Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Geliebte in Christo Jesu! 
fjpettn die Sonne untergeht, der Tag sich neigt, dann wird's 
Abend, der Abend eines Tages. Wenn die Woche endet, auch dann 
wird's Abend, der Abend einer Woche. Wenn der letzte Tag des Jah 
res da ist, dann wird's wieder Abend, der Abend eines Jahres. Solche 
Abende, meine Lieben, haben wir schon viele erlebt. —- Wenn unser 
Leben zu Ende geht, der Tod anklopft, dann wird's.abermals Abend, 
der Abend unseres Lebens, und diesen Abend werden wir alle erleben. 
. . . Fast neun Jahre bin ich bei euch, meine Lieben, — nun geht die 
Zeit meines Daseins und Wirkens bei euch zu Ende, es wird Abend; 
und jetzt ist es mein letztes Wort, das ich zu euch reden werde, denn 
Gottes Wille ruft mich von euch, den Hirten von seinen lieben Schäf- 
lein. — Ja, meine Geliebten, mein Abend ist da. Und somit ist also 
der Augenblick gekommen, auf den ich (die meisten aus euch werden 
sich noch erinnern) in meinem ersten Wort Gottes am Feste der Er 
scheinung des Herrn im Jahre 1855 hingedeutet habe. Ich hab' da 
mals gesagt: „Glückseliger Tag, an welchem ich mein erstes Wort zu 
euch rede."') Ich meinte das so: Glückseliger Tag, weil das kirchliche 
Hochfest der heiligen Dreikönige war, da ich mein erstes Wort gespro 
chen, das Fest, an welchem die Weisen aus dem Morgenlande das 
Jesuskind gefunden und angebetet haben. Ob er aber auch darum 
ein glückseliger Tag war, weil ich da als euer Pfarrer erschienen bin, 
das ist noch eine Frage, die erst wird beantwortet werden können, 
wenn ich mein letztes Wort zu euch reden werde. Ich hab' nemlich in 
meinem ersten Worte gesagt: „Der Pfarrer ist der geistliche 
') Siehe Abschied und Grus! von Joh. v. M. Haberl. Linz 1888. Zn Kom 
mission bei Fr. Ignaz Ebenhöch. S. 28. 
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