Volltext: Die Mannschaft 4. Band (4. Band / 1938)

Der Sauptmann mit der Brieftasche 
Von 
Ludwig Tügel 
Auf dem Vormarsch im Herbst des Jahres 1914 war in den Dünen von 
Lombartzyde ein Hauptmann auf unserer Seite gefallen, in jenen Tagen, 
da das stürmische Vorwärtsdringen ins Stocken geraten und schließlich zum 
Stellungskriege geworden war. Man hatte keine Gelegenheit gehabt, ihn 
dort, wo ihn der Tod ereilte, zu begraben; die Kämpfe, die in dieser Zeit 
entbrannten, waren mit allergrößter Bitterkeit geführt worden; und so 
hatte es sich gefügt, daß der Wind Sand über die Leiche wehte, die zwischen 
den Stellungen lag, ihr also ein natürliches Grab bereitend. Die Truppe, 
welcher der Hauptmann angehoört hatte, war abgelöst worden, ohne daß es 
den Leuten gelungen war, ihren Kompanieführer in die Linie zu holen. 
Die neue Besatzung des Grabens, der zu einer Stellung ausgebaut wurde, 
nahm nicht in dem Maße am Geschick des Gefallenen teil, wie es seine 
eigene Mannschaft getan hatte; so blieb der Tote zwischen den Stellungen 
liegen; und der Wind deckte ihn mit Sand zu, bis das Grab zu einer 
klleinen Erhebung im Niemandsland wurde, die nun von Tag zu Tag 
wuchs und damit in einem Gelände, das keinerlei Deckung bot, an Be— 
deutung gewann. Es erhob sich dann auch bald an dieser Stelle, wo der 
hauptmann lag, ein kleiner Hügel, hinter dem sowohl die Deutschen, als 
auch die Gegner mit Recht einen vorgeschobenen Posten vermuten konnten; 
deshalb wurde das Grab in den Nächten auf beiden Seiten der besonderen 
Aufmerksamkeit der Grabenwachen und der Patrouillen empfohlen; manch 
Geschoß pfiff in den Hügel und wirkte so der stillen Arbeit der Natur, des 
Windes und Sandes, entgegen. 
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