Volltext: Die Mannschaft 2. Band (2. Band / 1937)

127 
Büscher hatte sich, glaube ich, nichts zu lesen mitgenommen. Er mochte 
wohl gedacht haben, daß er doch nicht zum Lesen käme. Seine Gedanken 
beschäftigten sich immer wieder mit dem Bäcker, bei dem er zwei Iahre 
gearbeitet hatte und mit dem andern Bäcker, bei dem nichts los war, 
v^eil er nicht einmal richtige Berliner backen konnte. Und nun fing Hein 
rich Büscher tatsächlich an, mir auseinanderzusetzen, wie die Berliner ge 
backen werden müssen, als wenn ich bei ihm im Kriege die Bäckerlehrr 
durchmachen solle. Und immer weiter hämmerte der Engländer und kam 
immer näher auf uns zu. wenn Büscher doch schweigen wollte! dachte 
ich. Und ich fragte mich: Hat denn der Mensch kein Herz? Und kennt er 
keine Angst um sein Leben? Oder warum hängt er nicht mehr an seinem 
Leben? — Ich begriff ihn nicht. Ich sah den Tod vor mir, wie er mich 
anglotzte, als wenn er es auf mich abgesehen hätte. Da flog schon wieder 
ein solches Untier von drüben in die Luft. Verdammt noch mal! Ich 
schloß die Augen. I«, mir bangte um mein Leben, denn ich war doch noch 
jung und hatte noch nichts erlebt. Da — schon wieder! Meine Gedanken 
wurden auseinandcrgerissen, genau so wie dort die Granate. 8ür einen 
Augenblick wollte mir mutlos der Kopf niedersinken. 
Heinrich Büscher sah mich fast verwundert an und fragte: „Was hast 
du eigentlich? was ist mit dir los?" Er klopfte feine pfeife aus und 
steckte sie in die Tasche. „Ich kriege auf einmal so fürchterlichen Hunger", 
sagte er gemütlich, griff nach seinem Brotbeutel, holte ein Stück Brot 
heraus und fing an zu essen. Er war ein Mensch mit einem Genick wie 
ein Bulle, mehr Rollkutscher als Bäcker. „Dies Brot ist gut", sagte er, 
„besser kann ich es auch nicht backen." Und als er mit dem Essen fertig 
war, begann er wieder, mir ein wenig vom Kriege zu erzählen. „Der 
Engländer", sagte er, „kann nämlich nicht gut schießen, er schießt meistens 
immer vorbei." Da — wie seinen Worten zum Hohn rummmms!!! 
flog wieder ein Ungeheuer vor uns auseinander, spritzte mir eine Hand 
voll Schlamm ins Gesicht, warf mich gegen den Sandsackwall und 
Heinrich Büscher, dem es nicht besser als mir erging, ließ sich wieder ein 
mal vernehmen mit seinem verdammten „Es ist egal!" Dann aber sagte
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.