Volltext: Denkschrift über das von Franz Ferdinand Poeschl angeregte Project eines Donau-Moldau-Elbe-Canals zwischen Budweis in Böhmen und Untermühl in Oberösterreich

Unter den. Projeceten für die Herstellung einer schiffbaren. Wasserstrasse von der Elbe zur Donau 
sind. bisher nur zwei Tracen ernstlich discutirt worden. Die eine, zuerst vom Ingenieur Deutsch studirt 
and bearbeitet, hat die Canalisirung der Moldau bis Budweis und dann die Herstellung eines Scheitel- 
canals von Budweis über Gmünd bis Wien zum Ziele; nach der zweiten sollte die obere Elbe von Melnik 
ab bis Pardubitz canalisirt, dann ein Scheiteleanal von der Elbe bis zur March erbaut werden, der dann, 
als Canal lat6ral zur March fortgesetzt, bei Prerau in den Donau-Oder-Canal eingemündet hätte. 
Jede dieser Tracen hat ihre Vor- und Nachtheile. 
Die erstere Trace über Südböhmen, Südmähren und das Waldviertel hätte von Melnik‘ bis Wien 
eine Länge von rund 470 km gehabt, von der rund 250 km auf die canalisirte Moldau und rund 220 km 
auf den Scheitelcanal entfallen wären; diese hätte bei Wien in die Donau eingemündet. Letztere Trace 
wäre von Melnik bis Wien zwar rund 530 km lang geworden, von der jedoch 150 km auf die canalisirte 
Elbe, 200 km auf die übrige Strecke bis Prerau entfallen wären, während die Strecke Prerau— Wien auf 
180 m Länge dem Verkehre ab und zur Elbe und ab und zur Oder gemeinsam gewesen wäre. Die neu 
zu erbauende Wasserstrasse wäre somit nur rund 350 km lang geworden. Diese Trace hätte die indu: 
striell und landwirthschaftlich hochentwickelten Gebiete von Nordostböhmen und Nordmähren durch- 
schnitten und hätte indireet durch den Donau-Oder-Canal auch bei Wien in die Donau eingemündet. 
Der Landtag Böhmens, die Handelskammern daselbst, die Städte Prag und Budweis haben sich 
zu Gunsten der ersteren Trace entschieden, und hat auch das zur Förderung dieser Wasserstrasse ein- 
gesetzte Actionscomite unter Vorsitz der Herren Reichsrathsabgeordneten Dr. Russ und Kaftan zu Gunsten 
dieser Trace Stellung genommen. Die dann von diesem Aetionscomite eingeleitete engere Concurrenz 
für die Aufstellung eines generellen Projectes für einen Elbe-Moldau-Donau-Canal hat sich auch lediglich 
mit dieser Trace beschäftigt. Ebenso bewirbt sich auch — nach Mittheilung der Zeitungen — ein Con- 
sortium um die Concession für den Bau dieser Wasserstrasse nach der erstgenannten Trace. 
1 Nach dem Gesagten ist wohl die Schlussfolgerung gestattet, dass man für den Bau einer Elbe- 
Donau-Wasserstrasse in der Richtung nach Wien an der Trace über Budweis und entlang der Franz Josef- 
Bahn bis Wien festhalten wird. 1 a 
Ob dann die Regulirung und Canalisirung der Moldau durch den Staat erfolgt — die Canalisirung 
Jerselben durch das Weichbild der Stadt Prag steht wenigstens schon auf der Tagesordnung — oder 
ob auch die Canalisirung Sache eines Coneessionärs sein wird, ist heute allerdings noch nicht entschieden, 
es kann aber dennoch nach dem Stande der Wasserstrassenfrage in Oesterreich schon jetzt angenommen 
werden, dass der Bau dieser Wasserstrasse und besonders die Canalisirung der Moldau bis Budweis in 
absehbarer Zeit mit Sicherheit erwartet werden können. 
Die Canalisirung und Schiffbarmachung der Moldau bis Budweis ist auch die Voraussetzung des 
Projectes, welches über Anregung des Herrn Lederfabrikanten Franz Ferdinand Poeschl von uns studirt 
wurde und das College Professor Fr. Steiner technisch bearbeitet und näher beschrieben hat. Fällt diese 
Voraussetzung einer Schiffbarmachung der Moldau weg, so hätte auch der Torso eines Scheitelcanals 
von der Donau zur Moldau bis Budweis nach diesem Projecte selbstredend keine weitere Berechtigung. 
Dieses Project verdankt seine Entstehung den um Jahre zurückreichenden Studien behufs Aus- 
nützung der reichen Wasserkräfte Siüdböhmens und Oberösterreichs, und erst, nachdem man sich die 
feste Ueberzeugung verschafft hat, dass hier tausende von Pferdekräften benützbar gemacht werden 
können, trat auch die Verwendung dieser Wasserkräfte in Discussion. Die nächstliegende und rentabelste
	        
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