Volltext: Heimatland

Martinskirchlein. 
erst Depot, dann Pferdestall. In der Fran- 
zofenzeil wurde aus militärischen Gründen 
der Turm abgetragen. 60 Jahre lang blieb 
das altehrwürdige Heiligtum verwüstet, bis es 
den Bewohnern des Römerberges gelang, das 
Gotteshaus wieder dem Zwecke des Kultus 
zuzuführen. 1842 wurde eine gründliche Reno¬ 
vierung durchgeführt und am Martinitag des¬ 
selben Jahres erfolgte die feierliche Einwei¬ 
hung durch den Bischof Gregorius Thomas 
unter großartiger Anteilnahme des gläubigen 
Volkes. Elf Jahre später ging der Wunsch der 
Linzer Böhmen nach einer eigenen Kirche in 
Erfüllung, 1853 wurde in der Martinskirche 
der erste Gottesdienst in zcechischer Sprache 
gehalten. D'eser nationale Charakter der Kirche 
hat sch bis heute erhalten, der Gottesdienst 
wird von den Kapuzinern besorgt. 
Am bekanntesten wurde das Wirken des 
P. Jurasek an dieser Kirche, für die die Be¬ 
wohner des Römerberges fortgesetzt große 
Opfer gebracht haben. Fast alles, was die 
Kirche heute an Einrichtung und Schmuck be¬ 
sitzt, ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- 
hundertes geschaffen worden. Das Kirchlein 
liegt recht idyllisch da im Schatten einer Allee 
von Lindenbäumen, die 1882 gepflanzt worden 
sind. An das saalartige, ziemlich schmucklose Langhaus schließt 
sich das niedrigere spätgotische Presbyterium mit dem gefälligen 
Altar vom Tischlermeister Scheck. Eine schöne, alte Pietä, die 
man seinerzeit vom Dachboden heruntergeholt hat, bildet den 
Gegenstand besonderer Verehrung. Die Wände schmücken ein 
sehr ausdrucksvolles, spätgotisches Kruzifix, eine alte Madonnen¬ 
statue und zwei Bilder, darstellend den heil. Martin und Gregor 
den Großen. Sie stammen wie die Bilder im Freinbergkirchlein 
von dem Jesuiten Pr. Stecher. Gut sind auch die beiden Barock¬ 
bilder St. Petrus und St. Andreas. Wenn die Martinskirche 
sich auch an Kunstreichtum nicht mit anderen Kirchen der Stadt 
messen kann — sie hat ja allzu lange den Greuel der Verwüstung 
mitgemacht —, so ist sie dafür um so ehrwürdiger durch ihr 
Alter. Auf dem Boden, auf dem sie steht,-ist ja der erste Same 
des Christentums in Linz ausgestreut worden. 
V 
Martinskirchlein: Presbyterium. Phot. A. Bregmzcr, 
Die fDinontenkirche. 
Das Zweitälteste Gotteshaus in Linz,' freilich nicht in 
seinem jetzigen Bauzustand, aber der Entstehung nach, ist die 
Minoritenkirche in der nach dem einst dort bestandenen Mino- 
ritenkloster benannten Klosterstraße. Die Kirche war seit ihrer 
Gründung eine Marienkirche unter dem Titel Mariä Ver¬ 
kündigung. Wir müssen hier doch der Geschichte dieser uralten 
Kultstätte etwas nachgehen. In das Jahr 1209 fällt die Grün¬ 
dung des Ordens der Minderbrüder durch den großen Welt¬ 
erneuerer St. Franziskus von Assisi. Bezeichnend für die 
gewaltige Lebenskraft dieses Ordens ist seine überraschend 
—schnelle Ausbreitung trotz der damaligen Schwierigkeiten des 
Verkehres. Im Jahre 1226 starb der heilige Ordensstifter und 
nur wenige Jahre später, um 1230, treffen wir seine Ordens¬ 
brüder bereits in unserem Lande, in Wels, Linz und Enns. 
Graf Eberhard von Wallsee war ihr opferfreudiger Förderer. 
, In Linz entstand um das Jahr 1230 herum die erste An¬ 
siedelung auf dem südlich der geschlossenen Stadt ge¬ 
legenen Terrain, genannt „in den Baumgärten". Bald 
wurde unter Eberhards von Wallsee tatkräftiger Mithilfe 
an den Kirchenbau geschritten, der gegen 1280 vollendet 
war. Es war ein gotischer Ban, von dem heute nicht mehr 
der kleinste Ueberrest sichtbar ist. Die Kirche wurde zu 
Ehren Mariä Verkündigung geweiht. Im Jahre 1288 starb 
Eberhard von Wallsee als Landeshauptmann und wurde 
in der Allerheiligenkapelle der Kirche beigesetzt. Aus dem 
14. Jahrhundert geben verschiedene Stiftungen Zeugnis 
für das hohe Ansehen, das die Kirche und die sie be¬ 
treuenden Jünger des heiligen Franziskus genossen. Das 
Patrozinium vom 25. März wurde alljährlich festlich be¬ 
gangen und war schon in alten Zeiten von einem Jahr¬ 
markt begleitet, aus dem sich später der Linzer Ostermarkt 
entwickelte, der noch heute (in Urfahr) abgehalten wird. 
Der Platz um Kirche und Kloster war damals noch völlig 
unverbaut. Kaiser Friedrich III. schenkte dem Kloster 
einen Garten (die heutige untere Promenade). Das am 
Ausgange des Mittelalters ziemlich wohlhabende Kloster 
erlitt durch den Brand 1543 eine starke Einbuße. Viel 
einschneidender wurde aber der innere Verfall infolge 
des Eindringens des Protestantismus. 1550 weilten nur 
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