Das Werden der katholischen Pfarre Wallern
Gerhard Schwarz, katholischer Pfarrer
815 Aduualdi juxta aquam Dratihaha
Die erste Erwähnung von Wallern erfolgt in der Schenkungs-
Jırkunde der Eigenkirche des Priesters (presbiters) Engilger an
die Diözese Passau. Dies geschah am 6. Oktober 815 in Ge-
genwart des Bischofs Hato im zweiten Regierungsjahr Kaiser
Ludwigs.
Sigenkirchen gab es dieser Zeit sehr viele. Diese Institution
stammt zum Hauptteil aus dem germanischen Recht und hat
ihre Wurzel im Priestertum des Hausvaters. Die Grundeigen-
tümer fühlten sich auch für den Glauben ihres Gebietes ver-
antwortlich und bauten so auf ihren Besitzungen Kirchen und
Kapellen. Dies geschah unabhängig von etwa vorhandenen
Pfarrkirchen. Der Grundherr stattete »seine« Kirche mit Lie-
genschaften aus, er betrachtete freilich dieses Gotteshaus
dann auch mit allem Zubehör und allen Erträgnissen als sein
ınbeschränktes Eigentum. Es sollte zwar seinem Zweck nicht
entfremdet werden, aber es wurde doch wie jede andere
Sache behandelt, also vererbt, vertauscht, verkauft. Den be-
treffenden Geistlichen stellte er nach freiem Ermessen an,
konnte ihn wieder entlassen und auch zu persönlichen Dien-
sten heranziehen. Durch die Gebefreudigkeit der Gläubigen
ınd die wachsenden Einkünfte war manche dieser Eigenkir-
chen zu einem gewinnbringenden Unternehmen geworden.
Dieses Eigenkirchenwesen hatte anfangs wesentlich dazu
beigetragen, das flache Land mit Gotteshäusern zu versehen.
Die kirchlichen Zentralstellen wären dazu nicht in der Lage ge-
wesen. Im Laufe der Zeit kam es aber zu Mißständen und die
Klage über Mißbräuche und Auswüchse bewog das Aachener
Kirchenkapitular von 818/819 ordnend einzugreifen. Der
Priester darf nur mehr mit Zustimmung des Bischofs angestellt
‚verden und muß ein Freier sein. Er untersteht nunmehr dem
Bischof. ;
Da der Priester Engilger seine Kirche »Adwaldi« bereits 815
der Diözese Passau schenkte, ist zu vermuten, daß er als
frommer Priester den erwähnten Mißständen im Eigenkir-
chenwesen ausweichen wollte.
Übersetzung der Schenkungsurkunde von 815
Jeder ist sich bewußt, daß er nichts von dieser Welt von
seinen eigenen Gütern behalten kann. Umso. weniger
erlaubt es Gott, daß sie in die Ewigkeit mitgenommen
werden. Darum habe ich ENGILGER, Priester, im
Namen Gottes begonnen, für das Heil meiner Seele und
für die Vergebung meiner Sünden zu sorgen. Ich über-
gebe meine Erbschaft in dem Orte, der ADUUALDI
heißt, neben dem Wasser, das DRATIHAHA genannt
wird, die Kirche samt den Herrenhäusern, Wirtschafts-
gebäuden, samt den Unfreien, die da selbst angesie-
delt oder am Herrenhofe bedienstet sind, und den Fel-
dern, Weideplätzen, sowohl gereutete als nicht gereu-
tete, mit den Rindern, oder kurz gesagt alles, was an
diesem Orte meine Herrschaft oder mein Besitz gewe-
sen ist, sowohl vom Allod als auch vom Lehen. Ich über-
gebe und schenke es nun zum Altare des hl. Stephan
und Valentin aus eigener Machtvollkommenheit, damit
es dort verbleibe, sicher und unabhängig ohne allen
Widerspruch in alle Ewigkeit. Und wäre es auch einer
meiner Nachfolger, ich glaube es nicht, was künftig ist:
auch nicht wenn ich es selber wäre, was fern bleiben
möge, oder irgend einer meiner Erben oder Fürerben,
der es wagen sollte, gegen diesen Schenkungsbrief
ohne Recht aufzutreten oder ihn anzufechten: der
erscheine von den Grenzen der hl. Kirche Gottes aus-
geschieden und verstoßen, und wenn er es wiederholt
soll es ihm auf keinen Fall gelingen zu siegen, sondern
diese Schenkung möge fest bestehen bleiben. Ge-
schehen ist es aber am 10. Oktober, angesichts der
Familie des hl. Stephan in Gegenwart des Bischofs
Hato und im zweiten Jahre der Regierung des Herrn
Kaisers Ludwig.
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1151 Wallern wird Ordenspfarre
Am 26. Juli schenkte Bischof Konrad von Passau dem Stifte
St. Florian die Kirche in Wallern samt allen Besitzungen und
Einkünften.
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