Volltext: Das Rheingold [92]

Einführung. 
Von Heinrich Kralik. 
Der »Ring des Nibelungen« ist das monumentale Hauptstück ım 
Lebenswerk Richard Wagners. Trägt das gesamte Schaffen des Meisters 
das Gepräge des Außerordentlichen, ‚die vier Teile der Tetralogie — 
»Das Rheingold«, »Die Walküre«, »Siegfried« und »Götterdämmerung« 
— ‘bilden die äußersten Gipfelpunkte innerhalb des Außerordentlichen. 
An ihnen gemessen erscheint selbst die wunderbare Entwicklung, die 
vom »Rienzi« zum »Lohengrin« "durchlaufen wurde, nur als Vor- 
bereitung. Das Wagnersche Kunstwerk in seiner ganzen Eigenart und 
Vollendung zeigt erst der »Ring«‘ und die in engstem künstlerischen 
Zusammenhang stehenden Entwürfe von »Tristan und Isolde«, von 
den »Meistersingern« und von »Parsifal«.: Dieser Zusammenhang‘ ist 
kein zufälliger, kein äußerlicher, kein gewollter oder nachmals hinein- 
getragener, sondern eines wächst zwangsläufig aus dem anderen. 
Wagners spätere Musikdramen lagern alle um das gleiche Gedanken- 
zentrum.‘ »Tristan und Isolde« bezeichnet der Meister selbst als einen 
»Ergänzungsakt des großen, ein ganzes Weltverhängnis umfassenden 
Nibelungenmythus«. Tristan ist ebenso wie Siegfried” im »Zwange 
einer Täuschung« befangen, wenn er das ihm bestimmte Weib für 
einen anderen freit. Es ist das gleiche tragische Verhängnis, an dem 
beide zugrunde gehen. Ohne »Tristan« wieder hätte es keine »Meister- 
singer« gegeben. Sie gehören zueinander wie Tag und Nacht, wie 
Berg und Tal, wie. Dominant und Tonika.. Dem hohen ‚Lied der 
Leidenschaft und Liebe geben die »Meistersinger« den Abgesang in 
»erhabener, Schmerz lösender Heiterkeite. Hans Sachsens milde, 
rütige Resignation konnte nur derjenige darstellen, der so wie der 
Autor des »Tristan« alle Grade: der Liebesqual durchmessen hatte... 
An das Krankenlager des aus Liebe sterbenden Tristan wollte Wagner 
ursprünglich den aus Mitleid wissenden Parsifal treten lassen. Doch 
das Schicksal des reinen Toren offenbarte sich ihm immer deutlicher 
als eine neuerliche Variation . seines  mythischen Urmotivs; und so 
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