Volltext: Heimatbuch Unterweissenbach

die erdgeschichtliche Entwicklung unserer Landschaft 
Die erdgeschichtliche Entwicklung unserer Landschaft 
Wenn von Gesteinen des Mühlviertels die Rede ist, 
denkt man an Granit. Er bestimmt sowohl den Cha- 
rakter der Landschaft als auch das Gefüge und die 
Ertragsfähigkeit des Bodens. 
Da es sich hierbei um ein Urgestein handelt, verän- 
dert sich Granit nur unmerklich und oft entsteht der 
Eindruck, dieser Stein sei ewig. 
Es gibt aber keinen Stein, der seit dem Anfang der 
Erde besteht. Jeder Stein bildet sich, verwittert, wird 
abgelagert, eingeschmolzen und wieder neu gebil- 
det. Mehrmals hat sich dieser Prozess schon wieder- 
holt. 
Die Landschaft, die sich unserem Auge bietet, ist ein 
Teil jenes Gebirges, das als „Moldanubische 
Scholle‘ zum südlichen Ausläufer der „Böhmischen 
Masse“ gehört und ein Rest des alten „Variszischen 
Gebirges‘“ ist. Dieser Gebirgszug bildete sich im 
oberen Erdaltertum (Paläozoikum), in der Zeit des 
Oberkarbons (in der es in anderen Gebieten der Erde 
Steinkohlenwälder gab) vor etwa 325 bis 290 Milli- 
onen Jahren. Dabei drang mehrmals flüssiges Ge- 
stein (Magma) in Zonen von etwa 8 bis 10 km unter 
die Erdoberfläche (bestehend aus Ablagerungsge- 
steinen) ein, schmolz vorhandene Gesteine auf und 
verdrängte sie. Durch mehr oder weniger langsame 
Abkühlung unterhalb der festen Erdkruste entstand 
Granit (ein Tiefengestein) in verschiedenen Formen. 
Dieses Variszische Gebirge übertraf an Höhe und 
Ausdehnung die viel später entstandenen Alpen. Es 
reichte. von England bzw. Südfrankreich bis nach 
Schlesien und hatte angeblich Berggipfel bis zu 
10.000 m Höhe. 
Ein Meeresarm verlief auch durch das 
Gemeindegebiet von Unterweißenbach 
Südlich dieses Gebirges gab es ein flaches Meer mit 
ausgedehnten Korallenriffen. 
Heute sind von diesem ursprünglichen Gebirge nur 
mehr Grundstöcke vorhanden. Ursachen waren be- 
sonders Bewegungen der Erdrinde gegen Ende des 
Erdmittelalters (Permzeit) und die Verwitterung 
durch Wind und Wasser bei wüstenartigen bis später 
tropischen Klimaverhältnissen. 
Der Meeresspiegel des im Süden angrenzenden 
Meeres schwankte stark. Ein Meeresarm des so ge- 
nannten Pannonischen Meeres verlief von der 
Kreide- bis in die Tertiärzeit auch durch das Ge- 
meindegebiet von Unterweißenbach (Ortschaft 
Neumühl und in der Höhenlage der Ortschaft Gra- 
fenschlag). Allerheiligen war zu dieser Zeit eine 
Halbinsel. Das tropische Klima bewirkte eine starke 
Verwitterung des Gesteins (die Kaolinvorkommen 
ın Schwertberg stammen aus dieser Zeit). Das Meer 
reichte fjordartig in die Täler des heutigen Mühl- 
viertels hinein. Die Abflüsse hatten auf der welligen 
Hochfläche nur ein geringes Gefälle. Die Küstenbe- 
reiche wurden aber vom Meer ausgespült. 
Als sich die heutigen Alpen und Karpaten bildeten, 
wurde der Süden (des vorhandenen Rumpfgebirges) 
der böhmischen Masse emporgehoben. So gelangte 
Unterweißenbach in eine höhere Lage und viele 
Flüsse mussten ihre Flussrichtung nach Norden dre- 
hen. Daher sind heute noch Sande der Moldau in der 
Gegend um Lest zu finden. Mit dem Zurückweichen 
des Meeres erfolgte in den ehemaligen Küstenge- 
%leten eine besonders starke Erosion. 
in Unterweißenbach kann man das heute noch er- 
kennen: 
In einer Meereshöhe von über 800 Metern ist die 
Landschaft wellig, die Naarn fließt ruhig dahin (Ort- 
schaft Windhing). Plötzlich treten Abhänge an den 
Bach heran und auf einer kurzen Strecke (bis vor 
den Ort Unterweißenbach) gibt es ein Gefälle um 
ztwa 200 Meter. Nach kurzem, ruhigem Bachverlauf 
erfolgt wieder ein Gefälle von fast 100 Metern. Erst 
dann kann die Naarn ruhig weiterfließen. Ein ähnli- 
ches Bild kann an allen Flüssen des Mühlviertels 
erkannt werden. Der Mittellauf der Bäche (frühere 
Meeresküste) erfolgt in stark eingeschnittenen, 
manchmal sogar schluchtartigen Tälern. 
So ist die Eigenart der Mühlviertler Landschaft ent- 
standen: Aus Tälern mit steilen, dicht bewaldeten 
Hängen gelangt man im Aufwärtssteigen nicht auf 
Berge und Kämme, sondern auf eine nur mäßig ge- 
wellte Hochfläche. Für die Bauern ist dieses Gebiet 
in mittleren Höhenlagen nur mühevoll zu bearbeiten 
ınd auf den Hochlagen ist das Klima rau; für Erho- 
‚ungssuchende bietet unser Mühlviertel aber Lieb- 
reiz und Abwechslung. 
Eine Klimaverschlechterung zum Ende des Tertiärs 
führte letztlich zu vier Eiszeiten (mit drei dazwi- 
schen liegenden wärmeren Zwischeneiszeiten). 
Während von den Alpen mächtige Gletscherströme 
in das Alpenvorland flossen und dabei Steine mit- 
transportierten, war das Mühlviertel immer frei von 
Zis. Aus diesem Grund gibt es daher im gesamten 
Mühlviertel auch keine Findlinge. Große herumlie-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.