schrieb ich.
29. Jan. 2 Handschriften erworben: Handkarten des Salzberges
in Hallstatt mit erl. Text (1835) und eine alte Adelsmatrikel
Österreichs, in Abschrift von c. 1880, aus dem Besitze des Prof.
A. Luschin v. Ebengreuth.
3» Febr. Eine seltene Schrift des Wiedertäufers J. Bünderlin aus
Linz erworben (M 50*-)-
Vom 5*-7* Febr. wurde die Probeheizung im ganzen Neubau durch-
geführt .
Am 2. Febr. starb Obermagistratsrat a.D. Innozenz Tallavania, der
seine große Bibliothek der Studienbibliothek noch bei Lebzeiten
übergeben hat.
10. Febr. Rechtsanwalt Dr Matthias Wittmann in Ischl spendete
30 Bde. älterer juristischer Werke, die in unserem Kulturfriedhof
in aller Stille beigesetzt wurden.
Vom 12.-14. Febr. große Unruhen in der Stadt und Umgebung.
Am 17. Febr. zog der ergreifende Zug mit den 15 Opfern der Executive
an der Bibliothek vorüber auf den Friedhof.
Am 21. Febr. traf ein Transport aus Wien ein, der uns 21 Einrich-
tungsstücke aus dem Bundes-Mobilien-Depot überbrachte, teilweise
unverwendbare Stücke. Das eine Notwendige, die Einrichtung des
Katalogzimmers, damit wir endlich die Vorbereitung für die Eröffnung
beginnen können, fehlt noch immer.
Am 24. Febr. trat der Landeshauptmann Dr. J. Schlegel zurück.
Hoffentlich folgt Attems bald nach. An den Fenstern des Speichers
wurden in diesen Tagen die Gitter befestigt.
Am 1. März spendete Ing. Leister 16 Bde. iliustr. Werke und In-
spektor Aschauer 5 Exlibris.
Vom 8.-10.März fand der letzte Kollaudierungs- Akt statt. Minis-
terialrat Karl Mayerhofer aus Wien war hier. Mit harter Mühe rang
ich ihm ab die Vergitterung der Fenster des Speichers und der
beiden Ausstellungssäle und die Holztüren zum großen Ausstellungs-
saal und zu den Sammlungen.
10. März. Vom Handelsministerium langte die Bewilligung zur Aus-
schmückung des Stiegenhauses mit zwei Gemäldefenstern ein, deren
Kosten Prof. Lorenz durch Sammlung aufbringen will. Die Idee zu
den Skizzen der hiesigen Glasmalerei Raukamp stammt von mir:
Wessobrunner Gebet und Mönch aus "Dreizehnlinden." Heute wurde
Amtswart Eilmansberger mit der Aufstellung und Ausbesserung der
Schränke in der Liberei (Inkunabelzimmer) nach mehrwöchentlicher
Arbeit fertig. Vorher waren die Schränke zum Handschriftenzimmer
aufgestellt worde. Die Bibliothek besitzt im Festsaal das Abbild
einer barocken, in der Liberei das einer mittelalterlichen Kloster-
bibliothek. In erstere gehören noch Glasgemälde und Luster in letztere
Butzenscheiben und ein Leuchterweibchen oder gotischer Kronleuchter,
dazu ein schwerer Eichentisch mit Stuhl.
/I3S
1$. März. Heute ließ ich für Dr. H. Swarzenski in Berlin Aufnahmen
aus Cod. To 15, f. 69, und Tqu 14, F.9, machen.
15. März. Oberst d. R. v. Plank schenkte 134 Kunstblätter, 5 il-
lustr. Hefte u. 2 Landkarten.
17* März. Heute erhielt ich von Frau Tallavania nebst anderem
das Meldungsbuch ihres verstorbenen Gatten worin sich zweimal die
Unterschrift Bruckners findet.
19- März. Heute machte Oberlehrer i.R. Fürböck für die Beilage
zur "Tagespost" Aufnahmen von der Bibliothek, dem Festsaal, Speicher,
der Liberei und einem Blatt aus Mondsee (c. 800). (siehe Tagespost
v. 7- 4. 1934)
Herr Ing. Leister spendete 5 weitere Bände.
