Volltext: Malerisches Allerlei. Zweiter Band. (Zweiter Band / 1845)

Zusammenkunft des englischen Commodore Bremer mit Chan, dem chiuesischen 
Gonverueunr von Tschusan. 
Nachdem im Jahre 1840 der Fluß und Hafen von Canton 
tark blokirt worden waren und Lin, der chinesische Oberkommissär, 
ein Edikt hatte ergehen lassen, nach welchem auf die Wegnahme oder 
Vernichtung englischer Schiffe und auf Gefangennehmung oder Töd— 
tung englischer Offiziere oder anderer Personen dieser Nation bedeu— 
tende Preise “gesetzt wurden, erfchien am 4. Juli desselben Jahres 
das Geschwader des Commodore Bremer nahe bei der Insel Tschu— 
san und“ warf in dem Hafen vor der Hauptstadt der Insel, Ting— 
Jäe-heen, Anker. Noch an demselben Tage fand jene Zusammen— 
kunft? statt, von welcher uns der beiliegende Stahlstich ein treues 
Bild giebt. Alle jene Maͤnner, welche an der Verhandlung Theil 
aahmen, sind hier mit Porträtaͤhnlichkeit dargestellt. Links an der 
Ecke sitzt Sir Henrh Davell, ihm gegenüber an der anderen Ecke 
ber Tafel der Generalmajor Burrol, der damalige Commandant 
der englischen Truppen in China, neben ihm der Commodore Sir 
Gordon Bremer, der damalige Befehlshaber des englischen Ge— 
schwaders, an dessen Stelle spaͤer Parker trat. Der Mann in der 
Mitte, der sich durch seine Civilkleidung auszeichnet, ist Karl Gütz— 
laff, der berühmte Missionaͤr in englischen Diensten (geboren zu 
Pyritz in Pommern am 8. Juli 1803), der es binnen zwei Jahren 
dahin brachte, daß er chinesisch zu predigen vermochte, und bald sich 
so indie chinesische Lebensweise hineinzuleben wußte, daß er den 
Chinesen selbst ein Chinese schien und von denselben als ihr Stamm— 
genosse unter dem Namen Schih-Li aufgenommen wurde. Spaͤter 
begab er sich nach Siam, wo er sich mit der Sprache dieses Lan— 
des und mit einer Uebersetzung des Neuen Testaments in's Siamesi⸗ 
sche beschaͤftigte, durch Krankheit aber gezwungen wurde, sich wieder 
zu entfernen, um eine Erholungsreise nach China zu machen. Hier 
entwickelte er als Missionaͤr eine außerordentliche Thaͤtigkeit und die 
Mission hatte den herrlichsten Fortgang, bis die Feiüdseligkeiten zwi— 
schen China und England ausbrachen, die Behörden anfingen mit 
Mißtrauen auf ihn zu blicken, und er endlich sich genöthigt sah, im 
eigentlichen Sinne hinter die Kanonen der Engländer sich zurückzu⸗ 
ziehen. Die Englaͤnder suchten ihn, nicht nur wegen seiner Kennt— 
niß der chinestschen Sprache, sondern auch wegen seiner großen Be— 
anntschaft mit dem feindlichen Terrain, an sich zu fesseln, und so 
diente er ihnen bald als Dolmetscher, in welcher Funktion wir ihn 
auf dem Bilde erblicken. Der Chinese, der ihm zunaͤchst sitzt, ist der 
Admiral und Gouverneur von Tschusan; ihm folgt sein Flaggen— 
kapitän, und der Dritte ist die erste Magistratsperson von Tschusan. 
Die Chinesen waren damals noch stolz und trotzig, die Zusammen— 
unft führte daher zu keinem Resultate, Tags darauf, am 5. Juli, 
fiel der erste Kanonenschuß der englischen Flotte, und am 6. war 
die Insel bereits in den Haͤnden der Englaͤnder.
	        
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