Volltext: Österreichs Paddelsport 1959 (1959)

Karl Derndorfer 
Tagebuch einer Fernfahrt im Kajak-Zweier 
einem Kajak oder Riemenboot, aber 
sogar mit einem Canadier hätte ich 
dies nie machen können. 
Mein Freund und Vereinskollege Karl 
Derndorfer hat heuer mit seiner Frau 
eine außerordentliche sportliche Leis¬ 
tung erbracht. Er ist im Kajak-Zweier 
von Linz auf der Donau bis weit über 
Ulm hinaus und wieder. zurück nach 
Linz gefahren. Sein Bericht schildext 
diese Fahrt sehr interessant und an¬ 
schaulich. Wer diese Fahrtenschilderung 
gelesen hat, wird mir recht geben, daß 
diese Fahrt einmalig war. So leicht 
wird sie niemand anderer wiederholen. 
Denn ob Derndorfer will oder nicht, er 
hat damit den Beweis erbracht, daß 
der Kajak zum Wasserwandern ebenso 
ungeeignet ist wie der Bergschuh zum 
Tennisspielen. 
Rennbahnbreite neun Meter 
Das Rennsport-Komitee der ICF faßte 
einen Beschluß über eine Änderung 
der Rennbahn-Breite. Die bisher fest¬ 
gelegte Breite von sechs Metern ermög¬ 
lichte es zwei Rennfahrern, von ihrer 
Fahrtrichtung derart abzuweichen, daß 
sie sich bis auf eineinhalb Meter nahe 
kamen. Dies wiedersprach aber der Be¬ 
stimmung über den Fünf-Meter-Ab- 
stand. Weiterhin war bei markierten 
Bahnen die Möglichkeit gegeben, daß 
der an der Spitze liegende Fahrer ge¬ 
nau in der Mitte seiner Bahn paddelte, 
der Fahrer in der benachbarten Bahn 
aber bis knapp an die Boje heranfuhr 
und so ohne seine Bahn zu verlassen 
auf der Welle des Spitzenfahrers mit¬ 
reiten konnte. 
Bei wichtigen Wettkämpfen wird nun 
die Breite der Rennbahnen auf neun 
Meter erweitert. Damit soll die Um¬ 
gehung der Vorschrift über den Fünf- 
Meter-Abstand ausgeschlossen werden. 
Die Regel, daß ein Abstand von fünf 
Metern zu halten ist, gilt weiterhin. 
Die Änderung der Wettkampfbestim¬ 
mungen tritt erst mit 1. Jänner 1961 in 
Kraft. Bei der olympischen Regatta 
1960 wird jedoch die Bahn schon in 
der neuen Breite markiert werden. 
Baggerarbeiten 
Im Donaustrom finden zwischen Strom- 
km 1917,0 und 1918,5 l.U. Baggerarbeiten 
statt, die voraussichtlich bis Ende des 
Jahres 1960 andauern werden. 
Herbert SLANAR zeigt am 14. Jänner 
1960 um 19.30 Uhr im Auditorium maxi- 
mum der Wr. Universität seine neuesten 
Farb-Ton-Filme: 
Felsiges Wasser 
Wildflußvagabunden 
Andreas Hofer-Festzug 1959 
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Karl Derndorfer, Paddler seit 1925, 
Gewinner zahlreicher Regatten, pad¬ 
delte im Sommer dieses Jahres als 
57-jähriger mit seiner Gattin im Kajak- 
Zweier von Linz bis Obermarchtal bei 
Rechtenstein in Württemberg. 511 
Kilometer auf der Donau stromauf 
und ebensoviele zurück. Hier sein Be¬ 
richt von der Fahrt. 
Die Donau stromab bis Budapest und 
stromauf bis über Regensburg, war mir 
seit Jahren bekannt und vertraut. Nun 
hatte ich aber schon lange den Wunsch, 
unsere Donau auch in ihrem Oberlauf 
zu sehen. Ich wollte diese Strecke nicht 
im Faltboot zurücklegen, das kann ich 
in späteren Jahren noch unternehmen, 
sondern im Kajak, also stromauf und 
stromab. Zusammen mit meiner Frau 
konnte ich heuer diese Wanderfahrt 
verwirklichen. 
Am Mittwoch, den 3. Juni begann die 
Fahrt. Mit Zuversicht und frohem Mut 
bestiegen wir unseren schwer beladenen 
Kajak. Wir mußten doch einiges Gepäck 
mitnehmen, das 10 bis 15 Kilogramm 
ausmachte. Ein Zelt, damit wir im Not¬ 
fall ein Dach über dem Kopf hätten, 
zwei Schlafsäcke klein zusammenge¬ 
rollt wurden ins Boot vorne und hin¬ 
ten hineingestopft, ein kleiner Benzin¬ 
kocher mit Zubehör und etwas' Ge¬ 
schirr, Trainigsanzüge und noch einige 
Kleinigkeiten, dazu das Essen jeweils 
für einen Tag und der Kajak war voll. 
