Zunamen, doch waren diese rein persönliche, die sich nicht ver¬
erbten. ij
Erst vom 14. Jahrhundert an kamen bei unserem Volke
die eigentlichen, sich auf die Nachkommen vererbenden Zu¬
namen allmählich in Gebrauch; es wurde aber da nicht ein
erkünsteltes und deswegen unangenehm klingendes Machwerk
geschaffen, wie das von einer Kommission in Oesterreich für
die Juden geschah, als diese die bürgerlichen Rechte erhielten,
sondern unser Volk hat sich die Zunamen selbst gegeben und
das war eine natürliche Entwicklung von überaus mannig¬
faltiger und anziehender Gestaltung.
Zunächst wurden natürlich die bereits erwähnten schon
bisherigen, aber rein persönlichen Zunamen nach und nach
zu erblichen Familiennamen und wurde schon dadurch eine
sehr angenehme Abwechslung gefestiget, so gestaltete sich das
Bild durch viele Neubeileguugen von Zunamen nur noch um so
farbenreicher. Verschiedene Schlüsse hinsichtlich der Ent¬
stehung unserer Familiennamen gestatten uns die ältesten'
kirchlichen Matrikenbücher. Wir finden da z. B., daß die ver¬
schiedenen Hausnamen der Einschichtbauern durchwegs, zu
Familiennamen der Inhaber wurden und daß der gleiche
Zuname unverändert auf einen sonst fremden Besitznachfolger
überging. Wir entdecken da ferner, daß Inwohner sehr häufig
ihre Zunamen von dem Bauernhause hatten, zu dem das
Wohnhäusl gehört. Also, man nahm es da nicht so genau,
um die Verwandtschaften auseinander zu halten und das dies¬
bezügliche Beispiel hatte der Adel gegeben, denn von diesem
pflegte auch jeder neue Besitzer einer Burg, deren Namen an¬
zunehmen, sowie das gleiche auch der dienstnehmende Adel
tat, der sich ja auch in der Regel nach der Burg benannte,
auf der er ein Amt ausübte. Aus dem Gesagten geht hervor,
wie irrig die viel verbreitete Ansicht ist, es seien unsere jetzigen
Hausnamen dadurch entstanden, daß der Gründer dieses
Hauses an dasselbe feinen Familiennamen abgegeben habe;
richtig ist vielmehr das Gegenteil, daß nämlich die Hausnamen
zu Personenzunamen wurden, denn erstere sind weit älter als
letztere. Interessant ist folgende Beobachtung: Viele Einzel¬
siedlungen wurden nach dem damals noch einzigen Namen,
also nach dem Personennamen/des Siedlers benannt; das
Haus, das z. B. ein Arnold gegründet hatte, hieß „Arnolter",
der Personenname wurde also da zum Hausnamen; letzterer
wurde dann später auch der Zuname der Hausbesitzer und ver¬
erbte sich schließlich auch auf die vom Hause abgewanderten
Leute.
Für sehr viele wurden auch die Namen ihrer größeren
Herkunftsorte zu ihren bleibenden Familien- oder Zunamen;
aus Passau oder Pfarrkirchen Zugewanderte wurden „Pas-
sauer", „Pfarrkirchner" zugenannt, weswegen nicht bloß unsere
Hausnamen, sondern auch alle unsere Dorf-, Ortschafts-,
Märkte- und Städtenamen sich vielfach in Familiennamen
finden.
Ganz besonders zahlreich sind die Familiennamen, die
dadurch entstanden sind, daß man den Tauf- oder -Personen¬
namen des Vaters als Zunamen auf die ganze Familie über¬
trug, und zwar in der Regel die Kurz- oder Rufform dieses
Namens. Cs hieß z. B. ein Familienvater Kourad, in der
Ruffornr Kainz, und Kainz ging als Zuname auf alle seine
Kinder über. Die auf solche Weise entstandenen Familiennamen
sind überaus zahlreich und die Schwierigkeit ihrer Erklärung
kommt nur daher, daß die zugrunde liegenden Personennamen
und zumal deren Kurzform schon längst nicht mehr im Gebrauche
sind; da „schreibt sich" einer — der Zuname wird ja häufig
auch Schreibuame genannt — z. B. Appel, das ist aber der
Personenname Appold, oder Gißl == Giselhard, Hönig —
Huno, Lutz ^- Ludwig, Reiff — Ripo usw.
Eine Menge unserer Volksgenossen erhielt dann den Zu¬
namen von ihrem Stande oder ihrer Beschäftigung, z. B.
