Volltext: Was ist Bewusstsein?

differenzierenden Verstandesdenkens, im Gegensatz zur philosophischen Vernunft). Genau genommen handelt es sich bei den Systemen von Schelling und Hegel gar nicht um einen Idealismus, der das Objekt im Subjekt aufhebt, sondern um einen transzendental begründeten Monismus, der Subjekt und Objekt auf ein gemeinsames Prinzip hin transzendiert. Der idealistische Anstrich kommt bei Schelling dadurch zustande, dass die Erkenntnis dieses Prinzips selbst, als Aktivität des Subjekts, nicht noch einmal mit der ontischen Seite zusammengeschlossen wird, nicht von der Objekt-Seite selbst hergeleitet wird. Bei Hegel kommt der idealistische Anstrich dadurch zustande, dass er das gemeinsame Prinzip von Subjekt und Objekt zuletzt wieder aus der Immanenz hebt und es als absoluten Geist zu einem transzendenten Etwas hypostasiert. Das ist die eine Seite von der her der Nominalismus Kantscher Prägung angegriffen wurde. Es gibt aber auch noch eine andere Flanke des Nominalismus, die durch Kant geöffnet wurde. 1.1.5.4 Schopenhauer und Nachfolger Die von Kant vollzogene 'Kopernikanische Wende', die in Verbindung mit der Verankerung der Kategorien des Verstandes im Subjekt dem Letztbegründungsanspruch der Erkenntnistheorie, der im Nominalismus seine Wurzeln hat, eine explizite Form und eine feste Basis gegeben hat, führt letztlich zu einer weiteren, in gewisser Weise paradoxen, und von Kant so nicht vorhergesehenen Konsequenz, die allerdings verständlich macht, warum Kant eine so zentrale Stellung in der neueren Philosophiegeschichte einnimmt, so dass man, um ein berühmtes Diktum von Alfred North Whitehead abzuwandeln (der dieses in Bezug auf die gesamte Geschichte der Philosophie auf Plato gemünzt hatte), die gesamte neuere Philosophiegeschichte begründeterweise als 'Fußnoten zu Kant' auffassen könnte. Kants Vorgangsweise bestand ja darin, von der Art und Weise, wie uns die Welt erscheint (und wie sie uns von der Newtonschen Physik erklärt wird) auf den Verstand zurück zu schließen, und damit in gewisser Weise das Subjekt selbst aufzuschließen. Diese Vorgangsweise öffnet aber zugleich die Tür für andere Zugänge zum Subjekt, die von der rein rationalen, wissenschaftlichen Sicht der Welt weg führen. Durch das Abgehen von der Naturwissenschaft als Inbegriff der Erkenntnis, bzw. als primärer Form der Welterschlossenheit57 erhält das transzendentale Subjekt selbst eine ganz andere Färbung. Die 'Kopernikanische Wende' öffnet m.a.W. die Tür dafür, das Subjekt im Ausgang von einem umfassenderen Verständnis von Erkenntnis (d.h. von der Art und Weise, wie uns die Welt erscheint, wie die Sinneseindrücke vom Subjekt synthetisiert und aufgeschlossen werden) her zu erschließen bzw. aufzuschließen. Die Naturwissenschaft ist schließlich nur ein Aspekt des Horizonts der 'Welt', wie sie uns vom transzendentalen Subjekt erschlossen wird, und bei weitem nicht der Normalfall. Die Welt begegnet uns ja nicht in erster Linie in der szientifischen Gestalt rein physikalischer Objekte, sondern in Form natürlicher Gegenstände oder Gebrauchsgegenstände, die eine bestimmte Wertigkeit für uns haben, mit Emotionen besetzt sind, etc.58 Es war Schopenhauer, der als erster die Kopernikanische Wende Kants unter solchem, ganz anderem, Blickwinkel nachvollzogen hat, womit wiederum die Metaphysik des Subjekts in ganz anderer Weise Eingang in den Nominalismus gefunden hat. Auch Heideggers Verbindung von Welterschlossenheit und Daseinsanalyse steht in dieser Linie der Nachfolge Kants.59 Der Nominalismus bleibt in dieser Linie 57 Wir erinnern uns an Descartes, der die nicht rein verstandesmäßige, die nicht-naturwissenschaftliche Erkenntnis mit Täuschung assoziierte, und diese mit dem Willen in Verbindung brachte. Bei Schopenhauer wird dagegen der Wille zum Fundament des Horizonts der Welt. 58 In Wahrheit ist auch eine solche Betrachtungsweise noch unangemessen, um das was wir als Wirklichkeit erfahren, zu bezeichnen, wenn wir z.B. an Phänomene wie das Wetter denken, das uns ja nicht einfach als Gegenstand gegeben ist, sondern uns unmittelbar beeinflusst und betrifft, also von sich aus eine transzendentale Ebene anspricht, die Subjekt und 'Objekt' gemeinsam umfasst. 59 Heidegger steht übrigens in einem ähnlichen Verhältnis zu Husserl, wie Schopenhauer zu Kant. Husserl hatte in der Nachfolge Kants einen introspektiven, phänomenologischen Zugang zum Bewusstsein und seinem tätigen Anteil 25
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