21. März. Heute erschien der Oberregierungsrat Kohlert mit dem
Amtssekretär Hötzmannseder und eröffnete mit, daß er im Aufträge
der Landesregierung und des Sicherheitsdirektors komme. Es sei
die Anzeige erstattet worden, daß im Leihamte ein Plakat affichiert
sei, dessen Inhalt eine Förderung der verbotenen nationalsozialis-
tischen Partei darstelle. Ferner sollte ich dem Heizer Ehrlich einen
Verweis wegen seines Beitrittes zur Vaterländischen Front erteilt
haben. Ich klärte den Herrn Oberregierungsrat, der sehr feierlich
tat, auf, daß das Plakat nichts sei als das Preisausschreiben der
Akademie für deutsches Recht, das ich zugesandt erhielt und af-
fichieren ließ, weil sich in Linz möglicherweise reichsdeutsche
Bewerber befinden oder auch sonstige Interessenten aus dem Deutschen
Reiche. Dem Heizer sei von mir nicht sein Beitritt zur Vaterlän-
dischen Front ausgestellt worden, sondern der Umstand, daß er da-
von zwar dem Herrn Dr. Mayer, nicht aber mir Mitteilung gemacht
habe. Ich müsse als Direktor wissen, welchen politischen Verbän-
den mein Personal angehöre. Daraufhin wurde ein Protokoll aufge-
nommen, ebenso mit Dr. Mayer u. Ehrlich, deren unbeeinflußte Aus-
sagen sich mit der meinigen deckten.-Es ist eine Lust zu leben! Ich
bat um Bekanntgabe der Namen der beiden Denunziaten oder des De-
nunziaten.
In der "Tagespost" vom 7« April ist ein Aufsatz von Julius Wimmer
über die Studienbibliothek enthalten, ebenso in der Beilage eine
Notiz mit Bildern. Viel Unsinn.
Die Katalogisierung des 2. Teiles der Schenkung Tallavania, der uns
am 21. März übergeben wurde, habe ich am 14. April beendet.
17* April. Primär Dr Huber spendet 2 Bde. (Breysig, Liek).
18. April. Der Unterrichtsminister verständigte mich, daß der
Bibliothek Herr Dr. Bösel als Aspirant zugewiesen werden wird.
19. April. Heute überbrachte Lehrer Pürböck zwei weitere Aufnahmen
(Stiegenhaus und Gang im 1. Stock).
21. April. Dr. Heinr. Jerchel-München benützte die Hss. To 3, 21,
24; Tp 8, 18, 22; Tqu 14.
3. Mai. Heute forschte der Musikgelehrte Geheimrat Sandberger in
München hier in alter Musik.
Das Landesarchiv schaffte heute die Katastralkarte von 1828 weg.
Auf Antrag der Bauleitung wurde von Fürböck auch der Mittelteil
der Hauptfront aufgenommen.
3. Mai. Heute war zum soundsovielten Male Unterrichtsminister
Schuschnigg‘in Linz u* hielt einen politischen Vortrag für die
Lehrer. Die Studienbibliothek hat er aber noch nie besichtigt.
Ich reichte am 4. Mai mein Pensionsgesuch ein. Das Maß ist voll.
Meiß ist an allem schuld.
8. Mai. Heute fand die Überführung unserer Katastral-Karte in das
Landesarchiv ihren Abschluß.
11. Mai. Mein Wunsch wäre, im ersten Treppenabsatz zwei Gemälde-
fenster einzusetzen; eines soll das Wessobrunner Gebet (Original-
text und Übersetzung), das andere den Mönch aus "Dreizehlingen"
enthalten, wie er im Scriptorium sitzt und auf das Gebet hinsieht.
Prof. Lorenz, dem ich meine Idee mitteilte, war dafür begeistert
und will durch Sammlung das Geld aufbringen. Glasmaler Raukamp
fertigte eine farbige Skizze an. Die Kosten würden sich auf beiläu-
fig S 25©o.- belaufen.
