Volltext: Heimatbuch Unterweissenbach

Die Eierschwemme 
Die Eierschwemme 
{n der Klammleiten wurde nicht nur Holz getriftet. 
Nein, es ist eine Geschichte bekannt, wonach auch 
Eier den Weg über die Holzrinne, also den Fluter 
oder das „Gfluder“ talwärts in Richtung Königswie- 
sen genommen haben. Und das kam so: 
Die Benützung des „Gfluders“ 
war verboten! 
Obwohl die Benützung des „Gfluders‘“ ausdrücklich 
verboten war, wurde die Rinne dennoch immer wie- 
der von Leuten als bequemer Gehweg benutzt. 
Nun gab es in der Nachbargemeinde Königswiesen 
einen gewissen „Pammer Wagner‘. Dieser Mann 
vetrieb einen Handel mit landwirtschaftlichen Gü- 
tern. Die Waren wurden von ihm direkt bei den 
Bauern der Umgebung gekauft und im Buckelkorb 
nach Hause getragen. Bei einer Einkaufstour in der 
Gegend der Unterweißenbacher Ortschaften Ene- 
oitschlag und Greinerschlag hatte er seinen Buckel- 
korb mit Eiern gefüllt und wählte den kürzesten 
Weg durch die Klammleiten nach Hause. Er be- 
nützte den Steig entlang des Baches und erreichte 
den „Gfluderkopf“ der Schwemmanlage. Weil kein 
Schwemmbetrieb war und daher die Rinne trocken 
war, beschloss unser müder „Handelsreisender“ 
anstatt des steinigen Weges die Fluterrinne zu be- 
nützen. Das war kürzer und nicht so beschwerlich. 
Er blickte in die Runde, um zu sehen, ob er auch 
nicht beobachtet werde. Er wusste .um das Verbot. 
Nachdem er glaubte ungesehen zu sein, bestieg er 
die Rinne und’ ging fröhlich, trockenen Fußes tal- 
wärts. 
50 weit, So gut. 
Eines aber hatte der Pechvogel übersehen. Nicht 
weit vom „Gfluderkopf“ war eine Rotte Schwemm- 
zimmerleute mit dem Vorarbeiter Wurm an der Ar- 
deit. Sie waren für die Instandhaltung der 
Schwemmwerksbauten zuständig. Diese Spitzbuben 
hatten genau beobachtet, wie der Eierhändler, deı 
„Pammer Wagner‘, das „Gfluder‘ bestieg und zu- 
frieden lächelnd zu Tal schritt, sich freuend, das 
Verbot umgangen zu haben. Die Schwemmzim- 
merleute ihrerseits wussten, dass sie vom Eiermann 
nicht gesehen worden waren. 
Sie sahen zuerst den Vorarbeiter und dann sich ge- 
genseitig an. Auf ihren Gesichtern entstand ein 
schadenfrohes Grinsen. Es bedurfte keiner weiteren 
Vereinbarungen und keines langen Beschlusses. 
Wortlos gingen die vier Spießgesellen zum „Gflu- 
derkopf“, denn der Eiermann war inzwischen außer 
Sichtweite. Ohne zu Zögern wurde das Wehr geöff- 
net und mit Brausen und Tosen schoss das Wasser 
die Rinne hinab. Nun brauchten die Übeltäter nur 
zine Zeitlang zu warten um sicherzugehen, dass die 
Flut den Unglücklichen bis zum so genannten „Aus- 
fall‘ hinunterspülte. 
Foto: Gemeindechronik 
Jieses „Gfluder“ wurde um 1920 erbaut 
Aier fand der „Pammer Wagner“ sein kühles Bad 
Anschließend schlossen sie in aller Seelenruhe das 
Wehr wieder und begaben sich an ihre Arbeit. Ganz 
30, als seı nichts geschehen und ohne darüber zu 
sprechen. 
Das Unheil, welches über unseren bedauernswerten 
Eiermann hereingebrochen war, blieb jedoch nicht 
lange geheim. Der Pechvogel selbst ließ kein Ster- 
enswörtchen verlauten, um zum Schaden nicht 
auch noch den Spott zu ernten. 
Ein Bauer hatte 
die Eierschwemme, 
das unfreiwillige Bad, beobachtet 
Sin Bauer nämlich, der zufällig in der Nähe des 
„‚Gfluderendes‘“ zugegen war, hörte das Geschrei 
ınd das Rauschen des Wassers und beobachtete aus 
>ıniger Entfernung unbemerkt die Landung des 
„Pammer Wagner“ samt seiner Eierfracht im Tüm- 
el. Schon nach wenigen Tagen wusste die ganze 
Jmgebung vom großen Pech des Eiermannes und
	        
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