Volltext: Was ist Bewusstsein?

fundamentale Konzepte wie Raum, Zeit und Beobachtung letztlich auf dem Prüfstand stehen, spricht nicht gegen den transzendentalen Charakter der Konzeptebene, sondern macht ihn gerade deutlich, ebenso ihren Zusammenhang mit der Erkenntnissituation, und spricht gegen den Nominalismus. Dieser bringt diese Ebene zum Verschwinden, oder verlagert sie vollkommen ins Subjekt (um wie Kant ihre 'Sicherheit' zu garantieren), und reduziert die Wissenschaft selbst auf die bloße Theorie, auf die Erkenntnis funktionaler Zusammenhänge zwischen den Dingen. Der transzendentale Charakter der Konzepte und ihr Unterschied zu bloßen Theorien zeigt sich auch darin, dass sie gewöhnlich die Basis für eine Verständigung über Theorien bilden. In Bezug auf ihre transzendentale Funktion sind diese Konzepte in keiner Weise an das Subjekt gebunden, sie übernehmen vielmehr die Funktion der Ontologie, lösen diese – weitgehend unbemerkt – von den gegenständlichen Kategorien der Metaphysik.117 Diese ontologische Dimension und Relevanz der Konzepte entzieht sich, wie gesagt, gewöhnlich der Aufmerksamkeit durch ihre elementare Vertrautheit und die gegenstandsbezogene Vorstellung von Erkenntnis, aber sie wird umso sichtbarer und hat umso stärkere Auswirkungen, je unvertrauter das Gelände wird, z.B. auf der Ebene der Mikrophysik. 1.2.1.5 Das Problem der Induktion Das Konzept 'spezifisches Gewicht' wird also, wie gesagt, zum Bezugspunkt der Erklärung des Verhaltens eines bestimmten Gegenstandes unter experimentell definierten Umständen, es wird in Bezug auf den Gegenstand zu einem bestimmenden Parameter.118 Der Gegenstand selbst ist nur eine Instanz der sein Verhalten bestimmenden Relationen (auf Basis der geeigneten Parameter), er selbst ist darüber hinaus unwichtig. Es ist genau dieser Punkt, nämlich dass der Gegenstand selbst zu einer bloßen Instanz eines allgemein anwendbaren Konzepts wird, der die Formulierung von allgemeinen Naturgesetzen ermöglicht, und deren Geltungsanspruch begründet, nicht die Verallgemeinerung von einzelnen Beobachtungen, nicht das induktive Vorgehen. Das Vertrauen in die Naturwissenschaft beruht auf dem Vertrauen in ihre Konzepte.119 Diese Konzepte bilden die Grundlage für die Bildung von Theorien, die durch Beobachtung, bzw. Experiment bestätigt werden können, oder auch nicht. Doch was dabei eigentlich auf dem Prüfstand steht ist die Anwendbarkeit der Konzepte, die die Grundlage der Theorie bilden, die Basis für ein funktionales Verständnis der Phänomene. Das Induktionsproblem beruht auf der empiristischen Annahme, dass die Beobachtung von Regelmäßigkeiten des Verhaltens von Gegenständen die Grundlage für die Verallgemeinerung von Aussagen bilde, und dass der Annahme kausaler Gesetzmäßigkeit daher keine andere Begründung, als der induktive Schluss vom Einzelnen auf das Allgemeine zugrunde liege.120 Demgegenüber ist einzuwenden, dass die Naturwissenschaft zwar möglicherweise von der Beobachtung des Einzelnen ausgeht, aber nicht ihr Erklärungsansatz. Nicht die Beobachtung ist der Punkt, auf den es ankommt, immer schon transzendiert war, und rückt damit wieder den Konzeptcharakter von Raum und Zeit in Bezug auf die Physik als Wissenschaft in den Fokus. 117 Genau dieser Punkt ist es, der im Vorwurf gegen den Ontischen Strukturenrealismus (der den Primat der Relationen vor den Substanzen behauptet) von den fehlenden Relata ('Relationen ohne Relata') steckt. 118 Das Konzept ermöglicht es, Eigenschaften ('absolute' Größen) so in ein Verhältnis zu setzen, dass sie die Einzelheit des Gegenstandes transzendieren. Er wird in Bezug auf diesen Parameter zu einer bloßen Instanz, was wiederum Vergleichbarkeit herstellt und wiederum Basis für die Herstellung von Relationen mit anderen Parametern ist, wobei die Eignung dieser Parameter für die Erklärung von Phänomenen – in Gestalt der Herstellung verallgemeinerbarer Relationen in Form von Konstanten oder Größengleichungen – über die Tragfähigkeit der Konzepte entscheidet. 119 Siehe dazu die Begründung der Naturgesetze bei Descartes (Descartes, R. (1992), S. 49ff.). Unter einem ähnlichen Aspekt, allerdings ohne den auf den prinzipiellen Unterschied der Erkenntnisformen einzugehen, behandelt Dieter Wandschneider das Induktionsproblem. (Wandschneider, D. (2008), S. 36ff.) 120 In diesem Sinne schreibt Carl Friedrich von Weizsäcker: „Gesetze sind Sachverhalte. … Gesetze sind aber nicht einzelne Sachverhalte, sondern sie beanspruchen, allgemein zu gelten.“ (Weizsäcker, C. F. v. (2004), S. 67) 44
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