Wir spürten den Ballast, denn so schnell 
wie sonst mit einem leeren Boot ging 
es nicht vorwärts. Um halb acht Uhr 
abends erreichten wir Neuhaus. Am 
nächsten Tag ging es weiter bis Engel¬ 
hartszell und am Freitag erreichten 
wir um vier Uhr Passau. 
Abenteuer mit wilden Schwänen 
Am Samstag, dem vierten Tag der 
Fahrt, paddelten wir von Passau wei¬ 
ter stromauf. Beim Stauwerk Kach¬ 
let gab es für die Übertragung einen 
Rollwagen, den einzigen den wir je¬ 
mals antrafen. Das Boot samt Gepäck 
wird aufgeladen und über die ganze 
Anlage gerollt. Flott ging es auf dem 
Stausee dahin. Wir waren zufrieden, 
diesmal keinen Wind zu haben, denn 
am Stausee von Jochenstein hatten 
wir kräftigen Wind. Plötzlich kam vom 
gegenüberliegenden Ufer ein Schwan 
auf uns zugeflogen und griff uns an. 
Ich wehrte ihn mit dem Paddel ab 
und spritzte ihn kräftig an. Knapp 
vor unserem Boot ging er wütend fau¬ 
chend zu Wasser. Zu Tode erschrocken 
paddelten wir mit Leibeskräften vor¬ 
wärts. Der Schwan immer hinter uns 
her, mit aufgestellten Flügeln, strek- 
kenweise wieder fliegend. Dann kehrte 
er doch wieder um. Erleichtert blickten 
wir zurück, froh einer Gefahr entgan¬ 
gen zu sein. 
Doch schon kam ein neuer Schwan auf 
uns zu. Dieser war nicht ganz so wü¬ 
tend, doch auch er verfolgte uns eine 
lange Strecke. Kaum hatten wir uns 
etwas beruhigt, sahen wir ein Schwa- 
nenpärchen mit fünf Jungen. Nun war 
guter Rat teuer wie wir da vorbei soll¬ 
ten. Denn in unserem Kajak, in diesem 
schmalen Boot, konnte jede unvorsich¬ 
tige Bewegung ein Umkippen zur 
Folge haben. Der Schwan kam auch 
sogleich auf uns zu, doch wir spritzten 
ihn derart an, daß er uns passieren 
ließ. Er stellte sich in Abwehrstellung 
und ließ uns dann nicht mehr aus 
seinem Bannkreis. In rasender Fahrt 
zogen wir aus diesem Gefahrenbereich. 
In Vilshofen dann sahen wir an die 
hundert Schwäne, doch diese ließen uns 
ungehindert weiterziehen. Wir hatten 
nun herausgefunden, daß sich ein Pär¬ 
chen absetzt, sobald es Junge bekommt. 
Getrennt vom Rudel fühlt es sich be¬ 
drängt und in Angst und Sorge um 
ihre Jungen greift es Störenfriede sofort 
an. Für uns hätte es schlecht ausgehen 
können, denn so ein Schwan konnte uns 
mit seinen kräftigen Flügeln und dem 
Schnabel arg zurichten. Wir haben 
später noch erfahren, welcher Gefahr 
wir entronnen sind. Um sieben Uhr 
abends erreichten wir Winzer, ein kleines 
Dorf, bei dem wir das erste Mal unser 
Zelt aufstellten. 
Ruhetag mit Heuarbeit 
Es war ein herrlicher Sonntagmorgen 
als wir am 7. Juni losfuhren. Am Mit¬ 
tag erreichten wir Deggendorf. Ober¬ 
halb der Stadt machten wir Rast und 
suchten im kühlen Naß Erfrischung. 
Am Abend kamen wir in Maria Po- 
sching an. Hier war ich schon im Vor¬ 
jahr auf einer Wanderfahrt nach Re¬ 
gensburg gewesen. Ich bat damals 
einen Bauern, bei ihm im Heu schla¬ 
fen zu dürfen. Es wurde mir sogleich 
ein Bett zur Verfügung gestellt. Auch 
diesmal fanden wir herzliche Auf-, 
nähme und wir lernten deutsche Gast¬ 
freundschaft kennen. Wir bekamen ein 
Zimmer angewiesen und wurden einge¬ 
laden, beim Abendbrot mitzuessen. Am 
nächsten Tag war uns ein Ruhetag 
willkommen und so half ich, um uns 
zu revanchieren, beim Heueinbringen 
mit. 
Am folgenden Tag zogen wir wieder 
weiter. Das Wasser hatte hier die 
gleiche Strömung wie bei uns. Nach 
zwölf Kilometern kam ein Berg in 
ÖSTERREICHS PADDELSPORT 11-12/1959 
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