Die Decke der Barockbibliothek sollte Malerei tragen. Auf meine
Anregung beschäftigt sich der hiesige Künstler Karl Hayd mit einem
Entwurf dazu.
Seit 2 Monaten dauern die Adaptierungsarbeiten im Stöckel an, die
präliminierten Kosten wurden überschritten. Da ist Geld genug da.
Nur damit der Herr Präsident der Finanzdirektion eine achträumige
Wohnung bekommt. Dafür muß der Direktor der Bibliothek die Amts-
wohnung dauernd entbehren und es wäre doch so wichtig, daß der
verantwortliche Leiter im Hause wohnt, das solche Werte birgt.
A
Jetzt reißen sie an den vor 1 /2 Jahren erst fertiggestellten
Räumen herum und heraus. Dazu ist Geld da, nicht aber für einen
Staubsauger. Dabei wird die arme Bibliothek, die 4 Jahre Wirtschafts-
hof, in der Sparkasse und im Landesarchiv lag, vor lauter Staub
arg beschädigt, namentlich die Einbände leiden.
Man redet immer von unserer alten Kultur, aber wir sitzen darauf und
die heutigen Machthaber würden sie nicht schaffen, wenn sie nicht
leider schon da wäre. Die schlechten Zeiten sind nicht allein
schuld. Es sind eben Leute zur Macht gekommen, die keine wahre
Bildung haben, Politiker, Konjunkturmensche, rein kommerziell,
materialistisch veranlagte Naturen.Dazu die ungeheure Überfremdung.
Wenn man im Adreßbuch beispielsweise den Buchstaben J aufschlägt,
müßte man zur Meinung kommen, in einer tschechischen Stadt zu leben.
Unter 100 <,000 Einwohnern zählt Linz ferner 20.000 Sudetendeutsche.
Dadurch wird das oberösterreichische Wesen geschwächt, das Interes-
se für die repräsentativen Kulturinstitute (Museum und Studien-
bibliothek) mählich zurückgedrängt. Dazu die skandalöse Gleich-
giltigkeit und Unfähigkeit der Landesregierung. Der Verreferent
verlangt z. B. Notbetrieb im Lesesaal (ohne Kataloge!), Aufstellung
von Tischdn und Sesseln zu einer Zeit, wo noch keine da waren,
Herstellung einer Abschrift des alten, nicht mehr gütigen Kata-
loges mitten in den Ordnungsarbeiten und ohne Kräfte und Mittel!
Die Zettel soll ich in Zigarrenkisten geben! Niemand läßt sie sehen.
Die Einrichtung, die Leser ohne Aufsicht zu lassen, ist gegen die
Dienstvorschriften, gleichwohl wird das verlangt. Keine Mittel
bewilligen, aber alles mögliche verlangen, damit man Ruhe hat.
Der Direktor sehe zu, wie er fahre.Eine derartige Mißachtung spricht
aus allem, daß man sich fragen muß wie ein so verwaltetes Land
jemals wieder hoch kommen soll.
19* Mai. Meine Bemühungen um einen Papyrus hatten Erfolg. Heute
langte von der Nationalbibliöthek in Wien als Leihgabe zu Ausstel-
lungszwecken ein Papyrus mit Versen aus Homers Ilias II, gefunden
in Pajjüm in Unter-Ägypten, aus dem 2. Jahrh. n. Ohr. hier ein.
Ich gab eine Notiz in die hiesigen Blätter. Nicht ein Interessent
fand sich ein.
22. Mai. Heute benutzte Dr. Trinks vom Landesarchiv für Dr. Ziber-
mayr Streins Annalen.
26. Mai Eine Zählung der v. J Tallavania gespendeten Bücher ergab
etwas über 3800 bibliographische Einheiten.
28. u. 29. Mai: Übersiedlung der Steueradministration in das Stök-
kel.
28. Mai:Arzt Dr. Herrn. Schaller in Gunskirchen spendet 6 alte
Bücher.
