Volltext: Heimatbuch Unterweissenbach

Zeitzeugin — Frau Siglinde Penn 
mit den Kindern regelmäßig betete, stimmt sicher 
nicht. 
In den Unterricht wurden Themen, wie ‚Hitler hat 
Geburtstag“, „Hitler — ein Freund der Kinder“, 
„Ich werde Soldat“, ... eingebaut. 
Mein Onkel Felix war im KZ 
Hei, bift denn Du a a Dachauer? 
Die Konzentrationslager kamen auch zur Sprache. 
Uns Kindern wurde bereits in der ersten Klasse 
Volksschule eingebläut, dass es sich dabei um Orte 
für Verbrecher handelte. Mit dieser Behauptung 
hatte ich meine Probleme. Mein Onkel Felix (siehe: 
„Ehrenbürger ...“ — „Felix Kern“) war im KZ und 
in meinen Augen war er auf keinen Fall ein 
Verbrecher. 
Wir mussten sagen: 
„Wir danken unserem Führer Adolf Hitler“ 
Nach Unterrichtsende, nach dem Anziehen, mussten 
wir uns in Zweierreihen anstellen und dann im Chor 
sagen: „Wir danken unserem Führer Adolf Hitler. 
Heil Hitler!“ Dazu mussten wir die Hand zum deut- 
schen Gruß heben. 
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Rennut Ihr noch den lieden Herrn? 
War einmal ein Harter „Kern“, 
Na allen Negeln feiner Qunit 
Dat er die LeHrerfhaft gehungst. 
Des Dadan garantiert, 
Deß dieler Kern Bald kernweihH wirb 
Du sagtest, dass Onkel Felix im KZ war. 
Mein Onkel Felix Kern, der Sohn des Maurermeis- 
ters Leopold Kern aus Unterweißenbach, gehörte 
der Christlichsozialen Partei an. Er war Landesrat 
und wurde als solcher mit den Agenden des Bau- 
und Schulreferates betraut. Bereits am 13 .März 
1938 erfolgte seine Verhaftung und nach der Poli- 
zeihaft die Verlegung in das Konzentrationslager 
Dachau. Einen Grund dafür kenne ich bis heute 
nicht. Im Nazihetzblatt „Österreichischer Beobach- 
ter“ erschien diese „Karikatur“ (siehe rechts oben). 
Sie wurde außerdem am Gendarmeriegebäude in 
Unterweißenbach von den Nazis groß plakatiert. 
Nach Kriegsende wurde mein Onkel, nunmehr für 
die ‚Österreichische Volkspartei‘, erneut zum 
Landtagsabgeordneten gewählt, in die Landesregie- 
rung berufen und zum Landeshauptmannstellver- 
treter gewählt (siehe Kapitel: Berühmte Unterwei- 
Benbacher). 
Karikatur: Österreichischer Beobachtet 
Der Text unterhalb der Karikatur lautet: 
Kennt Ihr noch den lieben Herrn? 
War einmal ein harter „Kern“. 
Nach allen Regeln seiner Kunst 
Hat er die Lehrerschaft gehunzt. 
Das Lager Dachau garantiert, 
Daß dieser Kern bald kernweich wird. 
Als ich im Jahre 1940 wieder einmal über den 
Marktplatz ging, saß der Oberlehrer auf der Haus- 
bank vor dem Haus, in dem er wohnte. Ich grüßte 
ihn beim Vorbeigehen - aber nicht mit „Heil Hit- 
ler“. Daraufhin war er sehr aufgebracht und ging 
mit mir zu meinem Elternhaus. Im Büro meines Va- 
ters hielt er eine“ Moralpauke“ und ich musste mich 
vor dem Fenster auf ein Scheit knien. Ich ärgerte 
mich, weil mir mein Vater nicht half. Er konnte aber 
nichts sagen. Seine Angst war groß, weil sein Bru- 
der schon im KZ war. 
ich musste mich vor dem Fenster auf ein 
Scheit knien 
Hattest du nicht auch einmal ein Problem mit 
dem Grüßen?
	        
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