Volltext: Malerisches Allerlei 1 (1 /1842)

Das Schiller-⸗Haus in Gohlis. 
Friedrich v. Schiller,hat sich durch seine unsterblichen 
Werke, aus denen die hohe Reinheit und Tiefe seines Gemüthes 
auf jeder Seite spricht, die allgemeine Liebe und Verehrung des 
deutschen Publikums erworben; er wirkte entscheidend auf sein Zeit⸗ 
alter ein; der Gebildete, wie der minder Gebildete, kennt seinen Na— 
men und nennt ihn mit Begeisterung. In der neuern Zeit nun, 
wo uͤberall in Deutschlands Gauen sich Denkmäler erheben, welche 
der Nachwelt zeugen sollen von der Verehrung, die Deutschland 
seinen großen Maͤnnern weihte, beschloß man daher auch ihm, dem 
Manne des Volks, ein Denkmal zu widmen, und bald erhob sich 
seine Bildsaͤule in Stuttgart. Doch auch Leipzig, in dessen Nähe, 
im Dorfe Gohlis sich Schiller im Jahre 1785 aufhielt und einige 
seiner vorzuͤglichsten Dichtungen, z. B. „das Lied an die Freude“ 
schuf, wollte ein aͤußeres Zeichen seiner Verehrung geben. Schon 
im Jahre 1840 hatte sich ein Verein gebildet, der zunächst beschloß, 
jäͤhrlich den Geburtstag Schillers zu feiern. Noch in demselben 
Jahre fand am 10. und II. November die erste Feier statt. Zur 
Vorfeier am 10. Novbr. hatte sich eine so große Anzahl von Vereh— 
rern und Verehrerinnen des großen Dichters in dem sogenannten 
kleinen Saale des Höôtel de Pologne versammelt, daß sie der Saal 
kaum fassen konnte, Die Festrede hielt Robert Blum, von dem 
die Idee des Festes vorzuͤglich ausgegangen; zu der Feier besonders 
componirte Gesaͤnge, ein Vortrag der 10. Scene des 8. Aktes aus 
„Don Karlos“ und andere Vorträge machten den uͤbrigen Theil der, 
Feier aus. Hierauf begaben sich uͤber 300 der Theilnehmer in den 
großen Saal, um durch ein heiteres Festmahl, dessen Freuden durch 
Reden, Gesang und Concertmusik noch erhöht wurden, die Vor⸗ 
feier zu beschließen, welcher am anderen Tage eine Festfeier im Theater 
tolgte. Bei jenem Festmahle nun wurde der Entschluß gefaßt, das 
Haus, in welchem Schiller in Gohlis gewohnt hatte, durch eine 
Gedenktafel zu bezeichnen. Doch nicht immer wird die Stätte gehei— 
ligt, die ein großer Geist betrat; die Zeitgenossen berühmter Männer, 
obwohl sie diese hochachten, versäumen doch nicht selten, den Ort 
zu bezeichnen, wo sie verweilten, und so verkündet kein Zeichen der 
Nachwelt die Staͤtte, die sie so gern betreten, so gern heiligen 
möchte. So war es auch mit der Wohnung Schillers in Gohlis. 
So viel war wohl bekannt, daß jenes Haus dem Buchhaͤndler 
Göschen gehört, und Schiller daselbst als Gast verweilt hatte, wo 
aber dieses Haus zu suchen und ob es überhaupt noch vorhanden 
war, das wußte Niemand mit Gewißheit zu sagen, und ein Streit 
darüber im Leipziger Tageblatte, welcher schon vor fast 10 Jahren 
geführt wurde, hatte nicht zum erwünschten Ziele gebracht. Doch 
Dank dem Comité des Schillervereins, der sich keine Muͤhe verdrie— 
hßen ließ, und durch die mühevollstea Nachforschungen, welche auch die 
Behörden unterstützten, das Häuschen endlich mit Sicherheit ermittelte, 
in welchem Schiller einige Monate im Sommer 1785 verweiltel — 
Wenn man aus dem Hofe des sogenannten Waldschlößchens in das 
Dorf tritt, erblickt man es sogleich links in der gegenüberstehenden
	        
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