29. Mai. Prof. Lorenz, der für die von mir geplanten Gemäldefen-
ster im Stiegenhaus der Bibliothek (Wessobrunner Gebet u. Mönch
aus Dreizehnlinden) die Mittel sammeln wollte (c. 2000 S), stieß
überall auf Passivität. Vier wohlhabende Linzer Bürger würden mit
je 500 S die Sache machen, aber sie finden sich nicht.
30. Mai. Heute erschien bei mir die Oberbauratswitwe Karoline
Göttner und teilte mir mit, daß Oberfinanzrat Ritzberger eine
Kohlezeichnung "Liebesfrühling" des verstorbenen Malers Ritzberger
der Bibliothek schenken wolle, und fragte in seinem Namen, ob ich
es annehme. Das Ölbild, nach dem die Zeichnung angefertigt ist,
wanderte nach Amerika. Ich bestimmte den großen Ausstellungssaal
dafür. Am 2. Juni traf das herrliche Bild ein u. am 6. Juni wurde
es aufgemacht.
Am 5* Juni spendete Güterverwalter i. R. Heinr. Neukirch eine
Photographie nach dem Gemälde "Franzi" von Franz Defregger mit
eigenh. Unterschrift des Künstlers, Widmung an Gräfin Prokesch-
Osten.
Das Gemälde von Ritzberger wurde heute von Herrn Raukamp, Glasmaler
in Linz, nochmals fixiert.
Am 13. Juni spendete die Arztenswitwe Leop. Angel 9 mediz. Werke.
Am 16. Juni besichtigte Abt Fazeny von Wilhering die Bibliothek.
Am 23. Juni spendete Herr J. Wimmer den Bd. 1809 der "Wiener Zei-
tung" .
Im hiesigen "Tagblatt" vom 28. Juni erschien ein Aufsatz über die
Studienbibliothek.
Am 4. Juli spendete Herr Oberfinanzrat Ritzberger neuerdings ein
Werk des Künstlers Adolf Ritzberger, eine Kohlezeichnung- "Jesus
und der sterbende Krieger", wahrsch, Entwurf zum Ölgemälde.
Am 9» Juli spendete Frau Emma Krackowiza einen Studienkopf der
oberösterr. Künstlerin Michaela Pfaffinger (1863-1898), der jetzt
die Direktionskanzlei schmückt, und die Abschrift der Briefe, die
der nachmalige bedeutende deutsch-amerikanische Arzt Dr. Ernst
Krackowizer (1821-75) nach seiner Flucht an seine Gönner und An-
gehörigen in O.-Ö schrieb.
Am 14.-16. Juli wurde in einem Fenster des ersten Absatzes des
Stiegenhauses das Glasgemälde mit dem Wessobrunner Gebet eingesetzt;
das Gemälde stammt aus der hiesigen Glasmalerei Raukamp und kostet
S 1000.-
Am 25. Juli wurde Bundeskanzler Dr. Dollfuß in Wien von Aufrührn
ermordet.
Am 28. Juli erhielt ich das Pensionierungsdekret "mit bestem Dank
und vollster Anerkennung" des Ministers. Mit begünstigter Anrechnung
der Verdienstzeit habe ich 42 Jahre Dienstzeit und kann daher wohl
auf Ruhe Anspruch machen. Wäre eine Aussicht auf nahe Eröffnung
der Bibliothek, dann hätte ich trotzdem ausgeharrt.
Gott sei gedankt, daß ich im wesentlichen meine Aufgabe lösen
konnte: Der Neubau steht, die Schätze der Bibliothek sind gerettet
und vermehrt um viele Tausende von Bänden, der Grundkatalog ist
angelegt.
Obwohl ich wirkliche Enthebung vom Amte mit 1. Aug. erbeten habe
und auch erhielt, muß ich dennoch weiter amtieren, bis "weitere
Weisungen" folgen. Daß ich dabei wieder um meinen Urlaub komme, macht
offenbar nichts aus.
