Volltext: Heimatbuch Unterweissenbach

Das „Weistum“ des Marktes Weissenbach „vermerkt die rechten des markhts ... 
übrigen bürgerlichen Vorrechte. Sie übten kein Ge- 
werbe aus, sondern schlugen sich als gedungene 
Hilfskräfte und Tagelöhner durchs Leben. Eine Ge- 
ingschätzung ihnen gegenüber lässt sich noch in 
Lebenszeugnissen bis ins frühe 20. Jahrhundert er- 
kennen.‘ 
Das Taiding konnte sich bis in die Nachmittagsstun- 
den hinziehen. Es fand sich kein Grund zur Eile. Der 
Mensch hatte sich damals noch nicht dem unbarm- 
herzigen Diktat der genau gemessenen Zeit unter- 
worfen. Nachdem alles nach altem Brauch erledigt 
worden war, wendeten sich die Leute den Gast- 
schenken zu, um sich beim „Leutgeb“‘ (Wirt) gebüh- 
rend zu stärken. Es zeigen die geschichtlichen 
Zeugnisse, dass in unserer Gegend das Leben viele 
Opfer abverlangte und überhaupt nach heutigem 
Maßstab die Lebenszeit kurz bemessen war. Trotz- 
dem verstand man es, an bestimmten Tagen ausgie- 
dig zu feiern. Auch bei den Jahrmärkten, Kirtagen, 
den Kirchweihfesten, brach man aus dem Trott des 
Alltagslebens aus. Bei solchen Anlässen suchten 
gern fahrende Spielleute den Ort heim und unter- 
aielten und verblüfften die Leute mit ihren Kunst- 
stücken und mitunter recht gewagten Liedern und 
Darbietungen. Zum gerngesehenen „Fahrenden 
Volk“ zählten die Zauberkünstler, Feuerschlucker, 
Akrobaten und Jongleure. Manche führten dressierte 
Tiere wie Bären oder Affen vor. Die „reisenden“‘ 
Geschichtenerzähler berichteten von den Neuigkei- 
ten, die sie auf ihrem unsteten Wanderleben aufge- 
schnappt hatten. In der Art der heutigen Sensations- 
oresse wurde mächtig übertrieben, grell ausgemalt 
und gelogen. Das „Fahrende Volk“ bildete über die 
Jahrhunderte hinweg eine soziale Randgruppe, die 
vgl. Bonifaz Schmalzer, Die Lebenserinnerungen des aus 
Jnterweißenbach stammenden Priesters, Nanderl, Das Leben 
einer armen Mutter, 1962 
im starren Gesellschaftssystem nicht zu integrieren 
war, eher als liederlich galt und sich recht und 
schlecht mit den gebotenen Attraktionen und Al- 
»ernheiten durchbringen musste. Für das sesshafte 
Volk kehrte nach dem Feiern wieder der Alltag ein. 
Die Fahrenden mussten weiterziehen, ohne ein si- 
cheres Dach über dem Kopf zu haben. 
Bild: Hasler-Meilinger, ca. 1950 
Geselliges Leben, harte Arbeit — frohe Feste 
Das „Weistum“ des Marktes Weissenbach 
„vermerkt die rechten des markhts ...“ 
Wie beschrieben regelte ein Weistum die eigentliche 
Ausübung der „niederen Gerichtsbarkeit‘ im Markte 
und galt, aus dem Gewohnheitsrecht erwachsen, als 
verbindliche Richtschnur. Die Trennung zwischen 
dem Rechtsbereich des Marktes und dem des über- 
geordneten Ruttensteinschen Landgerichts, dem die 
„höhere“ die Blutsgerichtsbarkeit zustand, war an- 
fangs eine strikte. Kein Amtmann oder Gerichts- 
organ des Landgerichts durfte innerhalb der Gemar- 
<ung des Burgfrieds eine Festnahme oder Gerichts- 
aandlung vornehmen. Wurde ein Täter im Marktge- 
»iet auf frischer Tat bei einem schwerwiegenden
	        
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