Volltext: Oberösterreichische Bauerngeschichten. Erstes Bändchen (Erstes Bändchen / 1858)

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Lisens Aufregung zu; sie saß da mit gluthroth ein Ge 
sichte, ihre Augen glänzten in heimlichem Feuer, ihre 
Pulse flogen, ihr Herz drohte die Brust zu zersprengen. 
Da tönte von dem Kirchthurme das Ave-Maria- 
Glöckchen herüber; die Männer zogen die Hüte von 
den Häuptern, die Weiber bekreuzten sich; Life konnte 
sich kaum regen , wie von einem Starrkrampf ergriffen. 
Unwillkürlich faltete sie die Hände in ihren Schooß — 
aber beten konnte sie nicht. 
Jetzt trat aus dem Nachbarhause eine junge Dirne, 
des Nachbars Tochter; Lift ermannte sich etwas bei 
deren Anblick, stand auf, hing sich an ihren Arm und 
rief durch das offene Fenster der Mutter zu: „Ich 
gehe mit des Nachbars Lene ein wenig spazieren!" 
Und sie gingen — den Weg gegen den Rechen zu. 
Gerade so wie Lisen, so war es den ganzen Tag 
hindurch dem „dummen Lipp" ergangen, der wußte 
nicht, was er that. Seine Schafe hatten dafür heute 
den besten Tag, die gingen ganz nngescheut in den 
benachbarten Kleeäckern herum und fraßen sich da voll 
nach Herzenslust — der Lipp achtete nicht darauf, 
. auch der Spitz nicht — den hatte sein Herr heute 
ganz auseinander gebracht, bald hatte er ihn stürmisch 
umarmt und geliebkost, wie nie, bald wieder fürchter 
lich durchgeprügelt, der Spitz wußte sich seines Herrn 
sonderbares Betragen nicht zu erklären, machte ein ver 
drießliches Gesicht und zog sich kopfschüttelnd hinter 
einen Haselbusch zurück — aus dem er sich erst beim 
Heimzug wieder hervor wagte. 
Es war die Sonne kaum halb untergegangen, als 
Lipp schon voll der gespanntesten Erwartung unter der 
hohlen Weide am Ufer des brausenden Traunflusfts saß. 
Von der peinlichsten Unruhe gefoltert wälzte er
	        
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