Am 6. Aug. erschien bei mir die Arzteswitwe Pöll, die mir die
freudig begrüßte Eröffnung machte, daß sie der Bibliothek ein
Kolossalgemälde ihres verstorbenen Mannes, darstellend eine Dolo-
miten-Landschaft, zum Geschenke machen wolle. Nebenan zeigen zwei
aus der französischen "Illustration" vom 28. Juli 1934 entnommene
Bilder, wie ich mir die neue Bibliothek in Linz beiläufig vorgestellt
habe, und daß die mir von den mit den Plänen und dem Bau beschäf-
tigten Architekten gemachte Einwendung, die Verwendung von Säulen
sei heute überholt, unbegründet ist.
Das Gegenstück zum Glasgemälde des Wessobrunner Gebetes ist nach
meinem Wunsche so auszuführen:in der Mitte ein die Breite des
Fensters erreichendes Medaillon und darin der Mönch in seiner
Schreibzelle mit dem Blick auf das Fenster mit dem Wessobrunner
Gebet. Diese Darstellung findet sich in der illustr. Prachtaus-
gabe von Webers "Dreizehnlinden" und eine photogr. Kopie davon
habe ich in unserer graphischenSammlung hinterlegt. Dieses ideale
Bild soll in das Fenster kommen und der Raum außerhalb des Medail-
lons mit leuchtenden Rosen ausgefüllt werden.
Am 12. Sept. hat Frau Apothekerswitwe Elisabeth Kutschera hier
16 ältere Bände gespendet, darunter Wielands Musarion, 2. Ausg.,
Leipzig 1769; am 18. Sept. spendete Prof. i.R. A. Pfreimbter in
St. Martin i.I. 6 Bde., am 20. Sept Schriftsteller E. Seidl hier,
Raimundstr., 17 Bde., am 21. Sept. Frau Tallavania 14 Kunstblät-
ter.
Am 25« Sept. brachten die hiesigen Tagesblätter die Nachricht von
meiner Pensionierung und der prov. Amtsübernahme durch Dr. Erich
Mayr. Am 27. Sept. erschien in der "Tagespost" ein Aufsatz des
Museumsdirektors Dr. Ubell über neue Kunstdenkmäler in Linz, da-
runter Hauks Fakultäten und mein Glasgemäldefenster. Am 26. Sept.
sandte ich an den Staatssekretär Dr. Hans Pernter in Wien einen
geharnischten Brief über die unhaltbaren Personalverhältnisse an
der Studienbibliothek.
Am 28. März übergab ich das Amt dem provis. Leiter Dr. Erich Mayr.
Hofrat Meiß, dem er tags zuvor Mitteilung von meinem Vorhaben, mich
auch weiterhin im Verbände der Bibliothek als freiwilliger Mitar-
beiter (in den Sammlungen) zu betätigen, gemacht hatte, fragte: Mit
welcher Begründung? Also meine Opferwilligkeit soll ich auch noch
begründenI
Fagade principale du nouvel hötel de ville de Puteaux.
AUA
Haut-relief de Jeanniot sur la fagade posterieure de la mairie de Putcaux.
MM. Niermann, archit. — Phot. « VIllustration ».
Au» Tages-Post Nr. 259 vom 9.Nov. 1934:
o Die Linzer Studienbibliothek wieder eröffnet.
Amtlich wird gemeldet:
Landeshauptmann Dr. Gleißner hat auf Grund der im Monat
Oktober erfolgten provisorischen Einrichtung de» Lesesaales
der Studienbibliothek und der dadurch geschaffenen allgemeinen
Benützungsmöglichkeit dieser Bibliothek die sofortige Wieder-
eröffnung der Bibliothek genehmigt. Wenn auch infolge der all-
gemeinen wirtschaftlichen Lage die innere Einrichtung des Lese-
saales bisher noch nicht in einer dem modernen Gebäude entspre-
chenden Weise durchgeführt werden konnte, so erscheint doch das
Notwendigste vorgekehrt. Die Studienbibliothek in Linz ist so-
mit vom heutigen Tage an im Rahmen der jeweils geltenden Vor-
schriften wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Der Lese-
saal ist bis auf weiteres an Werktagen von 9 "bis 12 Uhr geöffnete
d 4