Volltext: Österreichs Paddelsport 1965 (1965)

Neue Richtlinien für die Olympia-Qualifikation 
Sportredakteur Kurt Bernegger befaßte 
sich in den „Salzburger Nachrichten" 
vom 3. April mit den Richtlinien für die 
Auswahl der Teilnehmer an den Olym¬ 
pischen Spielen 1968 in Mexiko City. 
Da diese Richtlinien für den Paddel¬ 
sport von Bedeutung sind, waren doch 
die Paddler bisher noch bei allen 
Olympischen Spielen vertreten, wobei 
sie meist zu den erfolgreichsten Wett¬ 
kämpfern des österreichischen Aufge¬ 
bots zählten, sei dieser Artikel hier 
vollinhaltlich wiedergegeben. 
Eine Feststellung, die noch im September 
1964 geharnischte Proteste des ÖOCs im 
Gefolge hatte, gehört jetzt doch schon 
zu den Erkenntnissen des österreichischen 
Sommerleistungssportes, der den Blick be¬ 
reits auf das Fernziel Mexiko City 1968 
gerichtet hat. „Für die Leistungsfähigkeit 
unserer Athleten war die Olympia-Mann¬ 
schaft für Tokio zu groß!" heißt es in 
einer Aussendung des OOC, die sich mit 
Qualifikations-Problemen beschäftigt. „Je¬ 
ne Zahl (45), die lange vom OOC als die 
Grenze angesehen wurde, war völlig rich- 
tig . . ." 
Österreichs Sportler erreichten bei den 
XVIII. Olympischen Sommerspielen in To¬ 
kio wohl keine Medaille, aber 13 Plätze 
zwischen 4 und 10, an denen insgesamt 
19 Sportler beteiligt waren. Viel größer 
aber war der Prozentsatz derer, die zu 
weit vom olympischen Leistungsniveau 
entfernt waren. Es soll hier nicht noch 
einmal aufgewärmt werden, wieso es 
schließlich zu einem „weichen Qualifika¬ 
tionskurs" des OOC kam, sondern ledig¬ 
lich aufgezeigt werden, daß man gegen¬ 
wärtig wohl noch unmittelbar unter dem 
Eindruck der vergangenen Spiele stehend, 
offen zugibt, den Fachverbänden zu 
große Freiheiten gewährt zu haben und 
mit neuen Bestimmungen bemüht ist, ver¬ 
gangene Fehler nicht noch einmal auf- 
kommen zu lassen. 
Sportler mit begründeten Aussichten 
In der Olympiamannschaft für die XIX. 
Olympischen Sommerspiele 1968 in Mexi¬ 
ko City, die genauso wie in Tokio wieder 
im Oktober stattfinden, sollen nur Sport¬ 
ler aufgenommen werden, die auf Grund 
ihres Leistungsstandards (nicht ihrer 
Höchstleistung) begründete Aussichten ha¬ 
ben, ihre Vorläufe und Vorkämpfe zu 
überstehen. 
Der Leistungsaufbau der Kandidaten soll 
so gesteuert werden, daß die Limite mög¬ 
lichst bereits 1967 mehrmals erfüllt wer¬ 
den. Das Olympiajahr wird in Zukunft 
nicht mehr der Schwerpunkt der Qualifi¬ 
kationen, sondern das Ziel der Erreichung 
der Leistungsspitze sein. Da sich der Lei¬ 
stungs-Standard von Jahr zu Jahr höher 
entwickelt, können — und das ist sehr 
vernünftig — die Limite erst Anfang 1967 
endgültig festgelegt werden. Für Tokio 
schlugen die Verbände die Limite 1960— 
61 vor, die bis 1964 längst überholt ge¬ 
wesen waren. Hinkünftig werden nur 
Qualifikationsleistungen anerkannt, die in 
gut besetzten internationalen Bewerben 
erziehlt werden. 
Der Sommersport-Ausschuß des österrei¬ 
chischen Olympischen Komitees (O'OC) 
wird auf Grund der Leistungen in inter¬ 
nationalen Wettbewerben die Kandida¬ 
ten im Herbst 1965 in einen B- und C- 
Kader einstufen. Diese beiden Kader wer¬ 
den 1966 beibehalfen, der Stand wird 
nach den gebotenen Leistungen revidiert. 
Erst 1967 wird ein A-Kader gebildet, für 
den alle Athleten qualifiziert sein wer¬ 
den, welche bereits die endgültige Olym¬ 
pia-Qualifikation erbracht haben. Ende 
1967 wird der C-Kader aufgelöst. Die Mit¬ 
glieder des B-Kaders haben bis zum Qua¬ 
lifikations-Termin (1. Juli 1968) noch die 
Möglichkeit, in die Olympiamannschaft 
(A-Kader) vorzustoßen. 