Lehner oder Lahner (^ Inhaber eines Lehengutes), Hueber
276
(= Besitzer eines kleineren Gutes), Maier (in allen möglichen
Schreibweisen, auch Moir und bloß Mer ^ Verwalter, Erb¬
pächter), Bäcker, dafür gewöhnlich Böck, Schuster, Schmied,
Hackl (= Holzhacker, wie man jetzt noch sagt Baumhackl anstatt
Baumhacker), Kehrer (von kehren --- leiten, nämlich das Wiesen¬
wasser auf dem Lande, aber auch das Schiff auf dem Wasser,
daher im letzteren Falle Kehrer = Nanführer) usw.
Auch von besonderen körperlichen Merkmalen wurden
viele Zunamen hergenommen, z. B. groß, laug, schwarz,
braun. Hieher gehört auch die feine, mit einiger Bosheit ver¬
mischte Beobachtung unserer Vorfahren, in der sie Ähnlich¬
keiten zwischen Eigenschaften mancher Menschen und Tiere zun:
Anlaß nahmen, Menschen den Namen eines Tieres als Zu¬
namen zu geben; da sind z. B. zu nennen: Fuchs, Bär, Dachs.
Die Aeußerung besonderer Gemütsart und auffallendes
Benehmen gaben gleichfalls wiederholt Anlaß zur Beilegung
von Zunamen, wobei ungute Aeußerungen keineswegs ge-,
schont wurden, z. B. Schauer, Greiner, Köck, Resch (— schneidig
Redender), Pröll (= heftig Auftretender) usw. Solch auf¬
fallendes Benehmen und ebenso die oben erwähnten besonderen
körperlichen Merkmale und Eigenschaften vererben sich oft
durch Jahrhunderte hindurch, so daß die von diesen Eigenschaften
hergeleiteten Familiennamen häufig auch noch bei ihren heu¬
tigen Trägern zutreffen, weswegen man manchmal Reden
hört wie: „Der hat seinen Namen nicht umsonst, er heißt Lang
und ist lang", oder „er heißt Dachs und " Ich kannte
einen kleinen, ungemein lebhaften und beweglichen Mann, der
Pammeißl (d. i. Baummeisel) hieß, also mußte doch die kleine
Gestalt und das flinke Benehmen in seiner Familie schon durch
Jahrhunderte erblich gewesen sein, denn sonst wären unsere
Vorfahren bei der Namensbeilegung nicht auf die Baummeise
gekommen. Und einmal kam ein fremder Mann zu mir, der
eine ganz auffallende Brummstimme hatte; auf nieine Frage,
wie er heiße, antwortete oder vielmehr brummte er:„Brummer",
so daß es mich alle Mühe kostete, angemessenen Ernst zu be¬
wahren.
Manche ganz deutsche Familien tragen etwas auffallende
Namen wie: Stern, Rose, Schaf, Ochs, Pflug, Pfand! usw.;
solche Zunamen stammen von den alten „Hauszeichen" her.
Vor Einführung der Hausnumerierung hingen nämlich die
Besitzer zur Unterscheidung der Häuser über ihre Eingangstür
einen kleinen Gegenstand oder ein Bild derselben, wie es jetzt
noch die Wirte und Apotheker zu tun pflegen. Das waren die
„Hauszeichen", nach denen die Hausinhaber häafig benannt
und deren Benennung dann auch wiederholt Zunamen wurden.
Auch die „Spitz- oder Stichlnamen" mancher Personen
wurden für ihre Nachkommen Zunamen; einer war z. B.
ein Frühaufsteher und bekam dadurch denSpitzuamen„Baldauf",
ein anderer ging gerne klagen und wurde deswegen „Schörgl"
genannt und beide konnten es nicht verhindern, daß „Baldauf"
und „Schörgl" die bleibenden Zunamen ihrer Nachkommen
wurden. Die Rufform mancher Personennamen bekam im
Verlaufe der Zeiten eine geringschätzende Bedeutung und
wurde deswegen auch öfter ein Stichlname und auch Zuname.
So nannte man manchen Kaspar, Lippl, Stöffl, Zacherl
(= Zacharias), der nicht so hieß und für ihre Nachkommen
war damit auch der Zuname geschaffen.
An die Spottnamen schließen sich enge an die sogenannten
Satz- oder Heischnamen (von heischen = befehlen); häufige
Tätigkeit eines Menschen wurde nämlich öfter in befehlende
Form gegeben und so als Benennung der betreffenden Per¬
sönlichkeiten gebraucht. Ein feuchter Bruder z. B., der fleißig
sein Kandl (mit Wein natürlich) buchste, also hinüberstürzte,
wurde „Buchs' 's Kandl" genannt, woraus „Buxkandl" wurde..
Andere solcher Heischnamen, welche Familiennamen geworden
und so auf uns gekommen sind, wären z. B. noch: „Hauinschild",
„Springinsfeld", „Schwingshackl", „Schreckenfuchs", „Kloim-