Volltext: Der Skiläufer

überhängenden Wächten und ihre Risse leuchten wie Grünspan. 
Aber was ist denn das? Von den Bergen sieht man nichts als das 
stolze Herzogenhorn mit seinen mächtigen Abstürzen. In halber 
Höhe des Berges wogt ein graugrünes Meer, das sich bis zu den 
Alpen erstreckt. Wie rosige Märcheninseln schwimmen die Firne in 
dem Meer. Drüben, von Osten her, kommt es in mächtigen Wogen. 
Fast unsichtbar ist die Bewegung, und mit jener ruhigen, dem 
Menschenauge nicht wahrnehmbaren Schnelligkeit, mit der sich die 
Bewegung alles Großen auf Erden und an den Himmeln vollzieht, 
ergießen sich die Fluten unter uns. Wild steigen die Sturzwellen 
auf und bleiben oft wie erstarrt stehen. Immer höher flutet das 
Meer. Aber alles vollzieht sich mit einer lautlosen Ruhe. Man 
sieht die Brandung des weißen Gischtes nur, man hört sie nicht. 
Einen Augenblick ruht das mächtige Spiel. Da erhebt sich ein eisiges 
Wehen in den Lüften, und wie ein Gott steigt die rotgüldene Scheibe 
der glühenden Sonne hinter den Alpen empor und wirft uns über 
das gewaltige Nebelmeer, das unter dem purpurnen Glanz er 
schauert, den Morgensegen zu. 
Oder am Abend nach einem trüben Märztag! Wie in einer 
durchsichtigen apfelgrünen Flut schwimmen langgestreckte, orange 
glühende Wolken, riesigen Goldfischen gleich. Die dunkeln Ge 
stalten der Schneeschuhläufer heben sich vom matten Goldgrund 
des Schnees ab. Tausende blauer Spuren durchkreuzen wirr die 
großen Flächen. Langsam verändern die Wolken Gestalt und 
Farbe, während die Menschen in raschem Durcheinander dahin 
schießen. Die luftigen Gebilde erkalten zu dunklem Blau, und nur 
die unteren Ränder der Wolkenbänke wellen sich und flirren in rot 
goldenem Feuer. Um uns herum brennen die Schneefelder in rot- 
violetter Glut, die aus dem Schnee selbst, nicht vom Himmel zu 
kommen scheinen. Blauschwarz stehen die kühnen Silhouetten 
der Berge vpr der überklaren Abendluft, die immer mehr zu sanften 
Perlmuttertönen abglüht. Zuletzt flammt nur noch eine zu eineur 
phantastischen Eistempel zusammengefrorene Schuhhütte in roter 
Pracht, und drunten im Tal ist schon alle Farbe erstorben. Ein 
totes kreidiges Weiß liegt über dem Land. 
Aber nicht nur für die grandiosen Schauspiele am Firmament 
wird das Auge empfänglich, beim stillen Wandern zu zweit oder 
zu dritt. Auch die Fähigkeit, das Einfache zu erkennen, wächst. 
Das Einfache, das vor allen Augen offen daliegt, aber doch den 
meisten verborgen ist. Zum Beispiel ein weites Feld mit pulverigem 
Neuschnee, links ein paar vereiste Tannen, im Hintergrund ein 
sonnenbeschienener Bergrücken, und im Vordergrund eine tiefe,
	        
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