Volltext: Oberösterreichische Bauerngeschichten. Erstes Bändchen (Erstes Bändchen / 1858)

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„Also," sagte Kunigunde jetzt, „Abends nach'm 
Gebetlänten, wenn die ersten Sonnwendseuer auflodern 
auf den Bergen, da gehst Du hinab an den Fluß — 
beim großen Rechen, wo die hohle Weide steht." 
„Bin schon dort!" rief Lipp selbstgefällig und 
freudig sich die Hände reibend. „Ich habe noch zwei 
Thaler in meiner Truhe, die gehören Euch." 
„Gut — ich nehm' Dich beim Wort!" sagte die 
Alte, klopfte den Einfältigen zutraulich auf die Achsel 
und humpelte davon. 
Als sie zwischen die Gärten kam, die sich am 
Anfange des Dorfes hinzogen, da zog sie den Thaler 
aus ihrem Busen, wohin sie ihn aus der Hand des 
Jungen geschickt hatte verschwinden lassen, besah ihn 
wohlgefällig und sann darüber nach, wie sie dem dum 
men Lipp auch noch die anderen zwei Thaler zu ent 
locken vermöchte. 
An das Stelldichein an der hohlen Weide dachte 
sie nicht im Entferntesten, — denn wie sollte sie 
das bewerkstelligen? Wie sollte sie des Richters Life 
vermögen, dort zum Fluß hinaus zu gehen? — 
Keine Idee! — 
Doch der Zufall gefällt sich eben in absonder 
lichen Rollen! 
Vor sich hinsehend war die Alte zwischen den 
Gartenzäunen in Gedanken hingewandelt, als sie plötz 
lich aufsah und — nebenan in des Leitengrubers Gar 
ten dessen Tochter allein zwischen den Blumenbeeten 
hinwandelnd erblickte. 
Sie blieb stehen und hob sich, so hoch sie nur 
konnte, über den Zaun empor. Jetzt hustete sie einige 
Male laut, um die Aufmerksamkeit der Lustwandelnden 
auf sich zu lenken — cs gelang.
	        
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