Volltext: Der Skiläufer

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Mode ist, und damit sie in Gesellschaft sagen können: „Wir treiben 
jetzt auch Skisport" sind diese Seiten nicht geschrieben, son 
dern für die, welche die Sehnsucht nach dem Schnee, nach größerer 
physischer Kraft und nach einem reineren Geniesten treibt. 
Wie viele Menschen wissen etwas von der Sehnsucht nach 
Schnee, und wie viele werden lächeln ob solcher Überspanntheiten! 
Ach, sie spotten über Gefühle, die sie selbst einst kannten, aber 
vergessen haben. Als sie noch Kinder waren, mit frischem Sinn 
und Hellen Augen für alles Schöne, da fragten sie vielleicht auch 
im Winter: „Mutter, schneit's noch nicht bald?" Aber das Leben 
ist seither über sie Meister geworden, das Geschäft und die Bureau 
luft, die vielen Sorgen und die vielen gesellschaftlichen Pflichten, 
besonders die vermeintlichen, und die „Anforderungen der Neu 
zeit" überhaupt. So ist ihnen auch der Winter langsam eine Last 
geworden. Man empfindet ihn immer mehr als eine Art Lapsus 
der Natur und sucht diesen auf alle Arten zu korrigieren. Man 
geht im Sommer in die Ferien, um den Winter besser überstehen 
zu können. Aber der Lapsus liegt nicht im Winter — „der schlechten 
Jahreszeit" —, sondern irgendwo anders. 
Der Winter und der Schnee, sie sind da, wie viele herbe Dinge 
auf der Welt, auf dast wir Meister über sie werden. Stark sollen 
wir uns an ihnen machen, bis sie uns anstatt einer Geduldsprobe 
ein Kraftmast geworden sind. Nicht fliehen sollen wir sie, sondern 
kämpfen mit ihnen, wie der alte Erzvater Jakob, als er mit dem 
Engel rang und ihn nicht liest, bis er ihn segnete. Wenn man es 
aber einmal heraus hat, daß in dem Winter, dem „harten Mann", 
ein verkappter guter Freund steckt, der es trotz seines unwirschen 
Gesichts geradeso gut mit uns meint wie der lieblich dreinschauende 
Sommer, dann ist man so um den Dezember herum nicht mehr 
sicher, dast einen nicht die Sehnsucht nach den reinen, meisten 
Tagen auf den Winterhöhen anfällt. 
Das Heimweh nach Schnee und Schneeschuhlaufen ist nichts 
als eine Sehnsucht nach Bewegungsfreiheit. In den Städten 
ist uns jeder Weg vorgemessen, und wenn einer anders will als 
die Behörden, so wird er rasch eines Bessern belehrt. Aber auch 
brausten vor der Stadt sind uns alle Wege säuberlich vorgeschrieben, 
und der Warnungstafeln und Verbote gibt es überall mehr als 
genug. Der Schnee aber ist ein großer Eleichmacher, der vom 
Himmel kommt und sich weder ortspolizeilich noch bezirksamtlich 
etwas vorschreiben läßt. Er legt aus weißem Diamantstaub eine 
tiefe Decke über die Bergeshöhen und schneit respektlos alle Wege 
und sogar die Wegweiser zu. Erst da droben kann der Mensch der
	        
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