Volltext: Oberösterreichische Bauerngeschichten. Erstes Bändchen (Erstes Bändchen / 1858)

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sich im Grase umher, und als Gebetläuten ertönte, da 
litt es ihn nimmer am Boden. Er wußte nicht, was 
er solle, einige Male wollte er auf und davon und 
dennoch stand er wieder wie an den Boden gebannt. 
Immer näher und näher rückte der vcrhängnißvolle 
Augenblick — das geringste Geräusch machte seine 
innersten Fibern erbeben. 
Jetzt hielt er es nicht mehr am Boden aus; er 
lehnte seinen Ringelstock an die hohle Weide, die — 
wie ein Greis mit einem Fuß im Grabe — mit einem 
großen Theile ihrer Wurzeln im Wasser stand, stieg den 
Stamm hinan und postirte sich nicht hoch auf einen Ast, 
der weit hinaus über den Wasserspiegel reichte. — Der 
Spitz hatte sich am Fuße des Stammes hingelegt. 
Nicht lange hatte der Hirte in seiner äußerst un 
bequemen Stellung auf dem Bamne zugebracht, als 
er fernher Tritte vernahm. 
Die beiden Mädchen waren am Lachstein ange 
kommen; die alte Gundcl stand dort schon auf der Lauer 
und ging, als sie sah, daß Life nicht allein kam, gleich- 
giltig den Weg voran. 
„Komm!" sagte Lisens Begleiterin, indem sie ihre 
Schritte hemmte, „laß uns umkehren, ich bin nicht 
gerne in der Alten Nähe — es ist kein Glück dabei!" 
„Ei, geh, was kümmert uns die Alte!" sagte Life 
mit schwankender Stimme und zerrte die Freundin vor 
wärts, „bis zum Rechen gehen wir, dann kehren wir heim." 
Als sie an der langsam dahinschleichcndcn Kuni 
gunde vorüber kamen, grüßte diese freundlich die Mädchen, 
warf aber Listn einen bedentsamen Blick zu und flüsterte 
ihr ins Ohr: „Seht nur in den Wasserspiegel unter 
der Weide — ich komme nach." 
Life bebte wie im Fieberschauer zusammen.
	        
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