Volltext: Kriegschronik der Wiener akadem. Burschenschaft "Libertas" umfassend das 110. und 111. Semester. (Winter=Semester 1914/15 u. Sommer=Semester 1915.)

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ren, wohin sie die Bauern versteckt hatten. Vom 1. Armeekommando Dankt in 
Okocim fragten wir uns durch, ohne Karte, zum 1. Korps, zur . . K.-T.-D. und 
endlich zu unserem Regiments nach dem netten Badeorte Busk nördl. der Weichsel. 
'Vormarschierend ging es nun unter kleinen Plänkeleien bis an das Weichsel 
knie nach Zawichost, dort empfing uns ein Schrapnellregen, den die Russen vom 
jenseitigen Weichselufer losließen, der bewirkte, daß wir unsere Übergangsgelüste 
über die Weichsel aufgaben; um 3 Uhr namittags kam der Befehl zum Ein 
quartieren im nächsten Orte. Da es seit Mittag regnete, waren wir froh, bald ins 
Trockene zu kommen und wandten daher wohlgemut unsere Röhlein; doch der 
Mensch denkt und der nächste Ort war von Deutschen besetzt, ebenso der zweite, 
der dritte, der vierte. Auf den aufgeweichten Wegen ziehen wir weiter in den 
fünften, in den sechsten: überall brodeln uns Fahrküchen entgegen, der Deutschen, 
die fröhlich im Trockenen sitzen. Es wird Abend, die Nacht bricht herein, zum 
Regen hat sich ein Hagelsturm gesellt: immer noch lauten die Meldungen der 
Quartiermacher negativ. Weiter, weiter; um 10 Uhr sitzen wir auf einem Stoppel 
felde ab, entzünden Strohfeuer, um unsere Lebensgeister aufzufrischen, durch 
Mantel und Pelz drang der Regen, in den Stiefeln steht das Wasser. In dieses 
näßliche Ehaos tönte plötzlich der Ruf, in der Nähe sei ein leerer Meierhof. Ver 
gessen war alle Müdigkeit, mit neuen Kräften trabten wir dem gelobten Herren 
hause entgegen, um schon nach einer Stunde auf rasch improvisierten Schlaf 
stellen unsere müden Glieder zur Ruhe zu strecken. 
Nach einigen Rasttagen ging es in drei Gewaltmärschen zu Hindenburg. Am 
Mittage des 13. Oktober zog die . . Kav.-Truppen-Div. in R. . . . ein; vor seinem 
Hauptquartiere nahm er, unser neuer Führer, die Defilierung ab; ein erhebender 
Gedanke war es, nun unter Hindenburg zu kämpfen. 
Direktion „Warschau" ging es vor gegen Norden, schon war der Geschütz 
kampf bei der Festung vernehmbar, als starke russische Kräfte Hindenburg zum 
Rückmärsche zwangen. Gemeinsam mit zwei deutschen Kav.-Divisionen hatte unser 
Kav.-Korps den Rückzug zu decken. Nun kamen anstrengende Tage, früh heraus, 
tagsüber Stellungen halten und spät nachts ins Quartier, infolge der großen 
Märsche oft ohne Fahrküche, ohne Train. 
Bei Sochaczew griff mein Regiment die Stadt an, aus der sich die Russen 
auf die gegenüberliegenden Höhen zurückzogen, um uns bei unserem Einmärsche 
mit einem mörderischen Maschinengewehr- und Geschützseuer zu überfallen, nie 
hörte ich es wieder derartig neben und über mir pfeifen, wie damals, in Galopp 
sprengten Patrouillen zurück, unsere Handpferde stoben in alle Windrichtungen, 
stolpernde und stürzende Soldaten — es war ein schwerer Tag. 
Bei Uniejow nächtigte meine Schwadron in einem Herrenhause, auf drei 
Seiten von Russen umgeben, auf der vierten Sumpf; mit knapper Not kamen wir 
am nächsten Morgen zurück. 
So ging es bis Kalifch, von wo aus wir am 11. November die Offensive 
wieder aufnahmen. 
Am 17. durchfurteten wir die Warta und marschierten in einem anstren 
genden Tag- und Nachtmarsche bis über Szadek hinaus, in einem Herrenhause 
nächtigte unser Regiment, wir wollten uns schlafen legen, als das Telephon läutete 
und die russische Einquartierung des Nachbargutes anfrug, was hier übernachte. 
„Dasselbe wie dort", gab unser Hausherr zur Antwort. Am nächsten Morgen ging 
ich als Nachrichtenpatrouille gegen Pabianice, kaum hatte ich die Nase in den
	        
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