Für die endgültige Qualifikation ist das 
vier- bis fünfmalige Erreichen einer Lei¬ 
stung, die voraussichtlich zum Uberstehen 
der Vorrunde notwendig ist geradezu 
Voraussetzung. Wahrscheinlich wird man 
verlangen, diese Leistung muß 1967 drei- 
und 1968 zweimal von den Olympiakan¬ 
didaten erbracht werden. Ab 1. August 
1968 übernimmt das OOC die Gesamt¬ 
aufsicht über alle weiteren Vorbereitun¬ 
gen, einschließlich einer gründlichen, dau¬ 
ernden sportärztlichen Betreuung. 
Sportler, die gegen die Intentionen ihres 
Verbandes verstoßen oder auf Grund ein¬ 
gehender ärztlicher Untersuchungen nicht 
wettkampffähig sind, können bis zum Tag 
der Abreise aus der Mannschaft entlas¬ 
sen werden. 
Ein kleiner Ausschuß von Fachleuten wird 
dem Sommersportausschuß bis Juli 1965 
die ersten Qualifikations-Vorschläge un¬ 
terbreiten. 
Individuelle Qualifikation 
Die Bedingungen der Qualifikation sind 
für die Sportler verschiedener Sportarten 
naturgemäß anders geartet. Das OOC 
unterscheidet drei Gruppen: Sparten, de¬ 
ren Leistungen nicht meßbar sind (Boxen, 
Ringen, Fechten, Spiele), Sparten, deren 
Leistungen nicht vergleichbar sind (Was¬ 
serspringen, Turnen, Dressurreiten oder 
Kanu, Rudern, Segeln, Radsprint, Straßen- 
Radfahren, Springreiten) und Sparten, de¬ 
ren Leistungen absolut vergleichbar sind 
(Schwimmen, Gewichtheben, Leichtathle¬ 
tik,, Schießen, Radverfolgung). 
Mit Ausnahme der letzten Sparten ist 
ein echter Leistungsvergleich nur im di¬ 
rekten Kampf mit der Weltklasse mög¬ 
lich. Darum fordert das ÖOC für 1968, 
daß alle Limite in schweren internationa¬ 
len Bewerben erbracht werden müssen. 
Das bisherige Limit, ein Platz unter den 
ersten zehn bei einer Welt- bzw. ersten 
sechs einer Europameisterschaft zählt nur 
dann als Qualifikation, wenn die tatsäch¬ 
liche Starterzahl mindestens doppelt so 
groß ist als die erreichte Platznummer, 
dieser Platz durch mindestens zwei Siege 
oder Unentschieden (Beispiel Ringer Mar- 
the in Hälsingborg) erreicht wurde und 
der Bewerb in seinem sportlichen Wert 
nicht durch mangelnde Beteiligung ent¬ 
wertet worden ist (Beispiel Gewichtheber- 
EM 1964 in Moskau). 
Das OOC wird den Mitgliedern des A- 
Kaders für Mexiko City in den Jahren 
1967 und 1968 internationale Bewährungs¬ 
starts auferlegen, die der Athlet beste¬ 
hen muß, wenn er sich seine Olympia¬ 
teilnahme endgültig erkämpfen will. 
M.an weiß in den Fachverbänden ganz 
genau, daß es Sportsparten mit relativ 
geringer internationaler Beteiligung (Ru¬ 
dern, Kanu) gibt, in denen die Placie¬ 
rungs-Chancen entsprechend groß sind. 
Doch wird das 'O’OC seine Olympiamann¬ 
schaft nicht allein nach den bloßen Pla¬ 
cierungschancen auswählen. Für 1968 gilt 
es eine richtige Synthese zwischen erfolg¬ 
versprechenden Kandidaten und den aus 
untadeligen Sportlern bestehenden Ver¬ 
tretern jener Sparten gefunden werden, 
die es trotz aller Bemühungen deswegen 
nicht schaffen, weil in ihrer Sparte die 
Konkurrenz einfach zu groß ist. 
Der erste Schritt zu einer Olympia-Quali¬ 
fikation 1968 ist getan. Jetzt muß das 
Olympische Komitee nur noch dafür sor¬ 
gen, daß die Experten-Ausschüsse von 
erstklassigen, unabhängigen Fachleuten 
besetzt werden, denen es nicht um das 
Unterbringen des eigenen Mannes, son¬ 
dern um eine echte Auslese des österrei¬ 
chischen Leistungssportes geht. Nur, weil 
man noch genügend „eigene Leute" für 
Tokio unterbringen wollte, ist die Olym¬ 
piamannschaft 1964 letztlich ein Monster¬ 
aufgebot geworden. 
„ÖSTERREICHS PADDELSPORT" 2/1965 
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